L 13 AS 4706/13 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 1412/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4706/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gewährt. Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. August 2013 wegen Nichtzulassung der Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm (SG) vom 27. August 2013 hat keinen Erfolg.

Nach § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die gemäß § 145 Abs. Satz 1 SGG statthafte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Das mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 24. September 2013 durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung, also am 24. September 2013.

Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Da die Zustellung am 24. September 2013 erfolgt ist, endete die Frist am 24. Oktober 2013.

Der Kläger hat seine Beschwerde indes erst nach Ablauf dieser Frist, nämlich am 25. Oktober 2013 (Eingang mit eingeschriebenem Brief) eingelegt. Die Beschwerde ist damit nicht innerhalb der Monatsfrist erhoben worden.

Dem Kläger ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden ( § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG ist innerhalb der Antragsfrist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden, (§ 67 Abs. 2 Satz 4 SGG).

Dem Kläger ist gemessen an den vorgenannten Bestimmungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Da sich aus der Dienstordnung der Post ergibt, dass von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen im Jahresdurchschnitt mindestens 80% an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen, durfte der Kläger in diesem Fall davon ausgehen, dass die Beschwerdeschrift rechtzeitig eingeht, und ist ihm deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juli 2012, L 19 AS 1723/11 NZB, in Juris).

Die Beschwerde hat jedoch keinen Erfolg.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht, der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des Klageverfahrens S 8 AS 1412/12 war die Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides vom 15. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2012, mit welchem der Beklagte eine Minderung des Arbeitslosengelds II wegen Pflichtverletzungen um monatlich 30% des maßgebenden Regelbedarfs (112,20 EUR) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2012 festgestellt hat. Damit waren bei der Entscheidung des SG Leistungen in Höhe von insgesamt 336,60 EUR im Streit, so dass der Wert des Beschwerdegegenstands von über 750 EUR dementsprechend nicht erreicht wird.

Da das SG die Berufung nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Rechtssache kommt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit oder Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 Rdnr. 28; vgl. dort auch § 160 Rn. 6 ff mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinne wirft die Streitsache nicht auf. Der Streit ist darüber geführt worden, ob der Beklagte berechtigt gewesen ist, für drei Monate eine Sanktion zu verhängen mit einer Absenkung der Leistungen um insgesamt 336,60 EUR. Alle insoweit anzustellenden Erwägungen oder Überlegungen sind auf den Einzelfall bezogen und werfen keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung auf. Eine solche hat der Kläger auch nicht dargelegt.

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit derjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zu Grunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gericht nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinne hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt.

Schließlich liegt auch unter Berücksichtigung des weiteren Beschwerdevorbringens kein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes vor. Deswegen ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG und beruht auf der Erwägung, dass das Begehren keinen Erfolg gehabt hat.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts ist hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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