L 3 AS 910/13 ZVW

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 310/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 910/13 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Belegen für mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben, die aus Zeiten außerhalb des streitbefangenen Zeitraums stammen, kann eine indizielle Wirkung jedenfalls dann beigemessen werden, wenn nicht geltend gemacht wird, dass entweder in den Monaten des streitbefangenen Zeitraums oder in den Monaten, aus denen die Belege stammen, Besonderheiten vorgelegen hätten, die Rückschlüssen auf den streitbefangenen Zeitraum entgegenstehen würden.
I. Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 14. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 10. September 2007 bis zum 14. Januar 2008.

Die 1982 geborene, erwerbsfähige Klägerin zu 1 beantragte am 10. September 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie lebte mit ihrem damaligen Lebensgefährten und späteren Ehemann, dem 1979 geborenen Kläger zu 2, und dem 2004 geborenen gemeinsamen Sohn, dem Kläger zu 3, zusammen.

Die Kläger bewohnten eine 55,06 m² große 3-Zimmer-Wohnung. Die Gesamtkosten in Höhe von 400,00 EUR setzten sich zusammen aus der Kaltmiete in Höhe von 239,29 EUR sowie Vorauszahlungen auf Heizkosten in Höhe von 63,83 EUR und auf Betriebskosten in Höhe von 96,88 EUR.

Der Kläger zu 2 war als Fernfahrer beschäftigt. Die Tätigkeit begann in der Regel am Sonntagabend oder am Montag und endete Samstagvormittag; zum Teil war der Kläger zu 2 auch an Wochenenden unterwegs. Nach § 4 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 26. Januar/7. Februar 2005 betrug das monatliche Bruttoentgelt 1.390,00 EUR. Für Sonn-, Feiertags-, Nacht- und Samstagsarbeit gab es gesonderte Vereinbarungen im Arbeitsvertrag und in Betriebsvereinbarungen. Reisekosten wurden gemäß § 5 Satz 1 des Arbeitsvertrages auf der Grundlage der mit dem Betriebsrat festgelegten Richtlinien gezahlt. Nach dem für den streitbefangenen Zeitraum maßgebenden § 3 der Betriebsvereinbarung vom 20. Februar 2007 betrugen die Spesen bei einer Abwesenheitszeit von mindestens 8 bis weniger als 14 Stunden 12,00 EUR (6,00 EUR steuerfrei, 6,00 EUR versteuert), von mindestens 14 bis weniger als 24 Stunden 18,00 EUR (12,00 EUR steuerfrei, 6,00 EUR versteuert) und von mindestens 24 Stunden 24,00 EUR (24,00 EUR steuerfrei, 0,00 EUR versteuert).

Die Klägerin zu 1 bezog bis 30. September 2007 Arbeitslosengeld in Höhe von 25,19 EUR täglich. Der Kläger zu 2 bezog nach der Einkommensbescheinigung für August 2007 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.920,00 EUR (= 1.271,20 EUR netto) sowie Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 492,00 EUR. Für den Kläger zu 3 wurde Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR gezahlt. Für die Kfz-Haftpflichtversicherung waren monatlich 30,25 EUR zu zahlen. Daneben zahlte die Klägerin zu 1 monatlich einen Beitrag in Höhe von 52,50 EUR in eine private Rentenversicherung und einen weiteren Betrag in Höhe von 132,30 EUR in eine private Pflege- und Krankenversicherung. Der Kläger zu 2 zahlte 50,00 EUR monatliche Beiträge in eine private Rentenversicherung.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2007 lehnte die ARGE L (im Folgenden: ARGE) den Antrag ab, weil keine Hilfebedürftigkeit bestehe. Bei der Leistungsberechnung setzte sie die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen als Einkommen an. Hiergegen wandten sich die Kläger mit Widerspruch vom 5. Oktober 2007. Die ARGE wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2008 zurück. Sie setzte bei der Bedarfsberechnung für die Kläger zu 1 und 2 eine monatliche Regelleistung in Höhe von jeweils 312,00 EUR und für den Kläger eine Regelleistung in Höhe von 208,00 EUR an. Von den Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 400,00 EUR zog sie Warm-wasserpauschalen in Höhe von insgesamt 15,68 EUR (= [2 x 5,88 EUR] + 3,92 EUR) ab. Daraus errechnete sich ein Gesamtbedarf in Höhe von 1.216,32 EUR. Dem stellte die ARGE ein Gesamteinkommen in Höhe von 1.591,64 EUR gegenüber. Beim Kläger zu 1 ging sie von einem Gesamtnettoeinkommen in Höhe von 1.763,20 EUR (= 1.271,20 EUR + 492,00 EUR) aus. Die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen seien zweckbestimmte Einnahmen und dennoch als Einkommen zu berücksichtigen. Die erhöhten Aufwendungen seien nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II in Abzug zu bringen. Von diesem Einkommen setzte die ARGE zum einen die Erwerbstätigkeitsfreibeträge in Höhe von 140,00 EUR und 70,00 EUR, zum anderen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 SGB II Aufwendungen für Ausgaben im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 SGB II in Höhe von insgesamt 115,56 EUR ab. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR, der Werbungskostenpauschale in Höhe von 15,33 EUR, den Beiträgen zur Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 30,23 EUR sowie Fahrkosten in Höhe von 40,00 EUR. Dies ergab ein anrechenbares Einkommen des Klägers zu 2 in Höhe von 1.437,64 EUR. Zuzüglich des Kindergeldes in Höhe von 154,00 EUR errechnete sich ein Gesamteinkommen in Höhe von 1.591,64 EUR monatlich. Dieses anrechenbare Einkommen übersteige den Bedarf in Höhe von 1.216,32 EUR.

Die Kläger haben hiergegen am 30. Januar 2008 Klage erhoben.

Bereits am 15. Januar 2008 hatte die Klägerin zu 1 einen weiteren Antrag gestellt, den die ARGE mit Bescheid vom 22. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2009 abgelehnt hat. Nach der Einkommensbescheinigung für Januar 2008 hatte der Kläger zu 2 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.062,00 EUR (= 1.354,94 EUR netto) sowie Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 450,00 EUR bezogen. Die Kläger haben gegen diese zweite Antragsablehnung keine Klage erhoben.

Im Klageverfahren haben die Kläger zum einen Kassenbelege über die Ausgaben des Klägers zu 2 während seiner Fahrten und zum anderen Verdienstabrechnungen für die Monate Juli und September 2007 vorgelegt. Nach diesen Abrechnungen beliefen sich seine Einkünfte im Juli 2007 auf 1.730,00 EUR brutto (= 1.173,08 EUR netto) zuzüglich 336,00 EUR Spesen und im September 2007 auf 1.868,00 EUR brutto (= 1.244,57 EUR netto) zuzüglich 504,00 EUR Spesen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Oktober 2008 abgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gezahlten Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen nicht um zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II handele. Selbst auf der Grundlage der Verdienstabrechnung für September 2007 stehe dem Gesamtbedarf in Höhe von 1.216,32 EUR ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 1.337,44 EUR gegenüber, sodass keine Hilfebedürftigkeit vorliege.

Die Kläger haben gegen den ihnen am 17. Oktober 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 17. November 2008 Berufung eingelegt. Das zunächst unter dem Az. L 3 AS 230/08 geführte Verfahren ist mit Beschluss vom 30. März 2010 ruhend gestellt und nach Aufruf der Streitsache unter dem Az. L 3 AS 820/10 fortgeführt worden.

Der erkennende Senat hat die Berufung mit Urteil vom 19. Januar 2012 zurückgewiesen und die Auffassung vertreten, dass vom Arbeitgeber gezahlte Vergütungen zu Verpflegungsmehraufwendungen, Verpflegungszuschüsse oder Spesen zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) sein könnten. Allerdings sei der Nachweis ihrer zweckent-sprechenden Verwendung geboten. Wenn auf der Einkommensseite die vom Arbeitgeber gewährten Spesen oder Vergütungen für Verpflegungsmehraufwendungen nicht in vollem Umfang, zumindest aber nicht in einem die Hilfebedürftigkeit begründenden Umfang als Einkommen zu berücksichtigen seien, verbleibe nur die Möglichkeit, das einzusetzende Einkommen auf der Ausgabenseite (hier: Mehraufwendungen für Verpflegung) zu ver-ringern. Ausgehend hiervon hätten die Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen Anspruch auf die geltend gemachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunter-haltes nach dem SGB II.

Auf die im Urteil vom 19. Januar 2012 zugelassene Revision der Kläger hin hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 11. Dezember 2012 (Az. B 4 AS 27/12 R) das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Beim Kläger zu 2 seien neben dem Grundverdienst als Fernfahrer die im streitigen Zeitraum in unterschiedlicher Höhe gezahlten "Spesen" als Einkommen bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen. Allerdings seien die konkret mit der beruflichen Tätigkeit des Klägers zu 2 als Fernfahrer verbundenen Aufwendungen als Absetzbeträge zu berücksichtigen.

Im neu eröffneten Berufungsverfahren (Az. L 3 AS 910/13 ZVW) hat die Klägerbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 23. Mai 2013 Belege für den Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 30. April 2013 vorgelegt. Daraus sei ersichtlich, dass im Monat April 2013 Kosten für Körperpflege, Verpflegung und gegebenenfalls Parkgebühren in Höhe von 323,88 EUR angefallen seien.

Die Kläger beantragen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 15. Oktober 2008 sowie den Bescheid der ARGE L vom 1. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, dass ein durch die Fernfahrertätigkeit bedingter Mehraufwand nicht nachgewiesen sei.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die Gerichtsakte des Bundessozialgerichtes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Kläger haben auch auf der Grundlage des Urteils des Bundessozialgerichtes vom 11. Dezember 2012 und den im neuen Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

1. Gegenstand des neu eröffneten Berufungsverfahrens ist in der Sache nach der teilweisen Revisionsrücknahme die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]), die gegen den Bescheid der ARGE L vom 1. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2008 gerichtet ist und mit der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 10. September 2007 bis zum 14. Januar 2008 begehrt werden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 12).

2. Die Kläger haben für die Zeit vom 10. September 2007 bis zum 14. Januar 2008 keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen. Zwar haben die Kläger zu 1 und 2 die unter § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 13). Eine Anspruchsberechtigung des Klägers zu 3 wird über § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II vermittelt. Die Kläger sind aber nicht hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 SGB II gewesen.

Hilfebedürftig war gemäß § 9 Abs. 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung), wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nummer 2) sichern konnte und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhielt. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II war bei Personen, die – wie die Kläger – in einer Bedarfsgemeinschaft lebten, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Auf Grund des zu berücksichtigenden Einkommens fehlt es an der Hilfebedürftigkeit der Kläger.

a) Der Gesamtbedarf der Kläger belief sich im streitbefangenen Zeitraum auf 1.216,32 EUR (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. Januar 2012 – L 3 AS 820/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 33; BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 15).

Davon entfiel auf den Kläger zu 3 ein Bedarf bestehend aus einer monatlichen Regelleitung in Höhe von 208,00 EUR und dem kopfteiligen Anteil an den Kosten für Unterkunft und Heizung (abzüglich einer Warmwasserpauschale). Auf diesen Bedarf war gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) das für den Kläger zu 3 gezahlte Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR als dessen Einkommen anzurechnen. Von diesem Einkommen waren weder Versicherungsbeiträge auf der Grundlage von § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II (in der bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung; im Folgenden: a. F.) noch eine Versicherungspauschale auf der Grundlage von § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a. F. i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 ALG II-V (in der seit 1. August 2009 geltenden, durch Artikel 1 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung vom 23. Juli 2009 [BGBl. I S. 2340] eingefügten Fassung) abzusetzen (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. Januar 2012 – L 3 AS 820/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 36). Nach der vom Bundessozialgericht vertretenen horizontal-vertikalen Berechnungsmethode (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14 AS 55/07 RSozR 4-4200 § 9 Nr. 4 = JURIS-Dokument Rdnr. 34; vgl. hierzu auch: Sonnhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 9 Rdnr. 58) nimmt das Kindergeld eines minderjährigen Kindes nicht an der Einkommensverteilung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II teil. Damit verblieb beim Kläger zu 3 ein ungedeckter Bedarf aus der Regelleistung in Höhe von 54,00 EUR (= 208,00 EUR – 154,00 EUR) zuzüglich seines Anteils an den Kosten für Unterkunft und Heizung (abzüglich einer Warmwasserpauschale).

Im Ergebnis verringerte sich der Gesamtbedarf der Kläger auf 1.062,32 EUR, dem das Einkommen der Kläger zu 1 und 2 gegenüberzustellen war. Über entscheidungserhebliches Vermögen verfügten die Kläger im streitgbefangenen Zeitraum nicht.

b) Beim Kläger zu 2 sind nach dem bindenden Urteil des Bundessozialgerichtes vom 11. Dezember 2012 (Rdnr. 17 ff.) neben dem "Grundgehalt" unter Berücksichtigung des zu versteuernden Anteils der Reisekosten auch die steuerfreien Spesen als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu behandeln. Ausweislich der vorliegenden Verdienstbescheinigungen erzielte der Kläger im Dezember 2007 das geringste Gesamtnettoeinkommen. Dieses betrug bei einem "Grundgehalt" von 1.962,00 EUR brutto (= 1.297,72 EUR) und "Spesen" von 450,00 EUR insgesamt 1.747,72 EUR. Ein geringeres Monatseinkommen im streitbefangenen Zeitraum ist beim Kläger zu 2 nicht belegt. Die Kläger haben, auch vor dem Hintergrund des Hinweises des Bundessozialgerichtes auf das Entgelt des Klägers zu 2 für die Monate Oktober und November 2007 (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 16), nicht vorgetragen, dass sein Einkommen in einem der beiden Monate unter dem gelegen hätte, was für August, September und Dezember 2007 sowie Januar 2008 aus den vorgelegten Verdienstbescheinigungen ersichtlich ist.

Von diesem Einkommen sind die Erwerbstätigkeitsfreibeträge (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 SGB II a. F.) in Höhe von 140,00 EUR und 70,00 EUR, die Versicherungspauschale (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II a. F. i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) in Höhe von 30,00 EUR, die Werbungskostenpauschale (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a. F. i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Alg II-V) in Höhe von 15,33 EUR, die Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 30,23 EUR sowie die Fahrkosten in Höhe von 40,00 EUR (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 21) abzusetzen. Dies ergibt Abzüge in Höhe von zusammen 325,56 EUR. Zugunsten der Kläger unterstellt der Senat ferner, dass die Beitragszahlungen des Klägers zu 2 in eine private Rentenversicherung in Höhe von monatlich 50,00 EUR nach Maßgabe von § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a. F. absetzbar sind, sich mithin ein Absetzbetrag in Höhe von 375,56 EUR errechnet. Denn selbst unter Berücksichtigung dieser Versicherungsbeiträge ergibt sich – wie noch ausgeführt wird – keine Hilfebedürftigkeit der Kläger.

Wenn das Monatseinkommen in Höhe von 1.747,72 EUR um den Absetzbetrag in Höhe von 375,56 EUR bereinigt wird, verbleibt ein Betrag in Höhe von 1.372,16 EUR. Bezogen auf den Gesamtbedarf der Kläger in Höhe von 1.062,32 EUR folgt daraus eine Bedarfsüberdeckung in Höhe von 309,84 EUR.

Zusätzlich zu den genannten Absetzbeträgen können weitere mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben vom Einkommen abgesetzt werden (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a. F.). Bei einer auswärtigen Tätigkeit können dies in erster Linie die Aufwendungen für Verpflegungsmehraufwendungen sein (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 24 ff.). Vorliegend kommen auch noch sonstige notwendige oder tatsächliche Aufwendungen der Fernfahrertätigkeit wie etwa Übernachtungs- oder Reisenebenkosten in Betracht (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 34).

Zur Feststellung, welche Aufwendungen in dem beschriebenen Sinne der Kläger zu 2 bei der Ausübung seiner Fernfahrertätigkeit hatte, kann sich der Senat nur auf die Belege stützen, die die Kläger in einem früheren Verfahrensstadium und nunmehr mit Schriftsatz vom 23. Mai 2013 vorgelegt haben. Hierbei handelt es sich um Unterlagen, die die Klägerbevollmächtigte vorgelegt hat und die ihr nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juli 2013 wiederum zur Verfügung gestellt worden sind. Weitere Belege gebe es nicht.

Die früheren Belege stammten hauptsächlich aus dem Monat Februar 2008, die mit Schriftsatz vom 23. Mai 2013 übersandten stammen aus dem Monat April 2013. Beide Monate liegen außerhalb des streitbefangenen Zeitraums vom 10. September 2007 bis zum 14. Januar 2008. In Ermangelung anderer Erkenntnisquellen ist auf diese Unterlagen zurückzugreifen. Ihnen kann eine indizielle Wirkung für die Aufwendungen der Klägers zu 2 beigemessen werden (vgl. zur Möglichkeit einer Schätzung: BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 34), zumal die Kläger nicht geltend gemacht haben, dass entweder in den Monaten des streitbefangenen Zeitraums oder in den Monaten Februar 2008 und April 2013 Besonderheiten vorgelegen hätten, die Rückschlüssen auf den Zeitraum vom 10. September 2007 bis zum 14. Januar 2008 entgegenstehen würden.

Für April 2013 haben die Kläger Aufwendungen für die Fernfahrertätigkeit des Klägers in Höhe von 323,88 EUR geltend gemacht. Von den hierzu vorgelegten Belegen betreffen vier Belege (Anlagen Nummern 2, 9, 18 und 26) Einkäufe bei der Fa. G in Mark-kleeberg. Dieser Einkaufsmarkt ist ca. 5 km von der Wohnung der Kläger entfernt. Die Einkäufe erfolgten am 6., 13., 20. und 27. April 2013. Diese vier Tage waren jeweils Samstage. Die Ausgaben für die dort getätigten Einkäufe belaufen sich auf insgesamt 154,96 EUR. Bei den eingekauften Produkten handelt es sich überwiegend um Lebens-mittel, vereinzelt auch um Produkte für die Körperpflege. In Bezug auf diese Einkäufe kann dahingestellt bleiben, ob sie nur für den Kläger zu 2 erfolgten oder – zumindest in Teilen – auch für die Kläger zu 1 und 3. Denn es handelt sich um Lebensmittel und sonstige Produkte, die der allgemeinen Lebensführung dienen. Sie werden von jedermann benötigt, unabhängig davon, ob die Person erwerbstätig oder erwerbslos, hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder wirtschaftlich und finanziell von Sozialleistungen unabhängig ist. Ein Bezug zu einer Erwerbstätigkeit, gar zur Fernfahrertätigkeit des Klägers zu 2, ist nicht festzustellen.

Die danach verbleibenden, durch Belege nachgewiesenen Aufwendungen im April 2013 belaufen sich auf 168,92 EUR. Es handelt sich hierbei um Kassenbelege von Tankstellen und Raststätten. Sie umfassen Ausgaben für Lebensmittel sowie die Benutzung von Toiletten und Duschen. Es sind Ausgaben, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Fernfahrertätigkeit des Klägers zu 2 stehen. Ob mit sämtlichen Ausgaben, insbesondere denen für Lebensmittel, ein durch die auswärtige Tätigkeit in Beziehung stehender Mehraufwand verbunden ist, ob es sich – anders gefasst – um mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a. F. handelt, was vom Beklagten bestritten wird, kann dahingestellt bleiben. Denn auch bei einem Abzug eines Betrages in Höhe von 168,92 EUR von dem oben genannten bereinigten Einkommensbetrag liegt noch keine Hilfebedürftigkeit der Kläger vor.

Auf der Grundlage der mit Schriftsatz vom 23. Mai 2013 vorgelegten Unterlagen und der vorangegangenen Prozessgeschichte sieht der Senat keine Möglichkeit, für die vorliegend durchzuführende Berechnung höhere Aufwendungen des Klägers zu 2 im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB II a. F. zugrunde zu legen. Denn der Senat hatte bereits im vorangegangenen Berufungsverfahren, ausgehend von "Spesen" als zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II a. F., die Auffassung vertreten, dass ein Nachweis ihrer zweckentsprechenden Verwendung geboten sei (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. Januar 2012 – L 3 AS 820/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 61 ff.). Das Bundes-sozialgericht hat sodann im Urteil vom 11. Dezember 2012 (Rdnr. 34) auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung auf "tatsächliche und notwendige Aufwendungen" abgestellt. Daraus ist für die Kläger hinreichend erkennbar gewesen, dass Nachweise für vom Kläger zu 2 getätigte Aufwendungen vorzulegen sind. Dass ihnen dies bewusst gewesen ist, ergibt sich aus dem Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 23. Mai 2013. Dort hat sie ange-geben, der Prozessbevollmächtigte der Gegenseite habe mitgeteilt, dass die Vorlage für Belege eines Monats ausreichend seien. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Kläger, insbesondere der Kläger zu 2, für April 2013 die maßgebenden Belege vollständig gesammelt haben und über ihre Bevollmächtigte haben vorlegen lassen.

Insbesondere ist eine Schätzung der Aufwendungen für Stellplatz- oder Standgebühren an Autohöfen oder Raststätten nicht möglich. Hierzu gab der Kläger zu 2 zwar im Erörterungstermin vom 28. Oktober 2011 an, dass im Betrieb seines damaligen Arbeitgebers die Fahrer diese Gebühren selbst zahlen mussten. Sie hätten etwa zwischen 10,00 EUR und 15,00 EUR betragen. Der Zeuge P R , Geschäftsführer des damaligen Arbeitgebers des Klägers zu 2, gab im selben Termin an, dass die Firma Standgebühren nicht übernommen habe. Die Kläger haben aber im Rahmen der vorgelegten Beleg kein belastbares Datenmaterial präsentiert, das eine Schätzung des durchschnittlichen monatlichen Aufwandes für solche Auf-wendungen ermöglichen würde. Da auch im Übrigen von Klägerseite zu diesem berücksichtigungsfähigen Ausgabeposten keine substantiierten Angaben gemacht worden sind, fehlt dem Senat eine tragfähige Grundlage für eine Schätzung. Auf Grund der vorgelegten Belege, die Ausgaben in einem zeitlichen Abstand von etwa fünf Jahren dokumentieren und über diesen langen Zeitraum ein vergleichbares Ausgabeverhalten widerspiegeln, ist nicht auszuschließen, dass der Kläger zu 2 bestrebt sein könnte, Aus-gaben für Stellplatz- oder Standgebühren zu vermeiden und Park- oder Stellplätze ohne eine entsprechende Gebührenpflicht aufzusuchen.

Die Bewertung der Belege für April 2013 gilt entsprechend für die Belege aus früheren Zeiten, insbesondere für Februar 2008. Der Senat hat hierzu im Urteil vom 19. Januar 2012 festgestellt, dass die Belege von Gaststätten an Tankstellen für Februar 2008 nachge-wiesene Ausgaben in Höhe von 74,07 EUR ergeben haben (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. Januar 2012 – L 3 AS 820/10 – JURIS-Dokument Rdnr. 65). Die übrigen Ausgaben wurden, abgesehen von einem Einkauf von nicht näher bezeichneten Haushaltswaren zu einem Gesamtbetrag von 8,84 EUR in der Nähe des Wohnortes der Kläger, auch damals in dem oben bezeichneten Einkaufsmarkt in M getätigt (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 19. Januar 2012, a. a. O., Rdnr. 65). Aus diesem Grund lässt sich auch für diese Einkäufe im Februar 2008 kein Bezug zu einer Erwerbstätigkeit feststellen.

Für die Zeit ab 1. Januar 2008 ist die geänderte Rechtslage zu berücksichtigen (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 24 ff.). Seither ist gemäß § 6 Abs. 3 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2942) für Mehraufwendungen für Verpflegung, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige vorüber-gehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten Erwerbs-tätigkeit entfernt erwerbstätig ist, für jeden Kalendertag, an dem der erwerbsfähige Hilfebedürftige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt mindestens zwölf Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag in Höhe von 6,00 EUR abzusetzen. Für Januar 2008 würde sich, wenn der Kläger zu 2 an sämtlichen Tagen dieses Monats abwesend im Sinne dieser Regelung gewesen wäre, rechnerisch ein Pauschhöchstbetrag von 186,00 EUR (= 31 Tage x 6,00 EUR/Tag) ergeben. Noch darüber hinausgehende tatsächliche Ausgaben des Kläger zu 2 (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 25 ff.) lassen sich nicht feststellen.

Selbst wenn also für Dezember 2007 der höchstmögliche Pauschbetrag von 186,00 EUR zugrunde gelegt werden könnte, dem allerdings die fehlende Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Anwendung von § 6 Abs. 3 Alg II-V entgegensteht (vgl. BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012, Rdnr. 24), würde die Bedarfsüberdeckung noch immer 123,84 EUR (= 309,84 EUR – 186,00 EUR) betragen.

c) Im Hinblick darauf, dass der Gesamtbedarf der Kläger bereits durch das zu berücksichtigende Einkommen des Klägers zu 2 gedeckt wird, kann dahingestellt bleiben, ob die von der Klägerin zu 1 gezahlten Beiträge zur privaten Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung Absetzposten im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 SGB II a. F. sind.

Maßgebend wäre diese Frage ohnehin nur für Januar 2008, weil die Klägerin in diesem Monat ein Erwerbseinkommen in Höhe von 174,11 EUR brutto (= 142,32 EUR netto) erzielte. Wenn die Versicherungsbeiträge von dem geringen Resteinkommen in Höhe von 142,32 EUR nach Abzug des Grundfreibetrages und des Erwerbstätigenfreibetrages verbleibt, abzusetzen wären, ergebe sich ein maximal anrechenbares Einkommen der Klägerin zu 1 in Höhe von 0,00 EUR; ein negatives Einkommen ist in § 11 SGB II nicht vorge-sehen. Wenn hingegen die Versicherungsbeiträge nicht abzugsfähig wären, würde sich mit dem geringen Einkommensrest der Klägerin zu 1 noch das anrechenbare Gesamtein-kommen der Kläger erhöhen und damit den Abstand zwischen Bedarf und bedarfsdeckendem Einkommen vergrößern.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Sie umfasst die Kosten in allen drei Instanzen.

III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Dr. Scheer Höhl Guericke
Rechtskraft
Aus
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