L 3 U 188/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 7 U 16/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 188/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Mai 2012 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Für die 1965 geborene Klägerin wurde vor dem hier gegenständlichen Unfall zuletzt mit Bescheid des Landesamts für Soziales und Versorgung – Versorgungsamt - des Landes Brandenburg vom 09. November 2005 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 wegen Sehminderung, Diabetes mellitus, Bronchialasthma und chronischen Ekzems festgestellt.

Die Klägerin erlitt am 08. November 2006 gegen 17.55 Uhr in O einen späterhin von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfall, als sie während ihrer Beschäftigung als Altenpflegerin beim Tragen einer Waschschüssel stolperte und hinfiel, vgl. Unfallanzeige vom 09. November 2006 und ausführliche Unfallschilderung im Erörterungstermin vom 12. Dezember 2012 im späteren, auf die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente gerichteten Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) L 3 U 187/12. Am Folgetag begab sie sich wegen einer schmerzhaften Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit in Streckung und Beugung in durchgangsärztliche Behandlung, bei welcher nach einer Röntgenuntersuchung eine Handgelenksstauchung rechts festgestellt wurde, vgl. Durchgangsarztbericht des Chirurgen R vom E Klinikum vom 09. November 2006. Beschwerden am Oberarm und im Bereich des rechten Schultergelenks wurden vom Chirurgen R nicht aufgenommen, vgl. Bericht vom 23. März 2007. Laut ärztlicher Unfallmeldung des Allgemeinmediziners S vom 14. November 2006 bestanden am Thorax rechts ein leichter Bewegungsschmerz, kein Klopfschmerz, an der rechten Schulter schmerzhafte Bewegungseinschränkungen, kein Hämatom und deutliche Kraftminderung. Bei Nachuntersuchungen am 23. November, 05. und 21. Dezember 2006 beklagte die Klägerin Schmerzen im Bereich des rechten Oberarms bis zur Schulter, vgl. Nachschauberichte des Chirurgen R vom 23. November, 05. und 21. Dezember 2006. Eine MRT-Untersuchung der rechten Schulter am 10. Januar 2007 erbrachte einen Aspekt wie bei einer Teilruptur der Supraspinatussehne mit assoziiertem subchondralem Reizödem im Bereich der humeralen Insertion bzw. ein Knochenkontusionsödem, ferner eine Zerrung der langen Bizepssehne und der Subscapularissehne, innerhalb der Rinne der langen Bizepssehne einen Begleiterguss, einen solchen auch innerhalb der Bursa subcoracoidea sowie der Bursa subacromialis/ subdeltoidea, ferner eine Zerrung des Ligamentum glenohumerale und ein mildes Impingement der Supraspinatussehne bei initialer Acromioclaviculargelenksarthrose. Die die Klägerin zwischenzeitlich behandelnde Chirurgin Dr. A diagnostizierte unter Auswertung des vorgenannten MRT-Befund in ihrem Arztbrief vom 16. Januar 2007 ein traumatisch aktiviertes Impingementsyndrom der rechten Schulter.

Die Beklagte ermittelte u.a. ein "Ärztliches Gutachten" des Arbeitsamtsarztes Dr. H vom 28. Juli 2003 und zog zudem einen Bericht zur Heilverfahrenskontrolle des Chirurgen Hvom Klinikum H vom 11. Mai 2007 bei, laut welchem sich die Beweglichkeit in der rechten Schulter nach den Angaben der Klägerin zuletzt deutlich verbessert habe.

Zwischenzeitlich bewilligte der Rentenversicherungsträger nach Einholung eines Gutachtens der Orthopädin Dr. S vom 19. April 2007 mit Bescheid vom 05. Juni 2007 dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Das von der Beklagten in Auftrag gegebene sog. Erste Rentengutachten des Chirurgen H vom 08. Juli 2007 ergab bei der Klägerin unfallbedingt eine endgradige Bewegungsschmerzhaftigkeit am rechten Handgelenk und am rechten Schultergelenk. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde für die Zeit vom 01. Juni bis zum 02. Juli 2007 und für ein weiteres Jahr auf unter 10 von Hundert (v.H.), für die Zeit danach auf 0 v.H. eingeschätzt.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 28. August 2007 die Gewährung einer Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 08. November 2006 ab; Folgen der Zerrung der rechten Schulter sowie des rechten Handgelenks in rentenberechtigendem Grade seien nicht verblieben. Die Klägerin verfolgte ihr auf eine Verletztenrente gerichtetes Begehren zunächst im Wege des Widerspruchs weiter, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 zurückwies. Darin führte sie u.a. zur Begründung aus, dass die Bezeichnung der Schulterverletzung rechts als Zerrung der rechten Schulter bei Bescheiderteilung den im MRT vom 10. Januar 2007 festgestellten Teilriss der Supraspinatussehne mit dem hieraus resultierenden Reizzustand im Bereich des Schultergelenks beinhalte. Die Klägerin erhob Klage zum Sozialgericht Cottbus (SG). Das SG wies nach Einholung des schriftlichen Sachverständigengutachtens des Chirurgen Dr. S vom 29. Februar 2012 mit Urteil vom 15. Mai 2012 – S 7 18/08 – ab. Die Klägerin verfolgt ihr auf eine Verletztenrente gerichtetes Begehren mit der beim LSG eingelegten Berufung im Verfahren L 3 U 187/12 weiter. In diesem Berufungsverfahren hat das LSG auf Antrag der Klägerin das schriftliche Sachverständigengutachten des Unfallchirurgen und Orthopäden Dr. Sch vom 19. Juli 2013 eingeholt. Dieser führte u.a. aus, bei der Klägerin bestünden an der rechten Schulter ein Impingementsyndrom, degenerative Veränderungen des Schultergelenks und degenerative Veränderungen des Schultereckgelenks, ferner ein derzeit stummes Cervicobrachialsyndrom rechts und Adipositas. Durch das Unfallereignis vom 08. November 2006 seien die zuvor klinisch stummen, bereits vorhandenen degenerativen Veränderungen in der rechten Schulter klinisch relevant geworden. Die vorbestehenden degenerativen Veränderungen seien als wesentlich für den jetzigen Zustand anzusehen.

Mit Bescheid vom 10. September 2007 lehnte die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab. Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2007 Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2007 als unbegründet zurückwies.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 17. Januar 2008 zum SG erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat behauptet, die bei ihrer Tätigkeit als Pflegekraft anfallenden Arbeiten wegen der Unfallfolgen nicht mehr verrichten zu können. Der von der Beklagten herangezogene Chirurg H habe in seinem sog. Ersten Rentengutachten vom 08. Juli 2007 die Beschwerden der Klägerin ("Belastungsschmerz vom Handgelenk bis in die Schulter ausstrahlen, häufig zittriges Gefühl des gesamten Armes, Haltefähigkeit und die grobe Kraft des rechten Armes sind reduziert, Überkopfarbeiten kann die Klägerin nicht mehr ausführen, das Heben und Tragen von schweren Gegenständen sind ihr unmöglich geworden") zutreffend erfasst. Die Klägerin sei unfallbedingt nur noch in der Lage, einer Tätigkeit als Pflegekraft/ Dauernachtwache nachzugehen, indem sie zwei bis dreimal in der Woche Injektionen in ihren Arm bekomme.

Das SG hat Befundberichte des Centrums für Muskuloskeletale Chirurgie – Orthopädische Poliklinik – der C vom 19. Mai 2008, des Internisten Prof. Dr. S vom 20. August 2008 und des Allgemeinmediziners S vom 29. Mai 2008 nebst weiteren ärztlichen Unterlagen beigezogen.

Die Beklagte führte mit Schreiben vom 02. August 2010 der Klägerin gegenüber aus: "Hierzu verweisen wir auf unsere Bescheide vom 28.08.2007 und 19.12.2007 Danach wurden unfallbedingt eine Zerrung der rechten Schulter mit Teilriss der Supraspinatussehne und eine Zerrung des rechten Handgelenks anerkannt."

Das SG hat das schriftliche Sachverständigengutachten von Dr. S vom 01. März 2012 eingeholt, welcher bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen festgestellt hat: - Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks infolge Engpasssyndroms und Verschleißumformung des rechten Schultereckgelenks - Endgradige Einschränkung der Unterarmwendung und Kraftminderung der rechten Hand infolge rückfälliger Reizerscheinungen der ellenbogengelenknahen Muskel-Sehnen-Ansätze (Epikondylitis) - Geringe Einschränkung der Seitwärtshebung des linken Arms im Schultergelenk - Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule bei knöcherner Verschleißumformung - Fettleibigkeit - Zuckerkrankheit - Bronchialasthma - Chronisches Ekzem - Sehstörung mit Minderung der Sehkraft, Gesichtsfeldeinschränkung und Nachtsehschwäche Keine der vorgenannten Erkrankungen sei ursächlich auf den Unfall vom 08. November 2006 zurückzuführen. Die Klägerin sei zur Zeit als Altenpflegerin in der Hauskrankenpflege mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden berufstätig. Sie sei zur Zeit nicht arbeitsunfähig. Es bestehe keine Behandlungsbedürftigkeit wegen unfallbedingter oder beruflich bedingter Gesundheitsstörungen. Sie könne nur noch leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten; diese Einschränkungen ergäben sich aus den Funktionsstörungen an der rechten oberen Gliedmaße. Sie könne Arbeiten in Zwangshaltungen gelegentlich verrichten. Arbeiten mit Bücken und Strecken könnten zeitweise, über Kopf gar nicht, mit Steigen auf Leitern gar nicht, im Stehen, Gehen und Sitzen ständig, im Freien häufig, in geschlossenen Räumen ständig, bei Schutz vor Nässe, Kälte, Hitze und Zugluft ständig ausgeführt werden. Zur Arbeit an laufenden Maschinen sei eine augenärztliche Stellungnahme erforderlich. Wegen Funktionsstörungen am Stütz- und Bewegungsapparat sei unter Berücksichtigung der vorbezeichneten allgemeinen Einschränkungen eine Arbeit an laufenden Maschinen möglich. Arbeiten in Wechselschicht seien ständig möglich, Arbeiten im Akkord gelegentlich. Keine dieser Leistungseinschränkungen sei auf den Unfall zurückzuführen. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der vorgenannten Einschränkungen vollschichtig tätig sein.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 15. Mai 2012 abgewiesen. Nach den medizinischen Ermittlungen fehle es an den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gegen die Beklagte.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 11. August 2012 zugestellte Urteil am 07. September 2012 Berufung eingelegt. Sie hält im Wesentlichen an ihrem bisherigen Vorbringen fest und verweist auf das Schreiben der Beklagten vom 02. August 2010, in welchen diese die Zerrung der rechten Schulter mit Teilriss der Supraspinatussehne und die Zerrung des rechten Handgelenks als unfallbedingt anerkannt habe. Ferner verweist die Klägerin auf ihre ab Februar 2012 bestehende Arbeitsunfähigkeit.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 15. Mai 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Unfalls vom 08. November 2006 aus der gesetzlichen Unfallversicherung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat bei Dr. S die gutachtliche Stellungnahme vom 02. April 2013 eingeholt. Darin hat Dr. S u.a. ausgeführt, soweit eine teilweise Zusammenhangstrennung der Sehne des Obergrätenmuskels entgegen medizinischem Erkenntnisstand als Unfallfolge unterstellt werden solle, falle diesem Körperschaden im Komplex der insgesamt bestehenden Verschleißveränderungen am rechten Schultergelenk und Schultereckgelenk mit daraus resultierenden Engpasserscheinungen nur eine untergeordnete Rolle zu. Eine teilweise Zusammenhangstrennung der Supraspinatussehne bedinge für sich weder eine Bewegungseinschränkung noch eine sonstige Funktionsbeeinträchtigung des Schultergelenks. Sie gehe in den verschleißbedingten Körperschäden am Schulter- bzw. Schultereckgelenk auf. Erst bei einer völligen Zusammenhangstrennung der Sehne würde sich möglicherweise eine neue Qualität der Gesundheitsstörung ergeben. Eine solche sei bei der Klägerin indes nie festgestellt worden. Die beim Unfallereignis erlittenen Prellungen oder Verstauchungen des rechten Schultergelenks und des Handgelenks seien jedenfalls folgenlos ausgeheilt. Eine Einschränkung oder Bedrohung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Folgen des Unfalls vom 08. November 2006 liege nicht vor. Allerdings sei die Erwerbsfähigkeit im Beruf der Altenpflegerin insbesondere durch die Verschleißschäden am Stütz- und Bewegungsapparat gefährdet.

Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 17. und 21.Oktober 2013 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter anstelle des Senats zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des LSG L 3 U 187/12 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Berichterstatter kann, weil die vorliegende Streitsache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch von grundsätzlicher Bedeutung ist, in Ausübung des insofern eröffneten richterlichen Ermessens anstelle des Senats im schriftlichen Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben, vgl. §§ 155 Abs. 3 und 4, 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Der geltend gemachte Anspruch bemisst sich nach §§ 1 Nr. 2, 26 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 und 4, Abs. 4 und 5 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII). Nach § 1 Nr. 2 SGB VII ist es u.a. Aufgabe der Unfallversicherung, nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VII nach Eintritt von Arbeitsunfällen die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 SGB VII haben Versicherte nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buchs Anspruch u.a. auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Nach § 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB VII hat der Unfallversicherungsträger mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern und ergänzende Leistungen u.a. zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen. Nach § 26 Abs. 4 S. 1 haben Qualität und Wirksamkeit u.a. der Leistungen zur Teilhabe dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Nach § 26 Abs. 4 S. 2 SGB VII werden die Leistungen als Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keine Abweichungen vorsehen. Nach § 26 Abs. 5 S. 1 SGB VII bestimmen die Unfallversicherungsträger im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen. Nach § 35 Abs. 1 SGB VII erbringen die Unfallversicherungsträger die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 bis 38a des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IX), soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes bestimmt ist. Nach § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.

Hiervon ausgehend liegen bereits die Grundvoraussetzungen für einen gegen die Beklagte gerichteten Teilhabeanspruch nicht vor. Es ist nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen nichts dafür ersichtlich, dass es aufgrund der dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallenden Arbeitsunfallfolgen die Erwerbsfähigkeit der Klägerin zu erhalten, zu verbessern oder (wieder-)herzustellen gilt.

Unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle der Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Der Gesetzgeber bringt mit der wiederkehrenden Formulierung "infolge" – vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 1, 45 Abs. 1 Nr. 1, 56 Abs. 1 S. 1 SGB VII - das Erfordernis eines Zusammenhangs zum Ausdruck. Es muss eine kausale Verknüpfung des Unfalls bzw. seiner Folgen mit der betrieblichen Sphäre bestehen, mithin eine rechtliche Zurechnung für besonders bezeichnete Risiken der Arbeitswelt beziehungsweise gleichgestellter Tätigkeiten, für deren Entschädigung die gesetzliche Unfallversicherung als spezieller Zweig der Sozialversicherung einzustehen hat, und zwar nicht nur im Sinne einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, sondern auch im Sinne der Zurechnung des eingetretenen Erfolges zum Schutzbereich der unfallversicherungsrechtlichen Norm als eines rechtlich wesentlichen Kausalzusammenhangs (Zurechnungslehre der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, etwa BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Die Frage nach diesem Zurechnungszusammenhang stellt sich auf drei Ebenen, nämlich als Unfallkausalität zwischen ausgeübter Tätigkeit und Unfallereignis, als haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden und als haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheitserstschaden und länger andauernden Unfallfolgen (BSG, a.a.O., Rn. 10; Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.4, S. 21 f.). Die vorgenannten Merkmale der versicherten Tätigkeit und des Unfallereignisses müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (vgl. BSG a.a.O., auch Rn. 18 und 20).

Hiervon ausgehend muss zwar wohl angesichts der von der Beklagten spätestens mit Schreiben vom 02. August 2010 vorgenommenen bindenden Feststellung für die rechtliche Unfallfolgenbetrachtung zugrunde gelegt werden, dass sich die Klägerin bei ihrem – für sich betrachtet unstreitigen – Arbeitsunfall vom 08. November 2006 eine Zerrung der rechten Schulter mit Teilriss der Supraspinatussehne sowie eine Zerrung des rechten Handgelenks zuzog. Die auf diese Gesundheitsschäden beruhenden gesundheitlichen (Arbeitsunfall-) Folgen begründen jedoch noch keine Gefährdung oder Aufhebung der Erwerbsfähigkeit, wie sie für einen Anspruch auf Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 33 Abs. 1 SGB IX erforderlich ist.

Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit des Versicherten, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm nach seinem gesamten Kenntnissen und körperlichen und geistigen Fähigkeiten im ganzen Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen (etwa Kroll, in Jahn: SGB für die Praxis, § 33 SGB IX Rn. 8). Dabei ist unter – voller – Erwerbsfähigkeit ausgehend von dem im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Begriff der Erwerbsminderung, die Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein zu können (vgl. § 43 Abs. 3 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI)). Maßgeblich ist damit das Restleistungsvermögen eines behinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Majerski-Pahlen, in: Neumann/ Pahlen/ Majerski-Pahlen, SGB IX, 12. Auflage 2010, § 33 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Rn. 4)

Hieran gemessen vermitteln jedenfalls die allein in den versicherungsrechtlichen Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich der Beklagten fallenden Folgen des angeschuldigten Ereignisses vom 08. November 2006 keine Gefährdung oder gar Aufhebung der Erwerbsfähigkeit. Hierfür ist auf die überzeugenden Ausführungen von Dr. S in seiner am 02. April 2013 für den Senat erstellten gutachtlichen Stellungnahme zu verweisen, nachdem er die Klägerin bereits im ausgangsgerichtlichen Verfahren bzw. im Verfahren S 7 U 18/08 am 20. Januar 2012 im Rahmen seiner dort durchgeführten Begutachtung (vgl. schriftliche Sachverständigengutachten vom 29. Februar und 01. März 2012) untersucht hatte. Dr. S stellt aufgrund der bei der von ihm selbst durchgeführten ambulanten Untersuchung und unter umfassender Würdigung der bei der Klägerin erhobenen Vorbefunde folgende Gesundheitseinschränkungen fest: - Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks infolge Engpasssyndroms und Verschleißumformung des rechten Schultereckgelenks - Endgradige Einschränkung der Unterarmwendung und Kraftminderung der rechten Hand infolge rückfälliger Reizerscheinungen der ellenbogengelenknahen Muskel-Sehnen-Ansätze (Epikondylitis) - Geringe Einschränkung der Seitwärtshebung des linken Arms im Schultergelenk - Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule bei knöcherner Verschleißumformung - Fettleibigkeit - Zuckerkrankheit - Bronchialasthma - Chronisches Ekzem - Sehstörung mit Minderung der Sehkraft, Gesichtsfeldeinschränkung und Nachsehschwäche

Einwände hat die Klägerin gegen die vom Sachverständigen vorgenommene Diagnosestellung nicht erhoben. Hiervon ausgehend legt der Sachverständige nachvollziehbar dar (vgl. bereits schriftliches Sachverständigengutachten vom 29. Februar 2012), dass die wesentliche Ursache der rückfälligen Reizerscheinungen und anhalten Funktionseinschränkungen in der Verschleißumformung des rechten Schultereckgelenks mit Einengung des Gleitraums der Rotatorenmanschette und in der daraufhin stattfindenden Verschleißumformung der Sehnen der Rotatorenmanschette zu sehen ist, so dass, soweit eine teilweise Zusammenhangstrennung der Sehne des Obergrätenmuskels entgegen medizinischem Erkenntnisstand als Unfallfolge unterstellt werden soll, diesem Körperschaden im Komplex der insgesamt bestehenden Verschleißveränderungen am rechten Schultergelenk und Schultereckgelenk mit daraus resultierenden Engpasserscheinungen ohnehin nur eine untergeordnete Rolle zukommt. Hierfür lässt sich vor allem auf den MRT-diagnostisch erhobenen Befund der rechten Schulter vom 10. Januar 2007 verweisen, welcher bereits damals ein - degeneratives (vgl. Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, Kap. 8.2.5.1, S. 410 f. und Kap. 8.4.4, S. 521) - Impingement der Supraspinatussehne bei initialer Acromioclavikulargelenksarthrose sichtbar machte. Dr. S führt weiterhin nachvollziehbar aus, dass eine teilweise Zusammenhangstrennung der Supraspinatussehne für sich weder eine Bewegungseinschränkung noch eine sonstige Funktionsbeeinträchtigung des Schultergelenks bedingen muss, im Fall der Klägerin in den verschleißbedingten Körperschäden am Schulter- bzw. Schultereckgelenk aufgeht. Erst bei einer völligen Zusammenhangstrennung der Sehne würde sich möglicherweise eine neue Qualität der Gesundheitsstörung ergeben, ohne dass eine solche bei der Klägerin bislang festgestellt wurde. Die beim Unfallereignis erlittenen Prellungen oder Verstauchungen des rechten Schultergelenks und des Handgelenks sind sogar folgenlos ausgeheilt; in eine andere Richtung weisende Befunde sind nicht ersichtlich. Fortbestehende Funktionsbehinderungen etwa am rechten Handgelenk werden von der Klägerin auch nicht behauptet.

Soweit, worauf Dr. S im Einklang mit den Vorbefunden nachvollziehbar verweist, die Erwerbsfähigkeit im Beruf der Altenpflegerin insbesondere durch die Verschleißschäden am Stütz- und Bewegungsapparat gefährdet ist, fällt dies im Hinblick auf die von der Klägerin gegenüber der Beklagten als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung geltend gemachten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ebenso wenig wie die übrigen bei der Klägerin bestehenden Erkrankungen (Cervikobrachialsyndrom, Adipositas, Bronchialasthma, Sehschwäche etc.) in den Verantwortungsbereich der Beklagten als Trägerin der Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.

Ohne Einschränkungen decken sich die von Dr. S zur Zusammenhangsfrage angestellten Erwägungen mit denjenigen des im Berufungsverfahren L 3 U 187/12 auf Antrag der Klägerin gehörten Dr. Sch, welcher in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 19. Juli 2013 auf den Punkt brachte, dass durch das Unfallereignis vom 08. November 2006 die zuvor klinisch stummen, bereits vorhandenen degenerativen Veränderungen in der rechten Schulter, welche durch das MRT vom 10. Januar 2007 aufgedeckt wurden, klinisch relevant wurden und die vorbestehenden degenerativen Veränderungen als wesentlich für den jetzigen Zustand anzusehen sind. Diese Einschätzung deckt sich wiederum mit derjenigen der die Klägerin zwischenzeitlich behandelnden Chirurgin Dr. A, welche in ihrem Arztbrief vom 16. Januar 2007 ein traumatisch aktiviertes Impingementsyndrom der rechten Schulter diagnostizierte.

Insgesamt mag für die Klägerin zwar ein gegen den Rentenversicherungsträger bestehender Rehabilitationsanspruch gegeben sein, für welchen auf sämtliche Erkrankungen ohne Rücksicht auf die Zusammenhangsfrage abzustellen ist, mithin auch auf diejenigen, welche bereits vor dem Unfall vom 08. November 2006 zur versorgungsrechtlichen Feststellung eines GdB von 50 führten (Sehminderung, Diabetes mellitus, Bronchialasthma und chronisches Ekzem, vgl. Bescheid des Landesamts für Soziales und Versorgung – Versorgungsamt - des Landes Brandenburg vom 09. November 2005). Gegen den Träger Unfallversicherung lässt sich jedoch – wie gezeigt – kein Anspruch begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist mangels Revisionszulassungsgrundes nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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