Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 129 AS 34672/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 505/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2013 insoweit aufgehoben, als gegenüber der Beklagten zu 2 erkannt worden ist. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von 1067,69 Euro als entstandene Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2005 hatte die Beklagte zu 2) den im Oktober 2004 gestellten Antrag des im August 1969 geborenen Klägers, ihm Unterhaltsgeld aus dem Europäischen Sozialfond (ESF) zu bewilligen, abgelehnt. Nach Aufhebung des den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 14. März 2005 aufgrund des am 06. Februar 2006 beim Sozialgericht Berlin (S 3 AL 1306/05) geschlossenen Vergleichs war der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006 erneut zurückgewiesen worden. Auf Berufung des Klägers gegen den seine Klage abweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2006 (S 52 AL 836/06) verpflichtete das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 17. September 2008 (L 16 AL 494/06) unter Änderung dieses Gerichtsbescheides die Beklagte zu 2) unter Änderung des Bescheides vom 18. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 21. Februar 2006, den Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2004 auf Gewährung von Unterhaltsgeld für den Zeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 neu zu bescheiden: Die für die Bewilligung von Unterhaltsgeld zu interpretierenden Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der zum 01. Januar 2005 in Kraft getretenen Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit für aus Mitteln des ESF mitfinanzierte zusätzliche Arbeitsmarkt politische Maßnahmen im Bereich des Bundes (ESF-Richtlinien) vom 22. Dezember 2004 seien für den vom Kläger nur noch in Anspruch genommenen Leistungszeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) seien die zum 01. Januar 2005 außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien vom 26. März 2003 nicht anzuwenden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bestehe auf die in den Richtlinien vorgesehenen Leistungen jedoch kein Rechtsanspruch. Der Kläger könne daraus jedoch unmittelbar einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Unterhaltsgeld ableiten. Die Beklagte habe insoweit einen Vorermessensfehler begangen, als sie mit den außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien vom 26. März 2003 eine falsche Rechtsgrundlage herangezogen und demgemäß die Gewährung von Unterhaltsgeld bereits deshalb zu Unrecht abgelehnt habe.
Die Beklagte zu 2) hatte daraufhin dem Kläger für die Zeit vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 ESF-Unterhaltsgeld auf der Grundlage eines Monatsbetrages von 345,00 Euro von insgesamt 770,50 Euro und mit Bescheid vom 30. März 2009 Beiträge für eine freiwillige Kranken-/Pflegeversicherung von insgesamt 266,05 Euro bewilligt. Einen dagegen eingelegten Widerspruch hatte die Beklagte zu 2) mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2009 zurückgewiesen: Nach dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. September 2008 seien die bis zum 31. Dezember 2004 geltenden ESF-Richtlinien nicht anzuwenden. Unter Berücksichtigung der im Jahr 2004 geltenden Ermessens lenkenden Weisungen hätte (auch) ein Anspruch wegen fehlender Voraussetzungen nicht bestanden.
Dagegen richtete sich die beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage mit dem Antrag festzustellen, dass dem Kläger ein Anspruch auf ESF-Unterhaltsgeld sowohl nach der alten (alte-ESF-Richtlinie) vom 26. Mai 2003 in der Fassung der zweiten Änderung) als auch nach der neuen ESF-Richtlinie vom 22. Dezember 2004 zustand. Mit Urteil vom 20. Juni 2013 (S 84 AL 3849/09) wies das Sozialgericht die Klage ab: Die Klage sei bereits unzulässig, denn es fehle an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.
Auf einen weiteren Antrag entschied die Beklagte zu 2) zunächst unter dem 10. März 2010 und nochmals unter dem 19. April 2010, dass Kosten für Unterkunft (Mietzuschuss) für den Zeitraum vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 nicht übernommen werden könnten, da hierfür im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der Fassung des Jahres 2004 keine gesetzliche Grundlage bestanden habe und auch weiterhin nicht bestehe. Das SGB II sei erst mit Wirkung zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten; insoweit wären die Kosten, die bis zum 31. Dezember 2004 entstanden seien, bei der zuständigen Kommune (Bezirksamt) zu beantragen. Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2010 wies die Beklagte zu 2) den dagegen eingelegten Widerspruch zurück.
Dazu ist beim Sozialgericht Berlin eine Klage (S 54 AL 2483/10) anhängig, mit der der Kläger einen Differenzbetrag des ESF-Unterhaltsgeldes von 670,00 Euro geltend macht. Er habe im Oktober 2004 ESF-Unterhaltsgeld beantragt, welches zu diesem Zeitpunkt 645,00 Euro monatlich betragen habe. Aufgrund der verschleppten Bearbeitung durch die Beklagte zu 2) sei es erst am 18. Januar 2005 zu einer falschen negativen Bescheidung gekommen. Wie das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg klargestellt habe, habe ihm jedoch ESF-Unterhaltsgeld zugestanden. Ihm sei jedoch von der Beklagten zu 2) für den Zeitraum vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 nur das neue halbierte ESF-Unterhaltsgeld von 345,00 Euro auf der Basis der erst ab 01. Januar 2005 geltenden neuen ESF-Rechtsgrundlage gezahlt worden. Da das Sozialgericht Berlin im Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2013 unmissverständlich klargestellt habe, dass nie der Zeitpunkt der Bescheiderteilung, sondern ausschließlich der Zeitraum, für den Leistung begehrt werde, relevant sei, stehe ihm nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit das alte ESF-Unterhaltsgeld in Höhe von 645,00 Euro und mithin ein noch offener Differenzbetrag von 670,00 Euro zu. Nachdem die Beklagte zu 2) darauf hingewiesen hatte, dass sich die angefochtenen Bescheide mit der Erstattung von Unterkunftskosten beschäftigten, hat der Kläger erklärt, er möchte im Prinzip mehr Geld für den Zeitraum ab Oktober 2004. Ihm sei egal, ob dies nach der alten ESF-Richtlinie oder nach der neuen Richtlinie mit Unterkunftszuschuss nach § 22 SGB II erfolge. Der Kläger hat beantragt, ihm für den Zeitraum vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 Unterkunftszuschuss nach § 22 SGB II zu gewähren.
Im Juni 2010 stellte der Kläger außerdem bei der Agentur für Arbeit Berlin-Süd einen Antrag auf Zahlung der Unterkunftskosten gemäß SGB II auf der Basis der Rechtsgrundlagen gültig am 18. Januar 2005 von 1067,69 Euro für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004. Er nahm Bezug auf einen ALG II-Bewilligungsbescheid, mit dem ihm bereits ein Anspruch auf ALG II inklusive Unterkunftskosten ab 01. Januar 2005 bestätigt worden sei.
Mit Bescheid vom 24. September 2010 lehnte der Beklagte zu 1) diesen Antrag ab. Da das SGB II erst zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten sei, könne eine Übernahme der Unterkunftskosten für die Zeit vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 nicht erfolgen.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2010 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 14. November 2010 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, nach Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bestehe neben dem ab 01. Januar 2005 halbierten ESF-Unterhaltsgeld analog zum gleich hohen Sozialhilfemindestsatz Anspruch auf die Unterkunftskostenerstattung gemäß § 22 SGB II zur Substitution der ESF-Untergeldshalbierung. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg habe im Urteil vom 17. September 2008 klargestellt gehabt, dass für alle Leistungen immer die Rechtsgrundlagen zum Zeitpunkt des Bescheiddatums ausschlaggebend seien. Dies sei ein Rechtsgrundsatz, welcher grundsätzlich anzuwenden sei. Dem gegenüber und entgegen diesem Urteil sei der Beklagte zu 1) der Ansicht, dass für einen Zeitraum, der vor Beginn der Rechtsgrundlage liege, eine Leistung nicht gewährt werden könne. Der vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bekräftigte allgemeine Rechtsgrundsatz, wonach die Rechtsgrundlagen gültig am Bescheiddatum relevant seien, würden hier also nicht grundsätzlich, sondern uneinheitlich angewandt. Er fordere nur die einheitliche Anwendung.
Der Kläger hat zunächst beantragt,
1. dieses Verfahren mit dem Verfahren S 56 AL 2483/10 zusammenzulegen, 2. den Beklagten zu 1) zur Zahlung der Unterkunftskosten (von 1067,69 Euro für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004) zu verurteilen, 3. ersatzweise die Beklagte zu 2) zur Zahlung von ESF-Unterhaltsgeld auf der Basis von 645,00 Euro monatlich (für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004) zu verurteilen.
Nach einem gerichtlichen Hinweis hat der Kläger erklärt, da das Gericht die beiden Verfahren nicht zusammenlegen wolle, habe er wunschgemäß Antrag Nr. 1 und Nr. 3 seiner Klage zurückgezogen und darum gebeten, "ausschließlich" den Anspruch gegen den Beklagten zu 1) zu berücksichtigen.
Der Beklagte zu 1) hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend gehalten.
Die Beklagte zu 2) hat darauf hingewiesen, dass sie die angefochtenen Bescheide nicht erlassen habe und sie diese daher schon aus rechtlichen Gründen nicht aufheben könne. Soweit sich die Klage auch gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten zu 2) vom 09. Juni 2010 richten sollte, werde darauf hingewiesen, dass hierzu bereits ein Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 54 AL 2483/10 anhängig sei. Es sei somit nicht zu erkennen, dass gegen sie rechtlich zulässig Klage erhoben worden sei.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2013 die Klage abgewiesen: Die Klage gegen den Beklagten zu 1) sei unbegründet, denn der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Für die Gewährung von Leistungen sei nach dem Recht des SGB II ausschlaggebend, wann diese Kosten fällig gewesen seien (Hinweis auf Urteil des Bundessozialgerichts – BSG - vom 24. November 2011 – B 14 AS 121/10 R). Im vorliegenden Verfahren mache der Kläger Kosten für seine Unterkunft geltend, welche vor in Kraft treten des SGB II fällig geworden seien. Damit könne insbesondere § 22 SGB II keine Rechtsgrundlage für die Gewährung dieser Kosten darstellen. Auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wonach das Recht zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung anzuwenden und es nicht von Bedeutung sei, für welchen Zeitraum Leistungen begehrt würden, existiere nicht. Einen solchen habe auch nicht das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Verfahren L 16 AL 494/06 angewandt. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) sei nicht zulässig, denn der gegen sie gerichtete Antrag stehe unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Hauptantrag gegen den Beklagten zu 1) erfolglos bleibe. Er enthalte damit eine sogenannte eventuale subjektive Klagehäufung, die nicht zulässig sei. § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lasse zwar die Verbindung mehrerer, auch hilfsweise erhobener Begehren zu; diese müssten sich aber schon nach dem Wortlaut der Vorschrift gegen denselben Beklagten richten. Dem liege der Gedanke zugrunde, dass anders als bei der eventualen objektiven Antragshäufung der Hilfsantrag bei der eventualen subjektiven Antragshäufung nicht von einer Bedingung im Prozessrechtsverhältnis gegenüber demselben Prozessgegner, sondern einem anderen Prozessgegner abhänge. Der hilfsweise in Anspruch genommene Beklagte solle damit auch nur für den Fall des Unterliegens des Klägers mit dem Hauptantrag zum Prozessbeteiligten gemacht werden. Ein derartiger "Prozess auf Probe" sei dem bedingt in Anspruch genommenen Beklagten nicht zuzumuten und widerspreche dem Grundsatz der Rechtssicherheit.
Gegen den ihm am 07. Februar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 25. Februar 2013 eingelegte Berufung des Klägers.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2013 hat das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf mündliche Verhandlung abgelehnt.
Der Kläger meint, wenn ihm das (halbierte) ESF-Unterhaltsgeld auf Basis zeitlich erst später "nachgereichter" Rechtsgrundlage gezahlt worden sei, sollte ihm aber auch der ab 01. Januar 2005 zugehörige Unterkunftskostenzuschuss auf Basis zeitlich erst später "nachgereichter" Rechtsgrundlage in Form des § 22 SGB II gezahlt werden. Die vom Gesetzgeber angedachte Substitution habe in seinem Fall nicht stattgefunden, da er nur das halbierte ESF-Unterhaltsgeld ohne Substitution durch den zugehörigen Unterkunftskostenzuschuss gemäß § 22 SGB II erhalten habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2013 1. zu ändern und den Beklagten zu 1) unter Aufhebung des Bescheides vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2010 zu verurteilen, ihm 1067,69 Euro als entstandene Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 zu gewähren, 2. insoweit aufzuheben, als gegenüber der Beklagten zu 2) erkannt worden ist.
Der Beklagte zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beklagte zu 2) stellt keinen Antrag.
Sie führt ergänzend aus, dass die (hilfsweise) gegen sie erhobene Klage auch deswegen unzulässig sein gewesen dürfte, weil die Streitsache bereits Gegenstand anderer Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten zu 1) () und der Auszüge aus der Verwaltungsakte der Beklagten zu 2) () und des Sozialgerichts Berlin (S 84 AL 3849/09 und S 54 AL 2483/10), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie hat insbesondere nicht der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts bedurft.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil, dem der Gerichtsbescheid gleichsteht (§ 105 Abs. 1 Satz 3 SGG), des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Mehrere Ansprüche auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung werden nach § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 5 Zivilprozessordnung (ZPO) zusammen gerechnet. Dies gilt auch bei subjektiver Klagehäufung, soweit es sich nicht um wirtschaftlich identische Streitgegenstände handelt, auch bei Haupt- und Hilfsanträgen, wenn der Kläger mit allen Ansprüchen abgewiesen worden ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Auflage, § 144 Rdnrn. 16 und 17).
Die Berufung ist damit auch, soweit sie das gegen die Beklagte zu 2) ergangene Urteil mit der Entscheidung über den hilfsweise erhobenen Anspruch betrifft, statthaft, denn der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes wird bereits durch das gegen den Beklagten zu 1) erhobene Begehren auf Zahlung von 1067,69 Euro erreicht.
Die Berufung ist auch begründet, soweit das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2013 gegenüber der Beklagten zu 2) erkannt hat.
Der Kläger wird dadurch beschwert, denn das Sozialgericht ist insoweit über seinen erhobenen Anspruch hinausgegangen, als es trotz Klagerücknahme über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) entschieden hat. Der Gerichtsbescheid ist daher insoweit aufzuheben.
Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Es darf nicht mehr zusprechen als gewollt ist und nichts anderes. Es darf nicht einen anderen Beteiligten verurteilen, als es der Kläger beantragt hat (Meyer-Ladewig, a.a.O. § 123 Rdnrn 4 und 4a).
Die Verletzung dieser Vorschrift, die Ausdruck der Dispositionsmaxime ist, beschwert den Kläger.
Nach dem Grundsatz der sogenannten formellen Beschwer ist der Kläger schon dann beschwert, wenn das angefochtene Urteil von seinen Anträgen abweicht (Bundesgerichtshof – BGH, Urteil vom 09. Oktober 1990 – VI ZR 89/90, abgedruckt in NJW 1991, 703), er also das von ihm begehrte Prozessziel nicht erreicht hat, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Kläger mit diesem Begehren aus prozessualen Gründen nicht durchgedrungen ist, ob sein Begehren aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt worden ist oder ob gar keine Entscheidung über dieses Begehren ergangen ist, sofern nicht die ergangene Entscheidung ausdrücklich als Teilurteil bezeichnet ist oder das Gericht sich die Entscheidung über den betreffenden Punkt ausdrücklich vorbehalten hat. Eine Beschwer liegt auch dann vor, wenn der Tenor eine Entscheidung nicht enthält, die Gründe aber mit Sicherheit ergeben, dass das Gericht das Begehren gewürdigt, aber nicht für begründet gehalten hat (BSG, Urteil vom 14. November 1961 – 11 RV 960/59, abgedruckt in BSGE 15, 232 = SozR Nr. 164 zu § 162 SGG).
Der Kläger muss eine gerichtliche Entscheidung nicht hinnehmen, die zu Unrecht sowie zu seinen Ungunsten den Streitgegenstand eines von ihm angestrengten Verfahrens ausweitet und ihm den Anspruch auf eine Leistung abspricht (vgl. auch BSG, Beschluss vom 29. März 2001 – B 7 AL 214/00 B, abgedruckt in SozR 3-1500 § 123 Nr. 1). Wie im Fall eines Nichturteils (Scheinurteils) muss, wenn über etwas entschieden wird, was nicht (mehr) zur Entscheidung gestellt war, der mit dem insoweit unrichtigen Urteil belastete Beteiligte die Möglichkeit haben, diesen Fehler zu beseitigen (Bundesgerichtshof – BGH, Urteil vom 09. Oktober 1990 – VI ZR 89/90).
Ein Urteil, das ergeht, obwohl ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht (mehr) besteht, ist zudem ein nichtiges und damit wirkungsloses Urteil, das zwar nicht materieller, jedoch formeller Rechtskraft fähig ist, so dass Rechtsmittel grundsätzlich zulässig sind (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 125 Rdnrn. 5b und 5c).
Der Kläger hat mit seiner Erklärung, dass er die Anträge Nr. 1 und Nr. 3 seiner Klage zurückgezogen habe, eindeutig zum Ausdruck gebracht, wie auch ausdrücklich erklärt, dass "ausschließlich" über den erhobenen Anspruch gegen den Beklagten zu 1) entschieden werden soll. Dies stellt eine Rücknahme der Klage gegenüber der Beklagten zu 2) dar, sodass damit das Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) beendet worden ist. Damit hätte ein Gerichtsbescheid im Verhältnis dieser ehemals am Rechtsstreit Beteiligten nicht ergehen dürfen. Soweit gleichwohl ein Gerichtsbescheid ergangen ist, handelt es sich insoweit um einen nichtigen und damit wirkungslosen Gerichtsbescheid, der in diesem Umfang zu seiner Aufhebung führt.
Im Übrigen ist die Berufung allerdings unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1) zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von 1067,69 Euro als entstandene Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004. Es gibt keine Rechtsgrundlage, wonach der Kläger diesen Betrag von dem Beklagten zu 1) verlangen könnte.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden zwar Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Diese Vorschrift ist jedoch als Bestandteil des SGB II erst zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten. Dies folgt aus Artikel 61 Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2954). Nach Artikel 61 Abs. 1 dieses Gesetzes tritt dieses Gesetz vorbehaltlich des Artikel 61 Absätze 2 und 3 am 01. Januar 2005 in Kraft. Davon wird auch das SGB II als Artikel 1 dieses Gesetzes erfasst. Lediglich einzelne Vorschriften des Artikel 1 dieses Gesetzes, zu denen jedoch nicht § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gehört, sind nach Artikel 61 Abs. 2 dieses Gesetzes bereits am 01. Januar 2004 in Kraft getreten (Artikel 61 Abs. 2 dieses Gesetzes).
Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ist ein Rechtssatz grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Dementsprechend beurteilt sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht, das zur Zeit der Anspruchs begründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt (BSG, Urteil vom 02. Mai 2012 - B 11 AL 18/11 R, abgedruckt in SozR 4-4300 § 144 Nr. 24 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 11/07 R, abgedruckt in SozR 4-4300 § 335 Nr. 1m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung).
Das Inkrafttreten eines Gesetzes zu einem bestimmten Zeitpunkt bedeutet somit, dass dieses Gesetz lediglich auf solche Sachverhalte Anwendung findet, die ab diesem Zeitpunkt eintreten. Auf Sachverhalte, die vor diesem Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Gesetzes bereits eingetreten sind, ist das Gesetz daher nicht anwendbar. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn das Gesetz ausnahmsweise ganz oder teilweise etwas anderes bestimmt, also anordnet, dass bereits eingetretene Sachverhalte gleichfalls von diesem Gesetz erfasst werden sollen. Eine Regelung, wonach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch solche Kosten für Unterkunft und Heizung, die bereits vor dem 01. Januar 2005 entstanden sind, erfassen soll, gibt es jedoch nicht.
Der vom Kläger gesehene Widerspruch zum Unterhaltsgeld nach den ESF-Richtlinien besteht nicht. § 9 Abs. 1 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bestimmt zwar, dass diese Richtlinien am 01. Januar 2005 in Kraft treten. Allerdings hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 17. September 2008 festgestellt, dass mit § 9 Abs. 3 ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 eine Vorschrift vorhanden ist, die – insoweit abweichend zu den allgemeinen Regelungen des Inkrafttretens einer Vorschrift – anordnet, dass auch für vor dem 01. Januar 2005 eingetretene Sachverhalte nach den ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 zu beurteilen sind. Im Urteil des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist dazu ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten ( zu 2) ) sind die zum 01. Januar 2005 außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien hier nicht anzuwenden, denn eine Fortgeltung der Richtlinien vom 26. März 2003 wird nach § 9 Abs. 3 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 nur für Leistungen angeordnet, die vor dem Inkrafttreten des ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bewilligt wurden. Im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. September 2008 – L 16 AL 494/06 ist damit entgegen der Ansicht des Klägers eine Ausnahme zum allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inkrafttretens von Rechtsvorschriften und nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz des Inkrafttretens von Rechtsvorschriften behandelt worden.
Kosten der Unterkunft, die dem Kläger in der Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 entstanden sind, kann er somit nicht von dem Beklagten zu 1) beanspruchen.
Die Berufung hat daher nur teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Es ist nicht sachgerecht, dass die Beklagte zu 2) außergerichtliche Kosten des Klägers trägt, denn, wie das Sozialgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, wäre der Kläger in der Sache jedenfalls erfolglos geblieben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von 1067,69 Euro als entstandene Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2005 hatte die Beklagte zu 2) den im Oktober 2004 gestellten Antrag des im August 1969 geborenen Klägers, ihm Unterhaltsgeld aus dem Europäischen Sozialfond (ESF) zu bewilligen, abgelehnt. Nach Aufhebung des den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 14. März 2005 aufgrund des am 06. Februar 2006 beim Sozialgericht Berlin (S 3 AL 1306/05) geschlossenen Vergleichs war der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2006 erneut zurückgewiesen worden. Auf Berufung des Klägers gegen den seine Klage abweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2006 (S 52 AL 836/06) verpflichtete das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 17. September 2008 (L 16 AL 494/06) unter Änderung dieses Gerichtsbescheides die Beklagte zu 2) unter Änderung des Bescheides vom 18. Januar 2005 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 21. Februar 2006, den Antrag des Klägers vom 19. Oktober 2004 auf Gewährung von Unterhaltsgeld für den Zeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 neu zu bescheiden: Die für die Bewilligung von Unterhaltsgeld zu interpretierenden Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der zum 01. Januar 2005 in Kraft getretenen Richtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit für aus Mitteln des ESF mitfinanzierte zusätzliche Arbeitsmarkt politische Maßnahmen im Bereich des Bundes (ESF-Richtlinien) vom 22. Dezember 2004 seien für den vom Kläger nur noch in Anspruch genommenen Leistungszeitraum vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 2) seien die zum 01. Januar 2005 außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien vom 26. März 2003 nicht anzuwenden. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bestehe auf die in den Richtlinien vorgesehenen Leistungen jedoch kein Rechtsanspruch. Der Kläger könne daraus jedoch unmittelbar einen Anspruch auf eine ermessenfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Unterhaltsgeld ableiten. Die Beklagte habe insoweit einen Vorermessensfehler begangen, als sie mit den außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien vom 26. März 2003 eine falsche Rechtsgrundlage herangezogen und demgemäß die Gewährung von Unterhaltsgeld bereits deshalb zu Unrecht abgelehnt habe.
Die Beklagte zu 2) hatte daraufhin dem Kläger für die Zeit vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 ESF-Unterhaltsgeld auf der Grundlage eines Monatsbetrages von 345,00 Euro von insgesamt 770,50 Euro und mit Bescheid vom 30. März 2009 Beiträge für eine freiwillige Kranken-/Pflegeversicherung von insgesamt 266,05 Euro bewilligt. Einen dagegen eingelegten Widerspruch hatte die Beklagte zu 2) mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2009 zurückgewiesen: Nach dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. September 2008 seien die bis zum 31. Dezember 2004 geltenden ESF-Richtlinien nicht anzuwenden. Unter Berücksichtigung der im Jahr 2004 geltenden Ermessens lenkenden Weisungen hätte (auch) ein Anspruch wegen fehlender Voraussetzungen nicht bestanden.
Dagegen richtete sich die beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage mit dem Antrag festzustellen, dass dem Kläger ein Anspruch auf ESF-Unterhaltsgeld sowohl nach der alten (alte-ESF-Richtlinie) vom 26. Mai 2003 in der Fassung der zweiten Änderung) als auch nach der neuen ESF-Richtlinie vom 22. Dezember 2004 zustand. Mit Urteil vom 20. Juni 2013 (S 84 AL 3849/09) wies das Sozialgericht die Klage ab: Die Klage sei bereits unzulässig, denn es fehle an dem erforderlichen Feststellungsinteresse.
Auf einen weiteren Antrag entschied die Beklagte zu 2) zunächst unter dem 10. März 2010 und nochmals unter dem 19. April 2010, dass Kosten für Unterkunft (Mietzuschuss) für den Zeitraum vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 nicht übernommen werden könnten, da hierfür im Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der Fassung des Jahres 2004 keine gesetzliche Grundlage bestanden habe und auch weiterhin nicht bestehe. Das SGB II sei erst mit Wirkung zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten; insoweit wären die Kosten, die bis zum 31. Dezember 2004 entstanden seien, bei der zuständigen Kommune (Bezirksamt) zu beantragen. Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Juni 2010 wies die Beklagte zu 2) den dagegen eingelegten Widerspruch zurück.
Dazu ist beim Sozialgericht Berlin eine Klage (S 54 AL 2483/10) anhängig, mit der der Kläger einen Differenzbetrag des ESF-Unterhaltsgeldes von 670,00 Euro geltend macht. Er habe im Oktober 2004 ESF-Unterhaltsgeld beantragt, welches zu diesem Zeitpunkt 645,00 Euro monatlich betragen habe. Aufgrund der verschleppten Bearbeitung durch die Beklagte zu 2) sei es erst am 18. Januar 2005 zu einer falschen negativen Bescheidung gekommen. Wie das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg klargestellt habe, habe ihm jedoch ESF-Unterhaltsgeld zugestanden. Ihm sei jedoch von der Beklagten zu 2) für den Zeitraum vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 nur das neue halbierte ESF-Unterhaltsgeld von 345,00 Euro auf der Basis der erst ab 01. Januar 2005 geltenden neuen ESF-Rechtsgrundlage gezahlt worden. Da das Sozialgericht Berlin im Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2013 unmissverständlich klargestellt habe, dass nie der Zeitpunkt der Bescheiderteilung, sondern ausschließlich der Zeitraum, für den Leistung begehrt werde, relevant sei, stehe ihm nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit das alte ESF-Unterhaltsgeld in Höhe von 645,00 Euro und mithin ein noch offener Differenzbetrag von 670,00 Euro zu. Nachdem die Beklagte zu 2) darauf hingewiesen hatte, dass sich die angefochtenen Bescheide mit der Erstattung von Unterkunftskosten beschäftigten, hat der Kläger erklärt, er möchte im Prinzip mehr Geld für den Zeitraum ab Oktober 2004. Ihm sei egal, ob dies nach der alten ESF-Richtlinie oder nach der neuen Richtlinie mit Unterkunftszuschuss nach § 22 SGB II erfolge. Der Kläger hat beantragt, ihm für den Zeitraum vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 Unterkunftszuschuss nach § 22 SGB II zu gewähren.
Im Juni 2010 stellte der Kläger außerdem bei der Agentur für Arbeit Berlin-Süd einen Antrag auf Zahlung der Unterkunftskosten gemäß SGB II auf der Basis der Rechtsgrundlagen gültig am 18. Januar 2005 von 1067,69 Euro für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004. Er nahm Bezug auf einen ALG II-Bewilligungsbescheid, mit dem ihm bereits ein Anspruch auf ALG II inklusive Unterkunftskosten ab 01. Januar 2005 bestätigt worden sei.
Mit Bescheid vom 24. September 2010 lehnte der Beklagte zu 1) diesen Antrag ab. Da das SGB II erst zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten sei, könne eine Übernahme der Unterkunftskosten für die Zeit vom 25. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 nicht erfolgen.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte zu 1) mit Widerspruchsbescheid vom 20. Oktober 2010 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 14. November 2010 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Er hat vorgetragen, nach Mitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bestehe neben dem ab 01. Januar 2005 halbierten ESF-Unterhaltsgeld analog zum gleich hohen Sozialhilfemindestsatz Anspruch auf die Unterkunftskostenerstattung gemäß § 22 SGB II zur Substitution der ESF-Untergeldshalbierung. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg habe im Urteil vom 17. September 2008 klargestellt gehabt, dass für alle Leistungen immer die Rechtsgrundlagen zum Zeitpunkt des Bescheiddatums ausschlaggebend seien. Dies sei ein Rechtsgrundsatz, welcher grundsätzlich anzuwenden sei. Dem gegenüber und entgegen diesem Urteil sei der Beklagte zu 1) der Ansicht, dass für einen Zeitraum, der vor Beginn der Rechtsgrundlage liege, eine Leistung nicht gewährt werden könne. Der vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bekräftigte allgemeine Rechtsgrundsatz, wonach die Rechtsgrundlagen gültig am Bescheiddatum relevant seien, würden hier also nicht grundsätzlich, sondern uneinheitlich angewandt. Er fordere nur die einheitliche Anwendung.
Der Kläger hat zunächst beantragt,
1. dieses Verfahren mit dem Verfahren S 56 AL 2483/10 zusammenzulegen, 2. den Beklagten zu 1) zur Zahlung der Unterkunftskosten (von 1067,69 Euro für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004) zu verurteilen, 3. ersatzweise die Beklagte zu 2) zur Zahlung von ESF-Unterhaltsgeld auf der Basis von 645,00 Euro monatlich (für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004) zu verurteilen.
Nach einem gerichtlichen Hinweis hat der Kläger erklärt, da das Gericht die beiden Verfahren nicht zusammenlegen wolle, habe er wunschgemäß Antrag Nr. 1 und Nr. 3 seiner Klage zurückgezogen und darum gebeten, "ausschließlich" den Anspruch gegen den Beklagten zu 1) zu berücksichtigen.
Der Beklagte zu 1) hat die angefochtenen Bescheide für zutreffend gehalten.
Die Beklagte zu 2) hat darauf hingewiesen, dass sie die angefochtenen Bescheide nicht erlassen habe und sie diese daher schon aus rechtlichen Gründen nicht aufheben könne. Soweit sich die Klage auch gegen den Widerspruchsbescheid der Beklagten zu 2) vom 09. Juni 2010 richten sollte, werde darauf hingewiesen, dass hierzu bereits ein Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 54 AL 2483/10 anhängig sei. Es sei somit nicht zu erkennen, dass gegen sie rechtlich zulässig Klage erhoben worden sei.
Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2013 die Klage abgewiesen: Die Klage gegen den Beklagten zu 1) sei unbegründet, denn der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Für die Gewährung von Leistungen sei nach dem Recht des SGB II ausschlaggebend, wann diese Kosten fällig gewesen seien (Hinweis auf Urteil des Bundessozialgerichts – BSG - vom 24. November 2011 – B 14 AS 121/10 R). Im vorliegenden Verfahren mache der Kläger Kosten für seine Unterkunft geltend, welche vor in Kraft treten des SGB II fällig geworden seien. Damit könne insbesondere § 22 SGB II keine Rechtsgrundlage für die Gewährung dieser Kosten darstellen. Auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, wonach das Recht zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung anzuwenden und es nicht von Bedeutung sei, für welchen Zeitraum Leistungen begehrt würden, existiere nicht. Einen solchen habe auch nicht das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Verfahren L 16 AL 494/06 angewandt. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) sei nicht zulässig, denn der gegen sie gerichtete Antrag stehe unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Hauptantrag gegen den Beklagten zu 1) erfolglos bleibe. Er enthalte damit eine sogenannte eventuale subjektive Klagehäufung, die nicht zulässig sei. § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lasse zwar die Verbindung mehrerer, auch hilfsweise erhobener Begehren zu; diese müssten sich aber schon nach dem Wortlaut der Vorschrift gegen denselben Beklagten richten. Dem liege der Gedanke zugrunde, dass anders als bei der eventualen objektiven Antragshäufung der Hilfsantrag bei der eventualen subjektiven Antragshäufung nicht von einer Bedingung im Prozessrechtsverhältnis gegenüber demselben Prozessgegner, sondern einem anderen Prozessgegner abhänge. Der hilfsweise in Anspruch genommene Beklagte solle damit auch nur für den Fall des Unterliegens des Klägers mit dem Hauptantrag zum Prozessbeteiligten gemacht werden. Ein derartiger "Prozess auf Probe" sei dem bedingt in Anspruch genommenen Beklagten nicht zuzumuten und widerspreche dem Grundsatz der Rechtssicherheit.
Gegen den ihm am 07. Februar 2013 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 25. Februar 2013 eingelegte Berufung des Klägers.
Mit Beschluss vom 13. Mai 2013 hat das Sozialgericht den Antrag des Klägers auf mündliche Verhandlung abgelehnt.
Der Kläger meint, wenn ihm das (halbierte) ESF-Unterhaltsgeld auf Basis zeitlich erst später "nachgereichter" Rechtsgrundlage gezahlt worden sei, sollte ihm aber auch der ab 01. Januar 2005 zugehörige Unterkunftskostenzuschuss auf Basis zeitlich erst später "nachgereichter" Rechtsgrundlage in Form des § 22 SGB II gezahlt werden. Die vom Gesetzgeber angedachte Substitution habe in seinem Fall nicht stattgefunden, da er nur das halbierte ESF-Unterhaltsgeld ohne Substitution durch den zugehörigen Unterkunftskostenzuschuss gemäß § 22 SGB II erhalten habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2013 1. zu ändern und den Beklagten zu 1) unter Aufhebung des Bescheides vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2010 zu verurteilen, ihm 1067,69 Euro als entstandene Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 zu gewähren, 2. insoweit aufzuheben, als gegenüber der Beklagten zu 2) erkannt worden ist.
Der Beklagte zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beklagte zu 2) stellt keinen Antrag.
Sie führt ergänzend aus, dass die (hilfsweise) gegen sie erhobene Klage auch deswegen unzulässig sein gewesen dürfte, weil die Streitsache bereits Gegenstand anderer Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten zu 1) () und der Auszüge aus der Verwaltungsakte der Beklagten zu 2) () und des Sozialgerichts Berlin (S 84 AL 3849/09 und S 54 AL 2483/10), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Sie hat insbesondere nicht der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts bedurft.
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil, dem der Gerichtsbescheid gleichsteht (§ 105 Abs. 1 Satz 3 SGG), des Sozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
Mehrere Ansprüche auf eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung werden nach § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 5 Zivilprozessordnung (ZPO) zusammen gerechnet. Dies gilt auch bei subjektiver Klagehäufung, soweit es sich nicht um wirtschaftlich identische Streitgegenstände handelt, auch bei Haupt- und Hilfsanträgen, wenn der Kläger mit allen Ansprüchen abgewiesen worden ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Auflage, § 144 Rdnrn. 16 und 17).
Die Berufung ist damit auch, soweit sie das gegen die Beklagte zu 2) ergangene Urteil mit der Entscheidung über den hilfsweise erhobenen Anspruch betrifft, statthaft, denn der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes wird bereits durch das gegen den Beklagten zu 1) erhobene Begehren auf Zahlung von 1067,69 Euro erreicht.
Die Berufung ist auch begründet, soweit das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 28. Januar 2013 gegenüber der Beklagten zu 2) erkannt hat.
Der Kläger wird dadurch beschwert, denn das Sozialgericht ist insoweit über seinen erhobenen Anspruch hinausgegangen, als es trotz Klagerücknahme über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) entschieden hat. Der Gerichtsbescheid ist daher insoweit aufzuheben.
Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Es darf nicht mehr zusprechen als gewollt ist und nichts anderes. Es darf nicht einen anderen Beteiligten verurteilen, als es der Kläger beantragt hat (Meyer-Ladewig, a.a.O. § 123 Rdnrn 4 und 4a).
Die Verletzung dieser Vorschrift, die Ausdruck der Dispositionsmaxime ist, beschwert den Kläger.
Nach dem Grundsatz der sogenannten formellen Beschwer ist der Kläger schon dann beschwert, wenn das angefochtene Urteil von seinen Anträgen abweicht (Bundesgerichtshof – BGH, Urteil vom 09. Oktober 1990 – VI ZR 89/90, abgedruckt in NJW 1991, 703), er also das von ihm begehrte Prozessziel nicht erreicht hat, wobei es keinen Unterschied macht, ob der Kläger mit diesem Begehren aus prozessualen Gründen nicht durchgedrungen ist, ob sein Begehren aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt worden ist oder ob gar keine Entscheidung über dieses Begehren ergangen ist, sofern nicht die ergangene Entscheidung ausdrücklich als Teilurteil bezeichnet ist oder das Gericht sich die Entscheidung über den betreffenden Punkt ausdrücklich vorbehalten hat. Eine Beschwer liegt auch dann vor, wenn der Tenor eine Entscheidung nicht enthält, die Gründe aber mit Sicherheit ergeben, dass das Gericht das Begehren gewürdigt, aber nicht für begründet gehalten hat (BSG, Urteil vom 14. November 1961 – 11 RV 960/59, abgedruckt in BSGE 15, 232 = SozR Nr. 164 zu § 162 SGG).
Der Kläger muss eine gerichtliche Entscheidung nicht hinnehmen, die zu Unrecht sowie zu seinen Ungunsten den Streitgegenstand eines von ihm angestrengten Verfahrens ausweitet und ihm den Anspruch auf eine Leistung abspricht (vgl. auch BSG, Beschluss vom 29. März 2001 – B 7 AL 214/00 B, abgedruckt in SozR 3-1500 § 123 Nr. 1). Wie im Fall eines Nichturteils (Scheinurteils) muss, wenn über etwas entschieden wird, was nicht (mehr) zur Entscheidung gestellt war, der mit dem insoweit unrichtigen Urteil belastete Beteiligte die Möglichkeit haben, diesen Fehler zu beseitigen (Bundesgerichtshof – BGH, Urteil vom 09. Oktober 1990 – VI ZR 89/90).
Ein Urteil, das ergeht, obwohl ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten nicht (mehr) besteht, ist zudem ein nichtiges und damit wirkungsloses Urteil, das zwar nicht materieller, jedoch formeller Rechtskraft fähig ist, so dass Rechtsmittel grundsätzlich zulässig sind (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 125 Rdnrn. 5b und 5c).
Der Kläger hat mit seiner Erklärung, dass er die Anträge Nr. 1 und Nr. 3 seiner Klage zurückgezogen habe, eindeutig zum Ausdruck gebracht, wie auch ausdrücklich erklärt, dass "ausschließlich" über den erhobenen Anspruch gegen den Beklagten zu 1) entschieden werden soll. Dies stellt eine Rücknahme der Klage gegenüber der Beklagten zu 2) dar, sodass damit das Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) beendet worden ist. Damit hätte ein Gerichtsbescheid im Verhältnis dieser ehemals am Rechtsstreit Beteiligten nicht ergehen dürfen. Soweit gleichwohl ein Gerichtsbescheid ergangen ist, handelt es sich insoweit um einen nichtigen und damit wirkungslosen Gerichtsbescheid, der in diesem Umfang zu seiner Aufhebung führt.
Im Übrigen ist die Berufung allerdings unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage gegen den Beklagten zu 1) zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2010 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von 1067,69 Euro als entstandene Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004. Es gibt keine Rechtsgrundlage, wonach der Kläger diesen Betrag von dem Beklagten zu 1) verlangen könnte.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden zwar Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Diese Vorschrift ist jedoch als Bestandteil des SGB II erst zum 01. Januar 2005 in Kraft getreten. Dies folgt aus Artikel 61 Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2954). Nach Artikel 61 Abs. 1 dieses Gesetzes tritt dieses Gesetz vorbehaltlich des Artikel 61 Absätze 2 und 3 am 01. Januar 2005 in Kraft. Davon wird auch das SGB II als Artikel 1 dieses Gesetzes erfasst. Lediglich einzelne Vorschriften des Artikel 1 dieses Gesetzes, zu denen jedoch nicht § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gehört, sind nach Artikel 61 Abs. 2 dieses Gesetzes bereits am 01. Januar 2004 in Kraft getreten (Artikel 61 Abs. 2 dieses Gesetzes).
Nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts ist ein Rechtssatz grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Dementsprechend beurteilt sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw. Rechtsverhältnisse nach dem Recht, das zur Zeit der Anspruchs begründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt (BSG, Urteil vom 02. Mai 2012 - B 11 AL 18/11 R, abgedruckt in SozR 4-4300 § 144 Nr. 24 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27. August 2008 – B 11 AL 11/07 R, abgedruckt in SozR 4-4300 § 335 Nr. 1m. w. N. zur ständigen Rechtsprechung).
Das Inkrafttreten eines Gesetzes zu einem bestimmten Zeitpunkt bedeutet somit, dass dieses Gesetz lediglich auf solche Sachverhalte Anwendung findet, die ab diesem Zeitpunkt eintreten. Auf Sachverhalte, die vor diesem Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Gesetzes bereits eingetreten sind, ist das Gesetz daher nicht anwendbar. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn das Gesetz ausnahmsweise ganz oder teilweise etwas anderes bestimmt, also anordnet, dass bereits eingetretene Sachverhalte gleichfalls von diesem Gesetz erfasst werden sollen. Eine Regelung, wonach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch solche Kosten für Unterkunft und Heizung, die bereits vor dem 01. Januar 2005 entstanden sind, erfassen soll, gibt es jedoch nicht.
Der vom Kläger gesehene Widerspruch zum Unterhaltsgeld nach den ESF-Richtlinien besteht nicht. § 9 Abs. 1 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bestimmt zwar, dass diese Richtlinien am 01. Januar 2005 in Kraft treten. Allerdings hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 17. September 2008 festgestellt, dass mit § 9 Abs. 3 ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 eine Vorschrift vorhanden ist, die – insoweit abweichend zu den allgemeinen Regelungen des Inkrafttretens einer Vorschrift – anordnet, dass auch für vor dem 01. Januar 2005 eingetretene Sachverhalte nach den ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 zu beurteilen sind. Im Urteil des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg ist dazu ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten ( zu 2) ) sind die zum 01. Januar 2005 außer Kraft getretenen ESF-Richtlinien hier nicht anzuwenden, denn eine Fortgeltung der Richtlinien vom 26. März 2003 wird nach § 9 Abs. 3 der ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 nur für Leistungen angeordnet, die vor dem Inkrafttreten des ESF-Richtlinien vom 22. Dezember 2004 bewilligt wurden. Im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 17. September 2008 – L 16 AL 494/06 ist damit entgegen der Ansicht des Klägers eine Ausnahme zum allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inkrafttretens von Rechtsvorschriften und nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz des Inkrafttretens von Rechtsvorschriften behandelt worden.
Kosten der Unterkunft, die dem Kläger in der Zeit vom 25. Oktober bis 31. Dezember 2004 entstanden sind, kann er somit nicht von dem Beklagten zu 1) beanspruchen.
Die Berufung hat daher nur teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Es ist nicht sachgerecht, dass die Beklagte zu 2) außergerichtliche Kosten des Klägers trägt, denn, wie das Sozialgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, wäre der Kläger in der Sache jedenfalls erfolglos geblieben.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved