Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 577/13 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 642/13 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wert der Beschwerdegegenstandes nicht über 750 EURO.
I. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 10.07.2013 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller (ASt) begehrten die Feststellung der Nichtigkeit zweier Sanktionsbescheide vom 21.06.2013.
Die ASt beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner (Ag). Jeweils mit Schreiben vom 25.03.2013 forderte der Ag sie - unter Belehrung über etwaige Rechtsfolgen einer unentschuldigten Nichtvorsprache - auf, sich am 10.04.2013 bei ihm zu melden, um über die aktuelle berufliche Situation zu sprechen. Nachdem die ASt zum Vorsprachetermin nicht erschienen waren, minderte der Ag mit Bescheiden vom 21.06.2013 die jeweilige Regelleistung der ASt um 10% des Regelbedarfs (jeweils monatlich 34,50 EUR) für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.09.2013. Dies wurde bei der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 im Bescheid vom 21.06.2013 entsprechend berücksichtigt.
Einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem die ASt zuletzt die Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 und eines Schriftsatzes des Ag vom 02.07.2013 beantragt haben, hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) in einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 ausgelegt und diesen mit Beschluss vom 10.07.2013 abgelehnt. Widerspruch sei bislang nicht eingelegt worden, weshalb die Anordnung einer aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht käme. Bei dem beanstandeten Schreiben des Ag handele es sich offensichtlich um die Antragserwiderung vom 27.06.2013, die den ASt am 02.07.2013 zugestellt worden sei. Dieses sei - selbst bei fehlender Unterschrift - nicht nichtig. Der Beschluss sei nach § 172 Abs 3 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unanfechtbar.
Dagegen haben die ASt Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die vom SG vorgenommene Antragsauslegung sei falsch. Es sei die Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 beantragt worden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig (§§ 172, 173 SGG).
Streitgegenstand ist nach der Beschwerde der ASt allein die Feststellung der Nichtigkeit der beiden Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, mit denen eine Minderung des Anspruchs auf Alg II für die Monate Juli bis September 2013 um jeweils 34,50 EUR monatlich erklärt worden ist. Mit der Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide können die ASt alleine weitere Leistungen im Umfang von 207 EUR (34,50 EUR x 3 Monate x 2) erstreiten. Die Feststellung der Nichtigkeit des "Schriftsatzes vom 02.07.2013" beantragen die ASt im Beschwerdeverfahren erkennbar nicht mehr.
Nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I 444) ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Soweit diese Wertgrenze bzw zeitliche Grenze nicht überschritten wird, bedarf die Berufung der Zulassung, die ua erfolgen kann, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs 2 SGG).
Nach dem Wortlaut des § 172 Abs 3 SGG soll eine Beschwerde im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch nur dann zulässig sein, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig ist, nicht aber, wenn sie lediglich zugelassen werden kann. Darüber hinaus ist eine Zulassung der Beschwerde durch das SG in der Regelung des § 172 SGG nicht vorgesehen, so dass für die Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde allein auf den Wert des Beschwerdegegenstandes und - gegebenenfalls - auf den umstrittenen Zeitraum abzustellen ist.
Vorliegend steht lediglich eine Erhöhung des Anspruches auf Alg II vom 01.07.2013 bis 30.09.2013 um insgesamt 207 EUR (3 x 34,50 EUR x 2) im Streit. Die Berufung in der Hauptsache ist somit nicht zulässig und die Beschwerde nicht statthaft, weil weder Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG), noch der Beschwerdewert von 750 EUR erreicht wird (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Dabei kommt es nicht darauf an, dass die ASt die Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide und nicht die Zahlung der einbehaltenen Leistungen beantragen, da auch die Nichtigkeitsfeststellung letztlich zu einer Geldleistung führen würde (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 144 Rn 10a). Das SG hatte in seinem Beschluss auch richtigerweise auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung hingewiesen.
Nach alledem war die Beschwerde zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller (ASt) begehrten die Feststellung der Nichtigkeit zweier Sanktionsbescheide vom 21.06.2013.
Die ASt beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Antragsgegner (Ag). Jeweils mit Schreiben vom 25.03.2013 forderte der Ag sie - unter Belehrung über etwaige Rechtsfolgen einer unentschuldigten Nichtvorsprache - auf, sich am 10.04.2013 bei ihm zu melden, um über die aktuelle berufliche Situation zu sprechen. Nachdem die ASt zum Vorsprachetermin nicht erschienen waren, minderte der Ag mit Bescheiden vom 21.06.2013 die jeweilige Regelleistung der ASt um 10% des Regelbedarfs (jeweils monatlich 34,50 EUR) für die Zeit vom 01.07.2013 bis 30.09.2013. Dies wurde bei der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 im Bescheid vom 21.06.2013 entsprechend berücksichtigt.
Einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem die ASt zuletzt die Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 und eines Schriftsatzes des Ag vom 02.07.2013 beantragt haben, hat das Sozialgericht Bayreuth (SG) in einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 ausgelegt und diesen mit Beschluss vom 10.07.2013 abgelehnt. Widerspruch sei bislang nicht eingelegt worden, weshalb die Anordnung einer aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht käme. Bei dem beanstandeten Schreiben des Ag handele es sich offensichtlich um die Antragserwiderung vom 27.06.2013, die den ASt am 02.07.2013 zugestellt worden sei. Dieses sei - selbst bei fehlender Unterschrift - nicht nichtig. Der Beschluss sei nach § 172 Abs 3 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unanfechtbar.
Dagegen haben die ASt Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Die vom SG vorgenommene Antragsauslegung sei falsch. Es sei die Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide vom 21.06.2013 beantragt worden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Ag sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig (§§ 172, 173 SGG).
Streitgegenstand ist nach der Beschwerde der ASt allein die Feststellung der Nichtigkeit der beiden Sanktionsbescheide vom 21.06.2013, mit denen eine Minderung des Anspruchs auf Alg II für die Monate Juli bis September 2013 um jeweils 34,50 EUR monatlich erklärt worden ist. Mit der Feststellung der Nichtigkeit der Bescheide können die ASt alleine weitere Leistungen im Umfang von 207 EUR (34,50 EUR x 3 Monate x 2) erstreiten. Die Feststellung der Nichtigkeit des "Schriftsatzes vom 02.07.2013" beantragen die ASt im Beschwerdeverfahren erkennbar nicht mehr.
Nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I 444) ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre.
Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG). Soweit diese Wertgrenze bzw zeitliche Grenze nicht überschritten wird, bedarf die Berufung der Zulassung, die ua erfolgen kann, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs 2 SGG).
Nach dem Wortlaut des § 172 Abs 3 SGG soll eine Beschwerde im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes jedoch nur dann zulässig sein, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig ist, nicht aber, wenn sie lediglich zugelassen werden kann. Darüber hinaus ist eine Zulassung der Beschwerde durch das SG in der Regelung des § 172 SGG nicht vorgesehen, so dass für die Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde allein auf den Wert des Beschwerdegegenstandes und - gegebenenfalls - auf den umstrittenen Zeitraum abzustellen ist.
Vorliegend steht lediglich eine Erhöhung des Anspruches auf Alg II vom 01.07.2013 bis 30.09.2013 um insgesamt 207 EUR (3 x 34,50 EUR x 2) im Streit. Die Berufung in der Hauptsache ist somit nicht zulässig und die Beschwerde nicht statthaft, weil weder Leistungen für mehr als ein Jahr streitig sind (§ 144 Abs 1 Satz 2 SGG), noch der Beschwerdewert von 750 EUR erreicht wird (§ 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Dabei kommt es nicht darauf an, dass die ASt die Feststellung der Nichtigkeit der Sanktionsbescheide und nicht die Zahlung der einbehaltenen Leistungen beantragen, da auch die Nichtigkeitsfeststellung letztlich zu einer Geldleistung führen würde (vgl Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl, § 144 Rn 10a). Das SG hatte in seinem Beschluss auch richtigerweise auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung hingewiesen.
Nach alledem war die Beschwerde zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
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