L 6 EG 6/11

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 6 EG 26/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 EG 6/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom 23. März 2007 bis 22. März 2008 zu zahlenden Elterngeldes streitig. Dabei ist insbesondere die Ermittlung des Einkommens der Klägerin im Bemessungszeitraum aus selbstständiger Erwerbstätigkeit bzw. die Berechnung des entsprechenden Steuerabzugs gemäß § 2 Abs. 9 S. 4 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig.

Die Klägerin und ihr Ehemann, C. C., sind beide selbstständige Steuerberater und Eltern des 23. März 2007 geborenen Kindes D. C. Sie stellten am 31. Mai 2007 Antrag auf Elterngeld und legten für die Klägerin als Bezugszeitraum den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes fest. Zusammen mit dem Antrag legten sie u.a. den Steuerbescheid für das Jahr 2005 vor, der eine Zusammenveranlagung der Ehegatten sowie Einkünfte aus selbstständiger Arbeit bzw. freiberuflicher Tätigkeit der Klägerin in Höhe von 8.836,00 EUR und des Ehemannes in Höhe von 238.276,00 EUR ausweist. Ebenso wurde ein "Kontennachweis zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG" vorgelegt, wonach der steuerliche Gewinn der Klägerin im Jahr 2006 24.455,49 EUR beträgt. Im Übrigen ergeben die dem Antrag ebenfalls beigefügten und von dem Finanzamt Darmstadt unter dem 28. Mai 2007 erstellten Vergleiche zwischen Zusammen- und getrennter Veranlagung, dass die Zusammenveranlagung für die Ehegatten günstiger ist. Nach dem Vergleich für 2006 ergäbe die getrennte Veranlagung eine auf die Klägerin entfallende Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag in Höhe von 2.546,90 EUR.

Der Beklagte bewilligte zunächst durch Bescheid vom 28. Juni 2007 der Klägerin Elterngeld für die Zeit vom 23. März 2007 bis 22. März 2008 in Höhe von monatlich 978,37 EUR (für die ersten 10 Lebensmonate unter Berücksichtigung des Geschwisterbonus gemäß § 2 Abs. 4 BEEG) bzw. 889,43 EUR (für den 11. und 12. Lebensmonats). Sodann, nach Widerspruchserhebung wegen einkommensmindernder Berücksichtigung der gezahlten Beiträge zum Versorgungswerk der Steuerberater in Hessen, bewilligte der Beklagte durch weiteren Bescheid vom 28. September 2007 Elterngeld für die ersten 10 Lebensmonate in Höhe von jeweils 1.345,53 EUR und für den 11. und 12. Lebensmonat in Höhe von jeweils 1.223,21 EUR. In beiden Bescheiden wies der Beklagte darauf hin, dass die Zahlung vorläufig erfolge und eine endgültige Feststellung erst nach Vorlage des Steuerbescheides 2006 möglich sei.

In der Folgezeit legte die Klägerin den Steuerbescheid für 2006 vom 19. Februar 2008 vor. Danach betrugen die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit bzw. freiberuflicher Tätigkeit der Klägerin 24.796,00 EUR und ihres Ehemannes 260.976,00 EUR. Der Gesamtbetrag der Einkünfte belief sich auf 16.648,00 EUR (Klägerin) und 258.068,00 EUR (Ehemann). Die Einkommensteuer für die zusammenveranlagten Ehegatten wurde einschließlich des Solidaritätszuschlags auf 99.391,01 EUR festgesetzt. Die Klägerin verwies im Übrigen auf den ebenfalls vorgelegten weiteren Vergleich zwischen Zusammen- und getrennter Veranlagung des Finanzamtes vom 7. April 2008, wonach sich bei getrennter Veranlagung die auf sie entfallende Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag auf 587,64 EUR belaufen würde. Sie bat, diesen Betrag bei der Berechnung des Elterngeldes zugrunde zu legen.

Nach Vorlage dieser Unterlagen stellte der Beklagte mit Bescheid vom 30. April 2008 das der Klägerin zustehende Elterngeld endgültig in Höhe von 971,92 EUR monatlich (1. bis 10. Lebensmonat) und 883,56 EUR monatlich (11. und 12. Lebensmonat) fest. Zugleich forderte er eine Überzahlung in Höhe von 4.415,40 EUR zurück. Bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes ging der Beklagte von einem endgültigen Einkommen der Klägerin aus selbständiger Arbeit von 24.796,00 EUR aus. Hiervon zog er anteilige Steuern in Höhe von 8.971,08 EUR ab und gelangte zu einem Nettoeinkommen von 15.824,92 EUR. Den anteiligen Steuerbetrag errechnete der Beklagte entsprechend dem Verhältnis der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit bzw. freiberuflicher Tätigkeit der Klägerin zum Gesamtbetrag der Einkünfte beider Ehegatten.

Die Klägerin erhob Widerspruch am 27. Mai 2008 und machte geltend, soweit bei der Elterngeldberechnung ihr Einkommen um die darauf entfallenden Steuern gemäß § 2 Abs. 9 letzter Satz BEEG zu kürzen sei, finde sich in dieser Vorschrift keine Regelung darüber, wie die auf den Gewinn entfallenden Steuern zu berechnen seien. Nach ihrer Auffassung seien die auf sie entfallenden Steuern wie bei einer getrennten Veranlagung zu berechnen, wie dies der Beklagte mit dem vorläufigen Bescheid vom 28. September 2007 gehandhabt habe. In dem endgültigen Bescheid werde die Steuer nunmehr proportional zum Gesamteinkommen der Eheleute berechnet, wobei sich das hohe Einkommen des Ehemannes für sie ungünstig auswirke. Die proportionale Steuerberechnung sei nicht sachgerecht. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass mangels konkreter Regelung zur Aufteilung der Steuern auf die Regelungen der Abgabenordnung (AO) abzustellen sei. Insofern sei nach §§ 268 ff. AO die Steuer nach dem Verhältnis der Beträge aufzuteilen, die sich bei getrennter Veranlagung ergeben würden. Weiter stelle eine proportionale Steuerberechnung verheiratete Eltern schlechter gegenüber unverheirateten, was aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht haltbar sei. Im Übrigen habe der Gesetzgeber sicher nicht gewollt, dass die Wahl der Veranlagungsform bei Ehegatten einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe des Elterngeldes habe. Letztlich führe die von dem Beklagten angewandte Berechnung zu einer Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Selbstständigen, was ebenfalls verfassungsrechtlich zu beanstanden sei. Abschließend begehrte die Klägerin, von ihrem Einkommen aus selbstständiger Arbeit lediglich auf sie entfallende Steuern in Höhe von 564,11 EUR abzuziehen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2008 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung verwies er darauf, eine Verteilung der Steuerlast wie bei einer Getrenntveranlagung sei nach den Vorschriften des BEEG nicht zulässig.

Mit der am 21. Juli 2008 erhobenen Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie führte aus, ihr stehe Elterngeld in Höhe von 1.488,25 EUR monatlich für die ersten 10 Lebensmonate und 1.352,95 EUR monatlich für den 11. und 12. Lebensmonat des Kindes zu. Zur Begründung hielt die Klägerin an ihrer Auffassung fest, dass § 2 Abs. 9 BEEG keine nähere Regelung zur Aufteilung der Steuerbelastung enthalte, so dass allgemeine Grundsätze anzuwenden seien. Danach müsse hier eine Berechnung gemäß §§ 268 ff. AO erfolgen und müssen die Steuerbelastungen nach Maßgabe des § 26a Einkommensteuergesetz (EStG) aufgeteilt werden, wie sie sich bei getrennter Veranlagung ergeben würden. Daraus ergebe sich eine auf sie entfallende Steuerbelastung von 564,11 EUR. Im Ergebnis hätte sie von der Gesamtsteuerbelastung der Eheleute von 94.354,00 EUR den Betrag von 534,70 EUR an Einkommensteuer zu tragen. Demgegenüber trägt die Klägerin weiter vor, im Falle einer getrennten Veranlagung der Eheleute würde auf ihr Einkommen eine Steuerbelastung inklusive Solidaritätszuschlag in Höhe von 557,00 EUR entfallen. Aus allem folge, dass sie wegen der von dem Beklagten vorgenommenen Mitberücksichtigung der hohen Einkünfte ihres Ehemannes schlechter stehe, als wäre sie steuerlich getrennt veranlagt bzw. unverheiratet. Dies sei nicht hinnehmbar. Hinzu komme, dass sie bei der proportionalen Verteilung der Steuerlast so stehe, als hätte sie als angestellte Arbeitnehmerin die Steuerklasse V gewählt. Dem könne durch den Wechsel der Steuerklasse begegnet werden, wobei sich bereits aus den Richtlinien zum BEEG ergebe, dass ein Wechsel in die Steuerklasse IV niemals rechtsmissbräuchlich sein könne. So habe auch das Bundessozialgericht entschieden (Hinweis auf das Urteil vom 25. Juni 2009, B 10 EG 4/08 R), dass es nicht rechtsmissbräuchlich sei, wenn lohnsteuerpflichtig Beschäftigte einen Steuerklassenwechsel zur Erhöhung des für die Berechnung des Elterngeldes zu berücksichtigenden Nettoeinkommens vor der Geburt des Kindes vornehmen würden. Eine derartige Möglichkeit stehe ihr als Selbständige nicht zur Verfügung, so dass im Ergebnis unter Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) eine Ungleichbehandlung sowohl gegenüber unverheirateten Müttern als auch abhängig beschäftigten Müttern ohne sachlichen Grund vorliege.

Demgegenüber trug der Beklagte vor, nach den Richtlinien zum BEEG sei die Aufteilung der Steuer nach dem Verhältnis der für die Bemessung des Elterngeldes berücksichtigten Summe der positiven Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zur Summe aller Einkünfte vorzunehmen. Abzüge, die von der Summe aller Einkünfte zur Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte vorgenommen würden, seien nicht zu berücksichtigen. Unter Beachtung des Steuerbescheides für das Jahr 2006 sei das im angefochtenen Bescheid berücksichtigte Einkommen in Höhe von 24.796,00 EUR zutreffend um die in Relation ermittelten Steuern von 8.971,00 EUR vermindert worden. Ergänzend legte der Beklagte die Richtlinien zu § 2 BEEG vor.

Das Sozialgericht hat durch Beschluss vom 8. Oktober 2010 auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das bei dem Bundessozialgericht anhängige Revisionsverfahren B 10 EG 9/10 R angeordnet und dieses sodann im November 2010 wieder aufgenommen, nachdem die dortige Revision zurückgenommen worden war.

Sodann hat das Sozialgericht durch Urteil vom 21. Februar 2011 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt am 23. März 2007, im Jahr 2006, habe die Klägerin ausweislich des Steuerbescheides Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 24.796,00 EUR erzielt, was einem monatlichen durchschnittlichen Gewinn von 2.066,33 EUR entspreche. Von diesem Gewinn sei nach § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG "der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer" abzuziehen. Dies seien an Steuern und Solidaritätszuschlag monatlich 747,59 EUR. Zutreffend habe der Beklagte die Höhe der auf die Einkünfte der Klägerin entfallenden Steuern nach dem Verhältnis bestimmt, in dem die Einkommen der Ehegatten zueinander stünden. Dem Wortlaut des § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG lasse sich zwar nicht unmittelbar entnehmen, nach welchem Verteilungsmaßstab der auf die jeweiligen Einkünfte entfallende Anteil der Steuer etc. zu ermitteln sei (Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. April 2010, L 13 EG 55/09). Es werde jedoch auf die "im Einkommensteuerbescheid festgesetzte" Steuer abgestellt. Die Festsetzung beruhe hier auf der gemeinsamen Veranlagung der Ehegatten nach § 26b EStG mit der Folge, dass die Höhe der Steuerschuld nicht über eine entsprechende Anwendung des § 268 AO nach einer getrennten Veranlagung ermittelt werden könne. Für die von dem Beklagten gewählte Berechnung spreche auch die Gesetzesbegründung (Hinweis auf Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. - 16/2785, S. 38, 3. Abs. 2. Spalte). Dort heiße es: "Bei Zusammenveranlagung von Eheleuten oder weiteren Einkommensarten ist der auf den Gewinn entfallende proportionale Anteil an den gesamten Steuern zu errechnen." Auch aus Sinn und Zweck des Elterngeldes ergebe sich keine andere Berechnungsweise. Dieses stelle einen an dem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes dar (Hinweis auf BT-Drucks. 16/1889, S. 2), solle diese Einschränkungen jedoch nicht zu 100 Prozent ausgleichen. Letztlich liege auch keine Ungleichbehandlung gegenüber abhängig Beschäftigten vor, die gegen Art. 3 GG verstoßen würde. Dafür müsse es sich bei der Gruppe der abhängig Beschäftigten und der selbstständig Tätigen um im Wesentlichen gleiche Gruppen handeln, was aber nach Auffassung des Gerichts nicht der Fall sei. Beide Gruppen unterschieden sich wesentlich im Hinblick auf die Steuerermittlung und den Steuereinzug. So finde auf abhängig Beschäftigte das Lohnsteuerabzugsverfahren Anwendung. Die sich daraus für einen abhängig Beschäftigten ergebenden Nachteile habe ein selbstständig Tätiger nicht zu tragen. Abschließend hat das Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung die Sprungrevision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Gegen das der Klägerin am 17. Mai 2011 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. Juni 2011 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung. Die Klägerin macht erneut geltend, mangels konkreter Regelungen zur Aufteilung der Steuerlast im BEEG sei auf §§ 268 ff. AO abzustellen, wonach im Falle der Vollstreckung gegen Steuerschuldner die Steuerlast nach ihrem tatsächlichen Anteil zu errechnen sei. Soweit sowohl der Beklagte als auch das Sozialgericht diese Vorschriften der AO mit der Begründung unbeachtet gelassen hätten, die jeweilige anteilige Berechnung gemäß § 268 AO i.V.m. § 26a EStG würde die Steuer nach dem Verhältnis aufteilen, die sich bei getrennter Veranlagung ergäbe, werde der Anteil der jeweiligen Steuer im Falle der Anwendung der §§ 268 ff. AO ebenfalls ins Verhältnis zur addierten Gesamtsteuerschuld für den Fall der getrennten Veranlagung gesetzt, um so die Quote des jeweiligen Steuerschuldners an der tatsächlichen Steuerschuld zu ermitteln. Es werde also nicht mehr verteilt als an Steuerschuld durch die gemeinsame Veranlagung errechnet worden sei. Diesen Umstand habe das Sozialgericht übersehen. Der entsprechenden Anwendung der §§ 268 ff. AO stehe auch nicht die von den Sozialgericht zitierte Gesetzesbegründung entgegen. Daraus ergebe sich lediglich, dass überhaupt ein proportionaler Anteil an den gesamten Steuern gemeinsam veranlagter Eheleute zu errechnen sei. Wie im Einzelnen dieser proportionale Anteil errechnet werden solle, ergebe sich aus der Gesetzesbegründung nicht.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. Februar 2011 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung und teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 30. April 2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25. Juni 2008 zu verurteilen, ihr Elterngeld für das Kind D. für die ersten 10 Lebensmonate in Höhe von jeweils 1.488,25 EUR anstelle der bewilligten 971,92 EUR und für den 11. und 12. Lebensmonat in Höhe von jeweils 1.352,95 EUR anstelle der bewilligten 883,56 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die nach seiner Auffassung zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte des Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch sachlich nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht durch Urteil vom 21. Februar 2011 abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Berechnung des ihr zustehenden Elterngeldes unter Berücksichtigung eines geringeren Steuerabzugs von den im Bemessungszeitraum aus selbstständiger Tätigkeit erzielten Einkünften. Der angefochtene Bescheid vom 30. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2008 ist nicht zu beanstanden.

Zunächst wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung verwiesen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Demgegenüber gebietet das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren keine andere Sicht der Dinge. Auch der Senat vertritt die Auffassung, dass die Ermittlung der auf die Klägerin entfallenden Einkommensteuer entsprechend der Handhabung des Beklagten im angefochtenen Bescheid zu erfolgen hat. Auszugehen ist zunächst von § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG in der bis zum 17. September 2012 geltenden und hier anzuwendenden Fassung (a.F.). Diese Vorschrift regelt für den Fall, dass (u.a.) die selbstständige Arbeit sowohl während des Bemessungszeitraumes vor der Geburt des Kindes als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden ist, für die Ermittlung des Gewinns das Abstellen auf den für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid (" durchschnittlich monatlich erzielte Gewinn, wie er sich aus dem für den Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt."). Weiter ist in § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG a.F. geregelt: "Als auf den Gewinn entfallende Steuern ist bei der Anwendung von S. 1 der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der im Steuerbescheid festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer anzusetzen." Aus der Gesamtschau beider Regelungen folgt nach Auffassung des Senats, dass der Leistungsträger die Steuerschuld nicht selbst zu errechnen hat, sondern die Daten des Einkommensteuerbescheides zugrundezulegen sind unabhängig davon, welche Veranlagungsart die Ehegatten gewählt haben (so auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Januar 2013, L 11 EG 1139/12). Die Ermittlung einer fiktiven Steuerschuld für Alleinstehende, wie sie die Klägerin geltend macht, kann dem Wortlaut der genannten Vorschriften gerade nicht entnommen werden und entspricht im Übrigen auch nicht dem Willen des Gesetzgebers, der sich bei Zusammenveranlagung von Eheleuten vorgestellt hat, dass der auf den zu berücksichtigenden Gewinn entfallende proportionale Anteil an den gesamten Steuern zu errechnen ist (BT-Drucks. 16/2785, S. 38). Wollte man die von der Klägerin geltend gemachte Berechnungsmethode anwenden, hätte dies zur Folge, dass die Eheleute einerseits aufgrund der gewählten Zusammenveranlagung eine Steuerersparnis des besserverdienenden Ehegatten aufgrund der (höheren) Steuerpflicht der Einkünfte des anderen Ehegatten erzielen, für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes andererseits jedoch diese tatsächliche Gestaltung nicht zur Anwendung kommen und stattdessen auf eine tatsächlich nicht realisierte und damit fiktive Steuergestaltung abgestellt werden soll. Dies entspricht nicht der Gesetzeslage und den Gesetzesmaterialien. Vielmehr müssen die Eheleute, sofern sie sich - wie hier die Klägerin und ihr Ehemann - für die gemeinsame Veranlagung und den damit verbundenen Steuervorteil entschieden haben, umgekehrt in Kauf nehmen, dass die höhere Steuerlast der elterngeldberechtigten Ehefrau zu einem niedrigeren Elterngeld führt (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. April 2010, L 13 EG 55/09). Die gesetzliche Regelung des § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG a.F. bzw. das Abstellen auf den proportionalen Anteil an den gesamten Steuern begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, weder im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG noch Art. 3 Abs. 1 GG. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der steuerfinanzierten Sozialleistungen bzw. der gewährenden Staatstätigkeit, auch im Hinblick auf die Familienförderung, eine weite Gestaltungsfreiheit zukommt (BVerfG, Beschlüsse vom 20. April 2011, 1 BvR 1811/08 u. 9. November 2011, 1 BvR 1853/11). Davon ausgehend folgt aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht, dass verheirateten Eltern über das Ehegattensplitting hinaus im Rahmen des Elterngeldes ein weiterer Vorteil gegenüber nichtverheirateten Eltern oder Alleinerziehenden einzuräumen wäre (LSG Baden-Württemberg a.a.O.). Aber auch der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79 = BVerfGE 55, 72 - 95; Beschluss vom 9. November 2004, 1 BvR 684/98 = BVerfGE 112, 50 - 74). Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung verbieten. Dabei legt das Bundesverfassungsgericht je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993, 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92 = BVerfGE 88, 87 - 103). Soweit die Klägerin ungleich behandelt wird gegenüber nichtverheirateten Eltern bzw. alleinerziehenden Berechtigten, deren Steuerschuld gemessen am eigenen Einkommen niedriger ist mit der Folge eines höheren Elterngeldes, ist dies bereits aufgrund des Umstandes gerechtfertigt, dass es sich um ungleiche Gruppen mit erheblichen Unterschieden in den steuerrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten handelt. Gemeinsame Veranlagung bzw. Ehegattensplitting kommen für die Gruppe der nichtverheirateten bzw. alleinerziehenden Berechtigten gerade nicht in Betracht. Dementsprechend war der Gesetzgeber auch nicht unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten verpflichtet, die von der Klägerin begehrte fiktive Berechnung ihrer Steuerschuld zuzulassen.

Die von dem Beklagten in Anwendung von § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG a.F. vorgenommene Berechnung der anteiligen, auf die Klägerin entfallenden Steuer ist auch im Hinblick auf die einzelnen Berechnungsschritte bzw. den zu berücksichtigenden anteiligen Betrag nicht zu beanstanden. Der maßgebliche Steuerbescheid für das Jahr 2006 weist aus, dass Einkommensteuer in Höhe von 94.354,00 EUR sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von 5.037,01 EUR und damit gesamt (Kirchensteuer fiel nicht an) 99.391,01 EUR festgesetzt worden sind. Die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit betrugen 24.796,00 EUR, der Gesamtbetrag der Einkünfte 274.716,00 EUR. Davon ausgehend belief sich der Anteil der Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit im Verhältnis zum Gesamtbetrag der Einkünfte auf 9,02605 Prozent. Dieser Prozentsatz von der festgesetzten Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag (99.391,01 EUR) ergibt eine anteilige Steuerschuld von 8.971,08 EUR. Für die Einkommensberechnung schreibt § 2 Abs. 8 S. 1 BEEG a.F. den Abzug der auf das Einkommen entfallenden Steuern sowie der aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung vor. Die hier von der Klägerin geleisteten Beiträge zum berufsständischen Versorgungswerk stellen keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung im Sinne der genannten Vorschrift dar, so dass sie auch nicht von den Bruttoeinkünften abzusetzen sind (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012, B 10 EG 15/11 R). Es verbleibt mithin der Abzug lediglich der anteiligen Steuern einschließlich Solidaritätszuschlag. Die Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Arbeit beliefen sich auf 24.796,00 EUR. Abzüglich der anteiligen Steuern von 8.971,08 EUR beträgt das für die Elterngeldberechnung maßgebliche Jahreseinkommen 15.824,92 EUR und damit das monatliche Einkommen 1.318,74 EUR. Der Klägerin standen 67 Prozent hiervon (§ 2 Abs. 1 S. 1 BEEG) als Elterngeld zu, mithin 883,56 EUR. Zuzüglich des zehnprozentigen Geschwisterbonus (§ 2 Abs. 4 S. 1 BEEG a.F.) von 88,36 EUR für die Zeit bis zum 22. Januar 2008 errechnen sich folgende Elterngeldbeträge: 1. bis 10. Lebensmonat des Kindes (23. März 2007 bis 22. Januar 2008) 883,56 EUR zzgl. 88,36 EUR, gesamt 971,92 EUR sowie 11. und 12. Lebensmonat (23. Januar bis 22. März 2008) 883,56 EUR. Tatsächlich gezahlt hat der Beklagte aufgrund des (Abhilfe-) Bescheides vom 28. September 2007 für 10 Monate 1.345,53 EUR und für zwei Monate 1.123,21 EUR, so dass im Ergebnis 4.415,40 EUR überzahlt worden sind. Im Ergebnis sind sowohl die Höhe des Elterngeldes als auch die Höhe des Rückforderungsbetrages von dem Beklagten zutreffend errechnet worden.

Der Beklagte war auch zur Rückforderung berechtigt. Die zunächst erteilten Bescheide vom 28. Juni 2007 und 28. September 2007 waren Vorbehaltsbescheide (§ 8 Abs. 3 BEEG) mit lediglich vorläufiger Bewilligung, die sich mit der Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung (Bescheid vom 30. April 2008) auf sonstige Weise erledigte (vgl. § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X -). Nach § 42 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch, Allgemeiner Teil (SGB I) sind Vorschüsse auf die zustehende Leistung anzurechnen, zu viel gezahlte Vorschüsse sind zu erstatten.

Die Berufung war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nach Überzeugung des Senats mit Rücksicht auf den Gesetzestext und die Gesetzesmaterialien nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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