Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 484/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 19/14 NZB
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Notdienstordnung kann eine Notdienstgemeinschaft zur Festsetzung von Garantiepauschalen ermächtigen.
2. Eine KV-Verwaltung ist ohne Rechtsgrundlage nicht berechtigt, Teile der Notdienstvergütung für die Tage, an denen diese über der Garantiepauschale lag, mit der Garantiepauschale an den Tagen, an denen die erwirtschaftete ärztliche Vergütung unterhalb der Garantiepauschale lag, zu „verrechnen“.
2. Eine KV-Verwaltung ist ohne Rechtsgrundlage nicht berechtigt, Teile der Notdienstvergütung für die Tage, an denen diese über der Garantiepauschale lag, mit der Garantiepauschale an den Tagen, an denen die erwirtschaftete ärztliche Vergütung unterhalb der Garantiepauschale lag, zu „verrechnen“.
1. Unter Aufhebung der angefochtenen Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale III und IV/11 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2012 wird die Beklagte verpflichtet, über die Honoraransprüche des Klägers in den Quartalen III und IV/11 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Honorarfestsetzung für den durch den Kläger geleisteten ärztlichen Bereitschaftsdienste in den Quartalen III und IV/11 und hierbei um die Frage, ob die Beklagte Garantiepauschalen mit den im Bereitschaftsdienst erzielten Honoraransprüchen nicht bereitschaftsdienst-, sondern quartalsbezogen verrechnen darf.
Der Kläger ist als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Obmann für den ärztlichen Bereitschaftsdienstbezirk A-Stadt.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 12.01.2012 und 02.04.2012 das Gesamthonorar des Klägers für die Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst für die beiden streitbefangenen Quartale III und IV/11 auf 3.014,30 Euro bzw. 3.379,89 Euro netto (nach Abzug von Verwaltungskosten und weiterer Kosten) fest.
Hiergegen legte der Kläger am 30.03. und 29.05.2012 Widerspruch ein. Er trug vor, Garantiepauschalen hätten den Sinn, eine Mindestvergütung für eine bestimmte Arbeitszeit zu garantieren. In Folge dessen könne es nicht sein, dass Garantiepauschalen wie Dienste höherer Arbeitsleistung verrechnet würden. Hätte man eine Verrechnung gewünscht, wäre ein fixer Stundenlohn eingeführt worden. Er habe bereits am 27.01.2003 schriftlich bei der Bezirksstelle ZO. angefragt und den handschriftlichen, aber dadurch nicht weniger rechtsgültigen Bescheid erhalten, den er beifügte. Auch sei bei der Neuregelung der Dienstpauschale in der Vollversammlung vom 06.12.2010 beschlossen worden, dass Garantiepauschale in Bereitschaftsdienst nicht miteinander verrechnet werden sollten. In dem ÄBD-Newsletter vom März 2012 werde eindeutig dargestellt, dass die Beklagte gegen diese Abrechnungsvorschrift regelhaft verstoße. Er fordere daher zur Nachzahlung für die letzten drei Jahre auf.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2012 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Auskunft eines Mitarbeiters der Abrechnung in ZO. aus dem Jahre 2003, das jede Abrechnung extra berechnet werde, könne allenfalls für den Zeitraum bindend sein, in dem die Abrechnungsbearbeitung in ZO. vorgenommen worden sei. Ab dem 01.04.2010 erfolge diese nicht mehr in ZO. Mit Rundschreiben vom 17.03.2010 sei unter anderem darüber informiert worden, dass im Zuge der grundlegenden Restrukturierung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ab 01.04.2010 sich die Zuständigkeit hinsichtlich der Abrechnung ändere, so dass insoweit eine Änderung der Sachfrage gegeben sei (vgl. den Rechtsgedanken des § 34 Abs. 3 SGB X). In der Vollversammlung der Mitgliederversammlung der ärztlichen Bereitschaftsdienstgemeinschaft A-Stadt am 06.12.2012 seien ausweislich des Protokolls Abstimmungen über die Höhe von Garantiepauschalen erfolgt. Die einzelne Notdienstgemeinschaft sei jedoch nicht befugt festzulegen, ob Garantiepauschalen mit anderen Diensten verrechnet würden. Insoweit würden die hessenweiten Regelungen gelten, über die auch im März 2012 informiert worden sei. Sie habe darauf hingewiesen, dass eine Verrechnung mit dem Honorar vorgenommen werde. So werde die Summe der Garantiepauschale eines Quartals mit dem Quartalshonorar verrechnet. Danach erfolge eine Restzahlung oder eine Zuzahlung der ärztlichen Bereitschaftsdienstzentrale.
Hiergegen hat der Kläger am 27.09.2012 unter weitgehender Wiederholung seines Vortrags im Verwaltungsverfahren die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, eine Garantiepauschale sei als Mindestbetrag zu verstehen, der nicht unterschritten werden dürfe, der also mindestens und in jedem Falle zu zahlen sei. Ergänzend trägt er vor, die Auskunft aus dem Jahre 2003 stelle eine bindende Zusage dar, von der die Beklagte nicht einseitig abrücken dürfe. Der Wechsel der Zuständigkeit innerhalb der Organisation der Beklagten ändere nichts an der Rechtswirksamkeit der früher ausgesprochenen Zusage bzw. Vereinbarung. Der Auskunft der Beklagten könne ein Rechtsbindungswille nicht abgesprochen werden. Aus der Anfrage gehe gerade hervor, dass eine Rechtsunsicherheit bestanden habe und dass er eine Klärung im offiziellen Auftrag als stellvertretender Obmann angestrebt habe. Mit dem Begriff "Garantiepauschale" sei eine gesicherte Zahlung gemeint. Dies schließe eine spätere Verrechnung aus. Gemäß § 9 Abs. 7 Notdienstordnung könnten Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene Garantiepauschalen vereinbaren. Dies schließt auch die Zahlungsweise und damit die Frage einer Verrechnung ein. Die Beklagte habe auch die Beschlüsse der Notdienstgemeinschaft genehmigt.
Der Kläger beantragt,
die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale III und IV/11 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über seine Honoraransprüche in den Quartalen III und IV/11 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, bei dem seinerzeitigen Schreiben eines ihrer Mitarbeiter in ZO. handele es sich um eine schlichte Auskunft ohne jeglichen Rechtsbindungswillen. Durch die Restrukturierung der Verwaltung habe sich die Sachlage entscheidend geändert. Bei der Terminologie weiterer Möglichkeiten von Zahlungen (Sonderzahlungen/Sockelbetrag/Garantiepauschale/Vorauszahlung) gelte eine einheitliche Verwendung. Eine Garantiepauschale werde danach mit dem Quartalshonorar verrechnet. Hierüber habe sie informiert. Einen Ausschluss der Verrechnung habe die Notdienstgemeinschaft nicht beschließen können, weil sie diesbezüglich gar keine Kompetenz habe. Soweit Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene Garantiepauschalen vereinbaren könnten, beinhalte dies nur die Kompetenz zur Festlegung der Höhe der Garantiepauschale. Es bestehe keine Befugnis festzulegen, ob Garantiepauschalen mit anderen Diensten verrechnet werden, denn hier gelte gerade der einheitliche Begriff der Garantiepauschale, der gerade eine Verrechnung mit dem Honorar vorsehe. Im Übrigen gehe das Zahlungsbegehren des Klägers zu Lasten der Notdienstgemeinschaft, weil diese die Garantiepauschalen selbst finanzieren müssten. Die streitgegenständliche Garantiepauschale könne nur so verstanden werden, dass die Summe der Garantiepauschalen eines Quartals mit dem Quartalshonorar verrechnet würden. Die Genehmigung der Beschlussfassung der Bereitschaftsdienstgemeinschaft A-Stadt könne nur diejenigen Protokollinhalte erfassen, für welche eine Regelungsbefugnis seitens der ÄBD-Gemeinschaft bestanden abe, denn nur insoweit sei überhaupt eine Genehmigung möglich. Sie habe auch davon ausgehen können, dass der ÄBD-Gemeinschaft die Definition der Garantiepauschale bekannt gewesen sei; schließlich seien die vorher gültigen Sonderzahlungen durch Einführung der Garantiepauschalen für den Hausbesuchs-, Sitz- und Wochenenddienst abgelöst und nur eine Sonderzahlung für bestimmte Feiertage eingeführt worden. Insofern sei also bewusst zwischen Garantiepauschale und Sonderzahlung entschieden worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richterinnen aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale III und IV/11 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2012 sind rechtswidrig und waren daher aufzuheben. Die Beklagte war zu verpflichten, über die Honoraransprüche des Klägers in den Quartalen III und IV/11 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Vergütung für die von ihm im Notdienst erbrachten ärztlichen Leistungen sind §§ 85 Abs. 4 Satz 1 und 2, 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V i. d. F. GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl. I 2007, 378 i. V. m. dem Honorarvertrag 2011 (im Folgenden: HVV). Danach erfolgt die Vergütung der Ärzte auf der Basis der gemäß § 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung (Nr. II.1.2 Abs. 1 HVV). Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf die Garantiepauschale ist der Beschluss der Notdienstgemeinschaft des Klägers vom 06.10.2010. Dies bestreitet auch die Beklagte nicht. Gründe für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses (vgl. zu den Voraussetzungen (zur Erhebung einer Umlage) SG Marburg, Urt. v. 22.08.2007 S 12 KA 575/06 - juris Rdnr. 28 ff.), dem aufgrund der Subdelegation ebf. Satzungsqualität zukommt, sind nicht ersichtlich und werden von den Beteiligten nicht vorgetragen.
Soweit die Beklagte auf dem Standpunkt steht, sie könne nach der Euro-Gebührenordnung anfallende Dienste für die Teilnahme am organisierten Notdienst innerhalb eines Quartals auf die Vergütung an anderen Tagen anrechnen, soweit an diesen Tagen der Wert der erwirtschafteten Leistungen unterhalb der Garantiepauschale liegt, so fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage. Insofern geht der Vortrag der Beklagten an der Sache vorbei, die Notdienstgemeinschaft könne nicht den Ausschluss einer "Verrechnung" beschließen. Es bedarf angesichts der eindeutigen Ansprüche des Klägers vielmehr einer Rechtsgrundlage für den den Vergütungsanspruch des Klägers verkürzenden Eingriffs der Beklagten. Einem solchen Eingriff steht der Grundsatz des Gesetzesvorrangs und des Gesetzesvorbehalts (Art. 20 Abs. 3 GG) entgegen.
Der Kläger nahm nach Auskunft der Beklagten im Schriftsatz vom 11.10.2013 im Quartal III/11 an drei Diensten teil und erzielte nur in einem Dienst ein geringeres Honorar als die im Voraus ausgezahlte Garantiepauschale. Die Beklagte rechnete das Honorar aus den beiden Diensten mit der Differenz zwischen Garantiepauschale und erzieltem Honoraranspruch im dritten Dienst an. Hierdurch verringerte sich der Honoraranspruch um 200,00 EUR. Bei dienstgenauer Berechnung, so die Beklagte, hätte der Kläger eine um 200,00 EUR höhere Vergütung erhalten. Im Quartal IV/11 erzielte der Kläger nur in einem von sechs Diensten ein geringeres Honorar, wodurch der Kläger aufgrund der Verrechnung der Beklagten ein um 125,00 EUR geringeres Honorar erhielt.
Nach der Notdienstordnung der Beklagten mit Stand: April 2010 (im Folgenden: NDO) gelten für die Honorierung offensichtlich die allgemeinen Vorschriften. Insofern verweist § 9 Abs. 7 S. 1 NDO - dieser lautet: Für die Abrechnung der vom Notdienstarzt erbrachten Leistungen gelten die Bestimmungen der Grundsätze der Honorarverteilung der KV Hessen. - auf die Grundsätze der Honorarverteilung. Der Honorarverteilungsvertrag für das Jahr 2011 sieht besondere Vorschriften nicht vor. Von daher erfolgt die Vergütung im ärztlichen Notdienst zunächst ausschließlich über die Abrechnung des Notdienstarztes. Die in § 8 Abs. 1 NDO aufgeführten Zahlungen/Pauschalen betreffen offensichtlich die Leistungen an die Notdienstgemeinschaft selbst, aber nicht den Vergütungsanspruch des einzelnen Notdienstarztes. Darüber hinaus sieht § 9 Abs. 7 S. 4 NDO vor, dass Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene Garantiepauschalen vereinbaren können. Dies hat die Notdienstgemeinschaft des Klägers getan.
Jedenfalls soweit entgegenstehende Vorgaben oder spezielle Regelungen zur Notdienstvergütung im HVV nicht geregelt werden, konnte die Beklagte im Rahmen ihrer Satzungsautonomie unter Berücksichtigung der Bedeutung der notdienstärztlichen Versorgung eine solche Regelung mit der Ermächtigung der Notdienstgemeinschaften vorsehen. In diesem Sinn handelt es sich nicht originär um einen Teil der Honorarverteilung und sind die Interessen der Krankenkassen nicht unmittelbar berührt, da die Finanzierung der Kosten des Notdienstes, soweit sie nicht über die Abrechnung einzelner Leistungen nach dem EBM erfolgt, durch Haushaltsmittel der Beklagten bzw. der Notdienstgemeinschaft erfolgt. Die Pauschalzahlungen pro Notdienst an die Notdienstgemeinschaft nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 NDO werden durch eine allgemeine Umlage aller Mitglieder der Beklagten aufgebracht (§ 8 Abs. 1 Satz 3 NDO). Soweit diese Pauschalzahlungen zur Finanzierung nicht ausreichend sind, ist für die Finanzierung des organisierten Notdienstes zunächst ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare zu erheben, wobei die Höhe die Notdienstgemeinschaft festlegt; im Falle einer weiteren Unterdeckung ist eine Umlage von allen der Notdienstgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Vertragsärzten zu erheben; mit Genehmigung des Vorstands kann auch anstelle des Betriebskostenabzugs nur eine Umlage erhoben werden (§ 8 Abs. 3 NDO).
Die Beklagte hat dies offensichtlich in der Vergangenheit ebenso gesehen und tut dies auch weiterhin, denn sie beanstandet nicht den Beschluss und die Zahlung einer Garantiepauschale, sondern nimmt sich ohne Regelung und damit eigenmächtig das Recht heraus, abweichend von den honorarvertraglichen Regelungen und insb. der eigenen Notdienstordnung eine "Verrechnung" vorzunehmen. Eine Ermächtigung des Vorstands sieht die NDO, die Satzungsqualität hat, nicht vor. Von daher verstößt das Vorgehen der Beklagten gegen den Gesetzesvorrang, hier der Regelung der Notdienstgemeinschaft aufgrund der Ermächtigung in der NDO.
Zur Regelung über eine Garantiepauschale gehört aber auch die Regelung, in welchem Umfang diese zu leisten ist bzw. ob und wie diese "verrechnet" werden kann. Soweit der Honoraranspruch an den Notdiensttagen, an denen er über der Garantiepauschale liegt, durch die "Verrechnung" verkürzt wird, handelt es sich um eine Bestimmung zur Honorarverteilung bzw. zum Honoraranspruch, da die nach dem EBM bzw. HVV zu vergütenden Leistungen betroffen sind. Eine solche Regelung könnte nur durch den Honorarverteilungsvertrag ergehen. Soweit die Garantiepauschale verkürzt wird, bedürfte es wenigstens einer Ermächtigung in der NDO. Eine entsprechende Regelung ist der Kammer nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Der Kammer ist auch nicht nachvollziehbar, wie weit auf Grund der Restrukturierung der Verwaltung eine Änderung bisher bestehender Regelungen erfolgen könnte bzw. überhaupt diese Restrukturierung materiell-rechtliche Auswirkungen haben könnte. Aus allein verwaltungsorganisatorischen Regelungen können subjektive Ansprüche der Mitglieder der Beklagten nicht verkürzt werden. Dies verstößt gegen grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien. Von daher hat die Kammer die von der Beklagten bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltene Argumentation mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen.
Der Hinweis auf die Abrechnungsrichtlinie, die eine quartalsweise Abrechnung vorsieht, trifft keine Aussage zur materiell-rechtlichen Auswirkung einer Verrechnung. Quartalsweise Abrechnung bedeutet zunächst nur, dass nicht jeder Bereitschaftsdienst einzeln abgerechnet wird, sondern erst nach Ablauf des Quartals im Zusammenhang mit allen übrigen Bereitschaftsdiensten. Eine Regelung zur Frage der Verrechnung kann die Kammer hierin nicht ersehen.
Soweit die Beklagte vorgetragen hat, aufgrund der Einführung der Online-Abrechnung zum Quartal I/11 sei eine tagbezogene Abrechnung nicht mehr möglich, verkennt sie, dass sie ihre Abrechnungsvorgänge nach der Rechtsordnung, hier insbesondere des HVV und der NDO einschließlich der Beschlüsse der Notdienstgemeinschaften, auszurichten hat und Ansprüche nicht aufgrund vermeintlicher Verwaltungsnotwendigkeiten verkürzt werden dürfen. Im Übrigen konnte die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung der Kammer nicht ansatzweise nahebringen, worauf die angeblichen technischen Schwierigkeiten beruhen sollten.
Die Kammer hat der Beklagten bereits mit der Verfügung vom 06.09.2013 aufgegeben darzulegen, ob sie die Geltung von Garantiepauschalen bestreitet, falls nein weiter darzulegen, worin die Rechtsgrundlage für eine quartalsbezogene Verrechnung gesehen wird. Die Beklagte hat sich hierzu zunächst inhaltlich nicht geäußert. Erst auf telefonischen Hinweis der Kammer zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung, sie werde in der mündlichen Verhandlung die Abgabe eines Anerkenntnisses vorschlagen, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.01.2013 ihre bisherige Argumentation im Wesentlichen wiederholt und nochmals ausgeführt, dass die Notdienstgemeinschaft nur berechtigt gewesen sei, zu beschließen, dass überhaupt eine Garantiepauschale gezahlt wird. Die Kammer hat ferner in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es der Beklagten auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen sei, auch nur ansatzweise eine Norm zu nennen, die die Beklagte berechtigen würde, die Garantiepauschale zu verkürzen und dass es sich insofern um willkürliches Verhalten der Beklagte handele. Auf die Frage, weshalb kein Anerkenntnis abgegeben werde und wofür ein Urteil benötigt werde, konnte die Beklagtenvertreterin nur erklären, dies sei ihre "Vorgabe vom Haus". Die Kammer sieht hierin keine ordnungsgemäße Prozessführung und kein angemessenes Verhalten einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung sowohl gegenüber der Klägerseite als auch gegenüber dem Gericht. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Verfahrensablaufs, sondern auch der beharrlichen Weigerung, sich gegenüber der Klägerseite und dem Gericht auf einen Dialog hinsichtlich der Frage der Rechtsgrundlage einzulassen. Soweit dem Vorstand dies nicht bekannt sein sollte, dürfte hierin eine Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht zu sehen sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 144 Abs. 2 SGG). Insb. ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht ersichtlich. Die Streitsache wirft eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage nicht auf. Auch aus dem Vortrag der Beklagten wird eine solche nicht ersichtlich. Im Übrigen hat sich die Beklagte hierzu auch in der mündlichen Verhandlung nicht geäußert. Von daher kommt es nicht darauf an, dass bei der 11. Kammer ein Parallelverfahren anhängig ist und nach dem Vortrag der Beklagten bei ihr ca. weitere 20 Widerspruchsverfahren noch nicht beschieden sind.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Honorarfestsetzung für den durch den Kläger geleisteten ärztlichen Bereitschaftsdienste in den Quartalen III und IV/11 und hierbei um die Frage, ob die Beklagte Garantiepauschalen mit den im Bereitschaftsdienst erzielten Honoraransprüchen nicht bereitschaftsdienst-, sondern quartalsbezogen verrechnen darf.
Der Kläger ist als Facharzt für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Er ist zugleich Obmann für den ärztlichen Bereitschaftsdienstbezirk A-Stadt.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 12.01.2012 und 02.04.2012 das Gesamthonorar des Klägers für die Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst für die beiden streitbefangenen Quartale III und IV/11 auf 3.014,30 Euro bzw. 3.379,89 Euro netto (nach Abzug von Verwaltungskosten und weiterer Kosten) fest.
Hiergegen legte der Kläger am 30.03. und 29.05.2012 Widerspruch ein. Er trug vor, Garantiepauschalen hätten den Sinn, eine Mindestvergütung für eine bestimmte Arbeitszeit zu garantieren. In Folge dessen könne es nicht sein, dass Garantiepauschalen wie Dienste höherer Arbeitsleistung verrechnet würden. Hätte man eine Verrechnung gewünscht, wäre ein fixer Stundenlohn eingeführt worden. Er habe bereits am 27.01.2003 schriftlich bei der Bezirksstelle ZO. angefragt und den handschriftlichen, aber dadurch nicht weniger rechtsgültigen Bescheid erhalten, den er beifügte. Auch sei bei der Neuregelung der Dienstpauschale in der Vollversammlung vom 06.12.2010 beschlossen worden, dass Garantiepauschale in Bereitschaftsdienst nicht miteinander verrechnet werden sollten. In dem ÄBD-Newsletter vom März 2012 werde eindeutig dargestellt, dass die Beklagte gegen diese Abrechnungsvorschrift regelhaft verstoße. Er fordere daher zur Nachzahlung für die letzten drei Jahre auf.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2012 die Widersprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Auskunft eines Mitarbeiters der Abrechnung in ZO. aus dem Jahre 2003, das jede Abrechnung extra berechnet werde, könne allenfalls für den Zeitraum bindend sein, in dem die Abrechnungsbearbeitung in ZO. vorgenommen worden sei. Ab dem 01.04.2010 erfolge diese nicht mehr in ZO. Mit Rundschreiben vom 17.03.2010 sei unter anderem darüber informiert worden, dass im Zuge der grundlegenden Restrukturierung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ab 01.04.2010 sich die Zuständigkeit hinsichtlich der Abrechnung ändere, so dass insoweit eine Änderung der Sachfrage gegeben sei (vgl. den Rechtsgedanken des § 34 Abs. 3 SGB X). In der Vollversammlung der Mitgliederversammlung der ärztlichen Bereitschaftsdienstgemeinschaft A-Stadt am 06.12.2012 seien ausweislich des Protokolls Abstimmungen über die Höhe von Garantiepauschalen erfolgt. Die einzelne Notdienstgemeinschaft sei jedoch nicht befugt festzulegen, ob Garantiepauschalen mit anderen Diensten verrechnet würden. Insoweit würden die hessenweiten Regelungen gelten, über die auch im März 2012 informiert worden sei. Sie habe darauf hingewiesen, dass eine Verrechnung mit dem Honorar vorgenommen werde. So werde die Summe der Garantiepauschale eines Quartals mit dem Quartalshonorar verrechnet. Danach erfolge eine Restzahlung oder eine Zuzahlung der ärztlichen Bereitschaftsdienstzentrale.
Hiergegen hat der Kläger am 27.09.2012 unter weitgehender Wiederholung seines Vortrags im Verwaltungsverfahren die Klage erhoben. Er ist weiterhin der Auffassung, eine Garantiepauschale sei als Mindestbetrag zu verstehen, der nicht unterschritten werden dürfe, der also mindestens und in jedem Falle zu zahlen sei. Ergänzend trägt er vor, die Auskunft aus dem Jahre 2003 stelle eine bindende Zusage dar, von der die Beklagte nicht einseitig abrücken dürfe. Der Wechsel der Zuständigkeit innerhalb der Organisation der Beklagten ändere nichts an der Rechtswirksamkeit der früher ausgesprochenen Zusage bzw. Vereinbarung. Der Auskunft der Beklagten könne ein Rechtsbindungswille nicht abgesprochen werden. Aus der Anfrage gehe gerade hervor, dass eine Rechtsunsicherheit bestanden habe und dass er eine Klärung im offiziellen Auftrag als stellvertretender Obmann angestrebt habe. Mit dem Begriff "Garantiepauschale" sei eine gesicherte Zahlung gemeint. Dies schließe eine spätere Verrechnung aus. Gemäß § 9 Abs. 7 Notdienstordnung könnten Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene Garantiepauschalen vereinbaren. Dies schließt auch die Zahlungsweise und damit die Frage einer Verrechnung ein. Die Beklagte habe auch die Beschlüsse der Notdienstgemeinschaft genehmigt.
Der Kläger beantragt,
die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale III und IV/11 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, über seine Honoraransprüche in den Quartalen III und IV/11 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, bei dem seinerzeitigen Schreiben eines ihrer Mitarbeiter in ZO. handele es sich um eine schlichte Auskunft ohne jeglichen Rechtsbindungswillen. Durch die Restrukturierung der Verwaltung habe sich die Sachlage entscheidend geändert. Bei der Terminologie weiterer Möglichkeiten von Zahlungen (Sonderzahlungen/Sockelbetrag/Garantiepauschale/Vorauszahlung) gelte eine einheitliche Verwendung. Eine Garantiepauschale werde danach mit dem Quartalshonorar verrechnet. Hierüber habe sie informiert. Einen Ausschluss der Verrechnung habe die Notdienstgemeinschaft nicht beschließen können, weil sie diesbezüglich gar keine Kompetenz habe. Soweit Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene Garantiepauschalen vereinbaren könnten, beinhalte dies nur die Kompetenz zur Festlegung der Höhe der Garantiepauschale. Es bestehe keine Befugnis festzulegen, ob Garantiepauschalen mit anderen Diensten verrechnet werden, denn hier gelte gerade der einheitliche Begriff der Garantiepauschale, der gerade eine Verrechnung mit dem Honorar vorsehe. Im Übrigen gehe das Zahlungsbegehren des Klägers zu Lasten der Notdienstgemeinschaft, weil diese die Garantiepauschalen selbst finanzieren müssten. Die streitgegenständliche Garantiepauschale könne nur so verstanden werden, dass die Summe der Garantiepauschalen eines Quartals mit dem Quartalshonorar verrechnet würden. Die Genehmigung der Beschlussfassung der Bereitschaftsdienstgemeinschaft A-Stadt könne nur diejenigen Protokollinhalte erfassen, für welche eine Regelungsbefugnis seitens der ÄBD-Gemeinschaft bestanden abe, denn nur insoweit sei überhaupt eine Genehmigung möglich. Sie habe auch davon ausgehen können, dass der ÄBD-Gemeinschaft die Definition der Garantiepauschale bekannt gewesen sei; schließlich seien die vorher gültigen Sonderzahlungen durch Einführung der Garantiepauschalen für den Hausbesuchs-, Sitz- und Wochenenddienst abgelöst und nur eine Sonderzahlung für bestimmte Feiertage eingeführt worden. Insofern sei also bewusst zwischen Garantiepauschale und Sonderzahlung entschieden worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richterinnen aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale III und IV/11 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2012 sind rechtswidrig und waren daher aufzuheben. Die Beklagte war zu verpflichten, über die Honoraransprüche des Klägers in den Quartalen III und IV/11 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf Vergütung für die von ihm im Notdienst erbrachten ärztlichen Leistungen sind §§ 85 Abs. 4 Satz 1 und 2, 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V i. d. F. GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl. I 2007, 378 i. V. m. dem Honorarvertrag 2011 (im Folgenden: HVV). Danach erfolgt die Vergütung der Ärzte auf der Basis der gemäß § 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen regionalen Euro-Gebührenordnung (Nr. II.1.2 Abs. 1 HVV). Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf die Garantiepauschale ist der Beschluss der Notdienstgemeinschaft des Klägers vom 06.10.2010. Dies bestreitet auch die Beklagte nicht. Gründe für eine Fehlerhaftigkeit des Beschlusses (vgl. zu den Voraussetzungen (zur Erhebung einer Umlage) SG Marburg, Urt. v. 22.08.2007 S 12 KA 575/06 - juris Rdnr. 28 ff.), dem aufgrund der Subdelegation ebf. Satzungsqualität zukommt, sind nicht ersichtlich und werden von den Beteiligten nicht vorgetragen.
Soweit die Beklagte auf dem Standpunkt steht, sie könne nach der Euro-Gebührenordnung anfallende Dienste für die Teilnahme am organisierten Notdienst innerhalb eines Quartals auf die Vergütung an anderen Tagen anrechnen, soweit an diesen Tagen der Wert der erwirtschafteten Leistungen unterhalb der Garantiepauschale liegt, so fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage. Insofern geht der Vortrag der Beklagten an der Sache vorbei, die Notdienstgemeinschaft könne nicht den Ausschluss einer "Verrechnung" beschließen. Es bedarf angesichts der eindeutigen Ansprüche des Klägers vielmehr einer Rechtsgrundlage für den den Vergütungsanspruch des Klägers verkürzenden Eingriffs der Beklagten. Einem solchen Eingriff steht der Grundsatz des Gesetzesvorrangs und des Gesetzesvorbehalts (Art. 20 Abs. 3 GG) entgegen.
Der Kläger nahm nach Auskunft der Beklagten im Schriftsatz vom 11.10.2013 im Quartal III/11 an drei Diensten teil und erzielte nur in einem Dienst ein geringeres Honorar als die im Voraus ausgezahlte Garantiepauschale. Die Beklagte rechnete das Honorar aus den beiden Diensten mit der Differenz zwischen Garantiepauschale und erzieltem Honoraranspruch im dritten Dienst an. Hierdurch verringerte sich der Honoraranspruch um 200,00 EUR. Bei dienstgenauer Berechnung, so die Beklagte, hätte der Kläger eine um 200,00 EUR höhere Vergütung erhalten. Im Quartal IV/11 erzielte der Kläger nur in einem von sechs Diensten ein geringeres Honorar, wodurch der Kläger aufgrund der Verrechnung der Beklagten ein um 125,00 EUR geringeres Honorar erhielt.
Nach der Notdienstordnung der Beklagten mit Stand: April 2010 (im Folgenden: NDO) gelten für die Honorierung offensichtlich die allgemeinen Vorschriften. Insofern verweist § 9 Abs. 7 S. 1 NDO - dieser lautet: Für die Abrechnung der vom Notdienstarzt erbrachten Leistungen gelten die Bestimmungen der Grundsätze der Honorarverteilung der KV Hessen. - auf die Grundsätze der Honorarverteilung. Der Honorarverteilungsvertrag für das Jahr 2011 sieht besondere Vorschriften nicht vor. Von daher erfolgt die Vergütung im ärztlichen Notdienst zunächst ausschließlich über die Abrechnung des Notdienstarztes. Die in § 8 Abs. 1 NDO aufgeführten Zahlungen/Pauschalen betreffen offensichtlich die Leistungen an die Notdienstgemeinschaft selbst, aber nicht den Vergütungsanspruch des einzelnen Notdienstarztes. Darüber hinaus sieht § 9 Abs. 7 S. 4 NDO vor, dass Notdienstgemeinschaften mit diensttuenden Ärzten dienstbezogene Garantiepauschalen vereinbaren können. Dies hat die Notdienstgemeinschaft des Klägers getan.
Jedenfalls soweit entgegenstehende Vorgaben oder spezielle Regelungen zur Notdienstvergütung im HVV nicht geregelt werden, konnte die Beklagte im Rahmen ihrer Satzungsautonomie unter Berücksichtigung der Bedeutung der notdienstärztlichen Versorgung eine solche Regelung mit der Ermächtigung der Notdienstgemeinschaften vorsehen. In diesem Sinn handelt es sich nicht originär um einen Teil der Honorarverteilung und sind die Interessen der Krankenkassen nicht unmittelbar berührt, da die Finanzierung der Kosten des Notdienstes, soweit sie nicht über die Abrechnung einzelner Leistungen nach dem EBM erfolgt, durch Haushaltsmittel der Beklagten bzw. der Notdienstgemeinschaft erfolgt. Die Pauschalzahlungen pro Notdienst an die Notdienstgemeinschaft nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 NDO werden durch eine allgemeine Umlage aller Mitglieder der Beklagten aufgebracht (§ 8 Abs. 1 Satz 3 NDO). Soweit diese Pauschalzahlungen zur Finanzierung nicht ausreichend sind, ist für die Finanzierung des organisierten Notdienstes zunächst ein Abzug eines angemessenen Betriebskostenanteils bezogen auf die im Rahmen des Notdienstes von den Notdienstärzten erarbeiteten Honorare zu erheben, wobei die Höhe die Notdienstgemeinschaft festlegt; im Falle einer weiteren Unterdeckung ist eine Umlage von allen der Notdienstgemeinschaft angeschlossenen niedergelassenen Vertragsärzten zu erheben; mit Genehmigung des Vorstands kann auch anstelle des Betriebskostenabzugs nur eine Umlage erhoben werden (§ 8 Abs. 3 NDO).
Die Beklagte hat dies offensichtlich in der Vergangenheit ebenso gesehen und tut dies auch weiterhin, denn sie beanstandet nicht den Beschluss und die Zahlung einer Garantiepauschale, sondern nimmt sich ohne Regelung und damit eigenmächtig das Recht heraus, abweichend von den honorarvertraglichen Regelungen und insb. der eigenen Notdienstordnung eine "Verrechnung" vorzunehmen. Eine Ermächtigung des Vorstands sieht die NDO, die Satzungsqualität hat, nicht vor. Von daher verstößt das Vorgehen der Beklagten gegen den Gesetzesvorrang, hier der Regelung der Notdienstgemeinschaft aufgrund der Ermächtigung in der NDO.
Zur Regelung über eine Garantiepauschale gehört aber auch die Regelung, in welchem Umfang diese zu leisten ist bzw. ob und wie diese "verrechnet" werden kann. Soweit der Honoraranspruch an den Notdiensttagen, an denen er über der Garantiepauschale liegt, durch die "Verrechnung" verkürzt wird, handelt es sich um eine Bestimmung zur Honorarverteilung bzw. zum Honoraranspruch, da die nach dem EBM bzw. HVV zu vergütenden Leistungen betroffen sind. Eine solche Regelung könnte nur durch den Honorarverteilungsvertrag ergehen. Soweit die Garantiepauschale verkürzt wird, bedürfte es wenigstens einer Ermächtigung in der NDO. Eine entsprechende Regelung ist der Kammer nicht ersichtlich und wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Der Kammer ist auch nicht nachvollziehbar, wie weit auf Grund der Restrukturierung der Verwaltung eine Änderung bisher bestehender Regelungen erfolgen könnte bzw. überhaupt diese Restrukturierung materiell-rechtliche Auswirkungen haben könnte. Aus allein verwaltungsorganisatorischen Regelungen können subjektive Ansprüche der Mitglieder der Beklagten nicht verkürzt werden. Dies verstößt gegen grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien. Von daher hat die Kammer die von der Beklagten bis zuletzt in der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltene Argumentation mit großer Verwunderung zur Kenntnis genommen.
Der Hinweis auf die Abrechnungsrichtlinie, die eine quartalsweise Abrechnung vorsieht, trifft keine Aussage zur materiell-rechtlichen Auswirkung einer Verrechnung. Quartalsweise Abrechnung bedeutet zunächst nur, dass nicht jeder Bereitschaftsdienst einzeln abgerechnet wird, sondern erst nach Ablauf des Quartals im Zusammenhang mit allen übrigen Bereitschaftsdiensten. Eine Regelung zur Frage der Verrechnung kann die Kammer hierin nicht ersehen.
Soweit die Beklagte vorgetragen hat, aufgrund der Einführung der Online-Abrechnung zum Quartal I/11 sei eine tagbezogene Abrechnung nicht mehr möglich, verkennt sie, dass sie ihre Abrechnungsvorgänge nach der Rechtsordnung, hier insbesondere des HVV und der NDO einschließlich der Beschlüsse der Notdienstgemeinschaften, auszurichten hat und Ansprüche nicht aufgrund vermeintlicher Verwaltungsnotwendigkeiten verkürzt werden dürfen. Im Übrigen konnte die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung der Kammer nicht ansatzweise nahebringen, worauf die angeblichen technischen Schwierigkeiten beruhen sollten.
Die Kammer hat der Beklagten bereits mit der Verfügung vom 06.09.2013 aufgegeben darzulegen, ob sie die Geltung von Garantiepauschalen bestreitet, falls nein weiter darzulegen, worin die Rechtsgrundlage für eine quartalsbezogene Verrechnung gesehen wird. Die Beklagte hat sich hierzu zunächst inhaltlich nicht geäußert. Erst auf telefonischen Hinweis der Kammer zwei Tage vor der mündlichen Verhandlung, sie werde in der mündlichen Verhandlung die Abgabe eines Anerkenntnisses vorschlagen, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.01.2013 ihre bisherige Argumentation im Wesentlichen wiederholt und nochmals ausgeführt, dass die Notdienstgemeinschaft nur berechtigt gewesen sei, zu beschließen, dass überhaupt eine Garantiepauschale gezahlt wird. Die Kammer hat ferner in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass es der Beklagten auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen sei, auch nur ansatzweise eine Norm zu nennen, die die Beklagte berechtigen würde, die Garantiepauschale zu verkürzen und dass es sich insofern um willkürliches Verhalten der Beklagte handele. Auf die Frage, weshalb kein Anerkenntnis abgegeben werde und wofür ein Urteil benötigt werde, konnte die Beklagtenvertreterin nur erklären, dies sei ihre "Vorgabe vom Haus". Die Kammer sieht hierin keine ordnungsgemäße Prozessführung und kein angemessenes Verhalten einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung sowohl gegenüber der Klägerseite als auch gegenüber dem Gericht. Dies gilt nicht nur hinsichtlich des Verfahrensablaufs, sondern auch der beharrlichen Weigerung, sich gegenüber der Klägerseite und dem Gericht auf einen Dialog hinsichtlich der Frage der Rechtsgrundlage einzulassen. Soweit dem Vorstand dies nicht bekannt sein sollte, dürfte hierin eine Vernachlässigung seiner Aufsichtspflicht zu sehen sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 144 Abs. 2 SGG). Insb. ist eine grundsätzliche Bedeutung nicht ersichtlich. Die Streitsache wirft eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage nicht auf. Auch aus dem Vortrag der Beklagten wird eine solche nicht ersichtlich. Im Übrigen hat sich die Beklagte hierzu auch in der mündlichen Verhandlung nicht geäußert. Von daher kommt es nicht darauf an, dass bei der 11. Kammer ein Parallelverfahren anhängig ist und nach dem Vortrag der Beklagten bei ihr ca. weitere 20 Widerspruchsverfahren noch nicht beschieden sind.
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