S 19 AS 6/14 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 19 AS 6/14 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig weiteres Arbeitslosengeld II für Januar 2014 in Höhe von 212,90 Euro auszuzahlen.

II. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von B. mit Wirkung ab Antragstellung bewilligt.

Gründe:

A.

Der am 06.01.2014 bei Gericht eingegangene Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Inhalt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller weitere Leistungen nach dem SGB II für den Monat Januar 2014 in Höhe von 212,66 Euro mindestens vorläufig oder darlehensweise auszuzahlen,

hat Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen sogar hinsichtlich eines Betrags von 212,90 Euro vor.

I. Der Antragsteller hat in der Antragsschrift (nur) einen Mindestbetrag von 212,66 Euro genannt.

Damit ist den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags bzw. des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz (vgl. für das Klageverfahren § 92 Abs. 1 S. 3 SGG, der insoweit eine Sollvorschrift vorsieht) genügt. Zwar muss auch im sozialgerichtlichen Verfahren, und zwar sowohl im Klage- wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Streitgegenstand hinreichend klar bestimmt sein, schon um den Umfang von Rechtshängigkeit und Rechtskraft beurteilen zu können. Hieraus folgt jedoch nicht, dass bei einem auf eine Geldleistung gerichteten Rechtsschutzbegehren der geforderte Geldbetrag genau beziffert werden müsste; dem Bestimmtheitsgebot ist vielmehr auch dann genügt, wenn neben einer hinreichend genauen Darlegung des anspruchsbegründenden Sachverhalts wenigstens die ungefähre Höhe des verlangten Betrages angegeben wird (BSG, Urt. v. 30.04.1986 – 2 RU 15/85BSGE 60, 87).

Diesen Anforderungen genügt ein Antrag, der einen Mindestbetrag formuliert, wenn dies – wie hier – als Angabe einer Größenordnung der begehrten Geldleistung verstanden werden kann.

Unter diesen Umständen kann das Gericht bei der Entscheidung auch die Verpflichtung zur Zahlung eines (etwas) höheren Betrages aussprechen, ohne den Grundsatz, dass es über den vom Antragsteller formulierten Antrag nicht hinausgehen darf, solange sie sich dabei in der durch den Antrag vorgegebenen Größenordnung hält.

II. Der Antrag ist zunächst, wie vom Antragsteller formuliert, als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung mit dem Ziel der (vorläufigen) Auszahlung weiterer Leistungen statthaft.

1. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – für den streitigen Zeitraum bewilligt, und zwar nach dem letzten Änderungsbescheid vom 08.01.2014 in Höhe von 815,64 Euro, davon 391,00 Euro für den Regelbedarf und 424,60 Euro für den Bedarf für Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 02.07.2013, geändert durch die Bescheide vom 22.11.2013 und 23.11.2013, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.01.2013 sowie des erwähnten weiteren Änderungsbescheides vom gleichen Tag). Allerdings hat er davon nur 57,14 Euro an den Antragsteller ausgezahlt. Vor diesem Hintergrund könnte dieser sein Rechtsschutzziel in der Hauptsache im Wege einer reinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) zu erreichen suchen, soweit es ihm nicht um die Bewilligung höherer Leistungen, sondern um eine höhere Auszahlung an sich selbst – statt an den B. und die E. – geht. Dem entspricht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in Form der Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG.

Dagegen wäre insoweit ein – andernfalls vorrangiger – Antrag auf Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung (in – ggf. entsprechender – Anwendung von § 86b Abs. 1 SGG) nicht statthaft. Dies würde voraussetzen, dass der Antragsteller sein Rechtsschutzziel dadurch erreichen könnte, dass ein ihn belastender Verwaltungsakt vorläufig nicht vollzogen werden dürfte. Bei der Direktauszahlung an den Vermieter und den Energieversorgungsträger auf der Grundlage von § 22 Abs. 7 SGB II handelt es sich aber um einen Realakt. Jedenfalls nach der heute maßgeblichen, ab 01.04.2011 geltenden und auf das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuches zurückgehenden Fassung der Regelungen zur Direktauszahlung ist mit dieser, auch wenn sie gegen den Willen des Betroffenen erfolgt (§ 22 Abs. 7 S. 2 und 3 SGB II), nach Auffassung der Kammer keine als Verwaltungsakt zu qualifizierende Regelung verbunden (zum Begriff: § 31 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X] – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz –). § 22 Abs. 7 S. 4 SGB II sieht ausdrücklich (nur noch) eine Unterrichtung des Leistungsempfängers über die Direktauszahlung vor; dabei handelt es sich aber um eine bloße Mitteilung; eine Willenserklärung, die dem Betroffenen bekanntzumachen wäre, ist dagegen nicht vorgesehen (vgl. so auch Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22 Rn. 185).

Diese Rechtsauffassung hat zwar zur Konsequenz, dass eine – in der Sache sicher sinnvolle – Anhörung des Leistungsberechtigten vor der Direktzahlung nicht gesetzlich zwingend geboten ist, weil § 24 Abs. 1 SGB X nur vor Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes eingreift. Dennoch sieht sich die Kammer angesichts des deutlichen Wortlauts (und der Überflüssigkeit von § 22 Abs. 7 S. 4 SGB II, wenn die Direktzahlung auf der Grundlage eines nach § 37 Abs. 1 S. 1 SGB X zwingend bekanntzugebenden Bescheides erfolgen würde) daran gehindert, hier (weiter) von einer regelmäßigen Entscheidung über die Direktzahlung durch Verwaltungsakt auszugehen (anders Lauterbach, in: Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II Rn. 130).

Auch liegt nach Auffassung der Kammer hier kein Formverwaltungsakt über die Direktzahlung vor; die bloße Erwähnung der Auszahlung an den B. und die E. als Zahlungsempfänger in den verschiedenen Leistungsbescheiden ist – aus dem insoweit maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont – nicht hinreichend klar als eigenständige Regelung zu verstehen. Das wäre aber angesichts der geschilderten gesetzlichen Lage notwendig, um davon auszugehen, dass der Antragsgegner hier trotz fehlender Verwaltungsaktsbefugnis eine Regelung durch Bescheid im Sinne des § 31 S. 1 SGB X hätte treffen wollen.

2. Der Antragsteller könnte sein wirtschaftliches Ziel weiter dadurch zu erreichen suchen, dass der Antragsgegner vorläufig höhere Leistungen – konkret unter voller Übernahme der Heizkostenvorauszahlungen – erbringen muss. Insoweit hatte der Antragsgegner ihm ursprünglich durch den Bewilligungsbescheid vom 02.07.2013 Leistungen in Höhe von 899,35 Euro monatlich für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.01.2014 und damit auch für den hier streitigen Zeitraum gewährt. Diese Bewilligung hat er sodann durch den Bescheid vom 22.11.2013 teilweise aufgehoben und den Leistungsbetrag auf 802,69 Euro monatlich beschränkt, diesen anschließend allerdings schrittweise durch die Bescheide vom 23.11.2013 und 08.01.2014 wieder 815,64 Euro erhöht.

Vor diesem Hintergrund hätte der Antragsteller, wenn er sein wirtschaftliches Ziel durch die (vorläufige) Gewährung von Leistungen in Höhe des von ihm eingeforderten Betrages erreichen wollte, (zumindest ergänzend) im Wege einer einstweiligen Anordnung vorzugehen. Zwar könnte er immerhin Leistungen in Höhe von 899,35 Euro verlangen, wenn der die Leistungsbewilligung auf 802,69 Euro monatlich reduzierende Änderungsbescheid vom 22.11.2013 nicht vollzogen werden dürfte. Daraus ergäbe sich aber angesichts der zwischenzeitlich wieder auf 815,64 Euro erhöhten Bewilligung nur ein weiterer Auszahlungsbetrag von 83,71 Euro. Ergänzend müsste der Antragsteller also, wollte er auf diesem Wege sein Ziel erreichen, ebenfalls einen Antrag auf einstweilige Anordnung stellen.

Allerdings hat der Antragsteller – anwaltlich beraten – seinen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ohnehin auf die Auszahlung, nicht die Gewährung weiterer Leistungen gerichtet und auch zur Begründung allein auf den (nach seiner Auffassung rechtswidrigen) Umfang der Direktauszahlung des bewilligten Betrags an Vermieter (und Energielieferant) abgestellt. Die (vorläufige) Bewilligung weiterer Leistungen (bzw. auch die Abwehr einer nachteiligen [Teil ]Aufhebung einer Leistungsbewilligung) stellt aber einen anderen Streitgegenstand dar als die (vorläufige) Auszahlung bereits bewilligter Leistungen. Angesichts der Formulierung des Antrags und der Begründung ist nach Auffassung der Kammer davon auszugehen, dass hier nur der – in der Hauptsache im Wege der reinen Leistungsklage zu verfolgende – Anspruch auf weitere Auszahlungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes streitig ist. Da der Antragsteller, wie im Folgenden näher auszuführen sein wird, sein wirtschaftliches Ziel auf diesem Wege erreicht (und hinsichtlich weiterer Leistungen nach Auffassung der Kammer jedenfalls ein Anordnungsgrund als sehr zweifelhaft erscheinen muss), besteht umso weniger Anlass für eine weite Auslegung des Antragsbegehrens.

3. Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags bestehen auch im Übrigen nicht.

III. Der Antrag ist zudem begründet. Die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten Regelungsanordnung liegen vor.

1. Das Gericht kann eine entsprechende Anordnung erlassen, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Derartige Nachteile sind (nur) anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache – möglicherweise – zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO –).

Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert neben-, vielmehr in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (vgl. für die st. Rspr. des Hess. LSG: Beschl. v. 29.06.2005 – L 7 AS 1/05 ER – info also 2005, 169 und Beschl. v. 07.09.2012 – L 9 AS 410/12 B ER; außerdem Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rn. 27 ff.): Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn auf diesen nicht gänzlich verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Beteiligten ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache eher zuzumuten ist. Dabei sind grundrechtliche Belange des Antragstellers in der Abwägung umfassend zu berücksichtigen. Insbesondere bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz – GG – i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG), ist ein nur möglicherweise bestehender Anordnungsanspruch, vor allem wenn er eine für die soziokulturelle Teilhabe oder gar für die physische Existenzsicherung unverzichtbare Leistungshöhe erreicht und für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum zu gewähren ist, in der Regel vorläufig zu befriedigen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage im Eilverfahren nicht vollständig klären lässt (BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60/80). Im Rahmen der gebotenen Folgenabwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (Hess. LSG, 27.07.2005 – L 7 AS 18/05 ER; Hess. LSG, 17.09.2012 – L 9 AS 522/12 B ER).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen spricht zunächst sehr viel dafür, dass der Antragsteller aus den für Januar 2014 gewährten Leistungen die Auszahlung eines weiteren Betrags an sich verlangen kann, der sogar über die (zumindest) beantragten 212,66 Euro hinausgeht. Ein Anordnungsanspruch liegt daher vor.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller für Januar 2014 Leistungen in Höhe von 815,64 Euro bewilligt (zuletzt durch den Änderungsbescheid vom 08.01.2104), von denen er aber nur 57,14 Euro an den Antragsteller ausgezahlt hat. Das wäre nur dann nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner die Forderung des Antragstellers aus dem Bewilligungsbescheid, obwohl er sie im Übrigen nicht an den Antragsteller ausgezahlt hat, wirksam hätte zum Erlöschen bringen können, und zwar insbesondere durch die Zahlung an die Vermieterin der vom Antragsteller angemieteten Wohnung, die B. AG, in Höhe von 637,30 Euro (633,35 Euro und nochmals 3,95 auf Grund des Änderungsbescheides vom 08.01.2004) und an die Energielieferantin, die E. GmbH, in Höhe von 33,00 Euro, aber auch an die Wissenschaftsstadt A-Stadt (Amt für Wohnungswesen) in Höhe von 20,00 Euro und den Einbehalt in Höhe von 68,20 Euro. Das ist aber jedenfalls hinsichtlich der Direktzahlungen an die Vermieterin und die Energielieferantin nicht der Fall, soweit diese die Leistungen übersteigen, die der Antragsgegner im Hinblick auf den Bedarf an Unterkunft und Heizung bewilligt hat.

Nach § 22 Abs. 7 S. 1 SGB II sind die bewilligten Leistungen (auf Antrag der leistungsberechtigten Person) direkt an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen, allerdings ausdrücklich nur, "sofern das Arbeitslosgeld II für den Bedarf an Unterkunft und Leistung geleistet wird". Bei der in § 22 Abs. 7 S. 2 und 3 SGB II vorgesehenen Direktzahlung gegen den Willen des Leistungsberechtigten wird nur dessen Einverständnis durch die Gefahr ersetzt, dass die Leistungen nicht zweckentsprechend verwendet werden. Es besteht aber keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass unter diesen Umständen ein weiterer Teil des Arbeitslosengeldes II, namentlich also soweit es für die Deckung des Regelbedarfs vorgesehen ist, für eine Direktzahlung zur Verfügung stehen soll. Bestätigt wird dies durch § 22 Abs. 7 S. 4 SGB II, der die Benachrichtigung der leistungsberechtigten Person über eine Zahlung der "Leistungen für die Unterkunft und Heizung" an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte vorsieht.

Schließlich ist dieses Ergebnis auch sachlich geboten, da andernfalls – was hier angesichts einer Auszahlung von 57,14 Euro für den gesamten Regelbedarf eines Monats evident ist – der aktuelle Lebensbedarf nicht gesichert werden kann. Der Leistungsträger kann aber nicht Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die er für unangemessen hält und daher nicht in vollem Maße übernimmt, aus Sorge vor einem Antrag auf Übernahme der absehbar entstehenden Schulden (§ 22 Abs. 8 SGB II) in vollem Umfang an Vermieter und Energielieferant erbringen und so eine – nach seiner eigenen Einschätzung: unangemessene – Unterkunft sichern, dafür aber die Sicherstellung des Lebensbedarfs des Leistungsberechtigten im Übrigen gefährden. Im konkreten Fall lässt die Auszahlung von nur gut einem Siebtel des Regelbedarfs an den Antragsteller, dem auch keine weiteren Mittel zur Verfügung stehen, diesem nicht einmal die allernötigsten Mittel für die Sicherung des Überlebens.

Eine Direktzahlung an Vermieter und Energielieferant ist daher auf die für Unterkunft und Heizung gewährten Leistungen beschränkt (vgl. so auch Berlit, in: LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 22 Rn. 177; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 22 Rn. 190; Luik, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 22 Rn. 222). Soweit darüber hinausgehende Beträge an diese fließen, sind die Zahlungen zur Tilgung des Leistungsanspruchs nicht geeignet. Der Anspruch des Berechtigten bleibt bestehen; er kann daher die (nochmalige) Zahlung (nunmehr an sich selbst) verlangen.

Da der Antragsgegner hier für den Unterkunfts- und Heizungsbedarf des Antragstellers nur Leistungen in Höhe von 424,64 Euro bewilligt hatte, waren die Zahlungen an Vermieterin und Energielieferantin auch nur in dieser Höhe geeignet, den Leistungsanspruch des Antragstellers zum Erlöschen zu bringen. Nachdem der Antragsgegner jedoch 670,30 Euro an diese ausgekehrt hat, kann der Antragsteller für den hier allein streitigen Zeitraum Januar 2014 die (nochmalige) Zahlung weiterer 245,66 Euro an sich verlangen.

3. Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Wegen des angesichts der Auszahlung von 57,14 Euro sehr niedrigen, für die Existenzsicherung im Januar 2014 zur Verfügung stehenden Bedarfs ist der dem Antragsteller drohende Nachteil dabei evident und dessen Interessen zudem über Art. 1 und 20 GG verfassungsrechtlich geschützt.

Dabei wird der vom Antragsteller (mindestens) eingeforderte Betrag von 212,66 Euro sogar unabhängig davon erreicht, ob ein Anordnungsgrund hier ausnahmsweise bereits für die vor dem Eingang des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz – hier am 06.01.2014 – liegenden Tage des Januar zu bejahen ist: Die Kammer ist, wie ausgeführt, der Auffassung, dass dem Antragsteller aller Voraussicht nach ein weiterer Auszahlungsanspruch von 245,66 Euro für den Januar zusteht. Nachdem bei der Leistungsberechnung nach § 41 Abs. 1 S. 2 SGB II 30 Tagen zu berücksichtigen sind und ab dem Antragseingang (unter Einschluss des Tags des Antragseingangs) im Januar noch 26 Tage zu absolvieren waren, ergibt sich hier ein Anordnungsgrund für Leistungen in Höhe von 212,90 Euro (26/30 aus 245,66 Euro).

Dies entspricht beinahe exakt dem vom Antragsteller eingeforderten Mindestbetrag. Vor diesem Hintergrund war der Antragsgegner zu einer Auszahlung in entsprechender Höhe im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes und damit vorläufig zu verpflichten. Für eine noch darüber hinausgehende Regelung ist ein Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass hier von dem Grundsatz abgewichen werden müsste, dass im einstweiligen Rechtsschutz Leistungen für die Vergangenheit regelmäßig nicht geltend gemacht werden können.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entsprechend anwendbaren § 193 SGG.

B.

Dem Antragsteller war Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung auch nicht ratenweise aufbringen kann. Das Begehren bietet im Übrigen hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint auch nicht mutwillig (§§ 73a SGG, 114 ZPO). Eine anwaltliche Vertretung ist erforderlich (§§ 73a SGG, 121 Abs. 2 ZPO).

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist, soweit es die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betrifft, nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG) ausgeschlossen.

Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist nur die Beschwerde der Staatskasse nach § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 3 ZPO zulässig.
Rechtskraft
Aus
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