Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 11 KR 464/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 76/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch bei einer sog. Familiengesellschaft ist entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden abhängigen Beschäftigung die Möglichkeit, unliebsame Weisungen der Arbeitgebers abzuwenden.
2. Die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft ist jedenfalls unter Ehegatten oder Lebenspartnern nicht ausreichend, um eine Tätigkeit des einen Partners im Betrieb des anderen als selbständige Tätigkeit einstufen zu können.
2. Die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft ist jedenfalls unter Ehegatten oder Lebenspartnern nicht ausreichend, um eine Tätigkeit des einen Partners im Betrieb des anderen als selbständige Tätigkeit einstufen zu können.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. März 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die 1970 geborene Klägerin und Berufungsklägerin seit 1. April 2007 bei der Beigeladenen zu 1 sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Sie war von August 1989 bis November 2003 Mitarbeiterin in der Arbeitsvorbereitung der Z Kammgarn GmbH, danach bezog sie Arbeitslosengeld. Ab März 2004 war sie als H -l -Mitarbeiterin nebenberuflich selbständig ständig und erwirtschaftete 2004 einen Gewinn von 105,00 EUR. 2005 erzielte sie einen Verlust von 8.880,00 EUR. Ab 13. November 2006 arbeitete sie zunächst halbtags als Verkäuferin bei der Beigeladenen zu 1. Seit 2. April 2007 ist sie im Handelsregister als deren Geschäftsführerin eingetragen. Sie ist seither einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit.
Die Beigeladene zu 1 wurde ab 3. Februar 1999 von G L nach Übernahme aller vorhandenen Gesellschaftsanteile als GmbH unter dem Namen Möbel L GmbH geführt. Mit Wirkung vom 1. September 2003 übertrug sie ihren Gesellschaftsanteil auf ihren Sohn K ... L , der gleichzeitig Geschäftsführer unter Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot wurde. Seine Lebensgefährtin ist seit 2001 die Klägerin, mit welcher er seit 2003 zusammenlebt und ein 2005 geborenes gemeinschaftliches Kind hat. Mit Schreiben vom 7. Mai 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten und Berufungsbeklagten einen "Antrag auf Feststellung nach § 28h SGB IV" und bat um eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung und um Bestätigung, dass sie seit 1. April 2007 bei dieser als freiwilliges Mitglied geführt werde. Es gebe keine schriftlichen vertraglichen Vereinbarungen zur Ausgestaltung ihrer Geschäftsführertätigkeit. Sie widme sich vor allem dem kaufmännischen Bereich und übe ihre Tätigkeit vollkommen weisungsfrei aus. Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausgestaltung ihrer Tätigkeit bestimme sie selbst. Ihre durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 50 bis 60 Stunden. Sie habe Personalentscheidungsbefugnis und unterliege nicht dem Direktionsrecht der Gesellschafterversammlung. Dass das ihr gezahlte Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht und Lohnsteuer abgeführt werde, lasse den Schluss einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht zu. Deshalb werde die Feststellung beantragt, dass sie nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege.
Dem Antrag war ein "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV" beigefügt, den die Klägerin am 25. April 2007 unterschrieben hatte und in welchem sie zusätzlich u. a. angab, sie könne durch Sonderrechte Gesellschaftsbeschlüsse herbeiführen oder verhindern. Sie habe der Firma keine Darlehen gewährt und keine Bürgschaften übernommen. Es sei eine Kündigungsfrist von drei Monaten vereinbart. Die GmbH werde nach außen von ihr und K ... L vertreten. Sie verfüge als einzige Geschäftsführerin über die im kaufmännischen Bereich erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Ihre Tätigkeit sei aufgrund von familienhaften Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander mit dem anderen Geschäftsführer geprägt.
Mit Bescheid vom 17. Juli 2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin als sog. Fremdgeschäftsführerin sei abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig. Eine Tätigkeit in einer Familien-GmbH sei zu verneinen, da die Klägerin in einer eheähnlichen Partnerschaft lebe und die Grundsätze, unter denen trotz einer Fremdgeschäftsführertätigkeit ausnahmsweise eine selbständige Tätigkeit angenommen werden könne, nicht anwendbar seien.
Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2007 zurückgewiesen. Im Bescheid vom 17. Juli 2007 sei zutreffend festgestellt worden, dass die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und damit der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungspflicht unterliege. Da sie nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligt sei, sei sie Fremdgeschäftsführerin und damit grundsätzlich abhängig Beschäftigte. Die Ausnahme hiervon für Fremdgeschäftsführer einer Familien-GmbH sei nicht einschlägig. Da die Klägerin kein Stammkapital halte, könne sie nicht maßgeblich auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss nehmen. Auch dass eine einzelvertragliche Regelung hinsichtlich der Beschäftigung fehle, könne nur als Indiz hinsichtlich der Einordnung der Beschäftigung als abhängig oder selbständig herangezogen werden. Ebenso sei unerheblich, dass die Klägerin als Einzige im Betrieb über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfüge, da üblicherweise ein Geschäftsführer eingestellt werde, gerade weil er über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfüge, die der Inhaber nicht vorweisen könne. In ihrem Tätigkeitsbereich sei die Klägerin in die Betriebsabläufe eingegliedert. Zudem stellten der Einbehalt von Lohnsteuer und die Buchung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgabe ein Indiz für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dar.
Am 24. Oktober 2007 ist Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben worden. Zur Begründung ist insbesondere ausgeführt worden, die Klägerin sei aufgrund ihrer Eigenschaft als Lebensgefährtin des Alleingesellschafters nicht als bloße sog. echte Fremdgeschäftsführerin zu qualifizieren, sondern als Angehörige einer Familien-GmbH, bei welcher eine Gesellschafterstellung nicht erforderlich sei, um eine selbständige Tätigkeit begründen zu können. Damit komme es auf die weiteren Indizien für eine selbständige Tätigkeit an. Insoweit sei festzuhalten, dass die unternehmerische Initiative des Lebensgefährten der Klägerin weit hinter der ihren zurückbleibe. Sie sei die treibende Kraft im Familienunternehmen und richte ihre Tätigkeit auch nicht an einem etwaigen Lohnwert aus, was sich an einer Vergütung von 1.800,00 EUR trotz der Verantwortung und des Tätigkeitsaufwandes zeige. Hinzu komme, dass die Klägerin eine Bürgschaft über 50.000,00 EUR übernommen habe.
Das SG hat am 1. April 2009 einen Erörterungstermin durchgeführt und dann mit Gerichtsbescheid vom 16. März 2010 die Klage abgewiesen. Die Klägerin unterliege im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Fa. Möbel-L GmbH seit dem 1. April 2007 der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Sie seit trotz der herausragenden Position im Unternehmen ihres Lebensgefährten und weitestgehend freier Hand bei ihrer Tätigkeit als abhängig beschäftigt zu beurteilen, auch wenn ihre Tätigkeit durchaus unter dem Gesichtspunkt einer Tätigkeit im Familienbetrieb zu sehen sei. Sie erhalte ein festes Gehalt, für das Lohnsteuer gezahlt werde und welches als Betriebsausgabe verbucht werde. Ein gleichwertiges Nebeneinander, das vorliegend angesichts der unterschiedlichen Entlohnung ohnehin zweifelhaft sei, reiche für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht aus; vielmehr sei insoweit erforderlich, dass der Familienangehörige durch seine Fähigkeiten und seinen sonstigen Einsatz das Unternehmen dominiere. Auch sei die Klägerin kein echtes Unternehmerrisiko eingegangen. Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sei die Übernahme eines unternehmerischen Risikos dann, wenn damit auch tatsächlich Chancen und nicht nur Risiken verbunden seien. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin über ein fachliches Know-how verfüge, das deutlich dasjenige ihres Lebensgefährten übersteige.
Gegen den ihr am 12. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Mai 2010 Berufung eingelegt und zur Begründung u. a. ausgeführt, soweit das SG dargelegt habe, es reiche für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht aus, dass beide beteiligten Familienmitglieder gleichberechtigt nebeneinander tätig seien, sondern der nicht am Unternehmen beteiligte Familienangehörige müsse den anderen dominieren, sei dies nicht nachvollziehbar. Ein Unternehmerrisiko trage die Klägerin insofern, als sie persönlich für Verbindlichkeiten des Unternehmens einstehe, sogar über die Haftung eines Gesellschafters hinaus. Zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten bestehe letztlich nichts anderes als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gerichtet auf gemeinsame Führung und Fortentwicklung des Familienunternehmens.
Auf eine Anfrage des Gerichts hin hat die Klägerin mit Schreiben vom 22. März 2011 noch mitgeteilt, sie habe dem Unternehmen im Januar 2010 11.000,00 EUR ihres Privatvermögens zur Verfügung gestellt, um die Gehälter der Angestellten bezahlen zu können. Eine Rückzahlung sei noch nicht erfolgt. Über Guthaben aus den erwirtschafteten Erträgen des Unternehmens verfügten weder die Klägerin noch ihr Lebensgefährte. Zwischen ihnen bestehe Einigkeit darüber, dass das Familienunternehmen die gemeinsame wirtschaftliche Grundlage der Familie darstelle. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte den Betrieb gleichberechtigt führten und für die daraus entstehenden Verbindlichkeiten persönlich einstünden, um so die GmbH wirtschaftlich voranzubringen. Sie verfolgten mit ihrem Handeln mithin einen gemeinsamen Zweck, der über die Führung einer Lebensgemeinschaft hinausgehe.
Die Klägerin hat die Kopie einer Bürgschaft über 50.000,00 EUR vom 13. Juni 2008, Einkommensteuerbescheide für 2007, 2008, 2009, 2010 und 2011 und eine Lohnsteuerbescheinigung für 2012 vorgelegt. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 4. November 2013 noch mitgeteilt, dass die Klägerin seit 1. April 2007 als abhängig Beschäftige zu allen Versicherungszweigen gemeldet sei. Als Entgelt seien für 2007 14.925,00 EUR, für 2008 21.660,00 EUR, für 2009 26.097,00 EUR, für 2010 28.513,00 EUR, für 2011 29.648,00 EUR und 2012 32.779,00 EUR gespeichert.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. März 2010 und den Bescheid vom 17. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtig ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach sind die Ausführungen des SG nicht zu beanstanden.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 3. Februar 2011, 17, Februar 2011, 22. März 2011, 20. April 2011 und 29. April 2011 mit einer Entscheidung durch die Vorsitzende als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch die Vorsitzende als Einzelrichterin entscheiden, da die hierfür gemäß § 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderlichen Einverständniserklärungen vorliegen.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Die Beklagte war vorliegend zur Entscheidung über die Gesamtsozialversicherungspflicht befugt. Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und erlässt den Widerspruchsbescheid. An sie ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen, sie überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und macht die Beitragsansprüche geltend (§ 28h Abs. 1 SGB IV). § 28i SGB IV bestimmt die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zuständige Einzugsstelle. Dies ist nach Satz 1 der Vorschrift grundsätzlich die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird, vorliegend somit die Beklagte.
Dass die Klägerin ihrem "Antrag auf Feststellung nach § 28h SGB IV" vom 7. Mai 2007 einen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV" beigefügt hat, lässt die Zuständigkeit der Einzugsstelle hinsichtlich der begehrten Feststellung nicht entfallen. Die beiden Verfahren stehen grundsätzlich gleichwertig nebeneinander, wobei die Zuständigkeit der Einzugsstelle zum einen durch die Vorschrift des § 7a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB IV, wonach die Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen können, den Status des Erwerbstätigen feststellen zu lassen, sofern nicht die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet haben, eingeschränkt ist und zum anderen dadurch, dass nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 zu stellen hat, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger bzw. (seit 1. September 2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgeber oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 KR 15/10 R – juris Rn. 22ff.; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, urteil vom 2. Juli 2013 – L 1 KR 572/11 – juris Rn. 35 f.).
Da vorliegend die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht erfüllt sind, ein weiteres Feststellungsverfahren, soweit ersichtlich, nicht bereits eingeleitet war, der von der Klägerin an die Beklagte übersandte Feststellungsbogen ohnehin nicht einschlägig war, da sie nicht Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1 ist und sie zudem in ihrem Schreiben vom 7. Mai 2007 ausdrücklich einen Antrag auf Feststellung nach § 28h SGB IV gestellt und nicht um Weiterleitung ihres Antrags an die Deutsche Rentenversicherung Bund gebeten hat, war zum einen die Zuständigkeit der Beklagten gegeben und es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Klägerin eine Entscheidung der Beklagten und nicht der Deutschen Rentenversicherung Bund begehrte.
Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]; § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen RV und im Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen innehaben. Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines leitenden Angestellten, der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen (st. Rechtsprechung, zuletzt BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 29 m.w.N.).
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. RS., z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 15).
Zu berücksichtigen ist, dass den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Vielmehr sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, a.a.O., Rn. 16).
Das Fehlen einer - relevanten - Unternehmensbeteiligung führt zwar nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen in der Regel von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Größerer Bedeutung beizumessen ist im Regelfall der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse. Dabei ist - auch im Zusammenhang mit sog. Familiengesellschaften - ein entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Dies gilt auch im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten einer Familiengesellschaft. In einem solchen Fall käme allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde. Eine "Schönwetterselbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar (BSG, a.a.O., Rn. 32; ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 - juris Rn. 35).
Vorliegend könnte zwar für eine selbständige Tätigkeit sprechen, dass die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 keinen Arbeits- oder Anstellungsvertrag geschlossen hat, in ihrem Aufgabenbereich jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum nach den vorliegenden Unterlagen bisher tatsächlich keinen Weisungen unterworfen war und ihre Tätigkeit frei gestalten kann. Da sie jedoch nicht Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1 ist und auch im Übrigen keinerlei vertragliche Regelungen zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1 geschlossen wurden, wäre es ihr im Konfliktfall nicht möglich, ihr nicht genehme Weisungen zu verhindern. Damit liefert das Fehlen eines Anstellungs- oder Arbeitsvertrages hier keinen Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, sondern verdeutlicht angesichts generell fehlender vertraglicher bzw. gesellschaftsrechtlicher Regelungen lediglich die rechtsmachtlose Stellung der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1. Da nur der theoretische Konfliktfall entscheidend sein kann, rechtfertigt das Vorbringen der Klägerin, es sei immer zu einvernehmlichen Lösungen gekommen und ein Dissens habe gefehlt, keine andere Entscheidung. Ganz allgemein kann ein ständiges und bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben. Ob von einer bestehenden Rechtsmacht tatsächlich Gebrauch gemacht und damit auf die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder leitenden Angestellten tatsächlich Einfluss genommen wurde, ist auch deshalb unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung anderenfalls wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann für eine abhängige Beschäftigung ausschlaggebend sein zu lassen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden ist (so schon SächsLSG, Urteil vom 21. Februar 2012 – L 5 KR 102/09 – Umdruck S. 10 f. – nicht veröffentlicht).
Anhaltspunkte dafür, dass allein die Klägerin über ein derart hohes Fachwissen verfügte, dass nur sie in der Lage wäre, die konkrete Tätigkeit zu verrichten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1, sofern ihr Gesellschafter nicht über die erforderlichen kaufmännischen Kenntnisse verfügt, auf dem Arbeitsmarkt jemanden mit einer der Qualifikation der Klägerin entsprechenden Qualifikation finden könnte.
Auch die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft ist jedenfalls unter Eheleuten bzw. Lebenspartnern nicht ausreichend, um eine Tätigkeit im Betrieb des anderen Ehegatten bzw. Lebenspartners als unternehmerische Tätigkeit einzustufen. Durch die Gewährung eines Darlehens erhält der Darlehensgeber keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Die Tragung der Risiken aus dem Darlehensvertrag findet ihre Rechtfertigung primär in den zugrundeliegenden ehelichen bzw. lebenspartnerschaftlichen Beziehungen. Eheleute bzw. Lebenspartner haben in der Regel ein gesteigertes beiderseitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ihres Partners, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt. Ein solches Vorgehen ist zwischen Ehegatten, von denen einer Unternehmer ist, verbreitet und typisch und in der Praxis häufig primär steuerlich motiviert (ebenso SächsLSG, a.a.O.). Ein Unternehmerrisko liegt hierin schon deshalb nicht, weil der Ertrag der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 nicht von einem Vermögenseinsatz ihrerseits abhängig war, sondern ihr als Gegenleistung für ihre Tätigkeit für den Betrieb ein festes Entgelt zustand, das ihr unabhängig vom wirtschaftlichen Betriebsergebnis gezahlt wurde. Sie hatte daher wie jeder andere Beschäftigte lediglich das Risiko des Entgeltausfalls bei Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen (ebenso Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 1. August 2013 – L 1 KR 66/12 – juris Rn. 28). Die Gewährung eines Darlehens oder die Übernahme einer Bürgschaft unter Eheleuten oder Lebenspartnern reicht nicht aus, um eine Tätigkeit als selbständige zu qualifizieren (Bayerisches LSG, Urteil vom 23. Oktober 2008 – L 4 KR 155/07 – juris Rn. 30).
Auch unter dem Gesichtspunkt einer familienhaften Mithilfe lässt sich die von der Klägerin begehrte Feststellung nicht begründen. Die Frage, ob eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt - oder ggf. eine nichtversicherungspflichtige Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) erfolgt - beurteilt sich nach den gleichen Grund-sätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind. Zur Abgrenzung in dieser Hinsicht ist insbesondere von Bedeutung, ob der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird, ein der Arbeitsleistung angemessenes (d.h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt, welches über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht, vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird und von diesem regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird. Dabei kommt der Höhe des Entgeltes lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - juris Orientierungssatz 2). Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses auch nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist.
Die Praktizierung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 lässt auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nur die Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung zu. Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt zwischen 1.658,33 und 2.731,58 EUR erhalten, von welchem Lohnsteuer abgeführt und welches als Betriebsausgabe gebucht wurde und es ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Arbeit anstelle einer ansonsten einzustellenden fremden Arbeitskraft verrichtet hat. Auf eine versicherungsrechtlich vernachlässigenswerte unverbindliche familienhafte Mithilfe kann sich die Klägerin somit gleichfalls nicht berufen.
Des Weiteren kann dahin stehen, ob zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten eine sog. Innen-GbR besteht. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, folgte hieraus nicht, dass die Klägerin nicht gleichwohl als abhängig Beschäftigte der Beigeladenen zu 1 angesehen werden kann. Entscheidend wäre auch bei Bestehen einer Innen-GbR zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten, dass das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 dem einer abhängigen Beschäftigung entspricht (BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 R - juris Rn. 12; Landessozialgericht Hamburg, a.a.O., Rn. 32; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 21. April 1993 - 11 RAr 67/92 - juris Rn. 28). Zudem wäre zu berücksichtigen, dass im Falle eines familiären Zerwürfnisses einer zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten bestehenden Innen-GbR die Grundlage entzogen sein dürfte und die Rechtsmacht des Lebensgefährten der Klägerin als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1 zum Tragen käme.
Die abhängige Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. führt zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI), der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung. (§ 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Klotzbücher Vizepräsidentin des Sächs. LSG
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die 1970 geborene Klägerin und Berufungsklägerin seit 1. April 2007 bei der Beigeladenen zu 1 sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Sie war von August 1989 bis November 2003 Mitarbeiterin in der Arbeitsvorbereitung der Z Kammgarn GmbH, danach bezog sie Arbeitslosengeld. Ab März 2004 war sie als H -l -Mitarbeiterin nebenberuflich selbständig ständig und erwirtschaftete 2004 einen Gewinn von 105,00 EUR. 2005 erzielte sie einen Verlust von 8.880,00 EUR. Ab 13. November 2006 arbeitete sie zunächst halbtags als Verkäuferin bei der Beigeladenen zu 1. Seit 2. April 2007 ist sie im Handelsregister als deren Geschäftsführerin eingetragen. Sie ist seither einzelvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit.
Die Beigeladene zu 1 wurde ab 3. Februar 1999 von G L nach Übernahme aller vorhandenen Gesellschaftsanteile als GmbH unter dem Namen Möbel L GmbH geführt. Mit Wirkung vom 1. September 2003 übertrug sie ihren Gesellschaftsanteil auf ihren Sohn K ... L , der gleichzeitig Geschäftsführer unter Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot wurde. Seine Lebensgefährtin ist seit 2001 die Klägerin, mit welcher er seit 2003 zusammenlebt und ein 2005 geborenes gemeinschaftliches Kind hat. Mit Schreiben vom 7. Mai 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten und Berufungsbeklagten einen "Antrag auf Feststellung nach § 28h SGB IV" und bat um eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung und um Bestätigung, dass sie seit 1. April 2007 bei dieser als freiwilliges Mitglied geführt werde. Es gebe keine schriftlichen vertraglichen Vereinbarungen zur Ausgestaltung ihrer Geschäftsführertätigkeit. Sie widme sich vor allem dem kaufmännischen Bereich und übe ihre Tätigkeit vollkommen weisungsfrei aus. Arbeitszeit, Arbeitsort und Ausgestaltung ihrer Tätigkeit bestimme sie selbst. Ihre durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit betrage 50 bis 60 Stunden. Sie habe Personalentscheidungsbefugnis und unterliege nicht dem Direktionsrecht der Gesellschafterversammlung. Dass das ihr gezahlte Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe verbucht und Lohnsteuer abgeführt werde, lasse den Schluss einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nicht zu. Deshalb werde die Feststellung beantragt, dass sie nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege.
Dem Antrag war ein "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV" beigefügt, den die Klägerin am 25. April 2007 unterschrieben hatte und in welchem sie zusätzlich u. a. angab, sie könne durch Sonderrechte Gesellschaftsbeschlüsse herbeiführen oder verhindern. Sie habe der Firma keine Darlehen gewährt und keine Bürgschaften übernommen. Es sei eine Kündigungsfrist von drei Monaten vereinbart. Die GmbH werde nach außen von ihr und K ... L vertreten. Sie verfüge als einzige Geschäftsführerin über die im kaufmännischen Bereich erforderlichen einschlägigen Branchenkenntnisse. Ihre Tätigkeit sei aufgrund von familienhaften Rücksichtnahmen durch ein gleichberechtigtes Nebeneinander mit dem anderen Geschäftsführer geprägt.
Mit Bescheid vom 17. Juli 2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin als sog. Fremdgeschäftsführerin sei abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig. Eine Tätigkeit in einer Familien-GmbH sei zu verneinen, da die Klägerin in einer eheähnlichen Partnerschaft lebe und die Grundsätze, unter denen trotz einer Fremdgeschäftsführertätigkeit ausnahmsweise eine selbständige Tätigkeit angenommen werden könne, nicht anwendbar seien.
Der gegen den Bescheid eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2007 zurückgewiesen. Im Bescheid vom 17. Juli 2007 sei zutreffend festgestellt worden, dass die Klägerin in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehe und damit der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherungspflicht unterliege. Da sie nicht am Kapital der Gesellschaft beteiligt sei, sei sie Fremdgeschäftsführerin und damit grundsätzlich abhängig Beschäftigte. Die Ausnahme hiervon für Fremdgeschäftsführer einer Familien-GmbH sei nicht einschlägig. Da die Klägerin kein Stammkapital halte, könne sie nicht maßgeblich auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss nehmen. Auch dass eine einzelvertragliche Regelung hinsichtlich der Beschäftigung fehle, könne nur als Indiz hinsichtlich der Einordnung der Beschäftigung als abhängig oder selbständig herangezogen werden. Ebenso sei unerheblich, dass die Klägerin als Einzige im Betrieb über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfüge, da üblicherweise ein Geschäftsführer eingestellt werde, gerade weil er über die erforderlichen Branchenkenntnisse verfüge, die der Inhaber nicht vorweisen könne. In ihrem Tätigkeitsbereich sei die Klägerin in die Betriebsabläufe eingegliedert. Zudem stellten der Einbehalt von Lohnsteuer und die Buchung des Arbeitsentgelts als Betriebsausgabe ein Indiz für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dar.
Am 24. Oktober 2007 ist Klage vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben worden. Zur Begründung ist insbesondere ausgeführt worden, die Klägerin sei aufgrund ihrer Eigenschaft als Lebensgefährtin des Alleingesellschafters nicht als bloße sog. echte Fremdgeschäftsführerin zu qualifizieren, sondern als Angehörige einer Familien-GmbH, bei welcher eine Gesellschafterstellung nicht erforderlich sei, um eine selbständige Tätigkeit begründen zu können. Damit komme es auf die weiteren Indizien für eine selbständige Tätigkeit an. Insoweit sei festzuhalten, dass die unternehmerische Initiative des Lebensgefährten der Klägerin weit hinter der ihren zurückbleibe. Sie sei die treibende Kraft im Familienunternehmen und richte ihre Tätigkeit auch nicht an einem etwaigen Lohnwert aus, was sich an einer Vergütung von 1.800,00 EUR trotz der Verantwortung und des Tätigkeitsaufwandes zeige. Hinzu komme, dass die Klägerin eine Bürgschaft über 50.000,00 EUR übernommen habe.
Das SG hat am 1. April 2009 einen Erörterungstermin durchgeführt und dann mit Gerichtsbescheid vom 16. März 2010 die Klage abgewiesen. Die Klägerin unterliege im Rahmen ihrer Tätigkeit bei der Fa. Möbel-L GmbH seit dem 1. April 2007 der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Sie seit trotz der herausragenden Position im Unternehmen ihres Lebensgefährten und weitestgehend freier Hand bei ihrer Tätigkeit als abhängig beschäftigt zu beurteilen, auch wenn ihre Tätigkeit durchaus unter dem Gesichtspunkt einer Tätigkeit im Familienbetrieb zu sehen sei. Sie erhalte ein festes Gehalt, für das Lohnsteuer gezahlt werde und welches als Betriebsausgabe verbucht werde. Ein gleichwertiges Nebeneinander, das vorliegend angesichts der unterschiedlichen Entlohnung ohnehin zweifelhaft sei, reiche für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht aus; vielmehr sei insoweit erforderlich, dass der Familienangehörige durch seine Fähigkeiten und seinen sonstigen Einsatz das Unternehmen dominiere. Auch sei die Klägerin kein echtes Unternehmerrisiko eingegangen. Ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sei die Übernahme eines unternehmerischen Risikos dann, wenn damit auch tatsächlich Chancen und nicht nur Risiken verbunden seien. Auch sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin über ein fachliches Know-how verfüge, das deutlich dasjenige ihres Lebensgefährten übersteige.
Gegen den ihr am 12. Mai 2010 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. Mai 2010 Berufung eingelegt und zur Begründung u. a. ausgeführt, soweit das SG dargelegt habe, es reiche für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht aus, dass beide beteiligten Familienmitglieder gleichberechtigt nebeneinander tätig seien, sondern der nicht am Unternehmen beteiligte Familienangehörige müsse den anderen dominieren, sei dies nicht nachvollziehbar. Ein Unternehmerrisiko trage die Klägerin insofern, als sie persönlich für Verbindlichkeiten des Unternehmens einstehe, sogar über die Haftung eines Gesellschafters hinaus. Zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten bestehe letztlich nichts anderes als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gerichtet auf gemeinsame Führung und Fortentwicklung des Familienunternehmens.
Auf eine Anfrage des Gerichts hin hat die Klägerin mit Schreiben vom 22. März 2011 noch mitgeteilt, sie habe dem Unternehmen im Januar 2010 11.000,00 EUR ihres Privatvermögens zur Verfügung gestellt, um die Gehälter der Angestellten bezahlen zu können. Eine Rückzahlung sei noch nicht erfolgt. Über Guthaben aus den erwirtschafteten Erträgen des Unternehmens verfügten weder die Klägerin noch ihr Lebensgefährte. Zwischen ihnen bestehe Einigkeit darüber, dass das Familienunternehmen die gemeinsame wirtschaftliche Grundlage der Familie darstelle. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass die Klägerin und ihr Lebensgefährte den Betrieb gleichberechtigt führten und für die daraus entstehenden Verbindlichkeiten persönlich einstünden, um so die GmbH wirtschaftlich voranzubringen. Sie verfolgten mit ihrem Handeln mithin einen gemeinsamen Zweck, der über die Führung einer Lebensgemeinschaft hinausgehe.
Die Klägerin hat die Kopie einer Bürgschaft über 50.000,00 EUR vom 13. Juni 2008, Einkommensteuerbescheide für 2007, 2008, 2009, 2010 und 2011 und eine Lohnsteuerbescheinigung für 2012 vorgelegt. Die Beklagte hat mit Schreiben vom 4. November 2013 noch mitgeteilt, dass die Klägerin seit 1. April 2007 als abhängig Beschäftige zu allen Versicherungszweigen gemeldet sei. Als Entgelt seien für 2007 14.925,00 EUR, für 2008 21.660,00 EUR, für 2009 26.097,00 EUR, für 2010 28.513,00 EUR, für 2011 29.648,00 EUR und 2012 32.779,00 EUR gespeichert.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. März 2010 und den Bescheid vom 17. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2007 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung nicht versicherungspflichtig ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach sind die Ausführungen des SG nicht zu beanstanden.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 3. Februar 2011, 17, Februar 2011, 22. März 2011, 20. April 2011 und 29. April 2011 mit einer Entscheidung durch die Vorsitzende als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Klägerin und der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte durch die Vorsitzende als Einzelrichterin entscheiden, da die hierfür gemäß § 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderlichen Einverständniserklärungen vorliegen.
Die gemäß §§ 143, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Die Beklagte war vorliegend zur Entscheidung über die Gesamtsozialversicherungspflicht befugt. Nach § 28h Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und erlässt den Widerspruchsbescheid. An sie ist der Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen, sie überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und macht die Beitragsansprüche geltend (§ 28h Abs. 1 SGB IV). § 28i SGB IV bestimmt die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zuständige Einzugsstelle. Dies ist nach Satz 1 der Vorschrift grundsätzlich die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung durchgeführt wird, vorliegend somit die Beklagte.
Dass die Klägerin ihrem "Antrag auf Feststellung nach § 28h SGB IV" vom 7. Mai 2007 einen "Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV" beigefügt hat, lässt die Zuständigkeit der Einzugsstelle hinsichtlich der begehrten Feststellung nicht entfallen. Die beiden Verfahren stehen grundsätzlich gleichwertig nebeneinander, wobei die Zuständigkeit der Einzugsstelle zum einen durch die Vorschrift des § 7a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SGB IV, wonach die Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund beantragen können, den Status des Erwerbstätigen feststellen zu lassen, sofern nicht die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet haben, eingeschränkt ist und zum anderen dadurch, dass nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 zu stellen hat, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers ergibt, dass der Beschäftigte Angehöriger bzw. (seit 1. September 2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgeber oder geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 KR 15/10 R – juris Rn. 22ff.; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, urteil vom 2. Juli 2013 – L 1 KR 572/11 – juris Rn. 35 f.).
Da vorliegend die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV nicht erfüllt sind, ein weiteres Feststellungsverfahren, soweit ersichtlich, nicht bereits eingeleitet war, der von der Klägerin an die Beklagte übersandte Feststellungsbogen ohnehin nicht einschlägig war, da sie nicht Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1 ist und sie zudem in ihrem Schreiben vom 7. Mai 2007 ausdrücklich einen Antrag auf Feststellung nach § 28h SGB IV gestellt und nicht um Weiterleitung ihres Antrags an die Deutsche Rentenversicherung Bund gebeten hat, war zum einen die Zuständigkeit der Beklagten gegeben und es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Klägerin eine Entscheidung der Beklagten und nicht der Deutschen Rentenversicherung Bund begehrte.
Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]; § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen RV und im Recht der Arbeitsförderung (§ 1 Satz 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen innehaben. Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines leitenden Angestellten, der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, machen diesen nicht schon zu einem Selbstständigen (st. Rechtsprechung, zuletzt BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris Rn. 29 m.w.N.).
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. RS., z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 15).
Zu berücksichtigen ist, dass den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zukommt. Vielmehr sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, a.a.O., Rn. 16).
Das Fehlen einer - relevanten - Unternehmensbeteiligung führt zwar nicht zwingend zu einer abhängigen Beschäftigung, jedoch ist in diesen Fällen in der Regel von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Größerer Bedeutung beizumessen ist im Regelfall der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse. Dabei ist - auch im Zusammenhang mit sog. Familiengesellschaften - ein entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Dies gilt auch im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten einer Familiengesellschaft. In einem solchen Fall käme allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, so dass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde. Eine "Schönwetterselbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar (BSG, a.a.O., Rn. 32; ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. März 2013 - L 4 KR 3725/11 - juris Rn. 35).
Vorliegend könnte zwar für eine selbständige Tätigkeit sprechen, dass die Klägerin mit der Beigeladenen zu 1 keinen Arbeits- oder Anstellungsvertrag geschlossen hat, in ihrem Aufgabenbereich jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum nach den vorliegenden Unterlagen bisher tatsächlich keinen Weisungen unterworfen war und ihre Tätigkeit frei gestalten kann. Da sie jedoch nicht Gesellschafterin der Beigeladenen zu 1 ist und auch im Übrigen keinerlei vertragliche Regelungen zwischen ihr und der Beigeladenen zu 1 geschlossen wurden, wäre es ihr im Konfliktfall nicht möglich, ihr nicht genehme Weisungen zu verhindern. Damit liefert das Fehlen eines Anstellungs- oder Arbeitsvertrages hier keinen Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, sondern verdeutlicht angesichts generell fehlender vertraglicher bzw. gesellschaftsrechtlicher Regelungen lediglich die rechtsmachtlose Stellung der Klägerin im Betrieb der Beigeladenen zu 1. Da nur der theoretische Konfliktfall entscheidend sein kann, rechtfertigt das Vorbringen der Klägerin, es sei immer zu einvernehmlichen Lösungen gekommen und ein Dissens habe gefehlt, keine andere Entscheidung. Ganz allgemein kann ein ständiges und bestehendes Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht den Status als abhängig Beschäftigter aufheben. Ob von einer bestehenden Rechtsmacht tatsächlich Gebrauch gemacht und damit auf die Tätigkeit eines Geschäftsführers oder leitenden Angestellten tatsächlich Einfluss genommen wurde, ist auch deshalb unbeachtlich, weil die versicherungsrechtliche Beurteilung anderenfalls wesentlich davon abhinge, ob die Tätigkeit aus Sicht der Rechtsmachtinhaber beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Dies kann jedoch kein rechtlich entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein. Im Konfliktfall, z.B. wenn es zu einer familiären Trennung kommt und die familiären Rücksichtnahmen ein Ende haben, kann von den vertraglich niedergelegten Befugnissen jederzeit wieder Gebrauch gemacht werden, so etwa auch von einem Weisungs- und Kündigungsrecht. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann für eine abhängige Beschäftigung ausschlaggebend sein zu lassen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht worden ist (so schon SächsLSG, Urteil vom 21. Februar 2012 – L 5 KR 102/09 – Umdruck S. 10 f. – nicht veröffentlicht).
Anhaltspunkte dafür, dass allein die Klägerin über ein derart hohes Fachwissen verfügte, dass nur sie in der Lage wäre, die konkrete Tätigkeit zu verrichten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beigeladene zu 1, sofern ihr Gesellschafter nicht über die erforderlichen kaufmännischen Kenntnisse verfügt, auf dem Arbeitsmarkt jemanden mit einer der Qualifikation der Klägerin entsprechenden Qualifikation finden könnte.
Auch die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft ist jedenfalls unter Eheleuten bzw. Lebenspartnern nicht ausreichend, um eine Tätigkeit im Betrieb des anderen Ehegatten bzw. Lebenspartners als unternehmerische Tätigkeit einzustufen. Durch die Gewährung eines Darlehens erhält der Darlehensgeber keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Die Tragung der Risiken aus dem Darlehensvertrag findet ihre Rechtfertigung primär in den zugrundeliegenden ehelichen bzw. lebenspartnerschaftlichen Beziehungen. Eheleute bzw. Lebenspartner haben in der Regel ein gesteigertes beiderseitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ihres Partners, ohne dass hieraus ein wesentliches Unternehmerrisiko folgt. Ein solches Vorgehen ist zwischen Ehegatten, von denen einer Unternehmer ist, verbreitet und typisch und in der Praxis häufig primär steuerlich motiviert (ebenso SächsLSG, a.a.O.). Ein Unternehmerrisko liegt hierin schon deshalb nicht, weil der Ertrag der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 nicht von einem Vermögenseinsatz ihrerseits abhängig war, sondern ihr als Gegenleistung für ihre Tätigkeit für den Betrieb ein festes Entgelt zustand, das ihr unabhängig vom wirtschaftlichen Betriebsergebnis gezahlt wurde. Sie hatte daher wie jeder andere Beschäftigte lediglich das Risiko des Entgeltausfalls bei Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen (ebenso Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 1. August 2013 – L 1 KR 66/12 – juris Rn. 28). Die Gewährung eines Darlehens oder die Übernahme einer Bürgschaft unter Eheleuten oder Lebenspartnern reicht nicht aus, um eine Tätigkeit als selbständige zu qualifizieren (Bayerisches LSG, Urteil vom 23. Oktober 2008 – L 4 KR 155/07 – juris Rn. 30).
Auch unter dem Gesichtspunkt einer familienhaften Mithilfe lässt sich die von der Klägerin begehrte Feststellung nicht begründen. Die Frage, ob eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt - oder ggf. eine nichtversicherungspflichtige Mitarbeit auf familienrechtlicher Basis (familienhafte Mithilfe) erfolgt - beurteilt sich nach den gleichen Grund-sätzen, wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind. Zur Abgrenzung in dieser Hinsicht ist insbesondere von Bedeutung, ob der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird, ein der Arbeitsleistung angemessenes (d.h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt, welches über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgeht, vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird und von diesem regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird. Dabei kommt der Höhe des Entgeltes lediglich Indizwirkung zu. Es gilt nicht der Rechtssatz, dass eine untertarifliche oder eine erheblich übertarifliche Bezahlung die Annahme eines beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausschließt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 7 AL 34/02 R - juris Orientierungssatz 2). Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist es für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses auch nicht erforderlich, dass der Beschäftigte wirtschaftlich auf das Entgelt angewiesen ist.
Die Praktizierung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 lässt auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nur die Zuordnung zum Typus der abhängigen entgeltlichen Beschäftigung zu. Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt zwischen 1.658,33 und 2.731,58 EUR erhalten, von welchem Lohnsteuer abgeführt und welches als Betriebsausgabe gebucht wurde und es ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihre Arbeit anstelle einer ansonsten einzustellenden fremden Arbeitskraft verrichtet hat. Auf eine versicherungsrechtlich vernachlässigenswerte unverbindliche familienhafte Mithilfe kann sich die Klägerin somit gleichfalls nicht berufen.
Des Weiteren kann dahin stehen, ob zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten eine sog. Innen-GbR besteht. Selbst wenn dies zu bejahen wäre, folgte hieraus nicht, dass die Klägerin nicht gleichwohl als abhängig Beschäftigte der Beigeladenen zu 1 angesehen werden kann. Entscheidend wäre auch bei Bestehen einer Innen-GbR zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten, dass das Gesamtbild der Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 dem einer abhängigen Beschäftigung entspricht (BSG, Urteil vom 10. Mai 2007 - B 7a AL 8/06 R - juris Rn. 12; Landessozialgericht Hamburg, a.a.O., Rn. 32; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 21. April 1993 - 11 RAr 67/92 - juris Rn. 28). Zudem wäre zu berücksichtigen, dass im Falle eines familiären Zerwürfnisses einer zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten bestehenden Innen-GbR die Grundlage entzogen sein dürfte und die Rechtsmacht des Lebensgefährten der Klägerin als Alleingesellschafter der Beigeladenen zu 1 zum Tragen käme.
Die abhängige Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1. führt zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI), der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung. (§ 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 SGB III).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Klotzbücher Vizepräsidentin des Sächs. LSG
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