Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 KR 1195/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 94/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2009.
Die 1964 geborene Klägerin, die keine Kinder hat, ist seit 2007 freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1 und versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 2. Mit Bescheid vom 29. Januar 2009 setzte die Beklagte zu 1 die Beiträge zur Krankenversicherung mit EUR 125,16 und zur Pflegeversicherung mit EUR 18,48 ab 1. Januar 2009 neu fest. Zur Begründung führte sie aus, die für die Klägerin geltende Mindestbemessungsgrenze habe sich zum 1. Januar 2009 von bisher EUR 828,33 auf EUR 840 erhöht. Außerdem sei der Beitragssatz durch die Einführung des bundeseinheitlichen Beitragssatzes in der Krankenversicherung auf 14,9 % gestiegen; der Beitragssatz in der Pflegeversicherung bleibe unverändert.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und wandte sich zum einen gegen die Erhebung des Beitragszuschlages für Kinderlose in der Pflegeversicherung und zum anderen dagegen, dass von ihr überhaupt Beiträge auf Grundlage eines Einkommens von EUR 840 monatlich verlangt würden, obwohl sie nachweislich keine laufenden Einnahmen habe, sondern von ihrem Vermögen lebe.
Mit Bescheid vom 22. April 2009 teilte die Beklagte zu 1 der Klägerin nach einer Einkommensanfrage mit, dass sich die Einkommensverhältnisse nicht geändert hätten und somit ab 1. Juni 2009 die Beiträge unverändert zu zahlen seien. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2009 setzte die Beklagte zu 1 die Beiträge zur Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 aufgrund des auf 14,3 % abgesenkten Beitragssatzes mit EUR 120,12 neu fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2009 wies die Beklagte zu 1 die Widersprüche der Klägerin gegen die Beitragsbemessung im Jahr 2009 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – zurück.
Mit ihrer dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Erhebung des Beitragszuschlages für Kinderlose in der Pflegeversicherung sei diskriminierend, verstoße gegen das Recht auf freie Selbstbestimmung und stelle eine nicht hinnehmbare soziale Härte dar. Des Weiteren sei für einkommenslose Versicherte die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung überhaupt unzulässig. Die dadurch bei ihr erfolgte Heranziehung ihres angesparten Kapitals stelle eine Form der Enteignung dar.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 6. August 2012 hat die Beklagte zu 1 den Widerspruchsbescheid dahin gehend abgeändert, dass die Beiträge zur Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 auf monatlich EUR 120,12 festgesetzt wurden, wie es bereits mit Bescheid vom 7. Juli 2009 erfolgt war. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage sodann im Übrigen durch Urteil vom 6. August 2012 abgewiesen und ausgeführt, die Beitragsfestsetzung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die hiernach geltende Mindestbemessungsgrenze für freiwillig Versicherte dürfe auch in Härtefällen nicht unterschritten werden. Auch der Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung ergebe sich aus dem Gesetz und sei nach der Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht verfassungsgemäß.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 22. August 2012 zugestellte Urteil am Montag, den 24. September 2012 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Beitragserhebung verletze den Gleichheitsgrundsatz, weil für alle Mitglieder, die Einnahmen oberhalb der Mindestbemessungsgrenze hätten, die tatsächlichen Einnahmen zugrunde gelegt würden. Für Mitglieder wie die Klägerin, deren Einnahmen diese Grenze unterschritten, werde jedoch nicht auf das tatsächlich zufließende Einkommen abgestellt. Hierin liege auch ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, denn für die letztgenannten Mitglieder hätten sich die Beiträge aufgrund der Steigerung der Mindestbemessungsgrenze seit 2007 überproportional erhöht. Bei dieser Gruppe der freiwillig Versicherten werde daher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entgegen der gesetzlichen Vorgabe nicht angemessen berücksichtigt und die Heranziehung von angespartem Kapital stelle eine Form der Enteignung dar. Des Weiteren sei der höhere Beitragssatz in der Pflegeversicherung für kinderlose Mitglieder eine diskriminierende Behandlung. Das Bundesverfassungsgericht habe keine Sanktionierung der Kinderlosigkeit, sondern eine Entlastung für Versicherte mit Kindern gefordert. Es hätten also für diese die Beiträge gesenkt werden müssen anstatt die Beiträge für Kinderlose zu erhöhen. Darüber hinaus seien die vielfach unterschiedlichen Gründe für Kinderlosigkeit nicht berücksichtigt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 6. August 2012 aufzuheben und 1. die Bescheide der Beklagten vom 29. Januar 2009, 22. April 2009 und 7. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2009 dahingehend abzuändern, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nur in Höhe der Hälfte des bisher festgesetzten Betrages und die Beiträge zur Pflegeversicherung nur nach einem Beitragssatz von 1,95 % erhoben werden, 2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die dadurch überzahlten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf ihre bisherigen Ausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) Berufung ist nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, denn die Beklagten haben die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin zutreffend festgesetzt.
Gemäß § 223 Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) werden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Für freiwillige Mitglieder – wie die Klägerin – ist dabei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 S. 2 SGB V). Gemäß § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Bezugsgröße ist gemäß § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt die Bezugsgröße im Voraus für jedes Kalenderjahr durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates (§ 17 Abs. 2 S. 1 SGB IV). Für das Jahr 2009 betrug die monatliche Bezugsgröße EUR 2.520. Hieraus errechnet sich die von den Beklagten zutreffend zugrunde gelegte Mindestbemessungsgrenze von EUR 840 (EUR 2.520: 90 x 30).
Der ermäßigte Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld (§ 243 SGB V) betrug 14,9 % ab 1. Januar 2009 und 14,3 % ab 1. Juli 2009. Hieraus ergibt sich – wie von der Beklagten zu 1 festgesetzt – für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 ein monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von EUR 125,16. Für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009 beträgt der monatliche Beitrag EUR 120,12, wie er von der Beklagten zu 1 durch Bescheid vom 7. Juli 2009 in Verbindung mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht abgegebenen Teilanerkenntnis auch festgesetzt wurde.
Die Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage unterhalb der Mindestbemessungsgrundlage des § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V kommt nicht in Betracht. Dies hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 7. November 1991 (12 RK 37/90 – Juris) unter Hinweis auf die Rechtsentwicklung ausführlich dargelegt. Zwar solle gemäß § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt werden, durch die Einführung einer Mindestbemessungsgrenze habe aber vermieden werden sollen, dass freiwillig Versicherte, die ihren Lebensunterhalt nicht aus einem festen Geldbetrag bestreiten, sich zu unangemessen niedrigen Beiträgen versichern könnten. Dies sei auch nicht verfassungswidrig. Das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sei nicht verletzt, denn die Mitgliedschaft als solche sei nicht berührt und die Beiträge auf Grundlage der Mindestbemessungsgrundlage hätten keine konfiszierende Wirkung. Bei Versicherten, die nicht in der Lage seien, die Beiträge zu tragen, sei eine Übernahme durch den Sozialhilfeträger vorgesehen. Auch der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Zwar seien die Mindestbeiträge freiwillig Versicherter höher als die Beiträge mancher Pflichtversicherter. Diese Ungleichbehandlung sei jedoch gerechtfertigt, da der Gesetzgeber befugt gewesen sei, die freiwilligen Mitglieder aufgrund ihrer grundsätzlich geringeren Schutzbedürftigkeit in typisierender Weise anders zu behandeln, da ihre Krankenversicherung von den Pflichtversicherten möglichst nicht mitfinanziert werden solle.
Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Dass es insoweit im Einzelfall zu Härten kommen mag, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen, da es dem Gesetzgeber grundsätzlich freisteht, insbesondere im Rahmen von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen (BVerfG, Beschluss vom 22.05.2001 – 1 BvL 4/96 – Juris).
Auch die festgesetzten Beiträge zur Pflegeversicherung sind nicht zu beanstanden. Gemäß § 57 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) ist bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden, sodass die hierzu getroffenen Feststellungen entsprechend gelten.
Gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 SGB XI betrug der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung im Jahr 2009 bundeseinheitlich 1,95 %. Für Kinderlose, die das 23. Lebensjahr vollendet haben, erhöhte sich der Beitrag gemäß § 55 Abs. 3 S. 1 SGB XI um einen Beitragszuschlag von 0,25 Beitragssatzpunkten, sodass ein Gesamtbeitrag in Höhe von 2,2 % zu erheben war. Ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der Mindestbemessungsgrenze von EUR 840 ergeben sich somit monatliche Beiträge in Höhe von EUR 18,48, wie sie von der Beklagten zu 2 erhoben wurden.
Der Beitragszuschlag für Kinderlose verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Im Gegenteil wurde die Regelung eingeführt, um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001 (1 BvR 1629/94 – Juris) umzusetzen, durch das dem Gesetzgeber ausdrücklich aufgegeben worden war, die Betreuungs- und Erziehungsleistung bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern zu berücksichtigen. Dass dies nicht durch eine Beitragssenkung für Eltern, sondern durch eine Beitragssatzerhöhung für Kinderlose erfolgt ist, ist nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 27. Februar 2008 (B 12 P 2/07 R - Juris), denen sich der erkennende Senat anschließt, nicht zu beanstanden, da es anderenfalls zu Beitragsausfällen gekommen wäre, die wiederum mit Beitragssatzerhöhungen hätten kompensiert werden müssen. Der Gesetzgeber durfte in Ausübung seines Gestaltungsspielraums und im Hinblick auf die relativ geringe Differenz von 0,25 % auch an das bloße Vorhandensein eines Kindes anknüpfen und war nicht gehalten, insoweit nach Umfang und Dauer der tatsächlichen Kinderbetreuung zu differenzieren (BSG, Urteil vom 27.02.2008, a.a.O.). Aus den gleichen Gründen war es nicht geboten, die unterschiedlichen Gründe der Kinderlosigkeit im Einzelfall zu berücksichtigen.
Da die Beiträge korrekt festgesetzt und somit nicht zu Unrecht entrichtet worden sind, hat die Klägerin keinen Erstattungsanspruch aus § 26 Abs. 2 SGB IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2009.
Die 1964 geborene Klägerin, die keine Kinder hat, ist seit 2007 freiwilliges Mitglied der Beklagten zu 1 und versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten zu 2. Mit Bescheid vom 29. Januar 2009 setzte die Beklagte zu 1 die Beiträge zur Krankenversicherung mit EUR 125,16 und zur Pflegeversicherung mit EUR 18,48 ab 1. Januar 2009 neu fest. Zur Begründung führte sie aus, die für die Klägerin geltende Mindestbemessungsgrenze habe sich zum 1. Januar 2009 von bisher EUR 828,33 auf EUR 840 erhöht. Außerdem sei der Beitragssatz durch die Einführung des bundeseinheitlichen Beitragssatzes in der Krankenversicherung auf 14,9 % gestiegen; der Beitragssatz in der Pflegeversicherung bleibe unverändert.
Die Klägerin erhob dagegen Widerspruch und wandte sich zum einen gegen die Erhebung des Beitragszuschlages für Kinderlose in der Pflegeversicherung und zum anderen dagegen, dass von ihr überhaupt Beiträge auf Grundlage eines Einkommens von EUR 840 monatlich verlangt würden, obwohl sie nachweislich keine laufenden Einnahmen habe, sondern von ihrem Vermögen lebe.
Mit Bescheid vom 22. April 2009 teilte die Beklagte zu 1 der Klägerin nach einer Einkommensanfrage mit, dass sich die Einkommensverhältnisse nicht geändert hätten und somit ab 1. Juni 2009 die Beiträge unverändert zu zahlen seien. Auch hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Mit Bescheid vom 7. Juli 2009 setzte die Beklagte zu 1 die Beiträge zur Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 aufgrund des auf 14,3 % abgesenkten Beitragssatzes mit EUR 120,12 neu fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2009 wies die Beklagte zu 1 die Widersprüche der Klägerin gegen die Beitragsbemessung im Jahr 2009 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – zurück.
Mit ihrer dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Erhebung des Beitragszuschlages für Kinderlose in der Pflegeversicherung sei diskriminierend, verstoße gegen das Recht auf freie Selbstbestimmung und stelle eine nicht hinnehmbare soziale Härte dar. Des Weiteren sei für einkommenslose Versicherte die Erhebung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung überhaupt unzulässig. Die dadurch bei ihr erfolgte Heranziehung ihres angesparten Kapitals stelle eine Form der Enteignung dar.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 6. August 2012 hat die Beklagte zu 1 den Widerspruchsbescheid dahin gehend abgeändert, dass die Beiträge zur Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 auf monatlich EUR 120,12 festgesetzt wurden, wie es bereits mit Bescheid vom 7. Juli 2009 erfolgt war. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage sodann im Übrigen durch Urteil vom 6. August 2012 abgewiesen und ausgeführt, die Beitragsfestsetzung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Die hiernach geltende Mindestbemessungsgrenze für freiwillig Versicherte dürfe auch in Härtefällen nicht unterschritten werden. Auch der Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung ergebe sich aus dem Gesetz und sei nach der Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht verfassungsgemäß.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 22. August 2012 zugestellte Urteil am Montag, den 24. September 2012 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, die Beitragserhebung verletze den Gleichheitsgrundsatz, weil für alle Mitglieder, die Einnahmen oberhalb der Mindestbemessungsgrenze hätten, die tatsächlichen Einnahmen zugrunde gelegt würden. Für Mitglieder wie die Klägerin, deren Einnahmen diese Grenze unterschritten, werde jedoch nicht auf das tatsächlich zufließende Einkommen abgestellt. Hierin liege auch ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, denn für die letztgenannten Mitglieder hätten sich die Beiträge aufgrund der Steigerung der Mindestbemessungsgrenze seit 2007 überproportional erhöht. Bei dieser Gruppe der freiwillig Versicherten werde daher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit entgegen der gesetzlichen Vorgabe nicht angemessen berücksichtigt und die Heranziehung von angespartem Kapital stelle eine Form der Enteignung dar. Des Weiteren sei der höhere Beitragssatz in der Pflegeversicherung für kinderlose Mitglieder eine diskriminierende Behandlung. Das Bundesverfassungsgericht habe keine Sanktionierung der Kinderlosigkeit, sondern eine Entlastung für Versicherte mit Kindern gefordert. Es hätten also für diese die Beiträge gesenkt werden müssen anstatt die Beiträge für Kinderlose zu erhöhen. Darüber hinaus seien die vielfach unterschiedlichen Gründe für Kinderlosigkeit nicht berücksichtigt worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 6. August 2012 aufzuheben und 1. die Bescheide der Beklagten vom 29. Januar 2009, 22. April 2009 und 7. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2009 dahingehend abzuändern, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nur in Höhe der Hälfte des bisher festgesetzten Betrages und die Beiträge zur Pflegeversicherung nur nach einem Beitragssatz von 1,95 % erhoben werden, 2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die dadurch überzahlten Beiträge zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf ihre bisherigen Ausführungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) Berufung ist nicht begründet, da das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, denn die Beklagten haben die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Klägerin zutreffend festgesetzt.
Gemäß § 223 Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) werden die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Für freiwillige Mitglieder – wie die Klägerin – ist dabei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit berücksichtigt (§ 240 Abs. 1 S. 2 SGB V). Gemäß § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Bezugsgröße ist gemäß § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt die Bezugsgröße im Voraus für jedes Kalenderjahr durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates (§ 17 Abs. 2 S. 1 SGB IV). Für das Jahr 2009 betrug die monatliche Bezugsgröße EUR 2.520. Hieraus errechnet sich die von den Beklagten zutreffend zugrunde gelegte Mindestbemessungsgrenze von EUR 840 (EUR 2.520: 90 x 30).
Der ermäßigte Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld (§ 243 SGB V) betrug 14,9 % ab 1. Januar 2009 und 14,3 % ab 1. Juli 2009. Hieraus ergibt sich – wie von der Beklagten zu 1 festgesetzt – für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 2009 ein monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von EUR 125,16. Für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2009 beträgt der monatliche Beitrag EUR 120,12, wie er von der Beklagten zu 1 durch Bescheid vom 7. Juli 2009 in Verbindung mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht abgegebenen Teilanerkenntnis auch festgesetzt wurde.
Die Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage unterhalb der Mindestbemessungsgrundlage des § 240 Abs. 4 S. 1 SGB V kommt nicht in Betracht. Dies hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 7. November 1991 (12 RK 37/90 – Juris) unter Hinweis auf die Rechtsentwicklung ausführlich dargelegt. Zwar solle gemäß § 240 Abs. 1 S. 2 SGB V die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt werden, durch die Einführung einer Mindestbemessungsgrenze habe aber vermieden werden sollen, dass freiwillig Versicherte, die ihren Lebensunterhalt nicht aus einem festen Geldbetrag bestreiten, sich zu unangemessen niedrigen Beiträgen versichern könnten. Dies sei auch nicht verfassungswidrig. Das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sei nicht verletzt, denn die Mitgliedschaft als solche sei nicht berührt und die Beiträge auf Grundlage der Mindestbemessungsgrundlage hätten keine konfiszierende Wirkung. Bei Versicherten, die nicht in der Lage seien, die Beiträge zu tragen, sei eine Übernahme durch den Sozialhilfeträger vorgesehen. Auch der Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht verletzt. Zwar seien die Mindestbeiträge freiwillig Versicherter höher als die Beiträge mancher Pflichtversicherter. Diese Ungleichbehandlung sei jedoch gerechtfertigt, da der Gesetzgeber befugt gewesen sei, die freiwilligen Mitglieder aufgrund ihrer grundsätzlich geringeren Schutzbedürftigkeit in typisierender Weise anders zu behandeln, da ihre Krankenversicherung von den Pflichtversicherten möglichst nicht mitfinanziert werden solle.
Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Dass es insoweit im Einzelfall zu Härten kommen mag, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen, da es dem Gesetzgeber grundsätzlich freisteht, insbesondere im Rahmen von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen (BVerfG, Beschluss vom 22.05.2001 – 1 BvL 4/96 – Juris).
Auch die festgesetzten Beiträge zur Pflegeversicherung sind nicht zu beanstanden. Gemäß § 57 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) ist bei freiwilligen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung für die Beitragsbemessung in der sozialen Pflegeversicherung § 240 SGB V entsprechend anzuwenden, sodass die hierzu getroffenen Feststellungen entsprechend gelten.
Gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 SGB XI betrug der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung im Jahr 2009 bundeseinheitlich 1,95 %. Für Kinderlose, die das 23. Lebensjahr vollendet haben, erhöhte sich der Beitrag gemäß § 55 Abs. 3 S. 1 SGB XI um einen Beitragszuschlag von 0,25 Beitragssatzpunkten, sodass ein Gesamtbeitrag in Höhe von 2,2 % zu erheben war. Ausgehend von beitragspflichtigen Einnahmen in Höhe der Mindestbemessungsgrenze von EUR 840 ergeben sich somit monatliche Beiträge in Höhe von EUR 18,48, wie sie von der Beklagten zu 2 erhoben wurden.
Der Beitragszuschlag für Kinderlose verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht. Im Gegenteil wurde die Regelung eingeführt, um das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 2001 (1 BvR 1629/94 – Juris) umzusetzen, durch das dem Gesetzgeber ausdrücklich aufgegeben worden war, die Betreuungs- und Erziehungsleistung bei der Beitragsbemessung von beitragspflichtigen Versicherten mit Kindern zu berücksichtigen. Dass dies nicht durch eine Beitragssenkung für Eltern, sondern durch eine Beitragssatzerhöhung für Kinderlose erfolgt ist, ist nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 27. Februar 2008 (B 12 P 2/07 R - Juris), denen sich der erkennende Senat anschließt, nicht zu beanstanden, da es anderenfalls zu Beitragsausfällen gekommen wäre, die wiederum mit Beitragssatzerhöhungen hätten kompensiert werden müssen. Der Gesetzgeber durfte in Ausübung seines Gestaltungsspielraums und im Hinblick auf die relativ geringe Differenz von 0,25 % auch an das bloße Vorhandensein eines Kindes anknüpfen und war nicht gehalten, insoweit nach Umfang und Dauer der tatsächlichen Kinderbetreuung zu differenzieren (BSG, Urteil vom 27.02.2008, a.a.O.). Aus den gleichen Gründen war es nicht geboten, die unterschiedlichen Gründe der Kinderlosigkeit im Einzelfall zu berücksichtigen.
Da die Beiträge korrekt festgesetzt und somit nicht zu Unrecht entrichtet worden sind, hat die Klägerin keinen Erstattungsanspruch aus § 26 Abs. 2 SGB IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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