Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 2033/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 866/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.01.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 1959 geborene Kläger durchlief nach dem Hauptschulabschluss eine dreijährige Berufsausbildung bei der damaligen D. B. als Jungwerker ohne Abschluss und war in der Zeit von 1975 bis 1989 als Arbeiter bei der D. B. beschäftigt. Ab 1990 arbeitete er bei der D. B. (später Deutsche P. AG), zunächst im Innendienst, später dann als Kraftfahrer und ab 2003 als Briefzusteller. Nach Auskunft der D. P. AG gegenüber der Beklagten vom August 2005 (Bl. 1 im medizinischen Teil der Verwaltungsakte der Beklagten) handelte es sich dabei um eine Tätigkeit, für die keine Ausbildung bzw. Vorbildung erforderlich ist und die eine Einarbeitungszeit von zwei Wochen erforderte. Der Kläger arbeitete letztmalig Anfang August 2005. In der Folgezeit schlossen sich Arbeitsunfähigkeitszeiten bzw. Rentenbezugszeiten an.
Infolge eines Bronchialadenokarzinoms des linken Lungenflügels mit anschließender Entfernung des Lungenflügels und Strahlentherapie gewährte die Beklagte dem Kläger zunächst von Juni 2005 bis einschließlich Dezember 2006 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Einen Verlängerungsantrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 26.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2007). Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (Az.: S 4 R 2071/07) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dessen Ausführung die Beklagte dem Kläger über den Dezember 2006 hinaus für die Dauer von drei Jahren bis einschließlich Dezember 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährte.
Am 12.08.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und veranlasste eine Begutachtung nach Aktenlage. Die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. diagnostizierte beim Kläger ein Bronchialadenokarzinom der linken Lunge T 2, N 1, Mx, Stadium II b (ED 02/2004), eine Pneumonektomie links mit systematischer Lymphknotendissektion 12/2004, und adjuvanter Strahlentherapie, eine leichte respiratorische Partialinsuffizienz sowie eine Rekurrenzparase links. Bis zum heutigen Zeitpunkt bestehe kein Anhalt für ein Tumorrezidiv. Das Leistungsvermögen des Klägers für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit liege unter drei Stunden; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen des Bewegungs- und Haltungsapparates sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben.
Mit Bescheid vom 24.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte eine Begutachtung mit ambulanter Untersuchung durch Dr. S. mit chirurgisch-orthopädischer Zusatzbegutachtung. Der Arzt für Chirurgie Dr. B. und die Leitende Ärztin Dr. K. diagnostizierten beim Kläger auf orthopädischem Gebiet rezidivierende belastungsabhängige Lumbalgien bei Zustand nach Band-scheiben¬vorfall L 5/S 1 (2003) mit residualer Hyposensibilität der rechten Kleinzehe. Auf orthopädischem Fachgebiet bestehe bei dem Kläger ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten in überwiegend wechselnder Arbeitshaltung, im Sitzen und Gehen und nur zeitweise stehend, ohne Einschränkungen der Arbeitsorganisation in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich. Zu vermeiden seien häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in länger anhaltender stehender Körperhaltung. Die letzte Tätigkeit als Postzusteller könne lediglich noch unter drei Stunden ausgeübt werden. Dr. S. diagnostizierte beim Kläger neben dem Bronchialadenokarzinom eine mittelgradige restriktive und obstruktive Lungenventilationsstörung bei Zustand nach Pneumonektomie links und Zustand nach langjährigem Nikotin¬abusus, aktuell ohne respiratorische Partialinsuffizienz sowie Rekurrenzparese links. Unter Berücksichtigung der fahrradergometrisch erreichten Wattzahl von 100 Watt bis zu einer Minute könne dem Kläger leichte körperliche Arbeit zugemutet werden. Zusammenfassend könne der Kläger unter Würdigung der vorliegenden Befunde und Diagnosen auf internistischem, allgemeinmedizinischem und chirurgischem Fachgebiet leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung zeitweise stehend oder gehend und überwiegend sitzend, in der Tagesschicht, ohne häufig wechselnde Arbeitszeiten, ohne Tätigkeiten in Zwangshaltungen, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten größer als 5 kg bis 10 kg ohne entsprechende Hilfsmittel, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, ohne Witterungseinflüsse wie Kälte, Nässe, Hitze und extrem schwankenden Temperaturen, ohne inhalative Belastungen wie Gase, Dämpfe oder andere Reizstoffe und ohne Zeitdruck in einem zeitlichen Rahmen von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Postzustellers entspreche nicht mehr dem Leistungsvermögen des Klägers. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es verbleibe bei der bisherigen Einstufung des Leistungsvermögens; der Kläger besitze ein noch mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Hiergegen hat der Kläger am 04.06.2010 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Chefarzt der Klinik L. , Dr. F. , hat mitgeteilt, im Rahmen der seit 2005 erfolgten regelmäßigen ambulanten Nachsorgeuntersuchungen habe ein Tumorrezidiv beim Kläger bislang ausgeschlossen werden können. Bezüglich der Einzelheiten seiner Stellungnahme sowie derjenigen der Hausärztin Dr. K.-W. wird auf die Sozialgerichtsakte verwiesen (Bl. 21/37 bzw. 39/40 SG-Akte). Das Sozialgericht hat weiterhin eine Begutachtung auf lungenfachärztlichem Gebiet veranlasst. Der Chefarzt des C.-Krankenhauses Bad M. , Dr. B. , hat beim Kläger in seinem Gutachten vom Juli 2011, beruhend auf ambulanter Untersuchung, die Diagnosen eines Zustandes nach kompletter Entfernung der linken Lunge im Februar 2004 wegen Lungenkarzinom mit lokaler Strahlungstherapie im Anschluss an die operative Therapie ohne Anhalt für neuerliches Rezidiv, einer Lähmung des linken Stimmbandnerves sowie einer Neigung zu Herzrhythmusstörungen diagnostiziert. Hinweise auf eine Obstruktion hat der Sachverständige nicht finden können. Als funktionelle Folge resultiere aus der Entfernung des linken Lungenflügels eine Einschränkung der Lungenfunktion. Anhand der erhobenen Befunde könne eine Gefährdung der Gesundheit des Klägers durch eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit sechs Stunden und mehr nicht abgeleitet werden. Vermieden werden sollten kurzfristige Belastungsspitzen wie z.B. das Heben von schweren Lasten; gelegentliches Heben von Lasten bis 20 kg sei zumutbar. Die Wegefähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.01.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf das Gutachten von Dr. S. mit orthopädischer Zusatzbegutachtung durch Dr. B. und Dr. K. sowie auf das Gutachten von Dr. B. gestützt. Mit dem von den Gutachtern erhobenem Leistungsvermögen sei der Kläger noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung der von Dr. S. aufgelisteten qualitativen Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat das Sozialgericht gleichfalls verneint. Der Kläger sei unter Berücksichtigung der Angaben seines Arbeitgebers, der D. P. AG, allenfalls der Gruppe der unteren angelernten Arbeiter zuzuordnen und könne daher auf sämtliche ungelernten und angelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe.
Gegen den ihm am 25.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, dem 27.02.2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, die Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit durch Dr. B. entspreche nicht dem Tatsächlichen. Dies ergebe sich aus dem in einem Schwerbehindertenverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn eingeholten Gutachten des Dr. B ... Danach sei er nur bis zu 80 Watt körperlich belastbar. Auch habe Dr. B. eine kardiovaskuläre Komponente beim Kläger gesehen sowie eine chronische Bronchitis mit einer intermittierenden Hustensymptomatik festgestellt. Angesichts der im Gutachten von Dr. B. festgestellten geringen Leistungsfähigkeit des Klägers sei auch die Wegefähigkeit zumindest zweifelhaft.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.01.2012 und den Bescheid vom 24.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung über den 31.12.2009 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat u.a. das Gutachten des Dr. B. im Verfahren S 6 SB 3595/10 vor dem Sozialgericht Heilbronn beigezogen und ihn ergänzend um Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage zur Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers gebeten. Hierzu hat sich Dr. B. nicht in der Lage gesehen, da ergänzende Befunderhebungen erforderlich seien. In seinem Gutachten für das Sozialgericht vom Juli 2012 hat er beim Kläger u.a. einen Zustand nach Pneumonektomie links 2004 und Nachbestrahlung 2005 bei Adenokarzinom, bislang rezidivfrei, eine Rekurrenzparese links mit diskreter Heiserkeit, eine chronische Bronchitis mit bronchitischer Symptomatik und mit leichtgradiger peripher¬bronchialer Obstruktion, leichtgradiger relativer Lungenblähung nach Nikotinkonsum, eine obstruktive Komponente medikamentös partiell reversibel sowie eine aktenmäßig intermittierende Tachyarrhythmie diagnostiziert.
Deshalb hat der Senat eine fachinternistisch-pneumologische Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. K. ; Klinik S. , veranlasst. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom Oktober 2013 beim Kläger unter anderem folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach Pneumonektomie links mit postoperativer Rekurrensparase links und regelmäßiger Tumornachsorge ohne Hinweis auf Tumorrezidiv, Aortenklappeninsuffizienz Grad II mit guter linksventrikulärer Pumpfunktion sowie geringgradiges zentroazinäres Lungenemphysem rechts apikal. Auf dem Boden der durchgeführten ergospirometrischen Belastungsuntersuchung mit einer Belastbarkeit bis 92 Watt bestehe ein Leistungsvermögen, welches auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich mit leichter Arbeit ermögliche. Langandauerndes Stehen und ständiges Umhergehen seien nicht zumutbar. Vermieden werden sollten Expositionen gegenüber Zigarettenrauch, Kälte sowie andere inhalative Schadstoffe sowie Wirbelsäulenzwangshaltungen. Die bislang ausgeübte Tätigkeit könne der Kläger nicht mehr ausüben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI bzw. § 240 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit den von Dr. S. aufgelisteten qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die im Verlaufe des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Vielmehr ist durch das vom Senat in Auftrag gegebene fachinternistisch-pneumologische Gutachten von Prof. Dr. K. die Richtigkeit der vom Sozialgericht vorgenommenen Beweiswürdigung nachdrücklich bestätigt worden. Danach resultieren die Einschränkungen des Klägers in seinem Leistungsvermögen auch weiterhin ganz maßgeblich aus dem Zustand nach Pneumonektomie links mit postoperativer Rekurrensparese links und anschließender Strahlentherapie. Anhalte für ein Tumorrezidiv haben sich bis zum heutigen Tage nicht ergeben. Weiterhin findet sich beim Kläger ein asymptomatisches Gallensteinleiden, eine Fettleber, eine Aortenklappeninsuffizienz Grad II bei guter linksventrikulärer Pumpfunktion, ein Zustand nach Basaliom-OP der Wange links 2006, ein geringgradiges zentroazinäres Lungenemphysem rechts und auf orthopädischem Gebiet rezidivierende belastungsabhängige Lumbalgien bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L 5/S 1 (2003). Auch Prof. Dr. K. ist dabei, wie bereits die Gutachter im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren, zu einem Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von wenigstens sechs Stunden täglich gelangt. Diese Leistungseinschätzung des Sachverständigen ist anhand der von ihm erhobenen Befunde für den Senat auch schlüssig und nachvollziehbar. Im Rahmen der klinischen und apparativen Untersuchungen hat sich eine lediglich leicht eingeschränkte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit ohne Anhalt für eine Koronarinsuffizienz gezeigt. Die von Dr. B. in seinem Gutachten für das Sozialgericht Heilbronn im Verfahren auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) diagnostizierte, ohnehin nur leichtgradige obstruktive Ventilationsstörung hat Prof. Dr. K. im Rahmen seiner gutachterlichen Untersuchung, ebenso wenig wie zuvor bereits der Sachverständige Dr. B. , feststellen können. Bei der ergospirometrischen Belastungsuntersuchung hat der Kläger eine Belastungsstufe bis 92 Watt erreichen können; bei Dr. B. hat der Kläger mit 104 Watt ein ähnlich gutes Ergebnis erzielt, ohne dass aus diesem geringfügig höheren Wert ein Hinweis auf eine richtungsweisende Befundverschlechterung gefolgert werden kann. Ebenso wie zuvor bereits im Rahmen der Begutachtung durch Dr. B. ist der Abbruch wegen subjektiver Erschöpfung und Dyspnoe erfolgt. Auf dem Boden der durchgeführten ergospirometrischen Belastungsuntersuchungen mit einer Belastbarkeit bis 92 Watt besteht damit ein Leistungsvermögen, das auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich ermöglicht. Soweit der Kläger unter Berufung auf das Ergebnis des Belastungs-EKG bei Dr. B. mit einer Belastungsgrenze von 80 Watt und Belastungsabbruch bei aufkommender Dyspnoe und Tachypnoe von einem deutlich geringeren Leistungsvermögen ausgeht, ist zu beachten, dass die ergospirometrische Belastungsuntersuchung eine zuverlässige Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit bietet. Während Dr. B. die Frage von weiteren Ursachen auf kardiologischem Gebiet für eine Leistungsbeschränkung offen gelassen hat, hat Prof. Dr. K. im Rahmen seiner umfangreichen internistischen Untersuchung keinen Nachweis einer kardialen Limitierung gefunden. Im Übrigen entspricht eine fahrradergometrische Belastung mit 80 Watt zumindest einer leichten körperlichen Belastbarkeit.
Das von Prof. Dr. K. diagnostizierte Gallensteinleiden sowie die Fettleber gehen nicht mit Funktionsbeeinträchtigungen einher und sind daher für das Leistungsvermögen ohne Relevanz; gleiches gilt für den Zustand nach Basaliom-OP der linken Wange im Jahr 2006. Als Folge der Stimmbandparese links hat Dr. B. von einer etwas belegten Stimme berichtet. Weder im Zuge der Begutachtung durch Dr. B. noch derjenigen durch Prof. Dr. K. hat der Kläger überhaupt von diesbezüglichen Beschwerden berichtet; die Sachverständigen haben insoweit auch keine Beeinträchtigungen beim Kläger beschrieben, was jeweils Rückschlüsse auf das geringe Ausmaß der hierdurch verursachten Beeinträchtigung gestattet. Des Weiteren liegt beim Kläger ausweislich der beigezogenen Arztberichte über die regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen der Klinik L. ein gelegentlicher Husten mit weißlichem Auswurf vor (Bericht vom 20.04.2011, Bl. 22 Berufungsakte; Bericht vom 19.04.2010 Bl. 24 Berufungsakte). Hieraus resultieren keine qualitativen Einschränkungen, die über die vom Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid festgestellten Einschränkungen hinausgehen würden.
Die orthopädischen Beeinträchtigungen des Klägers bedingen gleichfalls keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens. Im Rahmen der Begutachtung auf orthopädischem Gebiet durch die Dres. Birkenmaier und K. beschrieb der Kläger gelegentlich auftretende belastungsabhängige lumbale Beschwerden, insbesondere nach längerem Stehen. Der Kläger nahm diesbezüglich bislang weder fachorthopädische noch physiotherapeutische Behandlung in Anspruch, noch erfolgte die Einnahme von Analgetika. Bei der Begutachtung zeigte sich eine leichtgradige eingeschränkte Seitneigung der Lendenwirbelsäule nach rechts und links bei guter, uneingeschränkter Wirbelkörpersegmententfaltung und einem Finger-Boden-Abstand von 0 cm. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Gutachter nachvollziehbar, dass den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet mit qualitativen Einschränkungen (Vermeidung häufiger Wirbelsäulenzwangshaltungen, kein häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, kein häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, sowie keine Arbeiten in länger anhaltender stehender Körperhaltung) ausreichend Rechnung getragen wird.
Einschränkungen des klägerischen Leistungsvermögens ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die so genannte Wegefähigkeit. Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos; das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die eine solcher Art definierte Wegefähigkeit beim Kläger in Zweifel ziehen könnten. Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet mit Einfluss auf die Wegefähigkeit liegen weder nach klägerischem Vortrag noch nach dem Gutachten der Dres. Birkenmaier und K. vor. Aber auch die Gesundheitsstörungen auf kardiopulmonalen Gebiet stehen angesichts des ergospirometrischen Leistungsprofils des Klägers der Bewältigung von viermal täglich einer Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten sowie der Teilnahme am öffentlichen Verkehr nicht entgegen (Prof. Dr. K. ). Im übrigen hat der Kläger im Rahmen der Anamneseerhebung dem Sachverständigen Prof. Dr. K. berichtet, er unternehme vormittags Spaziergänge in die Stadt von bis zu eineinhalb Stunden und ihm sei Treppensteigen bis zu drei Stockwerke ohne Pause möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Der am 1959 geborene Kläger durchlief nach dem Hauptschulabschluss eine dreijährige Berufsausbildung bei der damaligen D. B. als Jungwerker ohne Abschluss und war in der Zeit von 1975 bis 1989 als Arbeiter bei der D. B. beschäftigt. Ab 1990 arbeitete er bei der D. B. (später Deutsche P. AG), zunächst im Innendienst, später dann als Kraftfahrer und ab 2003 als Briefzusteller. Nach Auskunft der D. P. AG gegenüber der Beklagten vom August 2005 (Bl. 1 im medizinischen Teil der Verwaltungsakte der Beklagten) handelte es sich dabei um eine Tätigkeit, für die keine Ausbildung bzw. Vorbildung erforderlich ist und die eine Einarbeitungszeit von zwei Wochen erforderte. Der Kläger arbeitete letztmalig Anfang August 2005. In der Folgezeit schlossen sich Arbeitsunfähigkeitszeiten bzw. Rentenbezugszeiten an.
Infolge eines Bronchialadenokarzinoms des linken Lungenflügels mit anschließender Entfernung des Lungenflügels und Strahlentherapie gewährte die Beklagte dem Kläger zunächst von Juni 2005 bis einschließlich Dezember 2006 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Einen Verlängerungsantrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 26.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.04.2007). Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn (Az.: S 4 R 2071/07) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, in dessen Ausführung die Beklagte dem Kläger über den Dezember 2006 hinaus für die Dauer von drei Jahren bis einschließlich Dezember 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährte.
Am 12.08.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein und veranlasste eine Begutachtung nach Aktenlage. Die Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. S. diagnostizierte beim Kläger ein Bronchialadenokarzinom der linken Lunge T 2, N 1, Mx, Stadium II b (ED 02/2004), eine Pneumonektomie links mit systematischer Lymphknotendissektion 12/2004, und adjuvanter Strahlentherapie, eine leichte respiratorische Partialinsuffizienz sowie eine Rekurrenzparase links. Bis zum heutigen Zeitpunkt bestehe kein Anhalt für ein Tumorrezidiv. Das Leistungsvermögen des Klägers für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit liege unter drei Stunden; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen des Bewegungs- und Haltungsapparates sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben.
Mit Bescheid vom 24.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Im anschließenden Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte eine Begutachtung mit ambulanter Untersuchung durch Dr. S. mit chirurgisch-orthopädischer Zusatzbegutachtung. Der Arzt für Chirurgie Dr. B. und die Leitende Ärztin Dr. K. diagnostizierten beim Kläger auf orthopädischem Gebiet rezidivierende belastungsabhängige Lumbalgien bei Zustand nach Band-scheiben¬vorfall L 5/S 1 (2003) mit residualer Hyposensibilität der rechten Kleinzehe. Auf orthopädischem Fachgebiet bestehe bei dem Kläger ein Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten in überwiegend wechselnder Arbeitshaltung, im Sitzen und Gehen und nur zeitweise stehend, ohne Einschränkungen der Arbeitsorganisation in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich. Zu vermeiden seien häufige Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten in länger anhaltender stehender Körperhaltung. Die letzte Tätigkeit als Postzusteller könne lediglich noch unter drei Stunden ausgeübt werden. Dr. S. diagnostizierte beim Kläger neben dem Bronchialadenokarzinom eine mittelgradige restriktive und obstruktive Lungenventilationsstörung bei Zustand nach Pneumonektomie links und Zustand nach langjährigem Nikotin¬abusus, aktuell ohne respiratorische Partialinsuffizienz sowie Rekurrenzparese links. Unter Berücksichtigung der fahrradergometrisch erreichten Wattzahl von 100 Watt bis zu einer Minute könne dem Kläger leichte körperliche Arbeit zugemutet werden. Zusammenfassend könne der Kläger unter Würdigung der vorliegenden Befunde und Diagnosen auf internistischem, allgemeinmedizinischem und chirurgischem Fachgebiet leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung zeitweise stehend oder gehend und überwiegend sitzend, in der Tagesschicht, ohne häufig wechselnde Arbeitszeiten, ohne Tätigkeiten in Zwangshaltungen, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten größer als 5 kg bis 10 kg ohne entsprechende Hilfsmittel, ohne häufiges Bücken, ohne häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, ohne Witterungseinflüsse wie Kälte, Nässe, Hitze und extrem schwankenden Temperaturen, ohne inhalative Belastungen wie Gase, Dämpfe oder andere Reizstoffe und ohne Zeitdruck in einem zeitlichen Rahmen von sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Postzustellers entspreche nicht mehr dem Leistungsvermögen des Klägers. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es verbleibe bei der bisherigen Einstufung des Leistungsvermögens; der Kläger besitze ein noch mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Hiergegen hat der Kläger am 04.06.2010 Klage beim Sozialgericht Heilbronn erhoben. Das Sozialgericht hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. Der Chefarzt der Klinik L. , Dr. F. , hat mitgeteilt, im Rahmen der seit 2005 erfolgten regelmäßigen ambulanten Nachsorgeuntersuchungen habe ein Tumorrezidiv beim Kläger bislang ausgeschlossen werden können. Bezüglich der Einzelheiten seiner Stellungnahme sowie derjenigen der Hausärztin Dr. K.-W. wird auf die Sozialgerichtsakte verwiesen (Bl. 21/37 bzw. 39/40 SG-Akte). Das Sozialgericht hat weiterhin eine Begutachtung auf lungenfachärztlichem Gebiet veranlasst. Der Chefarzt des C.-Krankenhauses Bad M. , Dr. B. , hat beim Kläger in seinem Gutachten vom Juli 2011, beruhend auf ambulanter Untersuchung, die Diagnosen eines Zustandes nach kompletter Entfernung der linken Lunge im Februar 2004 wegen Lungenkarzinom mit lokaler Strahlungstherapie im Anschluss an die operative Therapie ohne Anhalt für neuerliches Rezidiv, einer Lähmung des linken Stimmbandnerves sowie einer Neigung zu Herzrhythmusstörungen diagnostiziert. Hinweise auf eine Obstruktion hat der Sachverständige nicht finden können. Als funktionelle Folge resultiere aus der Entfernung des linken Lungenflügels eine Einschränkung der Lungenfunktion. Anhand der erhobenen Befunde könne eine Gefährdung der Gesundheit des Klägers durch eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit sechs Stunden und mehr nicht abgeleitet werden. Vermieden werden sollten kurzfristige Belastungsspitzen wie z.B. das Heben von schweren Lasten; gelegentliches Heben von Lasten bis 20 kg sei zumutbar. Die Wegefähigkeit des Klägers sei nicht eingeschränkt.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.01.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat seine Entscheidung auf das Gutachten von Dr. S. mit orthopädischer Zusatzbegutachtung durch Dr. B. und Dr. K. sowie auf das Gutachten von Dr. B. gestützt. Mit dem von den Gutachtern erhobenem Leistungsvermögen sei der Kläger noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung der von Dr. S. aufgelisteten qualitativen Leistungseinschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat das Sozialgericht gleichfalls verneint. Der Kläger sei unter Berücksichtigung der Angaben seines Arbeitgebers, der D. P. AG, allenfalls der Gruppe der unteren angelernten Arbeiter zuzuordnen und könne daher auf sämtliche ungelernten und angelernten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass es der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedürfe.
Gegen den ihm am 25.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am Montag, dem 27.02.2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, die Einschätzung seiner Leistungsfähigkeit durch Dr. B. entspreche nicht dem Tatsächlichen. Dies ergebe sich aus dem in einem Schwerbehindertenverfahren vor dem Sozialgericht Heilbronn eingeholten Gutachten des Dr. B ... Danach sei er nur bis zu 80 Watt körperlich belastbar. Auch habe Dr. B. eine kardiovaskuläre Komponente beim Kläger gesehen sowie eine chronische Bronchitis mit einer intermittierenden Hustensymptomatik festgestellt. Angesichts der im Gutachten von Dr. B. festgestellten geringen Leistungsfähigkeit des Klägers sei auch die Wegefähigkeit zumindest zweifelhaft.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.01.2012 und den Bescheid vom 24.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung über den 31.12.2009 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat u.a. das Gutachten des Dr. B. im Verfahren S 6 SB 3595/10 vor dem Sozialgericht Heilbronn beigezogen und ihn ergänzend um Erstattung eines Gutachtens nach Aktenlage zur Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers gebeten. Hierzu hat sich Dr. B. nicht in der Lage gesehen, da ergänzende Befunderhebungen erforderlich seien. In seinem Gutachten für das Sozialgericht vom Juli 2012 hat er beim Kläger u.a. einen Zustand nach Pneumonektomie links 2004 und Nachbestrahlung 2005 bei Adenokarzinom, bislang rezidivfrei, eine Rekurrenzparese links mit diskreter Heiserkeit, eine chronische Bronchitis mit bronchitischer Symptomatik und mit leichtgradiger peripher¬bronchialer Obstruktion, leichtgradiger relativer Lungenblähung nach Nikotinkonsum, eine obstruktive Komponente medikamentös partiell reversibel sowie eine aktenmäßig intermittierende Tachyarrhythmie diagnostiziert.
Deshalb hat der Senat eine fachinternistisch-pneumologische Begutachtung des Klägers durch Prof. Dr. K. ; Klinik S. , veranlasst. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom Oktober 2013 beim Kläger unter anderem folgende Diagnosen gestellt: Zustand nach Pneumonektomie links mit postoperativer Rekurrensparase links und regelmäßiger Tumornachsorge ohne Hinweis auf Tumorrezidiv, Aortenklappeninsuffizienz Grad II mit guter linksventrikulärer Pumpfunktion sowie geringgradiges zentroazinäres Lungenemphysem rechts apikal. Auf dem Boden der durchgeführten ergospirometrischen Belastungsuntersuchung mit einer Belastbarkeit bis 92 Watt bestehe ein Leistungsvermögen, welches auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich mit leichter Arbeit ermögliche. Langandauerndes Stehen und ständiges Umhergehen seien nicht zumutbar. Vermieden werden sollten Expositionen gegenüber Zigarettenrauch, Kälte sowie andere inhalative Schadstoffe sowie Wirbelsäulenzwangshaltungen. Die bislang ausgeübte Tätigkeit könne der Kläger nicht mehr ausüben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger beanspruchte Rente (§ 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI bzw. § 240 SGB VI) dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine solche Rente nicht erfüllt, weil er zumindest leichte Tätigkeiten mit den von Dr. S. aufgelisteten qualitativen Einschränkungen noch vollschichtig ausüben kann und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Die im Verlaufe des Berufungsverfahrens durchgeführte Beweisaufnahme rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Vielmehr ist durch das vom Senat in Auftrag gegebene fachinternistisch-pneumologische Gutachten von Prof. Dr. K. die Richtigkeit der vom Sozialgericht vorgenommenen Beweiswürdigung nachdrücklich bestätigt worden. Danach resultieren die Einschränkungen des Klägers in seinem Leistungsvermögen auch weiterhin ganz maßgeblich aus dem Zustand nach Pneumonektomie links mit postoperativer Rekurrensparese links und anschließender Strahlentherapie. Anhalte für ein Tumorrezidiv haben sich bis zum heutigen Tage nicht ergeben. Weiterhin findet sich beim Kläger ein asymptomatisches Gallensteinleiden, eine Fettleber, eine Aortenklappeninsuffizienz Grad II bei guter linksventrikulärer Pumpfunktion, ein Zustand nach Basaliom-OP der Wange links 2006, ein geringgradiges zentroazinäres Lungenemphysem rechts und auf orthopädischem Gebiet rezidivierende belastungsabhängige Lumbalgien bei Zustand nach Bandscheibenvorfall L 5/S 1 (2003). Auch Prof. Dr. K. ist dabei, wie bereits die Gutachter im Verwaltungsverfahren und im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren, zu einem Leistungsvermögen des Klägers für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von wenigstens sechs Stunden täglich gelangt. Diese Leistungseinschätzung des Sachverständigen ist anhand der von ihm erhobenen Befunde für den Senat auch schlüssig und nachvollziehbar. Im Rahmen der klinischen und apparativen Untersuchungen hat sich eine lediglich leicht eingeschränkte kardiopulmonale Leistungsfähigkeit ohne Anhalt für eine Koronarinsuffizienz gezeigt. Die von Dr. B. in seinem Gutachten für das Sozialgericht Heilbronn im Verfahren auf Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) diagnostizierte, ohnehin nur leichtgradige obstruktive Ventilationsstörung hat Prof. Dr. K. im Rahmen seiner gutachterlichen Untersuchung, ebenso wenig wie zuvor bereits der Sachverständige Dr. B. , feststellen können. Bei der ergospirometrischen Belastungsuntersuchung hat der Kläger eine Belastungsstufe bis 92 Watt erreichen können; bei Dr. B. hat der Kläger mit 104 Watt ein ähnlich gutes Ergebnis erzielt, ohne dass aus diesem geringfügig höheren Wert ein Hinweis auf eine richtungsweisende Befundverschlechterung gefolgert werden kann. Ebenso wie zuvor bereits im Rahmen der Begutachtung durch Dr. B. ist der Abbruch wegen subjektiver Erschöpfung und Dyspnoe erfolgt. Auf dem Boden der durchgeführten ergospirometrischen Belastungsuntersuchungen mit einer Belastbarkeit bis 92 Watt besteht damit ein Leistungsvermögen, das auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden täglich ermöglicht. Soweit der Kläger unter Berufung auf das Ergebnis des Belastungs-EKG bei Dr. B. mit einer Belastungsgrenze von 80 Watt und Belastungsabbruch bei aufkommender Dyspnoe und Tachypnoe von einem deutlich geringeren Leistungsvermögen ausgeht, ist zu beachten, dass die ergospirometrische Belastungsuntersuchung eine zuverlässige Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit bietet. Während Dr. B. die Frage von weiteren Ursachen auf kardiologischem Gebiet für eine Leistungsbeschränkung offen gelassen hat, hat Prof. Dr. K. im Rahmen seiner umfangreichen internistischen Untersuchung keinen Nachweis einer kardialen Limitierung gefunden. Im Übrigen entspricht eine fahrradergometrische Belastung mit 80 Watt zumindest einer leichten körperlichen Belastbarkeit.
Das von Prof. Dr. K. diagnostizierte Gallensteinleiden sowie die Fettleber gehen nicht mit Funktionsbeeinträchtigungen einher und sind daher für das Leistungsvermögen ohne Relevanz; gleiches gilt für den Zustand nach Basaliom-OP der linken Wange im Jahr 2006. Als Folge der Stimmbandparese links hat Dr. B. von einer etwas belegten Stimme berichtet. Weder im Zuge der Begutachtung durch Dr. B. noch derjenigen durch Prof. Dr. K. hat der Kläger überhaupt von diesbezüglichen Beschwerden berichtet; die Sachverständigen haben insoweit auch keine Beeinträchtigungen beim Kläger beschrieben, was jeweils Rückschlüsse auf das geringe Ausmaß der hierdurch verursachten Beeinträchtigung gestattet. Des Weiteren liegt beim Kläger ausweislich der beigezogenen Arztberichte über die regelmäßigen Nachsorgeuntersuchungen der Klinik L. ein gelegentlicher Husten mit weißlichem Auswurf vor (Bericht vom 20.04.2011, Bl. 22 Berufungsakte; Bericht vom 19.04.2010 Bl. 24 Berufungsakte). Hieraus resultieren keine qualitativen Einschränkungen, die über die vom Sozialgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid festgestellten Einschränkungen hinausgehen würden.
Die orthopädischen Beeinträchtigungen des Klägers bedingen gleichfalls keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens. Im Rahmen der Begutachtung auf orthopädischem Gebiet durch die Dres. Birkenmaier und K. beschrieb der Kläger gelegentlich auftretende belastungsabhängige lumbale Beschwerden, insbesondere nach längerem Stehen. Der Kläger nahm diesbezüglich bislang weder fachorthopädische noch physiotherapeutische Behandlung in Anspruch, noch erfolgte die Einnahme von Analgetika. Bei der Begutachtung zeigte sich eine leichtgradige eingeschränkte Seitneigung der Lendenwirbelsäule nach rechts und links bei guter, uneingeschränkter Wirbelkörpersegmententfaltung und einem Finger-Boden-Abstand von 0 cm. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Gutachter nachvollziehbar, dass den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet mit qualitativen Einschränkungen (Vermeidung häufiger Wirbelsäulenzwangshaltungen, kein häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 10 kg ohne technische Hilfsmittel, kein häufiges Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, sowie keine Arbeiten in länger anhaltender stehender Körperhaltung) ausreichend Rechnung getragen wird.
Einschränkungen des klägerischen Leistungsvermögens ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die so genannte Wegefähigkeit. Allerdings kann nur das Leistungspotenzial, das auf dem Arbeitsmarkt konkret einsetzbar ist, als Maßstab für die Fähigkeit eines Versicherten, Einkommen zu erzielen, herangezogen werden. Folglich gehört nach der Rechtsprechung des BSG zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N.). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Risikos; das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung.
Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach dem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, vier Mal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (weniger als 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten (insbes. die zumutbare Benutzung eines vorhandenen Kraftfahrzeugs) zu berücksichtigen.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die eine solcher Art definierte Wegefähigkeit beim Kläger in Zweifel ziehen könnten. Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet mit Einfluss auf die Wegefähigkeit liegen weder nach klägerischem Vortrag noch nach dem Gutachten der Dres. Birkenmaier und K. vor. Aber auch die Gesundheitsstörungen auf kardiopulmonalen Gebiet stehen angesichts des ergospirometrischen Leistungsprofils des Klägers der Bewältigung von viermal täglich einer Wegstrecke von mehr als 500 m innerhalb von jeweils 20 Minuten sowie der Teilnahme am öffentlichen Verkehr nicht entgegen (Prof. Dr. K. ). Im übrigen hat der Kläger im Rahmen der Anamneseerhebung dem Sachverständigen Prof. Dr. K. berichtet, er unternehme vormittags Spaziergänge in die Stadt von bis zu eineinhalb Stunden und ihm sei Treppensteigen bis zu drei Stockwerke ohne Pause möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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