L 11 EG 3536/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 EG 623/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 3536/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Sonderzahlung von 200% eines Monatsgehalts, die für die Arbeitsleistung eines ganzen Jahres erbracht wird, ist auch dann
ein sonstiger Bezug im Sinne des § 38a Abs 1 Satz 3 EStG,
wenn die Zahlung auf zwei Fälligkeitstermine aufgeteilt wird.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12.07.2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes.

Der 1976 geborene, verheiratete Kläger ist Vater des am 19.11.2010 geborenen P. L. (im Folgenden: P). Er war bis 28.02.2009 als Rechtsanwalt selbstständig tätig und ist seit 01.03.2009 als juristischer Referent im Bereich Recht bei der M. Finanzdienstleistungen AG angestellt. Er ist Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte. Der Kläger erzielte Einkommen wie folgt:

Monat Gehaltsbestandteile (brutto) Steuer-Brutto Netto November 2009 Gehalt: 3.542,00 EUR Weihnachtsgeld: 2.952,00 EUR 6.428,00 EUR 4.272,17 EUR Dezember 2009 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.496,90 EUR Januar 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR Februar 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR März 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR April 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR Mai 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR Juni 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR Urlaubsgeld: 3.542,00 EUR 7.018,00 EUR 4.760,73 EUR Juli 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR August 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR September 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR Oktober 2010 Gehalt: 3.542,00 EUR 3.476,00 EUR 2.575,67 EUR

Im Arbeitsvertrag des Klägers mit der M. befand sich unter § 3 (Vergütung) neben der Regelung von Basisbezügen iHv 3.500 EUR brutto als monatliche Vergütung folgende Regelung: "Der Arbeitnehmer erhält außerdem eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 200% eines Monatsbezugs. Unter Monatsbezug sind die Basisbezüge ausschließlich anderer Gehaltszulagen zu verstehen. Die jährliche Sonderzahlung wird im 2. Quartal in Höhe von 100% als Urlaubsgeld und im letzten Quartal des Kalenderjahres in Höhe von 100% als Weihnachtsgeld ausgezahlt (zZt Juni bzw November) ... Mitarbeiter, die im laufenden Kalenderjahr in den Betrieb einsteigen oder ausscheiden, erhalten für jeden Monat, den sie im Verlauf des Kalenderjahres dem Betrieb angehören, 1/12 der Sonderzahlung. "

Der Kläger beantragte am 16.12.2011 Elterngeld für den 11. und 14. Lebensmonat von P. Er gab an, in dieser Zeit kein Einkommen zu erzielen.

Mit Bescheid vom 23.12.2011 bewilligte die Beklagte Elterngeld für den Zeitraum 19.09.2011 bis 18.10.2011 und 19.12.2011 bis 18.01.2012 iHv monatlich 1.315,61 EUR. Hierbei ging sie von einem maßgeblichen vorgeburtlichen durchschnittlichen Einkommen von 2.024,01 EUR aus, welches sie ohne Berücksichtigung von Weihnachts- und Urlaubsgeld und unter Abzug der vom Kläger geleisteten Beiträge zur berufsständischen Versorgung ermittelt hatte.

Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass das 13. und 14. Monatsgehalt ohne gesetzliche Grundlage heraus gerechnet worden sei. Es handele sich ausweislich des Arbeitsvertrags nicht um eine Einmalzahlung, sondern um regelmäßiges Einkommen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Bemessungszeitraum für die Ermittlung des vor der Geburt des Kindes erzielten Einkommens sei vorliegend der Zeitraum vom 01.11.2009 bis 31.10.2010. Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen seien bei der Einkommensermittlung nicht zu berücksichtigen. Grundlage der Einkommensermittlung seien die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Zu den sonstigen Bezügen gehörten insbesondere einmalige Arbeitslohnzahlungen, die neben dem laufenden Arbeitslohn gezahlt würden wie 13. und 14. Monatsgehälter, Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld. Bei den im November 2009 und Juni 2010 erhaltenen Zahlungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld handele es sich um sonstige Bezüge.

Hiergegen richtet sich die am 23.02.2012 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Bei der jährlichen Sonderzahlung von 200% eines Monatsgehalts handele es sich um fortlaufende Bezüge, es sei eine reine Zahlungsmodalität vereinbart worden. Im Rahmen der Anstellung sei die Höhe des Gehalts anhand eines Gesamtbetrags verhandelt worden.

Das SG hat mit Urteil vom 12.07.2012 die Klage abgewiesen. Nach § 2 Abs 7 Satz 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sowohl in der bis 31.12.2010 als auch in der ab 01.11.2011 geltenden Fassung seien 13. und 14. Monatsgehälter bzw Urlaubs- und Weihnachtsgeld als sonstige Bezüge nicht als Einnahmen zu berücksichtigen. Maßgebend sei eine Auslegung nach dem objektiven Steuerrecht, dh es sei zu prüfen, ob sonstige Bezüge iSd Einkommenssteuergesetzes (EStG) vorliegen. Was unter laufendem Arbeitslohn zu verstehen sei, sei zwar im EStG nicht ausdrücklich geregelt, es bestehe aber Einigkeit, dass Bezüge, die nur einmal im Kalenderjahr geleistet werden, als sonstige Bezüge angesehen werden. Nach dem Arbeitsvertag sei einmal jährlich Urlaubsgeld und einmal jährlich Weihnachtsgeld zu gewähren. Daraus ergebe sich, dass kein Bezug zum laufenden Monatsgehalt vorliege. Denn diese zusätzlichen Monatsgehälter würden - die Lohnabrechnungszeiträume eines Jahres übergreifend - für die Arbeit des Jahres geleistet. Eben dies sei der Grund dafür, dass derartige zusätzliche Zuwendungen in den Lohnsteuerrichtlinien zu den sonstigen Bezügen gezählt würden. Diese Auslegung widerspreche auch nicht Sinn und Zweck des Elterngelds als teilweisem Einkommensersatz. Einen vollständigen Ausgleich der Einkommenseinbuße habe, wie auch die Begrenzung auf 1.800,00 EUR monatlich zeige, der Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Zudem prägten 13. und 14. Monatsgehälter die für das Elterngeld maßgeblichen Verhältnisse nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie das laufende Monatsgehalt. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu den Elterngeldberechtigten, bei denen das 13. oder 14. Monatsgehalt monatlich umgelegt werde, sehe das SG nicht. Eine willkürliche Handlung des Gesetzgebers sei angesichts des weiten Gestaltungsbereichs im Bereich der Subventionen nicht zu erkennen, zumal es jedem Arbeitnehmer obliege, seine Arbeitsverträge auszuhandeln.

Gegen das ihm am 30.07.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.08.2012 eingelegte Berufung des Klägers. Maßgeblich sei nach § 2 Abs 1 BEEG der Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes. Es seien die Einkünfte zugrunde zu legen, die während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands den Lebensstandard der Eltern geprägt hätten. Dies sei das Gehalt, welches arbeitsvertraglich fest vereinbart sei und womit entsprechend kalkuliert werden könne. Nach dem Wortlaut des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG würden im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen nicht berücksichtigt. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.08.2012 (B 10 EG 20/11 R), welches auch auf § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG in der ab 01.01.2011 geltenden Fassung Anwendung finde, müsse bei mehrmals im Jahr erfolgten Zahlungen genau geprüft werden, ob es sich um sonstige Bezüge handele. Um sie als laufenden Arbeitslohn einzuordnen, müssten den Zahlungen jeweils unterjährige Arbeitszeiträume entsprechen, wovon im Regelfall ausgegangen werden könne, wenn diese zusätzlich zum Monatsentgelt geleisteten Zahlungen Teil des Jahresgesamtlohnanspruchs seien und ihre mindestens zwei Fälligkeitszeitpunkte arbeitsvertraglich einem unterjährigen Intervall zugeordnet werden könnten. Ferner müssten Vereinbarungen vorliegen, die einen der erbrachten Arbeitsleistung entsprechenden anteiligen Auszahlungsanspruch begründen. Diese vom BSG aufgestellten Kriterien seien hier erfüllt. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass sich dieses Ergebnis auch aus einer verfassungskonformen Auslegung von § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG ergebe, denn ansonsten läge eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber Personen vor, deren Arbeitseinkommen in gleicher Höhe in zwölf Monatsraten ausgezahlt würde. Maßgeblich sei das arbeitsvertraglich vereinbarte Jahresgehalt. Darüber hinaus habe die Beklagte, soweit ersichtlich, die Pflichtbeiträge des Klägers als angestellter Rechtsanwalt zur berufsständischen Versorgung von den Bruttoeinkünften abgesetzt. Dies sei nicht zulässig (unter Hinweis auf BSG 29.08.2012, B 10 EG 15/11 R).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 12.07.2012 aufzuheben, den Bescheid vom 23.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.01.2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger höheres Elterngeld für den 11. und 14. Lebensmonat des am 19.11.2010 geborenen P. auf der Grundlage des gesamten Jahreseinkommens einschließlich der Sonderzahlung von 200% eines Monatsgehalts zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Kläger beziehe sich vor allem auf Urteile des BSG betreffend die vor dem 01.01.2011 geltende Rechtslage. Nach der ab 01.01.2011 geltenden Fassung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG gelte, dass vom Arbeitgeber als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen, wie vorliegend das Urlaubs- und Weihnachtsgeld, bei der Bemessung des Einkommens nicht berücksichtigt werden dürften. Es komme auf die Behandlung der Gehaltsbestandteile durch den Arbeitgeber an. Auch im Rahmen der Entscheidung des BSG vom 29.08.2012 (B 10 EG 20/11 R) sei ausdrücklich klargestellt worden, dass sonstige Bezüge iSd § 38a Abs 1 Satz 3 und § 39b EStG unberücksichtigt blieben, um eine verwaltungspraktikable Feststellbarkeit der maßgeblichen Bezüge sicherzustellen. Außerdem habe es sich vorliegend um eine jährliche Sonderzahlung iHv 200% gehandelt und damit nicht um Zahlungen, die mindestens zweimal im Bemessungszeitraum erfolgt seien. Die Auszahlung sei als Urlaubs- und Weihnachtsgeld erfolgt, die in den Lohnsteuerrichtlinien zu § 39b EStG ausdrücklich als sonstige Bezüge bezeichnet würden.

Mit Teilanerkenntnis vom 16.01.2014 hat sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger für die Bezugsmonate Elterngeld iHv 1.540,42 EUR zu gewähren. Der höhere Leistungsanspruch beruht darauf, dass nunmehr keine Rentenversicherungsbeiträge mehr vom Bruttoeinkommen abgesetzt und die vom Kläger an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte geleisteten Beiträge außer Betracht gelassen werden. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Soweit die Beklagte ursprünglich bei der Berechnung des im Bemessungszeitraum erzielten Einkommens die Beiträge des Klägers zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte abgesetzt hat, hat sie mit ihrem Teilanerkenntnis vom 16.01.2014 einen höheren Anspruch auf Elterngeld ohne Absetzung der Beiträge zum Versorgungswerk anerkannt. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis zur (teilweisen) Erledigung des Rechtsstreit angenommen (§ 101 Abs 2 SGG). Streitig ist daher nur noch, ob der Kläger höheres Elterngeld als 1.540,42 EUR monatlich unter Berücksichtigung der Sonderzahlung von 200% eines Monatsgehalts bei der Ermittlung des Bemessungseinkommens verlangen kann. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG (Gesetz vom 05.12.2006, BGBl I 2748). Nach § 1 Abs 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Der Kläger hatte auch im hier streitigen Bezugszeitraum zwischen September 2011 und Januar 2012 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit dem am 19.11.2010 geborenen P in einem Haushalt, betreute und erzog ihn; er übte während des Bezugszeitraums keine Erwerbstätigkeit aus.

Die Höhe des Elterngeldes bemisst sich nach § 2 BEEG (hier in der Fassung vom 09.12.2010, gültig ab 01.01.2011, BGBl I 1885). Die ab 01.01.2011 gültige Fassung findet auch vorliegend Anwendung, da der Kläger Ansprüche für die Zeit ab 19.09.2011 und damit nach Inkrafttreten der Regelung geltend macht, so dass es auf das Geburtsdatum des Kindes noch im Jahr 2010 nicht ankommt. Davon abgesehen erfasst die Neuregelung ab ihrem Inkrafttreten zum 01.01.2011 sogar laufende Leistungsfälle (BSG 04.09.2013, B 10 EG 11/12 R und B 10 EG 6/12 R, juris). Elterngeld wird gemäß § 2 Abs 1 Satz 1 BEEG in Höhe von 67% des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800,00 EUR monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. § 2 Abs 5 BEEG sieht ein Mindestelterngeld in Höhe von monatlich 300,00 EUR vor. Als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven im Inland zu versteuernden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 EStG nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen. In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000,00 EUR war, erhöht sich der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2,00 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.000,00 EUR unterschreitet, auf bis zu 100% (§ 2 Abs 2 Satz 1 BEEG). In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200,00 EUR war, sinkt der Prozentsatz von 67% um 0,1 Prozentpunkte für je 2 EUR, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.200 EUR überschreitet, auf bis zu 65% (§ 2 Abs 2 Satz 2 BEEG).

Der Bemessungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes (§ 2 Abs 1 Satz 1 BEEG) unterliegt den Einschränkungen des § 2 Abs 7 Sätze 5 bis 7 BEEG, die vorliegend nicht einschlägig sind. Nach § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG ist als Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit der um die auf die Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit entfallenden Steuern und die aufgrund dieser Erwerbstätigkeit geleisteten Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Höhe des gesetzlichen Anteils der beschäftigten Person einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung verminderte Überschuss der Einnahmen in Geld oder Geldeswert über die mit einem Zwölftel des Pauschbetrags nach § 9a Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchstabe a EStG anzusetzenden Werbungskosten zu berücksichtigen. Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt (§ 2 Abs 7 Satz 2 BEEG). Als auf die Einnahmen entfallende Steuern gelten die abgeführte Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil (§ 2 Abs 7 Satz 3 BEEG). Grundlage der Einkommensermittlung sind nach § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG ua die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.

Nach diesen Vorschriften hat der Kläger im maßgeblichen Bemessungszeitraum vom 01.11.2009 bis zum 31.10.2010 bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigendes Einkommen nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsaufwendungen sowie Werbungskosten iHv 28.438,46 EUR bezogen (brutto 12 x 3.476,00 EUR = 41.712,00 EUR abzüglich Steuern/Soli iHv 7.963,42 EUR, Krankenversicherungsbeiträge iHv 3.295,20 EUR, Pflegeversicherungsbeiträge iHv 510,96 EUR und Beiträge zur Arbeitsförderung iHv 583,92 EUR sowie Werbungskosten von 920,04 EUR).

Bei der Berechnung des im Bemessungszeitraum erzielten Einkommens ist - entgegen der Ansicht des Klägers - die Sonderzahlung von 200% des Monatsgehalts, die im November 2009 und Juni 2010 ausgezahlt worden ist, nicht zu berücksichtigen. Denn es handelt sich hierbei um sonstige Bezüge iSd Steuerrechts, nicht um laufendes Arbeitseinkommen. Mit der zum 01.01.2011 erfolgten Änderung des § 2 Abs 7 S 2 BEEG wurde der bis dahin geltende Verweis auf § 38a Abs 1 Satz 3 EStG durch folgenden Wortlaut ersetzt: "Im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen werden nicht berücksichtigt." Damit sollten die Auswirkungen der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 03.12.2009 (B 10 EG 3/09 R) korrigiert werden (BSG 29.08.2012, B 10 EG 20/11 R, juris). Wörtlich wird in der Gesetzesbegründung (BT-Drs 17/3030 S 48 zu Art 13 der Entwurfsfassung) ausgeführt:

"Die Neufassung des Satzes 2 dient zum einen der Sicherstellung einer verwaltungspraktikablen Feststellbarkeit von sonstigen Bezügen im Sinne des Einkommensteuergesetzes. Im Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38a Absatz 1 Satz 3 und § 39b des Einkommensteuergesetzes als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen sind bei der Elterngeldberechnung nicht zu berücksichtigen (anders zur bisherigen Rechtslage: BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009, B 10 EG 3/09 R, betreffend Voraus- und Nachzahlungen im Sinne von R § 39b.2 Absatz 2 Satz 2 Nummer 8 LStR 2008, die für Zeitabschnitte in einem anderen Veranlagungszeitraum erfolgen und deswegen als sonstige Bezüge versteuert werden).

Zum anderen werden durch die Regelung des neuen Satzes 2 pauschal besteuerte Einnahmen nicht berücksichtigt. Dies bewirkt, dass nur Einnahmen, die von der Antrag stellenden Person zu versteuern sind, bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden".

Der Wortlaut des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG (" als sonstige Bezüge behandelte Einnahmen ) macht im Zusammenhang mit der Regelung in § 2 Abs 7 Satz 4 BEEG ("Grundlage der Einkommensermittlung sind die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers.") deutlich, dass es für die Zeit ab 01.01.2011 entscheidend darauf ankommt, wie der Arbeitgeber die Bezüge steuerrechtlich "behandelt" hat. Ob die Beklagte (und im Klageverfahren das Gericht) dennoch auch weiterhin verpflichtet ist, genau zu prüfen, ob es sich bei den Zahlungen des Arbeitgebers um sonstige Bezüge oder um laufenden Arbeitslohn handelt, wurde vom Senat im Urteil vom 09.07.2013 (L 11 EG 167/13) ausdrücklich verneint (aA LSG Rheinland-Pfalz 07.03.2013, L 5 EG 6/12, juris), weil dies eine Abkehr von der vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollten und auch vorgeschriebenen verwaltungspraktikablen Feststellung wäre. Überdies hat das BSG mit Urteil vom 18.08.2011 (B 10 EG 5/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 11 = juris RdNr 32 f) entschieden, dass es sich bei der Neufassung des § 2 Abs 7 Satz 2 BEEG um eine inhaltliche Änderung des Gesetzes handelt und es nach dem neuen Wortlaut eindeutig und allein auf die lohnsteuerrechtliche Behandlung der Einnahmen ankomme. Daher ist die bisherige Rechtsprechung des BSG auf die Neufassung nicht mehr anzuwenden. Da der Arbeitgeber die als Urlaubs- und Weihnachtsgeld gezahlten Bezüge als sonstige Bezüge verbucht hat, wie sich aus den vorgelegten Probeberechnungen der Beklagten klar ergibt, ist an dieser Einordnung auch im Hinblick auf die Berechnung des Elterngeldes anzuknüpfen.

Letztlich kommt es im vorliegenden Fall hierauf jedoch nicht an, da die hier streitige Sonderzahlung von 200% des Monatslohns nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten als sonstiger Bezug einzustufen ist. Der Begriff der "sonstigen Bezüge" iSd §§ 38a Abs 1 Satz 3 und 39 EStG ist im Gesetz nicht näher definiert. Was sonstige Bezüge iSd § 38a Abs 1 Satz 3 EStG sind, ist in den vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Lohnsteuer-Richtlinien 2010 Ziffer 39b.2 (veröffentlicht bei juris) lediglich beispielhaft aufgeführt. Dort heißt es: "Ein sonstiger Bezug ist der Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird. Zu den sonstigen Bezügen gehören insbesondere einmalige Arbeitslohnzahlungen, die neben dem laufenden Arbeitslohn gezahlt werden, insbesondere: 1. dreizehnte und vierzehnte Monatsgehälter, 2. einmalige Abfindungen und Entschädigungen, 3. Gratifikationen und Tantiemen, die nicht fortlaufend gezahlt werden, 4. Jubiläumszuwendungen, 5. Urlaubsgelder, die nicht fortlaufend gezahlt werden, und Entschädigungen zur Abgeltung nicht genommenen Urlaubs, 6. Vergütungen für Erfindungen, 7. Weihnachtszuwendungen, 8. Nachzahlungen und Vorauszahlungen, wenn sich der Gesamtbetrag oder ein Teilbetrag der Nachzahlung oder Vorauszahlung auf Lohnzahlungszeiträume bezieht, die in einem anderen Jahr als dem der Zahlung enden. Nachzahlungen liegen auch vor, wenn Arbeitslohn für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Kalenderjahres später als drei Wochen nach Ablauf dieses Jahres zufließt."

Da es sich sowohl bei dem laufenden Arbeitseinkommen als auch bei den sonstigen Bezügen um Arbeitslohn handelt, ist für die Abgrenzung entscheidend, ob eine Lohnzahlung dem laufenden Arbeitslohn zuzuordnen ist oder nicht (vgl Krüger in Schmidt, EStG, 31. Auflage 2012, § 38a RdNr 2). 13. und 14. Monatsgehälter sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind ausdrücklich bei den sonstigen Bezügen genannt. Der Gesetzgeber hat derartige Zahlungen gerade nicht berücksichtigt wissen wollen (BT-Drs 16/1889 S 21). Das BSG hat gleichwohl in einem Fall der Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld gefordert, dass bei mehrmals, dh mindestens zweimal im Bemessungszeitraum erfolgten Zahlungen genau geprüft werden müsse, ob es sich um sonstige Bezüge oder laufenden Arbeitslohn handele (BSG 29.08.2012, B 10 EG 20/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 17 zur vor dem 01.01.2011 geltenden Rechtslage). Die Bezeichnung als Urlaubs- und Weihnachtsgeld könne ein Indiz für einmalige, anlassbezogene Zahlungen sein, die Zahlungen könnten aber auch unterjährigen Arbeitszeiträumen entsprechen und somit als laufender Arbeitslohn einzuordnen sein. Davon könne im Regelfall ausgegangen werden, wenn diese zusätzlich zum Monatsentgelt geleisteten Zahlungen ausdrücklich Teil des Jahresgesamtlohnanspruchs seien und ihre mindestens zwei Fälligkeitstermine arbeitsvertraglich einem unterjährigen Intervall zugeordnet werden könnten (erstes Kriterium). Ferner müssten Vereinbarungen vorliegen, die einen der erbrachten Arbeitsleistung entsprechenden anteiligen Auszahlungsanspruch begründen (zweites Kriterium; BSG aaO). Das zweite Kriterium ist hier offensichtlich erfüllt, nicht jedoch das erste Kriterium. Die Sonderzahlung von 200% eines Monatsgehalts ist zwar auf zwei Fälligkeitszeitpunkte aufgeteilt, es handelt sich jedoch um eine einmalige Sonderzahlung, die für die Arbeitsleistung des gesamten Jahres erbracht wird und gerade nicht unterjährigen Arbeitszeiträumen zugeordnet werden kann. Auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BSG ergibt sich somit keine andere Beurteilung.

Ob die vom Senat vertretene Auffassung, dass die tatsächliche Handhabung durch den Arbeitgeber maßgeblich ist, dann einzuschränken ist, wenn die vom Arbeitgeber getroffene Einstufung nach dem Steuerrecht offensichtlich unrichtig ist, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Die vorliegende Außerachtlassung der jährlichen Sonderzahlung widerspricht auch nicht dem Sinn und Zweck des BEEG. Die Bemessung des Elterngeldes soll sich an dem vorgeburtlichen Einkommen orientieren, das dem Elternteil zur Verfügung stand und die individuelle vorgeburtliche Lebenssituation geprägt hat (allg zu Sinn und Zweck des Elterngeldes vgl BSG 03.12.2009, B 10 EG 3/09 R, juris-RdNr 32f), sie soll sich an dem zuletzt tatsächlich monatlich zur Verfügung stehenden Einkommen ausrichten, um insbesondere auch Reduzierungen des Elterngeldanspruchs durch den Zufluss einmaliger Bezüge in der Zeit nach der Geburt des Kindes zu vermeiden (BT-Drs 16/2785 S 37). Der Senat teilt insoweit die Auffassung des SG, dass durch die monatlichen Gehaltszahlungen die Lebensverhältnisse des Klägers erheblich nachhaltiger geprägt werden als durch die jährliche Sonderzahlung.

Die insoweit eindeutige gesetzliche Regelung begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Soweit der Kläger eine Ungleichbehandlung mit denjenigen Elterngeldberechtigten sieht, bei denen das 13. oder 14. Monatsgehalt monatlich umgelegt wird, folgt der Senat dem nicht. Denn grundsätzlich gilt, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, Einmalzahlungen bei der Gewährung von Sozialleistungen zu berücksichtigen (vgl dazu allgemein BVerfG 26.09.2005, 1 BvR 1773/03, SozR 4-4300 § 434c Nr 6). Darüber hinaus stand denjenigen Elterngeldberechtigten, bei denen das 13. oder 14. Monatsgehalt monatlich umgelegt wurde, auch ein höheres monatliches Einkommen zur Verfügung, das die Einkommensverhältnisse im Bemessungszeitraum geprägt hat. Lediglich einmalige Einnahmen prägen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern jedoch - wie bereits dargelegt - nicht mit der gleichen Nachhaltigkeit wie die monatlichen Einnahmen. Mangels vorgegebener Referenzgröße aufgrund eines versicherungstypischen Gegenseitigkeitsverhältnisses von Beiträgen und Leistungen (vgl BVerfG 7.12.2010, 1 BvR 2628/07, juris-RdNr 36) steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bei der gesetzlichen Ausgestaltung steuerfinanzierter Sozialleistungen, die nicht auf eigenen Beiträgen des Anspruchsberechtigten beruhen, eigenständige Regelungen zu treffen und zur Verwirklichung der Gesetzesziele den als Referenzgröße maßgeblichen Begriff frei zu wählen (BSG 17.02.2011, B 10 EG 17/09 R, juris-RdNr 68 mwN, zur Verfassungsmäßigkeit des Anknüpfens an das im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt des Kindes bezogene Einkommen aus Erwerbstätigkeit). Die Unterscheidung nach der steuerlichen Behandlung lässt sich mit der angeführten Verwaltungspraktikabilität hinreichend sachlich begründen. Zudem ermöglicht die Nichtberücksichtigung solcher Zahlungen eine beschleunigte Bewilligung von Elterngeld in endgültiger Höhe.

Dagegen war die Beklagte nicht berechtigt, von dem Bemessungsentgelt insgesamt 4.150,32 EUR (monatlich 345,86 EUR) als Rentenversicherungsbeitrag abzusetzen. Die Beiträge zur berufsständischen Versorgung sind bei der Ermittlung des Bemessungseinkommens (§ 2 Abs 1 und 7 BEEG) nicht von den Bruttoeinkünften abzusetzen, denn sie werden vom Wortlaut des § 2 Abs 7 Satz 1 BEEG nicht erfasst. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG, wonach auch eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Vorschrift auf Pflichtbeiträge zur berufsständischen Versorgung ausscheidet (BSG 29.08.2012, B 10 EG 15/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr 17), hat die Beklagte mit Teilanerkenntnis vom 16.01.2014 nunmehr einen Anspruch auf Elterngeld iHv 1.540,42 EUR (ohne Abzug der Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte vom Bemessungseinkommen) anerkannt. Ein höherer Anspruch besteht nicht.

Ausgehend von einem Einkommen im Bemessungszeitraum von 28.438,46 EUR ergibt sich ein monatliches durchschnittliches Entgelt iHv 2.369,87 EUR. Bei dem hier nach § 2 Abs 2 Satz 2 BEEG anzuwendenden Prozentsatz von 65% ergibt sich ein monatlicher Anspruch iHv 1.540,42 EUR für den 11. und 14. Lebensmonat von P (19.09. bis 18.10.2011 und 19.12.2011 bis 18.01.2012).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat das Teilanerkenntnis der Beklagten berücksichtigt. Wirtschaftlich gesehen - betreffend die Höhe des Elterngeldanspruchs - hatte die Klage zur Hälfte Erfolg.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved