Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 17 AL 329/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 47/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
&8195; 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Mai 2011 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 12. März 2009 und 4. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009 sowie der Bescheide vom 30. Mai 2009, 3. Juni 2009 und 7. Juli 2009 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 2. März 2009 bis 28. Februar 2010 Arbeitslosengeld nach einem Teilzeitbemessungsentgelt unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 von rund 51,70 EUR pro Tag sowie entsprechend höhere Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung dem Grunde nach zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat der Klägerin 38 v.H. ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren zu erstatten. 3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin gewährten Arbeitslosengeldes und der Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung. Werdegang und Beschäftigungen der Klägerin Die am xxxxx 1971 geborene Klägerin durchlief nach dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife von 1990 bis 1992 eine Berufsausbildung zur Werbekauffrau, die sie mit Erfolg abschloss. Anschließend arbeitete sie von 1992 bis 2000 bei verschiedenen namhaften H. Werbeagenturen, anfänglich noch als Kontaktassistentin, später als Kontakterin. Auf die ihr erteilten Arbeitszeugnisse der Firmen B., L., B1 Werbeagentur GmbH vom 16. Dezember 1993, J. Werbeagentur GmbH vom 16. Dezember 1997 und S2 Werbeagentur GmbH & Co. KG vom 31. Mai 2000 wird Bezug genommen. Nach eigenen Angaben absolvierte sie während der Beschäftigung bei den zuletzt genannten beiden Arbeitgebern verschiedene Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen – meist im Umfang von ein bis drei Tagen – zur Kommunikation (z.B. Rhetorik, Ideenmanagement). Am 20. Mai 1996 bestand sie vor der Handelskammer H. die Ausbilder-Eignungsprüfung. In der Funktion einer Kontakterin/Kundenberaterin war sie zuletzt vor der hier streitigen Zeit vom 5. Juni 2000 bis zum 7. September 2003 beim H1-Verlag in H. beschäftigt. Ihr dort erzieltes und abgerechnetes Bruttogehalt richtete sich nach der Tarifgruppe G 7 des Gehaltstarifvertrages für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in H., S.-H. und M.-V ... Es betrug in der Zeit von September 2002 bis November 2003 insgesamt 55.921,29 EUR. Während des Mutterschutzes anlässlich der am xxxxx 2003 erfolgten Geburt ihrer Tochter N. vom 8. September bis 15. Dezember 2003, der für die Betreuung und Erziehung dieses Kindes in Anspruch genommenen Elternzeit vom 16. Dezember 2003 bis 28. September 2006 und der anschließend für die Betreuung und Erziehung ihres am xxxxx 2006 geborenen Sohnes F. genommenen weiteren Elternzeit vom 29. September 2006 bis 1. März 2009 erhielt die Klägerin kein Gehalt und nach ihren Angaben wegen des Einkommens ihres Ehemannes auch kein Erziehungsgeld. Ob und für welche Zeiten sie Mutterschaftsgeld bezog, ist nicht bekannt. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und dem H1-Verlag endete durch Aufhebungsvertrag vom 23. Oktober 2008 zum 1. März 2009 gegen Zahlung einer Abfindung. Seitdem hat sich die Klägerin ohne Erfolg um eine Teilzeitstelle als Werbekauffrau bzw. Kontakterin/Kundenberaterin bemüht. Verwaltungsverfahren
Am 8. Dezember 2008 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung zum 2. März 2009 arbeitslos, stellte sich der Arbeitsvermittlung für 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit zur Verfügung und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Diese Leistung wurde ihr mit Bescheid vom 12. März 2009, geändert durch Bescheid vom 30. Mai 2009, ab dem 2. März 2009 für 360 Tage unter Zugrundelegung eines gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) fiktiv ermittelten, wegen der Teilzeitverfügbarkeit gekürzten Arbeitsentgelts (Bemessungsentgelt) der Qualifikationsgruppe 3 von täglich 35,37 EUR und der Steuerklasse V mit dem kinderbedingt erhöhten Leistungssatz in Höhe von täglich 14,05 EUR bewilligt.
Nachdem die Klägerin nachgewiesen hatte, dass sie durch Bescheid der DAK H. vom 31. März 2009 als Bezieherin von Arbeitslosengeld für die Dauer des Leistungsbezuges von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung befreit worden war (§ 8 Abs. 1 Nr. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)), und dass bei der Deutschen Krankenversicherung AG (DKV) eine private Kranken- und Pflegepflichtversicherung (§ 23 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI)) mit Anspruch auf Leistungen bestand, die den gesetzlich vorgesehenen Leistungen gleichwertig waren, teilte die Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 4. Mai 2009 mit, dass sie für die Dauer des Leistungsbezuges Beiträge zur privaten Krankenversicherung in Höhe von monatlich 131,58 EUR und zur privaten Pflegepflichtversicherung in Höhe von monatlich 16,55 EUR übernehme. Der Berechnung dieser Beträge legte sie 80 v.H. des festgesetzten Bemessungsentgelts zugrunde.
Zur Begründung ihrer gegen den Bescheid vom 12. März 2009 und den Änderungsbescheid vom 4. Mai 2009 durch ihren Bevollmächtigten eingelegten Widersprüche trug die Klägerin vor, sie könne nicht nachvollziehen, weshalb ihrer Leistung nur ein (Vollzeit)-Bemessungsentgelt von 67,20 EUR täglich zugrunde gelegt worden sei, obwohl sie in den letzten zwölf Monaten ihres Beschäftigungsverhältnisses ausweislich ihrer Arbeitsbescheinigung 55.921,59 EUR (entsprechend ca. 155,34 EUR täglich) verdient habe. Hierfür könne in der in Anspruch genommenen Elternzeit von 2003 bis 2009 kein Grund gesehen werden, denn diese Zeit habe gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III außer Betracht zu bleiben. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Löhne und Gehälter in der Verlagsbranche in den letzten Jahren erheblich gestiegen seien. Das heutige Arbeitsentgelt der Klägerin läge deshalb deutlich höher als das in der Arbeitsbescheinigung angegebene. Entsprechend dem höheren Bemessungsentgelt müssten auch höhere Beiträge zur privaten Krankenversicherung übernommen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Da in dem hier maßgeblichen, auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen seien, müsse der Bemessung des Arbeitslosengeldes gemäß § 132 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden, das sich entsprechend der beruflichen Qualifikation der Klägerin nach der Qualifikationsgruppe 3 richte. Die Bemessung nach einem fiktiven Arbeitsentgelt habe das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (Az.: B 11a AL 23/07 R und B 11a AL 64/06 R) für rechtmäßig erklärt. Unter Berücksichtigung eines Vierhundertfünfzigstels der Bezugsgröße (West) für das Jahr 2009 von 30.240,- EUR ergebe sich im vorliegenden Fall ein tägliches Bemessungsentgelt von 67,20 EUR. Da die Klägerin nur bereit sei, 20 Stunden in der Woche zu arbeiten, vermindere sich das Bemessungsentgelt gemäß § 131 Abs. 5 SGB III auf täglich 34,46 EUR. Entsprechend den Eintragungen auf der Steuerkarte bestehe ein Leistungsanspruch mit dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von täglich 13,59 EUR. Durch einen Verarbeitungsfehler sei ihr Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 13,81 EUR täglich gewährt worden. Höheres als das gewährte Arbeitslosengeld stehe der Klägerin deshalb nicht zu.
Entsprechend ihrer Ankündigung im Nachsatz des Widerspruchsbescheides leitete die Widerspruchsstelle der Beklagten bei deren zuständiger Stelle ein Verfahren über die teilweise Rücknahme der Bewilligung ein. Mit Bescheid vom 7. Juli 2009 nahm die Beklagte die Bewilligung über Arbeitslosengeld mit Wirkung ab dem 10. Juli 2009 in Höhe von 0,22 EUR täglich zurück und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgelts von 34,46 EUR Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 13,83 EUR habe. Aufgrund eines Rechenfehlers sei ihr aber nach einem Bemessungsentgelt von 35,37 EUR eine Leistung in Höhe von 14,05 EUR bewilligt worden. Die Leistungsbewilligung werde daher mit Wirkung für die Zukunft teilweise zurückgenommen. Hierbei habe die Beklagte in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens die gegenläufigen öffentlichen und privaten Interessen abgewogen und räume dem öffentlichen Interesse Vorrang ein. Mit Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 änderte die Beklagte die bisher erteilten Bewilligungsbescheide (einschließlich eines Änderungsbescheides vom 3. Juni 2009, mit dem wegen einer Beitragssatzänderung der zu übernehmende Beitrag zur privaten Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 auf monatlich 126,48 EUR festgesetzt worden war) dementsprechend ab.
Klageverfahren erster Instanz
Die Klägerin hat am 29. Juni 2009 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und ihr Begehren auf höhere Leistungen weiter verfolgt. Sie hat unter Hinweis auf das Urteil des SG Berlin vom 29. Mai 2006 (Aktenzeichen: S 77 AL 961/06), dessen Ausführungen sie sich zu Eigen gemacht hat, ihre Auffassung bekräftigt, dass in ihrem Fall eine fiktive Bemessung nicht in Betracht komme, sondern ihrer Leistung das Entgelt aus der zuletzt beim Bauer Verlag ausgeübten Beschäftigung zugrunde zu legen sei. Nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 SGB III hätten ihre Erziehungszeiten bei der Bemessung ihrer Leistung außer Betracht zu bleiben, und der Bemessungsrahmen sei um diese Zeiten zu erweitern. Zudem spreche, wie das SG Berlin zutreffend ausgeführt habe, vieles dafür, dass die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen die Grundrechte aus Art. 6 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und gegen das in der Richtlinie 79/7/EWG enthaltene Verbot der mittelbaren Diskriminierung von Frauen verstoße, die wesentlich häufiger als Männer Erziehungszeiten in Anspruch nähmen und deshalb durch die Anwendung der §§ 130 und 132 SGB III benachteiligt seien, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt sei. Das SG Dresden und das SG Aachen hätten dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob die im Falle der Klägerin angewendeten Vorschriften (§§ 130, 132 SGB III) mit Art. 3 und Art. 6 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren seien. Hierüber habe das BVerfG noch nicht entschieden. Es werde angeregt, dass das Gericht ebenfalls nach Art. 100 GG eine Entscheidung des BVerfG herbeiführe. Soweit das BSG in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (Aktenzeichen B 11a/7a AL 64/06 R und B 11a AL 23/07 R) die fiktive Bemessung von Arbeitslosengeld bestätigt habe, hätten diesen Entscheidungen andere Sachverhalte zugrunde gelegen. Die Klägerin im Verfahren B 11a AL 23/07 R habe nämlich die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld nur mit versicherungspflichtigen Erziehungszeiten erfüllen können. Zudem habe das BSG in dem gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2006 anhängigen Revisionsverfahren noch keine Entscheidung getroffen. Für den Fall, dass dennoch eine fiktive Bemessung vorzunehmen sei, müsse das Arbeitslosengeld der Klägerin nach der Qualifikationsgruppe 1 bemessen werden. Denn die Beklagte habe ihre Vermittlungsbemühungen für die Klägerin in erster Linie auf Beschäftigungen zu erstrecken, die ihrer zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Kundenberaterin (Senior-Kontakterin) gleichwertig seien. Diese Beschäftigung habe sie erst nach mehrjähriger Berufserfahrung in renommierten Werbeagenturen ausüben können und weitgehend eigenverantwortlich verrichtet. Sie sei in aller Regel nur Personen zugänglich, die eine Hoch- oder Fachhochschulausbildung abgeschlossen hätten. Mit der Qualifikation der Klägerin habe sich die Beklagte nicht befasst. Zur Unterstützung dieses Vorbringens hat sie das Arbeitszeugnis aus ihrer Beschäftigung beim H1-Verlag vom 1. März 2009, Auszüge aus der von der Beklagten betriebenen Datenbank www.berufenet.arbeitsagentur.de und aus der Datenbank "Karriere" von F1-Online über den Beruf des Kontakters sowie Stellenanzeigen verschiedener Werbeagenturen vorgelegt. Der geltend gemachte Anspruch auf Übernahme höherer Beiträge zur privaten Krankenversicherung ergebe sich als direkte Folge der Erhöhung des Bemessungsentgelts.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat ausgeführt, dass nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen strikt voneinander zu trennen seien und eine Ausweitung des kalendermäßigen Bemessungsrahmens nicht in Betracht komme. Die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes nach der Qualifikationsgruppe 3 sei nicht zu beanstanden. Für eine Tätigkeit als Kontakterin sei keine Hoch- oder Fachhochschulausbildung erforderlich. Es verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht, dass das Arbeitslosengeld im Anschluss an Erziehungszeiten nach Qualifikationsgruppen bemessen werde (Hinweis auf Urteil des BSG vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 23/07 R).
Mit seinem Urteil vom 17. Mai 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass die Beklagte der Klägerin mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht Arbeitslosengeld nach dem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 3 (täglich 67,20 EUR) gewährt habe, das im Hinblick auf ihre auf 20 Stunden wöchentlich begrenzte Arbeitsbereitschaft für die Zeit vom 2. März bis 9. Juli 2009 zunächst fehlerhaft auf täglich 35,37 EUR, ab 10. Juli 1009 dann zutreffend auf täglich 34,46 EUR reduziert worden sei. Dies ergebe sich aus §§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 132 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 3 sowie aus § 131 Abs. 5 SGB III. In dem auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 liege kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitslosengeld vor, so dass eine fiktive Bemessung erforderlich sei. Da für die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Kontakterin nach den von ihr vorgelegten Unterlagen eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bereich Marketing/Werbung ausreiche und die Klägerin den Beruf der Werbekauffrau erlernt habe, sei sie der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Hieraus ergebe sich das ihr gewährte, ab 10. Juli 2009 zutreffend berechnete Arbeitslosengeld, jedoch kein höherer Leistungsanspruch. Es verstoße, wie das BSG in seinem Urteil vom 29. Mai 2008 (Aktenzeichen B 11a AL 23/07 R) zutreffend ausgeführt habe, auch nicht gegen Verfassungs- oder europäisches Gemeinschaftsrecht, dass das bis zum 7. September 2003 erzielte Arbeitsentgelt nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werde. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichte den Staat nicht, jegliche, die Familie treffende Belastung auszugleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern. Auch Art. 6 Abs. 4 GG scheide als Grundlage für das Begehren der Klägerin aus. Aus dieser Norm könnten keine besonderen Rechte für Sachverhalte abgeleitet werden, die nicht allein Mütter beträfen, und aus dem Schutzauftrag der Norm folge nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Werde, wie im vorliegenden Fall, eine Mutter nicht gehindert, sich durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung den Zugang zu Versicherungsleistungen selbst zu schaffen oder zu erhalten, sondern sehe sie aufgrund eigener Lebensplanung wegen der Kindererziehung von einer ihr erlaubten Erwerbstätigkeit ab, sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, Mütter von der sachgerechten und für alle Versicherten geltenden Regelung auszunehmen, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Höhe der Leistung anhand eines aktualisierten fiktiven Arbeitsentgelts zu bemessen sei. Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG oder ein Verstoß gegen die Richtlinie 79/7 EWG ließen sich nicht feststellen. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf einen höheren Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beklagte habe der Bemessung des Zuschusses gemäß § 207a SGB III in Verbindung mit §§ 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ein Entgelt von täglich 27,568 EUR (80 v.H. des täglichen Bemessungsentgelts von 34,46 EUR) zugrunde gelegt, wobei sie zugunsten der Klägerin für die Zeit vom 2. März bis 9. Juli 2009 von einem höheren Entgelt ausgegangen sei.
Berufungsverfahren
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 25. Juli 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15. August 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels bezieht sie sich unter Vorlage eines Auszugs aus der Datenbank www.arbeitsagentur.de zur erforderlichen Einstiegsqualifikation der Klägerin für eine Beschäftigung als Kundenberaterin/Kontakterin auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Zwar habe das BVerfG die Vorlagen der Sozialgerichte Aachen und Dresden zurückgewiesen. Dies sei jedoch nur aus formellen Gründen erfolgt; eine inhaltliche Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der von ihr angegriffenen Normen liege damit noch nicht vor. Den von der Klägerin ausführlich gerügten Verstoß gegen die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie 79/7/EWG hätte das Sozialgericht nicht mit dem pauschalen Hinweis auf das Urteil des BSG vom 29. Mai 2008 abtun dürfen. Auch die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3 habe das Sozialgericht fehlerhaft vorgenommen. Für die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 1 müsse ausreichen, dass (für die Beschäftigung als Senior-Kontakterin) ganz regelmäßig eine Hoch- oder Fachhochschulausbildung erwartet werde und der Zugang zu einer solchen Beschäftigung nur ganz ausnahmsweise Bewerbern möglich sei, die über andere, gleichwertige Qualifikationen verfügten oder – wie die Klägerin – herausragende Leistungen bei der Beratung namhafter Kunden gezeigt hätten. Dass ein solcher Abschluss zwingend erforderlich sei, verlange § 132 Abs. 2 Nr. 1 SGB III dagegen nicht. Eine derartig hohe Anforderung liefe auch dem gesetzgeberischen Willen zuwider, das Leistungsrecht zu vereinfachen und nicht Leistungseinschränkungen zu bewirken. Mit den speziellen Umständen der "Werbewelt" und den konkreten Anforderungen an die Bewerber für eine Beschäftigung, wie sie die Klägerin zuletzt ausgeübt habe, habe sich die Beklagte in keiner Weise befasst und auch keine Ermittlungen angestellt. Sie habe die Klägerin rein "mechanisch" und ausschließlich auf der Basis ihrer 1992 abgeschlossenen Berufsausbildung der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet. Auch das Sozialgericht habe weder die notwendigen Erkundigungen eingeholt, noch den mehrfach vorgetragenen Tatsachen die notwendige Bedeutung beigemessen, dass die Klägerin nach Abschluss ihrer Berufsausbildung im Jahre 1992 alleinverantwortlich in verschiedenen namhaften Werbeagenturen tätig gewesen sei und in ihrer mehr als 10-jährigen Berufserfahrung selbstständig Kunden und Etats betreut, Werbekampagnen entwickelt und Teams geführt habe. Eine derartige Beschäftigung könne kein "frisch gebackener" Werbekaufmann ausfüllen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 12. März 2009 und 4. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009 sowie der Bescheide vom 30. Mai 2009, 3. Juni 2009 und 7. Juli 2009 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 2. März 2009 bis 28. Februar 2010 Arbeitslosengeld nach einem Teilzeit-Bemessungsentgelt von rund 79,50 EUR, hilfsweise nach einem Teilzeit-Bemessungsentgelt unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 von rund 51,70 EUR pro Tag, sowie entsprechend höhere Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung dem Grunde nach zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen. Die Klägerin habe zwar dem Grunde nach einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, aber keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Ihr hiergegen gerichtetes Vorbringen greife nicht durch. Der erweiterte Bemessungsrahmen könne nach dem seit 1. Januar 2005 geltenden Recht nicht mehr um die Kindererziehungszeiten verlängert werden (Hinweis auf Urteile des BSG vom 29. Mai 2008 – B 11a/7a 64/06 R, und des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. März 2010 – L 3 AL 2/09). Entgegen der Auffassung der Klägerin habe das BVerfG in seinen Beschlüssen vom 11. März 2010 (1 BvL 2909/08 und 1 BvL 11/07) sowie vom 14. März 2011 (1 BvL 13/07) umfassend dargetan, dass vor dem Hintergrund seiner ständigen Rechtsprechung insbesondere zu Art. 6 GG die in den Vorlagebeschlüssen aufgeworfenen Fragen nicht entscheidungserheblich seien. Es sei bereits ausgeurteilt, dass der Gesetzgeber durch Art. 6 GG nicht verpflichtet sei, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Das Gericht habe auch nicht festzustellen vermocht, dass sich die Rechtslage zu Lasten kinderbetreuender Mütter eklatant verschlechtert habe. Bereits vorab habe das BSG unter Beachtung der Rechtsprechung des BVerfG eine Grundrechtsbetroffenheit sowie eine Verletzung europarechtlicher Vorgaben ausgeschlossen (Hinweis auf Urteile des BSG vom 29. Mai 2008 – B 11a/7a AL 64/06 R und B 11a AL 23/07 R). Auch die Zuordnung der Klägerin zur Qualifikationsgruppe 3 sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf eine Beschäftigung als Kontakterin zu erstrecken, wie es auch in der mit der Klägerin geschlossenen Eingliederungsvereinbarung stehe. Für einen Zugang zu dieser Beschäftigung gebe es keine einheitlichen Ausbildungswege. Auch wenn es in der Praxis den einen oder anderen Arbeitgeber geben möge, der für die Einstellung eines Kontakters ein Studium verlange, reiche doch, wie zahlreiche Stellenangebote und der Werdegang der Klägerin belegten, eine werbefachliche Ausbildung in aller Regel aus (Hinweis auf die Unterlagen der Datenbank www.agentur.de zum Stichwort "Werbe-Kontakterin").
Auf entsprechende Aufforderung des Senats hat die Klägerin mit Schriftsätzen vom 25. Juli 2013 und vom 5. August 2013 ihr Vorbringen ergänzt und unter anderem ihre früheren Arbeitszeugnisse vorgelegt. Vom H1-Verlag hat der Senat Arbeitgeberauskünfte vom 24. Juli 2013 und vom 15. August 2013 eingeholt und sich den bei tatsächlichem Ausscheiden der Klägerin im Juni 2003 geltenden Gehaltstarifvertrag für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes vorlegen lassen. Schließlich hat der berufskundige Sachverständige W.S. vom Gesamtverband Kommunikationsagenturen auf Anforderung des Gerichts eine berufskundliche Stellungnahme vom 19. August 2013 vorgelegt. Im Verhandlungstermin am 11. September 2013 hat der Senat die Beteiligten angehört und den Streitfall mit ihnen erörtert.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der im Sitzungsprotokoll vom 11. September 2013 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl. I S. 444) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden. Der für die Statthaftigkeit der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erforderliche Schwellenwert der Beschwer der Klägerin von 750,- EUR wird offensichtlich bereits dadurch erreicht, dass der Klägerin auch bei Zugrundelegung des wegen Teilzeitverfügbarkeit reduzierten Bemessungsentgelts von täglich 79,49 EUR (155: 39 x 20) bzw. monatlich ca. 2.418,- EUR ein um mehr als 11,- EUR täglich erhöhtes Arbeitslosengeld zustünde und ihr diese Leistungsdifferenz für 360 Tage nachzuzahlen wäre. Hinzu kommen die begehrten höheren Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung.
Die Berufung ist nicht mit dem gestellten Hauptantrag, wohl aber mit dem Hilfsantrag begründet.
Verfahrensgegenstand und zulässige Klageart
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind zunächst der Bescheid der Beklagten vom 12. März 2009 und der Änderungsbescheid vom 4. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009. Mit diesen Bescheiden hat es die Beklagte abgelehnt, der Klägerin höheres Arbeitslosengeld als das ihr bewilligte zu gewähren und Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 148,13 EUR monatlich übernommen, womit die Klägerin wegen des der Berechnung der Beiträge zugrundliegenden Bemessungsentgelts ebenfalls nicht einverstanden ist. Gemäß § 96 SGG sind darüber hinaus aber auch die Änderungsbescheide vom 30. Mai 2009, 3. Juni 2009 und 7. Juli 2009 sowie der Teilrücknahmebescheid vom 7. Juli 2009 Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Mit diesen Bescheiden, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen sind, hat die Beklagte die Höhe des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 2. März bis 9. Juli 2009 auf 14,05 EUR täglich erhöht, diese Bewilligung für die Zeit ab 10. Juli 2009 teilweise in Höhe von 0,22 EUR täglich zurückgenommen, ab diesem Tage nur noch Arbeitslosengeld in Höhe von 13,83 EUR täglich gezahlt und die Höhe der übernommenen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung der Klägerin im Hinblick auf die Änderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung zum 1. Juli 2009 sowie wegen der Höhe des Arbeitslosengeldes ab 10. Juli 2009 neu festgesetzt. Insoweit sind die ursprünglichen Bescheide abgeändert worden, so dass sie von § 96 SGG erfasst werden. Das auf die Gewährung höherer Leistungen gerichtete Klagebegehren kann mit der hier zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) verfolgt werden und betrifft einen Höhenstreit, in dem Grund und Höhe des Leistungsanspruchs grundsätzlich in vollem Umfang zu überprüfen sind (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteile des 11. Senats vom 24. November 2010 – B 11 AL 30/09 R, SozR 4-4300 § 130 Nr. 7 und des 7. Senats vom 1. März 2011 – B 7 AL 9/09 R, juris).
Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld sind dem Grunde nach für 360 Tage erfüllt
Die Klägerin hat in der hier streitigen Zeit vom 2. März 2009 bis 28. Februar 2010 die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld wegen Arbeitslosigkeit nach den §§ 117-119 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier grundsätzlich, d.h. abgesehen von den nachfolgend jeweils gekennzeichneten Gesetzesfassungen, anzuwendenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) erfüllt. Die Klägerin war arbeitslos im Sinne der §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 1 und 119 Abs. 1 Nrn. 1-3, Abs. 4 Nrn. 1-3 und Abs. 5 Nrn. 1-4 SGB III, denn sie stand nach dem Ende ihrer Beschäftigung beim H1 Verlag nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis, bemühte sich um die Beendigung der Beschäftigungslosigkeit und stand den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit uneingeschränkt zur Verfügung. Die Klägerin hat sich am 8. Dezember 2008 mit Wirkung zum 2. März 2009 persönlich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Sie hat auch die Anwartschaftszeit (§ 118 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit §§ 123 Satz 1, 124 Abs. SGB III) erfüllt. Während der für sie maßgeblichen zweijährigen Rahmenfrist vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 hat gemäß § 26 Abs. 2a Satz 1 Nrn. 1 und 2 und Satz 2 Variante 1, Abs. 2 Nr. 1 Variante 1 SGB III (in der Fassung des 4. SGB III-Änderungsgesetzes vom 19. November 2004, BGBl. I S. 2902) durchgängig für weitaus mehr als zwölf Monate Versicherungspflicht bestanden. Vom 2. März 2006 bis 1. März 2009 war das wegen der Erziehung ihres noch nicht drei Jahre alten Sohnes F. im Inland der Fall. Diese Zeit ist zu berücksichtigen, weil unmittelbar vor ihr weitere Versicherungspflichttatbestände erfüllt waren: Vor der genannten Kindererziehungszeit lief noch eine weitere Kindererziehungszeit der Tochter N. vom 29. September 2003 bis 28. September 2006, und unmittelbar vor Beginn des ersten mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots am 8. September 2003 bestand noch bis 7. September 2003 Versicherungspflicht wegen der bis dahin ausgeübten Beschäftigung (§ 24 Abs. 1 SGB III in der Fassung des Arbeitsförderungsreformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594). Ob die Klägerin in der Zeit vom 8. September bis zur Geburt ihrer Tochter am 29. September 2003 Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 1 oder 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318) erhalten hat, kann dabei dahinstehen, denn auch bei fehlendem Bezug von Mutterschaftsgeld während des Beschäftigungsverbots konnte sich an der Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2a SGB III nichts ändern (vgl. Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31. März 2011 – L 1 AL 43/10, juris). Allein mit ihren Beschäftigungszeiten und ohne die Zeiten des Mutterschutzes und der Kindererziehung hätte die Klägerin die Anwartschaftszeit dagegen nicht erfüllen können. Die Dauer des Anspruchs von 360 Tagen folgt aus § 127 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB III in der insoweit maßgebenden Fassung des 7. SGB III-Änderungsgesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I S. 681). In der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist vom 2. März 2004 bis 1. März 2009 bestand für die Klägerin schon unter Einbeziehung der o.g Zeiten für deutlich mehr als 24 Monate Versicherungspflicht, was mit Rücksicht auf das bei Entstehung des Leistungsanspruchs am xxxxx 2009 vollendete 37. Lebensjahr der Klägerin zu einem Leistungsanspruch von 12 Monaten, gemäß § 134 Sätze 1 und 2 SGB III umzurechnen auf 360 Kalendertage, führt.
Höhe des Anspruchs ist nach fiktivem Arbeitsentgelt zu bestimmen
Die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach den §§ 129 ff. SGB III.
Nach § 129 Nr. 1 SGB III (in der hier anzuwendenden Fassung des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes vom 21. Juli 1999, BGBl. I S. 1648; die späteren Änderungen der Vorschrift sind für den vorliegenden Fall nicht relevant) beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die – wie die Klägerin – mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (Satz 1). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (Satz 2). Nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht Zeiten, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen hat, wenn wegen der Betreuung oder Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Nach § 130 Abs. 3 SGB III wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (Nr. 1). Kann ein Bemessungszeitraum von 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Diese Vorschrift ist uneingeschränkt anzuwenden, denn die vom Gesetzgeber getroffene Übergangsregelung des § 434 j Abs. 5 SGB III betrifft nur die Neufestsetzung des Bemessungsentgelts für vor dem 1. Januar 2005 entstandene Ansprüche, während der Anspruch der Klägerin erst mit ihrer Arbeitslosigkeit ab 2. März 2009 entstanden ist.
Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass diese fiktive Bemessung auch im Fall der Klägerin vorzunehmen ist.
Der für sie maßgebliche Bemessungsrahmen umfasst, ausgehend von ihrer Arbeitslosmeldung zum 2. März 2009 und dem letzten Tag der Versicherungspflicht durch Kindererziehung, das davor liegende Jahr vom 2. März 2008 bis 1. März 2009. Innerhalb des danach maßgeblichen einjährigen Bemessungsrahmens hat die Klägerin an keinem Tage Arbeitsentgelt erzielt, weil sie sich noch in der Elternzeit befand. Da sie auch in dem deshalb auf zwei Jahre zu erweiternden Bemessungsrahmen vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 keine weiteren Ansprüche auf Arbeitsentgelt hatte, hatte die Beklagte eine fiktive Bemessung vorzunehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Bemessungsrahmen nicht in unmittelbarer oder verfassungskonformer Anwendung des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III zu erweitern, wie dies vom SG Berlin in seiner Entscheidung vom 29. Mai 2006 (Aktenzeichen S 77 AL 961/06) vertreten worden ist. Eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall wäre mit ihrem Zweck nicht zu vereinbaren. Die Regelung soll Arbeitslose nur davor schützen, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einfließen, die nach § 131 Abs. 1 in Verbindung mit § 130 Abs. 1 SGB III eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt wegen der Kindererziehung atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2009 – B 7 AL 39/08 R, info also 2010, S. 171 mit weiteren Nachweisen, und vom 25. August 2011 – B 11 AL 19/10 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 7, beide Entscheidungen auch in juris veröffentlicht). Die von der Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung herangezogene Entscheidung des SG Berlin hat keine Rechtskraft erlangt. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat sie aufgehoben und die Klage der Klägerin jenes Verfahrens abgewiesen (Urteil vom 16. Oktober 2007 – L 12 AL 318/06). Die hiergegen eingelegte Revision hat das BSG mit der zitierten Entscheidung vom 25. August 2011 (a.a.O.) zurückgewiesen und unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 29. Mai 2008 – B 11a AL 23/07 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 1 und vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 23/08 R, a.a.O. Nr. 3) sowie auf drei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, mit denen die gegen das genannte Urteil vom 29. Mai 2008 erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 2909/08) und Vorlagebeschlüsse der Sozialgerichte Dresden und Aachen als unzulässig verworfen worden sind (BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2010 – 1 BvL 11/07 und vom 14. März 2011 – 1 BvL 13/07), ausgeführt, dass es weder gegen Verfassungsrecht noch gegen europäische Richtlinien zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen, insbesondere nicht gegen die Richtlinie 79/7/EWG vom 19. Dezember 1978 verstoße, dass Arbeitsentgelt, welches außerhalb des Bemessungsrahmens erzielt worden sei, nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden könne. Dieser höchstrichterlich gefestigten Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Von den entschiedenen Fällen unterscheidet sich der vorliegende Fall entgegen der Auffassung der Klägerin nicht wesentlich; insbesondere hat auch die Klägerin die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nur durch Versicherungszeiten nach § 26 Abs. 2a SGB III und nicht durch ihre frühere Beschäftigung erfüllt.
Zuordnung zu der nach § 132 Abs. 2 SGB III maßgeblichen Qualifikationsgruppe
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat ( § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist dabei zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die
1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt von 1/300 der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/360 der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/450 der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/600 der Bezugsgröße.
Nach diesem Normkonzept ist die Höhe des nach § 132 Abs. 2 SGB III anzusetzenden fiktiven Arbeitsentgelts in zwei Schritten zu prüfen. Zunächst ist gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III festzustellen, auf welche Beschäftigung die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen – unter Berücksichtigung des für ihn nach seiner Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit und den Anforderungen der angebotenen Stellen in Betracht kommenden Arbeitsangebots ( § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III) – in erster Linie zu erstrecken hat, um ihn bestmöglich in den Arbeitsmarkt einzugliedern (Schritt 1). Ist diese Beschäftigung festgestellt, ist sie einer der in § 132 Abs. 2 Satz 2 genannten vier Qualifikationsgruppen zuzuordnen (Schritt 2).
Die Beklagte hatte ihre Vermittlungsbemühungen für die Klägerin in erster Linie auf eine Beschäftigung als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin zu erstrecken. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus der Stellungnahme des berufskundigen Sachverständigen W.S. vom 19. August 2013. Dieser hat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass die Klägerin in eine Beschäftigung für lediglich gelernte Werbekaufleute, insbesondere als sog. Junior-Kontakterin, nicht eingestellt worden wäre, weil man sie hierfür als überqualifiziert angesehen hätte. Denn die Position einer Junior-Kontakterin wird nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen überwiegend mit "Branchenneulingen" oder Kandidaten mit geringer Berufserfahrung besetzt, um neben den fachlichen Kompetenzen insbesondere die Teamfähigkeiten für die Chancen der beruflichen Weiterentwicklung "am Kunden" zu überprüfen. Über diesen Status ist die Klägerin ausweislich ihres bis zum Entstehen des Leistungsanspruchs auf Arbeitslosengeld am 2. März 2009 zurückgelegten beruflichen Werdeganges weit hinaus. Entscheidend hierfür ist weniger ihr förmlichen Berufsabschluss als Werbekauffrau, sondern vor allem die für eine Tätigkeit als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin geforderte mehrjährige einschlägige Berufserfahrung und das erforderliche Know-how als Werbekontakterin, das sie bei verschiedenen namhaften Werbeagenturen und beim H1-Verlag in H. erworben hatte. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt und nachgewiesen, dass der Arbeitsmarkt für Beschäftigungen als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin der Klägerin trotz der längeren Berufspause auch als Teilzeitbeschäftigung mit 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit zugänglich war.
Die Zuordnung zu einer der in § 132 Abs. 2 SGB III genannten Qualifikationsgruppen macht das Gesetz grundsätzlich davon abhängig, dass entsprechende formelle Berufsabschlüsse vorliegen bzw. für eine Ausübung der Beschäftigung vorgeschrieben sind ("erfordern"). Denn die in § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III aufgeführten Qualifikationsgruppen sind in ihrer Grundstruktur so angelegt, dass einem bestimmten Ausbildungsniveau des Betroffenen ein bestimmtes Entgelt zuzuordnen ist (vgl. Marschner in GK SGB III, Stand April 2006, Randnummer 9 zu § 132). Der durch das Arbeitslosengeld zu ersetzende Lohnausfall, den ein Arbeitsloser dadurch erleidet, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz findet, kann nach längerer Berufspause nicht mehr anhand des früher erzielten Verdienstes festgestellt, sondern muss unter Berücksichtigung der vorhandenen Qualifikation nach den aktuellen Verdienstmöglichkeiten bestimmt werden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 2008 – B 11a AL 23/07 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 1 = BSGE 100, S. 295). Während nach §§ 112 Abs. 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), 133 Abs. 4 SGB III aF der anzunehmende Verdienstausfall individuell anhand des ortsüblichen oder tariflichen Arbeitsentgelts der Tätigkeit zu bestimmen war, in die der Arbeitslose nach seinen persönlichen Verhältnissen und den Anforderungen der angebotenen Stellen günstigstenfalls zu vermitteln war, wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 132 SGB III das Verfahren zur Feststellung des Arbeitsentgelts, das ein Arbeitsloser nach längerer Berufspause durch die Verwertung seiner Arbeitskraft voraussichtlich erzielen kann, deutlich und nachhaltig vereinfachen und durch eine typisierende und pauschalierende Regelung ersetzen, um die personellen Ressourcen der Bundesagentur für Arbeit stärker als bisher auf die Vermittlung zu konzentrieren und so zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit beizutragen (vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs der damaligen Regierungsfraktionen, BT- Drucksache 15/1515, S. 71, 73 und 85 (Einzelbegründung zu § 132)). Dieser, mit der neuen Bemessungsmethode bezweckten Abkehr von der individuellen Ermittlung des erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelts wird am ehesten eine Normanwendung gerecht, die die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe anhand objektiver, leicht festzustellender Merkmale vornimmt. In der Regel wird deshalb darauf abzustellen sein, ob der Arbeitslose tatsächlich über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen förmlichen Berufsabschluss verfügt. Dieser bestimmt, da er sehr häufig bei Bewerbungen auf Arbeitsstellen anzugeben und nachzuweisen ist, auch in hohem Maße die Auswahlentscheidungen potenzieller Arbeitgeber und damit die Feststellung der in Betracht kommenden Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 – B 11 AL 21/11 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 8 mit umfangreichen Nachweisen; ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 27.05.2009 – L 10 AL 378/07, info also 2010, S. 75).
Allerdings muss eine in der Vergangenheit erworbene förmliche berufliche Qualifikation nicht immer allein maßgeblich dafür sein, welcher Qualifikationsgruppe ein Arbeitsloser zuzuordnen ist. Je länger und erfolgreicher er in der Vergangenheit tatsächlich eine im Vergleich zu seinem formellen Qualifikationsniveau höherwertige Tätigkeit ausgeübt hat, welche die Zuordnung zu einer höherwertigen Qualifikationsgruppe gestattet, und je eher aufgrund dieser Tätigkeit eine Vermittlung in eine entsprechende Beschäftigung realistisch erscheint, desto mehr können derartige Gesichtspunkte auch die Zuordnung zu einer entsprechend höherwertigen Qualifikationsgruppe rechtfertigen. Durch eine mehrjährige berufliche Tätigkeit und die damit verbundene Berufserfahrung kann deshalb eine höhere Qualifikation erworben werden, als sie dem formalen Ausbildungsniveau entspricht. Erfordert die Beschäftigung, auf die die Vermittlung des Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken ist, in der Regel eine solcherart erworbene oder vorhandene höherwertige Qualifikation, wird hierdurch nach dem Günstigkeitsprinzip auch die maßgebliche Qualifikationsgruppe bestimmt (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 18. Februar 2009 – L 1 AL 234/07, juris; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2007, Randnummern 29, 33 und 38 zu § 132; Rokita in Schönefelder/Kranz/Wanka, SGB III, Stand Juli 2006, Randnummern 16 f., 19, 32 f. zu § 132; Valgoglio in Hauck-Noftz, SGB III, Stand Mai 2012, Randnr. 37 zu § 152; Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt/De Caluwe, SGB III, 3. Auflage, Randnrn. 16 bis 19 zu § 132).
Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Zwar verfügt sie nicht über den für diese Qualifikationsgruppe erforderlichen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Jedoch erfordert die Tätigkeit einer Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin, auf welche die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen in der hier streitigen Zeit in erster Linie zu erstrecken hatte, regelmäßig den Abschluss eines Hoch- oder Fachhochschulstudiums mit Schwerpunkt Marketing/Werbung/Kommunikation. Diese Anforderung können Bewerber, die lediglich über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Werbekauffrau bzw. Werbekaufmann verfügen, nur dadurch wettmachen, dass sie über eine mehrjährige spezifische Berufserfahrung, also eine Qualifikation verfügen, die über den förmlichen werbefachlichen Berufsabschluss deutlich hinausgeht und damit der Qualifikation eines Hoch- oder Fachhochschulabsolventen entspricht. Gerade das ist bei der Klägerin der Fall. Sie ist deshalb nach dem Günstigkeitsprinzip der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Der Senat stützt seine Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht auf die berufskundliche Stellungnahme des Sachverständigen S. vom 19. August 2013. Danach erfüllt die Klägerin nur durch die Kombination aus ihrer abgeschlossenen Berufsausbildung als Werbekauffrau und ihrer mehrjährigen einschlägigen Berufsausbildung die für Tätigkeiten als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin sonst geforderte Qualifikation eines abgeschlossenen Studiums mit Schwerpunkt Marketing/Kommunikation. In Frage kommende Arbeitgeber hätten nur mit Rücksicht hierauf das Fehlen eines abgeschlossenen Studiums als entbehrlich angesehen. Dass eine solche Qualifikation von den betreffenden Bewerbern in der Regel erwartet wird, folgt zur Überzeugung des Senats aus den der Stellungnahme vom 19. August 2013 angefügten Anlagen IV, V, VI und VII. Aus ihnen ergibt sich im Einzelnen Folgendes:
• Nach der Anlage IV (Studie GWA Herbstmonitor 2010) haben 70 v.H. der im Auftrag des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen im Jahre 2010 befragten Mitgliedsfirmen angegeben, dass sie bei Bewerbern im Bereich Beratung/Marketing einen Abschluss als Diplom/Magister bevorzugen. Weitere 7 v.H. der Befragten bevorzugten einen Abschluss als Master. • Dem entspricht es, dass nach der Anlage V (GWA HRM Studie 2009), derzufolge im September 2009 unter anderem 574 Mitarbeiter von Werbeagenturen befragt wurden, insgesamt 65 v.H. der Mitarbeiter über einen Universitäts- (32 v.H.), einen Fachhochschul- (26 v.H.) oder einen im berufsbegleitenden Studium erworbenen Abschluss (7 v.H.) verfügten, während 37 v.H. der Mitarbeiter eine abgeschlossene Berufsausbildung vorzuweisen hatten. • Dieses Bild wird von den der Stellungnahme als Anlage VI beigefügten Stellenanzeigen bekräftigt. Beispielhaft verlangt die Stellenanzeige der Firma defacto.x als Profil für eine Tätigkeit als Senior Account Manager Dialogmarketing: "Abgeschlossenes (Fach)Hochschulstudium, idealerweise Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing/Dialogmarketing bzw. Kommunikation oder eine vergleichbare (Hervorhebung durch den Senat) marketingfachliche Ausbildung" sowie "mindestens 2-4 Jahre Berufserfahrung in der (Dialog)-Marketingbranche". • In der der Stellungnahme vom 19. August 2013 beigefügten Anlage VII wird zum Beruf des Kontakters/Kundenberaters ausgeführt: "Voraussetzung für diesen Beruf ist nicht immer, aber immer öfter ein Studium". Weiter heißt es dort: "Ein betriebswirtschaftliches Studium mit Schwerpunkt Marketing, Medien oder Kommunikation ist von Vorteil. Einen speziellen Studiengang oder Ausbildungsberuf gibt es nicht. Gelegentlich werden auch Werbekaufmänner/-frauen in Trainee-Programmen in der Agentur zum Kontakter ausgebildet. Erfahrungen aus anderen Bereichen sowie aus anderen Disziplinen (die jeweils beispielhaft aufgeführt werden) sind für die Berater von großem Vorteil."
Dass für die Tätigkeit einer Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin allein die abgeschlossene werbefachliche Ausbildung nicht ausreicht, ergibt sich auch aus den von den Beteiligten im Übrigen vorgelegten Stellenanzeigen und berufskundlichen Unterlagen. So ist in den Anlagen K 7 und K 9 zum Berufsbild des Kontakters ausgeführt, dass neben einem Studium eine werbefachliche Ausbildung den Berufseinstieg als Kontakter ermöglicht. Eine solche Qualifikation verlangt auch die als Anlage K 8 vorgelegten Stellenanzeige der Firma S1 Konzept- und Werbeagentur für die Tätigkeit eines(r) Junior-Kontakters(in), während für die Stelle eines (r) Senior-Kontakters (in) darüber hinaus spezifische Berufserfahrung erwartet wird. Gleiches gilt für die in der Anlage K 8 ebenfalls enthaltene Stellenanzeige der Agentur für integrierte K. vom 21. Oktober 2009. Auch der Anlage K 9 ist zu entnehmen, dass der Aufstieg vom Junior- zum (Senior-)Kontakter entsprechende Berufserfahrung voraussetzt, und dass Aufstiegsorientierten ein wirtschaftswissenschaftliches Studium mit Marketing-Schwerpunkten empfohlen wird.
Demgegenüber kann nach Auffassung des Senats für die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe nicht ausschließlich darauf abgestellt werden, welchen förmlichen Berufsabschluss die Tätigkeit einer Senior-Kundenberaterin/-kontakterin im Sinne einer Mindestanforderung "erfordert". Bei einer solchen Betrachtungsweise müsste die Klägerin auch dann, wenn sie einen Hoch- oder Fachhochschulabschluss besäße, der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet werden. Blendete man die regelhaft erwartete Qualifikation, hier das Erfordernis eines Hoch- oder Fachhochschulabschlusses, und das bei Bewerbern mit einer werbefachlichen Ausbildung weitere Qualifikationserfordernis langjähriger einschlägiger Berufserfahrung als nach der gesetzlichen Konzeption des § 132 SGB III nicht zu prüfende Kriterien aus, und sähe man den Zugang zu dieser Beschäftigung entweder durch eine abgeschlossene Berufsausbildung als Werbekauffrau oder durch Personen mit einem Hochschulabschluss als eröffnet an, käme man allerdings zu einer Zuordnung in die Qualifikationsgruppe 3 (vgl. zur Tätigkeit einer Pharmareferentin BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 – B 11 AL 21/11 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 8, wo jedoch die Frage, ob eine tatsächlich ausgeübte höherwertige Tätigkeit für die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe entscheidend sein kann, wenn eine Vermittlung in eine solche Beschäftigung realistisch erscheint, ausdrücklich offen gelassen worden ist). Eine solche, stärker am Wortlaut des § 132 Abs. 2 SGB III haftende Sichtweise würde jedoch dem Begriff der "beruflichen Qualifikation" im Sinne dieser Norm nicht gerecht, den aktuell erzielbaren Verdienst der Klägerin nicht annähernd angemessen wiederspiegeln und die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Typisierung überschreiten. § 132 Abs. 2 SGB III ist deshalb verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass das Wort "erfordern" nicht die erwartete oder vorgeschriebene Mindestqualifikation meint, sondern die in der Regel erwartete Qualifikation. Zu beachten ist insoweit, dass die Notwendigkeit der Ordnung und der verwaltungspraktikablen Bearbeitung von Massenerscheinungen in Form typisierender Regelungen nicht jede Härte im Einzelfall zu rechtfertigen vermag. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, ist eine Typisierung von Massenerscheinungen nur dann zulässig, wenn die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Oktober 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, S. 348 und vom 14. Juni 1994 – 1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, S. 93). Beantwortete man die Frage, welche Qualifikation eine Beschäftigung erfordert, auf die sich die Vermittlung der Beklagten in erster Linie zu erstrecken hat, ausschließlich nach dem mindestens erforderlichen Berufsabschluss des Arbeitslosen, müsste dies bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes zu gleichheitswidrigen Zufallsergebnissen führen, die den in der Arbeitswelt tatsächlich erzielbaren Verdiensten eines fiktiv einzustufenden Arbeitslosen mit höherwertiger als der rein formalen, mindestens erforderlichen Qualifikation nicht mehr entsprächen. Arbeitnehmer wie die Klägerin, deren Vermittlung sich in erster Linie auf Beschäftigungen zu erstrecken hat, die Berufsanfängern mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung in der Regel gerade nicht zugänglich sind, würden ungeachtet der im Arbeitsleben tatsächlich geforderten Qualifikationen den Berufsanfängern gleichgestellt. Die hiermit verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten wären intensiv und beträfen eine Vielzahl von Personen. Auch die praktischen Erfordernisse der Verwaltung geben für eine gegenteilige Sichtweise nichts her. Für die Vermittlungstätigkeit und die nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III vorzunehmende Prüfung, auf welche Beschäftigung die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen – unter Berücksichtigung des für ihn nach seiner Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit und den Anforderungen der angebotenen Stellen in Betracht kommenden Arbeitsangebots ( § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III) – in erster Linie zu erstrecken hat, um ihn bestmöglich in den Arbeitsmarkt einzugliedern, muss die Bundesagentur für Arbeit die regelhaften Qualifikationsanforderungen der Arbeitgeber und die insgesamt vorhandenen Qualifikationen der Arbeitslosen unabhängig davon feststellen, ob und ggf. über welchen formalen Berufsabschluss sie verfügen. Dem mit der Einführung des § 132 SGB III verfolgten Gesetzeszweck der Verwaltungsvereinfachung läuft die Auffassung des Senats ebenfalls nicht zuwider, weil mit der Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe nach dem Günstigkeitsprinzip das Bemessungsentgelt nicht mehr individuell, sondern nach Bruchteilen der jeweiligen Bezugsgröße festzustellen ist.
Zur Berechnung des der Klägerin zu gewährenden Arbeitslosengeldes und des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
Die Berechnung des der Klägerin gewährten Arbeitslosengeldes ist den gesetzlichen Vorgaben entsprechend vorzunehmen (§§ 129 Nr. 1, 132 Abs. 1 und 2 Nr. 4, 133 Abs. 1 und 2 sowie 134 SGB III). Die im Jahre 2009 geltende Bezugsgröße (West) betrug nach § 2 Abs. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2009 vom 2. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2336) 30.240,- EUR jährlich. Hieraus ergibt sich bei Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 ein tägliches Bemessungsentgelt von 100,80 EUR (30.240/300). Dieses Bemessungsentgelt ist wegen der auf 20 Stunden wöchentlich begrenzten Verfügbarkeit der Klägerin gemäß § 131 Abs. 5 Satz 3 SGB III auf 51,69 EUR zu reduzieren und gemäß § 338 Abs. 1 und 2 SGB III (in der Fassung des Job-Aqtiv-Gesetzes vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443) auf 51,70 EUR aufzurunden. Unter Berücksichtigung der Steuerklasse 3 und der Sozialversicherungspauschale von 21 v.H. ist danach das Leistungsentgelt zu bestimmen und hieraus das kalendertägliche Arbeitslosengeld nach dem erhöhten Leistungssatz von 67 v.H. zu bestimmen und nachzuzahlen. Entsprechend ist die Höhe des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung gemäß § 207a SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) neu zu errechnen und nachzuzahlen.
Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin gewährten Arbeitslosengeldes und der Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung. Werdegang und Beschäftigungen der Klägerin Die am xxxxx 1971 geborene Klägerin durchlief nach dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife von 1990 bis 1992 eine Berufsausbildung zur Werbekauffrau, die sie mit Erfolg abschloss. Anschließend arbeitete sie von 1992 bis 2000 bei verschiedenen namhaften H. Werbeagenturen, anfänglich noch als Kontaktassistentin, später als Kontakterin. Auf die ihr erteilten Arbeitszeugnisse der Firmen B., L., B1 Werbeagentur GmbH vom 16. Dezember 1993, J. Werbeagentur GmbH vom 16. Dezember 1997 und S2 Werbeagentur GmbH & Co. KG vom 31. Mai 2000 wird Bezug genommen. Nach eigenen Angaben absolvierte sie während der Beschäftigung bei den zuletzt genannten beiden Arbeitgebern verschiedene Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen – meist im Umfang von ein bis drei Tagen – zur Kommunikation (z.B. Rhetorik, Ideenmanagement). Am 20. Mai 1996 bestand sie vor der Handelskammer H. die Ausbilder-Eignungsprüfung. In der Funktion einer Kontakterin/Kundenberaterin war sie zuletzt vor der hier streitigen Zeit vom 5. Juni 2000 bis zum 7. September 2003 beim H1-Verlag in H. beschäftigt. Ihr dort erzieltes und abgerechnetes Bruttogehalt richtete sich nach der Tarifgruppe G 7 des Gehaltstarifvertrages für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in H., S.-H. und M.-V ... Es betrug in der Zeit von September 2002 bis November 2003 insgesamt 55.921,29 EUR. Während des Mutterschutzes anlässlich der am xxxxx 2003 erfolgten Geburt ihrer Tochter N. vom 8. September bis 15. Dezember 2003, der für die Betreuung und Erziehung dieses Kindes in Anspruch genommenen Elternzeit vom 16. Dezember 2003 bis 28. September 2006 und der anschließend für die Betreuung und Erziehung ihres am xxxxx 2006 geborenen Sohnes F. genommenen weiteren Elternzeit vom 29. September 2006 bis 1. März 2009 erhielt die Klägerin kein Gehalt und nach ihren Angaben wegen des Einkommens ihres Ehemannes auch kein Erziehungsgeld. Ob und für welche Zeiten sie Mutterschaftsgeld bezog, ist nicht bekannt. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und dem H1-Verlag endete durch Aufhebungsvertrag vom 23. Oktober 2008 zum 1. März 2009 gegen Zahlung einer Abfindung. Seitdem hat sich die Klägerin ohne Erfolg um eine Teilzeitstelle als Werbekauffrau bzw. Kontakterin/Kundenberaterin bemüht. Verwaltungsverfahren
Am 8. Dezember 2008 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung zum 2. März 2009 arbeitslos, stellte sich der Arbeitsvermittlung für 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit zur Verfügung und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Diese Leistung wurde ihr mit Bescheid vom 12. März 2009, geändert durch Bescheid vom 30. Mai 2009, ab dem 2. März 2009 für 360 Tage unter Zugrundelegung eines gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) fiktiv ermittelten, wegen der Teilzeitverfügbarkeit gekürzten Arbeitsentgelts (Bemessungsentgelt) der Qualifikationsgruppe 3 von täglich 35,37 EUR und der Steuerklasse V mit dem kinderbedingt erhöhten Leistungssatz in Höhe von täglich 14,05 EUR bewilligt.
Nachdem die Klägerin nachgewiesen hatte, dass sie durch Bescheid der DAK H. vom 31. März 2009 als Bezieherin von Arbeitslosengeld für die Dauer des Leistungsbezuges von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung befreit worden war (§ 8 Abs. 1 Nr. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V)), und dass bei der Deutschen Krankenversicherung AG (DKV) eine private Kranken- und Pflegepflichtversicherung (§ 23 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI)) mit Anspruch auf Leistungen bestand, die den gesetzlich vorgesehenen Leistungen gleichwertig waren, teilte die Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 4. Mai 2009 mit, dass sie für die Dauer des Leistungsbezuges Beiträge zur privaten Krankenversicherung in Höhe von monatlich 131,58 EUR und zur privaten Pflegepflichtversicherung in Höhe von monatlich 16,55 EUR übernehme. Der Berechnung dieser Beträge legte sie 80 v.H. des festgesetzten Bemessungsentgelts zugrunde.
Zur Begründung ihrer gegen den Bescheid vom 12. März 2009 und den Änderungsbescheid vom 4. Mai 2009 durch ihren Bevollmächtigten eingelegten Widersprüche trug die Klägerin vor, sie könne nicht nachvollziehen, weshalb ihrer Leistung nur ein (Vollzeit)-Bemessungsentgelt von 67,20 EUR täglich zugrunde gelegt worden sei, obwohl sie in den letzten zwölf Monaten ihres Beschäftigungsverhältnisses ausweislich ihrer Arbeitsbescheinigung 55.921,59 EUR (entsprechend ca. 155,34 EUR täglich) verdient habe. Hierfür könne in der in Anspruch genommenen Elternzeit von 2003 bis 2009 kein Grund gesehen werden, denn diese Zeit habe gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 SGB III außer Betracht zu bleiben. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Löhne und Gehälter in der Verlagsbranche in den letzten Jahren erheblich gestiegen seien. Das heutige Arbeitsentgelt der Klägerin läge deshalb deutlich höher als das in der Arbeitsbescheinigung angegebene. Entsprechend dem höheren Bemessungsentgelt müssten auch höhere Beiträge zur privaten Krankenversicherung übernommen werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Da in dem hier maßgeblichen, auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt festzustellen seien, müsse der Bemessung des Arbeitslosengeldes gemäß § 132 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden, das sich entsprechend der beruflichen Qualifikation der Klägerin nach der Qualifikationsgruppe 3 richte. Die Bemessung nach einem fiktiven Arbeitsentgelt habe das Bundessozialgericht (BSG) in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (Az.: B 11a AL 23/07 R und B 11a AL 64/06 R) für rechtmäßig erklärt. Unter Berücksichtigung eines Vierhundertfünfzigstels der Bezugsgröße (West) für das Jahr 2009 von 30.240,- EUR ergebe sich im vorliegenden Fall ein tägliches Bemessungsentgelt von 67,20 EUR. Da die Klägerin nur bereit sei, 20 Stunden in der Woche zu arbeiten, vermindere sich das Bemessungsentgelt gemäß § 131 Abs. 5 SGB III auf täglich 34,46 EUR. Entsprechend den Eintragungen auf der Steuerkarte bestehe ein Leistungsanspruch mit dem erhöhten Leistungssatz in Höhe von täglich 13,59 EUR. Durch einen Verarbeitungsfehler sei ihr Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 13,81 EUR täglich gewährt worden. Höheres als das gewährte Arbeitslosengeld stehe der Klägerin deshalb nicht zu.
Entsprechend ihrer Ankündigung im Nachsatz des Widerspruchsbescheides leitete die Widerspruchsstelle der Beklagten bei deren zuständiger Stelle ein Verfahren über die teilweise Rücknahme der Bewilligung ein. Mit Bescheid vom 7. Juli 2009 nahm die Beklagte die Bewilligung über Arbeitslosengeld mit Wirkung ab dem 10. Juli 2009 in Höhe von 0,22 EUR täglich zurück und führte zur Begründung aus, dass die Klägerin auf der Grundlage eines täglichen Bemessungsentgelts von 34,46 EUR Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 13,83 EUR habe. Aufgrund eines Rechenfehlers sei ihr aber nach einem Bemessungsentgelt von 35,37 EUR eine Leistung in Höhe von 14,05 EUR bewilligt worden. Die Leistungsbewilligung werde daher mit Wirkung für die Zukunft teilweise zurückgenommen. Hierbei habe die Beklagte in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens die gegenläufigen öffentlichen und privaten Interessen abgewogen und räume dem öffentlichen Interesse Vorrang ein. Mit Änderungsbescheid vom 7. Juli 2009 änderte die Beklagte die bisher erteilten Bewilligungsbescheide (einschließlich eines Änderungsbescheides vom 3. Juni 2009, mit dem wegen einer Beitragssatzänderung der zu übernehmende Beitrag zur privaten Krankenversicherung ab 1. Juli 2009 auf monatlich 126,48 EUR festgesetzt worden war) dementsprechend ab.
Klageverfahren erster Instanz
Die Klägerin hat am 29. Juni 2009 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und ihr Begehren auf höhere Leistungen weiter verfolgt. Sie hat unter Hinweis auf das Urteil des SG Berlin vom 29. Mai 2006 (Aktenzeichen: S 77 AL 961/06), dessen Ausführungen sie sich zu Eigen gemacht hat, ihre Auffassung bekräftigt, dass in ihrem Fall eine fiktive Bemessung nicht in Betracht komme, sondern ihrer Leistung das Entgelt aus der zuletzt beim Bauer Verlag ausgeübten Beschäftigung zugrunde zu legen sei. Nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 SGB III hätten ihre Erziehungszeiten bei der Bemessung ihrer Leistung außer Betracht zu bleiben, und der Bemessungsrahmen sei um diese Zeiten zu erweitern. Zudem spreche, wie das SG Berlin zutreffend ausgeführt habe, vieles dafür, dass die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen die Grundrechte aus Art. 6 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und gegen das in der Richtlinie 79/7/EWG enthaltene Verbot der mittelbaren Diskriminierung von Frauen verstoße, die wesentlich häufiger als Männer Erziehungszeiten in Anspruch nähmen und deshalb durch die Anwendung der §§ 130 und 132 SGB III benachteiligt seien, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt sei. Das SG Dresden und das SG Aachen hätten dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Frage vorgelegt, ob die im Falle der Klägerin angewendeten Vorschriften (§§ 130, 132 SGB III) mit Art. 3 und Art. 6 Abs. 4 Grundgesetz (GG) zu vereinbaren seien. Hierüber habe das BVerfG noch nicht entschieden. Es werde angeregt, dass das Gericht ebenfalls nach Art. 100 GG eine Entscheidung des BVerfG herbeiführe. Soweit das BSG in seinen Urteilen vom 29. Mai 2008 (Aktenzeichen B 11a/7a AL 64/06 R und B 11a AL 23/07 R) die fiktive Bemessung von Arbeitslosengeld bestätigt habe, hätten diesen Entscheidungen andere Sachverhalte zugrunde gelegen. Die Klägerin im Verfahren B 11a AL 23/07 R habe nämlich die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld nur mit versicherungspflichtigen Erziehungszeiten erfüllen können. Zudem habe das BSG in dem gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Mai 2006 anhängigen Revisionsverfahren noch keine Entscheidung getroffen. Für den Fall, dass dennoch eine fiktive Bemessung vorzunehmen sei, müsse das Arbeitslosengeld der Klägerin nach der Qualifikationsgruppe 1 bemessen werden. Denn die Beklagte habe ihre Vermittlungsbemühungen für die Klägerin in erster Linie auf Beschäftigungen zu erstrecken, die ihrer zuletzt ausgeübten Beschäftigung als Kundenberaterin (Senior-Kontakterin) gleichwertig seien. Diese Beschäftigung habe sie erst nach mehrjähriger Berufserfahrung in renommierten Werbeagenturen ausüben können und weitgehend eigenverantwortlich verrichtet. Sie sei in aller Regel nur Personen zugänglich, die eine Hoch- oder Fachhochschulausbildung abgeschlossen hätten. Mit der Qualifikation der Klägerin habe sich die Beklagte nicht befasst. Zur Unterstützung dieses Vorbringens hat sie das Arbeitszeugnis aus ihrer Beschäftigung beim H1-Verlag vom 1. März 2009, Auszüge aus der von der Beklagten betriebenen Datenbank www.berufenet.arbeitsagentur.de und aus der Datenbank "Karriere" von F1-Online über den Beruf des Kontakters sowie Stellenanzeigen verschiedener Werbeagenturen vorgelegt. Der geltend gemachte Anspruch auf Übernahme höherer Beiträge zur privaten Krankenversicherung ergebe sich als direkte Folge der Erhöhung des Bemessungsentgelts.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat ausgeführt, dass nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen strikt voneinander zu trennen seien und eine Ausweitung des kalendermäßigen Bemessungsrahmens nicht in Betracht komme. Die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes nach der Qualifikationsgruppe 3 sei nicht zu beanstanden. Für eine Tätigkeit als Kontakterin sei keine Hoch- oder Fachhochschulausbildung erforderlich. Es verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht, dass das Arbeitslosengeld im Anschluss an Erziehungszeiten nach Qualifikationsgruppen bemessen werde (Hinweis auf Urteil des BSG vom 29. Mai 2008 - B 11a AL 23/07 R).
Mit seinem Urteil vom 17. Mai 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass die Beklagte der Klägerin mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht Arbeitslosengeld nach dem fiktiven Arbeitsentgelt der Qualifikationsgruppe 3 (täglich 67,20 EUR) gewährt habe, das im Hinblick auf ihre auf 20 Stunden wöchentlich begrenzte Arbeitsbereitschaft für die Zeit vom 2. März bis 9. Juli 2009 zunächst fehlerhaft auf täglich 35,37 EUR, ab 10. Juli 1009 dann zutreffend auf täglich 34,46 EUR reduziert worden sei. Dies ergebe sich aus §§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 132 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 Nr. 3 sowie aus § 131 Abs. 5 SGB III. In dem auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 liege kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitslosengeld vor, so dass eine fiktive Bemessung erforderlich sei. Da für die von der Klägerin zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Kontakterin nach den von ihr vorgelegten Unterlagen eine abgeschlossene Berufsausbildung im Bereich Marketing/Werbung ausreiche und die Klägerin den Beruf der Werbekauffrau erlernt habe, sei sie der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Hieraus ergebe sich das ihr gewährte, ab 10. Juli 2009 zutreffend berechnete Arbeitslosengeld, jedoch kein höherer Leistungsanspruch. Es verstoße, wie das BSG in seinem Urteil vom 29. Mai 2008 (Aktenzeichen B 11a AL 23/07 R) zutreffend ausgeführt habe, auch nicht gegen Verfassungs- oder europäisches Gemeinschaftsrecht, dass das bis zum 7. September 2003 erzielte Arbeitsentgelt nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werde. Art. 6 Abs. 1 GG verpflichte den Staat nicht, jegliche, die Familie treffende Belastung auszugleichen oder die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern. Auch Art. 6 Abs. 4 GG scheide als Grundlage für das Begehren der Klägerin aus. Aus dieser Norm könnten keine besonderen Rechte für Sachverhalte abgeleitet werden, die nicht allein Mütter beträfen, und aus dem Schutzauftrag der Norm folge nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Werde, wie im vorliegenden Fall, eine Mutter nicht gehindert, sich durch eine versicherungspflichtige Beschäftigung den Zugang zu Versicherungsleistungen selbst zu schaffen oder zu erhalten, sondern sehe sie aufgrund eigener Lebensplanung wegen der Kindererziehung von einer ihr erlaubten Erwerbstätigkeit ab, sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, Mütter von der sachgerechten und für alle Versicherten geltenden Regelung auszunehmen, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Höhe der Leistung anhand eines aktualisierten fiktiven Arbeitsentgelts zu bemessen sei. Auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG oder ein Verstoß gegen die Richtlinie 79/7 EWG ließen sich nicht feststellen. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf einen höheren Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Die Beklagte habe der Bemessung des Zuschusses gemäß § 207a SGB III in Verbindung mit §§ 232a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ein Entgelt von täglich 27,568 EUR (80 v.H. des täglichen Bemessungsentgelts von 34,46 EUR) zugrunde gelegt, wobei sie zugunsten der Klägerin für die Zeit vom 2. März bis 9. Juli 2009 von einem höheren Entgelt ausgegangen sei.
Berufungsverfahren
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 25. Juli 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15. August 2011 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels bezieht sie sich unter Vorlage eines Auszugs aus der Datenbank www.arbeitsagentur.de zur erforderlichen Einstiegsqualifikation der Klägerin für eine Beschäftigung als Kundenberaterin/Kontakterin auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor: Zwar habe das BVerfG die Vorlagen der Sozialgerichte Aachen und Dresden zurückgewiesen. Dies sei jedoch nur aus formellen Gründen erfolgt; eine inhaltliche Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der von ihr angegriffenen Normen liege damit noch nicht vor. Den von der Klägerin ausführlich gerügten Verstoß gegen die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie 79/7/EWG hätte das Sozialgericht nicht mit dem pauschalen Hinweis auf das Urteil des BSG vom 29. Mai 2008 abtun dürfen. Auch die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 3 habe das Sozialgericht fehlerhaft vorgenommen. Für die Einordnung in die Qualifikationsgruppe 1 müsse ausreichen, dass (für die Beschäftigung als Senior-Kontakterin) ganz regelmäßig eine Hoch- oder Fachhochschulausbildung erwartet werde und der Zugang zu einer solchen Beschäftigung nur ganz ausnahmsweise Bewerbern möglich sei, die über andere, gleichwertige Qualifikationen verfügten oder – wie die Klägerin – herausragende Leistungen bei der Beratung namhafter Kunden gezeigt hätten. Dass ein solcher Abschluss zwingend erforderlich sei, verlange § 132 Abs. 2 Nr. 1 SGB III dagegen nicht. Eine derartig hohe Anforderung liefe auch dem gesetzgeberischen Willen zuwider, das Leistungsrecht zu vereinfachen und nicht Leistungseinschränkungen zu bewirken. Mit den speziellen Umständen der "Werbewelt" und den konkreten Anforderungen an die Bewerber für eine Beschäftigung, wie sie die Klägerin zuletzt ausgeübt habe, habe sich die Beklagte in keiner Weise befasst und auch keine Ermittlungen angestellt. Sie habe die Klägerin rein "mechanisch" und ausschließlich auf der Basis ihrer 1992 abgeschlossenen Berufsausbildung der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet. Auch das Sozialgericht habe weder die notwendigen Erkundigungen eingeholt, noch den mehrfach vorgetragenen Tatsachen die notwendige Bedeutung beigemessen, dass die Klägerin nach Abschluss ihrer Berufsausbildung im Jahre 1992 alleinverantwortlich in verschiedenen namhaften Werbeagenturen tätig gewesen sei und in ihrer mehr als 10-jährigen Berufserfahrung selbstständig Kunden und Etats betreut, Werbekampagnen entwickelt und Teams geführt habe. Eine derartige Beschäftigung könne kein "frisch gebackener" Werbekaufmann ausfüllen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 12. März 2009 und 4. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009 sowie der Bescheide vom 30. Mai 2009, 3. Juni 2009 und 7. Juli 2009 zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 2. März 2009 bis 28. Februar 2010 Arbeitslosengeld nach einem Teilzeit-Bemessungsentgelt von rund 79,50 EUR, hilfsweise nach einem Teilzeit-Bemessungsentgelt unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 von rund 51,70 EUR pro Tag, sowie entsprechend höhere Zuschüsse zu den Beiträgen zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung dem Grunde nach zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen. Die Klägerin habe zwar dem Grunde nach einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, aber keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Ihr hiergegen gerichtetes Vorbringen greife nicht durch. Der erweiterte Bemessungsrahmen könne nach dem seit 1. Januar 2005 geltenden Recht nicht mehr um die Kindererziehungszeiten verlängert werden (Hinweis auf Urteile des BSG vom 29. Mai 2008 – B 11a/7a 64/06 R, und des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. März 2010 – L 3 AL 2/09). Entgegen der Auffassung der Klägerin habe das BVerfG in seinen Beschlüssen vom 11. März 2010 (1 BvL 2909/08 und 1 BvL 11/07) sowie vom 14. März 2011 (1 BvL 13/07) umfassend dargetan, dass vor dem Hintergrund seiner ständigen Rechtsprechung insbesondere zu Art. 6 GG die in den Vorlagebeschlüssen aufgeworfenen Fragen nicht entscheidungserheblich seien. Es sei bereits ausgeurteilt, dass der Gesetzgeber durch Art. 6 GG nicht verpflichtet sei, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Das Gericht habe auch nicht festzustellen vermocht, dass sich die Rechtslage zu Lasten kinderbetreuender Mütter eklatant verschlechtert habe. Bereits vorab habe das BSG unter Beachtung der Rechtsprechung des BVerfG eine Grundrechtsbetroffenheit sowie eine Verletzung europarechtlicher Vorgaben ausgeschlossen (Hinweis auf Urteile des BSG vom 29. Mai 2008 – B 11a/7a AL 64/06 R und B 11a AL 23/07 R). Auch die Zuordnung der Klägerin zur Qualifikationsgruppe 3 sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf eine Beschäftigung als Kontakterin zu erstrecken, wie es auch in der mit der Klägerin geschlossenen Eingliederungsvereinbarung stehe. Für einen Zugang zu dieser Beschäftigung gebe es keine einheitlichen Ausbildungswege. Auch wenn es in der Praxis den einen oder anderen Arbeitgeber geben möge, der für die Einstellung eines Kontakters ein Studium verlange, reiche doch, wie zahlreiche Stellenangebote und der Werdegang der Klägerin belegten, eine werbefachliche Ausbildung in aller Regel aus (Hinweis auf die Unterlagen der Datenbank www.agentur.de zum Stichwort "Werbe-Kontakterin").
Auf entsprechende Aufforderung des Senats hat die Klägerin mit Schriftsätzen vom 25. Juli 2013 und vom 5. August 2013 ihr Vorbringen ergänzt und unter anderem ihre früheren Arbeitszeugnisse vorgelegt. Vom H1-Verlag hat der Senat Arbeitgeberauskünfte vom 24. Juli 2013 und vom 15. August 2013 eingeholt und sich den bei tatsächlichem Ausscheiden der Klägerin im Juni 2003 geltenden Gehaltstarifvertrag für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes vorlegen lassen. Schließlich hat der berufskundige Sachverständige W.S. vom Gesamtverband Kommunikationsagenturen auf Anforderung des Gerichts eine berufskundliche Stellungnahme vom 19. August 2013 vorgelegt. Im Verhandlungstermin am 11. September 2013 hat der Senat die Beteiligten angehört und den Streitfall mit ihnen erörtert.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der im Sitzungsprotokoll vom 11. September 2013 aufgeführten Akten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Verhandlung und der Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl. I S. 444) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden. Der für die Statthaftigkeit der Berufung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 erforderliche Schwellenwert der Beschwer der Klägerin von 750,- EUR wird offensichtlich bereits dadurch erreicht, dass der Klägerin auch bei Zugrundelegung des wegen Teilzeitverfügbarkeit reduzierten Bemessungsentgelts von täglich 79,49 EUR (155: 39 x 20) bzw. monatlich ca. 2.418,- EUR ein um mehr als 11,- EUR täglich erhöhtes Arbeitslosengeld zustünde und ihr diese Leistungsdifferenz für 360 Tage nachzuzahlen wäre. Hinzu kommen die begehrten höheren Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung.
Die Berufung ist nicht mit dem gestellten Hauptantrag, wohl aber mit dem Hilfsantrag begründet.
Verfahrensgegenstand und zulässige Klageart
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind zunächst der Bescheid der Beklagten vom 12. März 2009 und der Änderungsbescheid vom 4. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 2009. Mit diesen Bescheiden hat es die Beklagte abgelehnt, der Klägerin höheres Arbeitslosengeld als das ihr bewilligte zu gewähren und Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 148,13 EUR monatlich übernommen, womit die Klägerin wegen des der Berechnung der Beiträge zugrundliegenden Bemessungsentgelts ebenfalls nicht einverstanden ist. Gemäß § 96 SGG sind darüber hinaus aber auch die Änderungsbescheide vom 30. Mai 2009, 3. Juni 2009 und 7. Juli 2009 sowie der Teilrücknahmebescheid vom 7. Juli 2009 Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Mit diesen Bescheiden, die nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen sind, hat die Beklagte die Höhe des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 2. März bis 9. Juli 2009 auf 14,05 EUR täglich erhöht, diese Bewilligung für die Zeit ab 10. Juli 2009 teilweise in Höhe von 0,22 EUR täglich zurückgenommen, ab diesem Tage nur noch Arbeitslosengeld in Höhe von 13,83 EUR täglich gezahlt und die Höhe der übernommenen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung der Klägerin im Hinblick auf die Änderung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung zum 1. Juli 2009 sowie wegen der Höhe des Arbeitslosengeldes ab 10. Juli 2009 neu festgesetzt. Insoweit sind die ursprünglichen Bescheide abgeändert worden, so dass sie von § 96 SGG erfasst werden. Das auf die Gewährung höherer Leistungen gerichtete Klagebegehren kann mit der hier zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) verfolgt werden und betrifft einen Höhenstreit, in dem Grund und Höhe des Leistungsanspruchs grundsätzlich in vollem Umfang zu überprüfen sind (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteile des 11. Senats vom 24. November 2010 – B 11 AL 30/09 R, SozR 4-4300 § 130 Nr. 7 und des 7. Senats vom 1. März 2011 – B 7 AL 9/09 R, juris).
Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld sind dem Grunde nach für 360 Tage erfüllt
Die Klägerin hat in der hier streitigen Zeit vom 2. März 2009 bis 28. Februar 2010 die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld wegen Arbeitslosigkeit nach den §§ 117-119 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier grundsätzlich, d.h. abgesehen von den nachfolgend jeweils gekennzeichneten Gesetzesfassungen, anzuwendenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) erfüllt. Die Klägerin war arbeitslos im Sinne der §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 1 und 119 Abs. 1 Nrn. 1-3, Abs. 4 Nrn. 1-3 und Abs. 5 Nrn. 1-4 SGB III, denn sie stand nach dem Ende ihrer Beschäftigung beim H1 Verlag nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis, bemühte sich um die Beendigung der Beschäftigungslosigkeit und stand den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit uneingeschränkt zur Verfügung. Die Klägerin hat sich am 8. Dezember 2008 mit Wirkung zum 2. März 2009 persönlich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Sie hat auch die Anwartschaftszeit (§ 118 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit §§ 123 Satz 1, 124 Abs. SGB III) erfüllt. Während der für sie maßgeblichen zweijährigen Rahmenfrist vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 hat gemäß § 26 Abs. 2a Satz 1 Nrn. 1 und 2 und Satz 2 Variante 1, Abs. 2 Nr. 1 Variante 1 SGB III (in der Fassung des 4. SGB III-Änderungsgesetzes vom 19. November 2004, BGBl. I S. 2902) durchgängig für weitaus mehr als zwölf Monate Versicherungspflicht bestanden. Vom 2. März 2006 bis 1. März 2009 war das wegen der Erziehung ihres noch nicht drei Jahre alten Sohnes F. im Inland der Fall. Diese Zeit ist zu berücksichtigen, weil unmittelbar vor ihr weitere Versicherungspflichttatbestände erfüllt waren: Vor der genannten Kindererziehungszeit lief noch eine weitere Kindererziehungszeit der Tochter N. vom 29. September 2003 bis 28. September 2006, und unmittelbar vor Beginn des ersten mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots am 8. September 2003 bestand noch bis 7. September 2003 Versicherungspflicht wegen der bis dahin ausgeübten Beschäftigung (§ 24 Abs. 1 SGB III in der Fassung des Arbeitsförderungsreformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594). Ob die Klägerin in der Zeit vom 8. September bis zur Geburt ihrer Tochter am 29. September 2003 Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 1 oder 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 2318) erhalten hat, kann dabei dahinstehen, denn auch bei fehlendem Bezug von Mutterschaftsgeld während des Beschäftigungsverbots konnte sich an der Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2a SGB III nichts ändern (vgl. Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31. März 2011 – L 1 AL 43/10, juris). Allein mit ihren Beschäftigungszeiten und ohne die Zeiten des Mutterschutzes und der Kindererziehung hätte die Klägerin die Anwartschaftszeit dagegen nicht erfüllen können. Die Dauer des Anspruchs von 360 Tagen folgt aus § 127 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB III in der insoweit maßgebenden Fassung des 7. SGB III-Änderungsgesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I S. 681). In der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist vom 2. März 2004 bis 1. März 2009 bestand für die Klägerin schon unter Einbeziehung der o.g Zeiten für deutlich mehr als 24 Monate Versicherungspflicht, was mit Rücksicht auf das bei Entstehung des Leistungsanspruchs am xxxxx 2009 vollendete 37. Lebensjahr der Klägerin zu einem Leistungsanspruch von 12 Monaten, gemäß § 134 Sätze 1 und 2 SGB III umzurechnen auf 360 Kalendertage, führt.
Höhe des Anspruchs ist nach fiktivem Arbeitsentgelt zu bestimmen
Die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach den §§ 129 ff. SGB III.
Nach § 129 Nr. 1 SGB III (in der hier anzuwendenden Fassung des Zweiten SGB III-Änderungsgesetzes vom 21. Juli 1999, BGBl. I S. 1648; die späteren Änderungen der Vorschrift sind für den vorliegenden Fall nicht relevant) beträgt das Arbeitslosengeld für Arbeitslose, die – wie die Klägerin – mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, 67 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Nach § 130 Abs. 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (Satz 1). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (Satz 2). Nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums außer Betracht Zeiten, in denen der Arbeitslose Erziehungsgeld bezogen oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen hat, wenn wegen der Betreuung oder Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Nach § 130 Abs. 3 SGB III wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (Nr. 1). Kann ein Bemessungszeitraum von 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (ebenfalls) nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III). Diese Vorschrift ist uneingeschränkt anzuwenden, denn die vom Gesetzgeber getroffene Übergangsregelung des § 434 j Abs. 5 SGB III betrifft nur die Neufestsetzung des Bemessungsentgelts für vor dem 1. Januar 2005 entstandene Ansprüche, während der Anspruch der Klägerin erst mit ihrer Arbeitslosigkeit ab 2. März 2009 entstanden ist.
Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass diese fiktive Bemessung auch im Fall der Klägerin vorzunehmen ist.
Der für sie maßgebliche Bemessungsrahmen umfasst, ausgehend von ihrer Arbeitslosmeldung zum 2. März 2009 und dem letzten Tag der Versicherungspflicht durch Kindererziehung, das davor liegende Jahr vom 2. März 2008 bis 1. März 2009. Innerhalb des danach maßgeblichen einjährigen Bemessungsrahmens hat die Klägerin an keinem Tage Arbeitsentgelt erzielt, weil sie sich noch in der Elternzeit befand. Da sie auch in dem deshalb auf zwei Jahre zu erweiternden Bemessungsrahmen vom 2. März 2007 bis 1. März 2009 keine weiteren Ansprüche auf Arbeitsentgelt hatte, hatte die Beklagte eine fiktive Bemessung vorzunehmen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Bemessungsrahmen nicht in unmittelbarer oder verfassungskonformer Anwendung des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB III zu erweitern, wie dies vom SG Berlin in seiner Entscheidung vom 29. Mai 2006 (Aktenzeichen S 77 AL 961/06) vertreten worden ist. Eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift auf den vorliegenden Fall wäre mit ihrem Zweck nicht zu vereinbaren. Die Regelung soll Arbeitslose nur davor schützen, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einfließen, die nach § 131 Abs. 1 in Verbindung mit § 130 Abs. 1 SGB III eigentlich zu berücksichtigen wären, in denen aber das erzielte Arbeitsentgelt wegen der Kindererziehung atypisch niedrig und daher nicht repräsentativ war (vgl. BSG, Urteile vom 16. Dezember 2009 – B 7 AL 39/08 R, info also 2010, S. 171 mit weiteren Nachweisen, und vom 25. August 2011 – B 11 AL 19/10 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 7, beide Entscheidungen auch in juris veröffentlicht). Die von der Klägerin zur Stützung ihrer Auffassung herangezogene Entscheidung des SG Berlin hat keine Rechtskraft erlangt. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat sie aufgehoben und die Klage der Klägerin jenes Verfahrens abgewiesen (Urteil vom 16. Oktober 2007 – L 12 AL 318/06). Die hiergegen eingelegte Revision hat das BSG mit der zitierten Entscheidung vom 25. August 2011 (a.a.O.) zurückgewiesen und unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 29. Mai 2008 – B 11a AL 23/07 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 1 und vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 23/08 R, a.a.O. Nr. 3) sowie auf drei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, mit denen die gegen das genannte Urteil vom 29. Mai 2008 erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss vom 11. März 2010 – 1 BvR 2909/08) und Vorlagebeschlüsse der Sozialgerichte Dresden und Aachen als unzulässig verworfen worden sind (BVerfG, Beschlüsse vom 10. März 2010 – 1 BvL 11/07 und vom 14. März 2011 – 1 BvL 13/07), ausgeführt, dass es weder gegen Verfassungsrecht noch gegen europäische Richtlinien zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen, insbesondere nicht gegen die Richtlinie 79/7/EWG vom 19. Dezember 1978 verstoße, dass Arbeitsentgelt, welches außerhalb des Bemessungsrahmens erzielt worden sei, nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden könne. Dieser höchstrichterlich gefestigten Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Von den entschiedenen Fällen unterscheidet sich der vorliegende Fall entgegen der Auffassung der Klägerin nicht wesentlich; insbesondere hat auch die Klägerin die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nur durch Versicherungszeiten nach § 26 Abs. 2a SGB III und nicht durch ihre frühere Beschäftigung erfüllt.
Zuordnung zu der nach § 132 Abs. 2 SGB III maßgeblichen Qualifikationsgruppe
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat ( § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III ist dabei zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die
1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt von 1/300 der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/360 der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/450 der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von 1/600 der Bezugsgröße.
Nach diesem Normkonzept ist die Höhe des nach § 132 Abs. 2 SGB III anzusetzenden fiktiven Arbeitsentgelts in zwei Schritten zu prüfen. Zunächst ist gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III festzustellen, auf welche Beschäftigung die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen – unter Berücksichtigung des für ihn nach seiner Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit und den Anforderungen der angebotenen Stellen in Betracht kommenden Arbeitsangebots ( § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III) – in erster Linie zu erstrecken hat, um ihn bestmöglich in den Arbeitsmarkt einzugliedern (Schritt 1). Ist diese Beschäftigung festgestellt, ist sie einer der in § 132 Abs. 2 Satz 2 genannten vier Qualifikationsgruppen zuzuordnen (Schritt 2).
Die Beklagte hatte ihre Vermittlungsbemühungen für die Klägerin in erster Linie auf eine Beschäftigung als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin zu erstrecken. Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus der Stellungnahme des berufskundigen Sachverständigen W.S. vom 19. August 2013. Dieser hat schlüssig und überzeugend dargelegt, dass die Klägerin in eine Beschäftigung für lediglich gelernte Werbekaufleute, insbesondere als sog. Junior-Kontakterin, nicht eingestellt worden wäre, weil man sie hierfür als überqualifiziert angesehen hätte. Denn die Position einer Junior-Kontakterin wird nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen überwiegend mit "Branchenneulingen" oder Kandidaten mit geringer Berufserfahrung besetzt, um neben den fachlichen Kompetenzen insbesondere die Teamfähigkeiten für die Chancen der beruflichen Weiterentwicklung "am Kunden" zu überprüfen. Über diesen Status ist die Klägerin ausweislich ihres bis zum Entstehen des Leistungsanspruchs auf Arbeitslosengeld am 2. März 2009 zurückgelegten beruflichen Werdeganges weit hinaus. Entscheidend hierfür ist weniger ihr förmlichen Berufsabschluss als Werbekauffrau, sondern vor allem die für eine Tätigkeit als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin geforderte mehrjährige einschlägige Berufserfahrung und das erforderliche Know-how als Werbekontakterin, das sie bei verschiedenen namhaften Werbeagenturen und beim H1-Verlag in H. erworben hatte. Weiter hat der Sachverständige ausgeführt und nachgewiesen, dass der Arbeitsmarkt für Beschäftigungen als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin der Klägerin trotz der längeren Berufspause auch als Teilzeitbeschäftigung mit 20 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit zugänglich war.
Die Zuordnung zu einer der in § 132 Abs. 2 SGB III genannten Qualifikationsgruppen macht das Gesetz grundsätzlich davon abhängig, dass entsprechende formelle Berufsabschlüsse vorliegen bzw. für eine Ausübung der Beschäftigung vorgeschrieben sind ("erfordern"). Denn die in § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III aufgeführten Qualifikationsgruppen sind in ihrer Grundstruktur so angelegt, dass einem bestimmten Ausbildungsniveau des Betroffenen ein bestimmtes Entgelt zuzuordnen ist (vgl. Marschner in GK SGB III, Stand April 2006, Randnummer 9 zu § 132). Der durch das Arbeitslosengeld zu ersetzende Lohnausfall, den ein Arbeitsloser dadurch erleidet, dass er gegenwärtig keinen bezahlten Arbeitsplatz findet, kann nach längerer Berufspause nicht mehr anhand des früher erzielten Verdienstes festgestellt, sondern muss unter Berücksichtigung der vorhandenen Qualifikation nach den aktuellen Verdienstmöglichkeiten bestimmt werden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Mai 2008 – B 11a AL 23/07 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 1 = BSGE 100, S. 295). Während nach §§ 112 Abs. 7 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), 133 Abs. 4 SGB III aF der anzunehmende Verdienstausfall individuell anhand des ortsüblichen oder tariflichen Arbeitsentgelts der Tätigkeit zu bestimmen war, in die der Arbeitslose nach seinen persönlichen Verhältnissen und den Anforderungen der angebotenen Stellen günstigstenfalls zu vermitteln war, wollte der Gesetzgeber mit der Einführung des § 132 SGB III das Verfahren zur Feststellung des Arbeitsentgelts, das ein Arbeitsloser nach längerer Berufspause durch die Verwertung seiner Arbeitskraft voraussichtlich erzielen kann, deutlich und nachhaltig vereinfachen und durch eine typisierende und pauschalierende Regelung ersetzen, um die personellen Ressourcen der Bundesagentur für Arbeit stärker als bisher auf die Vermittlung zu konzentrieren und so zu einem Abbau der Arbeitslosigkeit beizutragen (vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs der damaligen Regierungsfraktionen, BT- Drucksache 15/1515, S. 71, 73 und 85 (Einzelbegründung zu § 132)). Dieser, mit der neuen Bemessungsmethode bezweckten Abkehr von der individuellen Ermittlung des erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelts wird am ehesten eine Normanwendung gerecht, die die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe anhand objektiver, leicht festzustellender Merkmale vornimmt. In der Regel wird deshalb darauf abzustellen sein, ob der Arbeitslose tatsächlich über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen förmlichen Berufsabschluss verfügt. Dieser bestimmt, da er sehr häufig bei Bewerbungen auf Arbeitsstellen anzugeben und nachzuweisen ist, auch in hohem Maße die Auswahlentscheidungen potenzieller Arbeitgeber und damit die Feststellung der in Betracht kommenden Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 – B 11 AL 21/11 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 8 mit umfangreichen Nachweisen; ebenso Bayerisches LSG, Urteil vom 27.05.2009 – L 10 AL 378/07, info also 2010, S. 75).
Allerdings muss eine in der Vergangenheit erworbene förmliche berufliche Qualifikation nicht immer allein maßgeblich dafür sein, welcher Qualifikationsgruppe ein Arbeitsloser zuzuordnen ist. Je länger und erfolgreicher er in der Vergangenheit tatsächlich eine im Vergleich zu seinem formellen Qualifikationsniveau höherwertige Tätigkeit ausgeübt hat, welche die Zuordnung zu einer höherwertigen Qualifikationsgruppe gestattet, und je eher aufgrund dieser Tätigkeit eine Vermittlung in eine entsprechende Beschäftigung realistisch erscheint, desto mehr können derartige Gesichtspunkte auch die Zuordnung zu einer entsprechend höherwertigen Qualifikationsgruppe rechtfertigen. Durch eine mehrjährige berufliche Tätigkeit und die damit verbundene Berufserfahrung kann deshalb eine höhere Qualifikation erworben werden, als sie dem formalen Ausbildungsniveau entspricht. Erfordert die Beschäftigung, auf die die Vermittlung des Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken ist, in der Regel eine solcherart erworbene oder vorhandene höherwertige Qualifikation, wird hierdurch nach dem Günstigkeitsprinzip auch die maßgebliche Qualifikationsgruppe bestimmt (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 18. Februar 2009 – L 1 AL 234/07, juris; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand März 2007, Randnummern 29, 33 und 38 zu § 132; Rokita in Schönefelder/Kranz/Wanka, SGB III, Stand Juli 2006, Randnummern 16 f., 19, 32 f. zu § 132; Valgoglio in Hauck-Noftz, SGB III, Stand Mai 2012, Randnr. 37 zu § 152; Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt/De Caluwe, SGB III, 3. Auflage, Randnrn. 16 bis 19 zu § 132).
Nach diesen Grundsätzen war die Klägerin der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Zwar verfügt sie nicht über den für diese Qualifikationsgruppe erforderlichen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss. Jedoch erfordert die Tätigkeit einer Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin, auf welche die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen in der hier streitigen Zeit in erster Linie zu erstrecken hatte, regelmäßig den Abschluss eines Hoch- oder Fachhochschulstudiums mit Schwerpunkt Marketing/Werbung/Kommunikation. Diese Anforderung können Bewerber, die lediglich über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Werbekauffrau bzw. Werbekaufmann verfügen, nur dadurch wettmachen, dass sie über eine mehrjährige spezifische Berufserfahrung, also eine Qualifikation verfügen, die über den förmlichen werbefachlichen Berufsabschluss deutlich hinausgeht und damit der Qualifikation eines Hoch- oder Fachhochschulabsolventen entspricht. Gerade das ist bei der Klägerin der Fall. Sie ist deshalb nach dem Günstigkeitsprinzip der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Der Senat stützt seine Beurteilung in tatsächlicher Hinsicht auf die berufskundliche Stellungnahme des Sachverständigen S. vom 19. August 2013. Danach erfüllt die Klägerin nur durch die Kombination aus ihrer abgeschlossenen Berufsausbildung als Werbekauffrau und ihrer mehrjährigen einschlägigen Berufsausbildung die für Tätigkeiten als Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin sonst geforderte Qualifikation eines abgeschlossenen Studiums mit Schwerpunkt Marketing/Kommunikation. In Frage kommende Arbeitgeber hätten nur mit Rücksicht hierauf das Fehlen eines abgeschlossenen Studiums als entbehrlich angesehen. Dass eine solche Qualifikation von den betreffenden Bewerbern in der Regel erwartet wird, folgt zur Überzeugung des Senats aus den der Stellungnahme vom 19. August 2013 angefügten Anlagen IV, V, VI und VII. Aus ihnen ergibt sich im Einzelnen Folgendes:
• Nach der Anlage IV (Studie GWA Herbstmonitor 2010) haben 70 v.H. der im Auftrag des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen im Jahre 2010 befragten Mitgliedsfirmen angegeben, dass sie bei Bewerbern im Bereich Beratung/Marketing einen Abschluss als Diplom/Magister bevorzugen. Weitere 7 v.H. der Befragten bevorzugten einen Abschluss als Master. • Dem entspricht es, dass nach der Anlage V (GWA HRM Studie 2009), derzufolge im September 2009 unter anderem 574 Mitarbeiter von Werbeagenturen befragt wurden, insgesamt 65 v.H. der Mitarbeiter über einen Universitäts- (32 v.H.), einen Fachhochschul- (26 v.H.) oder einen im berufsbegleitenden Studium erworbenen Abschluss (7 v.H.) verfügten, während 37 v.H. der Mitarbeiter eine abgeschlossene Berufsausbildung vorzuweisen hatten. • Dieses Bild wird von den der Stellungnahme als Anlage VI beigefügten Stellenanzeigen bekräftigt. Beispielhaft verlangt die Stellenanzeige der Firma defacto.x als Profil für eine Tätigkeit als Senior Account Manager Dialogmarketing: "Abgeschlossenes (Fach)Hochschulstudium, idealerweise Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing/Dialogmarketing bzw. Kommunikation oder eine vergleichbare (Hervorhebung durch den Senat) marketingfachliche Ausbildung" sowie "mindestens 2-4 Jahre Berufserfahrung in der (Dialog)-Marketingbranche". • In der der Stellungnahme vom 19. August 2013 beigefügten Anlage VII wird zum Beruf des Kontakters/Kundenberaters ausgeführt: "Voraussetzung für diesen Beruf ist nicht immer, aber immer öfter ein Studium". Weiter heißt es dort: "Ein betriebswirtschaftliches Studium mit Schwerpunkt Marketing, Medien oder Kommunikation ist von Vorteil. Einen speziellen Studiengang oder Ausbildungsberuf gibt es nicht. Gelegentlich werden auch Werbekaufmänner/-frauen in Trainee-Programmen in der Agentur zum Kontakter ausgebildet. Erfahrungen aus anderen Bereichen sowie aus anderen Disziplinen (die jeweils beispielhaft aufgeführt werden) sind für die Berater von großem Vorteil."
Dass für die Tätigkeit einer Senior-Kundenberaterin/-Kontakterin allein die abgeschlossene werbefachliche Ausbildung nicht ausreicht, ergibt sich auch aus den von den Beteiligten im Übrigen vorgelegten Stellenanzeigen und berufskundlichen Unterlagen. So ist in den Anlagen K 7 und K 9 zum Berufsbild des Kontakters ausgeführt, dass neben einem Studium eine werbefachliche Ausbildung den Berufseinstieg als Kontakter ermöglicht. Eine solche Qualifikation verlangt auch die als Anlage K 8 vorgelegten Stellenanzeige der Firma S1 Konzept- und Werbeagentur für die Tätigkeit eines(r) Junior-Kontakters(in), während für die Stelle eines (r) Senior-Kontakters (in) darüber hinaus spezifische Berufserfahrung erwartet wird. Gleiches gilt für die in der Anlage K 8 ebenfalls enthaltene Stellenanzeige der Agentur für integrierte K. vom 21. Oktober 2009. Auch der Anlage K 9 ist zu entnehmen, dass der Aufstieg vom Junior- zum (Senior-)Kontakter entsprechende Berufserfahrung voraussetzt, und dass Aufstiegsorientierten ein wirtschaftswissenschaftliches Studium mit Marketing-Schwerpunkten empfohlen wird.
Demgegenüber kann nach Auffassung des Senats für die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe nicht ausschließlich darauf abgestellt werden, welchen förmlichen Berufsabschluss die Tätigkeit einer Senior-Kundenberaterin/-kontakterin im Sinne einer Mindestanforderung "erfordert". Bei einer solchen Betrachtungsweise müsste die Klägerin auch dann, wenn sie einen Hoch- oder Fachhochschulabschluss besäße, der Qualifikationsgruppe 3 zugeordnet werden. Blendete man die regelhaft erwartete Qualifikation, hier das Erfordernis eines Hoch- oder Fachhochschulabschlusses, und das bei Bewerbern mit einer werbefachlichen Ausbildung weitere Qualifikationserfordernis langjähriger einschlägiger Berufserfahrung als nach der gesetzlichen Konzeption des § 132 SGB III nicht zu prüfende Kriterien aus, und sähe man den Zugang zu dieser Beschäftigung entweder durch eine abgeschlossene Berufsausbildung als Werbekauffrau oder durch Personen mit einem Hochschulabschluss als eröffnet an, käme man allerdings zu einer Zuordnung in die Qualifikationsgruppe 3 (vgl. zur Tätigkeit einer Pharmareferentin BSG, Urteil vom 4. Juli 2012 – B 11 AL 21/11 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 8, wo jedoch die Frage, ob eine tatsächlich ausgeübte höherwertige Tätigkeit für die Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe entscheidend sein kann, wenn eine Vermittlung in eine solche Beschäftigung realistisch erscheint, ausdrücklich offen gelassen worden ist). Eine solche, stärker am Wortlaut des § 132 Abs. 2 SGB III haftende Sichtweise würde jedoch dem Begriff der "beruflichen Qualifikation" im Sinne dieser Norm nicht gerecht, den aktuell erzielbaren Verdienst der Klägerin nicht annähernd angemessen wiederspiegeln und die verfassungsrechtlichen Grenzen zulässiger Typisierung überschreiten. § 132 Abs. 2 SGB III ist deshalb verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass das Wort "erfordern" nicht die erwartete oder vorgeschriebene Mindestqualifikation meint, sondern die in der Regel erwartete Qualifikation. Zu beachten ist insoweit, dass die Notwendigkeit der Ordnung und der verwaltungspraktikablen Bearbeitung von Massenerscheinungen in Form typisierender Regelungen nicht jede Härte im Einzelfall zu rechtfertigen vermag. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, ist eine Typisierung von Massenerscheinungen nur dann zulässig, wenn die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Wesentlich ist ferner, ob die Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sind; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Oktober 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, S. 348 und vom 14. Juni 1994 – 1 BvR 1022/88, BVerfGE 91, S. 93). Beantwortete man die Frage, welche Qualifikation eine Beschäftigung erfordert, auf die sich die Vermittlung der Beklagten in erster Linie zu erstrecken hat, ausschließlich nach dem mindestens erforderlichen Berufsabschluss des Arbeitslosen, müsste dies bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes zu gleichheitswidrigen Zufallsergebnissen führen, die den in der Arbeitswelt tatsächlich erzielbaren Verdiensten eines fiktiv einzustufenden Arbeitslosen mit höherwertiger als der rein formalen, mindestens erforderlichen Qualifikation nicht mehr entsprächen. Arbeitnehmer wie die Klägerin, deren Vermittlung sich in erster Linie auf Beschäftigungen zu erstrecken hat, die Berufsanfängern mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung in der Regel gerade nicht zugänglich sind, würden ungeachtet der im Arbeitsleben tatsächlich geforderten Qualifikationen den Berufsanfängern gleichgestellt. Die hiermit verbundenen Härten und Ungerechtigkeiten wären intensiv und beträfen eine Vielzahl von Personen. Auch die praktischen Erfordernisse der Verwaltung geben für eine gegenteilige Sichtweise nichts her. Für die Vermittlungstätigkeit und die nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III vorzunehmende Prüfung, auf welche Beschäftigung die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen – unter Berücksichtigung des für ihn nach seiner Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit und den Anforderungen der angebotenen Stellen in Betracht kommenden Arbeitsangebots ( § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III) – in erster Linie zu erstrecken hat, um ihn bestmöglich in den Arbeitsmarkt einzugliedern, muss die Bundesagentur für Arbeit die regelhaften Qualifikationsanforderungen der Arbeitgeber und die insgesamt vorhandenen Qualifikationen der Arbeitslosen unabhängig davon feststellen, ob und ggf. über welchen formalen Berufsabschluss sie verfügen. Dem mit der Einführung des § 132 SGB III verfolgten Gesetzeszweck der Verwaltungsvereinfachung läuft die Auffassung des Senats ebenfalls nicht zuwider, weil mit der Zuordnung zu einer Qualifikationsgruppe nach dem Günstigkeitsprinzip das Bemessungsentgelt nicht mehr individuell, sondern nach Bruchteilen der jeweiligen Bezugsgröße festzustellen ist.
Zur Berechnung des der Klägerin zu gewährenden Arbeitslosengeldes und des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
Die Berechnung des der Klägerin gewährten Arbeitslosengeldes ist den gesetzlichen Vorgaben entsprechend vorzunehmen (§§ 129 Nr. 1, 132 Abs. 1 und 2 Nr. 4, 133 Abs. 1 und 2 sowie 134 SGB III). Die im Jahre 2009 geltende Bezugsgröße (West) betrug nach § 2 Abs. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2009 vom 2. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2336) 30.240,- EUR jährlich. Hieraus ergibt sich bei Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 ein tägliches Bemessungsentgelt von 100,80 EUR (30.240/300). Dieses Bemessungsentgelt ist wegen der auf 20 Stunden wöchentlich begrenzten Verfügbarkeit der Klägerin gemäß § 131 Abs. 5 Satz 3 SGB III auf 51,69 EUR zu reduzieren und gemäß § 338 Abs. 1 und 2 SGB III (in der Fassung des Job-Aqtiv-Gesetzes vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443) auf 51,70 EUR aufzurunden. Unter Berücksichtigung der Steuerklasse 3 und der Sozialversicherungspauschale von 21 v.H. ist danach das Leistungsentgelt zu bestimmen und hieraus das kalendertägliche Arbeitslosengeld nach dem erhöhten Leistungssatz von 67 v.H. zu bestimmen und nachzuzahlen. Entsprechend ist die Höhe des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegepflichtversicherung gemäß § 207a SGB III in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378) neu zu errechnen und nachzuzahlen.
Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
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