Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1581/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 705/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für die Zuordnung zu der jeweiligen Qualifikationsgruppe i.S.d. § 132 Abs. 1 SGB III a.F. kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Arbeitslose tatsächlich über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen förmlichen Berufs-abschluss verfugt.
Entlohnungen, die der Arbeitslose im Hinblick auf einen früheren Abschluss als erzielbar annimmt, sind für die Einstufung unerheblich.
Bei der Frage, auf welche Tätigkeiten die Bundesagentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat, ist auch das individuelle Leistungsprofi 1, bspw. der zeitliche Abstand zum Ausbildungsabschluss und die Einschlägigkeit zwischenzeitlicher Erwerbstätigkeiten, zu berücksichtigen.
Für die Anwendung der Bestandsschutzregelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. ist grds. nur der rechtmäßige tatsächliche Bezug relevant. Ob auch der rechtswidrige Bezug geschützt ist, wenn der zu Grunde liegende Bewilligungsbescheid nicht mit Wirkung für die Vergangenheit oder Zukunft aufgehoben oder zurückgenommen worden ist, ist dann unbeachtlich, wenn die frühere Bewilligung vorläufig erfolgt ist. Soweit die Bundesagentur hierdurch deutlich macht, dass sie dem damaligen Bewilligungsbescheid keine Bindungswirkung beimessen wollte, entfaltet dieser für eine spätere Leistungsgewährung keinen Schutz i.S.d. § 131 Abs. 4 SGB III.
Entlohnungen, die der Arbeitslose im Hinblick auf einen früheren Abschluss als erzielbar annimmt, sind für die Einstufung unerheblich.
Bei der Frage, auf welche Tätigkeiten die Bundesagentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat, ist auch das individuelle Leistungsprofi 1, bspw. der zeitliche Abstand zum Ausbildungsabschluss und die Einschlägigkeit zwischenzeitlicher Erwerbstätigkeiten, zu berücksichtigen.
Für die Anwendung der Bestandsschutzregelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. ist grds. nur der rechtmäßige tatsächliche Bezug relevant. Ob auch der rechtswidrige Bezug geschützt ist, wenn der zu Grunde liegende Bewilligungsbescheid nicht mit Wirkung für die Vergangenheit oder Zukunft aufgehoben oder zurückgenommen worden ist, ist dann unbeachtlich, wenn die frühere Bewilligung vorläufig erfolgt ist. Soweit die Bundesagentur hierdurch deutlich macht, dass sie dem damaligen Bewilligungsbescheid keine Bindungswirkung beimessen wollte, entfaltet dieser für eine spätere Leistungsgewährung keinen Schutz i.S.d. § 131 Abs. 4 SGB III.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für die Zeit ab dem 19.01.2011 höheres Arbeitslosengeld.
Der am 05.10.1958 geborene, geschiedene und kinderlose Kläger hat, nachdem er zuvor als Bank- bzw. Bürokaufmann tätig war, vom 01.09.1984 - 19.09.1986 bei der Verwaltungs- und Wirtschafts- Akademie Freiburg nach einem berufsbegleitenden Studium den Abschluss zum Immobilienwirt (Diplom-VWA Freiburg) erworben (Prüfungszeugnis vom 19.09.1986). Vom 01.07.1992 - 31.08.2000 war er sodann als selbständiger Immobilien- und Finanzmakler und Gutachter für unbebaute Grundstücke tätig. Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit und einer Weiterbildung im kaufmännischen Bereich (Mai 2001 - Januar 2002) war er, unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit, von Mai 2002 - Januar 2004 als Außendienstmitarbeiter bei der GSI Mühlacker und als Bürokaufmann bei der Stadt Pforzheim versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss hieran war der Kläger nicht mehr erwerbstätig. Nachdem er vom 06.01. – 30.09.2004 von der Beklagten Arbeitslosengeld bezogen hatte, bewilligte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Bescheiden vom 22.03.2005 und vom 04.12.2006 für die Zeit vom 01.10.2004 - 29.02.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nachdem der Kläger im Anschluss hieran wiederum vom 01.03. - 24.04.2008 Arbeitslosengeld von der Beklagten bezogen hatte (Änderungsbescheid vom 02.07.2008), er sodann vom 25.04.2008 - 19.05.2009 von der BKK ALP plus Krankengeld erhielt, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 04.06.2009 Arbeitslosengeld ab dem 20.05.2009 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 36,31 EUR für 450 Kalendertage. Sie führte aus, die Zahlungen erfolgten vorläufig auf Grundlage von § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), die Arbeitslosengeldgewährung erfolge nach einem Arbeitsentgelt von 100,80 EUR täglich, es läge "die Regelbemessung" zu Grunde. Selbige entnahm die Beklagte daraus, dass sie den Kläger in die Qualifikationsgruppe 1 einstufte und ein Dreihundertstel der Bezugsgröße als fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde legte. Nachdem der Kläger bis zum 13.12.2009 - für 205 Kalendertage - Arbeitslosengeld in diesem Umfang bezog, erhielt er vom 14.12.2009 - 18.01.2011, unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld vom 01. - 29.09.2010, erneut Krankengeld von der BKK ALP plus.
Nachdem sich der Kläger zum 19.01.2011 bei der Beklagten arbeitslos meldete, bewilligte diese dem Kläger mit Bescheid vom 28.01.2011 Arbeitslosengeld für 425 Tage ab dem 19.01.2011 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 32,82 EUR. Sie legte hierbei ein Bemessungsentgelt von 85,17 EUR täglich, welches fiktiv nach der Qualifikationsgruppe 2 berechnet wurde, zu Grunde.
Hiergegen erhob der Kläger am 03.02.2011 Widerspruch, mit dem er geltend machte, das Bemessungsentgelt sei falsch festgesetzt. Er habe im Jahr 2009 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 mit einem Bemessungsentgelt von 100,80 EUR täglich bezogen, weswegen ihm nunmehr wiederum Arbeitslosengeld nach dieser Einstufung zu gewähren sei. Diese sei korrekt festgesetzt worden. Ferner sei die Dauer des Anspruchs nicht nachvollziehbar, da er aus dem vorherigen Arbeitslosengeldbezug noch einen Restanspruch von acht Monaten und fünf Tagen für sich reklamieren könne, der zu dem, aus dem mehr als einjährigen Krankengeldbezug und seinem Lebensalter folgenden, neu erworbenen Anspruch zu addieren sei.
Nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 18.02.2011 darauf hingewiesen hatte, dass sich die Anspruchsdauer von 425 Kalendertagen aus dem noch bestehenden Restanspruch von 245 Kalendertagen ergebe und sich aus dem versicherungspflichtigen Bezug von Kranken- und Übergangsgeld von 401 Tagen ein neuer Anspruch von sechs Monaten ergebe - das Lebensalter sei insofern unerheblich -, wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Bemessungsentgelt sei korrekt berechnet worden. Da sich auch im erweiterten Bemessungsrahmen von zwei Jahren keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellen ließen, sei ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Hierbei sei der Kläger in die Qualifikationsgruppe 2 einzustufen, weil ihre, der Beklagten, Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf eine Tätigkeit als Immobilienfachwirt zu erstrecken seien. Diese Beschäftigung erfordere keine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung, sondern sei eine Aufstiegsfortbildung mit IHK-Prüfung. Diese könne nur in die Qualifikationsgruppe 2 zugeordnet werden. Die Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) betrage jährlich 30.660,- EUR. Für die Qualifikationsgruppe 2 ergebe sich daher ein tägliches Bemessungsentgelt i.H.v. 85,17 EUR. Der Kläger könne sich auch nicht auf Bestandsschutz nach einem höheren Vorbezug von Arbeitslosengeld berufen. Zwar habe er innerhalb der letzten zwei Jahre vor Entstehung des Leistungsanspruchs zuletzt am 13.12.2009 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 100,80 EUR täglich bezogen, die Bestandsschutzregelung binde jedoch dann nicht, wenn die Bemessung des Vorbezugs rechtswidrig gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 14.03.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit der er vorgetragen hat, seine Ausbildung zum Immobilienwirt Diplom-VWA sei eindeutig der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Dies entspräche den tatsächlichen Einkommensverhältnissen in der Immobilienwirtschaft; für Immobilienwirte mit VWA-Diplom seien durchschnittlich zwischen 48.000,- und 103.000,- EUR (brutto) jährlich erzielbar. Zudem sei ihm bereits wegen der früheren Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1 auch nunmehr Arbeitslosengeld nach dieser Qualifikationsgruppe zu gewähren. Hierzu hat der Kläger unter Vorlage eines Auszuges der Qualifikationsgruppeneinteilung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ferner ausgeführt, er sei als Inhaber eines an einer Akademie erworbenen Diploms unabhängig davon, ob er einen Fachschul- oder einen Fachhochschulabschluss vorweisen könne, in die Qualifikationsgruppe 1 einzuordnen. Weiterhin hat der Kläger seine Ansicht, dass der neu erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld bei einem Arbeitslosen von über 50 Jahren 450 Kalendertage betrage, weiterverfolgt.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten. Ergänzend hat sie vorgetragen, bei der fiktiven Bemessung seien einmal erworbene formale Abschlüsse nicht maßgeblich. Die Dauer des dem Kläger bewilligten Anspruchs auf Arbeitslosengeld entspräche den gesetzlichen Vorgaben. Aus den Zeiten des Bezugs von Kranken- und Übergangsgeld vom 14.12.2009 - 18.01.2011 (401 Tage = 13,67 Monate) resultiere ein Arbeitslosengeldanspruch von sechs Monaten. Ein weitergehender Anspruch sei erst bei einer Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse von mindestens 30 Monaten möglich.
Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.2011 (Bl. 61 der SG-Akte) zunächst die Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen des Wegfalls der Verfügbarkeit ab dem 12.04.2011 aufgehoben hat, hat sie diesen Bescheid auf einen Widerspruch des Klägers hin mit Bescheid vom 26.04.2011 wieder aufgehoben.
Auf Anfrage des SG wurde durch eine Mitarbeiterin der Deutschen Immobilien- Akademie an der Universität Freiburg GmbH unter dem 14.11.2011 mitgeteilt, dass es sich bei dem vom Kläger erworbenen Abschluss um einen Fachschulabschluss handle, der den Abschluss in einer einschlägigen Berufsausbildung oder einer entsprechenden berufspraktischen Tätigkeit voraussetze.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass weder die im angefochtenen Bescheid vom 28.01.2011 (Widerspruchsbescheid vom 24.02.2011) verfügte Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld noch dessen Höhe zu beanstanden sei. Der vom Kläger durch den Bezug von Kranken- und Übergangsgeld erworbene neue Anspruch auf Arbeitslosengeld belaufe sich auf sechs Monate, sei jedoch gemäß § 127 Abs. 4 SGB III in der bis 31.03.2012 gültigen Fassung des Gesetzes (a.F.) um die Restdauer des wegen der Entstehung des neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs zu verlängern, weil seit Entstehen des Anspruchs zum 20.05.2009 noch keine vier Jahre verstrichen seien, sodass der Kläger insg., wie von der Beklagten verfügt, Arbeitslosengeld für 425 Tage beanspruchen könne. Die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes sei mit 32,82 EUR täglich auf Grundlage eines Bemessungsentgelts von 85,17 EUR gleichfalls nicht zu beanstanden. Unter Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid hat das SG hierzu ausgeführt, dass die fiktive Bemessung des Bemessungsentgelts auf der Grundlage der Qualifikationsgruppe 2 rechtmäßig sei. Nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. sei für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspräche, die für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken habe. Aufgrund des Lebenslaufs des Klägers komme eine Vermittlung in den Beruf des Bürokaufmanns sowie eine Tätigkeit als Immobilienwirt entsprechend der Ausbildung aus dem Jahr 1986 und der Tätigkeit als Immobilienmakler von 1992 - 2000 in Betracht. Beide Tätigkeiten seien jedoch nicht der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Bei der Tätigkeit als Bürokaufmann handle es sich um einen Ausbildungsberuf, der der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen wäre. Hinsichtlich der erfolgten Ausbildung zum Immobilienwirt handele es sich nach der eingeholten Auskunft des Ausbildungsträgers um eine Fachschulausbildung. Eine Fachhochschulausbildung oder Hochschulausbildung wie sie für die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 erforderlich sei, habe der Kläger nicht absolviert. Für eine Tätigkeit in der Immobilienwirtschaft sei regelmäßig weder eine Fachhochschul- noch eine Hochschulausbildung erforderlich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den bisherigen Tätigkeiten des Klägers. Dieser sei von 1992 - 2000 als Immobilienmakler tätig gewesen, ausreichend sei insofern eine Aus- bzw. Weiterbildung im Immobilienbereich. Der Kläger könne sich auch nicht auf die Bestandsschutzregelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. berufen. Es erscheine, so das SG, bereits fraglich, ob diese Regelung im Rahmen der fiktiven Bemessung nach § 132 SGB III a.F. überhaupt anzuwenden sei, dies könne jedoch offen bleiben, weil aus der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 20.05.2009 bereits deshalb kein höherer Anspruch auf Arbeitslosengeld abgeleitet werden könne, weil die damalige Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1 rechtswidrig gewesen sei und daher kein Bestandsschutz habe erwachsen können.
Gegen den am 23.01.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.02.2013 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt der Kläger vor, der vom SG zu Grunde gelegte Tatbestand stimme mit dem tatsächlichen Sachverhalt nicht überein. Das SG habe Rechtsprechung einseitig berücksichtigt und übersehen, dass das Landessozialgericht (LSG) Celle-Bremen in seinem Urteil vom 31.05.2006 einen vergleichbaren Sachverhalt im Sinne seines Begehrens gewürdigt habe. Er betont, dass ihm bereits mit Bescheid vom 02.07.2008 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 bewilligt worden sei. Er sei, entgegen den Ausführungen des SG, auch nicht Immobilienfachwirt mit IHK-Abschluss sondern Immobilienwirt Diplom- VWA. Dieses Diplom sei - und hierzu verweist er auf die im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der Deutschen Immobilien- Akademie an der Universität Freiburg GmbH vom 30.10.2013 - als ein Diplom einer Akademie mit Hochschulcharakter zu werten. Er habe überdies eine "Grundausbildung" als Bankkaufmann vorzuweisen, die gänzlich außer Betracht gelassen worden sei. Die für Immobilienwirte mit VWA-Diplom möglichen Einkünfte von 50.000,- EUR - 103.000,- EUR jährlich seien mit der Qualifikationsgruppe 1 eher zu vergleichen als mit der Qualifikationsgruppe 2. Überdies sei er in den Bescheiden darauf verwiesen worden, dass wenn er innerhalb von zwei Jahren zuvor Arbeitslosengeld nach einem höheren Bemessungsentgelt bezogen habe, dieses maßgeblich bleibe. Die Ausführungen des SG zur Bestandsschutzregel des § 151 SGB III, der so der Kläger, richtigerweise zu zitieren sei, seien nicht nachvollziehbar, da kein Hinweis darauf ersichtlich sei, dass diese Regelung bei der fiktiven Bemessung nicht anzuwenden sei. Zuletzt hat der Kläger einen Ausdruck des Internetauftritts der VWA und eine Mehrfertigung der ihm unter dem 22.04.1986 erteilten Zulassung zur Diplom-Prüfung vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014 hat der Kläger sein Begehren betreffend die Dauer des ihm bewilligten Arbeitslosengeldes nicht mehr weiter verfolgt und auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes beschränkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 zu verurteilen, ihm ab dem 19. Januar 2011 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts nach der Qualifikationsstufe 1 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Sie betont, dass der Kläger über keine abgeschlossene Hochschulausbildung verfüge und dieser verkenne, dass für die Zuordnung in die Qualifikationsgruppen maßgeblich sei, auf welche Tätigkeit sie ihre Vermittlungsbemühungen zu erstrecken habe. Der Kläger, der seit 2004 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe, könne ein Entgelt, wie es der Qualifikationsgruppe 1 zu Grunde liege, nicht mehr erzielen. Das vom Kläger angeführte LSG-Urteil könne hieran nichts ändern, weil § 131 Abs. 4 SGB III a.F. keine Anwendung finde, wenn die Höhe des vorbezogenen Arbeitslosengeldes fiktiv bemessen worden sei und überdies eine rechtswidrige Bewilligung keinen Bestandsschutz begründen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Beklagten für den Kläger geführte Verwaltungsakte sowie die Prozessakten beider Rechtszüge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung, die bereits in Ansehung der vom Kläger begehrten höheren Leistungsbewilligung für den ihm bewilligten Zeitraum von 425 Tagen, d.h. für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, ohne Zulassung statthaft ist (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist zulässig, führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg.
Das SG hat die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 28.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2011, mit dem dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 19.01.2011 in einer Höhe von 32,82 EUR täglich bewilligt wurde, zu Recht abgewiesen; der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.
Der Kläger hat - unstreitig - ab dem 19.01.2011 Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er hat sich am 19.01.2011 arbeitslos gemeldet, er war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos und hat die Anwartschaftszeit erfüllt (vgl. §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 SGB III in der zur Zeit der Anspruchsentstehung am 19.01.2011 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 [BGBl. I 2848]; a.F.).
Das Arbeitslosengeld betrug in der Zeit ab dem 01.03.2010 (und beträgt auch nach der aktuell geltenden Fassung des § 149 SGB III) gem. § 129 SGB III a.F. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt Einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) (§ 129 Nr. 1 SGB III a.F.), für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz) (§ 129 Nr. 2 SGB III a.F.) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasste nach § 130 Abs. 1 SGB III a.F. die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasste ein Jahr; er endete mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen wird u.a. auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.).
Der Kläger hatte weder innerhalb des ein- (18.01.2011 - 19.01.2010) noch des zweijährigen Bemessungsrahmens (18.01.2011 - 19.01.2009) Arbeitsentgelt zu beanspruchen - er hatte vielmehr ausschließlich Arbeitslosen-, Kranken- und Übergangsgeld bezogen -. Er hat mithin keine 150 Tage mit dem Bezug von Arbeitsentgelt aufzuweisen, sodass das der Arbeitslosengeld- Bewilligung zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. fiktiv zu bemessen ist. Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose nach § 132 Abs. 2 SGB III a.F. der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist für Beschäftigungen, die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße (Nr. 1), die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße (Nr. 2), die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (Nr. 3) und für solche Tätigkeiten, die keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße (Nr. 4) zu Grunde zu legen. In welche der Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich - nach dem Willen des Gesetzgebers - in erster Linie nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes zu erstrecken hat (vgl. BT- Drucks 15/1515 S.86 zu § 132). Hierbei kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die Zuordnung zu der jeweiligen Qualifikationsgruppe grundsätzlich darauf an, ob der Arbeitslose tatsächlich über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen förmlichen Berufsabschluss verfügt (BSG, Urteil vom 03.12.2009 - B 11 AL 42/08 R -, Urteil vom 18.05.2010 - B 7 AL 49/08 R - jew. veröffentlicht in juris). Die Qualifikationsgruppen des § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. sind ihrer Grundstruktur nach so angelegt, dass einem bestimmten Ausbildungsniveau des Betroffenen ein bestimmtes Entgelt zugeordnet ist. Zwar muss eine in der Vergangenheit erworbene berufliche Qualifikation nicht immer allein maßgeblich dafür sein, auf welche künftigen Beschäftigungen die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen zu erstrecken hat; dennoch wird in der Regel die Feststellung der in Betracht kommenden Beschäftigung in hohem Maße von dem förmlichen Berufsabschluss bestimmt. Bei der Entscheidung, welche berufliche Qualifikation für die Beschäftigung erforderlich ist, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die zunächst von der Arbeitsverwaltung getroffen wird (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 09.11.1989 - 11/7 RAr 63/87 – veröffentlicht in juris). Diese Entscheidung ist im gerichtlichen Verfahren in vollem Umfang überprüfbar. Unter Beachtung dieser Kriterien ist die, der Bewilligung zu Grunde liegende Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 2 nicht zu beanstanden, denn die Vermittlungsbemühungen der Beklagten sind nicht auf Beschäftigungen zu erstrecken (gewesen), die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erforderten. Dies gründet bereits darin, dass der Kläger keine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung aufzuweisen hat. Die vom Kläger absolvierte Ausbildung bei der Verwaltungs- und Wirtschafts- Akademie Freiburg stellt nach der vom SG eingeholten Auskunft eine fachschulische Ausbildung dar. Diese rechtfertigt lediglich die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2. Die vom Kläger zur Stützung seines Begehrens vorgelegten Auszüge der Qualifikationsgruppeneinteilung nach dem SGB VI (Anlagen 13, 14 zum SGB VI) bedingen insofern keine abweichende Beurteilung, da die dortige Einteilung für die Gruppierung nach dem SGB III nicht relevant ist. Ungeachtet hiervon ist für eine Tätigkeit in der Immobilienwirtschaft auch keine Fachhochschul- und keine Hochschulausbildung erforderlich.
Dass die VWA Freiburg seit August 2013 als Hochschule anerkannt und zwischenzeitlich den Erwerb des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) der Immobilienwirtschaft ermöglicht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn maßgeblich ist die Qualifikation, die mit dem Abschluss der Prüfung im Jahr 1986 erworben wurde und nicht diejenige, die jetzt nach Neuordnung der Hochschullandschaft und der Studiengänge durch den Bologna- Prozess erworben werden kann.
Der Kläger ist auch in Ansehung der von ihm angeführten potentiellen Entlohnung von Dipl. Immobilienwirten nicht in die Qualifikationsgruppe 1 einzuordnen, da das künftig konkret erzielbare Arbeitsentgelt nach § 132 Abs. 2 SGB III a.F. unerheblich ist (BSG, Urteil vom 04.07.2012 - B 11 AL 21/11 R - veröffentlicht in juris). Überdies ist es dem Senat nicht nachvollziehbar, dass der Kläger in Ansehung seiner Erwerbsbiographie, die zuletzt eine Tätigkeit in der Immobilienbranche im August 2000 beinhaltet und der hierin erkennbaren beruflichen Lösung vom Immobiliensektor über mehr als 13 Jahren, eine derart hohe Vergütung (nach seinen Angaben bis zu 103.000,- EUR jährlich) erzielen kann.
Auch das individuelle Leistungsprofil des Klägers (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 15.06.2011 - L 10 AL 225/09 - veröffentlicht in juris) rechtfertigt keine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1. Da der Kläger nach seiner Erwerbsbiographie letztmals im August 2000 als Immobilienmakler tätig gewesen ist, die zuletzt von Mai 2002 – Januar 2004 ausgeübte Erwerbstätigkeit eine Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter bzw. als Bürokaufmann zum Inhalt hatte, sowie in Ansehung der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, die zu einem langen Bezug von Transferleistungen der Krankenkasse bzw. des Rentenversicherungsträgers geführt haben, wird die Wiedereingliederung des Klägers in das Berufsleben realistischerweise nicht in eine Tätigkeit auf Hochschul- bzw. Fachhochschulniveau erfolgen können; die Vermittlungsbemühungen der Beklagten waren und sind daher nicht auf eine Tätigkeit zu erstrecken, die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erforderten.
Der Kläger kann sich zur Stützung seines Begehrens auch nicht auf die Regelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. berufen, nach der das Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt ist, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist, wenn es innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs bezogen wurde. Zwar hat der Kläger zuletzt am 13.12.2009 und damit innerhalb von zwei Jahren vor dem 19.01.2011 Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines höheren Bemessungsentgelts von 100,80 EUR täglich bezogen, der Bemessung lag jedoch gleichfalls eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. zu Grunde. Ob der höhere Vorbezug von Arbeitslosengeld in dieser Konstellation bestandsgeschützt sein kann, lässt der Senat offen, da selbst im Falle der Anwendbarkeit kein höherer Arbeitslosengeldanspruch des Klägers bestehen würde. Es bestehen jedoch Zweifel daran, dass § 131 Abs. 4 SGB III a.F. auch ein fiktives Bemessungsentgelt schützt. Bei der Bestandsschutzregelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. handelt es sich um eine Sonderbestimmung zur Bestimmung des Bemessungsentgelts in ausgewählten Fällen. Die Regelung soll einen Anreiz schaffen, auch eine geringer entlohnte Beschäftigung aufzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, im Falle einer erneuten Arbeitslosigkeit bei Erwerb eines erneuten Anspruchs eine geringere Lohnersatzleistung zu erhalten. Hierdurch sollen Arbeitslose, die eine vorhergehende Arbeitslosigkeit mit dem Bezug von Arbeitslosengeld beendet haben, indem sie eine Beschäftigung aufgenommen haben, in der sie ein geringeres Entgelt verdient haben als das dem Arbeitslosengeld zugrundegelegten Entgelt verdienen, privilegiert werden (Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5.Aufl., 2010, § 131, Rn. 22). Da jedoch in der vorliegenden Konstellation, dass der Vorbezug auf einem fiktive Bemessungsentgelt beruht, mithin nicht das tatsächlich erarbeitete Arbeitsentgelt Grundlage der Arbeitslosengeldgewährung ist, kann ein dem Vorbezug zu Grunde liegendes höheres Arbeitsentgelt bereits nicht geschützt werden, da ein solches nicht Grundlage des Vorbezugs von Arbeitslosengeld gewesen ist. Vielmehr würde die Anwendung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. in der vorliegenden Konstellation einzig zu einer Perpetuierung einer früher getroffenen rechtlichen Bewertung führen, was mit dem Schutzzweck des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. nicht in Einklang zu bringen wäre.
Dies kann jedoch vorliegend offen bleiben, da selbst in dem Fall, dass § 131 Abs. 4 SGB III a.F. anzuwenden ist, für den Kläger kein höherer Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen würde. Dem Grunde nach ist, wie vom SG und der Beklagten zutreffend ausgeführt, im Rahmen des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. nur der rechtmäßige tatsächliche Bezug relevant (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil 23.06.2011 - L 2 AL 23/10 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 28). Dieser war jedoch, da bereits die damalige Einstufung des Klägers in die Qualifikationsgruppe 1 fehlerhaft war, rechtswidrig und daher nicht bestandsgeschützt. Auch das vom Kläger zur Stützung seines Begehrens angeführte Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 31.05.2006 (- L 7 AL 161/03 -) vermag insofern keine für den Kläger günstige Beurteilung zu bedingen. Zwar ist dem Kläger insoweit zu konstatieren, dass das LSG entschieden hat, dass die frühere Bewilligung von Arbeitslosengeld auch dann Bindungswirkung entfaltet, wenn diese zwar rechtswidrig war, jedoch nicht mit Wirkung für die Vergangenheit oder Zukunft aufgehoben oder zurückgenommen worden ist. Dies würde vorliegend, da die Leistungsbewilligung im Bescheid vom 04.06.2009 weder aufgehoben noch zurückgenommen worden ist, dazu führen, dass dem Kläger vorliegend Arbeitslosengeld in Höhe eines Bemessungsentgelts von 100,80 EUR zu gewähren wäre. Die vom LSG Niedersachsen- Bremen in seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Überlegungen sind jedoch nicht auf das vorliegende Verfahren zu übertragen. Anders als im Verfahren vor dem LSG Niedersachsen- Bremen erfolgte die Bewilligung im vorliegenden relevanten Bescheid vom 04.06.2009 vorläufig i.S.d. § 328 SGB III. Durch § 328 SGB III wird die Beklagte dazu ermächtigt, eine "Zwischen"-Regelung zu treffen, ohne dass sie später hieran gebunden wäre (vgl. Düe in Niesel/Brand, a.a.O., § 328, Rn.4). So binden nach Rspr. des BSG im Rahmen einer vorschussweisen Bewilligung von Leistungen Feststellungen zum Bemessungsentgelt bei der späteren endgültigen Entscheidung nicht (BSG, Urteil vom 09.05.1996 - 7 RAr 36/95 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 22). Die Beklagte hat mithin durch ihre vorläufige Entscheidung, die als solche auch hinreichend deutlich erkennbar war, zum Ausdruck gebracht, dass sie dem Bescheid vom 04.06.2009 keine Bindungswirkung, auch nicht im Hinblick auf die Einstufung in die Qualifikationsgruppe, beimessen will. Der Bescheid vom 04.06.2009 und die dortige Einstufung des Klägers in die Qualifikationsgruppe 1 entfaltet demnach keine Bindungswirkung für die Leistungsbewilligung ab dem 19.01.2011.
Mithin ist der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 19.01.2011 ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße zu Grunde zu legen. Dieses belief sich nach § 18 SGB IV auf 30.660,- EUR jährlich, woraus sich ein tägliches Arbeitsentgelt von 85,17 EUR ergibt. Nach Verminderung des Bemessungsentgelts um pauschalierte Abzüge (Sozialversicherungspauschale von 21 v.H. (= 17,89 EUR täglich), Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle für das Jahr 2011 (11,93 EUR täglich) und Solidaritätszuschlag (0,65 EUR täglich) (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 3 SGB III i.d.F. des Gesetzes zur verbesserten steuerrechtlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen - Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung - vom 16.07.2009, BGBl. I 1959), ergibt sich, bei Anlegung des allgemeinen Leistungssatzes von 60 %, der für den kinderlosen Kläger gilt, ein Arbeitslosengeldanspruch i.H.v. 32,82 EUR täglich. Dieser Betrag liegt der Leistungsbewilligung zu Grunde. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld ab dem 19.01.2011.
Der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2011 ist hiernach rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der klagabweisende Gerichtsbescheid vom 21.01.2013 ist nicht zu beanstanden.
Die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt für die Zeit ab dem 19.01.2011 höheres Arbeitslosengeld.
Der am 05.10.1958 geborene, geschiedene und kinderlose Kläger hat, nachdem er zuvor als Bank- bzw. Bürokaufmann tätig war, vom 01.09.1984 - 19.09.1986 bei der Verwaltungs- und Wirtschafts- Akademie Freiburg nach einem berufsbegleitenden Studium den Abschluss zum Immobilienwirt (Diplom-VWA Freiburg) erworben (Prüfungszeugnis vom 19.09.1986). Vom 01.07.1992 - 31.08.2000 war er sodann als selbständiger Immobilien- und Finanzmakler und Gutachter für unbebaute Grundstücke tätig. Nach Zeiten der Arbeitslosigkeit und einer Weiterbildung im kaufmännischen Bereich (Mai 2001 - Januar 2002) war er, unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit, von Mai 2002 - Januar 2004 als Außendienstmitarbeiter bei der GSI Mühlacker und als Bürokaufmann bei der Stadt Pforzheim versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss hieran war der Kläger nicht mehr erwerbstätig. Nachdem er vom 06.01. – 30.09.2004 von der Beklagten Arbeitslosengeld bezogen hatte, bewilligte ihm die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mit Bescheiden vom 22.03.2005 und vom 04.12.2006 für die Zeit vom 01.10.2004 - 29.02.2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Nachdem der Kläger im Anschluss hieran wiederum vom 01.03. - 24.04.2008 Arbeitslosengeld von der Beklagten bezogen hatte (Änderungsbescheid vom 02.07.2008), er sodann vom 25.04.2008 - 19.05.2009 von der BKK ALP plus Krankengeld erhielt, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 04.06.2009 Arbeitslosengeld ab dem 20.05.2009 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 36,31 EUR für 450 Kalendertage. Sie führte aus, die Zahlungen erfolgten vorläufig auf Grundlage von § 328 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III), die Arbeitslosengeldgewährung erfolge nach einem Arbeitsentgelt von 100,80 EUR täglich, es läge "die Regelbemessung" zu Grunde. Selbige entnahm die Beklagte daraus, dass sie den Kläger in die Qualifikationsgruppe 1 einstufte und ein Dreihundertstel der Bezugsgröße als fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde legte. Nachdem der Kläger bis zum 13.12.2009 - für 205 Kalendertage - Arbeitslosengeld in diesem Umfang bezog, erhielt er vom 14.12.2009 - 18.01.2011, unterbrochen durch den Bezug von Übergangsgeld vom 01. - 29.09.2010, erneut Krankengeld von der BKK ALP plus.
Nachdem sich der Kläger zum 19.01.2011 bei der Beklagten arbeitslos meldete, bewilligte diese dem Kläger mit Bescheid vom 28.01.2011 Arbeitslosengeld für 425 Tage ab dem 19.01.2011 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 32,82 EUR. Sie legte hierbei ein Bemessungsentgelt von 85,17 EUR täglich, welches fiktiv nach der Qualifikationsgruppe 2 berechnet wurde, zu Grunde.
Hiergegen erhob der Kläger am 03.02.2011 Widerspruch, mit dem er geltend machte, das Bemessungsentgelt sei falsch festgesetzt. Er habe im Jahr 2009 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 mit einem Bemessungsentgelt von 100,80 EUR täglich bezogen, weswegen ihm nunmehr wiederum Arbeitslosengeld nach dieser Einstufung zu gewähren sei. Diese sei korrekt festgesetzt worden. Ferner sei die Dauer des Anspruchs nicht nachvollziehbar, da er aus dem vorherigen Arbeitslosengeldbezug noch einen Restanspruch von acht Monaten und fünf Tagen für sich reklamieren könne, der zu dem, aus dem mehr als einjährigen Krankengeldbezug und seinem Lebensalter folgenden, neu erworbenen Anspruch zu addieren sei.
Nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 18.02.2011 darauf hingewiesen hatte, dass sich die Anspruchsdauer von 425 Kalendertagen aus dem noch bestehenden Restanspruch von 245 Kalendertagen ergebe und sich aus dem versicherungspflichtigen Bezug von Kranken- und Übergangsgeld von 401 Tagen ein neuer Anspruch von sechs Monaten ergebe - das Lebensalter sei insofern unerheblich -, wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Bemessungsentgelt sei korrekt berechnet worden. Da sich auch im erweiterten Bemessungsrahmen von zwei Jahren keine 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellen ließen, sei ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Hierbei sei der Kläger in die Qualifikationsgruppe 2 einzustufen, weil ihre, der Beklagten, Vermittlungsbemühungen in erster Linie auf eine Tätigkeit als Immobilienfachwirt zu erstrecken seien. Diese Beschäftigung erfordere keine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung, sondern sei eine Aufstiegsfortbildung mit IHK-Prüfung. Diese könne nur in die Qualifikationsgruppe 2 zugeordnet werden. Die Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) betrage jährlich 30.660,- EUR. Für die Qualifikationsgruppe 2 ergebe sich daher ein tägliches Bemessungsentgelt i.H.v. 85,17 EUR. Der Kläger könne sich auch nicht auf Bestandsschutz nach einem höheren Vorbezug von Arbeitslosengeld berufen. Zwar habe er innerhalb der letzten zwei Jahre vor Entstehung des Leistungsanspruchs zuletzt am 13.12.2009 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 100,80 EUR täglich bezogen, die Bestandsschutzregelung binde jedoch dann nicht, wenn die Bemessung des Vorbezugs rechtswidrig gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 14.03.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, mit der er vorgetragen hat, seine Ausbildung zum Immobilienwirt Diplom-VWA sei eindeutig der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Dies entspräche den tatsächlichen Einkommensverhältnissen in der Immobilienwirtschaft; für Immobilienwirte mit VWA-Diplom seien durchschnittlich zwischen 48.000,- und 103.000,- EUR (brutto) jährlich erzielbar. Zudem sei ihm bereits wegen der früheren Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1 auch nunmehr Arbeitslosengeld nach dieser Qualifikationsgruppe zu gewähren. Hierzu hat der Kläger unter Vorlage eines Auszuges der Qualifikationsgruppeneinteilung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ferner ausgeführt, er sei als Inhaber eines an einer Akademie erworbenen Diploms unabhängig davon, ob er einen Fachschul- oder einen Fachhochschulabschluss vorweisen könne, in die Qualifikationsgruppe 1 einzuordnen. Weiterhin hat der Kläger seine Ansicht, dass der neu erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld bei einem Arbeitslosen von über 50 Jahren 450 Kalendertage betrage, weiterverfolgt.
Die Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid entgegen getreten. Ergänzend hat sie vorgetragen, bei der fiktiven Bemessung seien einmal erworbene formale Abschlüsse nicht maßgeblich. Die Dauer des dem Kläger bewilligten Anspruchs auf Arbeitslosengeld entspräche den gesetzlichen Vorgaben. Aus den Zeiten des Bezugs von Kranken- und Übergangsgeld vom 14.12.2009 - 18.01.2011 (401 Tage = 13,67 Monate) resultiere ein Arbeitslosengeldanspruch von sechs Monaten. Ein weitergehender Anspruch sei erst bei einer Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse von mindestens 30 Monaten möglich.
Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 08.04.2011 (Bl. 61 der SG-Akte) zunächst die Bewilligung von Arbeitslosengeld wegen des Wegfalls der Verfügbarkeit ab dem 12.04.2011 aufgehoben hat, hat sie diesen Bescheid auf einen Widerspruch des Klägers hin mit Bescheid vom 26.04.2011 wieder aufgehoben.
Auf Anfrage des SG wurde durch eine Mitarbeiterin der Deutschen Immobilien- Akademie an der Universität Freiburg GmbH unter dem 14.11.2011 mitgeteilt, dass es sich bei dem vom Kläger erworbenen Abschluss um einen Fachschulabschluss handle, der den Abschluss in einer einschlägigen Berufsausbildung oder einer entsprechenden berufspraktischen Tätigkeit voraussetze.
Mit Gerichtsbescheid vom 21.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass weder die im angefochtenen Bescheid vom 28.01.2011 (Widerspruchsbescheid vom 24.02.2011) verfügte Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld noch dessen Höhe zu beanstanden sei. Der vom Kläger durch den Bezug von Kranken- und Übergangsgeld erworbene neue Anspruch auf Arbeitslosengeld belaufe sich auf sechs Monate, sei jedoch gemäß § 127 Abs. 4 SGB III in der bis 31.03.2012 gültigen Fassung des Gesetzes (a.F.) um die Restdauer des wegen der Entstehung des neuen Anspruchs erloschenen Anspruchs zu verlängern, weil seit Entstehen des Anspruchs zum 20.05.2009 noch keine vier Jahre verstrichen seien, sodass der Kläger insg., wie von der Beklagten verfügt, Arbeitslosengeld für 425 Tage beanspruchen könne. Die Höhe des bewilligten Arbeitslosengeldes sei mit 32,82 EUR täglich auf Grundlage eines Bemessungsentgelts von 85,17 EUR gleichfalls nicht zu beanstanden. Unter Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid hat das SG hierzu ausgeführt, dass die fiktive Bemessung des Bemessungsentgelts auf der Grundlage der Qualifikationsgruppe 2 rechtmäßig sei. Nach § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III a.F. sei für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspräche, die für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken habe. Aufgrund des Lebenslaufs des Klägers komme eine Vermittlung in den Beruf des Bürokaufmanns sowie eine Tätigkeit als Immobilienwirt entsprechend der Ausbildung aus dem Jahr 1986 und der Tätigkeit als Immobilienmakler von 1992 - 2000 in Betracht. Beide Tätigkeiten seien jedoch nicht der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen. Bei der Tätigkeit als Bürokaufmann handle es sich um einen Ausbildungsberuf, der der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen wäre. Hinsichtlich der erfolgten Ausbildung zum Immobilienwirt handele es sich nach der eingeholten Auskunft des Ausbildungsträgers um eine Fachschulausbildung. Eine Fachhochschulausbildung oder Hochschulausbildung wie sie für die Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 erforderlich sei, habe der Kläger nicht absolviert. Für eine Tätigkeit in der Immobilienwirtschaft sei regelmäßig weder eine Fachhochschul- noch eine Hochschulausbildung erforderlich. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den bisherigen Tätigkeiten des Klägers. Dieser sei von 1992 - 2000 als Immobilienmakler tätig gewesen, ausreichend sei insofern eine Aus- bzw. Weiterbildung im Immobilienbereich. Der Kläger könne sich auch nicht auf die Bestandsschutzregelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. berufen. Es erscheine, so das SG, bereits fraglich, ob diese Regelung im Rahmen der fiktiven Bemessung nach § 132 SGB III a.F. überhaupt anzuwenden sei, dies könne jedoch offen bleiben, weil aus der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab 20.05.2009 bereits deshalb kein höherer Anspruch auf Arbeitslosengeld abgeleitet werden könne, weil die damalige Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1 rechtswidrig gewesen sei und daher kein Bestandsschutz habe erwachsen können.
Gegen den am 23.01.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.02.2013 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt der Kläger vor, der vom SG zu Grunde gelegte Tatbestand stimme mit dem tatsächlichen Sachverhalt nicht überein. Das SG habe Rechtsprechung einseitig berücksichtigt und übersehen, dass das Landessozialgericht (LSG) Celle-Bremen in seinem Urteil vom 31.05.2006 einen vergleichbaren Sachverhalt im Sinne seines Begehrens gewürdigt habe. Er betont, dass ihm bereits mit Bescheid vom 02.07.2008 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 bewilligt worden sei. Er sei, entgegen den Ausführungen des SG, auch nicht Immobilienfachwirt mit IHK-Abschluss sondern Immobilienwirt Diplom- VWA. Dieses Diplom sei - und hierzu verweist er auf die im Berufungsverfahren vorgelegten Bescheinigung der Deutschen Immobilien- Akademie an der Universität Freiburg GmbH vom 30.10.2013 - als ein Diplom einer Akademie mit Hochschulcharakter zu werten. Er habe überdies eine "Grundausbildung" als Bankkaufmann vorzuweisen, die gänzlich außer Betracht gelassen worden sei. Die für Immobilienwirte mit VWA-Diplom möglichen Einkünfte von 50.000,- EUR - 103.000,- EUR jährlich seien mit der Qualifikationsgruppe 1 eher zu vergleichen als mit der Qualifikationsgruppe 2. Überdies sei er in den Bescheiden darauf verwiesen worden, dass wenn er innerhalb von zwei Jahren zuvor Arbeitslosengeld nach einem höheren Bemessungsentgelt bezogen habe, dieses maßgeblich bleibe. Die Ausführungen des SG zur Bestandsschutzregel des § 151 SGB III, der so der Kläger, richtigerweise zu zitieren sei, seien nicht nachvollziehbar, da kein Hinweis darauf ersichtlich sei, dass diese Regelung bei der fiktiven Bemessung nicht anzuwenden sei. Zuletzt hat der Kläger einen Ausdruck des Internetauftritts der VWA und eine Mehrfertigung der ihm unter dem 22.04.1986 erteilten Zulassung zur Diplom-Prüfung vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014 hat der Kläger sein Begehren betreffend die Dauer des ihm bewilligten Arbeitslosengeldes nicht mehr weiter verfolgt und auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes beschränkt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2011 zu verurteilen, ihm ab dem 19. Januar 2011 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines Bemessungsentgelts nach der Qualifikationsstufe 1 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Sie betont, dass der Kläger über keine abgeschlossene Hochschulausbildung verfüge und dieser verkenne, dass für die Zuordnung in die Qualifikationsgruppen maßgeblich sei, auf welche Tätigkeit sie ihre Vermittlungsbemühungen zu erstrecken habe. Der Kläger, der seit 2004 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe, könne ein Entgelt, wie es der Qualifikationsgruppe 1 zu Grunde liege, nicht mehr erzielen. Das vom Kläger angeführte LSG-Urteil könne hieran nichts ändern, weil § 131 Abs. 4 SGB III a.F. keine Anwendung finde, wenn die Höhe des vorbezogenen Arbeitslosengeldes fiktiv bemessen worden sei und überdies eine rechtswidrige Bewilligung keinen Bestandsschutz begründen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die bei der Beklagten für den Kläger geführte Verwaltungsakte sowie die Prozessakten beider Rechtszüge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2014 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung, die bereits in Ansehung der vom Kläger begehrten höheren Leistungsbewilligung für den ihm bewilligten Zeitraum von 425 Tagen, d.h. für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr, ohne Zulassung statthaft ist (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), ist zulässig, führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg.
Das SG hat die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 28.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2011, mit dem dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 19.01.2011 in einer Höhe von 32,82 EUR täglich bewilligt wurde, zu Recht abgewiesen; der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.
Der Kläger hat - unstreitig - ab dem 19.01.2011 Anspruch auf Arbeitslosengeld. Er hat sich am 19.01.2011 arbeitslos gemeldet, er war ab diesem Zeitpunkt arbeitslos und hat die Anwartschaftszeit erfüllt (vgl. §§ 117 Abs. 1 Nr. 1, 118 Abs. 1 SGB III in der zur Zeit der Anspruchsentstehung am 19.01.2011 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 [BGBl. I 2848]; a.F.).
Das Arbeitslosengeld betrug in der Zeit ab dem 01.03.2010 (und beträgt auch nach der aktuell geltenden Fassung des § 149 SGB III) gem. § 129 SGB III a.F. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt Einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) (§ 129 Nr. 1 SGB III a.F.), für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz) (§ 129 Nr. 2 SGB III a.F.) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasste nach § 130 Abs. 1 SGB III a.F. die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasste ein Jahr; er endete mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen wird u.a. auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.).
Der Kläger hatte weder innerhalb des ein- (18.01.2011 - 19.01.2010) noch des zweijährigen Bemessungsrahmens (18.01.2011 - 19.01.2009) Arbeitsentgelt zu beanspruchen - er hatte vielmehr ausschließlich Arbeitslosen-, Kranken- und Übergangsgeld bezogen -. Er hat mithin keine 150 Tage mit dem Bezug von Arbeitsentgelt aufzuweisen, sodass das der Arbeitslosengeld- Bewilligung zu Grunde zu legende Bemessungsentgelt nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. fiktiv zu bemessen ist. Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose nach § 132 Abs. 2 SGB III a.F. der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist für Beschäftigungen, die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße (Nr. 1), die einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße (Nr. 2), die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (Nr. 3) und für solche Tätigkeiten, die keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße (Nr. 4) zu Grunde zu legen. In welche der Qualifikationsgruppen der Arbeitslose einzustufen ist, bestimmt sich - nach dem Willen des Gesetzgebers - in erster Linie nach der Beschäftigung, auf die die Beklagte die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen unter Berücksichtigung des in Betracht kommenden Arbeitsangebotes zu erstrecken hat (vgl. BT- Drucks 15/1515 S.86 zu § 132). Hierbei kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die Zuordnung zu der jeweiligen Qualifikationsgruppe grundsätzlich darauf an, ob der Arbeitslose tatsächlich über den für die angestrebte Beschäftigung erforderlichen förmlichen Berufsabschluss verfügt (BSG, Urteil vom 03.12.2009 - B 11 AL 42/08 R -, Urteil vom 18.05.2010 - B 7 AL 49/08 R - jew. veröffentlicht in juris). Die Qualifikationsgruppen des § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III a.F. sind ihrer Grundstruktur nach so angelegt, dass einem bestimmten Ausbildungsniveau des Betroffenen ein bestimmtes Entgelt zugeordnet ist. Zwar muss eine in der Vergangenheit erworbene berufliche Qualifikation nicht immer allein maßgeblich dafür sein, auf welche künftigen Beschäftigungen die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen zu erstrecken hat; dennoch wird in der Regel die Feststellung der in Betracht kommenden Beschäftigung in hohem Maße von dem förmlichen Berufsabschluss bestimmt. Bei der Entscheidung, welche berufliche Qualifikation für die Beschäftigung erforderlich ist, handelt es sich um eine Prognoseentscheidung, die zunächst von der Arbeitsverwaltung getroffen wird (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 09.11.1989 - 11/7 RAr 63/87 – veröffentlicht in juris). Diese Entscheidung ist im gerichtlichen Verfahren in vollem Umfang überprüfbar. Unter Beachtung dieser Kriterien ist die, der Bewilligung zu Grunde liegende Bemessung nach der Qualifikationsgruppe 2 nicht zu beanstanden, denn die Vermittlungsbemühungen der Beklagten sind nicht auf Beschäftigungen zu erstrecken (gewesen), die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erforderten. Dies gründet bereits darin, dass der Kläger keine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung aufzuweisen hat. Die vom Kläger absolvierte Ausbildung bei der Verwaltungs- und Wirtschafts- Akademie Freiburg stellt nach der vom SG eingeholten Auskunft eine fachschulische Ausbildung dar. Diese rechtfertigt lediglich die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2. Die vom Kläger zur Stützung seines Begehrens vorgelegten Auszüge der Qualifikationsgruppeneinteilung nach dem SGB VI (Anlagen 13, 14 zum SGB VI) bedingen insofern keine abweichende Beurteilung, da die dortige Einteilung für die Gruppierung nach dem SGB III nicht relevant ist. Ungeachtet hiervon ist für eine Tätigkeit in der Immobilienwirtschaft auch keine Fachhochschul- und keine Hochschulausbildung erforderlich.
Dass die VWA Freiburg seit August 2013 als Hochschule anerkannt und zwischenzeitlich den Erwerb des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.) der Immobilienwirtschaft ermöglicht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn maßgeblich ist die Qualifikation, die mit dem Abschluss der Prüfung im Jahr 1986 erworben wurde und nicht diejenige, die jetzt nach Neuordnung der Hochschullandschaft und der Studiengänge durch den Bologna- Prozess erworben werden kann.
Der Kläger ist auch in Ansehung der von ihm angeführten potentiellen Entlohnung von Dipl. Immobilienwirten nicht in die Qualifikationsgruppe 1 einzuordnen, da das künftig konkret erzielbare Arbeitsentgelt nach § 132 Abs. 2 SGB III a.F. unerheblich ist (BSG, Urteil vom 04.07.2012 - B 11 AL 21/11 R - veröffentlicht in juris). Überdies ist es dem Senat nicht nachvollziehbar, dass der Kläger in Ansehung seiner Erwerbsbiographie, die zuletzt eine Tätigkeit in der Immobilienbranche im August 2000 beinhaltet und der hierin erkennbaren beruflichen Lösung vom Immobiliensektor über mehr als 13 Jahren, eine derart hohe Vergütung (nach seinen Angaben bis zu 103.000,- EUR jährlich) erzielen kann.
Auch das individuelle Leistungsprofil des Klägers (vgl. hierzu Bayerisches LSG, Urteil vom 15.06.2011 - L 10 AL 225/09 - veröffentlicht in juris) rechtfertigt keine Einstufung in die Qualifikationsgruppe 1. Da der Kläger nach seiner Erwerbsbiographie letztmals im August 2000 als Immobilienmakler tätig gewesen ist, die zuletzt von Mai 2002 – Januar 2004 ausgeübte Erwerbstätigkeit eine Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter bzw. als Bürokaufmann zum Inhalt hatte, sowie in Ansehung der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, die zu einem langen Bezug von Transferleistungen der Krankenkasse bzw. des Rentenversicherungsträgers geführt haben, wird die Wiedereingliederung des Klägers in das Berufsleben realistischerweise nicht in eine Tätigkeit auf Hochschul- bzw. Fachhochschulniveau erfolgen können; die Vermittlungsbemühungen der Beklagten waren und sind daher nicht auf eine Tätigkeit zu erstrecken, die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erforderten.
Der Kläger kann sich zur Stützung seines Begehrens auch nicht auf die Regelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. berufen, nach der das Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt ist, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist, wenn es innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs bezogen wurde. Zwar hat der Kläger zuletzt am 13.12.2009 und damit innerhalb von zwei Jahren vor dem 19.01.2011 Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines höheren Bemessungsentgelts von 100,80 EUR täglich bezogen, der Bemessung lag jedoch gleichfalls eine fiktive Bemessung nach § 132 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. zu Grunde. Ob der höhere Vorbezug von Arbeitslosengeld in dieser Konstellation bestandsgeschützt sein kann, lässt der Senat offen, da selbst im Falle der Anwendbarkeit kein höherer Arbeitslosengeldanspruch des Klägers bestehen würde. Es bestehen jedoch Zweifel daran, dass § 131 Abs. 4 SGB III a.F. auch ein fiktives Bemessungsentgelt schützt. Bei der Bestandsschutzregelung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. handelt es sich um eine Sonderbestimmung zur Bestimmung des Bemessungsentgelts in ausgewählten Fällen. Die Regelung soll einen Anreiz schaffen, auch eine geringer entlohnte Beschäftigung aufzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, im Falle einer erneuten Arbeitslosigkeit bei Erwerb eines erneuten Anspruchs eine geringere Lohnersatzleistung zu erhalten. Hierdurch sollen Arbeitslose, die eine vorhergehende Arbeitslosigkeit mit dem Bezug von Arbeitslosengeld beendet haben, indem sie eine Beschäftigung aufgenommen haben, in der sie ein geringeres Entgelt verdient haben als das dem Arbeitslosengeld zugrundegelegten Entgelt verdienen, privilegiert werden (Brand in Niesel/Brand, SGB III, 5.Aufl., 2010, § 131, Rn. 22). Da jedoch in der vorliegenden Konstellation, dass der Vorbezug auf einem fiktive Bemessungsentgelt beruht, mithin nicht das tatsächlich erarbeitete Arbeitsentgelt Grundlage der Arbeitslosengeldgewährung ist, kann ein dem Vorbezug zu Grunde liegendes höheres Arbeitsentgelt bereits nicht geschützt werden, da ein solches nicht Grundlage des Vorbezugs von Arbeitslosengeld gewesen ist. Vielmehr würde die Anwendung des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. in der vorliegenden Konstellation einzig zu einer Perpetuierung einer früher getroffenen rechtlichen Bewertung führen, was mit dem Schutzzweck des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. nicht in Einklang zu bringen wäre.
Dies kann jedoch vorliegend offen bleiben, da selbst in dem Fall, dass § 131 Abs. 4 SGB III a.F. anzuwenden ist, für den Kläger kein höherer Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen würde. Dem Grunde nach ist, wie vom SG und der Beklagten zutreffend ausgeführt, im Rahmen des § 131 Abs. 4 SGB III a.F. nur der rechtmäßige tatsächliche Bezug relevant (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil 23.06.2011 - L 2 AL 23/10 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 28). Dieser war jedoch, da bereits die damalige Einstufung des Klägers in die Qualifikationsgruppe 1 fehlerhaft war, rechtswidrig und daher nicht bestandsgeschützt. Auch das vom Kläger zur Stützung seines Begehrens angeführte Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 31.05.2006 (- L 7 AL 161/03 -) vermag insofern keine für den Kläger günstige Beurteilung zu bedingen. Zwar ist dem Kläger insoweit zu konstatieren, dass das LSG entschieden hat, dass die frühere Bewilligung von Arbeitslosengeld auch dann Bindungswirkung entfaltet, wenn diese zwar rechtswidrig war, jedoch nicht mit Wirkung für die Vergangenheit oder Zukunft aufgehoben oder zurückgenommen worden ist. Dies würde vorliegend, da die Leistungsbewilligung im Bescheid vom 04.06.2009 weder aufgehoben noch zurückgenommen worden ist, dazu führen, dass dem Kläger vorliegend Arbeitslosengeld in Höhe eines Bemessungsentgelts von 100,80 EUR zu gewähren wäre. Die vom LSG Niedersachsen- Bremen in seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Überlegungen sind jedoch nicht auf das vorliegende Verfahren zu übertragen. Anders als im Verfahren vor dem LSG Niedersachsen- Bremen erfolgte die Bewilligung im vorliegenden relevanten Bescheid vom 04.06.2009 vorläufig i.S.d. § 328 SGB III. Durch § 328 SGB III wird die Beklagte dazu ermächtigt, eine "Zwischen"-Regelung zu treffen, ohne dass sie später hieran gebunden wäre (vgl. Düe in Niesel/Brand, a.a.O., § 328, Rn.4). So binden nach Rspr. des BSG im Rahmen einer vorschussweisen Bewilligung von Leistungen Feststellungen zum Bemessungsentgelt bei der späteren endgültigen Entscheidung nicht (BSG, Urteil vom 09.05.1996 - 7 RAr 36/95 - veröffentlicht in juris, dort Rn. 22). Die Beklagte hat mithin durch ihre vorläufige Entscheidung, die als solche auch hinreichend deutlich erkennbar war, zum Ausdruck gebracht, dass sie dem Bescheid vom 04.06.2009 keine Bindungswirkung, auch nicht im Hinblick auf die Einstufung in die Qualifikationsgruppe, beimessen will. Der Bescheid vom 04.06.2009 und die dortige Einstufung des Klägers in die Qualifikationsgruppe 1 entfaltet demnach keine Bindungswirkung für die Leistungsbewilligung ab dem 19.01.2011.
Mithin ist der Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 19.01.2011 ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße zu Grunde zu legen. Dieses belief sich nach § 18 SGB IV auf 30.660,- EUR jährlich, woraus sich ein tägliches Arbeitsentgelt von 85,17 EUR ergibt. Nach Verminderung des Bemessungsentgelts um pauschalierte Abzüge (Sozialversicherungspauschale von 21 v.H. (= 17,89 EUR täglich), Lohnsteuer nach der Lohnsteuertabelle für das Jahr 2011 (11,93 EUR täglich) und Solidaritätszuschlag (0,65 EUR täglich) (vgl. § 133 Abs. 1 Satz 3 SGB III i.d.F. des Gesetzes zur verbesserten steuerrechtlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen - Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung - vom 16.07.2009, BGBl. I 1959), ergibt sich, bei Anlegung des allgemeinen Leistungssatzes von 60 %, der für den kinderlosen Kläger gilt, ein Arbeitslosengeldanspruch i.H.v. 32,82 EUR täglich. Dieser Betrag liegt der Leistungsbewilligung zu Grunde. Der Kläger hat mithin keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld ab dem 19.01.2011.
Der Bescheid der Beklagten vom 28.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2011 ist hiernach rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der klagabweisende Gerichtsbescheid vom 21.01.2013 ist nicht zu beanstanden.
Die Berufung des Klägers ist zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved