L 10 R 974/13 WA

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2317/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 974/13 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 27.11.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin höhere Altersrente zusteht.

Die am 1941 geborene Klägerin, die ihr Berufsleben in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Juli 1957 im väterlichen Betrieb begann, absolvierte ein pharmazeutisches Studium an der E.-M.-A.-Universität G. , das sie am 07.07.1967 mit dem Saatsexamen abschloss. Vom 01.09.1967 bis 29.02.1968 war sie nach eigenen Angaben als Praktikantin und daran anschließend bis 31.01.1969 als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. Apothekerin tätig, wobei ihr mit Wirkung ab 31.08.1968 die Approbation als Apothekerin (Approbations-Urkunde vom 05.11.1968) erteilt wurde. Ab 01.02.1969 war die Klägerin bei dem V. Arzneimittelwerk D. als Industrieapothekerin tätig, vom 01.01.1970 bis zu ihrer Absetzung im Juli 1983 als Laborleiterin. Am 15.12.1983 wurde die Klägerin aus politischen Gründen verhaftet und mit Urteil des Kreisgerichts D. vom 02.04.1984 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Am 06.03.1985 wurde die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben. Gleichzeitig wurde sie mit Urkunde vom 04.03.1985 aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen. Am 01.01.1986 nahm die Klägerin im Bundesgebiet eine Beschäftigung als Apothekerin auf, wobei sie im Hinblick auf ihre Pflichtmitgliedschaft in der Bayerischen Versorgungskammer für Apotheker mit Wirkung ab 01.06.1986 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit wurde. Seit 01.05.2006 bezieht die Klägerin von der Bayerischen Versorgungskammer eine Altersrente.

Die Klägerin ist Inhaberin des Vertriebenenausweises "C". Mit Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Personen, die in Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz - HHG) stellte das Landratsamt Ludwigsburg am 26.06.1985 u.a. das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG sowie die Zeit des politischen Gewahrsams vom 15.12.1983 bis 06.03.1985 fest. Mit Beschluss vom 08.11.1991 hob das Bezirksgericht D. - 1. Senat für Rehabilitierung - das Urteil des Kreisgerichts D. vom 02.04.1984 auf; gleichzeitig wurde die Klägerin rehabilitiert. Mit "Bescheinigung nach § 17 i.V.m. § 22 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) für Zwecke der Rentenversicherung" vom 04.09.2003 stellte das S. Landesamt für Familie und Soziales - Rehabilitierungsbehörde - u.a. die Zugehörigkeit der Klägerin zum Personenkreis, der zum Ausgleich beruflicher Benachteiligung berechtigt ist, nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 BerRehaG und als Verfolgungszeitraum den 01.07.1983 bis 06.03.1985 fest.

Auf ihren Rentenantrag gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 09.08.2006 Regelaltersrente ab 01.05.2006 in Höhe von monatlich 590,91 EUR. Für die von der Klägerin im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten ermittelte sie die für die Rentenberechnung maßgeblichen Entgeltpunkte (EP) nach den Regelungen der §§ 256a ff. des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI), also auf der Grundlage der im Beitrittsgebiet erzielten Einkünfte, für die Beiträge entrichtet wurden.

Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, für ihre Beitragszeiten im Beitrittsgebiet seien EP nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu ermitteln, nicht jedoch nach den lediglich für "Beitrittsbürger" geltenden Regelungen der §§ 256a ff. SGB VI. Ehemaligen DDR-Bürgern wie sie, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt bereits vor dem 18.05.1990 im Bundesgebiet genommen haben, habe der Gesetzgeber im FRG eine Rechtsgarantie dahingehend gegeben, dass der Rentenberechnung Arbeitsentgelte zugrunde gelegt werden, die denen im Bundesgebiet vergleichbar seien. Die für "Beitrittsbürger" geschaffene Gesetzesänderung sei für Bundesbürger mit Wohnsitz im Bundesgebiet bereits vor dem 18.05.1990 bedeutungslos.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2007 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, die gewünschte Berechnung der EP nach dem FRG komme nicht in Betracht. Zwar würden gemäß § 259a SGB VI für Versicherte, die am 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten, anstelle der nach den §§ 256a und b SGB VI zu ermittelnden Werte EP aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum FRG ermittelt, jedoch sei diese Regelung nur für vor dem 01.01.1937 geborene Versicherte anwendbar und damit nicht auf die erst im Jahr 1941 geborene Klägerin. Auch aus § 256a Abs. 3a SGB VI könne die Klägerin nichts anders herleiten, da diese Regelung nur für Versicherte gelte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hatten und Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung des Beitrittsgebiets gezahlt haben, was hauptsächlich Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn mit Wohnsitz in Berlin (West) betreffe, die ausschließlich bei der Sozialversicherung der ehemaligen DDR versichert gewesen seien.

Am 19.06.2007 hat die Klägerin dagegen beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage erhoben und unter ausführlicher Begründung und Vorlage zahlreicher Unterlagen geltend gemacht, der Rentenberechnung seien die Vorschriften des FRG zu Grunde zu legen. Mit Urteil vom 13.11.2007 hat das SG die Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid abgewiesen.

Am 15.01.2008 hat die Klägerin dagegen beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt (L 10 R 348/08), wobei das Verfahren auf Grund des Wunsches der Klägerin, die im Streit stehende Problematik Abgeordneten des Deutschen Bundestages vorzutragen, zunächst geruht hat. Nach Wiederanrufung des Verfahrens begehrt die Klägerin nunmehr die Berechnung ihrer Rente nach einem am 30.06.1990 geltenden Rechtszustand.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.11.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 09.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.05.2007 zu verurteilen, ihr höhere Altersrente unter Anwendung des bis 30.06.1990 geltenden bundesdeutschen Rechts oder des am 30.06.1990 geltenden Rechts der DDR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 09.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.05.2007 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die von der Klägerin im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten unter Anwendung der Regelungen der §§ 256a ff. SGB VI bewertete und dementsprechend der Rentenberechnung EP auf der Grundlage der im Beitrittsgebiet entrichteten Beiträge zu Grunde legte. Eine rechtliche Grundlage für die von der Klägerin begehrte Anwendung früher geltenden Rechts existiert nicht.

Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin auf höhere Altersrente sind die Regelungen der §§ 63 ff. SGB VI über die Rentenhöhe. Danach richtet sich die Höhe der Rente vor allem nach der in EP umgerechneten Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI) sowie daraus abgeleiteter EP für beitragsfreie Zeiten (§ 63 Abs. 3 SGB VI). Denn gemäß § 64 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des - vom Alter des Versicherten bei Rentenbeginn abhängigen (vgl. § 77 SGB VI) - Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden.

Die Beklagte hat die von der Klägerin im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 SGB VI berücksichtigt und für diese EP nach § 256a SGB VI ermittelt. Die auf dieser Grundlage für die Berechnung der Rente erfolgte Ermittlung von EP begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinem Urteil vom 14.12.2011 (B 5 R 36/11 R in SozR 4-2600 § 248 Nr. 1), dem ein mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag (der 1947 geborene Kläger, der im Beitrittsgebiet Beitragszeiten zurücklegte, siedelte im Mai 1989 in die Bundesrepublik über), ausgeführt, der Kläger werde mit Ermittlung von EP nach § 256a SGB VI - wie grundsätzlich alle anderen, die vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht Beitragszeiten im Beitrittsgebiet zurückgelegt haben - dem Überleitungsprogramm des Einigungsvertrages und der nachfolgenden rentenrechtlichen Bestimmungen unterworfen. Für die Wertbestimmung ihres Rentenrechts sei auf Grund gesetzlich angeordneter Gleichstellung und entsprechend den allgemeinen Grundlagen des bundesdeutschen Rentenrechts das im Beitrittsgebiet individuell beitragsversicherte Erwerbseinkommen maßgeblich. Demgegenüber gehöre der Kläger nicht zum Kreis der Personen, deren EP für Pflichtbeitragszeiten vor dem 19.05.1990 ausnahmsweise weiterhin auf Grund der Anlage 1 bis 16 zum FRG ermittelt würden. Nach der insoweit maßgeblichen Regelung des § 259a SGB VI gelte dies nur für jene Versicherte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet gehabt hätten und vor dem 01.01.1937 geboren seien. Zwar habe der Kläger am 18.05.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet gehabt, jedoch sei der Kläger erst im Jahr 1947 geboren und damit nach dem maßgeblichen Stichtag, so dass eine Anwendung des FRG nicht in Betracht komme (BSG a.a.O.).

Entsprechendes gilt für die Klägerin des vorliegenden Verfahrens. Zwar hatte auch sie am 18.05.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet, jedoch fällt auch die Klägerin auf Grund ihrer Geburt nach dem maßgeblichen Stichtag, nämlich im Jahr 1941, nicht mehr in den Anwendungsbereich des § 259a SGB VI.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Klägerin - ebenso wie der Kläger in dem vom BSG (a.a.O.) entschiedenen Verfahren - als vor dem 18.05.1990 Zugezogene zum Zeitpunkt ihres Zuzugs in das Bundesgebiet eine Anwartschaft auf Berücksichtigung ihrer im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem FRG in der seinerzeitigen Fassung hatte. Denn zum Zeitpunkt ihres Rentenbeginns - und dies ist der maßgebende Zeitpunkt - war sie vom Anwendungsbereich des FRG nunmehr ausgeschlossen.

In der genannten Entscheidung hat das BSG insoweit ausgeführt, dass die Berechtigten nach dem seinerzeit vom Gedanken der Eingliederung geprägten FRG nach Möglichkeit so gestellt werden sollten, als hätten sie ihr Versicherungsleben nicht in der DDR, sondern in der Bundesrepublik Deutschland verbracht. Demnach wurde bei Anrechnung in der DDR zurückgelegter Beitragszeiten die für den Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage nach Maßgabe der Anlage 1 zum FRG auf der Grundlage von Tabellenwerten ermittelt (§ 22 Abs. 1 FRG in der vom 01.01.1984 bis 30.06.1990 geltenden a.F.). Im Zuge der Wiedererstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wurde das FRG jedoch geändert und die rentenrechtliche Stellung der Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wesentlich neu gestaltet. So schließt der durch Art. 14 Nr. 14a des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) zum 01.01.1992 neu gefasste § 15 Abs. 1 FRG die Anwendbarkeit des FRG auf im Beitrittsgebiet zurückgelegte rentenrechtliche Zeiten aus. Ebenso wurde mit Art. 14 Nr. 16b RÜG zum 01.01.1992 § 17 Abs. 1 FRG a.F. gestrichen. Gleichzeitig fügte der Gesetzgeber neue Vorschriften in das SGB VI ein. Bereits die hier zum 01.01.1992 in Kraft getretenen Neuregelungen sahen eine Anwendung des FRG in Abhängigkeit von einem Rentenbeginn vor dem 01.01.1996 nur noch übergangsweise vor (§ 259a SGB VI i.d.F. des Art. 1 Nr. 75 RÜG). Schon hiervon war die Klägerin - ebenso wie der Kläger in dem vom BSG entschiedenen Verfahren - nicht mehr erfasst. Im Jahre 1993 erfolgte dann rückwirkend zum 01.01.1992 die Begrenzung auf den nunmehr noch erfassten Personenkreis (§ 259a SGB VI i.d.F. des Art. 1 Nr. 16 Buchst. b des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes [RÜ-ErgG] vom 24.06.1993, BGBl. I S. 1038). Auch vor dem 19.05.1990 Zugezogene wurden damit nunmehr vom Anwendungsbereich des FRG ausgenommen und im Zuge der Angleichung der Lebensverhältnisse den allgemeinen Bewertungsvorschriften des einheitlichen Rentenrechts in beiden Teilen Deutschlands unterworfen, wenn sie nach dem 01.01.1937 geboren waren (vgl. BSG a.a.O.).

Damit richtet sich die Berechnung der Rente der Klägerin nicht nach dem bis zum 30.06.1990 geltenden bundesdeutschen Recht.

Der Senat teilt die Auffassung des BSG in seiner Entscheidung vom 14.12.2011 (a.a.O.), dass hiergegen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die Ersetzung der Regelungen des FRG durch eine fiktive Zuerkennung von in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragsversicherten Entgelten nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen des Überleitungsrechts verstößt insbesondere nicht gegen das allgemeine rechtsstaatliche Vertrauensschutzprinzip. Zwar begrenzen Rechtsstaatsprinzip und Grundrechte die Befugnisse des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalte der Vergangenheit anknüpfen, jedoch geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Staatsbürger vor jeglicher Enttäuschung seiner Erwartung in die Dauerhaftigkeit der Rechtslage zu schützen. Dementsprechend ist auch die schlichte Erwartung der Klägerin, das früher geltende, vom Eingliederungsgedanken geprägte Recht werde auch in der Zukunft unverändert fortbestehen, verfassungsrechtlich nicht geschützt. Weder liegt eine unzulässige Rückwirkung vor, noch war die Klägerin aus anderen Gründen vor einer Änderung der Rechtslage geschützt.

Die Ersetzung der FRG-Regelungen für den Personenkreis, dem die Klägerin angehört, hat keine echte Rückwirkung entfaltet. Vielmehr beschränkte sie sich auf künftig entstehende Rentenrechte.

Auch eine unzulässige unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung liegt nicht vor, so die weiteren Darlegungen des BSG: "Insbesondere hatte der Wert künftiger Rentenrechte durch die Rechtsordnung keine Ausgestaltung erfahren, die für alle Zeiten eine verfestigte Anspruchsposition begründete. Gerade das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, das auch im Bereich der eigentumsgeschützten Positionen kontinuierlich Veränderungen der äußeren Bedingungen Rechnung tragen muss, ist von einem systemimmanenten Zwang zur Veränderung beherrscht. Dies gilt hier erst recht, da - wenn auch mit beträchtlicher Verzögerung - in Folge des Untergangs der DDR in erheblichem Umfang rentenrechtliche Folgen des 2. Weltkriegs bewältigt werden mussten. Insbesondere ist eine gesicherte Anspruchsposition nicht für Personen wie den Kläger begründet worden, die der Systemwechsel rund anderthalb Jahrzehnte vor der frühest denkbaren Entstehung eines Rechts auf Altersrente traf und die daher auch in der Lage waren, in nicht unbedeutendem Umfang weitere Rentenanwartschaften in der Bundesrepublik aufzubauen. Eine unabhängig vom Bewilligungsakt bestehende Erwartung des Bürgers, er werde - den Fortbestand der jeweiligen Rechtslage vorausgesetzt - in einer bestimmten zukünftigen Sachlage leistungsberechtigt sein, ist mangels hinreichender Konkretisierung kein solches geschütztes Recht. Denn die Verfassung gewährt keinen Schutz vor einer nachteiligen Veränderung der geltenden Rechtslage (vgl. BVerfGE 38, 61, 83; 105, 17, 40). Eine schützenswerte Rechtsposition liegt daher nicht schon in der voraussichtlichen Einschlägigkeit bestimmter Vorschriften in der Zukunft."

Nach den weiteren Ausführungen des BSG, denen sich der Senat anschließt, ist darüber hinaus auch weder der allgemeine Gleichheitssatz der Verfassung (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) verletzt noch verstoßen die mit dem RÜG und den RÜ-ErgG eingeführten Regelungen für die Ermittlung der Entgeltpunkte gegen Art. 14 Abs. 1 GG, in dessen Schutzbereich ohnehin nur die im Geltungsbereich des Grundgesetzes erworbenen rentenrechtlichen Positionen fallen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf die entsprechenden Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 14.12.2011 (a.a.O.).

Soweit die Klägerin geltend macht, die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 14.12.2011 (a.a.O.) seien in Bezug auf ihre Person nicht einschlägig, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar. Soweit sich die Klägerin insoweit auf ihren Vertriebenenstatus bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass auch der Kläger des vom BSG entschiedenen Verfahrens - ebenso wie die Klägerin - Inhaber des Vertriebenenausweises "C" ist. Soweit er sich anders als die Klägerin nicht in politischem Gewahrsam befand und damit auch keine Ansprüche nach dem HHG und BerRehaG hat, rechtfertigt dies im Hinblick auf die Anwendung des § 256a SGB VI keine abweichende Beurteilung. Denn der insoweit berechtigte Personenkreis ist weder von der Anwendung dieser Regelung ausgeschlossen noch erfährt er im Anwendungsbereich des § 259a SGB VI eine besondere Behandlung. Zutreffend hat die Beklagte auf der Grundlage der Bescheinigung des Landratsamts Ludwigsburg nach § 10 Abs. 4 HHG aber die Zeit der politischen Haft und Flucht sowie die anschließende Zeit der unverschuldeten Arbeitslosigkeit bis Mai 1986 gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI als Ersatzzeit berücksichtigt.

Auch eine Rentenberechnung nach dem am 30.06.1990 geltenden Recht der DDR, wie dies die Klägerin alternativ beantragt, ist nicht möglich. Wie dargelegt richtet sich die Rentenberechnung allein nach den Vorschriften des SGB VI. Für die Anwendung von Bestimmungen des DDR-Rechts fehlt es an jeglicher rechtlichen Grundlage (BSG, Urteil vom 30.01.1997, 4 RA 6/95, auch zum Nachfolgenden). Nach dem Inkrafttreten des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR (StVertr) vom 18.05.1990 (BGBl. II S. 537) bestanden zunächst unverändert zwei Staaten in Deutschland mit koexistierenden Rechtsordnungen fort. Die rentenrechtliche "Teilung" in zwei Gebiete mit unterschiedlichen Rechtsordnungen hatte zunächst auch nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland Bestand. Damit wurde Recht der DDR gerade nicht in bundesdeutsches Recht überführt und deshalb fand und findet Recht der DDR auch im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung keine Anwendung. Dies änderte sich lediglich insoweit, als nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) i.V.m. § 259b SGB VI bestimmte in der DDR erworbene Ansprüche und Anwartschaften in die bundesdeutsche Rentenversicherung überführt wurden. Ansprüche nach dem AAÜG aber hat die Klägerin nicht, wie im Verfahren vor dem Senat L 10 R 2866/13 WA deutlich geworden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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