Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 393/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2662/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Betreiber einer Postagentur, der aufgrund eines mit der
Deutschen Post AG geschossenen Partnervertrages tätig wird,
unterliegt als selbständiger Handelsvertreter nicht der
Versicherungs - bzw Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten-,
Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Deutschen Post AG geschossenen Partnervertrages tätig wird,
unterliegt als selbständiger Handelsvertreter nicht der
Versicherungs - bzw Beitragspflicht in der gesetzlichen Renten-,
Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.03.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 bei der Beigeladenen zu 1), der D. P. AG, sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1969 geborene Kläger übernahm im Dezember 2001 einen bestehenden Einzelhandelsbetrieb, in dem Schreibwaren und Geschenkartikel vertrieben wurden und eine Lotto-Toto-Annahmestelle sowie eine Postfiliale installiert war. Zum 02.01.2002 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Partnervertrag (Version 1.0) nach dessen Präambel der Partner, hier der Kläger, von der Beigeladenen zu 1) die Vertretung bei der Wahrnehmung von Aufgaben und Leistungen für die D. P. in selbständiger Tätigkeit und Verantwortung übernahm. Beide Seiten waren sich darüber einig, dass die Vertriebskooperation der D. P. mit privaten Partnern der ununterbrochenen Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit postalischen Grundleistungen und einer Verbesserung bzw Sicherung der Kundenakzeptanz und der Auslastung der Kapazitäten des Geschäftsbetriebes des Partners dient. Der Vertrag lautete auszugsweise wie folgt:
§ 1 Parteien und Gegenstand des Vertrags (1) Der Partner übernimmt von der D. P. mit Wirkung vom 02.01.2002 die stationäre Vertretung in 74 ... E. (Anlage 1). Er bietet alle für Filialen dieses Typs jeweils vorgesehenen sowie die mit ihm in Anlage 2 festgelegten Verkaufsprodukte und Dienstleistungen an ... (3) Der Partner hat die Rechtsstellung eines Handelsvertreters im Nebenberuf und vertritt die D. P. im Rahmen des Vertriebs der in Anlage 2 festgelegten Verkaufsprodukte (Agenturware) und des Vertriebs von Dienstleistungen rechtsgeschäftlich. Er handelt hierbei im Namen und für Rechnung der D. P., bei T.-Angelegenheiten im Namen und für Rechnung der D. T. AG, bei Postbank-Angelegenheiten im Namen und für Rechnung der D. P.bank AG und bei Angelegenheiten Dritter im Namen und für Rechnung des betreffenden Dritten ... Der Partner nimmt als selbständiger, eigenverantwortlicher Kaufmann die Interessen der D. Post wahr ... (5) Zur Durchführung des Vertrags richtet der Partner in seinem in Anlage 1 näher bezeichneten Geschäftsbetrieb nach Maßgabe des § 2 eine Filiale ein.
§ 2 Einrichtung und Betrieb der Filiale (1) Der Partner zeigt die Eröffnung der Filiale als zusätzliches Gewerbe an ... (2) Der Partner stellt die zum Betrieb der Filiale erforderlichen Räume sowie die in Anlage 3 festgelegten Einrichtungsgegenstände bereit. Er entscheidet, ob er diese Gegenstände mietet oder kauft. Näheres regelt die vertragliche Vereinbarung in Anlage 5a bzw 5b. Der Partner trägt dafür Sorge, dass die räumliche Möglichkeit einer diskreten Kundenbetreuung besteht. (3) Die D. P. stellt dem Partner nach Maßgabe des § 86a HGB die Betriebsmittel und Sonderausstattungen nach Anlage 3 zur Verfügung. Diese verbleiben im Eigentum der D. P. Der Partner verpflichtet sich, die Betriebsmittel und Sonderausstattungen ausschließlich für die von ihm für die D. Post, die D. T. AG, die D. P.bank AG und Dritte (§ 1 Abs 3 Satz 2), durchgeführten Tätigkeiten zu verwenden. Das gleiche gilt für die Einrichtungsgegenstände (§ 2 Abs 2), solange sie im Partnerfilialbetrieb (nachfolgend Filialbetrieb) verwendet werden. (4) Der Partner führt eingelieferte Brief- und Frachtpost sowie Abrechnung- und Buchungsunterlagen einschließlich der notwendigen Belege taggleich der D. P. zu. Zeitpunkt und Übergabeort werden von der zuständigen Niederlassung Filialen benannt. Dem Partner werden alternativ werktägliche Abholfahrten (Anlage 1) angeboten ... (5) Der Partner hat betriebliche Aufzeichnungen nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung anzufertigen und aufzubewahren ... (c) Zur Durchführung der Jahresinventur bei der D. P. hat der Partner der D. P. bis zu einem Zeitpunkt, der von der D. P. rechtzeitig bekanntgegeben wird, eine Aufstellung/Bestätigung über die zu einem bestimmten Stichtag bei ihm lagernden Verkaufsprodukte (Agentur- und Kommissionswaren) vorzulegen ... (6) Der Partner stellt sicher, dass die Öffnungszeiten der Filiale mit den Öffnungszeiten des Hauptgeschäftsbetriebs, die er selbst bestimmt, identisch sind. Änderungen der Öffnungszeiten teilt der Partner der D. vor Änderungen mit. Ist abzusehen oder besteht die Gefahr, dass der Partnerbetrieb nicht aufrechterhalten wird, setzt der Partner die D. P. hiervon frühzeitig in Kenntnis. Der Partner stellt ferner den ganzjährigen Betrieb der Filiale sicher.
§ 2a Vertrieb von Verkaufsprodukten und Dienstleistungen (1) Der Vertrieb der Verkaufsprodukte als Handelsvertreter oder als Kommissionär erfolgt zu den durch die D. P. festgelegten Preisen und Konditionen. Die Gewährung von Skonti und ähnlichen Preisnachlässen jedweder Art auf diese Verkaufsprodukte bedarf der vorherigen Zustimmung der D. P ... (4) Der Partner haftet für Verluste und Beschädigungen der ihm als Handelsvertreter oder als Kommissionär übergebenen Verkaufsprodukte, es sei denn, dass der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnten. Die Höhe des Schadenersatzes bemisst sich dabei nach der Höhe des Nettoverkaufspreises abzüglich der Nettoprovision. Der Anspruch wird bei der Jahresinventur oder einer Kontrollzählung (siehe § 2 Abs 5 Lit c) ermittelt. (5) Der Partner bietet ua Dienstleistungen der Unternehmen D. P. AG, D. P.bank AG und D. T. AG an. Deren Leistungsmerkmale sind in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) allen Kunden gegenüber festgelegt. Der Partner führt den Vertrieb aller festgelegten Dienstleistungen und Verkaufsprodukte so durch, dass diese den Verpflichtungen gegenüber den Kunden, den dazu festgelegten Leistungsinhalten und Qualitätsvorgaben sowie den jeweiligen betrieblichen Belangen entsprechen. Dem Partner wird ein Handbuch als Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt. Die D. P. ist verpflichtet, das Handbuch zu aktualisieren. Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass eine Vorgehensweise nach aktuellem Handbuch die Einhaltung der oben genannten Verpflichtungen sicherstellt und den betrieblichen Belangen entspricht ...
§ 2b Erlöse/Haftung (1) Im Verhältnis zur D. P. AG besteht hinsichtlich des Erlöses aus den Einnahmen im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Verkaufsprodukte als Handelsvertreter oder als Kommissionär und den erbrachten Dienstleistungen eine Geldwertschuld, über die auf der Grundlage dieses Partnervertrages sowie des Handbuchs regelmäßig abgerechnet wird ... (2) Der Partner haftet, auch für die von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen, nach den gesetzlichen Bestimmungen.
§ 3 Vergütung (1) Die D. P. gewährt dem Partner eine Grundvergütung, Provisionen sowie einen Bonus nach Maßgabe der Anlage 2 ... § 4 Vertretung des Partners Der Partner kann sich zur Erfüllung seiner Aufgaben auf eigene Kosten ganz oder teilweise anderer Personen bedienen. Er wählt die zur Erbringung der vertragsgegenständlichen Leistungen für ihn handelnden Erfüllungsgehilfen nach freiem Ermessen aus. Er bestimmt den Umfang ihrer Arbeitszeit und die Gewährung von Urlaub usw. Er benennt der D. P. die mit Tätigkeiten für die D. P. betrauten Personen und unterrichtet die D. P. über diesbezügliche Änderungen (siehe auch § 7 Abs 2).
§ 5 Qualitätssicherung (1) Die D. P. ist im Rahmen der ihr übertragenen Aufgabe und zur Sicherstellung ihres Leistungsangebots berechtigt, durch ihre Mitarbeiter oder von ihr beauftragte Dritte die Filiale auch unangemeldet aufzusuchen und zu überprüfen ... § 10 Werbung und Wettbewerbsverbote (1) Werbemaßnahmen führt der Partner auf eigene Kosten durch. Soweit der Partner auf die Kundendienstleistungen der Filiale hinweist, indem er sie beispielsweise in seine übliche Geschäftswerbung einbezieht, wird ihm die D. P. hierbei zB durch die Bereitstellung von Schriftzügen und P.logos unterstützen ...
In Anlage 2 zum Partnervertrag Version 1.0 waren die fixen Vergütungsbestandteile, die Provisionen und Preise für Dienstleistungen Post, Bank und Telekom sowie umsatzbezogene Verkäufe und Leistungen geregelt sowie eine Bonusregelung abhängig vom jährlichen Netto-Provisionsbetrag. Anlage 3 enthielt ein Verzeichnis der Einrichtungsgegenstände, Betriebsmittel und Sonderausstattungen für den Betrieb der Filiale. Anlage 4 bezog sich auf Verschwiegenheit, Wahrung des Post-, Bank- und Fernmeldegeheimnisses sowie Datenschutz. Anlage 5a enthielt einen Mietvertrag hinsichtlich der in Anlage 3 genannten Einrichtungsgegenstände, Betriebsmittel und Sonderausstattungen; der monatliche Mietzins betrug 70,- DM netto. Ab März schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Partnervertrag Version 4.0, dessen Inhalt sich nicht wesentlich von Version 1.0 unterschied.
Am 15.06.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für den Betrieb der Postagentur. Er machte geltend, als "Handelsvertreter im Nebenberuf" mit der Durchführung aller Post- und Postbankgeschäfte beschäftigt zu sein. Aus dem von ihm daneben betriebenen Schreibwaren- und Geschenkartikelgeschäft habe er lediglich 10 % seines Gewinns erwirtschaftet. Auch sein Personaleinsatz sei zu 90 % postbedingt gewesen. Die Lage des Geschäftsbetriebes sei so schlecht gewesen, dass fast keine Laufkundschaft gekommen sei. Alle Bemühungen um weitere rentable Nebeneinkünfte, wie zB das Führen eines Quelleshops, einer Lotto-Toto-Annahmestelle oder eines Kopierservices seien fehlgeschlagen. Laut Partnervertrag habe er ein Handbuch im Umfang von zwei DIN-A4 Ordnern zum Betrieb der Postagentur erhalten. Die darin genannten Regelungen seien entsprechend umfangreich gewesen. Vertraglich sei er verpflichtet gewesen, täglich Abrechnungs- und Buchungsunterlagen bei der D. P. AG einzureichen. Die Daten der jeweiligen Transaktionen seien online über Nacht übermittelt worden. Da die geringe Vergütung für einen rentablen Betrieb nicht ausgereicht habe, sei er im Dezember 2005 und Januar 2006 noch kurzfristig als Katalogzusteller beschäftigt gewesen.
Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 08.01.2009 (gemeint wohl 2010) gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit als Leiter und Inhaber einer Postagentur/Handelsvertreter bei der D. P. AG vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt worden sei. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen. Bei der Beurteilung, ob der Kläger als Handelsvertreter eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ausübe, seien zusätzlich die besonderen Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 675, 259, 810 BGB) sowie des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zu beachten. Der Kläger habe der Beigeladenen zu 1) aufgrund des Partnervertrags in einem Gleichordnungsverhältnis gegenübergestanden. Außerdem habe er von der Möglichkeit, Hilfskräfte einsetzen zu können, Gebrauch gemacht. Das Weisungsrecht des Auftraggebers sei im Wesentlichen nicht über die sich für Handelsvertreter aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag ergebenden Weisungsrechte, die Interessenwahrungspflicht nach § 86 Abs 1 HGB sowie die Berichtspflicht nach § 86 Abs 2 HGB hinausgegangen. Auch die ganzjährige Öffnung der Filiale zu den allgemein üblichen Geschäftszeiten und die Verpflichtung zur Einhaltung des Handbuchs zum Betrieb einer Postagentur sei lediglich eine Vorgabe, um einen hohen Qualitätsstandard bei der Kundengewinnung und -betreuung zu gewährleisten und daher mit der Interessenwahrungspflicht vereinbar. Die Tatsache, dass die erzielten Umsätze der D. P. AG weit über den Einnahmen der anderen Geschäftsbereiche gelegen hätten und die Ausübung der Tätigkeit nicht den gewünschten Erfolg gehabt habe, seien keine Indizien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Im Übrigen sei eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der D. P. AG nicht gegeben gewesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 01.02.2010 Widerspruch und machte geltend, die Vergütung sei nur zum Teil erfolgsabhängig gewesen. Aus der vorgelegten Vergütungsabrechnung für Januar 2006 ergab sich eine fixe Vergütung in Höhe von 1.260,- EUR und eine variable Vergütung in Höhe von 344,18 EUR netto. Zudem sei er zu einer ganzjährigen Öffnung verpflichtet gewesen und habe die Öffnungszeiten nicht selbst bestimmen können. Die Beschäftigung einer Aushilfe auf 400 EUR Basis sei kein Merkmal für eine selbständige Tätigkeit. Er habe Personal beschäftigen müssen, um Urlaubs- oder Krankheitszeiten abdecken zu können.
Die Beigeladene zu 1) äußerte mit Schreiben vom 29.03.2010, dass sie nicht von einer abhängigen Beschäftigung ausgehe. Auch Handelsvertretern könnten fachliche Weisungen erteilt werden. Aus der wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeit ergebe sich, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Der hohe Anteil an einer Fixvergütung deute keinesfalls auf eine Arbeitnehmerbeschäftigung hin, denn provisionspflichtige Dienstleistungen seien ebenfalls Bestandteil des Partnervertrags gewesen. Entscheidend sei das wirtschaftliche Risiko. Ohne Tätigkeit erlange der Kläger auch keinen Vergütungsanspruch. Ebenso wenig sei die Bindung an die Öffnungszeiten ein Argument, denn es handele sich um eine fachliche Vorgabe, die keine Einschränkung der unternehmerischen Freiheit nach sich ziehe. Sie diene allein der Aufrechterhaltung der notwendigen öffentlichen Versorgung. Zudem spreche dies für die fehlende Arbeitnehmereigenschaft, denn ein Arbeitnehmer müsse während seiner urlaubs- und krankheitsbedingten Abwesenheit nicht dafür Sorge tragen, seinen Arbeitsplatz besetzt zu halten. Eine persönliche Erfüllung der Tätigkeiten sei nicht notwendig gewesen. Der Kläger habe unter seiner eigenen Firma auftreten können und habe lediglich die Konkurrenz mit Postprodukten meiden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei nicht als Beschäftigter im Sinne von § 7 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) von einem Arbeitgeber persönlich abhängig gewesen. Dies ergebe sich aus der Rechtsstellung des Klägers als Handelsvertreter im Nebenberuf. Die Vorgaben zur Vertriebsgestaltung hätten den Erfordernissen des § 86a HGB entsprochen. Der Kläger habe die für seine Tätigkeit erforderlichen Räume zur Verfügung gestellt, die Einrichtungsgegenstände der Beigeladenen zu 1) seien ihm mietweise überlassen worden, spezielle Betriebsmittel habe sie ihm kostenfrei zur Verfügung gestellt. Weisungsrechte der Beigeladenen zu 1) im Sinne eines Arbeitgebers seien weder aus den vorgelegten Verträgen noch aus den Schilderungen des Klägers zu entnehmen. Die Tatsache, dass die Postagenturen mit Emblemen der D. P. AG versehen und entsprechend des Gesamtkonzeptes auszustatten gewesen seien, sei bei Handelsvertreters üblich. Für die selbständige Tätigkeit spreche auch das vom Kläger getragene Unternehmerrisiko. Zur Ausübung seiner Tätigkeit habe er finanzielle Mittel im Zusammenhang mit der Nutzung der Betriebsräume und der Bezahlung der eigenen Hilfskräfte sowie die eigene Arbeitskraft eingesetzt. Im Zeitpunkt des Einsatzes dieser Mittel sei der zu erzielende Gewinn ungewiss und offen geblieben, ob und in welcher Höhe eine Vergütung anfalle.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 02.02.2011 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage. Zwar sei er im Partnervertrag als Handelsvertreter im Nebenberuf bezeichnet worden, dem stünden allerdings zahlreiche Vertragsklauseln entgegen. Faktisch stünden bei den Postagenturen die postbedingten Arbeiten im Vordergrund und das Kernsortiment bilde keinen Schwerpunkt. In diesem speziellen Verhältnis überwögen die postbedingten Anweisungen, die sich aus den Handbüchern ergäben. Hieraus resultiere eine faktische Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1). Von einer im Wesentlichen freien Gestaltung der Tätigkeit könne damit nicht ausgegangen werden. Auch die Zusammensetzung der Vergütung spreche für ein Arbeitnehmerverhältnis, da ein Großteil der Vergütung aus einem Grundgehalt bestehe und lediglich ein kleiner Restumsatz erfolgsabhängig sei. Er habe auch Revisionen der Beigeladenen zu 1) dulden müssen. Aufgrund der zahlreichen Einschnitte in die Selbständigkeit und der dazugehörigen Kontrollmöglichkeiten könne nicht mehr von einer Selbständigkeit nach dem HGB ausgegangen werden. Das Maß der geschuldeten Leistungserbringung gegenüber der Beigeladenen zu 1) und die erzielten Erlöse ermöglichten keine unternehmerischen Spielräume, was zu einer prekären Selbstausbeutungssituation der Postagenturen bei Ortschaften mit weniger als 5000 Einwohnern führe.
Die Beigeladene zu 1) ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, aus ihrer Sicht liege keine abhängige Beschäftigung vor, da der Kläger im Wesentlichen frei in der Gestaltung seiner Tätigkeit gewesen sei, seine Arbeitszeit habe selbst bestimmen können und ein unternehmerisches Risiko getragen habe. Er habe eine eigene Betriebsstätte gehabt und einen weiteren Geschäftsbetrieb, in dem er hauptberuflich tätig gewesen sei. Er habe sich zur Erfüllung seiner Tätigkeit eigener weisungsgebundener Arbeitnehmer bedienen können und habe hiervon auch Gebrauch gemacht. Durch zahlreiche Urteile aus der Zivilgerichtsbarkeit werde bestätigt, dass das Tatbestandsmerkmal der freien Tätigkeitsgestaltung nach § 84 Abs 1 Satz 2 HGB bei den Betreibern einer Postagentur unter Berücksichtigung der Partnerverträge erfüllt sei. Hinsichtlich der wenigen vorgegebenen Einrichtungsgegenstände und Betriebsmittel sei die "Corporate Identity" der D. P. AG zu berücksichtigen. Es müsse ihr möglich sein, im Rahmen der von ihr gewählten Vertriebskooperation ein einheitliches Auftreten nach außen zu gewährleisten. Auch aus der Nutzung der EPOS-Systeme ergebe sich keine Abhängigkeit, die ein Arbeitsverhältnis begründen würde, denn nur durch die zur Verfügungstellung einer EDV-Anlage konnten die vertraglich übernommenen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt werden.
Mit Urteil vom 21.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe im Zeitraum vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 in keinem die Versicherungspflicht begründenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid hat es ergänzend ausgeführt, dass durch den Partnervertrag Version 1.0, später Version 4.0 kein Arbeitsvertrag und keine abhängige Beschäftigung begründet worden sei, sondern der Kläger selbständiger Handelsvertreter im Nebenberuf gewesen sei. Zeitgleich zum Betrieb der Postagentur habe der Kläger sein Einzelhandelsunternehmen weiter betrieben. Soweit die Beigeladene zu 1) ihm Vorgaben gemacht habe, seien die Einschränkungen seiner unternehmerischen Freiheit überwiegend durch zwingende Anforderungen der Geschäftsart bedingt und hätten kein solches Ausmaß angenommen, dass von einer Weisungsabhängigkeit wie bei einem Arbeitnehmer die Rede sein könne. Die Nutzung eines von der Beigeladenen zu 1) gestellten Terminals nebst aufwendigem EDV-System sei für Bankgeschäfte und die moderne Logistik unabdingbar. Vorgaben hinsichtlich der Öffnungszeiten bestünden darin, dass der Betrieb ganzjährig sicherzustellen sei, was auf dem Erfordernis der Aufrechterhaltung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen beruhe. Gegen das Vorliegen einer zeitlichen Weisungsabhängigkeit spreche, dass der Kläger sicherzustellen habe, dass die Öffnungszeiten der Postfiliale mit denjenigen des Hauptgeschäftsbetriebs, welche er selbst - und nicht die D. P. AG - bestimmt habe, identisch seien. Zudem habe der Kläger durchaus ein wirtschaftliches Risiko getragen. Sein Einkommen habe auf den Aufwendungen für Miete und Instandhaltung der Verkaufsräume sowie seine mit dem Hauptgeschäftsbetrieb und der Postfiliale getätigten Umsatz basiert. Das von ihm getragene Unternehmerrisiko habe sich gerade darin verwirklicht, dass er durch das Ausbleiben größerer Kundenströme geringere Einkünfte realisiert habe als erwartet.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 23.05.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.06.2012 eingelegte Berufung des Klägers. Der vorliegende Fall sei in seiner Typizität geprägt von den Merkmalen, die in der Rechtsprechung im Zusammenhang der Entstehung von Franchise-Systemen in Deutschland einerseits und dem damit einhergehenden Missbrauchspotenzial andererseits entwickelt worden seien. Hier seien Personen aus dem Bereich der Sozialversicherungspflicht heraus gedrängt worden und rechtlich schutzlos gestellt, weil sie - lediglich Arbeit suchend und unternehmerisch nicht qualifiziert - unter dem lockenden Versprechen einer auskömmlichen selbständigen Erwerbstätigkeit in Tätigkeiten verpflichtet worden seien, in die ursprünglich und typischerweise in Angestelltenverhältnissen mit Sozialversicherungspflicht ausgeübt worden seien. So verhalte es sich vorliegend bei der Umwandlung von dörflichen Postfilialen, die von der D. P. AG als Rechtsnachfolgerin der D. B. zunächst als Eigenbetriebe geführt und dann aus Gründen der Kostenabsenkung mittels "Partnerverträgen" auf vermeintlich selbständige Agenturbetreiber ausgelagert worden seien. Die angeblich unternehmerischen "Partner" hätten auf Eigenkosten und eigenes Risiko die dörflichen Repräsentanzen der Beigeladenen zu 1) zu betreiben, wobei die Erlöschancen deutlich hinter den zu erwartenden Kosten angestellter Beschäftigungsverhältnisse zurückblieben. Obwohl der Kläger ca 90 % seines Leistungsvermögens für die Vermittlungsdienste für die Beigeladene zu 1) hätte aufbieten müssen, habe er 2002 ein Jahreseinkommen (vor Abzug von Raum- und Energie- sowie Versicherungskosten) in Höhe von brutto 18.689,01 EUR, im Jahr 2003 25.350,50 EUR, im Jahr 2004 17.791,43 EUR, im Jahr 2005 16.329,91 EUR und im Jahr 2006 18.884,34 EUR erwirtschaftet bzw 2007 nach Abzug der Betriebskosten einen Gewinn von 225,68 EUR, im Jahr 2008 von 5.739,65 EUR und im Jahr 2009 von 9.196,75 EUR. Es sei offenkundig, dass bei derartigen Erlöschancen von einer unternehmerischen Tätigkeit nicht gesprochen werden könne. Der geringe Ertrag rühre nicht aus Unvermögen des Klägers, sondern sei strukturell bedingt durch den vorgegebenen kleinen regionalen Markt. In Ortschaften mit weniger als 5000 Einwohnern bestünden keine auskömmlichen Betriebssituationen. Die vom Kläger zu erbringende Tätigkeit sei zuvor typischerweise von angestelltem Personal der Beigeladenen zu 1) erbracht worden. Ausgehend von den von der Beigeladenen zu 1) verwendeten Formularverträgen sei festzustellen, dass in den darin bestimmten Klauseln, aus denen sich die Selbständigkeit des Klägers ergeben solle, in Wahrheit nur wider Treu und Glauben zum Nachteil des Klägers von der Rechtsordnung nachteilig abweichende Bestimmungen getroffen worden seien. Das Urteil des SG werde dem sozialstaatlichen Schutzgedanken nicht gerecht, mit dem einer fortschreitenden Prekarisierung zu wehren sei. Die Postagenturstrategie der Beigeladenen zu 1) mit Blick auf kleine Ortschaften unter 5000 Einwohnern sei eine Verelendungsstrategie, die dem Sozialstaatsauftrag zuwider laufe. Dem sei nur dadurch entgegenzuwirken, dass die sozialversicherungsrechtliche Einbindung des Klägers festgestellt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.03.2012 und die Bescheide der Beklagten vom 08.01.2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.01.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Zeitraum vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) als Filialleiter einer einschaltrigen Filiale der Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei vorliegend von einer selbständigen Handelsvertretertätigkeit auszugehen. Das erheblich schwankende Einkommen belege, dass der Kläger ein erhebliches Unternehmensrisiko zu tragen gehabt habe.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es handele sich vorliegend eindeutig um ein Handelsvertreterverhältnis, wie sich aus zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen ergebe. Insoweit liege gerade kein Franchise-Vertrag vor. Der Kläger übersehe weiter, dass er sogar "nur" Handelsvertreter im Nebenberuf gewesen sei, dh die Vertragsverhältnisse darauf beruhten, dass der jeweilige Vertragspartner schon zuvor selbständig tätig gewesen sei. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass die Einnahmen nicht seinen unternehmerischen Vorstellungen entsprochen hätten. Trotz der von ihm geschilderten Situation habe der Kläger im März 2003 den neuen Partnervertrag Version 4.0 unterzeichnet. Nach eigenem Vortrag will er zu diesem Zeitpunkt nur ein Jahreseinkommen 2002 in Höhe von Brutto 18.689,01 EUR gehabt haben, was nicht einmal durch Vorlage entsprechender Unterlagen belegt werde, aus denen zu erkennen sei, welche Einnahmen aus seinem eigenen Geschäftsbetrieb und welche aus dem Geschäftsbetrieb der Partnerfiliale resultierten. Unabhängig davon habe die D. P. AG entsprechend dem verfassungsrechtlichen/gesetzlichen Auftrag gehandelt und gerade nicht aufgrund eigener Entscheidung "Arbeitsverhältnisse aus dem Bereich der Sozialversicherungspflicht heraus gedrängt". Insbesondere sei nicht zutreffend, wenn behauptet werde, das gesamte wirtschaftliche Risiko sei auf den Partner übertragen worden. Durch die Gestaltung der Verträge habe der jeweilige Partner den Kundenstamm der Beigeladenen zu 1) nutzen können. Hierfür seien keinerlei finanzielle Aufwendungen seitens des Partners erforderlich gewesen. Ihm sei sogar im Rahmen des Vorschusses das für den Betrieb der Postagentur erforderliche Bargeld zur Verfügung gestellt worden. Mithin sei dem Partner ermöglicht worden, ohne weiteren eigenen finanziellen Einsatz, seine Arbeitskraft dahingehend einzusetzen, im Rahmen seiner Tätigkeit als Handelsvertreter im Nebenberuf zusätzliche Einnahmen zu generieren. Selbstverständlich sei es dann aber möglich, dem Partner das wirtschaftliche Risiko bezüglich des zur Verfügung gestellten Bargelds aufzuerlegen. Dies ergebe sich im Übrigen aus dem Gesetz, insbesondere den §§ 666 ff BGB. Dem Kläger sei die Möglichkeit gegeben, selbst zu entscheiden, wo er seine Arbeitskraft am ehesten Gewinn bringend einsetzen konnte. Dabei handele es sich um eine klassische unternehmerische Entscheidung. Der Kläger sei auch nicht ansatzweise gezwungen worden, die Vertragsverhältnisse mit der Beigeladenen zu 1) einzugehen. Er selbst habe eine unternehmerische Entscheidung dahingehend treffen können, ob er das jeweilige Vertragsangebot annimmt oder nicht. Bei dieser Entscheidung hätten gerade die Gesichtspunkte, die der Kläger jetzt selbst als Begründung ins Feld führe, von ihm berücksichtigt werden müssen. Auch der Hinweis auf eine Ortschaft mit unter 5000 Einwohnern ändere nichts, denn diese Tatsache habe der Kläger bei seiner unternehmerischen Entscheidung selbst zugrundezulegen gehabt. Der Kläger führe auch an keiner Stelle dezidiert aus, welche Klauseln im Formularvertrag unwirksam sein sollten, weil sie gegen Treu und Glauben verstoßen. Die in dem Vertrag beinhalteten Regelungen gäben die sich ohnehin aus dem Gesetz ergebenden Verpflichtungen wieder, so aus §§ 84 ff HGB, 238 ff HGB, 140 ff und 666 ff BGB.
Die übrigen Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 08.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.01.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Für die Tätigkeit des Klägers als Betreiber einer Postagentur in der Zeit vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 bestand keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, denn sie wurde im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Sie sind nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Sie sind auch materiell nicht zu beanstanden.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I 2933) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).
Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger mit Schreiben vom 12.06.2009, eingegangen bei der Beklagten am 15.06.2009, gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).
Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Zwar hat das BSG noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat es diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert: Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012 aaO).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger in der Zeit vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 für die Beigeladene zu 1) als selbstständiger Handelsvertreter tätig war und daher keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Der Kläger hat für die Beigeladene zu 1) als Handelsvertreter im Nebenberuf eine Postagentur betrieben. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1). Auf die unstreitig daneben ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Inhaber eines Einzelhandelsbetriebs kommt es daher nicht an.
Der Kläger unterlag vorliegend keinem Weisungsrecht, das eine Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und damit eine abhängige Beschäftigung begründet hätte. In zeitlicher Hinsicht war vertraglich geregelt, dass die Öffnungszeiten der Postagentur an die Öffnungszeiten des Einzelhandelsgeschäfts des Klägers gekoppelt waren. Damit bestimmte der Kläger die Öffnungszeiten, denn er allein legte diese für sein Geschäft fest. Daraus, dass sich der Kläger vertraglich zudem zu einem ganzjährigen Betrieb der Filiale verpflichtete, lässt sich ebenfalls keine Abhängigkeit begründen. Ein abhängig Beschäftigter ist im Gegenteil nicht dazu verpflichtet, während seines Urlaubs oder während Krankheit dafür Sorge zu tragen, dass sein Arbeitsplatz besetzt ist.
Die Beigeladene zu 1) konnte auch nicht fachlich oder organisatorisch in einer Weise in den Betrieb des Klägers eingreifen, dass sich hieraus eine abhängige Beschäftigung ergäbe. Allerdings war die Tätigkeit des Klägers keineswegs frei von Bindungen. Vertraglich vorgegeben waren Art und Weise, wie die Produkte und Dienstleistungen der Beigeladenen zu 1) anzubieten und zu vertreiben sind, Werbung, Erscheinungsbild und vor allem auch die Preise. Durch die Bezugnahme auf das Handbuch der Beigeladenen zu 1) waren sehr genaue und detaillierte Vorgaben gemacht. Es ist allerdings durchaus üblich, dass produkt- und verfahrensbezogene Vorgaben an Handelsvertreter sicherstellen sollen, dass insbesondere bei bundesweit tätigen Unternehmen einheitliche Preise, Qualitätsstandards, Ausstattung und Werbung gesichert sind und insbesondere auch das äußere Erscheinungsbild einheitlich ist. Festzuhalten ist allerdings, dass die gesamten Regelungen bereits Vertragsinhalt waren und insoweit nicht durch Einzelanweisungen auf den Betrieb der Postagentur Einfluss genommen wurde. Umstände, die durch entsprechende Rahmenvereinbarungen oder -pläne bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl BSG 04.04.1979, 12 RK 37/77, juris zur Verpflichtung eines Orchestermusikers, eine Tracht zu tragen und ein bestimmtes Instrument zu spielen; BSG 27.11.1980, 8a RU 26/80, juris zu Ringtourenfahrer; BSG 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R, juris zu Dozent an einer Volkshochschule).
Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht vorliegend auch, dass der Kläger nicht - wie für einen Arbeitnehmer typisch - verpflichtet war, seine Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Es war vielmehr ausdrücklich zugelassen, dass der Kläger Erfüllungsgehilfen einsetzt (§ 4 Partnervertrag 1.0 bzw § 1 Abs 7 Partnervertrag 4.0). Entsprechend hat der Kläger auch tatsächlich eine Aushilfe beschäftigt.
Der Kläger hat auch ein wesentliches unternehmerisches Risiko getragen. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG 12.12.1990, 11 RAr 73/90, juris; BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Dies war hier der Fall. Der Kläger hatte ein Ladenlokal angemietet, in welchem er eine Fläche für die Postagentur zur Verfügung stellte. Er hat Betriebsmittel angemietet wie die Kundentheke und einen Postfachschrank. Die Sicherstellung der Öffnungszeiten erforderte die Anstellung einer geringfügig beschäftigten Hilfskraft. Dabei wusste der Kläger nicht, ob sich die insoweit von ihm zu treffenden Vorleistungen lohnen würden. Zwar hatte der Kläger neben erfolgsbezogenen Provisionen und Boni auch feste Vergütungsbestandteile, die nach den vorgelegten Unterlagen für die betreffenden Monate sogar seinen überwiegenden Verdienst ausmachten. Diese festen Vergütungsbestandteile führen jedoch nicht dazu, dass dem Kläger das Risiko, ob sich der Einsatz seiner eigenen Arbeitskraft und der Einsatz der Mittel überhaupt lohnt, abgenommen wird. Dies zeigt sich schon deutlich an dem eigenen Vorbringen des Klägers, der wegen Ausbleiben von Laufkundschaft letztlich keine auskömmliche Tätigkeit erreichen konnte. Soweit der Kläger vorträgt, er hätte 90% bzw 75% seiner Arbeitskraft für die Postagentur eingesetzt und darauf den Schwerpunkt seiner Geschäftstätigkeit gelegt, ist dies ebenfalls nicht Ausdruck einer wirtschaftlichen Bindung an die Beigeladene zu 1), sondern gerade Ausdruck der unternehmerischen Tätigkeit und des unternehmerischen Risikos. Von den vertraglichen Beziehungen her war der Kläger nicht gehindert, sein Hauptgewerbe auszuweiten; Einschränkungen galten nur für solche Gewerbe, die in direkter Konkurrenz zur Beigeladenen zu 1) standen oder dem Betriebszweck der Postagentur hätten abträglich sein können.
Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist allerdings, dass in der vertraglichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der von Seiten des Klägers ins Feld geführten Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).
In der Gesamtabwägung überwiegen nach alledem die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Damit sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit der zivil- und arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, die - soweit ersichtlich - einhellig die Betreiber von Postagenturen als selbstständige Handelsvertreter iSv § 84 Abs 1 Satz 2 HGB (vgl Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe 22.07.1998, 19 W 55/98; OLG Koblenz 30.01.2006, 12 U 127/01; OLG Stuttgart 01.02.2006, 4 U 182/05 und 22.11.2007, 7 U 137/07; OLG Köln 17.10.2008, 19 U 72/08; OLG Nürnberg 29.10.2008, 8 U 2003/06; ebenso in einem obiter dictum: Bundesgerichtshof 19.10.2000, IX ZB 69/00, NJW 2001, 832) und nicht als Arbeitnehmer der D. Post AG ansieht (Arbeitsgericht (ArbG) Cottbus 16.12.1999, 3 Ca 1401/99; ArbG München 12.03.2007, 8 Ca 15566/05; ArbG Stuttgart 19.08.2010, 1 Ca 7305/09).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hält es im vorliegenden Fall für sachgerecht, dass auch außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 1) nicht zu erstatten sind, da im Berufungsverfahren kein Anwaltszwang besteht und die Beigeladene zu 1) angesichts der zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen, in denen ihre Ansicht bestätigt worden ist, den vorliegenden Rechtsstreit auch ohne Einschaltung eines Anwalts hätte bewältigen können.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 bei der Beigeladenen zu 1), der D. P. AG, sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1969 geborene Kläger übernahm im Dezember 2001 einen bestehenden Einzelhandelsbetrieb, in dem Schreibwaren und Geschenkartikel vertrieben wurden und eine Lotto-Toto-Annahmestelle sowie eine Postfiliale installiert war. Zum 02.01.2002 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Partnervertrag (Version 1.0) nach dessen Präambel der Partner, hier der Kläger, von der Beigeladenen zu 1) die Vertretung bei der Wahrnehmung von Aufgaben und Leistungen für die D. P. in selbständiger Tätigkeit und Verantwortung übernahm. Beide Seiten waren sich darüber einig, dass die Vertriebskooperation der D. P. mit privaten Partnern der ununterbrochenen Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit postalischen Grundleistungen und einer Verbesserung bzw Sicherung der Kundenakzeptanz und der Auslastung der Kapazitäten des Geschäftsbetriebes des Partners dient. Der Vertrag lautete auszugsweise wie folgt:
§ 1 Parteien und Gegenstand des Vertrags (1) Der Partner übernimmt von der D. P. mit Wirkung vom 02.01.2002 die stationäre Vertretung in 74 ... E. (Anlage 1). Er bietet alle für Filialen dieses Typs jeweils vorgesehenen sowie die mit ihm in Anlage 2 festgelegten Verkaufsprodukte und Dienstleistungen an ... (3) Der Partner hat die Rechtsstellung eines Handelsvertreters im Nebenberuf und vertritt die D. P. im Rahmen des Vertriebs der in Anlage 2 festgelegten Verkaufsprodukte (Agenturware) und des Vertriebs von Dienstleistungen rechtsgeschäftlich. Er handelt hierbei im Namen und für Rechnung der D. P., bei T.-Angelegenheiten im Namen und für Rechnung der D. T. AG, bei Postbank-Angelegenheiten im Namen und für Rechnung der D. P.bank AG und bei Angelegenheiten Dritter im Namen und für Rechnung des betreffenden Dritten ... Der Partner nimmt als selbständiger, eigenverantwortlicher Kaufmann die Interessen der D. Post wahr ... (5) Zur Durchführung des Vertrags richtet der Partner in seinem in Anlage 1 näher bezeichneten Geschäftsbetrieb nach Maßgabe des § 2 eine Filiale ein.
§ 2 Einrichtung und Betrieb der Filiale (1) Der Partner zeigt die Eröffnung der Filiale als zusätzliches Gewerbe an ... (2) Der Partner stellt die zum Betrieb der Filiale erforderlichen Räume sowie die in Anlage 3 festgelegten Einrichtungsgegenstände bereit. Er entscheidet, ob er diese Gegenstände mietet oder kauft. Näheres regelt die vertragliche Vereinbarung in Anlage 5a bzw 5b. Der Partner trägt dafür Sorge, dass die räumliche Möglichkeit einer diskreten Kundenbetreuung besteht. (3) Die D. P. stellt dem Partner nach Maßgabe des § 86a HGB die Betriebsmittel und Sonderausstattungen nach Anlage 3 zur Verfügung. Diese verbleiben im Eigentum der D. P. Der Partner verpflichtet sich, die Betriebsmittel und Sonderausstattungen ausschließlich für die von ihm für die D. Post, die D. T. AG, die D. P.bank AG und Dritte (§ 1 Abs 3 Satz 2), durchgeführten Tätigkeiten zu verwenden. Das gleiche gilt für die Einrichtungsgegenstände (§ 2 Abs 2), solange sie im Partnerfilialbetrieb (nachfolgend Filialbetrieb) verwendet werden. (4) Der Partner führt eingelieferte Brief- und Frachtpost sowie Abrechnung- und Buchungsunterlagen einschließlich der notwendigen Belege taggleich der D. P. zu. Zeitpunkt und Übergabeort werden von der zuständigen Niederlassung Filialen benannt. Dem Partner werden alternativ werktägliche Abholfahrten (Anlage 1) angeboten ... (5) Der Partner hat betriebliche Aufzeichnungen nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung anzufertigen und aufzubewahren ... (c) Zur Durchführung der Jahresinventur bei der D. P. hat der Partner der D. P. bis zu einem Zeitpunkt, der von der D. P. rechtzeitig bekanntgegeben wird, eine Aufstellung/Bestätigung über die zu einem bestimmten Stichtag bei ihm lagernden Verkaufsprodukte (Agentur- und Kommissionswaren) vorzulegen ... (6) Der Partner stellt sicher, dass die Öffnungszeiten der Filiale mit den Öffnungszeiten des Hauptgeschäftsbetriebs, die er selbst bestimmt, identisch sind. Änderungen der Öffnungszeiten teilt der Partner der D. vor Änderungen mit. Ist abzusehen oder besteht die Gefahr, dass der Partnerbetrieb nicht aufrechterhalten wird, setzt der Partner die D. P. hiervon frühzeitig in Kenntnis. Der Partner stellt ferner den ganzjährigen Betrieb der Filiale sicher.
§ 2a Vertrieb von Verkaufsprodukten und Dienstleistungen (1) Der Vertrieb der Verkaufsprodukte als Handelsvertreter oder als Kommissionär erfolgt zu den durch die D. P. festgelegten Preisen und Konditionen. Die Gewährung von Skonti und ähnlichen Preisnachlässen jedweder Art auf diese Verkaufsprodukte bedarf der vorherigen Zustimmung der D. P ... (4) Der Partner haftet für Verluste und Beschädigungen der ihm als Handelsvertreter oder als Kommissionär übergebenen Verkaufsprodukte, es sei denn, dass der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht abgewendet werden konnten. Die Höhe des Schadenersatzes bemisst sich dabei nach der Höhe des Nettoverkaufspreises abzüglich der Nettoprovision. Der Anspruch wird bei der Jahresinventur oder einer Kontrollzählung (siehe § 2 Abs 5 Lit c) ermittelt. (5) Der Partner bietet ua Dienstleistungen der Unternehmen D. P. AG, D. P.bank AG und D. T. AG an. Deren Leistungsmerkmale sind in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) allen Kunden gegenüber festgelegt. Der Partner führt den Vertrieb aller festgelegten Dienstleistungen und Verkaufsprodukte so durch, dass diese den Verpflichtungen gegenüber den Kunden, den dazu festgelegten Leistungsinhalten und Qualitätsvorgaben sowie den jeweiligen betrieblichen Belangen entsprechen. Dem Partner wird ein Handbuch als Arbeitshilfe zur Verfügung gestellt. Die D. P. ist verpflichtet, das Handbuch zu aktualisieren. Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass eine Vorgehensweise nach aktuellem Handbuch die Einhaltung der oben genannten Verpflichtungen sicherstellt und den betrieblichen Belangen entspricht ...
§ 2b Erlöse/Haftung (1) Im Verhältnis zur D. P. AG besteht hinsichtlich des Erlöses aus den Einnahmen im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Verkaufsprodukte als Handelsvertreter oder als Kommissionär und den erbrachten Dienstleistungen eine Geldwertschuld, über die auf der Grundlage dieses Partnervertrages sowie des Handbuchs regelmäßig abgerechnet wird ... (2) Der Partner haftet, auch für die von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen, nach den gesetzlichen Bestimmungen.
§ 3 Vergütung (1) Die D. P. gewährt dem Partner eine Grundvergütung, Provisionen sowie einen Bonus nach Maßgabe der Anlage 2 ... § 4 Vertretung des Partners Der Partner kann sich zur Erfüllung seiner Aufgaben auf eigene Kosten ganz oder teilweise anderer Personen bedienen. Er wählt die zur Erbringung der vertragsgegenständlichen Leistungen für ihn handelnden Erfüllungsgehilfen nach freiem Ermessen aus. Er bestimmt den Umfang ihrer Arbeitszeit und die Gewährung von Urlaub usw. Er benennt der D. P. die mit Tätigkeiten für die D. P. betrauten Personen und unterrichtet die D. P. über diesbezügliche Änderungen (siehe auch § 7 Abs 2).
§ 5 Qualitätssicherung (1) Die D. P. ist im Rahmen der ihr übertragenen Aufgabe und zur Sicherstellung ihres Leistungsangebots berechtigt, durch ihre Mitarbeiter oder von ihr beauftragte Dritte die Filiale auch unangemeldet aufzusuchen und zu überprüfen ... § 10 Werbung und Wettbewerbsverbote (1) Werbemaßnahmen führt der Partner auf eigene Kosten durch. Soweit der Partner auf die Kundendienstleistungen der Filiale hinweist, indem er sie beispielsweise in seine übliche Geschäftswerbung einbezieht, wird ihm die D. P. hierbei zB durch die Bereitstellung von Schriftzügen und P.logos unterstützen ...
In Anlage 2 zum Partnervertrag Version 1.0 waren die fixen Vergütungsbestandteile, die Provisionen und Preise für Dienstleistungen Post, Bank und Telekom sowie umsatzbezogene Verkäufe und Leistungen geregelt sowie eine Bonusregelung abhängig vom jährlichen Netto-Provisionsbetrag. Anlage 3 enthielt ein Verzeichnis der Einrichtungsgegenstände, Betriebsmittel und Sonderausstattungen für den Betrieb der Filiale. Anlage 4 bezog sich auf Verschwiegenheit, Wahrung des Post-, Bank- und Fernmeldegeheimnisses sowie Datenschutz. Anlage 5a enthielt einen Mietvertrag hinsichtlich der in Anlage 3 genannten Einrichtungsgegenstände, Betriebsmittel und Sonderausstattungen; der monatliche Mietzins betrug 70,- DM netto. Ab März schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) einen Partnervertrag Version 4.0, dessen Inhalt sich nicht wesentlich von Version 1.0 unterschied.
Am 15.06.2009 stellte der Kläger einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für den Betrieb der Postagentur. Er machte geltend, als "Handelsvertreter im Nebenberuf" mit der Durchführung aller Post- und Postbankgeschäfte beschäftigt zu sein. Aus dem von ihm daneben betriebenen Schreibwaren- und Geschenkartikelgeschäft habe er lediglich 10 % seines Gewinns erwirtschaftet. Auch sein Personaleinsatz sei zu 90 % postbedingt gewesen. Die Lage des Geschäftsbetriebes sei so schlecht gewesen, dass fast keine Laufkundschaft gekommen sei. Alle Bemühungen um weitere rentable Nebeneinkünfte, wie zB das Führen eines Quelleshops, einer Lotto-Toto-Annahmestelle oder eines Kopierservices seien fehlgeschlagen. Laut Partnervertrag habe er ein Handbuch im Umfang von zwei DIN-A4 Ordnern zum Betrieb der Postagentur erhalten. Die darin genannten Regelungen seien entsprechend umfangreich gewesen. Vertraglich sei er verpflichtet gewesen, täglich Abrechnungs- und Buchungsunterlagen bei der D. P. AG einzureichen. Die Daten der jeweiligen Transaktionen seien online über Nacht übermittelt worden. Da die geringe Vergütung für einen rentablen Betrieb nicht ausgereicht habe, sei er im Dezember 2005 und Januar 2006 noch kurzfristig als Katalogzusteller beschäftigt gewesen.
Nach Anhörung des Klägers und der Beigeladenen zu 1) stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 08.01.2009 (gemeint wohl 2010) gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit als Leiter und Inhaber einer Postagentur/Handelsvertreter bei der D. P. AG vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt worden sei. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen. Bei der Beurteilung, ob der Kläger als Handelsvertreter eine selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ausübe, seien zusätzlich die besonderen Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 675, 259, 810 BGB) sowie des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zu beachten. Der Kläger habe der Beigeladenen zu 1) aufgrund des Partnervertrags in einem Gleichordnungsverhältnis gegenübergestanden. Außerdem habe er von der Möglichkeit, Hilfskräfte einsetzen zu können, Gebrauch gemacht. Das Weisungsrecht des Auftraggebers sei im Wesentlichen nicht über die sich für Handelsvertreter aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag ergebenden Weisungsrechte, die Interessenwahrungspflicht nach § 86 Abs 1 HGB sowie die Berichtspflicht nach § 86 Abs 2 HGB hinausgegangen. Auch die ganzjährige Öffnung der Filiale zu den allgemein üblichen Geschäftszeiten und die Verpflichtung zur Einhaltung des Handbuchs zum Betrieb einer Postagentur sei lediglich eine Vorgabe, um einen hohen Qualitätsstandard bei der Kundengewinnung und -betreuung zu gewährleisten und daher mit der Interessenwahrungspflicht vereinbar. Die Tatsache, dass die erzielten Umsätze der D. P. AG weit über den Einnahmen der anderen Geschäftsbereiche gelegen hätten und die Ausübung der Tätigkeit nicht den gewünschten Erfolg gehabt habe, seien keine Indizien für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Im Übrigen sei eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der D. P. AG nicht gegeben gewesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 01.02.2010 Widerspruch und machte geltend, die Vergütung sei nur zum Teil erfolgsabhängig gewesen. Aus der vorgelegten Vergütungsabrechnung für Januar 2006 ergab sich eine fixe Vergütung in Höhe von 1.260,- EUR und eine variable Vergütung in Höhe von 344,18 EUR netto. Zudem sei er zu einer ganzjährigen Öffnung verpflichtet gewesen und habe die Öffnungszeiten nicht selbst bestimmen können. Die Beschäftigung einer Aushilfe auf 400 EUR Basis sei kein Merkmal für eine selbständige Tätigkeit. Er habe Personal beschäftigen müssen, um Urlaubs- oder Krankheitszeiten abdecken zu können.
Die Beigeladene zu 1) äußerte mit Schreiben vom 29.03.2010, dass sie nicht von einer abhängigen Beschäftigung ausgehe. Auch Handelsvertretern könnten fachliche Weisungen erteilt werden. Aus der wirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeit ergebe sich, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Der hohe Anteil an einer Fixvergütung deute keinesfalls auf eine Arbeitnehmerbeschäftigung hin, denn provisionspflichtige Dienstleistungen seien ebenfalls Bestandteil des Partnervertrags gewesen. Entscheidend sei das wirtschaftliche Risiko. Ohne Tätigkeit erlange der Kläger auch keinen Vergütungsanspruch. Ebenso wenig sei die Bindung an die Öffnungszeiten ein Argument, denn es handele sich um eine fachliche Vorgabe, die keine Einschränkung der unternehmerischen Freiheit nach sich ziehe. Sie diene allein der Aufrechterhaltung der notwendigen öffentlichen Versorgung. Zudem spreche dies für die fehlende Arbeitnehmereigenschaft, denn ein Arbeitnehmer müsse während seiner urlaubs- und krankheitsbedingten Abwesenheit nicht dafür Sorge tragen, seinen Arbeitsplatz besetzt zu halten. Eine persönliche Erfüllung der Tätigkeiten sei nicht notwendig gewesen. Der Kläger habe unter seiner eigenen Firma auftreten können und habe lediglich die Konkurrenz mit Postprodukten meiden müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei nicht als Beschäftigter im Sinne von § 7 Abs 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) von einem Arbeitgeber persönlich abhängig gewesen. Dies ergebe sich aus der Rechtsstellung des Klägers als Handelsvertreter im Nebenberuf. Die Vorgaben zur Vertriebsgestaltung hätten den Erfordernissen des § 86a HGB entsprochen. Der Kläger habe die für seine Tätigkeit erforderlichen Räume zur Verfügung gestellt, die Einrichtungsgegenstände der Beigeladenen zu 1) seien ihm mietweise überlassen worden, spezielle Betriebsmittel habe sie ihm kostenfrei zur Verfügung gestellt. Weisungsrechte der Beigeladenen zu 1) im Sinne eines Arbeitgebers seien weder aus den vorgelegten Verträgen noch aus den Schilderungen des Klägers zu entnehmen. Die Tatsache, dass die Postagenturen mit Emblemen der D. P. AG versehen und entsprechend des Gesamtkonzeptes auszustatten gewesen seien, sei bei Handelsvertreters üblich. Für die selbständige Tätigkeit spreche auch das vom Kläger getragene Unternehmerrisiko. Zur Ausübung seiner Tätigkeit habe er finanzielle Mittel im Zusammenhang mit der Nutzung der Betriebsräume und der Bezahlung der eigenen Hilfskräfte sowie die eigene Arbeitskraft eingesetzt. Im Zeitpunkt des Einsatzes dieser Mittel sei der zu erzielende Gewinn ungewiss und offen geblieben, ob und in welcher Höhe eine Vergütung anfalle.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 02.02.2011 zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhobenen Klage. Zwar sei er im Partnervertrag als Handelsvertreter im Nebenberuf bezeichnet worden, dem stünden allerdings zahlreiche Vertragsklauseln entgegen. Faktisch stünden bei den Postagenturen die postbedingten Arbeiten im Vordergrund und das Kernsortiment bilde keinen Schwerpunkt. In diesem speziellen Verhältnis überwögen die postbedingten Anweisungen, die sich aus den Handbüchern ergäben. Hieraus resultiere eine faktische Abhängigkeit von der Beigeladenen zu 1). Von einer im Wesentlichen freien Gestaltung der Tätigkeit könne damit nicht ausgegangen werden. Auch die Zusammensetzung der Vergütung spreche für ein Arbeitnehmerverhältnis, da ein Großteil der Vergütung aus einem Grundgehalt bestehe und lediglich ein kleiner Restumsatz erfolgsabhängig sei. Er habe auch Revisionen der Beigeladenen zu 1) dulden müssen. Aufgrund der zahlreichen Einschnitte in die Selbständigkeit und der dazugehörigen Kontrollmöglichkeiten könne nicht mehr von einer Selbständigkeit nach dem HGB ausgegangen werden. Das Maß der geschuldeten Leistungserbringung gegenüber der Beigeladenen zu 1) und die erzielten Erlöse ermöglichten keine unternehmerischen Spielräume, was zu einer prekären Selbstausbeutungssituation der Postagenturen bei Ortschaften mit weniger als 5000 Einwohnern führe.
Die Beigeladene zu 1) ist dem entgegengetreten und hat ausgeführt, aus ihrer Sicht liege keine abhängige Beschäftigung vor, da der Kläger im Wesentlichen frei in der Gestaltung seiner Tätigkeit gewesen sei, seine Arbeitszeit habe selbst bestimmen können und ein unternehmerisches Risiko getragen habe. Er habe eine eigene Betriebsstätte gehabt und einen weiteren Geschäftsbetrieb, in dem er hauptberuflich tätig gewesen sei. Er habe sich zur Erfüllung seiner Tätigkeit eigener weisungsgebundener Arbeitnehmer bedienen können und habe hiervon auch Gebrauch gemacht. Durch zahlreiche Urteile aus der Zivilgerichtsbarkeit werde bestätigt, dass das Tatbestandsmerkmal der freien Tätigkeitsgestaltung nach § 84 Abs 1 Satz 2 HGB bei den Betreibern einer Postagentur unter Berücksichtigung der Partnerverträge erfüllt sei. Hinsichtlich der wenigen vorgegebenen Einrichtungsgegenstände und Betriebsmittel sei die "Corporate Identity" der D. P. AG zu berücksichtigen. Es müsse ihr möglich sein, im Rahmen der von ihr gewählten Vertriebskooperation ein einheitliches Auftreten nach außen zu gewährleisten. Auch aus der Nutzung der EPOS-Systeme ergebe sich keine Abhängigkeit, die ein Arbeitsverhältnis begründen würde, denn nur durch die zur Verfügungstellung einer EDV-Anlage konnten die vertraglich übernommenen Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt werden.
Mit Urteil vom 21.03.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe im Zeitraum vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 in keinem die Versicherungspflicht begründenden abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid hat es ergänzend ausgeführt, dass durch den Partnervertrag Version 1.0, später Version 4.0 kein Arbeitsvertrag und keine abhängige Beschäftigung begründet worden sei, sondern der Kläger selbständiger Handelsvertreter im Nebenberuf gewesen sei. Zeitgleich zum Betrieb der Postagentur habe der Kläger sein Einzelhandelsunternehmen weiter betrieben. Soweit die Beigeladene zu 1) ihm Vorgaben gemacht habe, seien die Einschränkungen seiner unternehmerischen Freiheit überwiegend durch zwingende Anforderungen der Geschäftsart bedingt und hätten kein solches Ausmaß angenommen, dass von einer Weisungsabhängigkeit wie bei einem Arbeitnehmer die Rede sein könne. Die Nutzung eines von der Beigeladenen zu 1) gestellten Terminals nebst aufwendigem EDV-System sei für Bankgeschäfte und die moderne Logistik unabdingbar. Vorgaben hinsichtlich der Öffnungszeiten bestünden darin, dass der Betrieb ganzjährig sicherzustellen sei, was auf dem Erfordernis der Aufrechterhaltung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen beruhe. Gegen das Vorliegen einer zeitlichen Weisungsabhängigkeit spreche, dass der Kläger sicherzustellen habe, dass die Öffnungszeiten der Postfiliale mit denjenigen des Hauptgeschäftsbetriebs, welche er selbst - und nicht die D. P. AG - bestimmt habe, identisch seien. Zudem habe der Kläger durchaus ein wirtschaftliches Risiko getragen. Sein Einkommen habe auf den Aufwendungen für Miete und Instandhaltung der Verkaufsräume sowie seine mit dem Hauptgeschäftsbetrieb und der Postfiliale getätigten Umsatz basiert. Das von ihm getragene Unternehmerrisiko habe sich gerade darin verwirklicht, dass er durch das Ausbleiben größerer Kundenströme geringere Einkünfte realisiert habe als erwartet.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 23.05.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 13.06.2012 eingelegte Berufung des Klägers. Der vorliegende Fall sei in seiner Typizität geprägt von den Merkmalen, die in der Rechtsprechung im Zusammenhang der Entstehung von Franchise-Systemen in Deutschland einerseits und dem damit einhergehenden Missbrauchspotenzial andererseits entwickelt worden seien. Hier seien Personen aus dem Bereich der Sozialversicherungspflicht heraus gedrängt worden und rechtlich schutzlos gestellt, weil sie - lediglich Arbeit suchend und unternehmerisch nicht qualifiziert - unter dem lockenden Versprechen einer auskömmlichen selbständigen Erwerbstätigkeit in Tätigkeiten verpflichtet worden seien, in die ursprünglich und typischerweise in Angestelltenverhältnissen mit Sozialversicherungspflicht ausgeübt worden seien. So verhalte es sich vorliegend bei der Umwandlung von dörflichen Postfilialen, die von der D. P. AG als Rechtsnachfolgerin der D. B. zunächst als Eigenbetriebe geführt und dann aus Gründen der Kostenabsenkung mittels "Partnerverträgen" auf vermeintlich selbständige Agenturbetreiber ausgelagert worden seien. Die angeblich unternehmerischen "Partner" hätten auf Eigenkosten und eigenes Risiko die dörflichen Repräsentanzen der Beigeladenen zu 1) zu betreiben, wobei die Erlöschancen deutlich hinter den zu erwartenden Kosten angestellter Beschäftigungsverhältnisse zurückblieben. Obwohl der Kläger ca 90 % seines Leistungsvermögens für die Vermittlungsdienste für die Beigeladene zu 1) hätte aufbieten müssen, habe er 2002 ein Jahreseinkommen (vor Abzug von Raum- und Energie- sowie Versicherungskosten) in Höhe von brutto 18.689,01 EUR, im Jahr 2003 25.350,50 EUR, im Jahr 2004 17.791,43 EUR, im Jahr 2005 16.329,91 EUR und im Jahr 2006 18.884,34 EUR erwirtschaftet bzw 2007 nach Abzug der Betriebskosten einen Gewinn von 225,68 EUR, im Jahr 2008 von 5.739,65 EUR und im Jahr 2009 von 9.196,75 EUR. Es sei offenkundig, dass bei derartigen Erlöschancen von einer unternehmerischen Tätigkeit nicht gesprochen werden könne. Der geringe Ertrag rühre nicht aus Unvermögen des Klägers, sondern sei strukturell bedingt durch den vorgegebenen kleinen regionalen Markt. In Ortschaften mit weniger als 5000 Einwohnern bestünden keine auskömmlichen Betriebssituationen. Die vom Kläger zu erbringende Tätigkeit sei zuvor typischerweise von angestelltem Personal der Beigeladenen zu 1) erbracht worden. Ausgehend von den von der Beigeladenen zu 1) verwendeten Formularverträgen sei festzustellen, dass in den darin bestimmten Klauseln, aus denen sich die Selbständigkeit des Klägers ergeben solle, in Wahrheit nur wider Treu und Glauben zum Nachteil des Klägers von der Rechtsordnung nachteilig abweichende Bestimmungen getroffen worden seien. Das Urteil des SG werde dem sozialstaatlichen Schutzgedanken nicht gerecht, mit dem einer fortschreitenden Prekarisierung zu wehren sei. Die Postagenturstrategie der Beigeladenen zu 1) mit Blick auf kleine Ortschaften unter 5000 Einwohnern sei eine Verelendungsstrategie, die dem Sozialstaatsauftrag zuwider laufe. Dem sei nur dadurch entgegenzuwirken, dass die sozialversicherungsrechtliche Einbindung des Klägers festgestellt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.03.2012 und die Bescheide der Beklagten vom 08.01.2010 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.01.2011 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Zeitraum vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) als Filialleiter einer einschaltrigen Filiale der Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei vorliegend von einer selbständigen Handelsvertretertätigkeit auszugehen. Das erheblich schwankende Einkommen belege, dass der Kläger ein erhebliches Unternehmensrisiko zu tragen gehabt habe.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es handele sich vorliegend eindeutig um ein Handelsvertreterverhältnis, wie sich aus zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen ergebe. Insoweit liege gerade kein Franchise-Vertrag vor. Der Kläger übersehe weiter, dass er sogar "nur" Handelsvertreter im Nebenberuf gewesen sei, dh die Vertragsverhältnisse darauf beruhten, dass der jeweilige Vertragspartner schon zuvor selbständig tätig gewesen sei. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass die Einnahmen nicht seinen unternehmerischen Vorstellungen entsprochen hätten. Trotz der von ihm geschilderten Situation habe der Kläger im März 2003 den neuen Partnervertrag Version 4.0 unterzeichnet. Nach eigenem Vortrag will er zu diesem Zeitpunkt nur ein Jahreseinkommen 2002 in Höhe von Brutto 18.689,01 EUR gehabt haben, was nicht einmal durch Vorlage entsprechender Unterlagen belegt werde, aus denen zu erkennen sei, welche Einnahmen aus seinem eigenen Geschäftsbetrieb und welche aus dem Geschäftsbetrieb der Partnerfiliale resultierten. Unabhängig davon habe die D. P. AG entsprechend dem verfassungsrechtlichen/gesetzlichen Auftrag gehandelt und gerade nicht aufgrund eigener Entscheidung "Arbeitsverhältnisse aus dem Bereich der Sozialversicherungspflicht heraus gedrängt". Insbesondere sei nicht zutreffend, wenn behauptet werde, das gesamte wirtschaftliche Risiko sei auf den Partner übertragen worden. Durch die Gestaltung der Verträge habe der jeweilige Partner den Kundenstamm der Beigeladenen zu 1) nutzen können. Hierfür seien keinerlei finanzielle Aufwendungen seitens des Partners erforderlich gewesen. Ihm sei sogar im Rahmen des Vorschusses das für den Betrieb der Postagentur erforderliche Bargeld zur Verfügung gestellt worden. Mithin sei dem Partner ermöglicht worden, ohne weiteren eigenen finanziellen Einsatz, seine Arbeitskraft dahingehend einzusetzen, im Rahmen seiner Tätigkeit als Handelsvertreter im Nebenberuf zusätzliche Einnahmen zu generieren. Selbstverständlich sei es dann aber möglich, dem Partner das wirtschaftliche Risiko bezüglich des zur Verfügung gestellten Bargelds aufzuerlegen. Dies ergebe sich im Übrigen aus dem Gesetz, insbesondere den §§ 666 ff BGB. Dem Kläger sei die Möglichkeit gegeben, selbst zu entscheiden, wo er seine Arbeitskraft am ehesten Gewinn bringend einsetzen konnte. Dabei handele es sich um eine klassische unternehmerische Entscheidung. Der Kläger sei auch nicht ansatzweise gezwungen worden, die Vertragsverhältnisse mit der Beigeladenen zu 1) einzugehen. Er selbst habe eine unternehmerische Entscheidung dahingehend treffen können, ob er das jeweilige Vertragsangebot annimmt oder nicht. Bei dieser Entscheidung hätten gerade die Gesichtspunkte, die der Kläger jetzt selbst als Begründung ins Feld führe, von ihm berücksichtigt werden müssen. Auch der Hinweis auf eine Ortschaft mit unter 5000 Einwohnern ändere nichts, denn diese Tatsache habe der Kläger bei seiner unternehmerischen Entscheidung selbst zugrundezulegen gehabt. Der Kläger führe auch an keiner Stelle dezidiert aus, welche Klauseln im Formularvertrag unwirksam sein sollten, weil sie gegen Treu und Glauben verstoßen. Die in dem Vertrag beinhalteten Regelungen gäben die sich ohnehin aus dem Gesetz ergebenden Verpflichtungen wieder, so aus §§ 84 ff HGB, 238 ff HGB, 140 ff und 666 ff BGB.
Die übrigen Beigeladenen haben sich im Verfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und damit zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 08.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.01.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Für die Tätigkeit des Klägers als Betreiber einer Postagentur in der Zeit vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 bestand keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, denn sie wurde im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt.
Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Sie sind nach erfolgter Anhörung der Beteiligten ergangen. Sie sind auch materiell nicht zu beanstanden.
Nach § 7a Abs 1 Satz 1 SGB IV in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I 2933) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in den Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).
Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger mit Schreiben vom 12.06.2009, eingegangen bei der Beklagten am 15.06.2009, gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw Beitragspflicht (§ 5 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, § 1 Satz 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17 mwN).
Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Zwar hat das BSG noch im Urteil vom 22.6.2005 (BSG, B 12 KR 28/03 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 5) ausgeführt, dass beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag geben. Jedoch hat es diese Aussage in Zusammenfassung älterer Entscheidungen nachfolgend präzisiert: Danach sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG 29.08.2012 aaO).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger in der Zeit vom 02.01.2002 bis 31.07.2009 für die Beigeladene zu 1) als selbstständiger Handelsvertreter tätig war und daher keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Der Kläger hat für die Beigeladene zu 1) als Handelsvertreter im Nebenberuf eine Postagentur betrieben. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw war (BAG 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1). Auf die unstreitig daneben ausgeübte selbstständige Tätigkeit als Inhaber eines Einzelhandelsbetriebs kommt es daher nicht an.
Der Kläger unterlag vorliegend keinem Weisungsrecht, das eine Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) und damit eine abhängige Beschäftigung begründet hätte. In zeitlicher Hinsicht war vertraglich geregelt, dass die Öffnungszeiten der Postagentur an die Öffnungszeiten des Einzelhandelsgeschäfts des Klägers gekoppelt waren. Damit bestimmte der Kläger die Öffnungszeiten, denn er allein legte diese für sein Geschäft fest. Daraus, dass sich der Kläger vertraglich zudem zu einem ganzjährigen Betrieb der Filiale verpflichtete, lässt sich ebenfalls keine Abhängigkeit begründen. Ein abhängig Beschäftigter ist im Gegenteil nicht dazu verpflichtet, während seines Urlaubs oder während Krankheit dafür Sorge zu tragen, dass sein Arbeitsplatz besetzt ist.
Die Beigeladene zu 1) konnte auch nicht fachlich oder organisatorisch in einer Weise in den Betrieb des Klägers eingreifen, dass sich hieraus eine abhängige Beschäftigung ergäbe. Allerdings war die Tätigkeit des Klägers keineswegs frei von Bindungen. Vertraglich vorgegeben waren Art und Weise, wie die Produkte und Dienstleistungen der Beigeladenen zu 1) anzubieten und zu vertreiben sind, Werbung, Erscheinungsbild und vor allem auch die Preise. Durch die Bezugnahme auf das Handbuch der Beigeladenen zu 1) waren sehr genaue und detaillierte Vorgaben gemacht. Es ist allerdings durchaus üblich, dass produkt- und verfahrensbezogene Vorgaben an Handelsvertreter sicherstellen sollen, dass insbesondere bei bundesweit tätigen Unternehmen einheitliche Preise, Qualitätsstandards, Ausstattung und Werbung gesichert sind und insbesondere auch das äußere Erscheinungsbild einheitlich ist. Festzuhalten ist allerdings, dass die gesamten Regelungen bereits Vertragsinhalt waren und insoweit nicht durch Einzelanweisungen auf den Betrieb der Postagentur Einfluss genommen wurde. Umstände, die durch entsprechende Rahmenvereinbarungen oder -pläne bereits im Voraus vertraglich festgelegt sind, begründen aber idR kein Weisungsrecht des Auftraggebers (vgl BSG 04.04.1979, 12 RK 37/77, juris zur Verpflichtung eines Orchestermusikers, eine Tracht zu tragen und ein bestimmtes Instrument zu spielen; BSG 27.11.1980, 8a RU 26/80, juris zu Ringtourenfahrer; BSG 12.02.2004, B 12 KR 26/02 R, juris zu Dozent an einer Volkshochschule).
Gegen eine abhängige Beschäftigung spricht vorliegend auch, dass der Kläger nicht - wie für einen Arbeitnehmer typisch - verpflichtet war, seine Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen. Es war vielmehr ausdrücklich zugelassen, dass der Kläger Erfüllungsgehilfen einsetzt (§ 4 Partnervertrag 1.0 bzw § 1 Abs 7 Partnervertrag 4.0). Entsprechend hat der Kläger auch tatsächlich eine Aushilfe beschäftigt.
Der Kläger hat auch ein wesentliches unternehmerisches Risiko getragen. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG 12.12.1990, 11 RAr 73/90, juris; BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Dies war hier der Fall. Der Kläger hatte ein Ladenlokal angemietet, in welchem er eine Fläche für die Postagentur zur Verfügung stellte. Er hat Betriebsmittel angemietet wie die Kundentheke und einen Postfachschrank. Die Sicherstellung der Öffnungszeiten erforderte die Anstellung einer geringfügig beschäftigten Hilfskraft. Dabei wusste der Kläger nicht, ob sich die insoweit von ihm zu treffenden Vorleistungen lohnen würden. Zwar hatte der Kläger neben erfolgsbezogenen Provisionen und Boni auch feste Vergütungsbestandteile, die nach den vorgelegten Unterlagen für die betreffenden Monate sogar seinen überwiegenden Verdienst ausmachten. Diese festen Vergütungsbestandteile führen jedoch nicht dazu, dass dem Kläger das Risiko, ob sich der Einsatz seiner eigenen Arbeitskraft und der Einsatz der Mittel überhaupt lohnt, abgenommen wird. Dies zeigt sich schon deutlich an dem eigenen Vorbringen des Klägers, der wegen Ausbleiben von Laufkundschaft letztlich keine auskömmliche Tätigkeit erreichen konnte. Soweit der Kläger vorträgt, er hätte 90% bzw 75% seiner Arbeitskraft für die Postagentur eingesetzt und darauf den Schwerpunkt seiner Geschäftstätigkeit gelegt, ist dies ebenfalls nicht Ausdruck einer wirtschaftlichen Bindung an die Beigeladene zu 1), sondern gerade Ausdruck der unternehmerischen Tätigkeit und des unternehmerischen Risikos. Von den vertraglichen Beziehungen her war der Kläger nicht gehindert, sein Hauptgewerbe auszuweiten; Einschränkungen galten nur für solche Gewerbe, die in direkter Konkurrenz zur Beigeladenen zu 1) standen oder dem Betriebszweck der Postagentur hätten abträglich sein können.
Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist allerdings, dass in der vertraglichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der von Seiten des Klägers ins Feld geführten Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).
In der Gesamtabwägung überwiegen nach alledem die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen. Damit sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit der zivil- und arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, die - soweit ersichtlich - einhellig die Betreiber von Postagenturen als selbstständige Handelsvertreter iSv § 84 Abs 1 Satz 2 HGB (vgl Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe 22.07.1998, 19 W 55/98; OLG Koblenz 30.01.2006, 12 U 127/01; OLG Stuttgart 01.02.2006, 4 U 182/05 und 22.11.2007, 7 U 137/07; OLG Köln 17.10.2008, 19 U 72/08; OLG Nürnberg 29.10.2008, 8 U 2003/06; ebenso in einem obiter dictum: Bundesgerichtshof 19.10.2000, IX ZB 69/00, NJW 2001, 832) und nicht als Arbeitnehmer der D. Post AG ansieht (Arbeitsgericht (ArbG) Cottbus 16.12.1999, 3 Ca 1401/99; ArbG München 12.03.2007, 8 Ca 15566/05; ArbG Stuttgart 19.08.2010, 1 Ca 7305/09).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hält es im vorliegenden Fall für sachgerecht, dass auch außergerichtliche Kosten der Beigeladenen zu 1) nicht zu erstatten sind, da im Berufungsverfahren kein Anwaltszwang besteht und die Beigeladene zu 1) angesichts der zahlreichen obergerichtlichen Entscheidungen, in denen ihre Ansicht bestätigt worden ist, den vorliegenden Rechtsstreit auch ohne Einschaltung eines Anwalts hätte bewältigen können.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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