Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 5086/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 5350/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Die 1961 geborene Klägerin beantragte am 19.04.2010 beim Landratsamt R. (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Das LRA zog medizinische Befundunterlagen bei (DRK Klinik B. vom 08.03.2006, Diagnosen: Leichtgradiges motorisches und sensibles Carpaltunnel-Syndrom recht, dringender Verdacht auf Tendovaginitis stenosans rechter Zeigefinger; Dr. V. vom 02.06.2006, Diagnosen: Effluvium, vorzeitige Menopause; Dr. Ble. vom 09.02.2006 und 23.01.2009, Diagnosen: V.a. Nervenkompressionssyndrom rechter Arm, Schwellung rechts DII, Schädelprellung; Dr. C. vom 26.10.2007, Diagnosen: Myofasziales Schmerzsyndrom der BWS, LWS und HWS; Dr. Schu. vom 25.02.2008; Dr. Re. vom 20.10.2008, Diagnose: Myalgisches Syndrom HWS mit Cephalgie nach Autounfall; Dr. Ku. vom 30.06.2009, Diagnosen: A.v. Psoriasisarthritis bei Psoriasis vulgaris, Zustand nach schnappendem Finger, Senkfuß beidseits; Dr. Kra. vom 15.12.2009 und 17.12.2009, Diagnosen: Struma diffusa mit kleinen unverdächtigen regressiven Herdbefunden, euthyreote Funktionslage; Dr. Ko. vom 04.02.2010; Evangelisches Diakonissen-Krankenhaus K. vom 14.02.2007; Ärztlicher Entlassungsbericht R. Kliniken W. vom 26.04.2010 an die Deutsche Rentenversicherung, Diagnosen: Bandscheibenprolaps L2/3 und L4/5 links, percutane Nucleoplastie am 09.03.2010). Das LRA holte hierzu die gutachtliche Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes, Dr. Z.-C. , vom 28.05.2010 ein, der den Gesamt-GdB mit 10 vorschlug.
Mit Bescheid vom 14.06.2010 entsprach das LRA daraufhin dem Antrag der Klägerin auf Feststellung des GdB nicht.
Hiergegen legte die Klägerin - durch ihre Prozessbevollmächtigte - am 21.06.2010 Widerspruch ein.
Das LRA holte die Berichte des Dr. Hi. vom 12.07.2010, der den Operationsbericht der Praxisklinik Z. vom 17.03.2010 hinsichtlich einer am 09.03.2010 durchgeführter Operation der Klägerin (percutane Nucleotomie und Nucleoplastie nach Discographie LWK2/3 und L4/5 rechts) vorlegte, sowie des Facharztes für Psychiatrie Schä. vom 22.07.2010 ein und ließ die Berichte durch seinen ärztlichen Dienst auswerten. Dr. O. bewertete in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 22.08.2010 wegen eines operierten Bandscheibenschadens (Teil-GdB 20), einer Fingerpolyarthrose, Schuppenflechte und depressiven Verstimmung (Teil-GdB jeweils 10) den Gesamt-GdB mit 20.
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 03.09.2010 stellte das LRA daraufhin bei der Klägerin den GdB mit 20 seit dem 19.04.2010 fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch der Klägerin - nach erneutem Widerspruch der Klägerin gegen den Teil-Abhilfebescheid - mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 26.10.2010 - der Klägerbevollmächtigten am 02.11.2010 zugegangen - zurückgewiesen. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen in vollem Umfang erfasst und mit einem GdB von 20 angemessen bewertet seien.
Hiergegen erhob die Klägerin - durch ihre Prozessbevollmächtigte - am 02.12.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie machte geltend, die Beschwerden im Bereich der LWS seien mindestens mit einem Einzel-GdB von 40 sowie eine reaktive Depression mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Der Gesamt-GdB sei mit mindestens 50 festzustellen. Die Klägerin legte medizinische Unterlagen vor (Berichte Dr. Ko. vom 10.06.2010, Dr. Hi. vom 21.06.2010, Städtisches Klinikum K. vom 23.11.2010, Atteste Dr. Schr. vom 13.03.2011 und des Psychiaters Schä. vom 11.03.2011, Ärztlicher Entlassungsbericht des Ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 an die Deutsche Rentenversicherung, Sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 09.05.2011).
Der Beklagte unterbreitete der Klägerin ein Vergleichsangebot dahin, den GdB mit 30 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab dem 19.04.2010 festzustellen (Schriftsatz vom 09.08.2011). Der Beklagte legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 08.08.2011 vor, in der wegen eines operierten Bandscheibenschadens (Teil-GdB 20), einer depressiven Verstimmung und chronischem Schmerzsyndrom (Teil-GdB 20) sowie einer Fingerpolyarthrose und Schuppenflechte (Teil-GdB jeweils 10) der Gesamt-GdB mit 30 vorgeschlagen wurde. Dieses Vergleichsangebot nahm die Klägerin nicht an (Schriftsatz vom 15.09.2011).
Mit Gerichtsbescheid vom 31.10.2011 verurteilte das SG den Beklagten, bei der Klägerin den GdB mit 30 ab dem 19.04.2010 festzustellen; im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass die Auswirkungen der Beeinträchtigungen einen GdB von 30 bedingten. Für den operierten Bandscheibenschaden sei ein Teil-GdB von 20 anzunehmen. Eine zusätzlich zu berücksichtigende persistierende Schmerzsymptomatik sei unter Einbeziehung der psychischen Beeinträchtigungen zu beurteilen, die mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Fingerpolyarthrose und die Schuppenflechte mit einem Teil-GdB von mehr als 10 zu bewerten seien, seien nicht ersichtlich. Nach alledem sei ab dem 19.04.2010 einen GdB von 30 festzustellen und im Übrigen die Klage abzuweisen. Der Gerichtsbescheid wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 03.11.2011 zugestellt.
Mit Ausführungsbescheid vom 15.11.2011 stellte das LRA bei der Klägerin den GdB mit 30 ab dem 19.04.2010 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz seit dem 10.04.2010 fest.
Am Montag, den 05.12.2011 hat die Klägerin - durch ihre Prozessbevollmächtigte - Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ihr erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie vorgetragen, hinsichtlich Schmerzen bzw. Beschwerden im Schultergelenk sei eine massive Verschlimmerung eingetreten. Sie habe ihren Arm nicht mehr bewegen können. Zudem sei die Adipositas überhaupt nicht bewertet worden. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens werde beantragt. Die Klägerin legte medizinische Unterlagen vor (Diagnostische Gemeinschaftspraxis K. vom 02.03.2012, Städtisches Klinikum K. vom 11.04.2012 und vom 23.11.2010, Dr. Schr. vom 13.11.2012).
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Oktober 2011 sowie die Bescheide des Beklagten vom 14. Juni 2010 und 3. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2010 in der Fassung des Ausführungsbescheids vom 15. November 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 19. April 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Schr. sowie den Psychiater Schä. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. Schr. hat in seinen Stellungnahmen vom 05.03.2012 und 06.02.2013 den Behandlungsverlauf sowie die Befunde und Diagnosen mitgeteilt. Er hat auf seinem Fachgebiet die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten geteilt und den GdB mit 30 geschätzt. Eine somatoforme Schmerzstörung auf psychosomatischem Fachgebiet nehme stetig zu, der objektive orthopädische Befund sei gleich. Der Psychiater Schä. hat in seinen Stellungnahmen vom 25.06.2012 und 27.03.2013 den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen (Angst-/Depressionsstörung mit Attacken und Somatisierung, Anpassungsstörung und LWS-Schmerzsyndrom mit reaktiver ängstlich-depressiver Ausgestaltung) mitgeteilt. Er hat auf seinem Fachgebiet den GdB auf mindestens 30 (Angst-Depression GdB 30 und Migräne GdB 10) geschätzt und eine im Verlaufe der Behandlung seit Juni 2012 eingetretene Veränderung des Gesundheitszustandes Klägerin verneint.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in der nicht-öffentlichen Sitzung am 07.06.2013 erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 07.06.2013 Bezug genommen.
Anschließend hat der Senat - im Einvernehmen mit den Beteiligten - aus den Gerichts- und Verwaltungsakten eines von der Klägerin gegen die Deutsche Rentenversicherung geführten Rechtsstreites (LSG Baden-Württemberg - L 5 R 1704/13 -) Kopien medizinischer Unterlagen gefertigt (schriftliche sachverständigen Zeugenaussagen Dr. N. vom 29.06.2012, Dr. Schr. vom 02.07.2012, Dr. S. vom 15.07.2012, Psychiater Schä. vom 02.08.2012; Nervenärztliche Gutachten Dr. He. vom 26.10.2012 und Dr. Br. vom 23.05.2011 sowie Gutachten der Fachärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Z. vom 11.07.2011; Befundberichte Dr. S. vom 07.06.2012, Dr. Re. vom 03.03.2011, Dr. L. vom 18.05.2011 und 27.06.2011, Dr. P. vom 17.05.2011, Dr. Br. vom 31.05.2011, Sozialmedizinisches Zentrum K. (ohne Datum), Medizinisches Versorgungszentrum B. vom 17.05.2011 und Dr. Br. vom 31.05.2011; Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik W. vom 26.04.2010) und sie als Beiakte zur Senatsakte genommen.
Der Beklagte ist unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. vom 16.10.2012 und 24.09.2013 der Berufung weiter entgegen getreten.
Die Klägerin hat anschließend mit Schriftsatz vom 27.12.2013 eine schwere Divertikelentzündung sowie eine Erkrankung des Uterus, eine Vergrößerung der linken Nebenniere sowie den Verdacht eines Aneurysma der Arteria lienalis geltend gemacht und für chronische Darmbeschwerden einen Teil-GdB von 30 für angemessen erachtet. Hierzu hat die Klägerin den Bericht des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 vorgelegt und weitere Ermittlungen unter Aufhebung des anberaumten Termins am 24.01.2014 angeregt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gerichtsakte des SG, einen Band Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf die im Berufungsverfahren angefallene Gerichtsakte des Senats (einschließlich der angelegten Beiakte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 30 seit dem 19.04.2010 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - Rn. 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und bei Verstößen dagegen nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009, SozR 4 3250 § 69 Nr. 10 Rn. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., Rn. 30).
Nach diesen Kriterien steht der Klägerin ein Gesamt-GdB von 30 ab dem 19.04.2010 zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden und dem der Beklagte mit seinem Ausführungsbescheid vom 15.11.2011 Rechnung getragen hat. Ein Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (GdB mindestens 50), wie die Klägerin anstrebt, besteht dagegen nicht.
Die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule (operierter Bandscheibenschaden L2/3 und L4/5 - Operationsbericht der Praxisklinik Z. vom 17.03.2010 -) rechtfertigen keinen Teil GdB von 40, wie sie geltend macht, sondern sind mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend und angemessen bewertet. Nach dem im Ärztlichen Entlassungsbericht des Ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 beschriebenen Entlassungsbefund ist bei der Klägerin die Beweglichkeit der Halswirbelsäule und die Rumpfbeweglichkeit bei einem Fingerbodenabstand von 36 cm bei Angabe von ziehenden Schmerzen in allen Bewegungsrichtungen nur (teilweise) endgradig eingeschränkt (HWS: Seitneigung 40/40°, Rotation 70/70° Reklination 40° bei Krepitationen in allen Bewegungsrichtungen; Rumpfbeweglichkeit: Seitneigung 20/20°, Rotation 30/30°, Reklination 20° bei nicht relevant eingeschränkter Entfaltbarkeit nach Schober 10/14 cm und Ott 30/33 cm). Ein sensomotorisches Defizit besteht nicht. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die von der Ärztin Z. in ihrem Gutachten vom 11.07.2011 beschriebenen Wirbelsäulenbefunde einer nur gering endgradig eingeschränkten Seitneigung und Rumpfrotation bei sonst normaler Rotationsfähigkeit der Rumpfwirbelsäule sowie einer endgradig eingeschränkten Entfaltung der Lendenwirbelsäule und einer in allen Bewegungsebenen frei beweglichen Halswirbelsäule. Neurologische Ausfälle oder sensomotorische Funktionsdefizite beschreibt auch die Ärztin Z. in ihrem Gutachten nicht. Ebenso hat Dr. Br. klinisch wie elektrophysiologisch keine objektivierbaren neurologische sensomotorische Ausfälle festgestellt, wie er in seinem Gutachten vom 23.05.2011 beschrieben hat. Eine im Gutachten von Dr. He. vom 26.10.2012 beschriebene Sensibilitätsstörung (Sensibilitätsminderung an der Unterseite des Großzehen und des 2. und 3. Zehen links - L5 -) ist ohne funktionelle Relevanz. Danach besteht bei der Klägerin eine nur geringe Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Diese rechtfertigt - unter Einbeziehung geklagter Schmerzen - keinen höheren Teil GdB als 20. Nach den VG Teil B 18.9 bzw. den AHP ist ein Teil GdB von über 20 erst gerechtfertigt bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome), bzw. mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Teil GdB 30 bis 40). Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten liegen bei der Klägerin nicht vor. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. Schr. in der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2012, der die Ansicht des Ärztlichen Dienstes des Beklagten in der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. O. vom 22.08.2010 (Teil-GdB von 20 für den operierten Bandscheibenschaden) teilt. Soweit Dr. Schr. dabei die Beschwerden als mittelschwer bis schwer annimmt, ist diese Annahme nach den von ihm mitgeteilten Befunden nicht nachvollziehbar und wird auch nach dem oben Ausgeführten sowie den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht belegt. Von der Klägerin geltend gemachten Schmerzen rechtfertigen entgegen ihrer Ansicht keine Erhöhung des Teil-GdB von 20. Diese sind vielmehr in dem Teil-GdB von 20 angemessen mit berücksichtigt. Nach den VG Teil A2j schließen die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Erst wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Ein solcher Zustand ist bei der Klägerin nicht belegt. Zwar teilt Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2012 mit, dass bei der Klägerin anhaltende Bewegungs- und Ruheschmerzen im Bereich der LWS mit Ausstrahlung in beide Beine bestünden und diagnostiziert ein chronisches muskuloskelettales Schmerzsyndrom der HWS, BWS und LWS; regelmäßig Schmerzmittel würden benötigt. Das Vorliegen eines zusätzlich zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Schmerzsyndroms kann hieraus jedoch nicht schon hergeleitet werden. Unklar bleibt, worauf die Angaben des Dr. Schr. beruhen (Angaben der Klägerin oder eigene Untersuchungsbefunde). Weiter sprechen die Ausführungen von Dr. Br. in seinem Gutachten vom 23.05.2011 gegen das Vorliegen eines höhergradigen Schmerzsyndroms. Danach zeigte sich die Klägerin nicht nach außen erkennbar schmerzbeeinträchtigt anmutend. Bei der Untersuchung durch Dr. Br. bestanden zudem deutliche Diskrepanzen zwischen massiven subjektiven Beschwerden und dem Fehlen einer nach außen erkennbaren Schmerzbeeinträchtigung wie auch hinsichtlich geklagter Schmerzintensität und einer nicht regelmäßig stattfindenden analgetischen Medikation, bzw. nach dem Gutachten von Dr. He. vom 26.10.2012 (nur) "phasenweise regelmäßig" benötigter Analgetika. Diskrepanzen bestanden auch hinsichtlich eines demonstrierten Finger-Boden-Abstands von 60 cm und der Möglichkeit, den "Langsitz" auf der Liege einzunehmen, wie Dr. Br. in seinem Gutachten weiter ausführt. Auch Dr. He. geht in seinem Gutachten vom 26.10.2012 davon aus, dass manches an den Ausführungen der Klägerin übertrieben erscheint. Eine von der Klägerin (im Verlauf des Berufungsverfahrens) geltend gemachte Verschlimmerung ist nicht belegt. Zwar berichtet Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 06.02.2013 von einer subjektiven Beschwerdeverschlechterung, die allerdings durch den objektiven orthopädischen Befund nicht erklärt ist. Vielmehr hat Dr. Schr. den objektiv orthopädischen Befund als gleich angegeben und damit eine eingetretene Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin nicht bestätigt.
Die Fingerpolyarthrose rechtfertigt keinen höheren Teil-GdB als 10. Hierdurch werden nennenswerte Funktionsbeeinträchtigungen nicht hervorgerufen. Vielmehr besteht nach dem Ärztlichen Entlassungsbericht des ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 eine ungestörte Beweglichkeit der Fingergelenke und der Feinmotorik der Finger bei intakter Handfunktion und grober Kraft. Auch die Ärztin Z. beschreibt in ihren Gutachten vom 11.07.2011 eine im Wesentlichen unauffällige Funktion der rechten und der linken Hand sowie der Finger, wobei die Klägerin feinmotorische Bewegungen links etwas geschickter als rechts ausführt. Es besteht ein Defizit von ungefähr 0,5 cm beim Griff zum Kleinfinger-Hohlhandballen rechts, das jedoch unter Anstrengung ausgeglichen werden kann. Sonst sind die Funktionen der rechten Hand nach den Beschreibungen der Ärztin Z. in ihrem Gutachten unauffällig. Gegen die Bewertung der Fingerpolyarthrose mit einem Teil-GdB von 10 hat sich die Klägerin im Übrigen auch nicht gewandt.
Eine zusätzlich zu berücksichtigende Funktionsbehinderung der Schultergelenke, wie die Klägerin geltend macht, liegt nicht vor. Dr. Schr. hat in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an den Senat vom 05.03.2012 und 06.02.2013 eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke der Klägerin nicht erwähnt. Eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke lässt sich auch den sonstigen zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Die Ärztin Z. beschreibt in ihrem Gutachten vom 11.07.2011 eine freie Beweglichkeit beider Schultergelenke (Ab-/Adduktion 170-0-20°, Retro-/Anteversion 40-0-170°, Rotation auswärts/einwärts 60-0-90° und Rotation auswärts/einwärts 70-0-70° jeweils beidseits). Dem entspricht auch die Befundbeschreibung in Ärztlichen Entlassungsbericht des Ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 (aktiv und passiv freie Beweglichkeit beider Schultergelenke). Zwar beschreibt Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 06.02.2013 eine herabgesetzte Beweglichkeit (Abduktion 140°, Außenrotation 30°, schmerzhafter Bogen zwischen 80 und 120° bei negativem Rotatorenmanschettentest), wobei nicht ersichtlich ist, ob sich diese Angaben auf beide oder auf das rechte oder linke Schultergelenk beziehen. Hierauf kommt es indes nicht relevant an. Denn selbst wenn (zu Gunsten der Klägerin) davon ausgegangen würde, dass die von Dr. Schr. angegebenen Bewegungsmaße beide Schultergelenke betreffen, läge eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke, die einen Teil-GdB von wenigstens 10 rechtfertigen, noch nicht vor. Nach den VG Teil B 18.13 rechtfertigt erst eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) bei Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen Teil-GdB von 10. Eine Bewegungseinschränkung solchen Ausmaßes beschreibt Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 06.02.2013 nicht.
Die seelische Störung der Klägerin sowie das vom Beklagten berücksichtigte chronische Schmerzsyndrom sind mit einem Teil-GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dabei das chronische Schmerzsyndrom nicht gesondert in Ansatz zu bringen, wie bereits oben ausgeführt wurde. Unabhängig davon sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats Auswirkungen eines Schmerzsyndroms entsprechend den Maßstäben der VG (bzw. der AHP) für psychovegetative oder psychische Störungen zu bewerten (vgl. z.B. Senatsurteil vom 27.01.2012 L 8 SB 768/11 zur Fibromyalgie, nicht veröffentlicht).
Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bedingen nach den VG Teil B Nr. 3.7 einen GdB von 0 bis 20 bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen. Ein GdB von 30 bis 40 ist erst bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis und Gestaltungsfähigkeit (z.B. bei ausgeprägteren depressiven, hypochondrischen, asthenischen oder phobischen Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoformen Störungen) gerechtfertigt. Ein GdB von 50 und mehr wird bei schweren Störungen wie z.B. schweren Zwangskrankheiten mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten angenommen.
Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen liegen bei der Klägerin zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dies steht für den Senat insbesondere aufgrund der aus dem Rentenrechtsstreit der Klägerin beigezogenen Gutachten von Dr. Br. vom 23.05.2011 sowie von Dr. He. vom 26.10.2012, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, fest. Nach dem in diesen Gutachten beschriebenen, nachvollziehbaren psychischen Befund lässt sich das Vorliegen einer stärker behindernden Störung, die nach den dargestellten rechtlichen Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von 30 (bis 40) rechtfertigt, nicht herleiten, wie Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet. Den im Gutachten von Dr. Br. vom 23.05.2011 beschriebenen Angaben der Klägerin, insbesondere zur Biografie und zum psychosozialen Hintergrund, ihrer Selbstbeschreibung und Beschwerdeschilderung lassen sich eine Einschränkung in der Bewältigung des Alltages, erhebliche krankheitsbedingte familiären Probleme oder ein vermehrter psychosozialer Rückzug nicht entnehmen, worauf Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme zutreffend hinweist. So ist die Klägerin in der Lage (frühmorgens gegen 4:00 Uhr) ihren Ehemann mit dem Frühstück zu versorgen. Freunde werden besucht und auch eingeladen. Es besteht Kontakt zur Tochter. Weiter kümmert sich die Klägerin um ihre zwei Hunde (Spaziergänge drei mal täglich ca. 20 bis 30 Minuten). Sie macht daheim Gymnastik, nimmt verschiedene Arzttermine war, liest gerne Romane, sieht Fernsehen, telefoniert mit Freundinnen, kocht, macht kleinere Einkäufe alleine und erledigt leichte Haushaltsarbeiten. Die Klägerin beschreibt sich als erlebnis- und gestaltungsfähig. Erhebliche psychische Beschwerden beklagt die Klägerin nicht. Nach dem von Dr. Br. beschriebenen psychischen Befund ist die Klägerin bewusstseinsklar, sicher in allen Qualitäten orientiert, im Denken formal geordnet, sofort unkompliziert kontaktfähig, und in der Grundstimmung ausgeglichen. Überwertige Ideen, Zwänge oder phobische Inhalte liegen nicht vor. In ihrer primären Persönlichkeit ist die Klägerin leicht histrionisch, etwas dependent mit aggressionsgehemmten Zügen. Dem entsprechen im Wesentlichen die von Dr. He. in seinem Gutachten vom 26.10.2012 beschriebenen Befunde. Zwar klagte die Klägerin nunmehr über Schlafstörungen und über Angstzustände mehrmals im Monat. Eine Einschränkung in der Bewältigung des Alltages, erhebliche krankheitsbedingte familiären Probleme oder ein vermehrter psychosozialer Rückzug lässt sich jedoch auch den Beschreibungen von Dr. He. in seinem Gutachten nicht entnehmen. Auch der von Dr. He. beschriebene psychopathologische Befund weicht nicht wesentlich von dem von Dr. Br. beschriebenen Befund ab. Danach ist zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen auszugehen, die nach den oben dargestellten rechtlichen Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von (maximal) 20 rechtfertigen. Dafür spricht auch, dass die Klägerin nach den übereinstimmenden Ausführungen von Dr. Br. und Dr. He. in ihren Gutachten Antidepressiva-Medikamente (eigenmächtig) absetzt hat, was gegen einen höheren Leidensdruck wegen der bestehenden seelischen Störungen spricht. Auch Dr. He. geht in seinem Gutachten davon aus, dass die von der Klägerin geschilderten Angstanfälle (mit Herzklopfen, Luft- und Atemnot) nicht gravierend sind. Nach den hierzu im Gutachten beschriebenen Angaben der Klägerin hilft bereits Mineralwasser. Im Hinblick hierauf kann der abweichenden Bewertung des Psychiaters Schä. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 25.06.2012 an den Senat, der eine Angst-Depression mit einem Teil-GdB von 30 bewertet, nicht gefolgt werden.
Eine mit einem Teil-GdB von über 10 zu berücksichtigende Migräne ist bei der Klägerin nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht belegt. Dr. S. diagnostizierte in seinem Befundbericht vom 07.06.2012 eine Migräne ohne Aura. Der Psychiater Schä. nennt in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 25.06.2012 eine einfache Migräne. Eine echte Migräne mit mittelgradiger Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend), die nach den VG Teil B 2.3 einen Teil-GdB von 20 bis 40 rechtfertigt, ist durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht belegt. Auch der Psychiater Schä. geht hinsichtlich der Migräne von einem Teil-GdB von 10. Im Übrigen hat die Klägerin eine zu berücksichtigende Migräne nicht geltend gemacht.
Entsprechendes gilt auch hinsichtlich einer Schuppenflechte. Medizinische Unterlagen, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen, liegen nicht vor. Dazu hat die Klägerin auch nichts vorgetragen.
Die Adipositas allein bedingt keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna (vgl. VG Teil B 15.3).
Die bei der Klägerin nach dem Entlassungsbrief des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 diagnostizierte Divertikulitis des Colon Descendens rechtfertigt keinen Teil-GdB von 30, wie die Klägerin meint. Nach den VG Teil B 10.2.2 ist erst bei chronischen Darmstörungen mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen ein Teil-GdB von 20 bis 30 gerechtfertigt. Dies trifft bei der Klägerin nach dem Bericht des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 jedoch nicht zu. Danach hat es sich um einen ersten Schub gehandelt, der bei konservativer Therapie sich rasch gebessert hat. Zur Zeit der Entlassung aus der vom 01.09. bis 05.09.2013 durchgeführten stationären Behandlung war der Stuhlgang regelrecht möglich und die Ultraschall- und Laborkontrolle unauffällig. Bei der Entlassung bestand Beschwerdefreiheit. Wegen der diagnostizierten Divertikulitis kann deshalb derzeit noch nicht von einer dauerhaften Behinderung ausgegangen werden, die mit einem Teil-GdB zu berücksichtigen ist. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 24.01.2014 behauptet hat, die Beschwerden bestünden fort und würden vom Hausarzt behandelt, steht dies im Widerspruch zu der mitgeteilten sofort ansprechenden und erfolgreichen Therapie. Selbst eine schon jetzt unterstellte Chronifizierung i.S.v. VG B 10.2.2 würde derzeit nur einen Teil-GdB von 0-10 rechtfertigen, denn eine (dauerhafte) häufig rezidivierende oder anhaltende Symptomatik, die der Bewertungsstufe vom GdB 20-30 zuzuordnen ist, ist zum Entscheidungszeitpunkt des Senats noch nicht nachweisbar.
Danach ist bei der Klägerin von einem Gesamt-GdB von 30 seit dem 19.04.2010 auszugehen, wie ihn der Beklagte im Ausführungsbescheid vom 15.11.2011 festgestellt hat. Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel-GdB-Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt-GdB-Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3 bzw. VG Teil A 3). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung dieser Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend sind bei der Klägerin ein Einzel-GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden sowie ein Einzel GdB von 20 für die seelische Störung und das chronische Schmerzsyndrom in die Bildung des Gesamt-GdB einzubeziehen. Die übrigen Funktionseinschränkungen (Fingerpolyarthrose, Schuppenflechte, Migräne) bedingen einen Einzel GdB von maximal 10, die bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen sind. Eine Funktionseinschränkung der Schultergelenke mit einem Teil-GdB von wenigstens 10 liegt nicht vor. Der Gesamt-GdB ist damit mit 30 zu bewerten. Dies würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn bei der Klägerin hinsichtlich der seelischen Störung und dem chronischen Schmerzsyndrom von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen würde, da es im Hinblick auf Überschneidungen (Schmerzen) hinsichtlich der nur leichten Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule nicht gerechtfertigt ist, auch unter diesen Voraussetzungen den Gesamt-GdB auf über 30 anzuheben. Soweit in der nicht-öffentlichen Sitzung am 07.06.2013 erörtert worden ist, dass bei der Klägerin wegen einer mit einem Teil-GdB von 30 zu bewertenden somatoformen Schmerzstörung und unter Berücksichtigung des Wirbelsäulenleidens ein Gesamt-GdB von 40 in Betracht gezogen werden könnte, kann hieran nicht festgehalten werden.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten und vom Senat beigezogenen medizinischen Unterlagen und die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen für geklärt. Zur Einholung von Sachverständigengutachten sieht sich der Senat deshalb nicht gedrängt. Neue Gesichtspunkte, die dem Senat Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Soweit sich die Klägerin im Schriftsatz vom 27.12.2013 eine Uteruserkrankung beruft, besteht bei der Klägerin nach dem Entlassungsbrief des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 ein anteflektierter Uterus mit dem Verdacht auf ein kleines Myom. Diese Gesundheitsstörung rechtfertigt für sich nach den VG noch keinen Teil-GdB. Ein Aneurysma der Arteria lienalis ist nach nach dem Entlassungsbrief des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 nicht gesichert (Verdacht auf). Zudem ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht dargetan, dass wegen eines Aneurysma eine lokale Funktionsstörung oder eine Einschränkung der Belastbarkeit besteht, die nach den VG Teil B 9.2.2 einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen. Entsprechendes gilt für eine Nierenfehlbildung (VG Teil B 12.1.1). Der Senat hat sich deshalb nicht gedrängt gesehen, hierzu den Sachverhalt weiter aufzuklären und deshalb den Termin am 24.01.2104 aufzuheben, wie die Klägerin im Schriftsatz vom 27.12.2013 angeregt hat.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Die 1961 geborene Klägerin beantragte am 19.04.2010 beim Landratsamt R. (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Das LRA zog medizinische Befundunterlagen bei (DRK Klinik B. vom 08.03.2006, Diagnosen: Leichtgradiges motorisches und sensibles Carpaltunnel-Syndrom recht, dringender Verdacht auf Tendovaginitis stenosans rechter Zeigefinger; Dr. V. vom 02.06.2006, Diagnosen: Effluvium, vorzeitige Menopause; Dr. Ble. vom 09.02.2006 und 23.01.2009, Diagnosen: V.a. Nervenkompressionssyndrom rechter Arm, Schwellung rechts DII, Schädelprellung; Dr. C. vom 26.10.2007, Diagnosen: Myofasziales Schmerzsyndrom der BWS, LWS und HWS; Dr. Schu. vom 25.02.2008; Dr. Re. vom 20.10.2008, Diagnose: Myalgisches Syndrom HWS mit Cephalgie nach Autounfall; Dr. Ku. vom 30.06.2009, Diagnosen: A.v. Psoriasisarthritis bei Psoriasis vulgaris, Zustand nach schnappendem Finger, Senkfuß beidseits; Dr. Kra. vom 15.12.2009 und 17.12.2009, Diagnosen: Struma diffusa mit kleinen unverdächtigen regressiven Herdbefunden, euthyreote Funktionslage; Dr. Ko. vom 04.02.2010; Evangelisches Diakonissen-Krankenhaus K. vom 14.02.2007; Ärztlicher Entlassungsbericht R. Kliniken W. vom 26.04.2010 an die Deutsche Rentenversicherung, Diagnosen: Bandscheibenprolaps L2/3 und L4/5 links, percutane Nucleoplastie am 09.03.2010). Das LRA holte hierzu die gutachtliche Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes, Dr. Z.-C. , vom 28.05.2010 ein, der den Gesamt-GdB mit 10 vorschlug.
Mit Bescheid vom 14.06.2010 entsprach das LRA daraufhin dem Antrag der Klägerin auf Feststellung des GdB nicht.
Hiergegen legte die Klägerin - durch ihre Prozessbevollmächtigte - am 21.06.2010 Widerspruch ein.
Das LRA holte die Berichte des Dr. Hi. vom 12.07.2010, der den Operationsbericht der Praxisklinik Z. vom 17.03.2010 hinsichtlich einer am 09.03.2010 durchgeführter Operation der Klägerin (percutane Nucleotomie und Nucleoplastie nach Discographie LWK2/3 und L4/5 rechts) vorlegte, sowie des Facharztes für Psychiatrie Schä. vom 22.07.2010 ein und ließ die Berichte durch seinen ärztlichen Dienst auswerten. Dr. O. bewertete in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 22.08.2010 wegen eines operierten Bandscheibenschadens (Teil-GdB 20), einer Fingerpolyarthrose, Schuppenflechte und depressiven Verstimmung (Teil-GdB jeweils 10) den Gesamt-GdB mit 20.
Mit Teil-Abhilfebescheid vom 03.09.2010 stellte das LRA daraufhin bei der Klägerin den GdB mit 20 seit dem 19.04.2010 fest. Im Übrigen wurde der Widerspruch der Klägerin - nach erneutem Widerspruch der Klägerin gegen den Teil-Abhilfebescheid - mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums S. - Landesversorgungsamt - vom 26.10.2010 - der Klägerbevollmächtigten am 02.11.2010 zugegangen - zurückgewiesen. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen in vollem Umfang erfasst und mit einem GdB von 20 angemessen bewertet seien.
Hiergegen erhob die Klägerin - durch ihre Prozessbevollmächtigte - am 02.12.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie machte geltend, die Beschwerden im Bereich der LWS seien mindestens mit einem Einzel-GdB von 40 sowie eine reaktive Depression mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Der Gesamt-GdB sei mit mindestens 50 festzustellen. Die Klägerin legte medizinische Unterlagen vor (Berichte Dr. Ko. vom 10.06.2010, Dr. Hi. vom 21.06.2010, Städtisches Klinikum K. vom 23.11.2010, Atteste Dr. Schr. vom 13.03.2011 und des Psychiaters Schä. vom 11.03.2011, Ärztlicher Entlassungsbericht des Ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 an die Deutsche Rentenversicherung, Sozialmedizinisches Gutachten des MDK vom 09.05.2011).
Der Beklagte unterbreitete der Klägerin ein Vergleichsangebot dahin, den GdB mit 30 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab dem 19.04.2010 festzustellen (Schriftsatz vom 09.08.2011). Der Beklagte legte hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 08.08.2011 vor, in der wegen eines operierten Bandscheibenschadens (Teil-GdB 20), einer depressiven Verstimmung und chronischem Schmerzsyndrom (Teil-GdB 20) sowie einer Fingerpolyarthrose und Schuppenflechte (Teil-GdB jeweils 10) der Gesamt-GdB mit 30 vorgeschlagen wurde. Dieses Vergleichsangebot nahm die Klägerin nicht an (Schriftsatz vom 15.09.2011).
Mit Gerichtsbescheid vom 31.10.2011 verurteilte das SG den Beklagten, bei der Klägerin den GdB mit 30 ab dem 19.04.2010 festzustellen; im Übrigen wies es die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass die Auswirkungen der Beeinträchtigungen einen GdB von 30 bedingten. Für den operierten Bandscheibenschaden sei ein Teil-GdB von 20 anzunehmen. Eine zusätzlich zu berücksichtigende persistierende Schmerzsymptomatik sei unter Einbeziehung der psychischen Beeinträchtigungen zu beurteilen, die mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten seien. Anhaltspunkte dafür, dass die Fingerpolyarthrose und die Schuppenflechte mit einem Teil-GdB von mehr als 10 zu bewerten seien, seien nicht ersichtlich. Nach alledem sei ab dem 19.04.2010 einen GdB von 30 festzustellen und im Übrigen die Klage abzuweisen. Der Gerichtsbescheid wurde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 03.11.2011 zugestellt.
Mit Ausführungsbescheid vom 15.11.2011 stellte das LRA bei der Klägerin den GdB mit 30 ab dem 19.04.2010 sowie das Vorliegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz seit dem 10.04.2010 fest.
Am Montag, den 05.12.2011 hat die Klägerin - durch ihre Prozessbevollmächtigte - Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ihr erstinstanzliches Vorbringen im Wesentlichen wiederholt und vertieft. Ergänzend hat sie vorgetragen, hinsichtlich Schmerzen bzw. Beschwerden im Schultergelenk sei eine massive Verschlimmerung eingetreten. Sie habe ihren Arm nicht mehr bewegen können. Zudem sei die Adipositas überhaupt nicht bewertet worden. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens werde beantragt. Die Klägerin legte medizinische Unterlagen vor (Diagnostische Gemeinschaftspraxis K. vom 02.03.2012, Städtisches Klinikum K. vom 11.04.2012 und vom 23.11.2010, Dr. Schr. vom 13.11.2012).
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. Oktober 2011 sowie die Bescheide des Beklagten vom 14. Juni 2010 und 3. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Oktober 2010 in der Fassung des Ausführungsbescheids vom 15. November 2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 19. April 2010 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Der Senat hat den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Schr. sowie den Psychiater Schä. schriftlich als sachverständige Zeugen angehört. Dr. Schr. hat in seinen Stellungnahmen vom 05.03.2012 und 06.02.2013 den Behandlungsverlauf sowie die Befunde und Diagnosen mitgeteilt. Er hat auf seinem Fachgebiet die Ansicht des versorgungsärztlichen Dienstes des Beklagten geteilt und den GdB mit 30 geschätzt. Eine somatoforme Schmerzstörung auf psychosomatischem Fachgebiet nehme stetig zu, der objektive orthopädische Befund sei gleich. Der Psychiater Schä. hat in seinen Stellungnahmen vom 25.06.2012 und 27.03.2013 den Behandlungsverlauf, die Befunde und Diagnosen (Angst-/Depressionsstörung mit Attacken und Somatisierung, Anpassungsstörung und LWS-Schmerzsyndrom mit reaktiver ängstlich-depressiver Ausgestaltung) mitgeteilt. Er hat auf seinem Fachgebiet den GdB auf mindestens 30 (Angst-Depression GdB 30 und Migräne GdB 10) geschätzt und eine im Verlaufe der Behandlung seit Juni 2012 eingetretene Veränderung des Gesundheitszustandes Klägerin verneint.
Der Rechtsstreit ist durch den Berichterstatter in der nicht-öffentlichen Sitzung am 07.06.2013 erörtert worden. Hierzu wird auf die Niederschrift vom 07.06.2013 Bezug genommen.
Anschließend hat der Senat - im Einvernehmen mit den Beteiligten - aus den Gerichts- und Verwaltungsakten eines von der Klägerin gegen die Deutsche Rentenversicherung geführten Rechtsstreites (LSG Baden-Württemberg - L 5 R 1704/13 -) Kopien medizinischer Unterlagen gefertigt (schriftliche sachverständigen Zeugenaussagen Dr. N. vom 29.06.2012, Dr. Schr. vom 02.07.2012, Dr. S. vom 15.07.2012, Psychiater Schä. vom 02.08.2012; Nervenärztliche Gutachten Dr. He. vom 26.10.2012 und Dr. Br. vom 23.05.2011 sowie Gutachten der Fachärztin für Chirurgie und Sozialmedizin Z. vom 11.07.2011; Befundberichte Dr. S. vom 07.06.2012, Dr. Re. vom 03.03.2011, Dr. L. vom 18.05.2011 und 27.06.2011, Dr. P. vom 17.05.2011, Dr. Br. vom 31.05.2011, Sozialmedizinisches Zentrum K. (ohne Datum), Medizinisches Versorgungszentrum B. vom 17.05.2011 und Dr. Br. vom 31.05.2011; Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik W. vom 26.04.2010) und sie als Beiakte zur Senatsakte genommen.
Der Beklagte ist unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. R. vom 16.10.2012 und 24.09.2013 der Berufung weiter entgegen getreten.
Die Klägerin hat anschließend mit Schriftsatz vom 27.12.2013 eine schwere Divertikelentzündung sowie eine Erkrankung des Uterus, eine Vergrößerung der linken Nebenniere sowie den Verdacht eines Aneurysma der Arteria lienalis geltend gemacht und für chronische Darmbeschwerden einen Teil-GdB von 30 für angemessen erachtet. Hierzu hat die Klägerin den Bericht des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 vorgelegt und weitere Ermittlungen unter Aufhebung des anberaumten Termins am 24.01.2014 angeregt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Gerichtsakte des SG, einen Band Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf die im Berufungsverfahren angefallene Gerichtsakte des Senats (einschließlich der angelegten Beiakte) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 30 seit dem 19.04.2010 zu. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - Rn. 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und bei Verstößen dagegen nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009, SozR 4 3250 § 69 Nr. 10 Rn. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., Rn. 30).
Nach diesen Kriterien steht der Klägerin ein Gesamt-GdB von 30 ab dem 19.04.2010 zu, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend entschieden und dem der Beklagte mit seinem Ausführungsbescheid vom 15.11.2011 Rechnung getragen hat. Ein Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (GdB mindestens 50), wie die Klägerin anstrebt, besteht dagegen nicht.
Die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule (operierter Bandscheibenschaden L2/3 und L4/5 - Operationsbericht der Praxisklinik Z. vom 17.03.2010 -) rechtfertigen keinen Teil GdB von 40, wie sie geltend macht, sondern sind mit einem Teil-GdB von 20 ausreichend und angemessen bewertet. Nach dem im Ärztlichen Entlassungsbericht des Ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 beschriebenen Entlassungsbefund ist bei der Klägerin die Beweglichkeit der Halswirbelsäule und die Rumpfbeweglichkeit bei einem Fingerbodenabstand von 36 cm bei Angabe von ziehenden Schmerzen in allen Bewegungsrichtungen nur (teilweise) endgradig eingeschränkt (HWS: Seitneigung 40/40°, Rotation 70/70° Reklination 40° bei Krepitationen in allen Bewegungsrichtungen; Rumpfbeweglichkeit: Seitneigung 20/20°, Rotation 30/30°, Reklination 20° bei nicht relevant eingeschränkter Entfaltbarkeit nach Schober 10/14 cm und Ott 30/33 cm). Ein sensomotorisches Defizit besteht nicht. Dem entsprechen im Wesentlichen auch die von der Ärztin Z. in ihrem Gutachten vom 11.07.2011 beschriebenen Wirbelsäulenbefunde einer nur gering endgradig eingeschränkten Seitneigung und Rumpfrotation bei sonst normaler Rotationsfähigkeit der Rumpfwirbelsäule sowie einer endgradig eingeschränkten Entfaltung der Lendenwirbelsäule und einer in allen Bewegungsebenen frei beweglichen Halswirbelsäule. Neurologische Ausfälle oder sensomotorische Funktionsdefizite beschreibt auch die Ärztin Z. in ihrem Gutachten nicht. Ebenso hat Dr. Br. klinisch wie elektrophysiologisch keine objektivierbaren neurologische sensomotorische Ausfälle festgestellt, wie er in seinem Gutachten vom 23.05.2011 beschrieben hat. Eine im Gutachten von Dr. He. vom 26.10.2012 beschriebene Sensibilitätsstörung (Sensibilitätsminderung an der Unterseite des Großzehen und des 2. und 3. Zehen links - L5 -) ist ohne funktionelle Relevanz. Danach besteht bei der Klägerin eine nur geringe Funktionsbehinderung der Wirbelsäule. Diese rechtfertigt - unter Einbeziehung geklagter Schmerzen - keinen höheren Teil GdB als 20. Nach den VG Teil B 18.9 bzw. den AHP ist ein Teil GdB von über 20 erst gerechtfertigt bei Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome), bzw. mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Teil GdB 30 bis 40). Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten liegen bei der Klägerin nicht vor. Dem entspricht auch die Bewertung von Dr. Schr. in der vom Senat eingeholten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2012, der die Ansicht des Ärztlichen Dienstes des Beklagten in der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. O. vom 22.08.2010 (Teil-GdB von 20 für den operierten Bandscheibenschaden) teilt. Soweit Dr. Schr. dabei die Beschwerden als mittelschwer bis schwer annimmt, ist diese Annahme nach den von ihm mitgeteilten Befunden nicht nachvollziehbar und wird auch nach dem oben Ausgeführten sowie den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht belegt. Von der Klägerin geltend gemachten Schmerzen rechtfertigen entgegen ihrer Ansicht keine Erhöhung des Teil-GdB von 20. Diese sind vielmehr in dem Teil-GdB von 20 angemessen mit berücksichtigt. Nach den VG Teil A2j schließen die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. Erst wenn nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die eine ärztliche Behandlung erfordert, können höhere Werte angesetzt werden. Ein solcher Zustand ist bei der Klägerin nicht belegt. Zwar teilt Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2012 mit, dass bei der Klägerin anhaltende Bewegungs- und Ruheschmerzen im Bereich der LWS mit Ausstrahlung in beide Beine bestünden und diagnostiziert ein chronisches muskuloskelettales Schmerzsyndrom der HWS, BWS und LWS; regelmäßig Schmerzmittel würden benötigt. Das Vorliegen eines zusätzlich zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Schmerzsyndroms kann hieraus jedoch nicht schon hergeleitet werden. Unklar bleibt, worauf die Angaben des Dr. Schr. beruhen (Angaben der Klägerin oder eigene Untersuchungsbefunde). Weiter sprechen die Ausführungen von Dr. Br. in seinem Gutachten vom 23.05.2011 gegen das Vorliegen eines höhergradigen Schmerzsyndroms. Danach zeigte sich die Klägerin nicht nach außen erkennbar schmerzbeeinträchtigt anmutend. Bei der Untersuchung durch Dr. Br. bestanden zudem deutliche Diskrepanzen zwischen massiven subjektiven Beschwerden und dem Fehlen einer nach außen erkennbaren Schmerzbeeinträchtigung wie auch hinsichtlich geklagter Schmerzintensität und einer nicht regelmäßig stattfindenden analgetischen Medikation, bzw. nach dem Gutachten von Dr. He. vom 26.10.2012 (nur) "phasenweise regelmäßig" benötigter Analgetika. Diskrepanzen bestanden auch hinsichtlich eines demonstrierten Finger-Boden-Abstands von 60 cm und der Möglichkeit, den "Langsitz" auf der Liege einzunehmen, wie Dr. Br. in seinem Gutachten weiter ausführt. Auch Dr. He. geht in seinem Gutachten vom 26.10.2012 davon aus, dass manches an den Ausführungen der Klägerin übertrieben erscheint. Eine von der Klägerin (im Verlauf des Berufungsverfahrens) geltend gemachte Verschlimmerung ist nicht belegt. Zwar berichtet Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 06.02.2013 von einer subjektiven Beschwerdeverschlechterung, die allerdings durch den objektiven orthopädischen Befund nicht erklärt ist. Vielmehr hat Dr. Schr. den objektiv orthopädischen Befund als gleich angegeben und damit eine eingetretene Verschlimmerung des Wirbelsäulenleidens der Klägerin nicht bestätigt.
Die Fingerpolyarthrose rechtfertigt keinen höheren Teil-GdB als 10. Hierdurch werden nennenswerte Funktionsbeeinträchtigungen nicht hervorgerufen. Vielmehr besteht nach dem Ärztlichen Entlassungsbericht des ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 eine ungestörte Beweglichkeit der Fingergelenke und der Feinmotorik der Finger bei intakter Handfunktion und grober Kraft. Auch die Ärztin Z. beschreibt in ihren Gutachten vom 11.07.2011 eine im Wesentlichen unauffällige Funktion der rechten und der linken Hand sowie der Finger, wobei die Klägerin feinmotorische Bewegungen links etwas geschickter als rechts ausführt. Es besteht ein Defizit von ungefähr 0,5 cm beim Griff zum Kleinfinger-Hohlhandballen rechts, das jedoch unter Anstrengung ausgeglichen werden kann. Sonst sind die Funktionen der rechten Hand nach den Beschreibungen der Ärztin Z. in ihrem Gutachten unauffällig. Gegen die Bewertung der Fingerpolyarthrose mit einem Teil-GdB von 10 hat sich die Klägerin im Übrigen auch nicht gewandt.
Eine zusätzlich zu berücksichtigende Funktionsbehinderung der Schultergelenke, wie die Klägerin geltend macht, liegt nicht vor. Dr. Schr. hat in seinen schriftlichen sachverständigen Zeugenaussagen an den Senat vom 05.03.2012 und 06.02.2013 eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke der Klägerin nicht erwähnt. Eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke lässt sich auch den sonstigen zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnehmen. Die Ärztin Z. beschreibt in ihrem Gutachten vom 11.07.2011 eine freie Beweglichkeit beider Schultergelenke (Ab-/Adduktion 170-0-20°, Retro-/Anteversion 40-0-170°, Rotation auswärts/einwärts 60-0-90° und Rotation auswärts/einwärts 70-0-70° jeweils beidseits). Dem entspricht auch die Befundbeschreibung in Ärztlichen Entlassungsbericht des Ambulanten Zentrums für Reha und Prävention am E. GmbH vom 17.09.2010 (aktiv und passiv freie Beweglichkeit beider Schultergelenke). Zwar beschreibt Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 06.02.2013 eine herabgesetzte Beweglichkeit (Abduktion 140°, Außenrotation 30°, schmerzhafter Bogen zwischen 80 und 120° bei negativem Rotatorenmanschettentest), wobei nicht ersichtlich ist, ob sich diese Angaben auf beide oder auf das rechte oder linke Schultergelenk beziehen. Hierauf kommt es indes nicht relevant an. Denn selbst wenn (zu Gunsten der Klägerin) davon ausgegangen würde, dass die von Dr. Schr. angegebenen Bewegungsmaße beide Schultergelenke betreffen, läge eine Funktionsbehinderung der Schultergelenke, die einen Teil-GdB von wenigstens 10 rechtfertigen, noch nicht vor. Nach den VG Teil B 18.13 rechtfertigt erst eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) bei Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit einen Teil-GdB von 10. Eine Bewegungseinschränkung solchen Ausmaßes beschreibt Dr. Schr. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 06.02.2013 nicht.
Die seelische Störung der Klägerin sowie das vom Beklagten berücksichtigte chronische Schmerzsyndrom sind mit einem Teil-GdB von 20 angemessen und ausreichend bewertet. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dabei das chronische Schmerzsyndrom nicht gesondert in Ansatz zu bringen, wie bereits oben ausgeführt wurde. Unabhängig davon sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats Auswirkungen eines Schmerzsyndroms entsprechend den Maßstäben der VG (bzw. der AHP) für psychovegetative oder psychische Störungen zu bewerten (vgl. z.B. Senatsurteil vom 27.01.2012 L 8 SB 768/11 zur Fibromyalgie, nicht veröffentlicht).
Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bedingen nach den VG Teil B Nr. 3.7 einen GdB von 0 bis 20 bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen. Ein GdB von 30 bis 40 ist erst bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis und Gestaltungsfähigkeit (z.B. bei ausgeprägteren depressiven, hypochondrischen, asthenischen oder phobischen Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoformen Störungen) gerechtfertigt. Ein GdB von 50 und mehr wird bei schweren Störungen wie z.B. schweren Zwangskrankheiten mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten angenommen.
Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit oder gar schwere Störungen liegen bei der Klägerin zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dies steht für den Senat insbesondere aufgrund der aus dem Rentenrechtsstreit der Klägerin beigezogenen Gutachten von Dr. Br. vom 23.05.2011 sowie von Dr. He. vom 26.10.2012, die der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, fest. Nach dem in diesen Gutachten beschriebenen, nachvollziehbaren psychischen Befund lässt sich das Vorliegen einer stärker behindernden Störung, die nach den dargestellten rechtlichen Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von 30 (bis 40) rechtfertigt, nicht herleiten, wie Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 24.09.2013 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet. Den im Gutachten von Dr. Br. vom 23.05.2011 beschriebenen Angaben der Klägerin, insbesondere zur Biografie und zum psychosozialen Hintergrund, ihrer Selbstbeschreibung und Beschwerdeschilderung lassen sich eine Einschränkung in der Bewältigung des Alltages, erhebliche krankheitsbedingte familiären Probleme oder ein vermehrter psychosozialer Rückzug nicht entnehmen, worauf Dr. R. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme zutreffend hinweist. So ist die Klägerin in der Lage (frühmorgens gegen 4:00 Uhr) ihren Ehemann mit dem Frühstück zu versorgen. Freunde werden besucht und auch eingeladen. Es besteht Kontakt zur Tochter. Weiter kümmert sich die Klägerin um ihre zwei Hunde (Spaziergänge drei mal täglich ca. 20 bis 30 Minuten). Sie macht daheim Gymnastik, nimmt verschiedene Arzttermine war, liest gerne Romane, sieht Fernsehen, telefoniert mit Freundinnen, kocht, macht kleinere Einkäufe alleine und erledigt leichte Haushaltsarbeiten. Die Klägerin beschreibt sich als erlebnis- und gestaltungsfähig. Erhebliche psychische Beschwerden beklagt die Klägerin nicht. Nach dem von Dr. Br. beschriebenen psychischen Befund ist die Klägerin bewusstseinsklar, sicher in allen Qualitäten orientiert, im Denken formal geordnet, sofort unkompliziert kontaktfähig, und in der Grundstimmung ausgeglichen. Überwertige Ideen, Zwänge oder phobische Inhalte liegen nicht vor. In ihrer primären Persönlichkeit ist die Klägerin leicht histrionisch, etwas dependent mit aggressionsgehemmten Zügen. Dem entsprechen im Wesentlichen die von Dr. He. in seinem Gutachten vom 26.10.2012 beschriebenen Befunde. Zwar klagte die Klägerin nunmehr über Schlafstörungen und über Angstzustände mehrmals im Monat. Eine Einschränkung in der Bewältigung des Alltages, erhebliche krankheitsbedingte familiären Probleme oder ein vermehrter psychosozialer Rückzug lässt sich jedoch auch den Beschreibungen von Dr. He. in seinem Gutachten nicht entnehmen. Auch der von Dr. He. beschriebene psychopathologische Befund weicht nicht wesentlich von dem von Dr. Br. beschriebenen Befund ab. Danach ist zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen auszugehen, die nach den oben dargestellten rechtlichen Bewertungsvorgaben der VG einen Teil-GdB von (maximal) 20 rechtfertigen. Dafür spricht auch, dass die Klägerin nach den übereinstimmenden Ausführungen von Dr. Br. und Dr. He. in ihren Gutachten Antidepressiva-Medikamente (eigenmächtig) absetzt hat, was gegen einen höheren Leidensdruck wegen der bestehenden seelischen Störungen spricht. Auch Dr. He. geht in seinem Gutachten davon aus, dass die von der Klägerin geschilderten Angstanfälle (mit Herzklopfen, Luft- und Atemnot) nicht gravierend sind. Nach den hierzu im Gutachten beschriebenen Angaben der Klägerin hilft bereits Mineralwasser. Im Hinblick hierauf kann der abweichenden Bewertung des Psychiaters Schä. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 25.06.2012 an den Senat, der eine Angst-Depression mit einem Teil-GdB von 30 bewertet, nicht gefolgt werden.
Eine mit einem Teil-GdB von über 10 zu berücksichtigende Migräne ist bei der Klägerin nach den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht belegt. Dr. S. diagnostizierte in seinem Befundbericht vom 07.06.2012 eine Migräne ohne Aura. Der Psychiater Schä. nennt in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 25.06.2012 eine einfache Migräne. Eine echte Migräne mit mittelgradiger Verlaufsform (häufigere Anfälle, jeweils einen oder mehrere Tage anhaltend), die nach den VG Teil B 2.3 einen Teil-GdB von 20 bis 40 rechtfertigt, ist durch die vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht belegt. Auch der Psychiater Schä. geht hinsichtlich der Migräne von einem Teil-GdB von 10. Im Übrigen hat die Klägerin eine zu berücksichtigende Migräne nicht geltend gemacht.
Entsprechendes gilt auch hinsichtlich einer Schuppenflechte. Medizinische Unterlagen, die einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen, liegen nicht vor. Dazu hat die Klägerin auch nichts vorgetragen.
Die Adipositas allein bedingt keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna (vgl. VG Teil B 15.3).
Die bei der Klägerin nach dem Entlassungsbrief des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 diagnostizierte Divertikulitis des Colon Descendens rechtfertigt keinen Teil-GdB von 30, wie die Klägerin meint. Nach den VG Teil B 10.2.2 ist erst bei chronischen Darmstörungen mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen ein Teil-GdB von 20 bis 30 gerechtfertigt. Dies trifft bei der Klägerin nach dem Bericht des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 jedoch nicht zu. Danach hat es sich um einen ersten Schub gehandelt, der bei konservativer Therapie sich rasch gebessert hat. Zur Zeit der Entlassung aus der vom 01.09. bis 05.09.2013 durchgeführten stationären Behandlung war der Stuhlgang regelrecht möglich und die Ultraschall- und Laborkontrolle unauffällig. Bei der Entlassung bestand Beschwerdefreiheit. Wegen der diagnostizierten Divertikulitis kann deshalb derzeit noch nicht von einer dauerhaften Behinderung ausgegangen werden, die mit einem Teil-GdB zu berücksichtigen ist. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 24.01.2014 behauptet hat, die Beschwerden bestünden fort und würden vom Hausarzt behandelt, steht dies im Widerspruch zu der mitgeteilten sofort ansprechenden und erfolgreichen Therapie. Selbst eine schon jetzt unterstellte Chronifizierung i.S.v. VG B 10.2.2 würde derzeit nur einen Teil-GdB von 0-10 rechtfertigen, denn eine (dauerhafte) häufig rezidivierende oder anhaltende Symptomatik, die der Bewertungsstufe vom GdB 20-30 zuzuordnen ist, ist zum Entscheidungszeitpunkt des Senats noch nicht nachweisbar.
Danach ist bei der Klägerin von einem Gesamt-GdB von 30 seit dem 19.04.2010 auszugehen, wie ihn der Beklagte im Ausführungsbescheid vom 15.11.2011 festgestellt hat. Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Die AHP und VG führen zur Umsetzung dieser Vorschriften aus, dass eine Addition von Einzel-GdB-Werten grundsätzlich unzulässig ist und auch andere Rechenmethoden für die Gesamt-GdB-Bildung ungeeignet sind. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird; ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. AHP Nr. 19 Abs. 3 bzw. VG Teil A 3). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung dieser Grundsätze in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend sind bei der Klägerin ein Einzel-GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden sowie ein Einzel GdB von 20 für die seelische Störung und das chronische Schmerzsyndrom in die Bildung des Gesamt-GdB einzubeziehen. Die übrigen Funktionseinschränkungen (Fingerpolyarthrose, Schuppenflechte, Migräne) bedingen einen Einzel GdB von maximal 10, die bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen sind. Eine Funktionseinschränkung der Schultergelenke mit einem Teil-GdB von wenigstens 10 liegt nicht vor. Der Gesamt-GdB ist damit mit 30 zu bewerten. Dies würde im Übrigen selbst dann gelten, wenn bei der Klägerin hinsichtlich der seelischen Störung und dem chronischen Schmerzsyndrom von einem Teil-GdB von 30 ausgegangen würde, da es im Hinblick auf Überschneidungen (Schmerzen) hinsichtlich der nur leichten Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule nicht gerechtfertigt ist, auch unter diesen Voraussetzungen den Gesamt-GdB auf über 30 anzuheben. Soweit in der nicht-öffentlichen Sitzung am 07.06.2013 erörtert worden ist, dass bei der Klägerin wegen einer mit einem Teil-GdB von 30 zu bewertenden somatoformen Schmerzstörung und unter Berücksichtigung des Wirbelsäulenleidens ein Gesamt-GdB von 40 in Betracht gezogen werden könnte, kann hieran nicht festgehalten werden.
Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Der Senat hält den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch die zu den Akten gelangten und vom Senat beigezogenen medizinischen Unterlagen und die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen für geklärt. Zur Einholung von Sachverständigengutachten sieht sich der Senat deshalb nicht gedrängt. Neue Gesichtspunkte, die dem Senat Anlass zu weiteren Ermittlungen geben, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Soweit sich die Klägerin im Schriftsatz vom 27.12.2013 eine Uteruserkrankung beruft, besteht bei der Klägerin nach dem Entlassungsbrief des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 ein anteflektierter Uterus mit dem Verdacht auf ein kleines Myom. Diese Gesundheitsstörung rechtfertigt für sich nach den VG noch keinen Teil-GdB. Ein Aneurysma der Arteria lienalis ist nach nach dem Entlassungsbrief des Diakonissenkrankenhauses K. vom 05.09.2013 nicht gesichert (Verdacht auf). Zudem ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht dargetan, dass wegen eines Aneurysma eine lokale Funktionsstörung oder eine Einschränkung der Belastbarkeit besteht, die nach den VG Teil B 9.2.2 einen Teil-GdB von über 10 rechtfertigen. Entsprechendes gilt für eine Nierenfehlbildung (VG Teil B 12.1.1). Der Senat hat sich deshalb nicht gedrängt gesehen, hierzu den Sachverhalt weiter aufzuklären und deshalb den Termin am 24.01.2104 aufzuheben, wie die Klägerin im Schriftsatz vom 27.12.2013 angeregt hat.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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