Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AS 344/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 30.08.2007 und des Änderungsbescheides vom 14.03.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 verurteilt, an den Kläger zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 in Höhe von 1698,77 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger zu 1) 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.10. bis zum 31.03.2008.
Der im Jahre 1952 geborene Kläger zu 1) und die im Jahre 1956 geborene Klägerin zu 2) bewohnen eine 85 qm große Wohnung mit vier Zimmern, Küche und Bad in C. Nach der Mietbescheinigung vom 15.03.2007 beträgt die monatliche Miete 530 EUR bei einer Grundmiete von 400 EUR, 110 Nebenkosten inklusive Heizung und Kosten für die Warmwasseraufbereitung sowie 20 EUR Miete für die Garage oder Einstellplatz. In dem aus dem Jahre 1993 stammenden Mietvertrag verzichtete der Vermieter auf das Kündigungsrecht nach § 564b Abs. 2 Ziffer 2 und 3 BGB und nach § 564b Abs. 4 BGB. Bei der Klägerin zu 2) ist von dem Kreis Q ein GdB von 40 und ab dem 20.02.2008 ein GdB von 50 wegen Hautveränderungen, Funktionsstörung der Handgelenke und Daumengrundgelenke, Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, psychosomatischer Störungen, Milchzuckerunverträglichkeit, Herzmuskelfunktionsstörung bei Bluthochdruck, Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes, venöser Durchblutungsstörungen der Beine, Funktionsstörung der Hüftgelenke anerkannt. Der Kläger zu 1) bezog bis zum 30.03.2007 Arbeitslosengeld in Höhe von 1066,80 EUR monatlich. Auf den Antrag vom 09.03.2007 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 04.04.2007 für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2007 für die Bedarfsgemeinschaft Leistungen in Höhe von 434,08 EUR monatlich. Dabei ging der Beklagte von einer Kaltmiete zuzüglich kalten Nebenkosten in Höhe von 453 EUR aus. Der Beklagte wies darauf hin, dass in C derzeit für eine Bedarfsgemeinschaft mit zwei Personen eine Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten (ohne Heizkosten) von 365,71 EUR als angemessen anzusehen sei. Die Kläger wurden aufgefordert, die Kosten der Unterkunft bis spätestens 30.09.2007 zu senken. Gegen diese Kostensenkungsaufforderung erhoben die Kläger Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2007 als unzulässig abgewiesen wurde. Zur Begründung wurde vorgetragen, eine geeignete Wohnung sei zu dem angemessenen Preis auf dem Wohnungsmarkt faktisch nicht anmietbar. Auch hätten die Kläger erhebliche Umbau- und Renovierungsarbeiten mit einem Wert von ca. 5000 EUR durchgeführt und gleichzeitig eine Staffelmiete vereinbart. Im Gegenzug habe der Vermieter auf Kündigungsrechte verzichtet. Ein Wohnungswechsel aus der seit 22 Jahren genutzten Wohnung sei nicht zumutbar. Die hiergegen gerichtete Klage (S 11 (7) AS 131/07) wurde zurückgenommen.
Der Fortzahlungsantrag der Kläger wurde mit Bescheid vom 30.08.2007 abgelehnt. Dabei ging der Beklagte von angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 305,71 EUR zuzüglich 48 EUR Heizkosten sowie einem Anspruch auf die Regelleistung in Höhe von jeweils 312 EUR und somit von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 977,71 EUR aus. Dem gegenüber stand ein Nettoerwerbseinkommen der Klägerin zu 2. in Höhe von 1317,32 EUR. Nach Abzug von Freibeträgen in Höhe von 249,33 EUR und einer Einkommensbereinigung in Höhe von 88,11 EUR verblieb ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen von 979,88 EUR, welches den Gesamtbedarf überstieg.
Mit dem Widerspruch machte der Kläger zu 1) geltend, er sei mit der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft nicht einverstanden. Ferner sei der Zuschlag zum Arbeitslosengeld II nicht gezahlt worden. Unter dem 07.09.2007 beantragten die Kläger erneut Leistungen nach dem SGB II und wiesen darauf hin, die Klägerin zu 2) habe wegen einer Laktoseintoleranz einen erheblichen Mehraufwand in der Lebenshaltung. Mit Bescheid vom 04.10.2007 lehnte der Beklagte den Antrag erneut ab. Die Klägerin zu 2) legte eine Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin T-T vor, wonach sie wegen der Laktoseintoleranz einer besonders aufwändigen Ernährung bedürfe. Ferner legte sie einen Entlassungsbericht über eine stationäre Behandlung im Juli 2007 im Universitätsklinikum N, Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten vor. Danach wurden bei der Klägerin zu 2) die folgenden Diagnosen gestellt: Prurigo nodularis, Autoimmunthyreoiditis und Benigne essentielle Hypertonie. Als mögliche Ursache des starken Juckreizes wurde eine Laktoseintoleranz vermutet. Zur weiteren Begründung des Widerspruchs trugen die Kläger vor, unter Berücksichtigung der für die Behandlung der Klägerin zu 2) und der zum Aufsuchen der Arbeitsstelle erforderlichen Fahrtkosten verbleibe ein anrechenbares Einkommen der Klägerin zu 2) nicht. Beispielsweise im Januar 2008 seien diesbezüglich die folgenden Kosten zu berücksichtigen gewesen:
Fahrkosten zur Arbeitsstätte in Bad X-I 134,40 EUR Entfernung - 32 km a 0,30 EUR-Cent an 14 Arbeitstagen UVB-Bestrahlung in Q 50km a 0,30 EUR-Cent an 10 Tagen 150,00 EUR Arztbesuche: B U Q1. 50km a 0,30 EUR-Cent 1mal und X1 Zentrum f. Psychiatrie Q1. 2mal 45,00 EUR M Facharzt f. Chirurgie/Durchgangsarzt 60km a 0,30EUR-Cent 18,00 EUR PKW-Haftpflicht halbjährlich 166,11 EUR x 2=332,22EUR jährlich/:12=monatlich 27,69 EUR " - Steuern jährlich 94,00 EUR per Einzugsermächtigung:12= monatlich 7,83 EUR " - Verkehrsrechtsschutz halbjährlich 54,78 EURx2=109,56EUR:12=monatlich 9,13 EUR Private Rentenversicherung a 52,00 EUR pro Monat x12=624,00 EUR jährlich - monatlich 52,00EUR B1-Unfallversicherung 75,76 EUR+108,21 EUR je 1x jährlich=183,97 EUR:12 15,33 EUR Hausrat Sachversicherung - je 1mal jährlich 122,26 EUR:12=monatlich 10,18 EUR Private Absicherung/"Combispar" a 51,13 EUR pro Monat x 12= 613,56 EUR - monatlich 51,13 EUR GEZ vierteljährlich - 51,09 EUR/pro Monat 17,03 EUR - Anteilig geteilt durch 2= 8,52 EUR S - Strom monatlich 55,00 EUR(ab März 59,00EUR)- Anteilig geteilt durch 2= 27,50 EUR U1-D Festnetzanschluss für Januar 2008=18,96EUR - Anteilig geteilt durch 2= 9,48 EUR Miete inklusive Nebenkosten pro Monat 510,00 EUR- Anteilig geteilt durch 2= 255,00 EUR Unterstützung/Unterhalt/Miete an Lebensgefährten D1 I1= 660,00 EUR Gesundheitskosten/Apotheke-Medikamente+Praxisgebühr a 10,00 EUR = 120,16 EUR Lebensmittel - Verpflegung inklusive Mehraufwendungen (ohne Beleg) für Ernährung bei Laktoseintoleranz 499,00 EUR die Gesamtsumme beträgt 2100,35 EUR
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2008 wies der Beklagte den Widerspruch unter Berücksichtigung eines Änderungsbescheides vom 14.03.2008 zurück. In diesem Änderungsbescheid hat der Beklagte dem Kläger zu 1) für die Zeit vom 01.10. bis zum 31.12.2007 und vom 01.02. bis zum 01.03.2008 einen monatlichen Zuschuss zu seinen Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt. Diese Bewilligung wurde mit Bescheid vom 16.04.2008 aufgehoben, weil der Kläger zu 1) ab dem 01.10.2007 über die Klägerin zu 2) familienversichert werden konnte. Die entsprechende Rückforderung wurde von dem Kläger zu 1) inzwischen beglichen und die Beteiligten haben diesbezüglich das Verfahren für erledigt erklärt.
Der Beklagte begründete die Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen wie folgt: Auch unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II in Höhe von monatlich 25,56 EUR überschreite das zu berücksichtigende Einkommen den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft. An Kosten der Unterkunft seien bis zum 31.12.2007 monatlich 305,71 EUR (Nettokaltmiete 239,90 EUR plus Nebenkosten 65,81 EUR) und ab dem 01.01.2008 303,12 EUR (Nettokaltmiete 234,77 EUR plus Nebenkosten 68,35 EUR) angemessen. Dabei sei von einer angemessenen Mindestgröße von 60 qm auszugehen. Die vom Kreis Q bestimmten Angemessenheitsgrenzen stellten auf die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten auf dem hiesigen Wohnungsmarkt ab. Maßgeblich sei hier die Einstufung eines 2-Personen-Haushaltes in der Kategorie III (B2, C, M1, Bad X). Die monatlichen Mietaufwendungen überstiegen die Angemessenheitsgrenzen deutlich. Seit der Kostensenkungsaufforderung seien keine entsprechenden Maßnahmen eingeleitet worden. Dass eine angemessene Wohnung auf dem hiesigen Wohnungsmarkt nicht zu finden sei, sei weder vorgetragen noch belegt worden. Den Klägern sei auch zuzumuten, ihre Suche auf benachbarte Orte - beispielsweise Bad und M1 auszudehnen. Die ursprünglich vereinbarte Staffelmiete bedinge keine verlängerten Kündigungsfristen für den Mieter. Es würden daher nur die angemessenen Kosten der Unterkunft berücksichtigt. Ausweislich der vorliegenden Abrechnung der Firma C1/N1 betrage der monatliche Abschlag an Heizkosten und Warmwasserkosten zusammen 60 EUR. Da die Kosten für die Warmwasseraufbereitung bereits über die Regelleistung abgegolten seien, sei deren Anteil am Gesamtabschlag zu ermitteln. Ausgehend von der vorliegenden Rechnung habe der Anteil der Heizkosten an den Gesamtkosten für Heizung und Warmwasser 87,66 Prozent betragen. Übertragen auf den Abschlag ergebe sich daraus ein Betrag von 52,60 EUR monatlich für Heizkosten. Der monatliche Bedarf betrage daher für die Zeit bis zum 31.12.2007 1007,87 EUR monatlich (624 EUR plus 25,56 EUR plus 305,71 EUR plus 52,60 EUR) und ab dem 01.01.2008 bis zum 31.03.2008 1055,28 EUR (624 EUR plus 25,56 EUR plus 303,12 EUR plus 52,60 EUR). Hilfebedürftigkeit liege jedoch nicht vor, weil das anzurechnende Einkommen diese Beträge übersteige.
Das anzurechnende Einkommen im Monat Oktober 2007 berechne sich wie folgt:
Bruttoeinkommen 2120,96 EUR Freibeträge gem. § 11 Abs. 2 S. 1 SGB II im Einzelnen Pauschbetrag für Versicherungen 30,00 EUR Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Beitrag Kfz-Versicherung 9,69 EUR Fahrkostenpauschale 54,87 EUR Summe der Absetzungsbeträge 109,89 EUR - Grundfreibetrag gem. § 11 Abs. 2 S. 1 SGB II 109,89 EUR Freibetrag gem. § 30 S. 2 Nr. 1 SGB II (20 % von 700,00 EUR) 140,00 EUR Freibetrag gem. § 30 S. 2 Nr. 2 SGB II (10 % von 400,00 ) 40,00 EUR
Gesamtfreibetrag 289,89 EUR
Nettoeinkommen (1352,60 EUR -2,44 EUR - 26,59 EUR) 1323,57 EUR abzüglich Gesamtfreibetrag 289,89 EUR - anzurechnendes Erwerbseinkommen Monat Oktober 2007 1033,68 EUR
Die über die Kfz-Haftpflichtversicherung hinausgehenden Kosten für den Pkw-Schutzbrief, verschiedene Versicherungen, Telefonaufwendungen, Beiträge zur Lebensversicherung könnten keine Berücksichtigung finden, da diese zum Teil über die Versicherungspauschale, im Übrigen über die Regelleistung abgegolten seien. Der vorgelegte Beleg zur privaten Rentenversicherung enthalte keinen Hinweis darauf, dass es sich hierbei um eine geförderte Altersversorge nach § 82 des Einkommenssteuergesetzes handele. Kosten für die Gesundheitspflege seien von der Regelleistung umfasst. Hierzu gehörten auch die Zuzahlungen. Im Übrigen könne bei Übersteigen der Überlastungsgrenze eine Befreiung bei der Krankenkasse geltend gemacht werden. Die Übernahme krankheitsbedingter Mehrkosten sei im Rahmen des SGB II mit Ausnahme des für die Klägerin zu 2) bereits berücksichtigten Mehrbedarfs aufgrund kostenaufwändiger Ernährung nicht vorgesehen. Auf die gleiche Weise berechne sich das Einkommen für die Monate November 2007 (ohne Weihnachtsgeld) 941,77 EUR, Dezember 2007 997.01 EUR, im Januar 2008 mit 1132,01 EUR, im Februar 2008 mit 1011,97 EUR und im März 2008 mit vorläufig 1011,97 EUR. Im Monat November 2007 habe die Klägerin zu 2) allerdings Weihnachtsgeld in Höhe von 433,92 EUR erhalten. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 der Alg-II-Verordnung sei eine solche einmalige Einnahme nach pflichtgemäßem Ermessen auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen. Es erscheine sachgerecht und angemessen, die Sonderzahlung in drei Teilbeträgen zu je 87,33 EUR auf Weihnachtsgeld unter Abzug der gesetzlichen Abgaben (261,99 EUR geteilt durch 3) ab dem 01.11.2007 bei der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen. Gemäß der nachfolgenden Tabelle ergebe sich, dass der monatliche Bedarf aus dem anzurechnenden Einkommen gedeckt gewesen sei:
Monat Bedarf in EUR Anzurechnendes Einkommen Übersteigendes Einkommen Oktober 2007 1007,87 EUR 1033,68 25,81 November 2007 1007,87 EUR 941,77+87,33 21,23 Dezember 2007 1007,87 EUR 997,01+87,33 76,47 Januar 2008 1005,28 EUR 1132,01+87,33 214,06 Februar 2008 1005,28 EUR 1011,97 6,69 März 2008 1005,28 EUR 1011,97 6,69
Mangels Hilfebedürftigkeit seien also Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nicht zu bewilligen gewesen, so dass auch kein Zuschlag nach § 24 SBG II zu gewähren sei. Mit Bescheid vom 01.04.2008 lehnte der Beklagte die Leistungen für den Folgezeitraum ab. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht Detmold mit dem Aktenzeichen S 13 AS 346/10.
Hiergegen richtet sich die von dem Kläger zu 1) erhobene Klage vom 20.03.2008, mit der ergänzend vorgetragen wird, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.09.2008 zum Problem der nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung abgedeckten gesundheitsbedingten Mehrkosten treffe auf dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Im Übrigen werde Bezug genommen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010. Es liege ersichtlich ein dauernder Sonderbedarf vor, bei dessen Nichtberücksichtigung das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum unterschritten werde. Die bei der Klägerin zu 2) vorliegende Laktoseintoleranz führe dazu, dass für die speziellen Nahrungsmittel mehr Geld ausgegeben werden müsse. Laktosefreie Kost sei ca. 1/3 teurer. Das Weglassen der auslösenden Lebensmittel reiche bei der Klägerin zu 2) nicht aus. Sie müsse vielmehr Ersatzstoffe zu sich nehmen. Durch das komplette Weglassen der Lebensmittel sei bei ihr schon ein Eisenmangel und ein Eiweißmangel aufgetreten. Der Beklagte berücksichtige nicht, dass von den gesetzlichen Krankenkassen nicht alle gesundheitlich notwendigen Leistungen erbracht würden. Es handele sich bei den aufgelisteten Kosten um einen gesundheitlich existenziell notwendigen Bedarf, den das nicht bezugsberechtigte Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das über eigenes Einkommen verfügt, zunächst aus seinem eigenen Einkommen decken müsse, bevor es Mittel in die Bedarfsgemeinschaft einbringen könne. Ferner müssten die Kläger zum Aufsuchen der Ärzte immer wieder weite Fahrtstrecken zurücklegen. Diese Fahrtkosten seien notwendig und müssten im Rahmen ihrer eigenen Existenzsicherung aufgebracht werden. Auch dieses Geld stände für die Bedarfsgemeinschaft nicht zur Verfügung. Die geltend gemachten Versicherungen wie z.B. die Unfallversicherung, seien vor Beantragung der Leistungen abgeschlossen worden und man komme aus diesen Verträgen nicht ohne Weiteres heraus. Die Beiträge müssten deshalb angerechnet werden.
Im Termin vom 05.08.2010 hat die Klägerin zu 2) die Einbeziehung in den Rechtsstreit beantragt.
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 30.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern entsprechend ihrem Antrag die gesetzlichen Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und sieht sich durch die Rechtsprechung des BSG bestätigt. Leistungen aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 könnten für den umstrittenen Zeitraum nicht begehrt werden, da nach diesem Urteil erst ab dessen Verkündung unabdingbare, laufende, nicht nur einmalige Bedarfe im Einzelfall schon vor Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage zu decken seien. Für rückwirkende Zeiträume könnten diese Ansprüche nicht geltend gemacht werden. Ein Mehrbedarf für eine Krankenkost bei Laktoseintoleranz sei bei der Berechnung berücksichtigt worden und werde in Höhe von 25,56 Euro monatlich unstreitig gestellt.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 12.03.2013 drei Probeberechnungen vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte sowie auf den Inhalt des parallelen Streitverfahrens S 13 AS 346/10 und denjenigen der Verwaltungsakten des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die auf die Klägerin zu 2) erweiterte Klage ist unzulässig. Zum Zeitpunkt der Klageerweiterung am 05.08.2010 war der Bescheid vom 30.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 bezüglich der die Klägerin zu 2) betreffenden Regelungen bereits bestandskräftig, da die einmonatige Klagefrist nach § 87 SGG verstrichen war. Die von einem Rechtsanwalt erhobene Klage vom 19.03.2008 wurde eindeutig nur für den Kläger zu 1) erhoben. Eine andere Auslegung entgegen dem eindeutigen Wortlaut ist nicht möglich. Auch unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips kommt eine Klageerweiterung nicht in Betracht. Das Bundessozialgericht (BSG) hat zwar in seinem Urteil vom 07.11.2006 (B 7 b AS 8/08 R) festgestellt, dass die Grundsätze des Meistbegünstigungsprinzips im Hinblick auf die vorliegenden rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II und die daraus resultierenden tatsächlichen Ungereimtheiten des Verwaltungs- und prozessualen Verfahrens auch für die Auslegung herangezogen werden können, welche Personen überhaupt Klage erhoben haben. Diese Erweiterung des Meistbegünstigungsprinzips auch auf die Bestimmung der Kläger hat das BSG aber nur für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2007 zugelassen. Eine eventuell fehlerhafte rechtliche Beurteilung hinsichtlich der Aktivlegitimation führt im Übrigen nicht dazu, dass eine rechtzeitige Klageerhebung zu fingieren wäre (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 18.07.2012 - L 4 AS 1619/10, zitiert nach Juris). Zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage am 20.03.2008 war der oben genannte Übergangszeitraum bereits abgelaufen.
Die Klage des Klägers zu 1) ist zulässig und teilweise begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 30.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 und in der Form des Änderungsbescheides vom 14.03.2008 beschwert den Kläger zu 1) im Sinne des § 54 Abs. 2, soweit Leistungen in tenorierter Höhe abgelehnt wurden. Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.
Der Kläger zu 1) hat in der Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), denn er war hilfebedürftig des § 9 SGB II, da er seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägerin zu 2) auch unter Berücksichtigung deren Erwerbseinkommen nicht ausreichend sichern konnte. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft betrug pro Monat 1081,66 Euro. Dabei betrug die Regelleistung für die Kläger jeweils 312 Euro. Auch die Partnerin des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die ihren individuellen Bedarf durch eigenes Einkommen decken kann, gehört zur Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II. Ihr Bedarf richtet sich nach dem SGB II und beide Partner haben einen individuell zu ermittelnden anteiligen Anspruch auf Leistungen. Nicht maßgeblich für die Bestimmung des Bedarfs der Klägerin zu 2) ist ihr unterhaltsrechtlicher Selbstbehalt. Der Gesetzgeber darf typisierend davon ausgehen, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft die Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Leistungen entsprechend den individuellen Bedarfen erfolgt. Aus dem das SGB II bestimmenden Grundsatz der Subsidiarität (§ 3 Abs. 3 SGB II) folgt der Grundsatz, dass zur Überwindung einer Notlage zunächst der Partner einer Lebensgemeinschaft in Anspruch genommen wird, bevor staatliche Hilfe gewährt wird. Daraus rechtfertigt sich auch, dass für den Partner nur das in seinem Fall existenziell Notwendige als sein Bedarf anzusetzen ist (BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 / 7 b AS 10/07 R, zitiert nach Juris, Rnrn. 18 ff). Für die Klägerin zu 2) ist der Bedarf daher ebenso wie für den Kläger zu 1) in der nach dem SGB II vorgesehenen Höhe anzurechnen. Für die Klägerin zu 2) war neben dem Regelsatz ein Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56 Euro für eine kostenaufwändige Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II zu berücksichtigen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Der Beklagte hat nach ärztlicher Beratung angenommen, die Klägerin zu 2) bedürfe wegen einer Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) eine spezielle Diät. In Anlehnung an den Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, Stand 2002, wurde für eine individuell angepasste Vollkost ein Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56 Euro angenommen. Ein über diese Pauschale hinausgehender Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung wurde weder substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen.
Ein Mehrbedarf für Medikamente, Zuzahlungen und Praxisgebühren ist im SGB II nicht vorgesehen. Die Kosten einer Krankenbehandlung sind entweder durch das System des Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) oder ergänzend durch die Regelleistung abgedeckt. § 21 Abs. 5 SGB II kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil es nicht um die kostenaufwändige Ernährungsweise geht. § 23 Abs. 1 SGB II scheidet als Rechtsgrundlage ebenfalls aus, da es sich bei den geltend gemachten zusätzlichen Bedarfen um wiederkehrende Bedarfe handelt, die einer darlehensweisen Gewährung nicht zugänglich sind. Im Übrigen wird von den Klägern eine darlehensweise Gewährung nicht begehrt. Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II wegen eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfes scheidet aus, da diese Vorschrift erst mit Wirkung vom 03.06.2010 in das Gesetz eingefügt worden ist. Ein Anspruch aufgrund der Härtefallregelung in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09) kann nicht zugesprochen werden, denn diese Regelung gilt nicht rückwirkend für Zeiträume, die vor der Verkündung des Urteils liegen (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2010 - 1 BvR 395/09, zitiert nach Juris). Der Klägerin zu 2) steht ferner ein Anspruch nach § 73 Sozialgesetzbuch, 12. Buch (SGB XII) als Leistung in sonstigen Lebenslagen nicht zu. Im Hinblick auf Kosten der Krankenbehandlung sind unabweisbare Bedarfe, die nicht entweder durch das System des SGB V oder ergänzend durch die Regelleistung abgedeckt werden, nicht ersichtlich. Die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung gehört zum sozialrechtlich zu gewährenden Existenzminimum. Der Anspruch auf Existenzsicherung wird allerdings in erster Linie durch die Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung abgedeckt. Die Klägerin zu 2) hatte insoweit als Angestellte Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V. Dieser Anspruch umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind zwar von der Versorgung nach dem SGB V ausgeschlossen. Nach der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ist die Verordnung dieser Arzneimittel zu Lasten der Krankenkassen aber ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Dabei gilt eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Aufgrund der durch das SGB V sichergestellten medizinischen Versorgung können die Träger der Grundsicherung ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass grundrechtsrelevante Beeinträchtigungen durch eine nicht ausreichende Krankenbehandlung ausscheiden. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen nach dem SGB V können nur innerhalb dieses Leistungssystems daraufhin überprüft werden, ob sie im Rahmen des Artikels 2 Abs. 1 Grundgesetz gerechtfertigt sind. Die Frage, ob die Kosten für Arzneimittel als Teil der Krankenbehandlung übernommen werden, muss ein Hilfebedürftiger gegenüber seiner Krankenkasse klären. Hinsichtlich der therapeutischen Notwendigkeit einer bestimmten Krankenbehandlung und der Anforderungen an ihren Nachweis gelten für Leistungsempfänger nach dem SGB II keine anderen Voraussetzungen als für die übrigen Versicherten nach dem SGB V (BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R, zitiert nach Juris, Rdnrn. 20 ff.). Gleiches gilt für die Zuzahlungen nach dem SGB V. Hier haben die Kläger die Möglichkeit, bei Überschreitung der Belastungsgrenze eine Bescheinigung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V über die Befreiung von der Zuzahlung zu beantragen. Durch diese Zuzahlungen und die alle Krankenversicherten betreffenden Leistungskürzungen wird auch bei den versicherten Beziehern von Arbeitslosengeld II das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum nicht unterschritten (BSG, Urteil vom 22.04.2008 - B 1 KR 10/07 R, zitiert nach Juris). Ein Anspruch auf höhere Leistungen können die Kläger auch nicht wegen der von ihnen zu zahlenden Praxisgebühr erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 25.06.2008 - B 11 b AS 45/06 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 51; LSG Hamburg, Urteil vom 21.05.2010 - L 5 AS 46/09, zitiert nach Juris).
Ferner kann ein erhöhter Bedarf wegen der von der Klägerin zu 2) geltend gemachten Fahrtkosten zu Ärzten bzw. zu sonstigen medizinischen Behandlungen nicht angerechnet werden. Für die Gewährung solcher Fahrtkosten besteht keine Rechtsgrundlage im SGB II. Ein entsprechender Mehrbedarf ist in § 21 SGB II in der maßgebenden Fassung nicht aufgeführt gewesen und diese Regelung ist abschließend (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.11.2011 - L 7 AS 1442/10, zitiert nach Juris). Eine Gewährung eines Bedarfs in Härtefällen kommt auch insoweit -wie oben dargelegt- nicht in Betracht. Die Klägerin zu 2) ist bezüglich dieser Fahrtkosten auf die gesetzlichen Regelungen im SGB V zu verweisen. Nach § 60 SGB V in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung übernimmt die Krankenkasse Fahrtkosten bei Leistungen, die stationär erbracht werden, bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus, bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung bedürfen, und bei Fahrten von Versicherten zur ambulanten Krankenbehandlung, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird. Die gesetzlichen Voraussetzungen hat der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Krankentransport-Richtlinie vom 22.01.2004 konkretisiert. Die Klägerin zu 2) hätte also gegenüber ihrer Krankenkasse klären müssen, ob sie einen Anspruch auf die geltend gemachten Fahrtkosten hatte. Die nicht von der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkasse abgedeckten Fahrtkosten sind unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auch von Hilfebedürftigen nach dem SGB II selbst zu zahlen. Die Regelleistung enthält sowohl Bedarfe für Gesundheitspflege als auch für Verkehr. Wenn geltend gemacht werden soll, dieser Betrag reiche nicht aus, wird damit die Höhe der Regelleistung angegriffen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 kommt jedoch eine Erhöhung der Regelleistung für Zeiträume vor dieser Entscheidung nicht in Betracht (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, aaO, zitiert nach Juris, Rdnr. 35).
Für die Bedarfsgemeinschaft ist weiterhin ein Bedarf für Kosten der Unterkunft inklusive kalter Nebenkosten in Höhe von 379,50 Euro monatlich zu berücksichtigen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Die von den Klägerin geltend gemachten Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe sind nicht angemessen. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten ohne Heizkosten errechnet sich aus dem Produkt der für die Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter (Produkttheorie, vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 18/06 R, zitiert nach Juris). Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist in Nordrhein-Westfalen für die Zeit bis zum 31.12.2009 auf die Werte abzustellen, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 festgelegt hatten. Nach Ziffer 5.7.1 b der VV-WoBindG (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 08.03.2002, 396, 400) ist für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen in der Regel von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 16). Die Wohnung der Kläger ist mit 85 Quadratmetern deutlich zu groß. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, dass sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 14). Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und führt zu einer Mietobergrenze. Sie soll dabei die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichszeitraums abbilden. Der Hilfebedürftige soll durch die Leistungen nach § 22 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder Mietobergrenze muss es in der Regel ermöglichen, eine angemessene Wohnung auch anzumieten. Die angemessene Miete ist auf der Grundlage eines zu beachtenden schlüssigen Konzepts von dem Grundsicherungsträger zu ermitteln. Ein solches Konzept liegt nur dann vor, wenn der Träger planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall. Die Schlüssigkeitsanforderungen sind vom BSG wie folgt zusammengefasst worden:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten Vergleichsgebiet und muss über den gesamten Verlgeichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen - differenziert nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße), - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs des einbezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angabe über die gezogenen Schlüsse (BSG, Urteil vom 14.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 25 ff.).
Der repräsentative Umfang der einbezogenen Daten kann dann ausreichend sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 17 / 7 b AS 47/06 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 16).
Die von dem Beklagten zugrunde gelegte Nettokaltmiete von 239,90 bzw. 234,77 Euro beruht zur Überzeugung der Kammer nicht auf einem schlüssigen Konzept in dem oben beschriebenen Sinne. Die von dem Beklagten dargelegten Kaltmieten beruhen nach dortigen Angaben auf der Auswertung aller Angebote in der örtlichen Tagespresse, die mindestens Angaben zur Größe, Nettokaltmiete und Lage enthalten. Aus den ermittelten Werten hat der Beklagte sodann für die Wohnungen unterschiedlicher Größe einen durchschnittlichen Wert ermittelt. Es ist nicht ersichtlich, dass ein ausreichender Teil des regionalen Mietwohnungsbestandes erfasst wurde. Ferner lässt sich nicht nachvollziehen, inwiefern Standard und Ausstattung der Wohnungen in die Auswertung eingeflossen sind. Aufgrund der Erhebungen des Beklagten konnte daher für den Wohnort der Kläger der angemessene Mietzins nicht ermittelt werden. Dem Gericht waren wegen der inzwischen vergangenen Zeit auch keine Daten zugänglich, um das System des Beklagten nachzubessern. Für den Wohnort der Kläger existieren kein Mietspiegel oder anderweitig aussagekräftige Mietdatenbanken. Insbesondere scheidet für die inzwischen mehrere Jahre zurückliegenden Zeiträume die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den Beklagten oder durch das Gericht aus.
Da ein schlüssiges Konzept für den Bereich Büren nicht erarbeitet werden kann, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden dann allerdings wiederum durch die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt. Dabei ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten gemäß § 5 Abs. 1 Wohngeldgesetz a. F. nach der Rechtsprechung des BSG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also der rechten Spalte, zurückzugreifen und einen Sicherheitszuschlag einzubeziehen. Der Sicherheitszuschlag beruht darauf, dass es beim Fehlen eines schlüssigen Konzeptes nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, wie hoch die angemessene Referenzmiete tatsächlich ist. Bei der Bestimmung des Zuschlages muss beachtet werden, dass es sich nicht um eine einzelfallbezogene Anwendung auf einen konkreten, tatsächlichen Sachverhalt handelt. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse kommt gerade wegen des Ausfalls der Erkenntnismöglichkeiten im räumlichen Vergleichsgebiet nicht in Betracht. Unabhängig von der regionalen Gegebenheiten ist daher ein Zuschlag in Höhe von 10% auch für ländlich geprägte Vergleichsräume angemessen und ausreichend (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R, zitiert nach Juris, Rdnrn. 4, 20 ff.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Kaltmiete inklusive kalter Nebenkosten in Höhe von 379,50 Euro angemessen. Nach der Anlage 1 zur Wohngeldverordnung gehört die Gemeinde C in die Mietstufe 2. Nach § 8 WoGG ergibt sich für zwei zum Haushalt gehörende Familienmitglieder in der Stufe 2 aus der rechten Spalte ein Wert von 345 Euro. Plus 10% ergibt einen Wert 379,50 Euro.
Die Kläger können nicht die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Kosten der Unterkunft verlangen, denn es war ihnen nicht unmöglich oder unzumutbar, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Auch hat der Beklagte trotz Unangemessenheit für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2007 mit Bescheid vom 04.04.2007 und damit für sechs Monate die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen. Mit diesem Bescheid wurden die Kläger auch darauf hingewiesen, welche Kosten als angemessen werden und sie wurden aufgefordert, bis spätestens zum 30.09.2007 diese Kosten zu senken. Trotz der vorliegenden vertraglichen Vereinbarungen mit dem Vermieter war den Klägern ein Umzug zuzumuten. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich, dass die Kündigung durch die Mieter nicht ausgeschlossen ist und auch die Kündigungsfrist für die Mieter nicht verlängert wurde. Dass die Kläger Renovierungsarbeiten in einem Wert von 5.000 Euro durchgeführt haben, führt ebenfalls nicht zur Unzumutbarkeit eines Umzuges. Nach der Mietbescheinigung vom 15.03.2007 erfolgte die Renovierung 1996. In dem bis zur Antragstellung im Jahre 2007 verstrichenen Zeitraum sind diese Investitionen nach Auffassung der Kammer bereits abgewohnt worden. Im Übrigen beruhen die getätigten Investitionen auf einer individuellen Entscheidung der Kläger, die letztlich nicht durch den Steuerzahler gegenfinanziert werden kann. Es wäre Sache der Kläger gewesen, bei Abschluss des Mietvertrages mit dem Vermieter finanzielle Ausgleichsmechanismen für den Fall des Umzuges zu vereinbaren. Weiterhin führt es nicht zur Unzumutbarkeit, dass die Kläger die Wohnung bereits seit 1993 bewohnen. Es ist zu bedenken, dass jeder Umzug im gewissen Maße mit einer Veränderung des sozialen Umfelds einhergeht und dies eine normale Folge ist, die sich aus der gesetzlichen Regelung ergibt. Das Aufrechterhalten des sozialen Umfeldes sowie eine affektive Bindung an eine bestimmte Wohnung oder an einen bestimmten Stadtteil steht einem Umzug nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R, zitiert nach Juris, Rdnrn. 36 ff.). Die Kläger können sich ferner nicht darauf berufen, dass geeignete Mietwohnungen zu dem als angemessen befundenen Mietzins in C für sie nicht anzumieten waren. Die Kläger sind ihrer Obliegenheit aus § 22 SGB II, sich ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung zu bemühen, nicht nachgekommen. Sie haben lediglich behauptet, auf dem Wohnungsmarkt seien entsprechende Wohnungen nicht anzumieten. Konkrete Kostensenkungsbemühungen sind weder vorgetragenen noch ersichtlich. Die Kläger waren offensichtlich der -wie oben dargelegt- unzutreffenden Auffassung, sie seien wegen der getätigten Investitionen nicht verpflichtet, eine Unterkunftsalternative zu suchen. Der Leistungsberechtigte trägt jedoch die Darlegungs- und objektive Beweislast dafür, dass konkrete Gründe vorliegen, die ihn über einen längeren Zeitraum hindern, die Kosten zu senken (Krauß in Hauck / Noftz, SGB II, § 22, Rdnr. 129 m. w. N.). Wenn der Hilfebedürftige ersichtlich nichts unternimmt, um eine kostengünstigere Wohnung zu finden, ist der Leistungsträger auch nicht verpflichtet, konkrete Unterkunftsalternativen aufzuzeigen (Piepenstock, in JurisPK - SGB II, Stand 08.01.2013, Rdnr. 86 m. w. N.). Hilfebedürftige, die ihre Eigenbemühungen nicht substantiiert darlegen und glaubhaft machen, sind ihrer Obliegenheit zur Kostensenkung schon aus diesem Grund nicht ausreichend nachgekommen (Hessisches LSG, Beschluss vom 05.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER). Die geltend gemachten 20 Euro monatlich für eine Garage oder einen Stellplatz können ferner von dem Beklagten ohnehin nicht übernommen werden. Die Kosten für eine Garage sind regelmäßig nicht zu übernehmen, es sei denn, die Wohnung ist ohne Garage nicht anmietbar und der Mietpreis hält sich bei fehlender Abtrennbarkeit der Garage noch innerhalb des Rahmen der Angemessenheit (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 10/06 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 28). Diese Voraussetzungen liegen hier offensichtlich nicht vor, denn nach dem vorgelegten Mietvertrag wurde ursprünglich eine Garage oder ein Stellplatz nicht mitvermietet. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Abschluss des Mietvertrages von der gleichzeitigen Anmietung einer Garage oder eines Einstellplatzes abhängig war.
Heizkosten sind in Höhe von monatlich 52,60 Euro zu übernehmen. Dabei handelt es sich um die tatsächlich angefallenen Heizkosten abzüglich der Warmwasserkosten. Wegen der Berechnung wird verwiesen auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 14.03.2008 (auf Seite 6). Aus dem Regelsatz in Höhe von 624 Euro (2 x 312 Euro), dem Mehrbedarf für Ernährung in Höhe von 25,56 Euro, der kalten Grundmiete nebst den kalten Nebenkosten in Höhe von 379,50 Euro, den Heizkosten in Höhe von 52,50 Euro ergibt sich der Gesamtbedarf von 1.081,66 Euro. Hiervon sind 528,05 Euro dem Kläger zu 1) und 553,61 Euro der Klägerin zu 2) zuzuordnen.
Auf diesen Bedarf ist im Oktober 2007 ein Erwerbseinkommen der Klägerin zu 2) in Höhe von 1.033,68 Euro anzurechnen. Wegen der Berechnung wird verwiesen auf den zutreffenden Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 (Blatt 8 ff.). Über die dort aufgeführten Beträge hinaus kommen Absetzungen vom Bruttoeinkommen der Klägerin zu 2) nicht in Betracht.
Die Fahrtkosten zur Arbeitsstätte in Bad X-I hat der Beklagte zutreffend mit einer Fahrtkostenpauschale von 54,87 Euro abgegolten. Nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II in der maßgebenden Fassung waren vom Einkommen abzusetzen die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 b der Alg II-Verordnung (Alg II-V) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung bzw. in § 6 Abs. 1 Nr. 2 b Alg II-V in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung ist neben der Werbungskostenpauschale zusätzlich bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung 0,20 Euro vom Einkommen abzusetzen, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist. Nach Routenplaner beträgt die kürzeste Verbindung zwischen dem Wohnort der Kläger und dem Arbeitsort in Bad X, S-A-Straße 00, 14,44 Kilometer. Bei durchschnittlichen 19 Arbeitstagen pro Monat ergibt dies 54,87 Euro (14,44 x 19 x 0,20). Höhere notwendige Kosten sind hier zur Überzeugung der Kammer nicht nachgewiesen. Nachzuweisen ist nämlich insbesondere auch die berufliche Veranlassung dieser Kosten. An diese Nachweise sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine überschlägige Berechnung aller in Betracht kommenden Fahrzeugkosten reichen nicht aus. Vielmehr ist der Einzelnachweis der konkret angefallenen Ausgaben erforderlich. Für den Bereich der Fahrtkosten ist mithin erforderlich, dass der Hilfebedürftige ein den steuerlichen Grundsätzen entsprechendes Fahrtenbuch führt sowie sämtliche Belege über durchgeführte Reparaturen, Inspektionen, Betankungen u.s.w. einreicht. Nur dann ist gewährleistet, dass der Träger der Grundsicherung eine verlässliche Entscheidung über die Höhe der beruflich veranlassten Kosten treffen und diese insbesondere von den privat veranlassten Kosten unterscheiden kann (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09.02.2011 - L 6 AS 338/09, zitiert nach Juris, Rdnrn. 11 und 30). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Kläger haben nicht nachgewiesen, wie viele Kilometer mit dem Kraftfahrzeug in der umstrittenen Zeit beruflich veranlasst und privat zurückgelegt wurden. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Damit kann nicht zugeordnet werden, welcher Anteil der Kosten beruflich veranlasst entstanden ist. Soweit Reparaturkosten geltend gemacht werden sollen, gilt dies auch für diese Kosten. Im Hinblick auf eine private Nutzung des Fahrzeugs handelt es sich bei der Kfz-Steuer im Übrigen nicht um eine mit der Einkommenserzielung verbundene notwendige Ausgabe. Die Steuererhebung knüpft allein an die Haltung des Fahrzeugs an (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 05.07.2012 - L 9 AS 224/09 NZB, zitiert nach Juris).
Der Beitrag zur Kfz-Versicherung ist zusätzlich neben dem Pauschbetrag für Versicherungen abzusetzen. Nicht von der Pauschale abgedeckt sind gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 18/06 R, zitiert nach Juris). Gesetzlich vorgeschrieben ist nur die Haftpflichtversicherung. Nach der Bescheinigung der LVM-Versicherung vom 16.06.2007 betrug der Beitrag für die Haftpflichtversicherung halbjährlich 58,11 Euro und damit -wie von dem Beklagten angerechnet 9,69 Euro monatlich. Die Beiträge für den Verkehrsrechtsschutz sowie die Hausratsversicherung sind über die Versicherungspauschale von 30 Euro abgedeckt.
Beiträge für eine Unfallversicherung in Höhe von geltend gemachten 15,33 Euro monatlich sind nicht zusätzlich absetzbar. Nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sind nur Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen absetzbar, soweit diese Beiträge entweder gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Nach § 3 Abs. 1 bzw. ab 01.01.2008 nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V sind 30 Euro als Pauschbetrag von dem Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger abzusetzen für Beiträge zu privaten Versicherungen in diesem Sinne. Mit diesem Betrag sind die im Regelfall üblichen und wirtschaftlich sinnvollen Versicherungskosten auch abgedeckt. Erfasst werden sollen nur Beiträge zu privaten Versicherungen, die bei in einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Bürgern in Deutschland allgemein üblich sind. Dies trifft auf die private Unfallversicherung nicht zu, da eine solche Versicherung nicht in mehr als 50% aller Haushalte vorhanden ist (LSG NRW, Beschluss vom 24.07.2006 - L 20 B 164/06 AS ER, zitiert nach Juris; LSG Hamburg, Urteil vom 11.11.2010 - L 5 AS 58/07, zitiert nach Juris, Rdnrn. 28 ff.).
Die Beiträge zur privaten Rentenversicherung in Höhe von geltend gemachten 52 Euro monatlich und zur privaten Absicherung / Kombi-Spar in Höhe von monatlich 51,13 Euro sind nicht absetzbar. Die Beiträge sind ebenfalls gesetzlich nicht vorgeschrieben. Eine Berücksichtigung kommt ebenfalls nicht nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 a oder b SGB II in Betracht. Denn die Klägerin zu 2) war in der umstrittenen Zeit gesetzlich krankenversichert und auch nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Die Beträge dienten ferner nicht zur Altersvorsorge im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II. Eine Berücksichtigung als Altersvorsorge setzt voraus, dass die Bestimmung von Vermögenswerten zur Alterssicherung vom Inhaber nicht ohne Weiteres geändert werden kann (LSG NRW, Urteil vom 16.06.2011 - L 7 AS 4/08, zitiert nach Juris, Rdnr. 118 m. w. N.). Die private Rentenversicherung der Klägerin ist nach der Information der LVM vom 01.07.2006 jedoch frei wählbar entweder als monatliche Rente oder als Kapitalabfindung zu gewähren. Es handelt sich damit nicht um eine gemäß § 82 Einkommenssteuergesetz zertifizierte Altersvorsorge. Eine entsprechende Bescheinigung wurde von der Klägerin zu 2) für beide Sparverträge auch nicht vorgelegt.
Die Fernsehgebühren, die Kosten für Haushaltsstrom sowie die Telefonkosten können nicht vom Einkommen abgesetzt werden, da sie durch die Regelleistung abgedeckt sind. Eine Absetzung eines Unterhalts für den Kläger zu 1) kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft -wie bereits oben ausgeführt- nach dem SGB II zu berechnen ist und nicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften über den Unterhalt.
Für die Monate November 2007 bis März 2008 gilt Entsprechendes. Abweichend von den Berechnungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid ist nach Auffassung der Kammer das gezahlte Weihnachtsgeld entgegen der Handhabung des Beklagten nicht nur auf drei Monate, sondern auf den restlichen Bezugszeitraum und damit auf fünf Monate zu verteilen. Nach § 2 Abs. 4 der Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Sie sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Die Möglichkeit der Verteilung der einmaligen Einnahmen auf mehrere Monate wurde deshalb eingeführt, um nach Möglichkeit das Entfallen der Hilfebedürftigkeit und damit der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung zu vermeiden. In Fällen, in denen durch die Anrechnung die Hilfebedürftigkeit entfällt, sollte daher auch zuvor die einmalige Einnahme auf eine ausreichende Anzahl von Monaten verteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R). Bei Weihnachtsgeld als auf das Jahr bezogenen Sonderzahlung kommt sogar eine Verteilung auf bis zu 12 Monate in Betracht (BSG, Urteil vom 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R, zitiert nach Juris). Durch die vom Beklagten ursprünglich vorgenommene Verteilung auf lediglich drei Monate ist jedoch teilweise die Hilfebedürftigkeit entfallen. Der Beklagte hätte daher bei pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens das Weihnachtsgeld auf die noch verbleibenden Monate des Bezugszeitraums verteilen müssen.
Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ergeben sich die aus der Probeberechnung des Beklagten (Variante "B") ergebenden Ansprüche des Klägers zu 1) inklusive des befristeten Zuschlages nach § 24 SGB II in Höhe von 320 Euro.
Dem Kläger zu 1) stehen daher für den umstrittenen Zeitraum die folgenden Ansprüche zu:
Oktober 2007 343,42 Euro November 2007 362,71 Euro Dezember 2007 335,74 Euro Januar 2008 0,00 Euro Februar 2008 328,45 Euro März 2008 328,45 Euro Summe 1.698,77 Euro
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Dabei ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Kläger zu 1) monatlich seinen Regelsatz, die Hälfte der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie eine Zuzahlung begehrt (312 Euro + 255 Euro + 26,30 Euro + 320 Euro = 913,30 Euro. 913,30 Euro x 6 = 5.479,80 Euro). Der Kläger zu 1) hat sich daher zu ca. 1/3 durchgesetzt. Der Klägerin zu 2) steht ein Kostenerstattungsanspruch nicht zu.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.10. bis zum 31.03.2008.
Der im Jahre 1952 geborene Kläger zu 1) und die im Jahre 1956 geborene Klägerin zu 2) bewohnen eine 85 qm große Wohnung mit vier Zimmern, Küche und Bad in C. Nach der Mietbescheinigung vom 15.03.2007 beträgt die monatliche Miete 530 EUR bei einer Grundmiete von 400 EUR, 110 Nebenkosten inklusive Heizung und Kosten für die Warmwasseraufbereitung sowie 20 EUR Miete für die Garage oder Einstellplatz. In dem aus dem Jahre 1993 stammenden Mietvertrag verzichtete der Vermieter auf das Kündigungsrecht nach § 564b Abs. 2 Ziffer 2 und 3 BGB und nach § 564b Abs. 4 BGB. Bei der Klägerin zu 2) ist von dem Kreis Q ein GdB von 40 und ab dem 20.02.2008 ein GdB von 50 wegen Hautveränderungen, Funktionsstörung der Handgelenke und Daumengrundgelenke, Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, psychosomatischer Störungen, Milchzuckerunverträglichkeit, Herzmuskelfunktionsstörung bei Bluthochdruck, Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes, venöser Durchblutungsstörungen der Beine, Funktionsstörung der Hüftgelenke anerkannt. Der Kläger zu 1) bezog bis zum 30.03.2007 Arbeitslosengeld in Höhe von 1066,80 EUR monatlich. Auf den Antrag vom 09.03.2007 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 04.04.2007 für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2007 für die Bedarfsgemeinschaft Leistungen in Höhe von 434,08 EUR monatlich. Dabei ging der Beklagte von einer Kaltmiete zuzüglich kalten Nebenkosten in Höhe von 453 EUR aus. Der Beklagte wies darauf hin, dass in C derzeit für eine Bedarfsgemeinschaft mit zwei Personen eine Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten (ohne Heizkosten) von 365,71 EUR als angemessen anzusehen sei. Die Kläger wurden aufgefordert, die Kosten der Unterkunft bis spätestens 30.09.2007 zu senken. Gegen diese Kostensenkungsaufforderung erhoben die Kläger Widerspruch, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2007 als unzulässig abgewiesen wurde. Zur Begründung wurde vorgetragen, eine geeignete Wohnung sei zu dem angemessenen Preis auf dem Wohnungsmarkt faktisch nicht anmietbar. Auch hätten die Kläger erhebliche Umbau- und Renovierungsarbeiten mit einem Wert von ca. 5000 EUR durchgeführt und gleichzeitig eine Staffelmiete vereinbart. Im Gegenzug habe der Vermieter auf Kündigungsrechte verzichtet. Ein Wohnungswechsel aus der seit 22 Jahren genutzten Wohnung sei nicht zumutbar. Die hiergegen gerichtete Klage (S 11 (7) AS 131/07) wurde zurückgenommen.
Der Fortzahlungsantrag der Kläger wurde mit Bescheid vom 30.08.2007 abgelehnt. Dabei ging der Beklagte von angemessenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 305,71 EUR zuzüglich 48 EUR Heizkosten sowie einem Anspruch auf die Regelleistung in Höhe von jeweils 312 EUR und somit von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 977,71 EUR aus. Dem gegenüber stand ein Nettoerwerbseinkommen der Klägerin zu 2. in Höhe von 1317,32 EUR. Nach Abzug von Freibeträgen in Höhe von 249,33 EUR und einer Einkommensbereinigung in Höhe von 88,11 EUR verblieb ein zu berücksichtigendes Gesamteinkommen von 979,88 EUR, welches den Gesamtbedarf überstieg.
Mit dem Widerspruch machte der Kläger zu 1) geltend, er sei mit der Berechnung der angemessenen Kosten der Unterkunft nicht einverstanden. Ferner sei der Zuschlag zum Arbeitslosengeld II nicht gezahlt worden. Unter dem 07.09.2007 beantragten die Kläger erneut Leistungen nach dem SGB II und wiesen darauf hin, die Klägerin zu 2) habe wegen einer Laktoseintoleranz einen erheblichen Mehraufwand in der Lebenshaltung. Mit Bescheid vom 04.10.2007 lehnte der Beklagte den Antrag erneut ab. Die Klägerin zu 2) legte eine Bescheinigung des Arztes für Allgemeinmedizin T-T vor, wonach sie wegen der Laktoseintoleranz einer besonders aufwändigen Ernährung bedürfe. Ferner legte sie einen Entlassungsbericht über eine stationäre Behandlung im Juli 2007 im Universitätsklinikum N, Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten vor. Danach wurden bei der Klägerin zu 2) die folgenden Diagnosen gestellt: Prurigo nodularis, Autoimmunthyreoiditis und Benigne essentielle Hypertonie. Als mögliche Ursache des starken Juckreizes wurde eine Laktoseintoleranz vermutet. Zur weiteren Begründung des Widerspruchs trugen die Kläger vor, unter Berücksichtigung der für die Behandlung der Klägerin zu 2) und der zum Aufsuchen der Arbeitsstelle erforderlichen Fahrtkosten verbleibe ein anrechenbares Einkommen der Klägerin zu 2) nicht. Beispielsweise im Januar 2008 seien diesbezüglich die folgenden Kosten zu berücksichtigen gewesen:
Fahrkosten zur Arbeitsstätte in Bad X-I 134,40 EUR Entfernung - 32 km a 0,30 EUR-Cent an 14 Arbeitstagen UVB-Bestrahlung in Q 50km a 0,30 EUR-Cent an 10 Tagen 150,00 EUR Arztbesuche: B U Q1. 50km a 0,30 EUR-Cent 1mal und X1 Zentrum f. Psychiatrie Q1. 2mal 45,00 EUR M Facharzt f. Chirurgie/Durchgangsarzt 60km a 0,30EUR-Cent 18,00 EUR PKW-Haftpflicht halbjährlich 166,11 EUR x 2=332,22EUR jährlich/:12=monatlich 27,69 EUR " - Steuern jährlich 94,00 EUR per Einzugsermächtigung:12= monatlich 7,83 EUR " - Verkehrsrechtsschutz halbjährlich 54,78 EURx2=109,56EUR:12=monatlich 9,13 EUR Private Rentenversicherung a 52,00 EUR pro Monat x12=624,00 EUR jährlich - monatlich 52,00EUR B1-Unfallversicherung 75,76 EUR+108,21 EUR je 1x jährlich=183,97 EUR:12 15,33 EUR Hausrat Sachversicherung - je 1mal jährlich 122,26 EUR:12=monatlich 10,18 EUR Private Absicherung/"Combispar" a 51,13 EUR pro Monat x 12= 613,56 EUR - monatlich 51,13 EUR GEZ vierteljährlich - 51,09 EUR/pro Monat 17,03 EUR - Anteilig geteilt durch 2= 8,52 EUR S - Strom monatlich 55,00 EUR(ab März 59,00EUR)- Anteilig geteilt durch 2= 27,50 EUR U1-D Festnetzanschluss für Januar 2008=18,96EUR - Anteilig geteilt durch 2= 9,48 EUR Miete inklusive Nebenkosten pro Monat 510,00 EUR- Anteilig geteilt durch 2= 255,00 EUR Unterstützung/Unterhalt/Miete an Lebensgefährten D1 I1= 660,00 EUR Gesundheitskosten/Apotheke-Medikamente+Praxisgebühr a 10,00 EUR = 120,16 EUR Lebensmittel - Verpflegung inklusive Mehraufwendungen (ohne Beleg) für Ernährung bei Laktoseintoleranz 499,00 EUR die Gesamtsumme beträgt 2100,35 EUR
Mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2008 wies der Beklagte den Widerspruch unter Berücksichtigung eines Änderungsbescheides vom 14.03.2008 zurück. In diesem Änderungsbescheid hat der Beklagte dem Kläger zu 1) für die Zeit vom 01.10. bis zum 31.12.2007 und vom 01.02. bis zum 01.03.2008 einen monatlichen Zuschuss zu seinen Beiträgen für die Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt. Diese Bewilligung wurde mit Bescheid vom 16.04.2008 aufgehoben, weil der Kläger zu 1) ab dem 01.10.2007 über die Klägerin zu 2) familienversichert werden konnte. Die entsprechende Rückforderung wurde von dem Kläger zu 1) inzwischen beglichen und die Beteiligten haben diesbezüglich das Verfahren für erledigt erklärt.
Der Beklagte begründete die Zurückweisung des Widerspruchs im Übrigen wie folgt: Auch unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändigere Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II in Höhe von monatlich 25,56 EUR überschreite das zu berücksichtigende Einkommen den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft. An Kosten der Unterkunft seien bis zum 31.12.2007 monatlich 305,71 EUR (Nettokaltmiete 239,90 EUR plus Nebenkosten 65,81 EUR) und ab dem 01.01.2008 303,12 EUR (Nettokaltmiete 234,77 EUR plus Nebenkosten 68,35 EUR) angemessen. Dabei sei von einer angemessenen Mindestgröße von 60 qm auszugehen. Die vom Kreis Q bestimmten Angemessenheitsgrenzen stellten auf die tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten auf dem hiesigen Wohnungsmarkt ab. Maßgeblich sei hier die Einstufung eines 2-Personen-Haushaltes in der Kategorie III (B2, C, M1, Bad X). Die monatlichen Mietaufwendungen überstiegen die Angemessenheitsgrenzen deutlich. Seit der Kostensenkungsaufforderung seien keine entsprechenden Maßnahmen eingeleitet worden. Dass eine angemessene Wohnung auf dem hiesigen Wohnungsmarkt nicht zu finden sei, sei weder vorgetragen noch belegt worden. Den Klägern sei auch zuzumuten, ihre Suche auf benachbarte Orte - beispielsweise Bad und M1 auszudehnen. Die ursprünglich vereinbarte Staffelmiete bedinge keine verlängerten Kündigungsfristen für den Mieter. Es würden daher nur die angemessenen Kosten der Unterkunft berücksichtigt. Ausweislich der vorliegenden Abrechnung der Firma C1/N1 betrage der monatliche Abschlag an Heizkosten und Warmwasserkosten zusammen 60 EUR. Da die Kosten für die Warmwasseraufbereitung bereits über die Regelleistung abgegolten seien, sei deren Anteil am Gesamtabschlag zu ermitteln. Ausgehend von der vorliegenden Rechnung habe der Anteil der Heizkosten an den Gesamtkosten für Heizung und Warmwasser 87,66 Prozent betragen. Übertragen auf den Abschlag ergebe sich daraus ein Betrag von 52,60 EUR monatlich für Heizkosten. Der monatliche Bedarf betrage daher für die Zeit bis zum 31.12.2007 1007,87 EUR monatlich (624 EUR plus 25,56 EUR plus 305,71 EUR plus 52,60 EUR) und ab dem 01.01.2008 bis zum 31.03.2008 1055,28 EUR (624 EUR plus 25,56 EUR plus 303,12 EUR plus 52,60 EUR). Hilfebedürftigkeit liege jedoch nicht vor, weil das anzurechnende Einkommen diese Beträge übersteige.
Das anzurechnende Einkommen im Monat Oktober 2007 berechne sich wie folgt:
Bruttoeinkommen 2120,96 EUR Freibeträge gem. § 11 Abs. 2 S. 1 SGB II im Einzelnen Pauschbetrag für Versicherungen 30,00 EUR Werbungskostenpauschale 15,33 EUR Beitrag Kfz-Versicherung 9,69 EUR Fahrkostenpauschale 54,87 EUR Summe der Absetzungsbeträge 109,89 EUR - Grundfreibetrag gem. § 11 Abs. 2 S. 1 SGB II 109,89 EUR Freibetrag gem. § 30 S. 2 Nr. 1 SGB II (20 % von 700,00 EUR) 140,00 EUR Freibetrag gem. § 30 S. 2 Nr. 2 SGB II (10 % von 400,00 ) 40,00 EUR
Gesamtfreibetrag 289,89 EUR
Nettoeinkommen (1352,60 EUR -2,44 EUR - 26,59 EUR) 1323,57 EUR abzüglich Gesamtfreibetrag 289,89 EUR - anzurechnendes Erwerbseinkommen Monat Oktober 2007 1033,68 EUR
Die über die Kfz-Haftpflichtversicherung hinausgehenden Kosten für den Pkw-Schutzbrief, verschiedene Versicherungen, Telefonaufwendungen, Beiträge zur Lebensversicherung könnten keine Berücksichtigung finden, da diese zum Teil über die Versicherungspauschale, im Übrigen über die Regelleistung abgegolten seien. Der vorgelegte Beleg zur privaten Rentenversicherung enthalte keinen Hinweis darauf, dass es sich hierbei um eine geförderte Altersversorge nach § 82 des Einkommenssteuergesetzes handele. Kosten für die Gesundheitspflege seien von der Regelleistung umfasst. Hierzu gehörten auch die Zuzahlungen. Im Übrigen könne bei Übersteigen der Überlastungsgrenze eine Befreiung bei der Krankenkasse geltend gemacht werden. Die Übernahme krankheitsbedingter Mehrkosten sei im Rahmen des SGB II mit Ausnahme des für die Klägerin zu 2) bereits berücksichtigten Mehrbedarfs aufgrund kostenaufwändiger Ernährung nicht vorgesehen. Auf die gleiche Weise berechne sich das Einkommen für die Monate November 2007 (ohne Weihnachtsgeld) 941,77 EUR, Dezember 2007 997.01 EUR, im Januar 2008 mit 1132,01 EUR, im Februar 2008 mit 1011,97 EUR und im März 2008 mit vorläufig 1011,97 EUR. Im Monat November 2007 habe die Klägerin zu 2) allerdings Weihnachtsgeld in Höhe von 433,92 EUR erhalten. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 3 der Alg-II-Verordnung sei eine solche einmalige Einnahme nach pflichtgemäßem Ermessen auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen. Es erscheine sachgerecht und angemessen, die Sonderzahlung in drei Teilbeträgen zu je 87,33 EUR auf Weihnachtsgeld unter Abzug der gesetzlichen Abgaben (261,99 EUR geteilt durch 3) ab dem 01.11.2007 bei der Berechnung der Leistungen zu berücksichtigen. Gemäß der nachfolgenden Tabelle ergebe sich, dass der monatliche Bedarf aus dem anzurechnenden Einkommen gedeckt gewesen sei:
Monat Bedarf in EUR Anzurechnendes Einkommen Übersteigendes Einkommen Oktober 2007 1007,87 EUR 1033,68 25,81 November 2007 1007,87 EUR 941,77+87,33 21,23 Dezember 2007 1007,87 EUR 997,01+87,33 76,47 Januar 2008 1005,28 EUR 1132,01+87,33 214,06 Februar 2008 1005,28 EUR 1011,97 6,69 März 2008 1005,28 EUR 1011,97 6,69
Mangels Hilfebedürftigkeit seien also Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nicht zu bewilligen gewesen, so dass auch kein Zuschlag nach § 24 SBG II zu gewähren sei. Mit Bescheid vom 01.04.2008 lehnte der Beklagte die Leistungen für den Folgezeitraum ab. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens vor dem Sozialgericht Detmold mit dem Aktenzeichen S 13 AS 346/10.
Hiergegen richtet sich die von dem Kläger zu 1) erhobene Klage vom 20.03.2008, mit der ergänzend vorgetragen wird, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.09.2008 zum Problem der nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung abgedeckten gesundheitsbedingten Mehrkosten treffe auf dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Im Übrigen werde Bezug genommen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010. Es liege ersichtlich ein dauernder Sonderbedarf vor, bei dessen Nichtberücksichtigung das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum unterschritten werde. Die bei der Klägerin zu 2) vorliegende Laktoseintoleranz führe dazu, dass für die speziellen Nahrungsmittel mehr Geld ausgegeben werden müsse. Laktosefreie Kost sei ca. 1/3 teurer. Das Weglassen der auslösenden Lebensmittel reiche bei der Klägerin zu 2) nicht aus. Sie müsse vielmehr Ersatzstoffe zu sich nehmen. Durch das komplette Weglassen der Lebensmittel sei bei ihr schon ein Eisenmangel und ein Eiweißmangel aufgetreten. Der Beklagte berücksichtige nicht, dass von den gesetzlichen Krankenkassen nicht alle gesundheitlich notwendigen Leistungen erbracht würden. Es handele sich bei den aufgelisteten Kosten um einen gesundheitlich existenziell notwendigen Bedarf, den das nicht bezugsberechtigte Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das über eigenes Einkommen verfügt, zunächst aus seinem eigenen Einkommen decken müsse, bevor es Mittel in die Bedarfsgemeinschaft einbringen könne. Ferner müssten die Kläger zum Aufsuchen der Ärzte immer wieder weite Fahrtstrecken zurücklegen. Diese Fahrtkosten seien notwendig und müssten im Rahmen ihrer eigenen Existenzsicherung aufgebracht werden. Auch dieses Geld stände für die Bedarfsgemeinschaft nicht zur Verfügung. Die geltend gemachten Versicherungen wie z.B. die Unfallversicherung, seien vor Beantragung der Leistungen abgeschlossen worden und man komme aus diesen Verträgen nicht ohne Weiteres heraus. Die Beiträge müssten deshalb angerechnet werden.
Im Termin vom 05.08.2010 hat die Klägerin zu 2) die Einbeziehung in den Rechtsstreit beantragt.
Die Kläger haben schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 30.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern entsprechend ihrem Antrag die gesetzlichen Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und sieht sich durch die Rechtsprechung des BSG bestätigt. Leistungen aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 könnten für den umstrittenen Zeitraum nicht begehrt werden, da nach diesem Urteil erst ab dessen Verkündung unabdingbare, laufende, nicht nur einmalige Bedarfe im Einzelfall schon vor Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage zu decken seien. Für rückwirkende Zeiträume könnten diese Ansprüche nicht geltend gemacht werden. Ein Mehrbedarf für eine Krankenkost bei Laktoseintoleranz sei bei der Berechnung berücksichtigt worden und werde in Höhe von 25,56 Euro monatlich unstreitig gestellt.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 12.03.2013 drei Probeberechnungen vorgelegt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt.
Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte sowie auf den Inhalt des parallelen Streitverfahrens S 13 AS 346/10 und denjenigen der Verwaltungsakten des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden.
Die auf die Klägerin zu 2) erweiterte Klage ist unzulässig. Zum Zeitpunkt der Klageerweiterung am 05.08.2010 war der Bescheid vom 30.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 bezüglich der die Klägerin zu 2) betreffenden Regelungen bereits bestandskräftig, da die einmonatige Klagefrist nach § 87 SGG verstrichen war. Die von einem Rechtsanwalt erhobene Klage vom 19.03.2008 wurde eindeutig nur für den Kläger zu 1) erhoben. Eine andere Auslegung entgegen dem eindeutigen Wortlaut ist nicht möglich. Auch unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips kommt eine Klageerweiterung nicht in Betracht. Das Bundessozialgericht (BSG) hat zwar in seinem Urteil vom 07.11.2006 (B 7 b AS 8/08 R) festgestellt, dass die Grundsätze des Meistbegünstigungsprinzips im Hinblick auf die vorliegenden rechtlichen Besonderheiten einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des SGB II und die daraus resultierenden tatsächlichen Ungereimtheiten des Verwaltungs- und prozessualen Verfahrens auch für die Auslegung herangezogen werden können, welche Personen überhaupt Klage erhoben haben. Diese Erweiterung des Meistbegünstigungsprinzips auch auf die Bestimmung der Kläger hat das BSG aber nur für eine Übergangszeit bis zum 30.06.2007 zugelassen. Eine eventuell fehlerhafte rechtliche Beurteilung hinsichtlich der Aktivlegitimation führt im Übrigen nicht dazu, dass eine rechtzeitige Klageerhebung zu fingieren wäre (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 18.07.2012 - L 4 AS 1619/10, zitiert nach Juris). Zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage am 20.03.2008 war der oben genannte Übergangszeitraum bereits abgelaufen.
Die Klage des Klägers zu 1) ist zulässig und teilweise begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 30.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 und in der Form des Änderungsbescheides vom 14.03.2008 beschwert den Kläger zu 1) im Sinne des § 54 Abs. 2, soweit Leistungen in tenorierter Höhe abgelehnt wurden. Im Übrigen ist die Klage nicht begründet.
Der Kläger zu 1) hat in der Zeit vom 01.10.2007 bis zum 31.03.2008 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), denn er war hilfebedürftig des § 9 SGB II, da er seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Klägerin zu 2) auch unter Berücksichtigung deren Erwerbseinkommen nicht ausreichend sichern konnte. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft betrug pro Monat 1081,66 Euro. Dabei betrug die Regelleistung für die Kläger jeweils 312 Euro. Auch die Partnerin des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die ihren individuellen Bedarf durch eigenes Einkommen decken kann, gehört zur Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II. Ihr Bedarf richtet sich nach dem SGB II und beide Partner haben einen individuell zu ermittelnden anteiligen Anspruch auf Leistungen. Nicht maßgeblich für die Bestimmung des Bedarfs der Klägerin zu 2) ist ihr unterhaltsrechtlicher Selbstbehalt. Der Gesetzgeber darf typisierend davon ausgehen, dass innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft die Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Leistungen entsprechend den individuellen Bedarfen erfolgt. Aus dem das SGB II bestimmenden Grundsatz der Subsidiarität (§ 3 Abs. 3 SGB II) folgt der Grundsatz, dass zur Überwindung einer Notlage zunächst der Partner einer Lebensgemeinschaft in Anspruch genommen wird, bevor staatliche Hilfe gewährt wird. Daraus rechtfertigt sich auch, dass für den Partner nur das in seinem Fall existenziell Notwendige als sein Bedarf anzusetzen ist (BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14 / 7 b AS 10/07 R, zitiert nach Juris, Rnrn. 18 ff). Für die Klägerin zu 2) ist der Bedarf daher ebenso wie für den Kläger zu 1) in der nach dem SGB II vorgesehenen Höhe anzurechnen. Für die Klägerin zu 2) war neben dem Regelsatz ein Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56 Euro für eine kostenaufwändige Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II zu berücksichtigen. Danach erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Der Beklagte hat nach ärztlicher Beratung angenommen, die Klägerin zu 2) bedürfe wegen einer Milchzuckerunverträglichkeit (Laktoseintoleranz) eine spezielle Diät. In Anlehnung an den Begutachtungsleitfaden für den Mehrbedarf bei krankheitsbedingter kostenaufwändiger Ernährung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, Stand 2002, wurde für eine individuell angepasste Vollkost ein Mehrbedarf in Höhe von monatlich 25,56 Euro angenommen. Ein über diese Pauschale hinausgehender Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung wurde weder substantiiert vorgetragen noch nachgewiesen.
Ein Mehrbedarf für Medikamente, Zuzahlungen und Praxisgebühren ist im SGB II nicht vorgesehen. Die Kosten einer Krankenbehandlung sind entweder durch das System des Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) oder ergänzend durch die Regelleistung abgedeckt. § 21 Abs. 5 SGB II kommt als Rechtsgrundlage nicht in Betracht, weil es nicht um die kostenaufwändige Ernährungsweise geht. § 23 Abs. 1 SGB II scheidet als Rechtsgrundlage ebenfalls aus, da es sich bei den geltend gemachten zusätzlichen Bedarfen um wiederkehrende Bedarfe handelt, die einer darlehensweisen Gewährung nicht zugänglich sind. Im Übrigen wird von den Klägern eine darlehensweise Gewährung nicht begehrt. Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II wegen eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfes scheidet aus, da diese Vorschrift erst mit Wirkung vom 03.06.2010 in das Gesetz eingefügt worden ist. Ein Anspruch aufgrund der Härtefallregelung in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09) kann nicht zugesprochen werden, denn diese Regelung gilt nicht rückwirkend für Zeiträume, die vor der Verkündung des Urteils liegen (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2010 - 1 BvR 395/09, zitiert nach Juris). Der Klägerin zu 2) steht ferner ein Anspruch nach § 73 Sozialgesetzbuch, 12. Buch (SGB XII) als Leistung in sonstigen Lebenslagen nicht zu. Im Hinblick auf Kosten der Krankenbehandlung sind unabweisbare Bedarfe, die nicht entweder durch das System des SGB V oder ergänzend durch die Regelleistung abgedeckt werden, nicht ersichtlich. Die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung gehört zum sozialrechtlich zu gewährenden Existenzminimum. Der Anspruch auf Existenzsicherung wird allerdings in erster Linie durch die Mitgliedschaft in einer Krankenversicherung abgedeckt. Die Klägerin zu 2) hatte insoweit als Angestellte Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 SGB V. Dieser Anspruch umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind zwar von der Versorgung nach dem SGB V ausgeschlossen. Nach der Arzneimittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses ist die Verordnung dieser Arzneimittel zu Lasten der Krankenkassen aber ausnahmsweise zulässig, wenn die Arzneimittel bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Dabei gilt eine Krankheit als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt. Aufgrund der durch das SGB V sichergestellten medizinischen Versorgung können die Träger der Grundsicherung ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass grundrechtsrelevante Beeinträchtigungen durch eine nicht ausreichende Krankenbehandlung ausscheiden. Gesetzliche oder auf Gesetz beruhende Leistungsausschlüsse und Leistungsbegrenzungen nach dem SGB V können nur innerhalb dieses Leistungssystems daraufhin überprüft werden, ob sie im Rahmen des Artikels 2 Abs. 1 Grundgesetz gerechtfertigt sind. Die Frage, ob die Kosten für Arzneimittel als Teil der Krankenbehandlung übernommen werden, muss ein Hilfebedürftiger gegenüber seiner Krankenkasse klären. Hinsichtlich der therapeutischen Notwendigkeit einer bestimmten Krankenbehandlung und der Anforderungen an ihren Nachweis gelten für Leistungsempfänger nach dem SGB II keine anderen Voraussetzungen als für die übrigen Versicherten nach dem SGB V (BSG, Urteil vom 26.05.2011 - B 14 AS 146/10 R, zitiert nach Juris, Rdnrn. 20 ff.). Gleiches gilt für die Zuzahlungen nach dem SGB V. Hier haben die Kläger die Möglichkeit, bei Überschreitung der Belastungsgrenze eine Bescheinigung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB V über die Befreiung von der Zuzahlung zu beantragen. Durch diese Zuzahlungen und die alle Krankenversicherten betreffenden Leistungskürzungen wird auch bei den versicherten Beziehern von Arbeitslosengeld II das verfassungsrechtlich gesicherte Existenzminimum nicht unterschritten (BSG, Urteil vom 22.04.2008 - B 1 KR 10/07 R, zitiert nach Juris). Ein Anspruch auf höhere Leistungen können die Kläger auch nicht wegen der von ihnen zu zahlenden Praxisgebühr erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 25.06.2008 - B 11 b AS 45/06 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 51; LSG Hamburg, Urteil vom 21.05.2010 - L 5 AS 46/09, zitiert nach Juris).
Ferner kann ein erhöhter Bedarf wegen der von der Klägerin zu 2) geltend gemachten Fahrtkosten zu Ärzten bzw. zu sonstigen medizinischen Behandlungen nicht angerechnet werden. Für die Gewährung solcher Fahrtkosten besteht keine Rechtsgrundlage im SGB II. Ein entsprechender Mehrbedarf ist in § 21 SGB II in der maßgebenden Fassung nicht aufgeführt gewesen und diese Regelung ist abschließend (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.11.2011 - L 7 AS 1442/10, zitiert nach Juris). Eine Gewährung eines Bedarfs in Härtefällen kommt auch insoweit -wie oben dargelegt- nicht in Betracht. Die Klägerin zu 2) ist bezüglich dieser Fahrtkosten auf die gesetzlichen Regelungen im SGB V zu verweisen. Nach § 60 SGB V in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung übernimmt die Krankenkasse Fahrtkosten bei Leistungen, die stationär erbracht werden, bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus, bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung bedürfen, und bei Fahrten von Versicherten zur ambulanten Krankenbehandlung, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird. Die gesetzlichen Voraussetzungen hat der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Krankentransport-Richtlinie vom 22.01.2004 konkretisiert. Die Klägerin zu 2) hätte also gegenüber ihrer Krankenkasse klären müssen, ob sie einen Anspruch auf die geltend gemachten Fahrtkosten hatte. Die nicht von der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkasse abgedeckten Fahrtkosten sind unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen auch von Hilfebedürftigen nach dem SGB II selbst zu zahlen. Die Regelleistung enthält sowohl Bedarfe für Gesundheitspflege als auch für Verkehr. Wenn geltend gemacht werden soll, dieser Betrag reiche nicht aus, wird damit die Höhe der Regelleistung angegriffen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 kommt jedoch eine Erhöhung der Regelleistung für Zeiträume vor dieser Entscheidung nicht in Betracht (vgl. Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, aaO, zitiert nach Juris, Rdnr. 35).
Für die Bedarfsgemeinschaft ist weiterhin ein Bedarf für Kosten der Unterkunft inklusive kalter Nebenkosten in Höhe von 379,50 Euro monatlich zu berücksichtigen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
Die von den Klägerin geltend gemachten Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe sind nicht angemessen. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten ohne Heizkosten errechnet sich aus dem Produkt der für die Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter (Produkttheorie, vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 18/06 R, zitiert nach Juris). Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist in Nordrhein-Westfalen für die Zeit bis zum 31.12.2009 auf die Werte abzustellen, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 festgelegt hatten. Nach Ziffer 5.7.1 b der VV-WoBindG (Runderlass des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 08.03.2002, 396, 400) ist für einen Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen in der Regel von einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 16). Die Wohnung der Kläger ist mit 85 Quadratmetern deutlich zu groß. Angemessen ist eine Wohnung weiter nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, dass sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 14). Der Begriff der Angemessenheit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und führt zu einer Mietobergrenze. Sie soll dabei die Wirklichkeit, also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichszeitraums abbilden. Der Hilfebedürftige soll durch die Leistungen nach § 22 SGB II in die Lage versetzt werden, sein elementares Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen zu befriedigen. Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder Mietobergrenze muss es in der Regel ermöglichen, eine angemessene Wohnung auch anzumieten. Die angemessene Miete ist auf der Grundlage eines zu beachtenden schlüssigen Konzepts von dem Grundsicherungsträger zu ermitteln. Ein solches Konzept liegt nur dann vor, wenn der Träger planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall. Die Schlüssigkeitsanforderungen sind vom BSG wie folgt zusammengefasst worden:
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten Vergleichsgebiet und muss über den gesamten Verlgeichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z. B. welche Art von Wohnungen - differenziert nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße), - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z. B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs des einbezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angabe über die gezogenen Schlüsse (BSG, Urteil vom 14.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 25 ff.).
Der repräsentative Umfang der einbezogenen Daten kann dann ausreichend sein, wenn die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 17 / 7 b AS 47/06 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 16).
Die von dem Beklagten zugrunde gelegte Nettokaltmiete von 239,90 bzw. 234,77 Euro beruht zur Überzeugung der Kammer nicht auf einem schlüssigen Konzept in dem oben beschriebenen Sinne. Die von dem Beklagten dargelegten Kaltmieten beruhen nach dortigen Angaben auf der Auswertung aller Angebote in der örtlichen Tagespresse, die mindestens Angaben zur Größe, Nettokaltmiete und Lage enthalten. Aus den ermittelten Werten hat der Beklagte sodann für die Wohnungen unterschiedlicher Größe einen durchschnittlichen Wert ermittelt. Es ist nicht ersichtlich, dass ein ausreichender Teil des regionalen Mietwohnungsbestandes erfasst wurde. Ferner lässt sich nicht nachvollziehen, inwiefern Standard und Ausstattung der Wohnungen in die Auswertung eingeflossen sind. Aufgrund der Erhebungen des Beklagten konnte daher für den Wohnort der Kläger der angemessene Mietzins nicht ermittelt werden. Dem Gericht waren wegen der inzwischen vergangenen Zeit auch keine Daten zugänglich, um das System des Beklagten nachzubessern. Für den Wohnort der Kläger existieren kein Mietspiegel oder anderweitig aussagekräftige Mietdatenbanken. Insbesondere scheidet für die inzwischen mehrere Jahre zurückliegenden Zeiträume die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den Beklagten oder durch das Gericht aus.
Da ein schlüssiges Konzept für den Bereich Büren nicht erarbeitet werden kann, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Diese werden dann allerdings wiederum durch die Tabellenwerte zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt. Dabei ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten gemäß § 5 Abs. 1 Wohngeldgesetz a. F. nach der Rechtsprechung des BSG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also der rechten Spalte, zurückzugreifen und einen Sicherheitszuschlag einzubeziehen. Der Sicherheitszuschlag beruht darauf, dass es beim Fehlen eines schlüssigen Konzeptes nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, wie hoch die angemessene Referenzmiete tatsächlich ist. Bei der Bestimmung des Zuschlages muss beachtet werden, dass es sich nicht um eine einzelfallbezogene Anwendung auf einen konkreten, tatsächlichen Sachverhalt handelt. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse kommt gerade wegen des Ausfalls der Erkenntnismöglichkeiten im räumlichen Vergleichsgebiet nicht in Betracht. Unabhängig von der regionalen Gegebenheiten ist daher ein Zuschlag in Höhe von 10% auch für ländlich geprägte Vergleichsräume angemessen und ausreichend (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R, zitiert nach Juris, Rdnrn. 4, 20 ff.). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Kaltmiete inklusive kalter Nebenkosten in Höhe von 379,50 Euro angemessen. Nach der Anlage 1 zur Wohngeldverordnung gehört die Gemeinde C in die Mietstufe 2. Nach § 8 WoGG ergibt sich für zwei zum Haushalt gehörende Familienmitglieder in der Stufe 2 aus der rechten Spalte ein Wert von 345 Euro. Plus 10% ergibt einen Wert 379,50 Euro.
Die Kläger können nicht die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Kosten der Unterkunft verlangen, denn es war ihnen nicht unmöglich oder unzumutbar, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Auch hat der Beklagte trotz Unangemessenheit für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2007 mit Bescheid vom 04.04.2007 und damit für sechs Monate die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen. Mit diesem Bescheid wurden die Kläger auch darauf hingewiesen, welche Kosten als angemessen werden und sie wurden aufgefordert, bis spätestens zum 30.09.2007 diese Kosten zu senken. Trotz der vorliegenden vertraglichen Vereinbarungen mit dem Vermieter war den Klägern ein Umzug zuzumuten. Aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich, dass die Kündigung durch die Mieter nicht ausgeschlossen ist und auch die Kündigungsfrist für die Mieter nicht verlängert wurde. Dass die Kläger Renovierungsarbeiten in einem Wert von 5.000 Euro durchgeführt haben, führt ebenfalls nicht zur Unzumutbarkeit eines Umzuges. Nach der Mietbescheinigung vom 15.03.2007 erfolgte die Renovierung 1996. In dem bis zur Antragstellung im Jahre 2007 verstrichenen Zeitraum sind diese Investitionen nach Auffassung der Kammer bereits abgewohnt worden. Im Übrigen beruhen die getätigten Investitionen auf einer individuellen Entscheidung der Kläger, die letztlich nicht durch den Steuerzahler gegenfinanziert werden kann. Es wäre Sache der Kläger gewesen, bei Abschluss des Mietvertrages mit dem Vermieter finanzielle Ausgleichsmechanismen für den Fall des Umzuges zu vereinbaren. Weiterhin führt es nicht zur Unzumutbarkeit, dass die Kläger die Wohnung bereits seit 1993 bewohnen. Es ist zu bedenken, dass jeder Umzug im gewissen Maße mit einer Veränderung des sozialen Umfelds einhergeht und dies eine normale Folge ist, die sich aus der gesetzlichen Regelung ergibt. Das Aufrechterhalten des sozialen Umfeldes sowie eine affektive Bindung an eine bestimmte Wohnung oder an einen bestimmten Stadtteil steht einem Umzug nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R, zitiert nach Juris, Rdnrn. 36 ff.). Die Kläger können sich ferner nicht darauf berufen, dass geeignete Mietwohnungen zu dem als angemessen befundenen Mietzins in C für sie nicht anzumieten waren. Die Kläger sind ihrer Obliegenheit aus § 22 SGB II, sich ernsthaft und intensiv um eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung zu bemühen, nicht nachgekommen. Sie haben lediglich behauptet, auf dem Wohnungsmarkt seien entsprechende Wohnungen nicht anzumieten. Konkrete Kostensenkungsbemühungen sind weder vorgetragenen noch ersichtlich. Die Kläger waren offensichtlich der -wie oben dargelegt- unzutreffenden Auffassung, sie seien wegen der getätigten Investitionen nicht verpflichtet, eine Unterkunftsalternative zu suchen. Der Leistungsberechtigte trägt jedoch die Darlegungs- und objektive Beweislast dafür, dass konkrete Gründe vorliegen, die ihn über einen längeren Zeitraum hindern, die Kosten zu senken (Krauß in Hauck / Noftz, SGB II, § 22, Rdnr. 129 m. w. N.). Wenn der Hilfebedürftige ersichtlich nichts unternimmt, um eine kostengünstigere Wohnung zu finden, ist der Leistungsträger auch nicht verpflichtet, konkrete Unterkunftsalternativen aufzuzeigen (Piepenstock, in JurisPK - SGB II, Stand 08.01.2013, Rdnr. 86 m. w. N.). Hilfebedürftige, die ihre Eigenbemühungen nicht substantiiert darlegen und glaubhaft machen, sind ihrer Obliegenheit zur Kostensenkung schon aus diesem Grund nicht ausreichend nachgekommen (Hessisches LSG, Beschluss vom 05.10.2006 - L 7 AS 126/06 ER). Die geltend gemachten 20 Euro monatlich für eine Garage oder einen Stellplatz können ferner von dem Beklagten ohnehin nicht übernommen werden. Die Kosten für eine Garage sind regelmäßig nicht zu übernehmen, es sei denn, die Wohnung ist ohne Garage nicht anmietbar und der Mietpreis hält sich bei fehlender Abtrennbarkeit der Garage noch innerhalb des Rahmen der Angemessenheit (BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 10/06 R, zitiert nach Juris, Rdnr. 28). Diese Voraussetzungen liegen hier offensichtlich nicht vor, denn nach dem vorgelegten Mietvertrag wurde ursprünglich eine Garage oder ein Stellplatz nicht mitvermietet. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Abschluss des Mietvertrages von der gleichzeitigen Anmietung einer Garage oder eines Einstellplatzes abhängig war.
Heizkosten sind in Höhe von monatlich 52,60 Euro zu übernehmen. Dabei handelt es sich um die tatsächlich angefallenen Heizkosten abzüglich der Warmwasserkosten. Wegen der Berechnung wird verwiesen auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 14.03.2008 (auf Seite 6). Aus dem Regelsatz in Höhe von 624 Euro (2 x 312 Euro), dem Mehrbedarf für Ernährung in Höhe von 25,56 Euro, der kalten Grundmiete nebst den kalten Nebenkosten in Höhe von 379,50 Euro, den Heizkosten in Höhe von 52,50 Euro ergibt sich der Gesamtbedarf von 1.081,66 Euro. Hiervon sind 528,05 Euro dem Kläger zu 1) und 553,61 Euro der Klägerin zu 2) zuzuordnen.
Auf diesen Bedarf ist im Oktober 2007 ein Erwerbseinkommen der Klägerin zu 2) in Höhe von 1.033,68 Euro anzurechnen. Wegen der Berechnung wird verwiesen auf den zutreffenden Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2008 (Blatt 8 ff.). Über die dort aufgeführten Beträge hinaus kommen Absetzungen vom Bruttoeinkommen der Klägerin zu 2) nicht in Betracht.
Die Fahrtkosten zur Arbeitsstätte in Bad X-I hat der Beklagte zutreffend mit einer Fahrtkostenpauschale von 54,87 Euro abgegolten. Nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II in der maßgebenden Fassung waren vom Einkommen abzusetzen die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 b der Alg II-Verordnung (Alg II-V) in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung bzw. in § 6 Abs. 1 Nr. 2 b Alg II-V in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung ist neben der Werbungskostenpauschale zusätzlich bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung 0,20 Euro vom Einkommen abzusetzen, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist. Nach Routenplaner beträgt die kürzeste Verbindung zwischen dem Wohnort der Kläger und dem Arbeitsort in Bad X, S-A-Straße 00, 14,44 Kilometer. Bei durchschnittlichen 19 Arbeitstagen pro Monat ergibt dies 54,87 Euro (14,44 x 19 x 0,20). Höhere notwendige Kosten sind hier zur Überzeugung der Kammer nicht nachgewiesen. Nachzuweisen ist nämlich insbesondere auch die berufliche Veranlassung dieser Kosten. An diese Nachweise sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine überschlägige Berechnung aller in Betracht kommenden Fahrzeugkosten reichen nicht aus. Vielmehr ist der Einzelnachweis der konkret angefallenen Ausgaben erforderlich. Für den Bereich der Fahrtkosten ist mithin erforderlich, dass der Hilfebedürftige ein den steuerlichen Grundsätzen entsprechendes Fahrtenbuch führt sowie sämtliche Belege über durchgeführte Reparaturen, Inspektionen, Betankungen u.s.w. einreicht. Nur dann ist gewährleistet, dass der Träger der Grundsicherung eine verlässliche Entscheidung über die Höhe der beruflich veranlassten Kosten treffen und diese insbesondere von den privat veranlassten Kosten unterscheiden kann (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 09.02.2011 - L 6 AS 338/09, zitiert nach Juris, Rdnrn. 11 und 30). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Kläger haben nicht nachgewiesen, wie viele Kilometer mit dem Kraftfahrzeug in der umstrittenen Zeit beruflich veranlasst und privat zurückgelegt wurden. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Damit kann nicht zugeordnet werden, welcher Anteil der Kosten beruflich veranlasst entstanden ist. Soweit Reparaturkosten geltend gemacht werden sollen, gilt dies auch für diese Kosten. Im Hinblick auf eine private Nutzung des Fahrzeugs handelt es sich bei der Kfz-Steuer im Übrigen nicht um eine mit der Einkommenserzielung verbundene notwendige Ausgabe. Die Steuererhebung knüpft allein an die Haltung des Fahrzeugs an (Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 05.07.2012 - L 9 AS 224/09 NZB, zitiert nach Juris).
Der Beitrag zur Kfz-Versicherung ist zusätzlich neben dem Pauschbetrag für Versicherungen abzusetzen. Nicht von der Pauschale abgedeckt sind gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7 b AS 18/06 R, zitiert nach Juris). Gesetzlich vorgeschrieben ist nur die Haftpflichtversicherung. Nach der Bescheinigung der LVM-Versicherung vom 16.06.2007 betrug der Beitrag für die Haftpflichtversicherung halbjährlich 58,11 Euro und damit -wie von dem Beklagten angerechnet 9,69 Euro monatlich. Die Beiträge für den Verkehrsrechtsschutz sowie die Hausratsversicherung sind über die Versicherungspauschale von 30 Euro abgedeckt.
Beiträge für eine Unfallversicherung in Höhe von geltend gemachten 15,33 Euro monatlich sind nicht zusätzlich absetzbar. Nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II sind nur Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen absetzbar, soweit diese Beiträge entweder gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Nach § 3 Abs. 1 bzw. ab 01.01.2008 nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V sind 30 Euro als Pauschbetrag von dem Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger abzusetzen für Beiträge zu privaten Versicherungen in diesem Sinne. Mit diesem Betrag sind die im Regelfall üblichen und wirtschaftlich sinnvollen Versicherungskosten auch abgedeckt. Erfasst werden sollen nur Beiträge zu privaten Versicherungen, die bei in einfachen wirtschaftlichen Verhältnissen lebenden Bürgern in Deutschland allgemein üblich sind. Dies trifft auf die private Unfallversicherung nicht zu, da eine solche Versicherung nicht in mehr als 50% aller Haushalte vorhanden ist (LSG NRW, Beschluss vom 24.07.2006 - L 20 B 164/06 AS ER, zitiert nach Juris; LSG Hamburg, Urteil vom 11.11.2010 - L 5 AS 58/07, zitiert nach Juris, Rdnrn. 28 ff.).
Die Beiträge zur privaten Rentenversicherung in Höhe von geltend gemachten 52 Euro monatlich und zur privaten Absicherung / Kombi-Spar in Höhe von monatlich 51,13 Euro sind nicht absetzbar. Die Beiträge sind ebenfalls gesetzlich nicht vorgeschrieben. Eine Berücksichtigung kommt ebenfalls nicht nach § 11 Abs. 2 Nr. 3 a oder b SGB II in Betracht. Denn die Klägerin zu 2) war in der umstrittenen Zeit gesetzlich krankenversichert und auch nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Die Beträge dienten ferner nicht zur Altersvorsorge im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II. Eine Berücksichtigung als Altersvorsorge setzt voraus, dass die Bestimmung von Vermögenswerten zur Alterssicherung vom Inhaber nicht ohne Weiteres geändert werden kann (LSG NRW, Urteil vom 16.06.2011 - L 7 AS 4/08, zitiert nach Juris, Rdnr. 118 m. w. N.). Die private Rentenversicherung der Klägerin ist nach der Information der LVM vom 01.07.2006 jedoch frei wählbar entweder als monatliche Rente oder als Kapitalabfindung zu gewähren. Es handelt sich damit nicht um eine gemäß § 82 Einkommenssteuergesetz zertifizierte Altersvorsorge. Eine entsprechende Bescheinigung wurde von der Klägerin zu 2) für beide Sparverträge auch nicht vorgelegt.
Die Fernsehgebühren, die Kosten für Haushaltsstrom sowie die Telefonkosten können nicht vom Einkommen abgesetzt werden, da sie durch die Regelleistung abgedeckt sind. Eine Absetzung eines Unterhalts für den Kläger zu 1) kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft -wie bereits oben ausgeführt- nach dem SGB II zu berechnen ist und nicht nach den zivilrechtlichen Vorschriften über den Unterhalt.
Für die Monate November 2007 bis März 2008 gilt Entsprechendes. Abweichend von den Berechnungen des Beklagten im Widerspruchsbescheid ist nach Auffassung der Kammer das gezahlte Weihnachtsgeld entgegen der Handhabung des Beklagten nicht nur auf drei Monate, sondern auf den restlichen Bezugszeitraum und damit auf fünf Monate zu verteilen. Nach § 2 Abs. 4 der Alg II-V sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Sie sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Die Möglichkeit der Verteilung der einmaligen Einnahmen auf mehrere Monate wurde deshalb eingeführt, um nach Möglichkeit das Entfallen der Hilfebedürftigkeit und damit der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung zu vermeiden. In Fällen, in denen durch die Anrechnung die Hilfebedürftigkeit entfällt, sollte daher auch zuvor die einmalige Einnahme auf eine ausreichende Anzahl von Monaten verteilt werden (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 57/07 R). Bei Weihnachtsgeld als auf das Jahr bezogenen Sonderzahlung kommt sogar eine Verteilung auf bis zu 12 Monate in Betracht (BSG, Urteil vom 27.09.2011 - B 4 AS 180/10 R, zitiert nach Juris). Durch die vom Beklagten ursprünglich vorgenommene Verteilung auf lediglich drei Monate ist jedoch teilweise die Hilfebedürftigkeit entfallen. Der Beklagte hätte daher bei pflichtgemäßer Ausübung des Ermessens das Weihnachtsgeld auf die noch verbleibenden Monate des Bezugszeitraums verteilen müssen.
Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ergeben sich die aus der Probeberechnung des Beklagten (Variante "B") ergebenden Ansprüche des Klägers zu 1) inklusive des befristeten Zuschlages nach § 24 SGB II in Höhe von 320 Euro.
Dem Kläger zu 1) stehen daher für den umstrittenen Zeitraum die folgenden Ansprüche zu:
Oktober 2007 343,42 Euro November 2007 362,71 Euro Dezember 2007 335,74 Euro Januar 2008 0,00 Euro Februar 2008 328,45 Euro März 2008 328,45 Euro Summe 1.698,77 Euro
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Dabei ist die Kammer davon ausgegangen, dass der Kläger zu 1) monatlich seinen Regelsatz, die Hälfte der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie eine Zuzahlung begehrt (312 Euro + 255 Euro + 26,30 Euro + 320 Euro = 913,30 Euro. 913,30 Euro x 6 = 5.479,80 Euro). Der Kläger zu 1) hat sich daher zu ca. 1/3 durchgesetzt. Der Klägerin zu 2) steht ein Kostenerstattungsanspruch nicht zu.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved