L 5 R 5270/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 2479/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5270/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge endgültig auf 13.799,60 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2010 geforderte Nachzahlung von Beiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie von Umlagebeiträgen in Höhe von insgesamt 13.799,60 EUR.

Die Klägerin ist eine GmbH, die mit Gesellschaftsvertrag vom 27.06.2005 gegründet worden war. Sie betrieb einen Einzel- und Großhandel mit Holzwaren und Künstlerbedarf. Gesellschafter zu je einem Drittel des Stammkapitals von insgesamt 25.200,00 EUR und zugleich Geschäftsführer waren zunächst Herr Pf.r, Herr H. und Herr T. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit des vertretenen stimmberechtigten Kapitals gefasst (§ 6 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags). Durch Beschluss der Gesellschafter wurde die Klägerin am 19.02.2013 aufgelöst. Zu Liquidatoren wurden Herr Pf. und Herr H. zur gemeinsamen Vertretung der Gesellschaft bestellt. Herr Pf. war im streitgegenständlichen Zeitraum außerdem zusammen mit seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 2.), Gesellschafter der am 19.11.2003 gegründeten Farbengeschäft Pf. GmbH, K. 2 (jetzt K. 33) in R. Die Beigeladene zu 2.) war Gesellschafter-Geschäftsführerin der Farbengeschäft Pf. GmbH.

Die Beklagte führte bei der Klägerin nach Ankündigung vom 25.03.2011 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2007 bis 2011 anhand der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen durch. Aus den Lohnunterlagen ging u.a. hervor, dass die Klägerin an die Beigeladene zu 2.), die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers Pf., ab November 2007 bis August 2010 ein monatliches Gehalt in Höhe von 1.500,00 EUR brutto und ab September 2010 in Höhe von 750,00 EUR zahlte und Lohnsteuer und Kirchensteuer abführte, nicht indes Beiträge zur Sozialversicherung (vgl. etwa Abrechnung der Brutto-/Nettobezüge für den Monat Dezember 2008 - Bl. 47 der Betriebsprüfungsakte). Im Jahr 2007 war zudem Weihnachtsgeld in Höhe von 500,00 EUR ausgezahlt worden. Neben den Lohnunterlagen wurde ein (nicht unterschriebener) Arbeitsvertrag vom 25.10.2007 zwischen der Klägerin (vertreten durch M. Pf.) und der Beigeladenen zu 2.) vorgelegt. Danach sollte die Beigeladene zu 2.) ab dem 01.11.2007 als Geschäftsleiterin für die Ladengeschäfte in B. und O. für die Klägerin tätig werden. Im Arbeitsvertrag wurde u.a. eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden an fünf Tagen, ein festes Arbeitsentgelt von monatlich 1.500,00 EUR brutto, ein jährlicher Urlaubsanspruch von 25 Werktagen und die Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung innerhalb von drei Tagen nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit vereinbart. Im Weiteren bedurften Nebenabreden und Vertragsänderungen der Schriftform. Eine mündliche oder stillschweigende Aufhebung des Schriftformerfordernisses wurde ausgeschlossen.

Mit Bescheid vom 22.07.2011 forderte die Beklagte von der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2010 Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen in Höhe von insgesamt 13.799,60 EUR nach und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die Beigeladene zu 2.) übe seit dem 01.11.2007 für die Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus. Hierfür sprächen die im Arbeitsvertrag getroffenen Regelungen. Ihr Ehemann sei zwar an der Klägerin als Gesellschafter mit einem Drittel des Gesellschaftskapitals beteiligt, sie selbst halte jedoch keine Gesellschaftsanteile.

Hiergegen legte die Klägerin am 22.08.2011 Widerspruch ein und trug im Wesentlichen vor, dass der Ehemann der Beigeladenen zu 2.) aufgrund seiner Sperrminorität - im Gesellschaftsvertrag sei Einstimmigkeit vereinbart - Gesellschafterbeschlüsse in allen Angelegenheiten verhindern könne und sie selbst aufgrund der familiären Situation tatsächlich erheblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft habe, keinem Weisungsrecht bezüglich Zeit, Ort und Art ihrer Tätigkeit unterliege und die faktische Leitung des Unternehmens wie eine Eigentümerin innehabe. Ihre Tätigkeit sei durch familiäre Rücksichtnahme geprägt und nicht durch Weisungsgebundenheit. Es bestehe keine persönliche Abhängigkeit. Die Beigeladene zu 2.) trage ein erhebliches wirtschaftliches Risiko, da sie bei der Finanzierung der Gesellschafterdarlehen als Mitschuldnerin die Darlehensverträge unterzeichnet habe. Diese Gesellschaftsdarlehen stellten wirtschaftliches Eigenkapital der Klägerin dar.

Die Beklagte setzte am 09.02.2012 die Vollziehung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus und forderte die Klägerin mit Schreiben vom 20.02.2012 u.a. auf, anzugeben, ob die Zahlungen als Betriebsausgabe gebucht worden seien und zu beschreiben, welche Tätigkeiten die Beigeladene zu 2.) genau ausgeübt und welche Arbeiten sie verrichtet habe. Die Klägerin teilte hierzu mit Schreiben vom 18.04.2012 mit, das Gehalt sei als Betriebsausgabe verbucht worden und die Beigeladene zu 2.) sei ausschließlich als Gesellschafter-Geschäftsführerin tätig gewesen. Weiterhin habe sie in der Firma lediglich eine beratende Tätigkeit ausgeübt, die weder zeitlichen noch sachlichen Einschränkungen unterlegen habe. Eine Eingliederung in den Arbeitsprozess der Firma (regelmäßige Arbeitszeiten, eigenes Arbeitsfeld, Urlaub etc.) habe faktisch entgegen den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag nicht vorgelegen. Sämtliche Tätigkeiten seien in Absprache mit dem Ehemann erfolgt. Die Beigeladene zu 2.), die im Widerspruchsverfahren angehört wurde, äußerte sich trotz Erinnerung nicht.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer T. schied im Mai 2012 aus. Sein Anteil am Stammkapital wurde je zur Hälfte von den beiden anderen Gesellschaftern übernommen. Neue Firmenanschrift war nun die H. 5 in R ...

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aus dem Arbeitsvertrag vom 25.10.2007 gehe hervor, dass die Beigeladene zu 2.) seit dem 01.11.2007 als Geschäftsleiterin eingestellt sei. Sie sei zuständig für die Ladengeschäfte in B. und O ... Die Arbeitszeit betrage 40 Wochenstunden an 5 Tagen. Es sei eine monatliche Vergütung von 1.500,00 EUR vereinbart. Die Beigeladene zu 2.) habe im Kalenderjahr Anspruch auf 25 Werktage Erholungsurlaub. Die Sachverhalte aus diesem Arbeitsvertrag entsprächen auch den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Beigeladenen zu 2.) werde seit dem 01.11.2007 ein festes monatliches Gehalt von 1.500,00 EUR gezahlt. Im Dezember 2007 sei darüber hinaus ein Weihnachtsgeld in Höhe von 500,00 EUR gewährt worden. Das regelmäßig gezahlte monatliche Arbeitsentgelt unterliege der Lohnsteuerpflicht und werde als Betriebsausgabe verbucht. All dies seien Indizien, die für eine Arbeitnehmertätigkeit sprächen. Es sei auch nicht zutreffend, dass die Beigeladene zu 2.) nicht weisungsgebunden und nicht in den Betrieb eingegliedert gewesen sei. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses stehe dabei grundsätzlich nicht entgegen, dass die Abhängigkeit der Beigeladenen zu 2.) als Ehefrau eines Gesellschafter-Geschäftsführers weniger stark ausgeprägt sei und deshalb das Weisungsrecht möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werde. Die Beigeladene zu 2.) unterliege jedoch dem Weisungsrecht der GmbH. Im Widerspruchsverfahren habe die Klägerin angegeben, dass sämtliche Tätigkeiten der Beigeladenen zu 2.) in Absprache mit Herrn Pf. erfolgten. Soweit die Beigeladene zu 2.) Darlehensverträge für die Gesellschaft unterschrieben bzw. Darlehen der Gesellschaft gewährt habe, ergebe sich hieraus kein wesentliches Unternehmerrisiko. Zwar sei die Gewährung eines Darlehens durch einen Arbeitnehmer an seinen Arbeitgeber untypisch, andererseits seien solche Leistungen auch nicht ausgeschlossen. Auch wenn die Beigeladene zu 2.) die GmbH finanziell unterstützt haben sollte, so sei dies nicht aus einer selbständigen Tätigkeit heraus, sondern aufgrund familiärer Beziehungen geschehen. Als Ehefrau eines Gesellschafter-Geschäftsführers habe die Beigeladene zu 2.) ein gesteigertes Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Außerdem werde die Mitunterschrift auf Darlehensverträgen von vielen kreditgebenden Geldinstituten gefordert, sei Ausfluss aus der gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung von Ehegatten und reiche für die Annahme eines bestehenden Unternehmerrisikos nicht aus.

Am 11.07.2012 hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung der Klage hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, die Beigeladene zu 2.) habe ihre Arbeitsleistung nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erbracht. Hierfür spreche insbesondere ihre familiäre Verbundenheit zu ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer Pf ... Die Klägerin und die Beigeladene zu 2.) hätten den Arbeitsvertrag nicht vollzogen. So hätte die Beigeladene zu 2.) nicht die darin vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit erbracht, sondern sei nur in geringerem Umfang für sie beratend tätig gewesen. Auch hätte die Beigeladene zu 2.) keinen Urlaub in Anspruch genommen. Ein formal vorhandenes Weisungsrecht sei tatsächlich nicht ausgeübt worden. Darüber hinaus trage die Beigeladene zu 2.) ein erhebliches eigenes wirtschaftliches Risiko, da sie bei der Finanzierung der Gesellschafterdarlehen als Mitschuldnerin die Darlehensverträge unterzeichnet habe. Darüber hinaus bestehe zwischen der Beigeladenen zu 2.) und ihrem Ehegatten eine Innengesellschaft nach bürgerlichem Recht. Sie übten gemeinsam die Geschäftsführung unter beiderseitigem Arbeitseinsatz aus, um aus den erwirtschafteten Erträgen ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Am 02.10.2012 hat die Klägerin beim SG einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (S 11 R 3594/12 ER).

Mit Urteil vom 19.11.2012 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beigeladene zu 2.) habe im Prüfzeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2010 seit dem 01.11.2007 für die Klägerin eine abhängige Beschäftigung ausgeübt und damit der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung unterlegen. Ebenso seien für sie Beiträge im Umlageverfahren zu leisten. Hierfür spreche zunächst der Arbeitsvertrag vom 25.10.2007. Er trage bereits die Überschrift "Arbeitsvertrag", auch würden die Klägerin und die Beigeladene zu 2.) als "Arbeitgeber" bzw. "Arbeitnehmer" bezeichnet. Die in diesem Vertrag getroffenen Vereinbarungen enthielten die typischen Elemente eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses (regelmäßige Arbeitszeit, feststehendes monatliches Gehalt, Anspruch auf Erholungsurlaub, Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung). Auch wenn - den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt - die Beigeladene zu 2.) nicht den arbeitsvertraglichen Regelungen entsprechend tätig geworden sei, sondern ihre wöchentliche Arbeitszeit wesentlich geringer gewesen sei und sich ihre Arbeitsleistung vorwiegend auf eine beratende Tätigkeit beschränkt habe, spreche doch zumindest indiziell die getroffene Vereinbarung für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 2.). Zu beachten sei darüber hinaus die vertraglich vereinbarte qualifizierte Schriftformklausel. Eine formlose Abbedingung schriftlich vereinbarter Vertragsbestandteile würde nämlich dem Willen der Vertragsparteien, wie sie in der qualifizierten Schriftformklausel zum Ausdruck komme, zuwiderlaufen. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche auch die Entlohnung der Beigeladenen zu 2.). Ihr sei monatlich Arbeitsentgelt in im Voraus vereinbarter feststehender Höhe ausbezahlt worden. Die vorliegenden Gehaltsabrechnungen enthielten keine Bestandteile, die nur ansatzweise auf eine - für eine selbstständige Tätigkeit typische - Gewinn- oder Umsatzbeteiligung schließen ließen. Die Klägerin habe den Arbeitslohn als Betriebsausgabe und nicht als Privatentnahme verbucht und Lohnsteuer abgeführt. Sie habe somit für den Bereich des Steuerrechts eindeutig zum Ausdruck gebracht, die Beziehung zu der Beigeladenen zu 2.) auf die Grundlage eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses stellen zu wollen. Werde aber steuerrechtlich von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen, liege ein solches regelmäßig auch im Bereich der Sozialversicherung vor.

Ein eigenes Unternehmensrisiko habe die Beigeladene zu 2.) nicht getragen. Die Beigeladene zu 2.) sei selbst nicht an der Klägerin beteiligt. Nur ihr Ehemann sei (Mit-)Gesellschafter und Geschäftsführer. Auch reiche allein die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft unter Eheleuten nicht aus, um eine nach außen hin durchweg als versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis dokumentierte Tätigkeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten als unternehmerische Tätigkeit einzustufen. Durch die Gewährung eines Darlehens bzw. die Übernahme einer Bürgschaft erhalte der Darlehensgeber keine Befugnisse, die Geschicke des Betriebes zu beeinflussen. Hieraus entstehe auch kein Betriebsrisiko, denn die Tragung dieser Risiken finde ihre Rechtfertigung in den zugrunde liegenden ehelichen Beziehungen. Eheleute hätten in der Regel ein gesteigertes beiderseitiges Interesse am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens eines der Ehegatten. Zudem würden selbstschuldnerische Bürgschaften üblicherweise von Kreditinstituten bei der Kreditgewährung an verheiratete Schuldner verlangt. In bestehenden Ehen sei es üblich, Entscheidungen in wichtigen finanziellen Angelegenheiten gemeinsam zu treffen. Aus einer solchen Handhabung ließen sich keine gewichtigen Schlüsse auf eine unternehmerische Stellung der Ehegatten ziehen. Selbst das Bestehen einer Innengesellschaft zwischen der Beigeladenen zu 2.) und ihrem Ehemann würde nicht zu einem eigenen Unternehmensrisiko von der Beigeladenen zu 2.) führen. Hierfür müsste sie nämlich - wie ihr Ehemann - am Gewinn und Verlust der Klägerin beteiligt sein. Infolge der Darlehensgewährung an diese trage sie jedoch - wie jeder Darlehensgeber - lediglich das Risiko der Darlehenstilgung. Eine für eine selbstständige Tätigkeit typische Weisungsfreiheit habe ebenso nicht vorgelegen. Die Klägerin habe selbst im Widerspruchsverfahren ausgeführt, die Beigeladene zu 2.) habe sämtliche Tätigkeiten in Absprache mit ihrem Ehemann vorgenommen. Bei engem Verwandtschaftsverhältnis sei es sogar unschädlich, wenn tatsächlich keine Weisungen erteilt würden, soweit der Arbeitnehmer keine beherrschende Stellung im Unternehmen innehabe. Die Pflicht zur Erbringung der Beiträge für das Umlageverfahren folge aus § 7 AAG. Die nachzuleistenden Beiträge habe die Beklagte zutreffend festgesetzt. Die Klägerin habe gegen die Beitragshöhe auch keine Einwände erhoben.

Mit Beschluss ebenfalls vom 19.11.2012 hat das SG den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt und ausgeführt, der Antrag sei unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das Gericht verweise insofern auf die Ausführungen im Urteil vom 19.11.2012. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Beschwerde hat das Landessozialgericht (LSG) mit Beschluss vom 22.04.2013 zurückgewiesen (L 5 R 5269/12 ER-B).

Gegen das Urteil hat die Klägerin am 19.12.2012 Berufung beim LSG eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das SG habe zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 als rechtmäßig angesehen und die Klage abgewiesen. Aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände sei festzustellen, dass die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse mehr gegen als für eine abhängige Beschäftigung sprächen, da die Beigeladene zu 2.) mehr auf der Unternehmer- als auf der Arbeitnehmerseite des Unternehmens gestanden habe. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2.) entspreche in keiner Weise den mit Arbeitsvertrag vom 25.10.2007 getroffenen arbeitsvertraglichen Regelungen. Der Arbeitsvertrag sei von einem Verwandten des Ehemannes der Beigeladenen zu 2.) gefertigt worden und habe nicht dem Willen der Vertragsparteien, die eine selbständige Tätigkeit hätten begründen wollen, entsprochen. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2.) unterliege weder zeitlichen noch sachlichen Einschränkungen. Eine Eingliederung in den Arbeitsprozess der Firma liege faktisch entgegen den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag nicht vor. Sie habe keine regelmäßigen Arbeitszeiten einzuhalten gehabt und weder Lohnfortzahlung noch Erholungsurlaub erhalten. Die anderslautenden arbeitsvertraglichen Vereinbarungen seien nicht umgesetzt worden und widersprächen den tatsächlichen Verhältnissen. Unzutreffend sei überdies in § 8 des Vertrages vom 25.10.2007 vereinbart worden, dass die Beigeladene zu 2.) keiner weiteren entgeltlichen Beschäftigung nachgehen dürfte. Die Haupttätigkeit der Beigeladenen zu 2.) sei damals wie heute ihre Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Firma Farben Pf. GmbH, K. 33, R ... Schon aufgrund dieser Tätigkeit sei die Beigeladene zu 2.) nicht dazu in der Lage, die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden einzuhalten. Auch diese in § 3 des Arbeitsvertrages getroffene Vereinbarung entspreche nicht den tatsächlichen Begebenheiten. Der Arbeitsvertrag sei lediglich formal vereinbart worden und entspreche nicht den tatsächlichen Begebenheiten. Gegen die Annahme einer selbständigen Tätigkeit spreche entgegen der Auffassung des SG nicht, dass die Beigeladene zu 2.) ihre Tätigkeiten mit ihrem Ehemann abspreche, der als Gesellschafter an der Klägerin mit 33 Prozent kapitalmäßig beteiligt sei. Entgegen der Auffassung des SG habe die Beigeladene zu 2.) bei der Ausübung ihrer beratenden Tätigkeit keinem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Sie habe aufgrund ihrer in der Firma Farben-Pf. GmbH erworbenen Kenntnisse und ihres speziellen Know-hows lediglich eine beratende und unterstützende Funktion in dem Unternehmen der Klägerin gehabt. Sie habe ihre Tätigkeit frei bestimmen und gestalten können und habe bei der Führung des Betriebs mitgewirkt. Hervorzuheben sei zudem, dass sie ihre Tätigkeit nicht anstelle einer fremden Arbeitskraft ausgeführt habe, sondern lediglich unterstützend in der Leitung der Firma mitgewirkt habe, soweit es ihre Haupttätigkeit bei der Firma Farben-Pf. GmbH zugelassen habe. Im vorliegenden Fall lägen eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht vor, so dass von einer nichtversicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund einer familienhaften Zusammengehörigkeit auszugehen sei.

Weiteres Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei, dass die Beigeladene zu 2.) das wirtschaftliche Risiko der Klägerin aufgrund der Aufnahme verschiedener Darlehen für die Gesellschaft in Höhe von insgesamt 160.828,08 EUR in sehr erheblicher Weise mitgetragen habe. In der Vergangenheit sei die Klägerin zur Stabilisierung ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Lage auf die Zuführung von Kapital angewiesen gewesen. Seitens der Sparkasse B.l seien den Eheleuten Pf. hierfür ein Darlehen am 09.11.2004 (Nr. 6 ) über 116.552,87 EUR und ein Darlehen am 13.05.2004 (Nr. 6 ) über 8.000,00 EUR gewährt worden. Diese Darlehen seien am 01.03.2012 zu einem Darlehen (Nr. 6 ) in Höhe von insgesamt 160.828,08 EUR zusammengeführt worden. Im Mai 2010 habe die Beigeladene zu 2.) zusammen mit ihrem Ehemann der Klägerin mit Darlehensvertrag vom 23.05.2010 ein Darlehen über 50.000,00 EUR gewährt. Die Darlehenssumme habe die Klägerin für die Bezahlung verschiedener Warenlieferungen benötigt. Die Beigeladene zu 2.) trage als Darlehensgeberin ein erhebliches eigenes wirtschaftliches Risiko. Weiterhin sei sie Darlehensnehmerin der bei der Sparkasse B. in Anspruch genommenen Darlehen, die zur Finanzierung weiterer Gesellschafterdarlehen verwendet worden seien. Diese Gesellschafterdarlehen stellten wirtschaftliches Eigenkapital der Klägerin dar.

Weiterhin sei von einer Mitunternehmerschaft der Beigeladenen zu 2.) auszugehen. Zwischen den Eheleuten Pf. bestehe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), da sie abredegemäß durch beiderseitige Leistungen einen über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgten, indem sie durch Einsatz von Vermögenswerten und Arbeitsleistung gemeinsam ein Vermögen aufbauten und eine berufliche Tätigkeit bei der Farben Pf. GmbH und der Klägerin gemeinsam ausübten. Es sei von einer Innengesellschaft auszugehen, da die Ehegatten gemeinsam unter beiderseitigem Arbeitseinsatz den Betrieb führten und aus den erwirtschafteten Erträgen den Familienunterhalt bestritten, auch wenn nach außen nur Herr Pf. als Gesellschafter der Klägerin auftrete.

Bei einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände erweise sich, dass die Beigeladene zu 2.) bei der Klägerin ab dem 01.11.2007 nicht abhängig beschäftigt gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.11.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 22.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 06.07.2012 sowie auf das Urteil des SG vom 19.11.2012 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 22.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.07.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte fordert für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2.) bei der Klägerin im Prüfzeitraum zu Recht Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von insgesamt 13.799,60 EUR nach.

Gem. § 28p Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV). Die Betriebsprüfung umfasst auch die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz – AAG (vgl. BSG Urt. v. 30.10.2002 – B 1 KR 19/01 R SozR 3-2400 § 28p Nr. 1).

Gemäß § 24 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) setzt die Versicherungspflicht zur gesetzlichen Arbeitslosen- und Rentenversicherung jeweils ein Beschäftigungsverhältnis voraus. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht auch eingeschränkt und zur "dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein (dazu BSG Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie in einer von der anderen Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebs aufgehen (BSG Urt. v. 19.06.2001 – B 12 KR 44/00 R). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit (zuletzt z.B. Urt. v. 04.09.2013 – L 5 R 4751/11).

Im Einzelfall kann es darauf ankommen, ob der Betreffende im Unternehmen "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Inhaber des Unternehmens (etwa die Gesellschafter einer GmbH) persönlich dominiert oder weil diese von ihm wirtschaftlich abhängig sind (vgl. auch BSG Urt. v. 04.07.2007 – B 11a AL 5/06 R -). In diesem Fall ist er selbständiger Unternehmer. Dies hat das BSG in seiner älteren Rechtsprechung insbesondere für den (Fremd)Geschäftsführer einer GmbH angenommen, der mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist (BSG Urt. v. 18.12.2001 – B 12 KR 10/01 R; Urt. v. 17.05.2001 – B 12 KR 34/00 R; Urt. v. 06.03.2003 – B 11 AL 25/02 R; auch LSG Nordrhein-Westfalen Urt. v. 04.03.2004 – L 9 AL 150/02). In seiner neueren Rechtsprechung hat das BSG allerdings Zweifel an dieser "Überlagerungsrechtsprechung" geäußert und die Bedeutung der Rechtsmacht (im Unternehmen) für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung hervorgehoben (vgl. BSG Urt. v. 29.8.2012 – B 12 KR 25/10 R und – B 12 R 14/10 R); es spreche einiges dafür, der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse maßgebende Bedeutung beizumessen, da entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer (abhängigen) Beschäftigung auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit sei, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden (BSG, a. a. O.). Unerheblich ist in jedem Fall, dass eine bestehende Rechtsmacht mit daraus folgenden Weisungsrechten (mangels tatsächlichen Anlasses) in der Geschäftspraxis nicht ausgeübt wird, solange sie nur aufrechterhalten bleibt und von ihr (bei gegebenem Anlass, etwa bei einem familiären Zerwürfnis) Gebrauch gemacht werden kann. Eine (bloße) "Schönwetter-Selbstständigkeit" (so BSG, a. a. O.) ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht hinnehmbar.

Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben; zu diesen gehört, unabhängig von ihrer Ausübung, auch die einem Beteiligten zustehende (nicht wirksam abbedungene) Rechtsmacht. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (zu alledem etwa BSG Urt. v. 25.01.2006 – B 12 KR 30/04 R; Urt. v. 19.06.2001 – B 12 KR 44/00 R, m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung vgl. zuletzt BSG Urt. v. 29.08.2012 – B 12 KR 25/10 R). Die Zuordnung nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d.h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (so BSG Urt. v. 24.05.2012 – B 12 KR 14/10 R und – B 12 KR 24/10 R).

Nach den genannten Grundsätzen richtet sich auch, ob die Tätigkeit im Unternehmen eines Ehegatten ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis darstellt oder nicht. Familiäre Bindungen schließen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht von vornherein aus. Unschädlich ist vor allem, dass die Abhängigkeit des Beschäftigten bei familiärer Verbundenheit im Allgemeinen weniger stark ausgeprägt ist und Weisungsrechte deshalb möglicherweise nur mit gewissen Einschränkungen ausgeübt werden (BSG Urt. v. 17.12.2002 – B 7 AL 34/02 R, m.w.N.). Das sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigungsverhältnis in Familienunternehmen ist darüber hinaus abzugrenzen von der nicht versicherungspflichtigen Mitarbeit aufgrund familienhafter Zusammengehörigkeit; hierfür sind ebenfalls alle Umstände des Einzelfalles maßgeblich (Urteil d. Senats v. 17.12.2002 – B 7 AL 34/02 R, m.w.N.). Danach setzt ein Beschäftigungsverhältnis neben der Eingliederung des Familienangehörigen in den Betrieb mit einem ggf. abgeschwächten Weisungsrecht des Arbeitgebers voraus, dass ein Entgelt gezahlt wird, das einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit darstellt. Es muss über freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeiten hinausgehen. Abzustellen ist weiter darauf, ob ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, das gezahlte Entgelt der Lohnsteuerpflicht unterliegt, als Betriebsausgabe verbucht und dem Angehörigen zur freien Verfügung ausgezahlt wird, und ob der Angehörige eine fremde Arbeitskraft ersetzt. Ist all das der Fall, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Familienangehörige, auch der Ehegatte, auf das Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, wenngleich dies die Abhängigkeit des Beschäftigten indizieren kann (vgl. BSG Urt. v. 19.02.1987 - 12 RK 45/85 SozR 2200 § 165 Nr. 90; BSG Urt. v. 23.06.1994 – 12 RK 50/93). Indizwirkung kann auch der Höhe des gezahlten Entgelts zukommen (BSG Urt. v. 17.12.2002 – B 7 AL 34/02 R). Allerdings schließt eine - auch erheblich - untertarifliche Bezahlung des Verwandten ein Beschäftigungsverhältnis nicht von vornherein aus (vgl. auch BSG Urt. v. 12.09.1996 – 7 RAR 120/95; zu alledem auch Senatsurteile v. 30.07.2008 – L 5 KR 5339/08 und v. 04.02.2009 – L 5 KR 2219/08).

Im Einzelfall kann auch die Gewährung von Darlehen oder Sicherheiten (Bürgschaften) für das Unternehmen auf ein unternehmerischen Risiko hinweisen und als arbeitnehmeruntypisches Verhalten gegen eine abhängige Beschäftigung sprechen. Allerdings ist das den Darlehensgeber oder Bürgen treffende Ausfallrisiko bzw. das daraus folgende Risiko der Haftung mit dem privaten Vermögen vom Kapitalrisiko des Unternehmers im Ansatz zu unterscheiden; es tritt gegenüber den Gesichtspunkten, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, vielfach eher in den Hintergrund (in diesem Sinne auch LSG Baden-Württemberg Urt. v. 22.03.2013 - L 4 KR 3725/11). Namentlich eine Bürgschaft kann in erster Linie für die Abgrenzung einer Beschäftigung gegenüber einer durch "Mitunternehmerschaft" begründeten Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb von Bedeutung sein, während ihre Bedeutung für die Zuordnung einer Tätigkeit in einem fremden Betrieb gering ist, da sie kein mit der Tätigkeit verbundenes Risiko darstellt (BSG Urt. v. 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R). Die Gewährung von Darlehen und Sicherheiten für das Unternehmen erlaubt im Unterschied zur Verteilung der Rechtsmacht im Unternehmen zudem regelmäßig keine hinreichend klare Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status, da es neben dem von Fall zu Fall unterschiedlich zu gewichtenden Umfang eines solchen wirtschaftlichen Engagements zusätzlich auf die ihm zugrunde liegenden Motive ankommt. So haben Darlehen oder Bürgschaften unter Eheleuten nicht dieselbe Bedeutung wie Darlehen oder Bürgschaften unter miteinander nicht verheirateten (oder verwandten) Personen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 15.08.2008 - L 4 KR 4577/06; Urt. v. 23.02.2010 - L 11 KR 2460/09). Ebenso kann zu berücksichtigen sein, ob der Arbeitnehmer dem Unternehmen in wirtschaftlichen Notlagen - zur Erhaltung des Arbeitsplatzes (vgl. etwa BSG Urt. v. 17.05.2001 - B 12 KR 34/00 R; LSG Baden-Württemberg Urt. v. 22.03.2013 - L 4 KR 3725/11) - oder aus anderen Gründen Darlehen bzw. Sicherheiten gewährt.

Zur Überzeugung des Senats steht gemessen an diesen Grundsätzen und unter Berücksichtigung und Würdigung einer Gesamtschau aller Umstände des vorliegenden Falles fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2.) bei der Klägerin in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2010 als abhängige Beschäftigung zu qualifizieren ist, mit der Folge, dass die Beigeladene zu 2.) aufgrund dieser Beschäftigung versicherungspflichtig in der – hier allein streitigen – gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung ist. Die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen vorliegend. Die Tätigkeit der Klägerin ist weder eine selbständige noch lediglich im Rahmen einer familiären Mithilfe ausgeübt worden.

Für die Überprüfung der rechtlich relevanten Umstände ist grundsätzlich der zwischen den am Beschäftigungsverhältnis beteiligten Personen geschlossene Arbeits- oder Anstellungsvertrag maßgeblich. Auszugehen ist deshalb zunächst von dem vorgelegten Arbeitsvertrag und den - bis August 2010 - in Übereinstimmung mit dem dort vereinbarten Entgelt erfolgten Gehaltszahlungen. Dem steht nicht entgegen, dass das vorgelegte Vertragsexemplar nicht unterschrieben ist. Durch die Vorlage des Schriftstücks im Verfahren zur Betriebsprüfung (im Zusammenhang mit den vorgefundenen Lohnabrechnungen) wird deutlich, dass die dort dokumentierten Vereinbarungen Grundlage des an die Beigeladene zu 2.) gezahlten Lohns sein sollen. Das SG hat deshalb zutreffend diesen Vertrag zugrundegelegt und zum Vertragsinhalt ausgeführt, dass daraus eindeutig eine abhängige Beschäftigung folgt. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die danach bestehenden rechtlichen Verhältnisse sind auch nicht durch die tatsächlichen Verhältnisse derart überlagert, dass eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dennoch ausscheidet. Dass die vereinbarte Tätigkeit der Beigeladenen zu 2.) als Leiterin zweier Ladengeschäfte entgegen den vertraglichen Vorgaben in einer Weise ausgeübt worden ist, die als selbständige Tätigkeit zu qualifizieren ist, lässt sich nicht feststellen. Bis zuletzt hat die Klägerin keine konkreten Angaben zur Tätigkeit der Beigeladenen zu 2.) gemacht. Die vorliegenden Angaben reichen nicht zur Feststellung, dass die Beigeladene zu 2.) - entgegen dem vorgelegten Arbeitsvertrag - tatsächlich monatliche Zahlungen ohne Gegenleistung (zu Lasten der Gesellschaft und ihrer Gläubiger) oder für eine völlig andere - insbesondere selbständige - Tätigkeit (ohne eine entsprechende vertragliche Grundlage) erhalten hat. Dass der vorgelegte, nicht unterschriebene Arbeitsvertrag nicht oder lediglich zum Schein geschlossen worden ist und die Ausübung einer Tätigkeit zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, wurde bis zuletzt nicht vorgetragen. Soweit geltend gemacht wird, dass die Arbeitszeit wesentlich geringer als 40 Stunden gewesen sei, findet dies nur für die Zeit ab September 2010 seine Bestätigung darin, dass nur noch die Hälfte des vereinbarten Entgelts ausbezahlt wurde. Dass keine frühere Gehaltsanpassung erfolgt ist, spricht aber gleichzeitig dagegen, dass der Vertrag von Anfang an nicht in der vereinbarten Form umgesetzt worden ist. Auch ab September 2010 war die Tätigkeit weiterhin mehr als geringfügig, was sich schon aus dem monatlichen Entgelt in Höhe von 750 EUR ergibt. Dementsprechend ist das SG zutreffend mangels ausreichender anderer Anhaltspunkte von der vertraglichen Gestaltung ausgegangen.

Für eine abhängige Beschäftigung spricht desweiteren, dass das gezahlte Bruttoentgelt als Betriebsausgabe der Klägerin verbucht und Lohnsteuer abgeführt wurde. Die Verbuchung der Vergütung an Ehegatten als Betriebsausgaben und die tatsächliche zeitnahe Entrichtung von Lohnsteuer ist ein (weiteres) Indiz für eine abhängige Beschäftigung (BSG Urt. v. 16.12.1960 – RK 47/56, SozR Nr 22 zu § 165 RVO).

Die Beigeladene zu 2.) war ferner nicht (Mit-)Inhaberin der Klägerin. Sie ist nicht Gesellschafterin der Klägerin und hat damit keinerlei Rechtsmacht innerhalb der GmbH. Soweit in der Berufungsbegründung geltend gemacht wird, dass die Beigeladene zu 2.) - soweit es ihr zeitlich möglich war - bei der Führung des Betriebs mitgewirkt habe, ist festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen im Widerspruchsverfahren ihr Ehemann keine Sperrminorität innehatte, da die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gemäß § 6 Abs. 7 des Gesellschaftsvertrags vom 27.06.2005 mit einfacher Mehrheit gefasst werden und er im streitgegenständlichen Zeitraum nur mit einem Drittel am Stammkapital beteiligt war. Im Übrigen ist auch zu dem behaupteten Einfluss der Beigeladenen zu 2.) auf die Gesellschaft und ihrer Beteiligung am Unternehmenserfolg nichts Konkretes vorgetragen. Dass die Ehegatten-Innengesellschaft, vertreten durch einen im Außenverhältnis handelnden Ehegatten, u.a. die Einkünfte aus der Unternehmensbeteiligung an der Klägerin erzielt hat, lässt sich aus dem Vortrag nicht entnehmen. Es ist noch nicht einmal behauptet, dass die entsprechenden - positiven oder negativen - Einkünfte steuerlich als gemeinsame Einkünfte geltend gemacht und anerkannt worden seien. Dabei ist zu beachten, dass die Beigeladene zu 2.) nicht nur an einem möglichen Gewinn sondern auch am Verlust entsprechend beteiligt sein müsste und zudem an den Nachweis der Ernstlichkeit einer solchen Vertragsgestaltung die strengen Anforderungen zu stellen sind, die für Verträge unter nahen Angehörigen gelten.

Ein eigenes unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 2.), das zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit führen könnte, ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Darlehensverträgen. Bei den Darlehensverträgen vom 13.05.2004 und 09.11.2004 handelt es sich um Darlehen, die die Eheleute als Darlehensnehmer von der Sparkasse Bühl in Anspruch genommen haben. Ein Zusammenhang mit der Klägerin ist nicht ersichtlich. Ein solcher könnte eher mit der Farbengeschäft Pf. GmbH, K. 2 in R., die durch die Eheleute Pf. am 19.11.2003 gegründet worden war, gesehen werden. Denn die Klägerin wurde erst am 27.06.2005 gegründet und war damit bei der Inanspruchnahme der Kredite der Sparkasse durch die Eheleute Pf. noch nicht existent. Der Darlehensvertrag mit der Klägerin als Darlehensnehmerin über 50.000,00 EUR wurde erst am 23.05.2010 geschlossen und ist als Darlehensgeber nur von Herrn Pf. unterschrieben, der auch für die Klägerin als Darlehensnehmerin unterschrieben hat. Weitere Darlehensverträge mit der Klägerin als Darlehensnehmerin wurden nicht vorgelegt. Auch wenn man davon ausgeht, dass auch die Beigeladene zu 2.) Darlehensgeberin des Darlehens über 50.000,00 EUR ist und ihr Ehemann der Klägerin weitere Darlehen aus dem gemeinsamen Vermögen oder finanziert über gemeinsame Verbindlichkeiten der Eheleute gewährt hat, führt dies nicht dazu, dass die Beigeladene zu 2.) am Unternehmensrisiko im Sinne einer Mitunternehmerin teilhat. Als Kapitaleinlage kann die Kreditgewährung nicht gewertet werden (zu diesem Gesichtspunkt etwa LSG Bayern, Urt. v. 15.4.2008 - L 5 KR 224/07). Mit der Gewährung dieses Darlehens (die Beigeladene zu 2. kann nach dem Darlehensvertrag weder die Verwendung der Gelder beeinflussen noch kontrolliere) hat sie keinen Einfluss auf das Unternehmen und keine eigene Teilhabe am Unternehmenserfolg erlangt, da der Vertrag vom 23.05.2010 auch sonst keinerlei Regelungen enthält, die der Beigeladenen zu 2.) irgendeinen Einfluss auf die Gesellschaft ermöglichen würde; Letzteres hat das SG zutreffend dargelegt. Auch insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Zusammenfassend stellt der Senat fest, dass bei einer Gesamtschau aller für und gegen eine abhängige Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 2.) sprechen, überwiegen.

Hinsichtlich der Höhe der geforderten Beiträge und Umlagen sind Fehler in der Berechnung nicht ersichtlich und werden auch von der Klägerin nicht behauptet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese (insbesondere) Sachanträge nicht gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2.) ist Versicherte (§ 183 SGG), weswegen ihr Kosten gem. § 197a Abs. 2 Satz 2 SGG nicht auferlegt werden können; ihre außergerichtlichen Kosten sind von anderen Beteiligten nicht zu erstatten.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG, wobei der vorliegende Fall auch keine bislang ungeklärten Rechtsfragen aufwirft.
Rechtskraft
Aus
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