L 12 AS 166/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 4302/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 166/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerinnen vom 14.01.2014 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerinnen ist zulässig, insbesondere wäre im Hinblick auf die geltend gemachten Leistungen auch in der Hauptsache die Berufung zulässig, da ein Wert des Beschwerdegegenstands von 750,- EUR überschritten würde (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG). In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat den Antrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Prozessuale Grundlage des im vorläufigen Rechtsschutz verfolgten Anspruchs ist § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung [ZPO]); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 42). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 22.11.2011 - L 12 AS 5199/11 ER-B -; Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.08.2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. In Bezug auf die Regelleistung wurde diese den Antragstellerinnen vom Antragsgegner mit Bescheid vom 17.12.2013 bewilligt. Im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Eilentscheidung am 19.12.2013 bestand hinsichtlich der Regelleistung weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Des weiteren haben die Antragstellerinnen - auch im Beschwerdeverfahren - hinsichtlich der nicht vom Antragsgegner übernommenen Kosten der Unterkunft jedenfalls das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Weder liegt eine rechtshängige Räumungsklage noch überhaupt eine Kündigung des Mietverhältnisses vor. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bezüglich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung ist es erforderlich, dass Wohnungs- und Obdachlosigkeit droht. Ein Anordnungsgrund ist damit grundsätzlich erst bei einer Rechtshängigkeit einer Räumungsklage gegeben. Selbst eine fristlose Kündigung reicht für die Bejahung der Eilbedürftigkeit nicht aus. Denn selbst für den Fall einer fristlosen Kündigung und einer sich anschließenden Räumungsklage kann die Kündigung noch abgewendet werden. Für den Fall der Räumungsklage enthält § 22 Abs. 9 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) Regelungen zur Sicherung der Unterkunft. Hiernach ist das Amtsgericht verpflichtet, dem Grundsicherungsträger unverzüglich Tatsachen und näher bezeichnete Einzelheiten einer Räumungsklage nach der Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges mitzuteilen. Dies dient der Prävention von Obdachlosigkeit und soll es den Leistungsträgern ermöglichen, auch unabhängig von einem Antrag zu prüfen, ob die Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden ist (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22 Rn. 200). Denn gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Unerheblich ist dabei, dass durch eine Räumungsklage des Vermieters Kosten für den Leistungsberechtigten entstehen können. Maßgebliches Kriterium für die Beurteilung eines Anordnungsgrundes für die Geltendmachung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung ist jedoch nicht die Vermeidung von Mehrkosten, sondern die drohende Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 07.01.2013 und vom 25.05.2012, - L 19 AS 2281/12, L 19 AS 2282/12 und L 7 AS 742/12 B ER - zitiert nach juris). Selbst nach der nicht so strengen Auffassung des LSG Sachsen-Anhalt ist vorliegend kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden. Denn der zur Bewilligung von Kosten für die Unterkunft und Heizung durch den Grundsicherungsträger durch einstweiligen Rechtsschutz erforderliche Anordnungsgrund ist nach Ansicht des LSG Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 18.11.2013 - L 5 AS 336/13 B ER) erst dann glaubhaft gemacht, wenn die Wohnung des Hilfebedürftigen wegen teilweise rückständiger Miete fristlos gekündigt ist und zu befürchten ist, dass bei einem weiteren Ausbleiben der vollständigen Mietzinsraten das Räumungsverlangen der Wohnung droht. Eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses liegt nicht vor.

Damit kommt der Erlass der begehrten Regelungsanordnung bereits mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Die Antragstellerinnen haben keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO verlangt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit; dabei sind allerdings keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. Bundesverfassungsgericht, NJW 1997, 2102). Unter Beachtung dieser Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung der Antragstellerinnen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt.

Diese Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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