Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 7 KA 1258/08
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 3 SF 915/12 EK
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Für die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer sowie für die Beurteilung einer wirksamen Verzögerungsrüge kommt es auf die Dauer und die Umstände des gesamten Ausgangsverfahrens „instanzübergreifend“ bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Entschädigungsgerichts an. Ein Vorverfahren ist nicht gesondert zu beurteilen, kann aber für die Gesamtverfahrensdauer unter Umständen von Bedeutung sein. Das zuständige Entschädigungsgericht beurteilt die Unangemessenheit einer Verfahrensdauer unabhängig davon wie viele Instanzen das Verfahren durchlaufen hat. Ansatzpunkt ist zwar zunächst die Verfahrensdauer in der jeweiligen Instanz, es erfolgt jedoch keine isolierte Betrachtung der Instanz.
Bei der Bewertung von sich aus den Akten ergebenden Zeiträumen scheinbarer Nichtbearbeitung bedeuten solche „Lücken“ nicht, dass diese per se zu einer unangemessenen Verfahrensdauer beigetragen haben. Zum einen besteht kein Anspruch eines Rechtsuchenden auf eine ausschließliche oder beinahe lückenlose Bearbeitung der Sache durch den zuständigen Richter, der Staat ist auch nicht verpflichtet, für eine solchen Bearbeitung erforderliche Gerichtskapazitäten vorzuhalten. Zum anderen bedeuten solche, sich aus den Akten ergebende Lücken scheinbarer Nichtbearbeitung nicht, dass die Sache vom zuständigen Richter in diesem Zeitraum nicht bearbeitet wurde. Beispielsweise werden dem Rechtsstreit dienende Recherchen, die Kenntnisnahme aktueller Rechtsprechung zum Fall oder beim Landessozialgericht übliche Besprechungen in der Sache (auch zur Abstimmung) mit Senatskollegen oder Richtern anderer Senate nicht in den Akten vermerkt, gleichwohl wird das Verfahren bearbeitet. Auch diesbezüglich ist eine genaue Bewertung und Gesamtschau im Einzelfall erforderlich.
Bei der Bewertung von sich aus den Akten ergebenden Zeiträumen scheinbarer Nichtbearbeitung bedeuten solche „Lücken“ nicht, dass diese per se zu einer unangemessenen Verfahrensdauer beigetragen haben. Zum einen besteht kein Anspruch eines Rechtsuchenden auf eine ausschließliche oder beinahe lückenlose Bearbeitung der Sache durch den zuständigen Richter, der Staat ist auch nicht verpflichtet, für eine solchen Bearbeitung erforderliche Gerichtskapazitäten vorzuhalten. Zum anderen bedeuten solche, sich aus den Akten ergebende Lücken scheinbarer Nichtbearbeitung nicht, dass die Sache vom zuständigen Richter in diesem Zeitraum nicht bearbeitet wurde. Beispielsweise werden dem Rechtsstreit dienende Recherchen, die Kenntnisnahme aktueller Rechtsprechung zum Fall oder beim Landessozialgericht übliche Besprechungen in der Sache (auch zur Abstimmung) mit Senatskollegen oder Richtern anderer Senate nicht in den Akten vermerkt, gleichwohl wird das Verfahren bearbeitet. Auch diesbezüglich ist eine genaue Bewertung und Gesamtschau im Einzelfall erforderlich.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Entschädigung wegen einer unangemessen Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens aus dem Vertragsarztrecht hat, das erstinstanzlich bei dem Sozialgericht Gotha unter dem Aktenzeichen S 7 KA 1258/08 und in der Berufungsinstanz unter dem Aktenzeichen L 11 KA 1381/11 - Thüringer Landessozialgericht - geführt wurde.
Die Klägerin ist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie führt seit Jahren verschie-dene Rechtsstreitigkeiten gegen die K ...
Am 11. März 2008 hat sie beim Sozialgericht in Gotha Untätigkeitsklage erhoben mit dem Antrag "die K. aufzufordern, meine fortlaufenden Anträge bezüglich der Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets gemäß der Allgemeinen Bestimmungen A. I. B 4. 3. EBM ab 17.05.98 bis II/03 und später im Rahmen der individuellen Punktzahl ordnungsgemäß be-scheiden zu lassen". Bereits mit der Klageerhebung beantragte sie "wegen des Sachzusam-menhangs" die Verbindung der "vorliegenden Untätigkeitsklage" mit dem "Verfahren ohne Aktenzeichen bezüglich der Honorarwidersprüche der Quartale I/98, II/98 und III/98, welches aufgrund des noch ausstehenden Urteils des SG Gotha ( ) vom LSG Erfurt zurückgegeben wurde".
Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 7 KA 1258/08 geführt. Die Klageschrift enthielt umfangreiche Anlagen, unter anderem eine tabellarische Auflistung ihrer Widersprüche und Klagen gegen die K., ein Schreiben der Klägerin an die K. vom 15. Dezember 2007, ein Schreiben der K. vom 5. März 2008 zu Widersprüchen der Klägerin gegen Honorarbescheide der Quartale II/2000 bis II/2003, formularmäßige Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide für die Quartale III/97 und IV/97, ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben der K. vom 23. Juli 1998, einen Bescheid der K. vom 27. August 1998, ein Widerspruchsschreiben der Klägerin gegen den Honorarbescheid des Quartals I/98 sowie eine ergänzende Begründung zum Widerspruch gegen die Honorarbescheide der Quartale III/97 und IV/97 vom 8. November 1998, ein Schreiben der Klägerin an die K. vom 12. Dezember 1998, der die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/98, III/97, IV/97 und I/98 betraf, ein Schreiben der Klägerin an den Vorstand der K. vom 18. April 1999, das einen Widerspruch der Klägerin gegen den Honorarbescheid für das III. Quartal 1998 betraf, einen Bescheid der K. vom 4. März 1999, einen Widerspruchsbescheid der K. vom 6. Dezember 1999, einen Widerspruchsbescheid der K vom 13. März 2000, eine an das Sozialgericht in Gotha gerichtete Klage vom 21. Dezember 1999, ein an das Sozialgericht in Gotha gerichtetes Schreiben der Klägerin vom 2. April 2000 sowie eine umfangreiche Klagebegründung der Klägerin vom 28. Oktober 2002 zu den beim Sozialgericht Gotha damals anhängigen Verfahren S 7 KA 35/00, S 7 KA 2206/00, S 7 KA 104/01, S 7 KA 2518/00 und S 7 KA 401/01.
Mit Verfügung vom 18. März 2008 hat das Sozialgericht die Klageschrift der beklagten K. zur Stellungnahme übersandt. Mit am 10. Juni 2008 eingegangenem Schriftsatz hat die K. beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Klageverfahren betreffend der Widersprüche der Kläge-rin gegen Honorarbescheide der Quartale I/98, II/98 und III/98 sei bei der Beklagten nicht verzeichnet. Das Landessozialgericht habe in der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2007, Az.: L 4 KA 865/06, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 14. April 2004 wegen der Quartale I/98, II/98 und III/98 als unzulässig verworfen und die Revisi-on nicht zugelassen. Das Verfahren sei damit beendet. Die Klage auf Erweiterung des Praxis-budgets für die Quartale III/97 für physikalisch-medizinische Leistungen habe das Sozialge-richt mit Urteil vom 16. April 2008, Az.: S 7 KA 137/04, verbunden mit S 7 KA 2337/04, abgewiesen. Damit sei auch dieses Verfahren beendet. Ebenfalls beendet sei das Verfahren hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit des Praxisbudgets für die Quartale III/97, IV/98, I/99, III/98, IV/99 durch Zurückweisung der Berufung durch das Thüringer Landessozialgericht mit Urteil vom 5. Dezember 2007, Az.: L 4 KA 876/04 und L 4 KA 865/06. Hierzu habe die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der einzige der Beklagten vorliegende Antrag auf Erweiterung des Praxisbudgets datiere vom 8. November 1998. Dazu sei mit Datum vom 4. März 1999 ein Bescheid ergangen, welcher bestandskräftig geworden sei. Weitere Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets seien nicht gestellt worden. Die ab dem Quartal I/2000 eingelegten Widersprüche gegen die Honorarbescheide seien mit Zustimmung der Klägerin im Hinblick auf das beim Landessozialgericht anhängig gewesene Verfahren ruhend gestellt worden. Die entsprechenden Widerspruchsbescheide würden in Kürze, entsprechend der oben genannten Entscheidung des Landessozialgerichts zur Rechtsmäßigkeit des Praxisbudgets, erlassen. Die Widersprüche hätten keine Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets enthal-ten. Zusammenfassend seien keinerlei Anhaltspunkte für eine Untätigkeit der Beklagten er-sichtlich. Aufgrund der oben dargelegten Ausführungen sei es der Beklagten momentan nicht klar, welche Unterlagen als Verwaltungsakte angesehen und dem Gericht übermittelt werden könnten.
Mit Verfügung vom 10. Juni 2008 wurde der Klägerin diese Klageerwiderung zur Stellung-nahme übersandt und die Klägerin um Konkretisierung ihrer Klage gebeten. Mit am 30. Juni 2008 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin dazu unter anderem erklärt, dass "die Abar-beitung der Untätigkeitsklage" aus ihrer Sicht vorerst nur für das Quartal I/98 sinnvoll sei. Die weiteren Quartale müssten ihrer Ansicht nach ohnehin von Amts wegen im Falle einer positiven Entscheidung angepasst werden. Der letzte Satz des Schriftsatzes lautet wörtlich: "Konzentrieren wir uns also auf das Quartal I/98, wenn Ihnen das recht ist". Dem Schriftsatz waren an die K. gerichtete Widerspruchsschreiben beigefügt.
Mit am 12. März 2009 unter dem streitgegenständlichen Aktenzeichen S 7 KA 1258/08 ein-gegangenem Schriftsatz erklärte die Klägerin, sie möchte höflich an die Erledigung ihrer Un-tätigkeitsklage vom 21. Dezember 1999 mit dem Aktenzeichen S 7 KA 35/00, ihre Anmah-nung im Rahmen der Klage vom 2. April 2000, noch ohne Aktenzeichen, und ihren Antrag vom 8. März 2008 zur Ausweitung auf alle folgenden Quartale bis in die Gegenwart erinnern.
Auf die Verfügung zur Vorlage der von der Klägerin erwähnten Akte zu dem Verfahren S 7 KA 35/00 wurde vermerkt, dass sich die Akten beim Bundessozialgericht befänden. Die K. erhielt den Schriftsatz der Klägerin mit der Gelegenheit zur Stellungnahme, der Rechtsstreit wurde zur Sitzung geschrieben.
Unter dem 3. Juli 2009 wurde vom Sozialgericht Gotha unter anderem die Prozessakte S 7 KA 1258/08 vom Thüringer Landessozialgericht angefordert. Dem Ersuchen kam das Sozial-gericht mit Verfügung vom 6. Juli 2009 nach.
Mit am 29. Juli 2009 beim Sozialgericht eingegangenem Schreiben teilte das Bundesverfas-sungsgericht mit, die Klägerin habe unter anderem wegen "andauernder Unterlassung ge-richtlicher Tätigkeiten des Sozialgerichts Gotha hinsichtlich einer mit Datum vom 8. März 2008 erhobenen Untätigkeitsklage mit dem Aktenzeichen S 7 KA 1258/08" Verfassungsbe-schwerde erhoben und die Prozessakte S 7 KA 1258/08 angefordert (Az.: 1 BvR 1304/09). Dem Bundesverfassungsgericht wurde mitgeteilt, dass sich die Akten beim Thüringer Lan-dessozialgericht befänden (Verfügung vom 14. Juli 2009). Nunmehr hat sich das Bundesver-fassungsgericht mit am 23. Juli 2009 eingegangenem Schreiben an das Thüringer Landessozi-algericht gewandt und um Aktenübersendung gebeten. Mit Beschluss vom 24. September 2009 hat das Bundesverfassungsgericht (unter anderem) die von der Klägerin wegen der "an-dauernder Unterlassung gerichtlicher Tätigkeiten des Sozialgerichts Gotha hinsichtlich einer mit Datum vom 8. März 2008 erhobenen Untätigkeitsklage (Az.: S 7 KA 1258/08)" erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass es hinsichtlich der als verfassungswidrig beanstande-ten Untätigkeit des Sozialgerichts im Verfahren S 7 KA 1258/08 einer den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) genügenden Begründung fehle.
Nach Rücklauf der Akten hat das Sozialgericht mit Verfügung vom 8. Oktober 2009 die K. aufgefordert, eine Stellungnahme vorzulegen, die Klägerin erhielt mit Verfügung gleichen Datums die Mitteilung des zuständigen Kammervorsitzenden, dass er, sobald die Stellung-nahme der Beklagten vorliege, einen Verhandlungstermin bestimmt werde.
Die Klägerin hat sich mit am 12. Oktober 2009 eingegangenem Fax an das Sozialgericht ge-wandt, den Ausgang ihrer Verfassungsbeschwerde mitgeteilt und den zu diesem Zeitpunkt zuständigen Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Hierzu hat der Kammervorsitzende unter dem 13. Oktober 2009 eine dienstliche Stellungnahme abgege-ben und die Akten zur Entscheidung dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
Am 21. Oktober 2009 ist die vom Sozialgericht erbetene Stellungnahme der K. eingegangen.
Der Befangenheitsantrag wurde beim Thüringer Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 11 SF 45/09 geführt. Mit Beschluss vom 7. Januar 2010 hat das Thüringer Landessozialge-richt festgestellt, dass das Gesuch, den zuständigen Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit in dem Verfahren S 7 KA 1258/08 abzulehnen, unbegründet ist.
Nach Rücklauf der Akten hat der zuständige Kammervorsitzende das Verfahren im Februar 2010 zur Sitzung verfügt, wobei zunächst ein Erörterungstermin geplant war.
Mit Verfügung vom 19. November 2010 hat das Sozialgericht Termin zur mündlichen Ver-handlung auf den 26. Januar 2011 um 09:00 Uhr bestimmt. Die Ladung ist der Klägerin am 24. November 2010 zugestellt worden.
Am 12. Dezember 2010 hat die Klägerin einen Rechtsanwalt bevollmächtigt, der unter dem 30. Dezember 2010 seine Bevollmächtigung angezeigt und beantragt hat, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2011 zu verlegen, sowie um Akteneinsicht gebeten. Daraufhin hat das Sozialgericht die Akten an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin über-sandt und mitgeteilt, dass eine Verlegung des Termins nicht beabsichtigt sei. Mit am 13. Ja-nuar 2011 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an seinen Terminsverlegungsantrag festgehalten. Mit Verfügung vom 20. Januar 2011 hat das Sozialge-richt daraufhin die mündliche Verhandlung auf den 9. März 2011 um 09:00 Uhr verlegt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt hat, dass er an diesem Tag ver-hindert sei, hat das Sozialgericht nochmals die mündliche Verhandlung verlegt, nunmehr auf den 23. März 2011, 09:30 Uhr. Mit am 22. März 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin eine Kopie einer Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte übersandt.
Am 23. März 2011 hat das Sozialgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt und die Klage S 7 KA 1258/08 mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, über die in den jeweili-gen Widersprüchen gegen die Honorarbescheide enthaltenen Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets, beginnend mit dem Quartal I/1998 bis zum Quartal I/2005, zu entscheiden, mit Urteil vom 23. März 2011 abgewiesen.
Das Sozialgericht hat das Urteil am 7. Juli 2011 abgesetzt. Das Sozialgericht hat ausgeführt, dass die Klägerin keine Anträge auf Erweiterung eines Praxisbudgets gestellt habe. Ihre Wi-dersprüche gegen die Honorarbescheide seien auch nicht als Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets bzw. Zusatzbudgets von der K. zu deuten bzw. anzunehmen gewesen. Eine Untätigkeit sei nicht festzustellen.
Gegen die der Klägerin am 21. Juli 2011 zugestellte Entscheidung hat sie am 16. August 2011 Berufung eingelegt. Mit am 7. September 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 21. Oktober 2011 zu verlängern. Mit Eingangsverfügung vom 13. September 2011 hat das Landessozialgericht die Berufung der K. zur Kenntnisnahme übersandt. Mit am 20. September 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihre Berufung begründet. Mit Verfügung vom 21. September 2011 wurde der Schriftsatz der K.mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Mit am 5. Dezember 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die K. beantragt, die Berufung zurückzuweisen und dies begründet.
Mit am 15. Februar 2012 eingegangenen zwei Schriftsätzen hat die Klägerin für insgesamt sieben Berufungsverfahren (einschließlich dem vorliegenden Ausgangsverfahren) "unverzüg-lich die Dauer der vorliegenden Verfahren beim Sozialgericht Gotha" bzw. "beim Thüringer Landessozialgericht gerügt" sowie mitgeteilt, dass das Ausgangsverfahren S 7 KA 1258/08 nunmehr beim Thüringer Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 11 KA 1381/11 an-hängig sei.
Mit am 29. Februar 2012 eingegangenem Schriftsatz, der als "Verzögerungsrüge" überschrie-ben ist, hat die Klägerin erklärt, dass Anlass zur Besorgnis bestehe, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen werde. Die Verfahrensdauer habe bereits zum jet-zigen Zeitpunkt die Regelverfahrensdauer von einem Jahr überschritten. Die Klägerin verwies darauf, dass ihre Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen überlanger Verfahrensdauer mit Aktenzeichen B 1 BvR 1304/09 Erfolg gehabt habe. Zwischenzeitlich sei eine Vielzahl von noch anhängigen Nachfolgeverfahren vor den Sozialgerichten Thüringens notwendig geworden. Eine Änderung der überlanger Verfahrensdauer vor Thüringer Gerichten sei trotz ständiger Rügen beim SG Gotha, LSG Erfurt, BSG Kassel, Bundesverfas-sungsgericht Karlsruhe und dem Thüringer Justizministerium nicht zu verzeichnen. Untätig-keitsklagen würden erst nach Jahren bearbeitet und seien heute noch nicht entschieden. Au-ßerdem sei eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straß-burg mit dem Aktenzeichen 12014/10 seit 15. Februar 2010 wegen überlanger Verfahrens-dauer anhängig. Bei ausbleibenden sozialgerichtlichen Entscheidungen in Thüringen über viele Jahre sei die Existenzerhaltung des Praxisbetriebes nur mit Fremdmitteln und entsprechenden Zinsbelastungen möglich gewesen. Ferner führt die Klägerin unter anderem aus, die Vielzahl der Verfahren gegen die K. habe sie als die schwächere Partei gegenüber ihrer wei-sungsberechtigten Institution diversen angreifbaren Verwaltungsakten und vergleichsweise härteren Bestrafungen sowie nachweislichen Verleumdungen vor dem Disziplinarausschuss ausgesetzt.
Am 3. April 2012 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an das Thüringer Landessozi-algericht eine Sachstandsanfrage gerichtet. Das Thüringer Landessozialgericht hat durch die zuständige Berichterstatterin mitgeteilt, dass die Verwaltungsakte von der Beklagten angefor-dert worden sei und diese noch nicht vorliege. Die Klägerin erhalte unaufgefordert Nachricht. Am 17. April 2012 ist die Verwaltungsakte eingegangen. Dies wurde der Klägerin zur Kennt-nis gegeben. Mit am 8. Mai 2012 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut um Sachstandsmitteilung gebeten und mitgeteilt, dass auf eine mündliche Verhandlung nicht verzichtet werde.
Mit einem auf den 2. Juni 2012 datiertem Schriftsatz, der bereits am 1. Juni 2012 beim Thü-ringer Landessozialgericht eingegangen ist, hat die Klägerin in insgesamt 30 von ihr bezeich-neten Rechtsstreitigkeiten ausdrücklich "Schadensersatzklage" erhoben. Das hier streitgegen-ständliche Verfahren L 7 KA 1258/08 - SG Gotha - bzw. L 11 KA 1381/11 - Thüringer LSG - ist ausdrücklich erwähnt. Als Grundlage für die Schadenersatzklage wurde das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 genannt.
Die Klage wurde dem Beklagten zur Stellungnahme übersandt und die Akte des Ausgangs-verfahrens angefordert.
Mit am 8. August 2012 im Ausgangsverfahren eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbe-vollmächtigte der Klägerin erneut nach dem Sachstand angefragt. Mit Verfügung vom 14. August 2012 wurde der Klägerin unter anderem mitgeteilt, dass die Sache entscheidungsreif sei, dem Senat jedoch ältere bzw. vordringlichere Verfahren vorlägen. Im Übrigen seien die Akten an das Entschädigungsgericht übersandt worden. Zwischenzeitlich hat der beklagte Freistaat Thüringen im Entschädigungsverfahren am 3. August 2012 zur Entschädigungsklage Stellung genommen.
Am 18. September 2012 hat die Klägerin einen Befangenheitsantrag gegen die im Entschädi-gungsverfahren als Berichterstatterin zuständige Vorsitzende Richterin am Landessozialge-richt gestellt.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 hat der Senat des Ausgangsverfahrens angefragt, ob die Akten vom Entschädigungsgericht noch benötigt würden. Mit Verfügung vom 8. Januar 2013 hat der für das Ausgangsverfahren zuständige Senat die Akten angefordert.
Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 wurde der Befangenheitsantrag gegen Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht als unbegründet abgelehnt.
Mit am 28. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz im Ausgangsverfahren hat der Prozess-bevollmächtigte der Klägerin Verzögerungsrüge erhoben. Mit Verfügung vom 13. März 2013 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Mai 2013 bestimmt. Die Ladung ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. März 2013 mit Empfangsbekenntnis zuge-stellt worden. Zwei Tage vor dem angesetzten Termin ist am 14. Mai 2013 ein umfangreicher Schriftsatz der Klägerin eingegangen.
Mit Urteil vom 16. Mai 2013 hat der Senat des Ausgangsverfahrens aufgrund mündlicher Verhandlung die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 23. März 2011 zurückgewiesen. Das Urteil wurde rechtskräftig.
Nachdem die Klägerin ein Ruhen bzw. ein Verbinden mit anderen Entschädigungsverfahren beantragt und dies vom Senat abgelehnt worden ist, hat sie in einem ausführlichen Schriftsatz vom 22. Mai 2013 u. a. vorgetragen, dass die von ihr erhobene Entschädigungsklage zulässig sei. Im Anschluss daran hat die Klägerin eine Vielzahl weitere, zum Teil umfangreiche Schriftsätze eingereicht, die erneut Anträge auf Aussetzung und Durchführung von Muster-verfahren, erneut die Verbindung von Verfahren, Befangenheitsanträge gegen Richter des anderen für Entschädigungsverfahren zuständigen Senates des Thüringer Landessozialge-richts, Klagebegründungen, Stellungnahmen, und Rechtsausführungen zum Gegenstand ha-ben. Die Schriftsätze tragen stets sämtliche Aktenzeichen der von der von der Klägerin erho-benen bzw. zum Zeitpunkt des Einreichens noch anhängigen Entschädigungsklagen. Einige Schriftsätze betreffen das vorliegende Entschädigungsverfahren nicht bzw. nur am Rande. Unter dem 30. Oktober 2013 hat die Klägerin in einem ausführlichen Schriftsatz ihre Rechts-auffassung - teilweise wiederholend - dargelegt. Diesen Schriftsatz hat die Klägerin im Zu-sammenhang mit der Ladung zu mündlichen Verhandlungen von Verfahren des anderen, für Entschädigungsverfahren zuständigen 12. Senat des Thüringer Landessozialgerichts, einge-reicht.
Schließlich hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 9. November 2013 (beim Gericht am 15. November 2013) eingegangen, ihre Klagenanträge konkretisiert. Sie hat verschiedene Verfah-rensabschnitte aufgelistet und hierzu ihre Auffassung einer überlangen Verfahrensdauer im Einzelnen dargelegt. Im Hinblick auf eine Feststellung der überlangen Verfahrensdauer sei von einem Gesamtverfahrenszeitraum vom 17. Mai 1998 bis zum 1. August 2013, dies ent-spräche 15 Jahren und 2 ½ Monate, insgesamt 182 Monaten, auszugehen. Bei der Feststellung einer Entschädigungssumme sei von dem Zeitraum vom 8. März 2008 bis zum 1. August 2013 auszugehen, dies entspreche 5 Jahren und 5 Monaten, insgesamt 65 Monaten, vom 8. März 2008 bis 15. August 2011 3 Jahren und 5 Monate in der ersten Instanz und vom 15. August 2011 bis 1. August 2013 2 Jahren in der zweiten Instanz. Sie begehre neben der Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer bei Verzögerungen von 41 Monaten bei angenommener normalen Verfahrenszeit von jeweils 12 Monaten in der ersten und der zweiten Instanz und oben aufgeführten Stillstandszeiten eine Entschädigung für immaterielle Schäden in Höhe von 4.100,00 EUR plus Prozesszinsen pro Quartal im Zeitraum I/98 bis I/2005. Zudem beantragte sie auch eine materielle Entschädigung. Erstinstanzlich sei von einer Zulässigkeit der Klage ausgegangen und ein Urteil gefällt worden. Auf dessen Grundlage habe sie Berufung einge-legt. Im Berufungsverfahren sei jedoch von einer Unzulässigkeit der Klage ausgegangen wor-den. Sie beantrage daher, die zusätzlichen Verfahrenskosten einschließlich Gerichtsgebühren, Anwalts- und Beratungskosten, Praxisausfallkosten usw. für die Berufung sowie die nachträg-lich erhobenen, zusätzlichen Kosten sowie die vormals zu viel entrichteten Kosten für die erste Instanz zu erstatten. Das Urteil des Sozialgerichts Gotha habe sich als fehlerhaft in der Rechtsanwendung erwiesen.
Die abschließende Beantragung hinsichtlich ihrer Forderung auf Entschädigung für den erlit-tenen immateriellen und materiellen Schaden zzgl. Prozesszinsen sowie Feststellung der über-langen Verfahrensdauer werde von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgenommen. Die in dem Schriftsatz aufgeführten Berechnungen dienten lediglich der Orientierung.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr wegen unangemessener Dauer des Verfahrens eine Entschädigung für immaterielle Schäden in Höhe von 4.000,00 Euro plus Prozesszinsen pro Quartal und Zeitraum der Quartale 1/98 bis 1/2005 und materielle Entschädigung für die Einlegung der Berufung (Gerichtsgebühren, Anwalts- und Beratungskosten, Pra-xisausfallkosten) zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unzulässig, die Klägerin habe die 6-Monatsfrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) nicht eingehalten. Die Klage sei auch nicht zulässig ge-worden. Die Verzögerungsrüge sei nicht unverzüglich erhoben worden. Eine Überlänge des Verfahrens dürfte für den Zeitraum nach der Rüge und auch insgesamt nicht vorliegen. Die Klägerin habe durch ihre Prozessführung, insbesondere ihre wechselseitige Bezugnahmen auf Parallelverfahren zur Verfahrensdauer beigetragen. Gegebenenfalls sei nach einer Einzelfall-prüfung auch nur die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer in Betracht zu zie-hen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen, die die Klägerin betreffende Akte des Ausgangsverfahrens lag vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Für das Klageverfahren wegen einer Entschädigung auf Grund einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens sind die Vorschriften des § 198 Abs. 1 GVG sowie die §§ 183, 197 a und 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der ab 3. Dezember 2011 gelten-den Fassung durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ( ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) maßgebend. Nach Art. 23 S. 1 ÜGRG gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011 - wie hier - bereits anhängig waren, sowie für abgeschlos-senen Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Be-schwerden beim EGMR ist oder noch werden kann.
Für die Entscheidung über die Klage ist das Landessozialgericht (LSG) zuständig. Nach § 200 S. 2 GVG haftet der Bund für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen den Bund ist nach § 201 Abs. 1 S. 2 GVG der Bundesgerichtshof (BGH) zuständig. Für sozialgerichtliche Verfahren er-gänzt § 202 S 2 SGG diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§198 - 201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des Ober-landesgerichts das LSG, an die Stelle des BGH das Bundessozialgericht (BSG) und an die Stelle der ZPO das SGG tritt.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft; sie wurde form-gerecht erhoben.
Die Klage ist, obwohl zunächst die Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG nicht eingehalten worden war, wie in den Fällen der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG durch Zeitablauf zulässig geworden (vgl. zur Untätigkeitsklage BSGE 75, 56, 58).
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch wegen einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist § 198 Abs. 1 GVG in Verbindung mit § 202 SGG. Nach § 198 Abs. 1 GVG (in der ab 3. Dezember 2011 geltenden Fassung durch das ÜGRG) wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten des Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 S. 2 GVG).
Entschädigung wird für materielle und immaterielle Schäden geleistet.
Für immaterielle Schäden erleichtert § 198 Abs. 2 GVG die Geltendmachung. Danach wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unange-messen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 Euro für jedes Jahr der Ver-zögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Der Entschädigungsanspruch kann ein Vielfaches des ursprünglichen Klagebegehrens einschließlich der Kosten betragen. Ob im Einzelfall nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine Entschädigungsgrenze festzu-stellen ist, kann jedoch hier dahinstehen.
Entschädigung enthält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in ange-messener Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Andernfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Be-stimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Ver-fahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge (§ 198 Abs. 3 GVG). Nach Art. 23 ÜGRG gilt für anhängige Verfahren, die bei seinem (des ÜGRG) Inkrafttreten schon verzögert sind, § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzöge-rungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
Bei der Verzögerungsrüge handelt es sich - als materiell-rechtliche Voraussetzung der Ent-schädigungsklage - prozessrechtlich um eine Obliegenheit (BT-Drs. 17/3802 S. 20). Das Ge-richt der Hauptsache oder das Entschädigungsgericht haben weder eine förmliche Entschei-dung über die Verzögerungsrüge zu treffen noch muss auf Grund der Verzögerungsrüge das Verfahren vorrangig bearbeitet oder erledigt werden. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3802 S. 20) ergibt sich zwar, dass die Rüge dem bearbeitenden Richter - soweit erforder-lich - auch die Möglichkeit zu einer beschleunigten Verfahrensförderung eröffnen und inso-fern als Vorwarnung dienen soll. Eine Verzögerungsrüge steht damit aber auch in einem Spannungsverhältnis zu dem, dem Rechtsuchenden nach Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleisteten, Recht der richterlichen Unabhängigkeit des für ihn zuständigen Rich-ters. Dass eine Verzögerungsrüge Einfluss auf die richterliche Tätigkeit haben und Art. 97 Abs. 1 GG hierdurch berührt werden kann, ergibt sich beispielsweise daraus, dass sechs Mo-nate nach der Rüge Klage erhoben werden kann (§ 198 Abs. 5 GVG), d. h. nach Erheben der Rüge der Richter mit einer Entschädigungsklage rechnen muss.
Dies ist insgesamt bei der Frage zu berücksichtigen, wann Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird, mithin die Verzögerungsrüge als Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung wirksam ist. Der Gesetzgeber war einer-seits bemüht zu verhindern, dass die Rüge zu früh, unter Umständen vorsorglich schon mit der Klageerhebung, angebracht wird, andererseits soll sie aber auch so rechtzeitig erhoben werden, dass sie ihre präventive Funktion noch entfalten kann (kein Dulden und Liquidieren, vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 20; Söhngen, NZS 2012, S. 493, 469), ohne dass der Richter wegen Art. 97 Abs. 1 GG allerdings zu einem bestimmten Vorgehen/Verhalten gezwungen werden kann. Unwirksam wäre danach eine Verzögerungsrüge nur in der Absicht, sich gegenüber anderen Klägern einen zeitlichen Vorteil zu verschaffen oder nur um Einfluss auf die Bearbeitung durch den Richter ausüben zu wollen.
Eine Besorgnis im oben genannten Sinne ist somit nur anzunehmen, wenn objektive Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung, unabhängig von subjektiven Vorstellungen und Empfindungen der Beteiligten, auf eine unangemessene Verfahrensdauer hindeuten (vgl. Scholz, SGb 2012, S. 19, 24). Solche Umstände können angenommen werden, wenn Zeiträu-me von gewisser Dauer verstreichen, ohne dass das Gericht für die Beteiligten nachvollziehbar nach §§ 103, 106, 106 a SGG tätig wird oder bei einer unberechtigten bzw. gegen den Willen eines Beteiligten angeordneten Aussetzung. Eine Besorgnis kann unabhängig vom Zeitmoment bei einem Richterwechsel in komplexen Fällen, längeren Vertretungszeiten oder Überlastungsanzeigen gerechtfertigt sein. Verzögerte oder vollständig unterbleibende Beant-wortung von Sachstandsanfragen sind zu beachten (vgl. Söhngen, NZS 2012, S. 493, 467). Eine möglicherweise lange Verfahrensdauer in einem anderen/früheren Verfahren des Klägers rechtfertigt per se noch nicht die Besorgnis der Verzögerung des aktuellen Verfahrens. Die Anforderungsvoraussetzungen dürfen allerdings auch nicht überspannt werden.
Nach § 198 Abs. 4 GVG ist eine Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Mo-nate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar (§ 198 Abs. 5 GVG).
Nach § 198 Abs. 6 GVG ist im Sinne dieser Vorschrift
1. ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Ab-schluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenbeihilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; 2. ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
Damit setzt der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch voraus, dass eine wirksame Verzögerungsrüge erhoben wurde, dass eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens vorliegt, dass die Klägerin einen Nachteil vermögenswerter oder nicht vermögenswerter Art erlitten hat, dass nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 GVG nicht ausreichend ist und dass der geforderte Betrag als Entschädi-gung angemessen ist.
Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht, die Gerichte gegen Hand-lungen öffentlicher Gewalt anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (BVerfGE 93, 1, 13). Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb ange-messener Zeit (BVerfGE 55, 349, 369). Jedoch lassen sich weder dem Grundgesetz noch dem ÜGRG allgemein gültige Zeitvorgaben dafür entnehmen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist. Dies ist auch bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Ver-zögerungsrüge zu berücksichtigen.
Wegen der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an Art.19 Abs. 4 GG (i. V. m Art. 20 Abs. 3 GG) sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt es da-rauf an, ob der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Men-schenrecht beeinträchtigt worden ist. Damit wird eine gewisse Schwere der Belastung von vornherein vorausgesetzt. Es reicht also nicht jede Abweichung vom Optimum, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußeren Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 21. 2. 2013, B 10 ÜG 2/12 KL).
Die Dauer eines Verfahrens ist auch in hohem Maße von dem Verhältnis abhängig, in dem die Zahl der von Rechtsuchenden betriebenen Verfahren zu den Personal- und Sachmitteln des jeweils zuständigen Gerichts steht. Dabei reicht es aus, dass dieses Verhältnis angemessen ist. Der Staat ist jedenfalls nicht verpflichtet, so große Gerichtskapazitäten vorzuhalten, dass jedes anhängige Verfahren sofort und ausschließlich von einem Richter bearbeitet werden kann. Vielmehr muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Verfahren zu bearbeiten hat. Insofern ist ihm eine ge-wisse Wartezeit zuzumuten (BSG, a.a.O.).
Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG (BSG, a.a.O) auch insoweit, als es im Hinblick darauf von Bedeutung sein kann, in welcher Zeit vergleichbare Verfahren erledigt werden und entsprechende statistische Zahlen einen hilfreichen Maßstab bei der Beurteilung der Ange-messenheit der Dauer eines konkreten Verfahrens bieten (können). Hierbei ist jedoch zunächst zu berücksichtigen, dass die Feststellung, in welcher Zeit vergleichbare Verfahren erledigt wurden, nicht bedeutet, dass die statistischen Vergleichsverfahren auch in angemessener Zeit erledigt wurden. Ferner ist die Bedeutung solcher statistischer Zahlen bei den In-stanzgerichten weitaus geringerer als beim BSG. Denn entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Bei den Instanzgerichten sind die Verfahren schon deshalb nicht ohne weiteres statistisch zu vergleichen, weil es sich um Tatsacheninstanzen handelt, die Verfahren weitaus unterschiedlicher sind und sich nicht auf reine Rechtsfragen beschränken. Ein ungewöhnlicher Geschäftsanfall kann bei den Instanzgerichten nicht in gleicher Weise, etwa durch Unter-stützung durch Vorberichterstatter, abgefangen werden wie dies beim BSG möglich ist. Eine Änderung der Geschäftsverteilung oder Überlastungsanzeigen führen per se nicht zu einer schnelleren Erledigung der Verfahren. Schließlich sind in den Instanzgerichten Richter regel-mäßig in verschiedenen Kammern und Dezernaten tätig und für verschiedene Rechtsgebiete zuständig; auch dies erschwert eine statistische Vergleichbarkeit. Bei der Frage des Maßstabes bleibt nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf die Instanzgerichte allerdings offen, ob eine bundesweite Statistik "vergleichbarer" Verfahren oder die sta-tistischen Zahlen des betreffenden Bundeslandes zugrunde zu legen sind, um die angemessene Dauer eines konkreten Verfahrens zu beurteilen.
Ob der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung seines gerichtlichen Verfah-rens in angemessener Zeit verletzt wurde, ist daher vor allem im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 6 Abs. 1 der Europäi-schen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG zu beurteilen (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 15). § 198 Abs. 1 S. 2 GVG nennt als Maßstab die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeu-tung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Als weiteres Kriterium ist die Notwendigkeit von Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht zu nennen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. 8. 2012, NZS 2013, S. 21, 22). Bei einer erheblichen (Existenz sichernden) Bedeutung des Verfahrens können schon kurze Verzögerungen Entschädigungs-ansprüche auslösen (BVerfG, info also 2012, S. 28, 29). Bei dem Verhalten der Verfahrensbe-teiligten und Dritter ist die besondere (bürgerfreundliche) Ausgestaltung des sozialgerichtli-chen Verfahrens zu beachten (vgl. Söhngen, NZS 2012, S. 493, 465). Beispielsweise Unerfah-renheit und Unbeholfenheit eines Verfahrensbeteiligten rechtfertigen keine Verfahrensverzö-gerung, weil das sozialgerichtliche Verfahren stärker als andere Verfahrensordnungen auf den rechtlich nicht bewanderten Bürger Rücksicht nimmt und eine Reihe von Vorschriften enthält, die es ihm erleichtern, sein Recht zu suchen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Aufl. 2012, Vor § 60 RdNr. 1; Söhngen, NZS 2012, S. 493, 465). Diesbezüglich und allgemein ist schließlich auch die Verfahrensführung durch das Gericht unter Berücksichtigung der durch Art. 97 Abs. 1 GG garantierten richterlichen Unabhängig-keit zu würdigen (vgl. Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsver-fahren, § 198 GVG, RdNr. 127, 128).
Steht eine überlange Verfahrensdauer in diesem Sinne fest, ist in einem zweiten Schritt der Umfang der Verzögerung zu würdigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht kein Entschädigungsanspruch der Klägerin Eine überlange Verfahrensdauer ist ebenfalls nicht festzustellen.
Für die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer sowie für die Beurteilung einer wirksamen Verzögerungsrüge kommt es auf die Dauer und die Umstände des gesamten Aus-gangsverfahrens "instanzübergreifend" bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Entschädi-gungsgerichts an. Ein Vorverfahren ist nicht gesondert zu beurteilen, kann aber für die Ge-samtverfahrensdauer unter Umständen von Bedeutung sein. Das zuständige Entschädigungs-gericht beurteilt mithin die Unangemessenheit einer Verfahrensdauer in einer Gesamtschau, unabhängig davon, wie viele Instanzen das Verfahren durchlaufen hat. Ansatzpunkt ist zwar zunächst die Verfahrensdauer in der jeweiligen Instanz, es erfolgt jedoch keine isolierte Be-trachtung der Instanz. Dies kann beispielhaft dazu führen, dass ein Verfahren in einer Instanz zwar geraume Zeit in Anspruch genommen hat, jedoch insgesamt nicht von einer Unange-messenheit des (Gesamt)Verfahrens auszugehen ist, weil eine zügige Bearbeitung in der ande-ren Instanz stattgefunden hat. Denn grundsätzlich dauert ein Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen länger als ein Verfahren, das sich nur auf eine Instanz beschränkt. Dem entspre-chend herrscht Einigkeit darüber, dass die Unangemessenheit einer Verfahrensdauer grund-sätzlich erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens beurteilt werden kann. Dabei kann zwar auch der Fall eintreten, dass die Verfahrensdauer in einer Instanz bereits derartig unangemes-sen lang gewesen ist, dass sie in der nachfolgenden Instanz nicht mehr "gerettet werden" kann. Auch dies widerspricht nicht dem Grundsatz der Gesamtschau.
Bei Verfahren über mehrere Instanzen ist bei der Gesamtschau zu berücksichtigen, auch im Hinblick auf die Höhe einer Entschädigung, dass, falls das erstinstanzliche Verfahren bereits eine erhebliche Dauer angenommen hat, es besonders schwer wiegt, wenn auch das zweitin-stanzliche Verfahren einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat. Der zweitinstanz-liche Richter ist zwar nicht verpflichtet, ein Berufungsverfahren allein deshalb vorrangig zu erledigen, weil das Ausgangsverfahren bereits längere Zeit gedauert hat. Denn zum einen könnte dies in den Bereich der richterlichen Unabhängigkeit eingreifen. Zum anderen ist es nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, eine unangemessene Dauer eines erstinstanzlichen Verfahrens zu beurteilen. Wenn ein Gerichtsverfahren aber schon alleine deshalb bis zu einem rechtskräftigen Abschluss regelmäßig länger dauert, wenn es über mehrere Instanzen geführt wird, sich die Beteiligten per se schon auf ein längeres Verfahren einstellen müssen, erhält der zeitliche Aspekt eine noch größere Bedeutung, weil es den Beteiligten grundsätzlich darum geht, dass nicht nur die Instanz, sondern das gesamte Verfahren zügig und in angemessener Zeit abgeschlossen wird.
Bei der Bewertung von sich aus den Akten ergebenden Zeiträumen scheinbarer Nichtbearbei-tung bedeuten solche "Lücken" nicht, dass diese per se zu einer unangemessenen Verfahrens-dauer beigetragen haben. Zum einen besteht kein Anspruch eines Rechtsuchenden auf eine ausschließliche oder beinahe lückenlose Bearbeitung der Sache durch den zuständigen Rich-ter, der Staat ist auch nicht verpflichtet, für eine solchen Bearbeitung erforderliche Gerichts-kapazitäten vorzuhalten (vgl. BSG, Urteil vom 21. 2. 2013, B 10 ÜG 2/12 KL). Zum anderen bedeuten solche, sich aus den Akten ergebende Lücken scheinbarer Nichtbearbeitung nicht, dass die Sache vom zuständigen Richter in diesem Zeitraum nicht bearbeitet wurde. Bei-spielsweise werden dem Rechtsstreit dienende Recherchen, die Kenntnisnahme aktueller Rechtsprechung zum Fall oder beim Landessozialgericht übliche Besprechungen in der Sache (auch zur Abstimmung) mit Senatskollegen oder Richtern anderer Senate nicht in den Akten vermerkt, gleichwohl wird das Verfahren bearbeitet. Auch diesbezüglich ist eine genaue Be-wertung und Gesamtschau im Einzelfall, etwa im Hinblick auf die Dauer solcher Lücken oder den Verfahrensstand, erforderlich.
Bei einer Gesamtbetrachtung verbleibt es auch nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 ÜGRG bei Verfahren, die bei Inkrafttreten bereits anhängig gewesen sind. Nach Art. 23 Satz 2 ÜGRG muss die Verzögerungsrüge (als Anspruchsvoraussetzung) unverzüglich nach In-krafttreten erhoben werden, in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge ein Anspruch nach § 198 GVG. Art. 23 Satz 3 ÜGRG regelt ferner, dass, falls bei einem anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz erfolgt, es keiner Verzögerungsrüge be-darf. Daraus folgt jedoch nicht, dass bei einer nicht unverzüglichen Verzögerungsrüge nach Art. 23 Abs. 2 ÜGRG die abgeschlossene Instanz isoliert im Hinblick auf eine überlange Ver-fahrensdauer berücksichtigt werden kann. Für die abgeschlossene Instanz wird mithin nur auf eine Verzögerungsrüge verzichtet, nicht auf die stets erforderliche Gesamtschau des Verfah-rens. Vielmehr ist vom Entschädigungsgericht zunächst festzustellen, ob die Verzögerungsrü-ge im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich erfolgt ist. Ist dies nicht der Fall, beurteilt das Entschädigungsgericht in einer Gesamtschau die abgeschlossene Instanz sowie die Ver-fahrensdauer nach der nicht unverzüglichen Verzögerungsrüge (andere Ansicht wohl Thürin-ger LSG, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: L 12 SF 912/12 EK).
Ist die Verzögerungsrüge im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich erhoben, verbleibt es bei einer Gesamtbetrachtung des gesamten Verfahrens erster und zweiter Instanz bis zum Abschluss.
Für den Senat ist nicht zweifelhaft, dass eine wirksame Verzögerungsrüge vorliegt.
Die Klägerin hat im Sinne des Art. 23 Abs. 2 ÜGRG die Verzögerungsrüge auch unverzüglich erhoben. Eine "unverzügliche" Rüge im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG ist für Verfahren erforderlich, die bei Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 schon verzögert sind; in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG. Unverzüglich bedeutet hier im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) "ohne schuldhaftes Zögern". Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/3802, Seite 31 zu Artikel 22), wonach bei solchen Verfahren, bei denen eine rügepflichtige Situation bereits eingetreten ist, die Rüge grundsätzlich unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern nach Inkrafttreten der Regelung, erhoben werden müsse. Dies gilt auch für das sozial-gerichtliche Verfahren. Für einen Laien wird damit offensichtlich, dass schnelles Handeln erforderlich ist. Allerdings existieren keine festen zeitlichen Grenzen. Wann eine Rüge noch unverzüglich erhoben worden ist, beurteilen die Entschädigungsgerichte unterschiedlich (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 3. Mai 2013, Az.: 23 SCHH 1/13 INTV; Hanseatisches Oberlan-desgericht in Bremen, Urteil vom 4. Juli 2013, Az.: 1 SCHH 10/12). Es kommt jedenfalls auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Klägerin hatte am 15. Februar 2012 Verzögerungsrüge erhoben und damit etwa zweieinhalb Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes. Dies ist nach der Überzeugung des Senates bereits relativ schnell gewesen. Einen Prozessbevollmächtigten hatte die Klägerin für ein mögliches Entschädigungsverfahren nicht mandantiert. In dem hier vorliegenden Entschädigungsverfahren ist besonders zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÜGRG beim Sozialgericht Gotha bzw. beim Thüringer Landessozialgericht über 30 Klagen bzw. Berufungsverfahren gegen die K. anhängig hatte, die teilweise bereits einen erheblichen zeitlichen Umfang erreicht hatten und die teilweise als schwierig zu bewerten sind. Der Klägerin war deshalb auch eine besondere Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen, mit dem Ergebnis, dass die Erhebung einer Verzögerungsrüge am 15. Februar 2012 hier noch als unverzüglich zu werten ist. Ob bzw. in welchem Umfang die Klägerin jede Klage bzw. Berufung unter dem Gesichtspunkt einer Verzögerung tatsäch-lich geprüft hat, kann dabei dahinstehen.
Die Klage ist unbegründet, denn die Verfahrensdauer war nicht überlang.
Nach der Überzeugung des Senates ist Ausgangspunkt zunächst eine Feststellung der Ge-samtverfahrensdauer. Nach einer Entscheidung des BSG vor Inkrafttreten des ÜGRG liegt eine generelle Grenze, bei deren Überschreitung in der deutschen Sozialgerichtsbarkeit im Klage- und Berufungsverfahren ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK zu vermuten sei, bei drei Jahre je Gerichtsinstanz (BSG SozR 4 - 1500, § 160 a Nr. 11). Zwar ist diese Entschei-dung auf das ÜGRG nicht übertragbar, zumal es nicht auf die zeitliche Dauer des Verfahrens je Gerichtsinstanz sondern auf die Gesamtverfahrensdauer ankommt und die Verfahrensdauer auch in den einzelnen Rechtsgebieten der Sozialgerichtsbarkeit variiert. Der zeitliche Rahmen von sechs Jahren Verfahrensdauer bei einem Verfahren über zwei Instanzen (bzw. einer Ver-fahrensdauer von drei Jahren je Instanz) ist nach der Überzeugung des Senates - immer auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Rechtsgebietes - aber ein erster Anhaltspunkt. Das Verfahren hier dauerte über zwei Instanzen etwas mehr als fünf Jahre, dies ist nach den oben genannten Ausführungen für einen sozialrechtlichen Rechtsstreit aus dem Vertragsarztrecht zunächst nicht außergewöhnlich, zumal es sich in der Regel um schwierige Verfahren handelt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vom Eingang der Untätigkeitsklage auszugehen, erst ab diesem Zeitpunkt konnte die Klage vom Sozialgericht bearbeitet und geprüft werden, unabhängig davon, ob von der KV ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Der Untätig-keitsklage lagen weder ein Antrags- noch ein sonstiges Vorverfahren vor. Die Untätigkeits-klage hatte keinen konkreten Anlass, die Klägerin meinte vielmehr, dass angebliche Ansprüche seit dem Quartal I/98 noch offen seien, ohne dass sie aber entsprechende Anträge gestellt hatte. Die Auffassung der Klägerin, dass die Verfahrensdauer gleichwohl ab dem Quartal I/98 beginne, ist geradezu abwegig. Der Klägerin wurde zuletzt mit rechtskräftigem Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 16. Mai 2013 im Ausgangsverfahren ausführlich erläutert, dass ihre Untätigkeitsklage mangels Antragsverfahrens unzulässig war.
Das vorliegende Verfahren betraf allerdings eine Untätigkeitsklage, solche sind in der Regel einfacher und werden zügiger erledigt. Gleichwohl war die Sache insofern als schwierig zu beurteilen, weil die Klägerin durch die Vorlage einer Vielzahl unübersichtlicher Schriftsätze und Anlagen, die teilweise nichts oder nur am Rande mit einer behaupteten Untätigkeit der K. zu tun hatten, die Bearbeitung der Klage von Beginn an erschwert hat. Denn die Bearbeitung war durch das Vorgehen der Klägerin über das gesamte Verfahren hin besonders zeitaufwen-dig. Die Klägerin ist überwiegend bzw. sogar ausschließlich dafür verantwortlich, dass das Verfahren nicht zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossen werden konnte.
Die Klägerin hat während des gesamten Verfahrens auf andere Verfahren Bezug genommen, unter anderem diese Vorgehensweise führte dazu, dass der zuständige Richter zeitaufwendig entsprechende Akten sichten und die verwirrenden Angaben der Klägerin aufklären muss. Ob die Klägerin den Überblick über ihre Verfahren verloren hatte oder dies möglicherweise Pro-zesstaktik ist, wenn sie wahllos Schriftstücke vorlegt, die mit der jeweiligen Sache nichts zu tun haben oder lediglich am Rande bzw. wiederholend, kann dahinstehen, denn die Vorge-hensweise kann weder vom Gericht noch vom Prozessgegner ignoriert werden. Das Verfahren verlängert sich nicht nur dadurch, dass das Gericht umfangreiche aber überflüssige Schreiben zur Kenntnis nehmen muss. Der Prozessgegner hat Anspruch auf rechtliches Gehör, sodass auch diesem bei besonders umfangreichem Schriftverkehr zeitlich in größerem Umfang die Möglichkeit eröffnet werden muss, die Äußerungen der Klägerin zur Kenntnis zu nehmen und sich hierzu zu positionieren.
Bereits mit der Klageschrift hatte die Klägerin eine Vielzahl von Anlagen beigefügt, die nicht oder nur am Rande mit einer Untätigkeitsklage zu tun hatten. Sowohl der bearbeitende Rich-ter als auch der Prozessgegner musste die Klageschrift sorgfältig und zeitaufwendig zur Kenntnis nehmen. Ferner ergab sich aus der Klageschrift ein konkretes Begehren der Klägerin (zunächst) nicht. Nachdem die K. zur Klage erwidert hat, dass insbesondere nicht feststellbar sei, auf welche Anträge sich die Untätigkeitsklage beziehe, über die noch nicht entschieden worden sei, wurde die Klägerin auch vom Sozialgericht aufgefordert, die Klage zu konkreti-sieren. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Juni 2008 unter anderem geäußert, dass sich die Beteiligten und das Gericht zunächst auf das Quartal I/98 "konzentrieren" soll-ten. Auch diesem Schriftsatz ist nicht zu entnehmen, über welchen konkreten Antrag ent-schieden werden sollte bzw. auf welches Antragsverfahren sich die Untätigkeitsklage bezog. Dem Schriftsatz ist ferner weder zu entnehmen, dass die Klage besondere Bedeutung für die Klägerin hatte, noch dass diese vorrangig erledigt werden sollte, zumal die Klägerin auf be-reits anhängige ältere Klagen, andere Quartale betreffend, mit angeblich dem gleichen materi-ell-rechtlichen Streitgegenstand Bezug genommen hatte.
Hierfür spricht auch, dass die Klägerin sich erst wieder im März 2009 unter dem vorliegenden Aktenzeichen an das Sozialgericht gewandt, in diesem Zusammenhang jedoch die Erledigung einer anderen Untätigkeitsklage angemahnt hat. Nunmehr ging es der Klägerin um alle Quar-tale ab dem "Quartal I/98 bis in die Gegenwart". Das Sozialgericht musste nunmehr die Ak-ten mit den von der Klägerin genannten Aktenzeichen beiziehen und teilweise vom Thüringer Landessozialgericht anfordern. Wie auch aus anderen Verfahren, die der Senat zu bearbeiten hat, offensichtlich wird, nimmt die Klägerin ihre Klagen häufig zum Anlass, Streitgegenstän-de, die mit dem ursprünglichen Begehren nichts oder nur am Rande zu tun haben, einzufüh-ren, was die Bearbeitung der Klagen erheblich erschwert.
Zu einer weiteren Verlängerung der Verfahrensdauer kam es dadurch, dass die Klägerin am 3. Juni 2009 Verfassungsbeschwerde wegen einer "andauernden Unterlassung gerichtlicher Tä-tigkeit des Sozialgerichts" hinsichtlich ihrer Untätigkeitsklage eingelegt hatte. Erst nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24. September 2009 (Az.: 1 BvR 1304/09) unter anderem diese Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hatte und sich die Akten wieder beim Sozialgericht befanden, konnte die Sache weiter bearbeitet wer-den.
Das Sozialgericht hat den Beteiligten daraufhin mitgeteilt, einen Verhandlungstermin be-stimmen zu wollen und hierzu die K. um eine beschleunigte Bearbeitung und Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zugang des Schreibens gebeten.
Es ist mithin davon auszugehen, dass das Sozialgericht zeitnah einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen wollte. Hierzu kam es jedoch zunächst nicht, vielmehr zu einer wei-teren Verlängerung der Verfahrensdauer, weil die Klägerin den zuständigen Kammervorsit-zenden mit am 12. Oktober 2009 eingegangenem Schriftsatz wegen der Besorgnis der Befan-genheit abgelehnt hat. Der Kammervorsitzende konnte die Sache erst dann weiter bearbeiten, nachdem das Thüringer Landessozialgericht den Befangenheitsantrag mit Beschluss vom 7. Januar 2010 abgelehnt hatte und die Akten wieder beim Sozialgericht vorlagen.
Dementsprechend hat das Sozialgericht den Rechtsstreit zur Sitzung geschrieben. Zwar wurde mit Verfügung vom 19. November 2010 Termin zur mündlichen Verhandlung erst auf den 26. Januar 2011 bestimmt, dies ist im Hinblick auf die Verfahrensdauer jedoch nicht zu beanstan-den. Denn in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Sozialgericht bereits im Oktober 2009 einen zeitnahen Termin bestimmen wollte und eine konkrete Planung aufge-nommen hatte. Nachdem diese Planung durch den Befangenheitsantrag unterbrochen wurde, war es weder erforderlich noch konnte die Klägerin erwarten, dass das Sozialgericht nunmehr andere Verfahren zurückstellt und diese Klage vorrangig terminiert. Denn die Arbeitsorgani-sation ist Sache des zuständigen Kammervorsitzenden und fällt in den Bereich dessen richter-licher Unabhängigkeit. Es besteht keine Verpflichtung, Rechtsstreitigkeiten, die geladen wer-den sollten bzw. geladen worden sind, nur deshalb vorrangig neu zu terminieren, weil der zuvor geplante Termin nicht stattfinden konnte.
Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht nur in diesem Verfahren den zuständigen Kammervor-sitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, sondern auch in weiteren Ver-fahren, für die er zu diesem Zeitpunkt zuständig war (vgl. u. a. SG Gotha, Az.: S2 KA3535/07; S 2 KA 1066/09). Nachdem das Thüringer Landessozialgericht über alle Befan-genheitsanträge entschieden und die Akten zurück an das Sozialgericht geschickt hatte, lagen dem Kammervorsitzenden nunmehr mehrere Verfahren, die durch die erfolglosen Befangen-heitsanträgen verzögert wurden, vor, die nun ggf. schnell zu entscheiden waren.
Dass der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2011 auf den 9. März 2011 und dann noch auf den 23. März 2011 verlegt werden musste, lag daran, dass die Klägerin nach der Zustellung der Ladung einen Rechtsanwalt bevollmächtigt hat, der Akteneinsicht und Terminsverlegung beantragt hat, sich in die Sache einarbeiten wollte und der am 9. März 2011 verhindert war. Diese Verzögerung lag ebenfalls im Verantwortungsbereich der Klägerin.
Aus der Bearbeitung in der Berufungsinstanz ergibt sich, dass der Rechtsstreit sogar vorrangig bearbeitet wurde. Die Berufung wurde am 16. August 2011 eingelegt und am 20. September 2011 begründet. Bereits mit Verfügung vom 13. März 2013 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Mai 2013 bestimmt. Trotz der relativ geringen Verfahrensdauer in der Berufungsinstanz hat die Klägerin mehrfach Sachstandsanfragen gestellt und - obwohl zu diesem Zeitpunkt schon eine Entschädigungsklage erhoben worden war - eine weitere Verzögerungsrüge erhoben. Auch im Berufungsverfahren hat die Klägerin umfangreiche Schriftsätze eingereicht, die mit der eigentlichen Untätigkeitsklage nichts oder nur am Rande zu tun hatten, jedoch zeitaufwändig zur Kenntnis genommen werden mussten. In der Gesamt-schau ist mithin keine unangemessene Verfahrensdauer festzustellen.
Während des gesamten Verfahrens hat die Klägerin so agiert, dass während erheblicher Zeit-räume eine vernünftige und zeitnahe Bearbeitung der (unzulässigen) Klage durch das Sozial-gericht bzw. die Berufung durch das Landessozialgericht nicht möglich war, sie eine vernünf-tige und zeitnahe Bearbeitung des Rechtsstreites sogar vereitelt hat und nunmehr eine Ent-schädigung für angeblich immaterielle Schäden in exorbitanter Höhe verlangt, die nicht annä-hernd der geringen Bedeutung des Ausgangsverfahrens entspricht. Es stellt sich die Frage, ob dies dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht.
Der Vollständigkeit halber ist im Hinblick auf die von der Klägerin noch geltend gemachte "materielle Entschädigung" darauf hinzuweisen, dass ein materieller Schaden wegen überlan-ger Verfahrensdauer- auch wenn es nicht darauf ankommt - schon nicht nachvollziehbar dar-gelegt worden ist. Die Klägerin verkennt hier, dass eine ideelle oder materielle Entschädigung nach dem ÜGRG wegen einer überlangen Verfahrensdauer und nicht wegen einer fehlerhaf-ten Rechtsanwendung eines Sozialgerichts geleistet wird. Die Klägerin will aber eine materi-elle Entschädigung wegen eines angeblich falschen Urteils des Sozialgerichts. Die Klägerin verkennt auch, dass es im Ergebnis keine Rolle spielt, ob eine Berufung unbegründet ist, weil die Klage unbegründet oder diese bereits unzulässig gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 HS 3 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war zuzulassen, weil der Rechtsstreit Rechtsfragen grundsätzlicher Art aufge-worfen hat, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Entschädigung wegen einer unangemessen Dauer des sozialgerichtlichen Verfahrens aus dem Vertragsarztrecht hat, das erstinstanzlich bei dem Sozialgericht Gotha unter dem Aktenzeichen S 7 KA 1258/08 und in der Berufungsinstanz unter dem Aktenzeichen L 11 KA 1381/11 - Thüringer Landessozialgericht - geführt wurde.
Die Klägerin ist zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Sie führt seit Jahren verschie-dene Rechtsstreitigkeiten gegen die K ...
Am 11. März 2008 hat sie beim Sozialgericht in Gotha Untätigkeitsklage erhoben mit dem Antrag "die K. aufzufordern, meine fortlaufenden Anträge bezüglich der Erweiterung des Praxis- und/oder Zusatzbudgets gemäß der Allgemeinen Bestimmungen A. I. B 4. 3. EBM ab 17.05.98 bis II/03 und später im Rahmen der individuellen Punktzahl ordnungsgemäß be-scheiden zu lassen". Bereits mit der Klageerhebung beantragte sie "wegen des Sachzusam-menhangs" die Verbindung der "vorliegenden Untätigkeitsklage" mit dem "Verfahren ohne Aktenzeichen bezüglich der Honorarwidersprüche der Quartale I/98, II/98 und III/98, welches aufgrund des noch ausstehenden Urteils des SG Gotha ( ) vom LSG Erfurt zurückgegeben wurde".
Das Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 7 KA 1258/08 geführt. Die Klageschrift enthielt umfangreiche Anlagen, unter anderem eine tabellarische Auflistung ihrer Widersprüche und Klagen gegen die K., ein Schreiben der Klägerin an die K. vom 15. Dezember 2007, ein Schreiben der K. vom 5. März 2008 zu Widersprüchen der Klägerin gegen Honorarbescheide der Quartale II/2000 bis II/2003, formularmäßige Widersprüche der Klägerin gegen die Honorarbescheide für die Quartale III/97 und IV/97, ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben der K. vom 23. Juli 1998, einen Bescheid der K. vom 27. August 1998, ein Widerspruchsschreiben der Klägerin gegen den Honorarbescheid des Quartals I/98 sowie eine ergänzende Begründung zum Widerspruch gegen die Honorarbescheide der Quartale III/97 und IV/97 vom 8. November 1998, ein Schreiben der Klägerin an die K. vom 12. Dezember 1998, der die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/98, III/97, IV/97 und I/98 betraf, ein Schreiben der Klägerin an den Vorstand der K. vom 18. April 1999, das einen Widerspruch der Klägerin gegen den Honorarbescheid für das III. Quartal 1998 betraf, einen Bescheid der K. vom 4. März 1999, einen Widerspruchsbescheid der K. vom 6. Dezember 1999, einen Widerspruchsbescheid der K vom 13. März 2000, eine an das Sozialgericht in Gotha gerichtete Klage vom 21. Dezember 1999, ein an das Sozialgericht in Gotha gerichtetes Schreiben der Klägerin vom 2. April 2000 sowie eine umfangreiche Klagebegründung der Klägerin vom 28. Oktober 2002 zu den beim Sozialgericht Gotha damals anhängigen Verfahren S 7 KA 35/00, S 7 KA 2206/00, S 7 KA 104/01, S 7 KA 2518/00 und S 7 KA 401/01.
Mit Verfügung vom 18. März 2008 hat das Sozialgericht die Klageschrift der beklagten K. zur Stellungnahme übersandt. Mit am 10. Juni 2008 eingegangenem Schriftsatz hat die K. beantragt, die Klage abzuweisen. Ein Klageverfahren betreffend der Widersprüche der Kläge-rin gegen Honorarbescheide der Quartale I/98, II/98 und III/98 sei bei der Beklagten nicht verzeichnet. Das Landessozialgericht habe in der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2007, Az.: L 4 KA 865/06, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 14. April 2004 wegen der Quartale I/98, II/98 und III/98 als unzulässig verworfen und die Revisi-on nicht zugelassen. Das Verfahren sei damit beendet. Die Klage auf Erweiterung des Praxis-budgets für die Quartale III/97 für physikalisch-medizinische Leistungen habe das Sozialge-richt mit Urteil vom 16. April 2008, Az.: S 7 KA 137/04, verbunden mit S 7 KA 2337/04, abgewiesen. Damit sei auch dieses Verfahren beendet. Ebenfalls beendet sei das Verfahren hinsichtlich der Rechtsmäßigkeit des Praxisbudgets für die Quartale III/97, IV/98, I/99, III/98, IV/99 durch Zurückweisung der Berufung durch das Thüringer Landessozialgericht mit Urteil vom 5. Dezember 2007, Az.: L 4 KA 876/04 und L 4 KA 865/06. Hierzu habe die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der einzige der Beklagten vorliegende Antrag auf Erweiterung des Praxisbudgets datiere vom 8. November 1998. Dazu sei mit Datum vom 4. März 1999 ein Bescheid ergangen, welcher bestandskräftig geworden sei. Weitere Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets seien nicht gestellt worden. Die ab dem Quartal I/2000 eingelegten Widersprüche gegen die Honorarbescheide seien mit Zustimmung der Klägerin im Hinblick auf das beim Landessozialgericht anhängig gewesene Verfahren ruhend gestellt worden. Die entsprechenden Widerspruchsbescheide würden in Kürze, entsprechend der oben genannten Entscheidung des Landessozialgerichts zur Rechtsmäßigkeit des Praxisbudgets, erlassen. Die Widersprüche hätten keine Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets enthal-ten. Zusammenfassend seien keinerlei Anhaltspunkte für eine Untätigkeit der Beklagten er-sichtlich. Aufgrund der oben dargelegten Ausführungen sei es der Beklagten momentan nicht klar, welche Unterlagen als Verwaltungsakte angesehen und dem Gericht übermittelt werden könnten.
Mit Verfügung vom 10. Juni 2008 wurde der Klägerin diese Klageerwiderung zur Stellung-nahme übersandt und die Klägerin um Konkretisierung ihrer Klage gebeten. Mit am 30. Juni 2008 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin dazu unter anderem erklärt, dass "die Abar-beitung der Untätigkeitsklage" aus ihrer Sicht vorerst nur für das Quartal I/98 sinnvoll sei. Die weiteren Quartale müssten ihrer Ansicht nach ohnehin von Amts wegen im Falle einer positiven Entscheidung angepasst werden. Der letzte Satz des Schriftsatzes lautet wörtlich: "Konzentrieren wir uns also auf das Quartal I/98, wenn Ihnen das recht ist". Dem Schriftsatz waren an die K. gerichtete Widerspruchsschreiben beigefügt.
Mit am 12. März 2009 unter dem streitgegenständlichen Aktenzeichen S 7 KA 1258/08 ein-gegangenem Schriftsatz erklärte die Klägerin, sie möchte höflich an die Erledigung ihrer Un-tätigkeitsklage vom 21. Dezember 1999 mit dem Aktenzeichen S 7 KA 35/00, ihre Anmah-nung im Rahmen der Klage vom 2. April 2000, noch ohne Aktenzeichen, und ihren Antrag vom 8. März 2008 zur Ausweitung auf alle folgenden Quartale bis in die Gegenwart erinnern.
Auf die Verfügung zur Vorlage der von der Klägerin erwähnten Akte zu dem Verfahren S 7 KA 35/00 wurde vermerkt, dass sich die Akten beim Bundessozialgericht befänden. Die K. erhielt den Schriftsatz der Klägerin mit der Gelegenheit zur Stellungnahme, der Rechtsstreit wurde zur Sitzung geschrieben.
Unter dem 3. Juli 2009 wurde vom Sozialgericht Gotha unter anderem die Prozessakte S 7 KA 1258/08 vom Thüringer Landessozialgericht angefordert. Dem Ersuchen kam das Sozial-gericht mit Verfügung vom 6. Juli 2009 nach.
Mit am 29. Juli 2009 beim Sozialgericht eingegangenem Schreiben teilte das Bundesverfas-sungsgericht mit, die Klägerin habe unter anderem wegen "andauernder Unterlassung ge-richtlicher Tätigkeiten des Sozialgerichts Gotha hinsichtlich einer mit Datum vom 8. März 2008 erhobenen Untätigkeitsklage mit dem Aktenzeichen S 7 KA 1258/08" Verfassungsbe-schwerde erhoben und die Prozessakte S 7 KA 1258/08 angefordert (Az.: 1 BvR 1304/09). Dem Bundesverfassungsgericht wurde mitgeteilt, dass sich die Akten beim Thüringer Lan-dessozialgericht befänden (Verfügung vom 14. Juli 2009). Nunmehr hat sich das Bundesver-fassungsgericht mit am 23. Juli 2009 eingegangenem Schreiben an das Thüringer Landessozi-algericht gewandt und um Aktenübersendung gebeten. Mit Beschluss vom 24. September 2009 hat das Bundesverfassungsgericht (unter anderem) die von der Klägerin wegen der "an-dauernder Unterlassung gerichtlicher Tätigkeiten des Sozialgerichts Gotha hinsichtlich einer mit Datum vom 8. März 2008 erhobenen Untätigkeitsklage (Az.: S 7 KA 1258/08)" erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss ausgeführt, dass es hinsichtlich der als verfassungswidrig beanstande-ten Untätigkeit des Sozialgerichts im Verfahren S 7 KA 1258/08 einer den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) genügenden Begründung fehle.
Nach Rücklauf der Akten hat das Sozialgericht mit Verfügung vom 8. Oktober 2009 die K. aufgefordert, eine Stellungnahme vorzulegen, die Klägerin erhielt mit Verfügung gleichen Datums die Mitteilung des zuständigen Kammervorsitzenden, dass er, sobald die Stellung-nahme der Beklagten vorliege, einen Verhandlungstermin bestimmt werde.
Die Klägerin hat sich mit am 12. Oktober 2009 eingegangenem Fax an das Sozialgericht ge-wandt, den Ausgang ihrer Verfassungsbeschwerde mitgeteilt und den zu diesem Zeitpunkt zuständigen Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Hierzu hat der Kammervorsitzende unter dem 13. Oktober 2009 eine dienstliche Stellungnahme abgege-ben und die Akten zur Entscheidung dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
Am 21. Oktober 2009 ist die vom Sozialgericht erbetene Stellungnahme der K. eingegangen.
Der Befangenheitsantrag wurde beim Thüringer Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 11 SF 45/09 geführt. Mit Beschluss vom 7. Januar 2010 hat das Thüringer Landessozialge-richt festgestellt, dass das Gesuch, den zuständigen Kammervorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit in dem Verfahren S 7 KA 1258/08 abzulehnen, unbegründet ist.
Nach Rücklauf der Akten hat der zuständige Kammervorsitzende das Verfahren im Februar 2010 zur Sitzung verfügt, wobei zunächst ein Erörterungstermin geplant war.
Mit Verfügung vom 19. November 2010 hat das Sozialgericht Termin zur mündlichen Ver-handlung auf den 26. Januar 2011 um 09:00 Uhr bestimmt. Die Ladung ist der Klägerin am 24. November 2010 zugestellt worden.
Am 12. Dezember 2010 hat die Klägerin einen Rechtsanwalt bevollmächtigt, der unter dem 30. Dezember 2010 seine Bevollmächtigung angezeigt und beantragt hat, den Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2011 zu verlegen, sowie um Akteneinsicht gebeten. Daraufhin hat das Sozialgericht die Akten an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin über-sandt und mitgeteilt, dass eine Verlegung des Termins nicht beabsichtigt sei. Mit am 13. Ja-nuar 2011 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an seinen Terminsverlegungsantrag festgehalten. Mit Verfügung vom 20. Januar 2011 hat das Sozialge-richt daraufhin die mündliche Verhandlung auf den 9. März 2011 um 09:00 Uhr verlegt. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt hat, dass er an diesem Tag ver-hindert sei, hat das Sozialgericht nochmals die mündliche Verhandlung verlegt, nunmehr auf den 23. März 2011, 09:30 Uhr. Mit am 22. März 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin eine Kopie einer Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte übersandt.
Am 23. März 2011 hat das Sozialgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt und die Klage S 7 KA 1258/08 mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, über die in den jeweili-gen Widersprüchen gegen die Honorarbescheide enthaltenen Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets, beginnend mit dem Quartal I/1998 bis zum Quartal I/2005, zu entscheiden, mit Urteil vom 23. März 2011 abgewiesen.
Das Sozialgericht hat das Urteil am 7. Juli 2011 abgesetzt. Das Sozialgericht hat ausgeführt, dass die Klägerin keine Anträge auf Erweiterung eines Praxisbudgets gestellt habe. Ihre Wi-dersprüche gegen die Honorarbescheide seien auch nicht als Anträge auf Erweiterung des Praxisbudgets bzw. Zusatzbudgets von der K. zu deuten bzw. anzunehmen gewesen. Eine Untätigkeit sei nicht festzustellen.
Gegen die der Klägerin am 21. Juli 2011 zugestellte Entscheidung hat sie am 16. August 2011 Berufung eingelegt. Mit am 7. September 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin beantragt, die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 21. Oktober 2011 zu verlängern. Mit Eingangsverfügung vom 13. September 2011 hat das Landessozialgericht die Berufung der K. zur Kenntnisnahme übersandt. Mit am 20. September 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihre Berufung begründet. Mit Verfügung vom 21. September 2011 wurde der Schriftsatz der K.mit der Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt. Mit am 5. Dezember 2011 eingegangenem Schriftsatz hat die K. beantragt, die Berufung zurückzuweisen und dies begründet.
Mit am 15. Februar 2012 eingegangenen zwei Schriftsätzen hat die Klägerin für insgesamt sieben Berufungsverfahren (einschließlich dem vorliegenden Ausgangsverfahren) "unverzüg-lich die Dauer der vorliegenden Verfahren beim Sozialgericht Gotha" bzw. "beim Thüringer Landessozialgericht gerügt" sowie mitgeteilt, dass das Ausgangsverfahren S 7 KA 1258/08 nunmehr beim Thüringer Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 11 KA 1381/11 an-hängig sei.
Mit am 29. Februar 2012 eingegangenem Schriftsatz, der als "Verzögerungsrüge" überschrie-ben ist, hat die Klägerin erklärt, dass Anlass zur Besorgnis bestehe, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen werde. Die Verfahrensdauer habe bereits zum jet-zigen Zeitpunkt die Regelverfahrensdauer von einem Jahr überschritten. Die Klägerin verwies darauf, dass ihre Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen überlanger Verfahrensdauer mit Aktenzeichen B 1 BvR 1304/09 Erfolg gehabt habe. Zwischenzeitlich sei eine Vielzahl von noch anhängigen Nachfolgeverfahren vor den Sozialgerichten Thüringens notwendig geworden. Eine Änderung der überlanger Verfahrensdauer vor Thüringer Gerichten sei trotz ständiger Rügen beim SG Gotha, LSG Erfurt, BSG Kassel, Bundesverfas-sungsgericht Karlsruhe und dem Thüringer Justizministerium nicht zu verzeichnen. Untätig-keitsklagen würden erst nach Jahren bearbeitet und seien heute noch nicht entschieden. Au-ßerdem sei eine Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straß-burg mit dem Aktenzeichen 12014/10 seit 15. Februar 2010 wegen überlanger Verfahrens-dauer anhängig. Bei ausbleibenden sozialgerichtlichen Entscheidungen in Thüringen über viele Jahre sei die Existenzerhaltung des Praxisbetriebes nur mit Fremdmitteln und entsprechenden Zinsbelastungen möglich gewesen. Ferner führt die Klägerin unter anderem aus, die Vielzahl der Verfahren gegen die K. habe sie als die schwächere Partei gegenüber ihrer wei-sungsberechtigten Institution diversen angreifbaren Verwaltungsakten und vergleichsweise härteren Bestrafungen sowie nachweislichen Verleumdungen vor dem Disziplinarausschuss ausgesetzt.
Am 3. April 2012 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin an das Thüringer Landessozi-algericht eine Sachstandsanfrage gerichtet. Das Thüringer Landessozialgericht hat durch die zuständige Berichterstatterin mitgeteilt, dass die Verwaltungsakte von der Beklagten angefor-dert worden sei und diese noch nicht vorliege. Die Klägerin erhalte unaufgefordert Nachricht. Am 17. April 2012 ist die Verwaltungsakte eingegangen. Dies wurde der Klägerin zur Kennt-nis gegeben. Mit am 8. Mai 2012 eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut um Sachstandsmitteilung gebeten und mitgeteilt, dass auf eine mündliche Verhandlung nicht verzichtet werde.
Mit einem auf den 2. Juni 2012 datiertem Schriftsatz, der bereits am 1. Juni 2012 beim Thü-ringer Landessozialgericht eingegangen ist, hat die Klägerin in insgesamt 30 von ihr bezeich-neten Rechtsstreitigkeiten ausdrücklich "Schadensersatzklage" erhoben. Das hier streitgegen-ständliche Verfahren L 7 KA 1258/08 - SG Gotha - bzw. L 11 KA 1381/11 - Thüringer LSG - ist ausdrücklich erwähnt. Als Grundlage für die Schadenersatzklage wurde das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 genannt.
Die Klage wurde dem Beklagten zur Stellungnahme übersandt und die Akte des Ausgangs-verfahrens angefordert.
Mit am 8. August 2012 im Ausgangsverfahren eingegangenem Schriftsatz hat der Prozessbe-vollmächtigte der Klägerin erneut nach dem Sachstand angefragt. Mit Verfügung vom 14. August 2012 wurde der Klägerin unter anderem mitgeteilt, dass die Sache entscheidungsreif sei, dem Senat jedoch ältere bzw. vordringlichere Verfahren vorlägen. Im Übrigen seien die Akten an das Entschädigungsgericht übersandt worden. Zwischenzeitlich hat der beklagte Freistaat Thüringen im Entschädigungsverfahren am 3. August 2012 zur Entschädigungsklage Stellung genommen.
Am 18. September 2012 hat die Klägerin einen Befangenheitsantrag gegen die im Entschädi-gungsverfahren als Berichterstatterin zuständige Vorsitzende Richterin am Landessozialge-richt gestellt.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2012 hat der Senat des Ausgangsverfahrens angefragt, ob die Akten vom Entschädigungsgericht noch benötigt würden. Mit Verfügung vom 8. Januar 2013 hat der für das Ausgangsverfahren zuständige Senat die Akten angefordert.
Mit Beschluss vom 13. Dezember 2012 wurde der Befangenheitsantrag gegen Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht als unbegründet abgelehnt.
Mit am 28. Februar 2013 eingegangenem Schriftsatz im Ausgangsverfahren hat der Prozess-bevollmächtigte der Klägerin Verzögerungsrüge erhoben. Mit Verfügung vom 13. März 2013 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Mai 2013 bestimmt. Die Ladung ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. März 2013 mit Empfangsbekenntnis zuge-stellt worden. Zwei Tage vor dem angesetzten Termin ist am 14. Mai 2013 ein umfangreicher Schriftsatz der Klägerin eingegangen.
Mit Urteil vom 16. Mai 2013 hat der Senat des Ausgangsverfahrens aufgrund mündlicher Verhandlung die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 23. März 2011 zurückgewiesen. Das Urteil wurde rechtskräftig.
Nachdem die Klägerin ein Ruhen bzw. ein Verbinden mit anderen Entschädigungsverfahren beantragt und dies vom Senat abgelehnt worden ist, hat sie in einem ausführlichen Schriftsatz vom 22. Mai 2013 u. a. vorgetragen, dass die von ihr erhobene Entschädigungsklage zulässig sei. Im Anschluss daran hat die Klägerin eine Vielzahl weitere, zum Teil umfangreiche Schriftsätze eingereicht, die erneut Anträge auf Aussetzung und Durchführung von Muster-verfahren, erneut die Verbindung von Verfahren, Befangenheitsanträge gegen Richter des anderen für Entschädigungsverfahren zuständigen Senates des Thüringer Landessozialge-richts, Klagebegründungen, Stellungnahmen, und Rechtsausführungen zum Gegenstand ha-ben. Die Schriftsätze tragen stets sämtliche Aktenzeichen der von der von der Klägerin erho-benen bzw. zum Zeitpunkt des Einreichens noch anhängigen Entschädigungsklagen. Einige Schriftsätze betreffen das vorliegende Entschädigungsverfahren nicht bzw. nur am Rande. Unter dem 30. Oktober 2013 hat die Klägerin in einem ausführlichen Schriftsatz ihre Rechts-auffassung - teilweise wiederholend - dargelegt. Diesen Schriftsatz hat die Klägerin im Zu-sammenhang mit der Ladung zu mündlichen Verhandlungen von Verfahren des anderen, für Entschädigungsverfahren zuständigen 12. Senat des Thüringer Landessozialgerichts, einge-reicht.
Schließlich hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 9. November 2013 (beim Gericht am 15. November 2013) eingegangen, ihre Klagenanträge konkretisiert. Sie hat verschiedene Verfah-rensabschnitte aufgelistet und hierzu ihre Auffassung einer überlangen Verfahrensdauer im Einzelnen dargelegt. Im Hinblick auf eine Feststellung der überlangen Verfahrensdauer sei von einem Gesamtverfahrenszeitraum vom 17. Mai 1998 bis zum 1. August 2013, dies ent-spräche 15 Jahren und 2 ½ Monate, insgesamt 182 Monaten, auszugehen. Bei der Feststellung einer Entschädigungssumme sei von dem Zeitraum vom 8. März 2008 bis zum 1. August 2013 auszugehen, dies entspreche 5 Jahren und 5 Monaten, insgesamt 65 Monaten, vom 8. März 2008 bis 15. August 2011 3 Jahren und 5 Monate in der ersten Instanz und vom 15. August 2011 bis 1. August 2013 2 Jahren in der zweiten Instanz. Sie begehre neben der Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer bei Verzögerungen von 41 Monaten bei angenommener normalen Verfahrenszeit von jeweils 12 Monaten in der ersten und der zweiten Instanz und oben aufgeführten Stillstandszeiten eine Entschädigung für immaterielle Schäden in Höhe von 4.100,00 EUR plus Prozesszinsen pro Quartal im Zeitraum I/98 bis I/2005. Zudem beantragte sie auch eine materielle Entschädigung. Erstinstanzlich sei von einer Zulässigkeit der Klage ausgegangen und ein Urteil gefällt worden. Auf dessen Grundlage habe sie Berufung einge-legt. Im Berufungsverfahren sei jedoch von einer Unzulässigkeit der Klage ausgegangen wor-den. Sie beantrage daher, die zusätzlichen Verfahrenskosten einschließlich Gerichtsgebühren, Anwalts- und Beratungskosten, Praxisausfallkosten usw. für die Berufung sowie die nachträg-lich erhobenen, zusätzlichen Kosten sowie die vormals zu viel entrichteten Kosten für die erste Instanz zu erstatten. Das Urteil des Sozialgerichts Gotha habe sich als fehlerhaft in der Rechtsanwendung erwiesen.
Die abschließende Beantragung hinsichtlich ihrer Forderung auf Entschädigung für den erlit-tenen immateriellen und materiellen Schaden zzgl. Prozesszinsen sowie Feststellung der über-langen Verfahrensdauer werde von ihr in der mündlichen Verhandlung vorgenommen. Die in dem Schriftsatz aufgeführten Berechnungen dienten lediglich der Orientierung.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihr wegen unangemessener Dauer des Verfahrens eine Entschädigung für immaterielle Schäden in Höhe von 4.000,00 Euro plus Prozesszinsen pro Quartal und Zeitraum der Quartale 1/98 bis 1/2005 und materielle Entschädigung für die Einlegung der Berufung (Gerichtsgebühren, Anwalts- und Beratungskosten, Pra-xisausfallkosten) zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage sei unzulässig, die Klägerin habe die 6-Monatsfrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) nicht eingehalten. Die Klage sei auch nicht zulässig ge-worden. Die Verzögerungsrüge sei nicht unverzüglich erhoben worden. Eine Überlänge des Verfahrens dürfte für den Zeitraum nach der Rüge und auch insgesamt nicht vorliegen. Die Klägerin habe durch ihre Prozessführung, insbesondere ihre wechselseitige Bezugnahmen auf Parallelverfahren zur Verfahrensdauer beigetragen. Gegebenenfalls sei nach einer Einzelfall-prüfung auch nur die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer in Betracht zu zie-hen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen, die die Klägerin betreffende Akte des Ausgangsverfahrens lag vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig.
Für das Klageverfahren wegen einer Entschädigung auf Grund einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens sind die Vorschriften des § 198 Abs. 1 GVG sowie die §§ 183, 197 a und 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der ab 3. Dezember 2011 gelten-den Fassung durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ( ÜGRG) vom 24. November 2011 (BGBl. I S. 2302) maßgebend. Nach Art. 23 S. 1 ÜGRG gilt dieses Gesetz auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten am 3. Dezember 2011 - wie hier - bereits anhängig waren, sowie für abgeschlos-senen Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Be-schwerden beim EGMR ist oder noch werden kann.
Für die Entscheidung über die Klage ist das Landessozialgericht (LSG) zuständig. Nach § 200 S. 2 GVG haftet der Bund für Nachteile, die auf Grund von Verzögerungen bei Gerichten des Bundes eingetreten sind. Für Klagen auf Entschädigung gegen den Bund ist nach § 201 Abs. 1 S. 2 GVG der Bundesgerichtshof (BGH) zuständig. Für sozialgerichtliche Verfahren er-gänzt § 202 S 2 SGG diese Regelung dahin, dass die Vorschriften des 17. Titels des GVG (§§198 - 201) mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden sind, dass an die Stelle des Ober-landesgerichts das LSG, an die Stelle des BGH das Bundessozialgericht (BSG) und an die Stelle der ZPO das SGG tritt.
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft; sie wurde form-gerecht erhoben.
Die Klage ist, obwohl zunächst die Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG nicht eingehalten worden war, wie in den Fällen der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG durch Zeitablauf zulässig geworden (vgl. zur Untätigkeitsklage BSGE 75, 56, 58).
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Anspruchsgrundlage für einen Entschädigungsanspruch wegen einer unangemessenen Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist § 198 Abs. 1 GVG in Verbindung mit § 202 SGG. Nach § 198 Abs. 1 GVG (in der ab 3. Dezember 2011 geltenden Fassung durch das ÜGRG) wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten des Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 S. 2 GVG).
Entschädigung wird für materielle und immaterielle Schäden geleistet.
Für immaterielle Schäden erleichtert § 198 Abs. 2 GVG die Geltendmachung. Danach wird ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unange-messen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1.200 Euro für jedes Jahr der Ver-zögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen. Der Entschädigungsanspruch kann ein Vielfaches des ursprünglichen Klagebegehrens einschließlich der Kosten betragen. Ob im Einzelfall nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes eine Entschädigungsgrenze festzu-stellen ist, kann jedoch hier dahinstehen.
Entschädigung enthält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in ange-messener Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Andernfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Be-stimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Ver-fahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge (§ 198 Abs. 3 GVG). Nach Art. 23 ÜGRG gilt für anhängige Verfahren, die bei seinem (des ÜGRG) Inkrafttreten schon verzögert sind, § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzöge-rungsrüge unverzüglich nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG auch für den vorausgehenden Zeitraum.
Bei der Verzögerungsrüge handelt es sich - als materiell-rechtliche Voraussetzung der Ent-schädigungsklage - prozessrechtlich um eine Obliegenheit (BT-Drs. 17/3802 S. 20). Das Ge-richt der Hauptsache oder das Entschädigungsgericht haben weder eine förmliche Entschei-dung über die Verzögerungsrüge zu treffen noch muss auf Grund der Verzögerungsrüge das Verfahren vorrangig bearbeitet oder erledigt werden. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/3802 S. 20) ergibt sich zwar, dass die Rüge dem bearbeitenden Richter - soweit erforder-lich - auch die Möglichkeit zu einer beschleunigten Verfahrensförderung eröffnen und inso-fern als Vorwarnung dienen soll. Eine Verzögerungsrüge steht damit aber auch in einem Spannungsverhältnis zu dem, dem Rechtsuchenden nach Art. 97 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleisteten, Recht der richterlichen Unabhängigkeit des für ihn zuständigen Rich-ters. Dass eine Verzögerungsrüge Einfluss auf die richterliche Tätigkeit haben und Art. 97 Abs. 1 GG hierdurch berührt werden kann, ergibt sich beispielsweise daraus, dass sechs Mo-nate nach der Rüge Klage erhoben werden kann (§ 198 Abs. 5 GVG), d. h. nach Erheben der Rüge der Richter mit einer Entschädigungsklage rechnen muss.
Dies ist insgesamt bei der Frage zu berücksichtigen, wann Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird, mithin die Verzögerungsrüge als Anspruchsvoraussetzung für eine Entschädigung wirksam ist. Der Gesetzgeber war einer-seits bemüht zu verhindern, dass die Rüge zu früh, unter Umständen vorsorglich schon mit der Klageerhebung, angebracht wird, andererseits soll sie aber auch so rechtzeitig erhoben werden, dass sie ihre präventive Funktion noch entfalten kann (kein Dulden und Liquidieren, vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 20; Söhngen, NZS 2012, S. 493, 469), ohne dass der Richter wegen Art. 97 Abs. 1 GG allerdings zu einem bestimmten Vorgehen/Verhalten gezwungen werden kann. Unwirksam wäre danach eine Verzögerungsrüge nur in der Absicht, sich gegenüber anderen Klägern einen zeitlichen Vorteil zu verschaffen oder nur um Einfluss auf die Bearbeitung durch den Richter ausüben zu wollen.
Eine Besorgnis im oben genannten Sinne ist somit nur anzunehmen, wenn objektive Umstände vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung, unabhängig von subjektiven Vorstellungen und Empfindungen der Beteiligten, auf eine unangemessene Verfahrensdauer hindeuten (vgl. Scholz, SGb 2012, S. 19, 24). Solche Umstände können angenommen werden, wenn Zeiträu-me von gewisser Dauer verstreichen, ohne dass das Gericht für die Beteiligten nachvollziehbar nach §§ 103, 106, 106 a SGG tätig wird oder bei einer unberechtigten bzw. gegen den Willen eines Beteiligten angeordneten Aussetzung. Eine Besorgnis kann unabhängig vom Zeitmoment bei einem Richterwechsel in komplexen Fällen, längeren Vertretungszeiten oder Überlastungsanzeigen gerechtfertigt sein. Verzögerte oder vollständig unterbleibende Beant-wortung von Sachstandsanfragen sind zu beachten (vgl. Söhngen, NZS 2012, S. 493, 467). Eine möglicherweise lange Verfahrensdauer in einem anderen/früheren Verfahren des Klägers rechtfertigt per se noch nicht die Besorgnis der Verzögerung des aktuellen Verfahrens. Die Anforderungsvoraussetzungen dürfen allerdings auch nicht überspannt werden.
Nach § 198 Abs. 4 GVG ist eine Wiedergutmachung auf andere Weise insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Mo-nate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar (§ 198 Abs. 5 GVG).
Nach § 198 Abs. 6 GVG ist im Sinne dieser Vorschrift
1. ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Ab-schluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenbeihilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; 2. ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
Damit setzt der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch voraus, dass eine wirksame Verzögerungsrüge erhoben wurde, dass eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens vorliegt, dass die Klägerin einen Nachteil vermögenswerter oder nicht vermögenswerter Art erlitten hat, dass nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise nach § 198 Abs. 4 GVG nicht ausreichend ist und dass der geforderte Betrag als Entschädi-gung angemessen ist.
Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG gewährleistet nicht nur das formelle Recht, die Gerichte gegen Hand-lungen öffentlicher Gewalt anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (BVerfGE 93, 1, 13). Wirksamer Rechtsschutz bedeutet auch Rechtsschutz innerhalb ange-messener Zeit (BVerfGE 55, 349, 369). Jedoch lassen sich weder dem Grundgesetz noch dem ÜGRG allgemein gültige Zeitvorgaben dafür entnehmen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist. Dies ist auch bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Ver-zögerungsrüge zu berücksichtigen.
Wegen der Anknüpfung des gesetzlichen Entschädigungsanspruchs an Art.19 Abs. 4 GG (i. V. m Art. 20 Abs. 3 GG) sowie als Menschenrecht nach Art. 6 Abs. 1 EMRK kommt es da-rauf an, ob der Beteiligte durch die Länge des Gerichtsverfahrens in seinem Grund- und Men-schenrecht beeinträchtigt worden ist. Damit wird eine gewisse Schwere der Belastung von vornherein vorausgesetzt. Es reicht also nicht jede Abweichung vom Optimum, vielmehr muss eine deutliche Überschreitung der äußeren Grenze des Angemessenen vorliegen (BSG, Urteil vom 21. 2. 2013, B 10 ÜG 2/12 KL).
Die Dauer eines Verfahrens ist auch in hohem Maße von dem Verhältnis abhängig, in dem die Zahl der von Rechtsuchenden betriebenen Verfahren zu den Personal- und Sachmitteln des jeweils zuständigen Gerichts steht. Dabei reicht es aus, dass dieses Verhältnis angemessen ist. Der Staat ist jedenfalls nicht verpflichtet, so große Gerichtskapazitäten vorzuhalten, dass jedes anhängige Verfahren sofort und ausschließlich von einem Richter bearbeitet werden kann. Vielmehr muss ein Rechtsuchender damit rechnen, dass der zuständige Richter neben seinem Rechtsbehelf auch noch andere (ältere) Verfahren zu bearbeiten hat. Insofern ist ihm eine ge-wisse Wartezeit zuzumuten (BSG, a.a.O.).
Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG (BSG, a.a.O) auch insoweit, als es im Hinblick darauf von Bedeutung sein kann, in welcher Zeit vergleichbare Verfahren erledigt werden und entsprechende statistische Zahlen einen hilfreichen Maßstab bei der Beurteilung der Ange-messenheit der Dauer eines konkreten Verfahrens bieten (können). Hierbei ist jedoch zunächst zu berücksichtigen, dass die Feststellung, in welcher Zeit vergleichbare Verfahren erledigt wurden, nicht bedeutet, dass die statistischen Vergleichsverfahren auch in angemessener Zeit erledigt wurden. Ferner ist die Bedeutung solcher statistischer Zahlen bei den In-stanzgerichten weitaus geringerer als beim BSG. Denn entscheidend sind die Umstände des Einzelfalles. Bei den Instanzgerichten sind die Verfahren schon deshalb nicht ohne weiteres statistisch zu vergleichen, weil es sich um Tatsacheninstanzen handelt, die Verfahren weitaus unterschiedlicher sind und sich nicht auf reine Rechtsfragen beschränken. Ein ungewöhnlicher Geschäftsanfall kann bei den Instanzgerichten nicht in gleicher Weise, etwa durch Unter-stützung durch Vorberichterstatter, abgefangen werden wie dies beim BSG möglich ist. Eine Änderung der Geschäftsverteilung oder Überlastungsanzeigen führen per se nicht zu einer schnelleren Erledigung der Verfahren. Schließlich sind in den Instanzgerichten Richter regel-mäßig in verschiedenen Kammern und Dezernaten tätig und für verschiedene Rechtsgebiete zuständig; auch dies erschwert eine statistische Vergleichbarkeit. Bei der Frage des Maßstabes bleibt nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf die Instanzgerichte allerdings offen, ob eine bundesweite Statistik "vergleichbarer" Verfahren oder die sta-tistischen Zahlen des betreffenden Bundeslandes zugrunde zu legen sind, um die angemessene Dauer eines konkreten Verfahrens zu beurteilen.
Ob der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung seines gerichtlichen Verfah-rens in angemessener Zeit verletzt wurde, ist daher vor allem im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 6 Abs. 1 der Europäi-schen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 2, 20 Abs. 3 GG zu beurteilen (vgl. BT-Drs. 17/3802 S. 15). § 198 Abs. 1 S. 2 GVG nennt als Maßstab die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeu-tung des Verfahrens sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Als weiteres Kriterium ist die Notwendigkeit von Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht zu nennen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. 8. 2012, NZS 2013, S. 21, 22). Bei einer erheblichen (Existenz sichernden) Bedeutung des Verfahrens können schon kurze Verzögerungen Entschädigungs-ansprüche auslösen (BVerfG, info also 2012, S. 28, 29). Bei dem Verhalten der Verfahrensbe-teiligten und Dritter ist die besondere (bürgerfreundliche) Ausgestaltung des sozialgerichtli-chen Verfahrens zu beachten (vgl. Söhngen, NZS 2012, S. 493, 465). Beispielsweise Unerfah-renheit und Unbeholfenheit eines Verfahrensbeteiligten rechtfertigen keine Verfahrensverzö-gerung, weil das sozialgerichtliche Verfahren stärker als andere Verfahrensordnungen auf den rechtlich nicht bewanderten Bürger Rücksicht nimmt und eine Reihe von Vorschriften enthält, die es ihm erleichtern, sein Recht zu suchen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 10. Aufl. 2012, Vor § 60 RdNr. 1; Söhngen, NZS 2012, S. 493, 465). Diesbezüglich und allgemein ist schließlich auch die Verfahrensführung durch das Gericht unter Berücksichtigung der durch Art. 97 Abs. 1 GG garantierten richterlichen Unabhängig-keit zu würdigen (vgl. Steinbeiß-Winkelmann/Ott, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsver-fahren, § 198 GVG, RdNr. 127, 128).
Steht eine überlange Verfahrensdauer in diesem Sinne fest, ist in einem zweiten Schritt der Umfang der Verzögerung zu würdigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht kein Entschädigungsanspruch der Klägerin Eine überlange Verfahrensdauer ist ebenfalls nicht festzustellen.
Für die Feststellung einer unangemessenen Verfahrensdauer sowie für die Beurteilung einer wirksamen Verzögerungsrüge kommt es auf die Dauer und die Umstände des gesamten Aus-gangsverfahrens "instanzübergreifend" bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Entschädi-gungsgerichts an. Ein Vorverfahren ist nicht gesondert zu beurteilen, kann aber für die Ge-samtverfahrensdauer unter Umständen von Bedeutung sein. Das zuständige Entschädigungs-gericht beurteilt mithin die Unangemessenheit einer Verfahrensdauer in einer Gesamtschau, unabhängig davon, wie viele Instanzen das Verfahren durchlaufen hat. Ansatzpunkt ist zwar zunächst die Verfahrensdauer in der jeweiligen Instanz, es erfolgt jedoch keine isolierte Be-trachtung der Instanz. Dies kann beispielhaft dazu führen, dass ein Verfahren in einer Instanz zwar geraume Zeit in Anspruch genommen hat, jedoch insgesamt nicht von einer Unange-messenheit des (Gesamt)Verfahrens auszugehen ist, weil eine zügige Bearbeitung in der ande-ren Instanz stattgefunden hat. Denn grundsätzlich dauert ein Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen länger als ein Verfahren, das sich nur auf eine Instanz beschränkt. Dem entspre-chend herrscht Einigkeit darüber, dass die Unangemessenheit einer Verfahrensdauer grund-sätzlich erst nach Abschluss des gesamten Verfahrens beurteilt werden kann. Dabei kann zwar auch der Fall eintreten, dass die Verfahrensdauer in einer Instanz bereits derartig unangemes-sen lang gewesen ist, dass sie in der nachfolgenden Instanz nicht mehr "gerettet werden" kann. Auch dies widerspricht nicht dem Grundsatz der Gesamtschau.
Bei Verfahren über mehrere Instanzen ist bei der Gesamtschau zu berücksichtigen, auch im Hinblick auf die Höhe einer Entschädigung, dass, falls das erstinstanzliche Verfahren bereits eine erhebliche Dauer angenommen hat, es besonders schwer wiegt, wenn auch das zweitin-stanzliche Verfahren einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat. Der zweitinstanz-liche Richter ist zwar nicht verpflichtet, ein Berufungsverfahren allein deshalb vorrangig zu erledigen, weil das Ausgangsverfahren bereits längere Zeit gedauert hat. Denn zum einen könnte dies in den Bereich der richterlichen Unabhängigkeit eingreifen. Zum anderen ist es nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, eine unangemessene Dauer eines erstinstanzlichen Verfahrens zu beurteilen. Wenn ein Gerichtsverfahren aber schon alleine deshalb bis zu einem rechtskräftigen Abschluss regelmäßig länger dauert, wenn es über mehrere Instanzen geführt wird, sich die Beteiligten per se schon auf ein längeres Verfahren einstellen müssen, erhält der zeitliche Aspekt eine noch größere Bedeutung, weil es den Beteiligten grundsätzlich darum geht, dass nicht nur die Instanz, sondern das gesamte Verfahren zügig und in angemessener Zeit abgeschlossen wird.
Bei der Bewertung von sich aus den Akten ergebenden Zeiträumen scheinbarer Nichtbearbei-tung bedeuten solche "Lücken" nicht, dass diese per se zu einer unangemessenen Verfahrens-dauer beigetragen haben. Zum einen besteht kein Anspruch eines Rechtsuchenden auf eine ausschließliche oder beinahe lückenlose Bearbeitung der Sache durch den zuständigen Rich-ter, der Staat ist auch nicht verpflichtet, für eine solchen Bearbeitung erforderliche Gerichts-kapazitäten vorzuhalten (vgl. BSG, Urteil vom 21. 2. 2013, B 10 ÜG 2/12 KL). Zum anderen bedeuten solche, sich aus den Akten ergebende Lücken scheinbarer Nichtbearbeitung nicht, dass die Sache vom zuständigen Richter in diesem Zeitraum nicht bearbeitet wurde. Bei-spielsweise werden dem Rechtsstreit dienende Recherchen, die Kenntnisnahme aktueller Rechtsprechung zum Fall oder beim Landessozialgericht übliche Besprechungen in der Sache (auch zur Abstimmung) mit Senatskollegen oder Richtern anderer Senate nicht in den Akten vermerkt, gleichwohl wird das Verfahren bearbeitet. Auch diesbezüglich ist eine genaue Be-wertung und Gesamtschau im Einzelfall, etwa im Hinblick auf die Dauer solcher Lücken oder den Verfahrensstand, erforderlich.
Bei einer Gesamtbetrachtung verbleibt es auch nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 ÜGRG bei Verfahren, die bei Inkrafttreten bereits anhängig gewesen sind. Nach Art. 23 Satz 2 ÜGRG muss die Verzögerungsrüge (als Anspruchsvoraussetzung) unverzüglich nach In-krafttreten erhoben werden, in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge ein Anspruch nach § 198 GVG. Art. 23 Satz 3 ÜGRG regelt ferner, dass, falls bei einem anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz erfolgt, es keiner Verzögerungsrüge be-darf. Daraus folgt jedoch nicht, dass bei einer nicht unverzüglichen Verzögerungsrüge nach Art. 23 Abs. 2 ÜGRG die abgeschlossene Instanz isoliert im Hinblick auf eine überlange Ver-fahrensdauer berücksichtigt werden kann. Für die abgeschlossene Instanz wird mithin nur auf eine Verzögerungsrüge verzichtet, nicht auf die stets erforderliche Gesamtschau des Verfah-rens. Vielmehr ist vom Entschädigungsgericht zunächst festzustellen, ob die Verzögerungsrü-ge im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich erfolgt ist. Ist dies nicht der Fall, beurteilt das Entschädigungsgericht in einer Gesamtschau die abgeschlossene Instanz sowie die Ver-fahrensdauer nach der nicht unverzüglichen Verzögerungsrüge (andere Ansicht wohl Thürin-ger LSG, Urteil vom 10. Juli 2013, Az.: L 12 SF 912/12 EK).
Ist die Verzögerungsrüge im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG unverzüglich erhoben, verbleibt es bei einer Gesamtbetrachtung des gesamten Verfahrens erster und zweiter Instanz bis zum Abschluss.
Für den Senat ist nicht zweifelhaft, dass eine wirksame Verzögerungsrüge vorliegt.
Die Klägerin hat im Sinne des Art. 23 Abs. 2 ÜGRG die Verzögerungsrüge auch unverzüglich erhoben. Eine "unverzügliche" Rüge im Sinne des Art. 23 Satz 2 ÜGRG ist für Verfahren erforderlich, die bei Inkrafttreten des Gesetzes am 3. Dezember 2011 schon verzögert sind; in diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge einen Anspruch nach § 198 GVG. Unverzüglich bedeutet hier im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) "ohne schuldhaftes Zögern". Dies ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 17/3802, Seite 31 zu Artikel 22), wonach bei solchen Verfahren, bei denen eine rügepflichtige Situation bereits eingetreten ist, die Rüge grundsätzlich unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern nach Inkrafttreten der Regelung, erhoben werden müsse. Dies gilt auch für das sozial-gerichtliche Verfahren. Für einen Laien wird damit offensichtlich, dass schnelles Handeln erforderlich ist. Allerdings existieren keine festen zeitlichen Grenzen. Wann eine Rüge noch unverzüglich erhoben worden ist, beurteilen die Entschädigungsgerichte unterschiedlich (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 3. Mai 2013, Az.: 23 SCHH 1/13 INTV; Hanseatisches Oberlan-desgericht in Bremen, Urteil vom 4. Juli 2013, Az.: 1 SCHH 10/12). Es kommt jedenfalls auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Klägerin hatte am 15. Februar 2012 Verzögerungsrüge erhoben und damit etwa zweieinhalb Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes. Dies ist nach der Überzeugung des Senates bereits relativ schnell gewesen. Einen Prozessbevollmächtigten hatte die Klägerin für ein mögliches Entschädigungsverfahren nicht mandantiert. In dem hier vorliegenden Entschädigungsverfahren ist besonders zu berücksichtigen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des ÜGRG beim Sozialgericht Gotha bzw. beim Thüringer Landessozialgericht über 30 Klagen bzw. Berufungsverfahren gegen die K. anhängig hatte, die teilweise bereits einen erheblichen zeitlichen Umfang erreicht hatten und die teilweise als schwierig zu bewerten sind. Der Klägerin war deshalb auch eine besondere Prüfungs- und Überlegungsfrist einzuräumen, mit dem Ergebnis, dass die Erhebung einer Verzögerungsrüge am 15. Februar 2012 hier noch als unverzüglich zu werten ist. Ob bzw. in welchem Umfang die Klägerin jede Klage bzw. Berufung unter dem Gesichtspunkt einer Verzögerung tatsäch-lich geprüft hat, kann dabei dahinstehen.
Die Klage ist unbegründet, denn die Verfahrensdauer war nicht überlang.
Nach der Überzeugung des Senates ist Ausgangspunkt zunächst eine Feststellung der Ge-samtverfahrensdauer. Nach einer Entscheidung des BSG vor Inkrafttreten des ÜGRG liegt eine generelle Grenze, bei deren Überschreitung in der deutschen Sozialgerichtsbarkeit im Klage- und Berufungsverfahren ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 MRK zu vermuten sei, bei drei Jahre je Gerichtsinstanz (BSG SozR 4 - 1500, § 160 a Nr. 11). Zwar ist diese Entschei-dung auf das ÜGRG nicht übertragbar, zumal es nicht auf die zeitliche Dauer des Verfahrens je Gerichtsinstanz sondern auf die Gesamtverfahrensdauer ankommt und die Verfahrensdauer auch in den einzelnen Rechtsgebieten der Sozialgerichtsbarkeit variiert. Der zeitliche Rahmen von sechs Jahren Verfahrensdauer bei einem Verfahren über zwei Instanzen (bzw. einer Ver-fahrensdauer von drei Jahren je Instanz) ist nach der Überzeugung des Senates - immer auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Rechtsgebietes - aber ein erster Anhaltspunkt. Das Verfahren hier dauerte über zwei Instanzen etwas mehr als fünf Jahre, dies ist nach den oben genannten Ausführungen für einen sozialrechtlichen Rechtsstreit aus dem Vertragsarztrecht zunächst nicht außergewöhnlich, zumal es sich in der Regel um schwierige Verfahren handelt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vom Eingang der Untätigkeitsklage auszugehen, erst ab diesem Zeitpunkt konnte die Klage vom Sozialgericht bearbeitet und geprüft werden, unabhängig davon, ob von der KV ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist. Der Untätig-keitsklage lagen weder ein Antrags- noch ein sonstiges Vorverfahren vor. Die Untätigkeits-klage hatte keinen konkreten Anlass, die Klägerin meinte vielmehr, dass angebliche Ansprüche seit dem Quartal I/98 noch offen seien, ohne dass sie aber entsprechende Anträge gestellt hatte. Die Auffassung der Klägerin, dass die Verfahrensdauer gleichwohl ab dem Quartal I/98 beginne, ist geradezu abwegig. Der Klägerin wurde zuletzt mit rechtskräftigem Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 16. Mai 2013 im Ausgangsverfahren ausführlich erläutert, dass ihre Untätigkeitsklage mangels Antragsverfahrens unzulässig war.
Das vorliegende Verfahren betraf allerdings eine Untätigkeitsklage, solche sind in der Regel einfacher und werden zügiger erledigt. Gleichwohl war die Sache insofern als schwierig zu beurteilen, weil die Klägerin durch die Vorlage einer Vielzahl unübersichtlicher Schriftsätze und Anlagen, die teilweise nichts oder nur am Rande mit einer behaupteten Untätigkeit der K. zu tun hatten, die Bearbeitung der Klage von Beginn an erschwert hat. Denn die Bearbeitung war durch das Vorgehen der Klägerin über das gesamte Verfahren hin besonders zeitaufwen-dig. Die Klägerin ist überwiegend bzw. sogar ausschließlich dafür verantwortlich, dass das Verfahren nicht zu einem früheren Zeitpunkt abgeschlossen werden konnte.
Die Klägerin hat während des gesamten Verfahrens auf andere Verfahren Bezug genommen, unter anderem diese Vorgehensweise führte dazu, dass der zuständige Richter zeitaufwendig entsprechende Akten sichten und die verwirrenden Angaben der Klägerin aufklären muss. Ob die Klägerin den Überblick über ihre Verfahren verloren hatte oder dies möglicherweise Pro-zesstaktik ist, wenn sie wahllos Schriftstücke vorlegt, die mit der jeweiligen Sache nichts zu tun haben oder lediglich am Rande bzw. wiederholend, kann dahinstehen, denn die Vorge-hensweise kann weder vom Gericht noch vom Prozessgegner ignoriert werden. Das Verfahren verlängert sich nicht nur dadurch, dass das Gericht umfangreiche aber überflüssige Schreiben zur Kenntnis nehmen muss. Der Prozessgegner hat Anspruch auf rechtliches Gehör, sodass auch diesem bei besonders umfangreichem Schriftverkehr zeitlich in größerem Umfang die Möglichkeit eröffnet werden muss, die Äußerungen der Klägerin zur Kenntnis zu nehmen und sich hierzu zu positionieren.
Bereits mit der Klageschrift hatte die Klägerin eine Vielzahl von Anlagen beigefügt, die nicht oder nur am Rande mit einer Untätigkeitsklage zu tun hatten. Sowohl der bearbeitende Rich-ter als auch der Prozessgegner musste die Klageschrift sorgfältig und zeitaufwendig zur Kenntnis nehmen. Ferner ergab sich aus der Klageschrift ein konkretes Begehren der Klägerin (zunächst) nicht. Nachdem die K. zur Klage erwidert hat, dass insbesondere nicht feststellbar sei, auf welche Anträge sich die Untätigkeitsklage beziehe, über die noch nicht entschieden worden sei, wurde die Klägerin auch vom Sozialgericht aufgefordert, die Klage zu konkreti-sieren. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Juni 2008 unter anderem geäußert, dass sich die Beteiligten und das Gericht zunächst auf das Quartal I/98 "konzentrieren" soll-ten. Auch diesem Schriftsatz ist nicht zu entnehmen, über welchen konkreten Antrag ent-schieden werden sollte bzw. auf welches Antragsverfahren sich die Untätigkeitsklage bezog. Dem Schriftsatz ist ferner weder zu entnehmen, dass die Klage besondere Bedeutung für die Klägerin hatte, noch dass diese vorrangig erledigt werden sollte, zumal die Klägerin auf be-reits anhängige ältere Klagen, andere Quartale betreffend, mit angeblich dem gleichen materi-ell-rechtlichen Streitgegenstand Bezug genommen hatte.
Hierfür spricht auch, dass die Klägerin sich erst wieder im März 2009 unter dem vorliegenden Aktenzeichen an das Sozialgericht gewandt, in diesem Zusammenhang jedoch die Erledigung einer anderen Untätigkeitsklage angemahnt hat. Nunmehr ging es der Klägerin um alle Quar-tale ab dem "Quartal I/98 bis in die Gegenwart". Das Sozialgericht musste nunmehr die Ak-ten mit den von der Klägerin genannten Aktenzeichen beiziehen und teilweise vom Thüringer Landessozialgericht anfordern. Wie auch aus anderen Verfahren, die der Senat zu bearbeiten hat, offensichtlich wird, nimmt die Klägerin ihre Klagen häufig zum Anlass, Streitgegenstän-de, die mit dem ursprünglichen Begehren nichts oder nur am Rande zu tun haben, einzufüh-ren, was die Bearbeitung der Klagen erheblich erschwert.
Zu einer weiteren Verlängerung der Verfahrensdauer kam es dadurch, dass die Klägerin am 3. Juni 2009 Verfassungsbeschwerde wegen einer "andauernden Unterlassung gerichtlicher Tä-tigkeit des Sozialgerichts" hinsichtlich ihrer Untätigkeitsklage eingelegt hatte. Erst nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24. September 2009 (Az.: 1 BvR 1304/09) unter anderem diese Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hatte und sich die Akten wieder beim Sozialgericht befanden, konnte die Sache weiter bearbeitet wer-den.
Das Sozialgericht hat den Beteiligten daraufhin mitgeteilt, einen Verhandlungstermin be-stimmen zu wollen und hierzu die K. um eine beschleunigte Bearbeitung und Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zugang des Schreibens gebeten.
Es ist mithin davon auszugehen, dass das Sozialgericht zeitnah einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen wollte. Hierzu kam es jedoch zunächst nicht, vielmehr zu einer wei-teren Verlängerung der Verfahrensdauer, weil die Klägerin den zuständigen Kammervorsit-zenden mit am 12. Oktober 2009 eingegangenem Schriftsatz wegen der Besorgnis der Befan-genheit abgelehnt hat. Der Kammervorsitzende konnte die Sache erst dann weiter bearbeiten, nachdem das Thüringer Landessozialgericht den Befangenheitsantrag mit Beschluss vom 7. Januar 2010 abgelehnt hatte und die Akten wieder beim Sozialgericht vorlagen.
Dementsprechend hat das Sozialgericht den Rechtsstreit zur Sitzung geschrieben. Zwar wurde mit Verfügung vom 19. November 2010 Termin zur mündlichen Verhandlung erst auf den 26. Januar 2011 bestimmt, dies ist im Hinblick auf die Verfahrensdauer jedoch nicht zu beanstan-den. Denn in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Sozialgericht bereits im Oktober 2009 einen zeitnahen Termin bestimmen wollte und eine konkrete Planung aufge-nommen hatte. Nachdem diese Planung durch den Befangenheitsantrag unterbrochen wurde, war es weder erforderlich noch konnte die Klägerin erwarten, dass das Sozialgericht nunmehr andere Verfahren zurückstellt und diese Klage vorrangig terminiert. Denn die Arbeitsorgani-sation ist Sache des zuständigen Kammervorsitzenden und fällt in den Bereich dessen richter-licher Unabhängigkeit. Es besteht keine Verpflichtung, Rechtsstreitigkeiten, die geladen wer-den sollten bzw. geladen worden sind, nur deshalb vorrangig neu zu terminieren, weil der zuvor geplante Termin nicht stattfinden konnte.
Hinzu kommt, dass die Klägerin nicht nur in diesem Verfahren den zuständigen Kammervor-sitzenden wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat, sondern auch in weiteren Ver-fahren, für die er zu diesem Zeitpunkt zuständig war (vgl. u. a. SG Gotha, Az.: S2 KA3535/07; S 2 KA 1066/09). Nachdem das Thüringer Landessozialgericht über alle Befan-genheitsanträge entschieden und die Akten zurück an das Sozialgericht geschickt hatte, lagen dem Kammervorsitzenden nunmehr mehrere Verfahren, die durch die erfolglosen Befangen-heitsanträgen verzögert wurden, vor, die nun ggf. schnell zu entscheiden waren.
Dass der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 26. Januar 2011 auf den 9. März 2011 und dann noch auf den 23. März 2011 verlegt werden musste, lag daran, dass die Klägerin nach der Zustellung der Ladung einen Rechtsanwalt bevollmächtigt hat, der Akteneinsicht und Terminsverlegung beantragt hat, sich in die Sache einarbeiten wollte und der am 9. März 2011 verhindert war. Diese Verzögerung lag ebenfalls im Verantwortungsbereich der Klägerin.
Aus der Bearbeitung in der Berufungsinstanz ergibt sich, dass der Rechtsstreit sogar vorrangig bearbeitet wurde. Die Berufung wurde am 16. August 2011 eingelegt und am 20. September 2011 begründet. Bereits mit Verfügung vom 13. März 2013 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 16. Mai 2013 bestimmt. Trotz der relativ geringen Verfahrensdauer in der Berufungsinstanz hat die Klägerin mehrfach Sachstandsanfragen gestellt und - obwohl zu diesem Zeitpunkt schon eine Entschädigungsklage erhoben worden war - eine weitere Verzögerungsrüge erhoben. Auch im Berufungsverfahren hat die Klägerin umfangreiche Schriftsätze eingereicht, die mit der eigentlichen Untätigkeitsklage nichts oder nur am Rande zu tun hatten, jedoch zeitaufwändig zur Kenntnis genommen werden mussten. In der Gesamt-schau ist mithin keine unangemessene Verfahrensdauer festzustellen.
Während des gesamten Verfahrens hat die Klägerin so agiert, dass während erheblicher Zeit-räume eine vernünftige und zeitnahe Bearbeitung der (unzulässigen) Klage durch das Sozial-gericht bzw. die Berufung durch das Landessozialgericht nicht möglich war, sie eine vernünf-tige und zeitnahe Bearbeitung des Rechtsstreites sogar vereitelt hat und nunmehr eine Ent-schädigung für angeblich immaterielle Schäden in exorbitanter Höhe verlangt, die nicht annä-hernd der geringen Bedeutung des Ausgangsverfahrens entspricht. Es stellt sich die Frage, ob dies dem Sinn und Zweck des Gesetzes entspricht.
Der Vollständigkeit halber ist im Hinblick auf die von der Klägerin noch geltend gemachte "materielle Entschädigung" darauf hinzuweisen, dass ein materieller Schaden wegen überlan-ger Verfahrensdauer- auch wenn es nicht darauf ankommt - schon nicht nachvollziehbar dar-gelegt worden ist. Die Klägerin verkennt hier, dass eine ideelle oder materielle Entschädigung nach dem ÜGRG wegen einer überlangen Verfahrensdauer und nicht wegen einer fehlerhaf-ten Rechtsanwendung eines Sozialgerichts geleistet wird. Die Klägerin will aber eine materi-elle Entschädigung wegen eines angeblich falschen Urteils des Sozialgerichts. Die Klägerin verkennt auch, dass es im Ergebnis keine Rolle spielt, ob eine Berufung unbegründet ist, weil die Klage unbegründet oder diese bereits unzulässig gewesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 HS 3 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Revision war zuzulassen, weil der Rechtsstreit Rechtsfragen grundsätzlicher Art aufge-worfen hat, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FST
Saved