L 5 R 689/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 9 R 1556/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 689/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rente wegen Erwerbsminderung - Berufsunfähigkeit - Facharbeiter - Berufskraftfahrer

Versicherte, die zu Zeiten der DDR den Beruf des Berufskraftfahrers erlernt und in diesem Beruf langjährig - auch nach Inkrafttreten der Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung vom 19. April 2001 zumindest dreijährig - tätig waren und überwiegend Tätigkeiten im erlernten Berufsbild ausgeübt haben, genießen Berufsschutz auf der Stufe des Facharbeiters. Maßgeblich ist bei dieser Bewertung vorallem, dass der zu Zeiten der DDR erlernte Beruf des Berufskraftfahrers sowohl zum Transport von Gütern als auch zum Transport von Personen befähigte und damit die nach altem bundesrepublikanischem Recht geteilten Berufsausbildungen vereinigte.
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. September 2012 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 4. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2011 verurteilt, dem Kläger, ausgehend von einem Leistungsfall am 19. März 2008, Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Februar 2011 nach Maßgabe und in Höhe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zur Hälfte zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Versichertenrente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.

Der 1952 geborene Kläger erlernte von September 1966 bis August 1969 den Beruf des Dachdeckers, den er mit Facharbeiterzeugnis vom 1. September 1969 abschloss. Er war anschließend von September 1969 bis Dezember 1973 als Dachdecker beschäftigt. Im Dezember 1973 nahm er eine Tätigkeit als Kraftfahrer auf, die er bis Dezember 1981 ausübte, während der er sich berufsbegleitend qualifizierte und mit Facharbeiterzeugnis vom 17. Juni 1978 den Ausbildungsberuf des Berufskraftfahrers erlernte. Von Januar 1982 bis Oktober 1990 war er als Lagerarbeiter tätig und qualifizierte sich während dieser Tätigkeit in der Zeit von Juni 1986 bis Juni 1988 zum Meister der Lagerwirtschaft. Von November 1990 bis September 1992 war er als Leiter eines Geflügelhandels tätig. Von März 1993 bis November 1996 war er als Bauarbeiter beschäftigt. Von Juli 1997 bis September 2009 war er erneut als Berufskraftfahrer tätig. Er erlitt am 19. März 2008 während der Berufsausübung einen Arbeitsunfall, bei dem er sich nach einem Sturz eine Knie- und Unterschenkelfraktur des rechten Beines zuzog. Er bezog anschließend Verletztengeld und eine Verletztenrente von der Berufsgenossenschaft sowie Krankengeld von der Krankenkasse.

Den am 12. Juni 2009 gestellten ersten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 8. Oktober 2009 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 11. März 2010 ab. Die hiergegen am 24. März 2010 erhobene Klage nahm der Kläger, nachdem das Sozialgericht Chemnitz ein Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet von Dr. B (Facharzt für Orthopädie und Chirotherapie) am 8. Dezember 2010 erstellen ließ, am 1. Februar 2011 im Rahmen der mündlichen Verhandlung zurück.

Den zugleich im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2011 gestellten erneuten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Mai 2011 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 25. August 2011 ab und stützte sich auf das im vorangegangenen Klageverfahren erstellte Gutachten von Dr. B. Im Ergebnis der medizinischen Sachaufklärung sei festzustellen, dass bei ihm ein Leistungsvermögen für mindestens sechs Stunden täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten überwiegend im Sitzen, zeitweise auch im Stehen oder Gehen, ohne häufiges Bücken oder Knien, ohne Ersteigen von Leitern und Gerüsten, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Gang- und Standsicherheit, ohne Einwirkung von Erschütterungen und Vibrationen sowie ohne Tätigkeiten mit Absturzgefahr vorliege. Eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Wegefähigkeit sei nicht belegt. Das Leistungsvermögen sei nach eingehender Untersuchung und Befunderhebung sowie unter Auswertung aller einschlägigen Unterlagen eingeschätzt worden. Die zur Entscheidungsfindung erheblichen medizinischen Unterlagen seien schlüssig und überzeugend begründet. Eine weitere medizinische Sachaufklärung sei nicht notwendig. Mit diesem Leistungsvermögen könne der Kläger zwar nicht mehr als Berufskraftfahrer tätig sein. Berufsunfähigkeit läge jedoch nicht vor, da der zuletzt ausgeübte Hauptberuf als Lkw-Fernfahrer (Berufskraftfahrer) der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen sei und der Kläger unter Berücksichtigung der vorliegenden Funktionseinschränkungen und der von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze eine Tätigkeit als Pförtner in Verwaltungsgebäuden bzw. an der Nebenpforte sowie als Poststellenmitarbeiter verrichten könne.

Auf die hiergegen am 28. September 2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz einen Befundbericht des behandelnden Arztes Dr. P , weitere Krankenunterlagen sowie das unfallversicherungsrechtliche Gutachten auf chirurgischem und unfallchirurgischem Fachgebiet von Dr. M (Facharzt für Chirurgie) vom 15. November 2010 beigezogen und mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2012 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Zwar könne er seine zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer nicht mehr vollwertig verrichten. Da er jedoch der Gruppe mit dem Leitbild des angelernten Arbeiters im oberen Bereich zuzuordnen sei, könne er auf die zumutbare Tätigkeit als Pförtner in Verwaltungsgebäuden verwiesen werden. Eine Zuordnung zum Leitberuf des Facharbeiters komme nicht in Betracht, da der Kläger keine Berufsausbildung von mehr als zwei, regelmäßig von drei, Jahren durchlaufen habe. Er verfüge auch nicht über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten, die in der Berufsgruppe gemeinhin erwartet würden. Dazu bedürfe es zumindest einer beruflichen Praxis, die die für die Ausbildung vorgeschriebene Zeit umfasse. Daran fehle es ihm, da er die Tätigkeit als Berufskraftfahrer nur im Güterverkehr und nicht im Personenbeförderungsverkehr wettbewerbsfähig ausgeübt habe. Das Restleistungsvermögen des Klägers sei ausreichend, um eine Tätigkeit als Pförtner in einem Verwaltungsgebäude zu verrichten, da es sich um eine generell leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Haltungswechsels zwischen Gehen und Stehen handele. Hierfür besitze er ein vollschichtiges Leistungsvermögen.

Gegen den am 27. September 2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. Oktober 2012 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er könne weder seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Berufskraftfahrer noch eine leichte Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Es sei eine wesentliche Verschlechterung eingetreten. Er leide unter ständigen Schmerzen vom Knie bis zum Knöchel. Das Treppensteigen sei nur mit Nachstellschritt möglich. Im Kniegelenk trete beim Gehen ein starkes Knacken auf. Das Streckdefizit im rechten Bein sei größer geworden. Er hinke stark. Er leide außerdem unter Taubheitsgefühlen im rechten Bein.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. September 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2011 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser, Erwerbsminderung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Das Gericht hat eine konkretisierende Arbeitgeberauskunft des letzten Arbeitgebers, der Firma Fuhrunternehmen H. J , am 23. Januar 2013 sowie einen Befundbericht von Dr. P am 29. Januar 2013 eingeholt, Arbeitsvertragsdokumente vom Kläger beigezogen, zum Anforderungs- und Ausbildungsprofil des Berufskraftfahrers Auskünfte eingeholt und Unterlagen beigezogen vom Bund Deutscher Berufskraftfahrer, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Industrie- und Handelskammer L , beim Sächsischen Staatsarchiv L , beim Stadtarchiv L , beim Sächsischen Wirtschaftsarchiv L , beim Bundesarchiv sowie in der Deutschen Bücherei in L , berufskundliche Unterlagen zum Berufskraftfahrer sowie Pförtner in Verwaltungsgebäuden beigezogen sowie ein Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet von Dr. H (Fachärztin für Orthopädie) am 22. September 2013 erstellen lassen.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Chemnitz die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. September 2012 teilweise zu Unrecht abgewiesen hat. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 4. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2011 ist insoweit rechtswidrig, als der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab Rentenantragstellung hat (dazu nachfolgend unter 1.) und insoweit rechtmäßig, als der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung hat (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Kläger hat Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Februar 2011. Die Voraussetzungen für eine solche Rente im Sinne von § 240 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung sind erfüllt. Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit richtet sich nach § 240 SGB VI n.F., da der Rentenantrag am 1. Februar 2011 gestellt worden ist und der Kläger einen entsprechenden Rentenanspruch für Zeiten nach Ablauf des 31. Dezember 2000, nämlich ab Februar 2011, geltend macht (§§ 300 Abs. 2, 302b Abs. 1 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt für die Prüfung der Berufsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. Dies ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Etwas anderes gilt nur, wenn der Versicherte früher eine höherwertige versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, von der er sich noch nicht im Rechtssinne "gelöst" hat. Dann kommt nur dieser Beruf als "bisheriger Beruf" in Betracht. Eine berufliche Lösung ist immer dann zu bejahen, wenn der rentenrechtlich relevante Berufswechsel freiwillig erfolgt ist. Nur wenn sich der Versicherte mit der dauerhaften Ausübung des geringerwertigen Berufs deshalb abfindet, weil er zur Wiederaufnahme aus gesundheitlichen Gründen außer Stande ist, bleibt der Berufsschutz erhalten, da sich insofern gerade das versicherte Risiko der gesetzlichen Rentenversicherung verwirklicht hat (BSG, Urteil vom 26. April 2005 - B 5 RJ 27/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 20 mit weiteren Nachweisen).

Berufsunfähig ist ein Versicherter dann, wenn er seinen "bisherigen Beruf" nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann und es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung gebildet worden, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe - des Vorarbeiters oder Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion beziehungsweise des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, - des Facharbeiters in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, - des angelernten Arbeiters beziehungsweise Facharbeiters in einem sonstigen Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren und - des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. unter anderem: BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 - B 13 RJ 34/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 17). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt dabei nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für einen Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Bei in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erlernten Berufen kommt der Facharbeiterstatus in Betracht, wenn sie diesen Status auch im alten Bundesgebiet haben. Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 1993 - 13 RJ 71/92 - JURIS-Dokument RdNr. 33 mit weiteren Nachweisen).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist als bisheriger Beruf, der eines Berufskraftfahrers zu Grunde zu legen, den der Kläger zuletzt bis zu seinem Unfall im März 2008 bewusst und gewollt zur dauerhaften Einkommenserzielung versicherungspflichtig ausgeübt hat. Nach Maßgabe des Mehrstufenschemas des BSG kommt aus berufseinordnungsrechtlicher Sicht für den Kläger qualifizierter Facharbeiterstatus in Betracht.

Der Kläger hat bereits zu Zeiten der DDR nach den Bestimmungen über die Berufsausbildung der DDR im Wege der Erwachsenenqualifizierung den Beruf des Berufskraftfahrers erlernt (vgl. Facharbeiterzeugnis vom 17. Juni 1978, Bl. 11 der Verwaltungsakte) und war langjährig sowohl zu Zeiten der DDR (Januar 1975 bis Dezember 1981), als auch zu Zeiten der BRD (Juli 1997 bis September 2009, wobei Arbeitsunfähigkeit zuletzt ab März 2008 bestand) als Kraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt (vgl. zum letzten, der maßgeblichen Beurteilung zu Grunde zu legenden Arbeitsverhältnis als Kraftfahrer: Arbeitsverträge vom 26. März 2003 und 30. September 2006 jeweils mit dem Fuhrunternehmen H. J auf Bl. 95-96 und 97-103 der Gerichtsakte). Er hat zwar keine bundesrepublikanische dreijährige Ausbildung zum Berufskraftfahrer nach der seit dem 1. August 2001 geltenden Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung vom 19. April 2001 (BGBl. I 2001, 642 ff.) durchlaufen, war aber seit diesem Inkrafttretenszeitpunkt ebenfalls langjährig, und mindestens dreijährig (vgl. zu diesem maßgeblichen Aspekt bspw.: BSG, Urteil vom 21. Juli 1987 - 4a RJ 39/86 - JURIS-Dokument, RdNr. 17 mit weiteren Nachweisen), als Berufskraftfahrer tätig und verfügte im Wesentlichen über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, über die Berufskraftfahrer verfügen, die den Beruf in dreijähriger Ausbildungszeit erlernt haben.

Wesentlich ist bei dieser Bewertung, dass die DDR-Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Kombination aus den früheren, bis 1991 ausgebildeten, bundesrepublikanischen Berufsausbildungen zum Berufskraftfahrer im Güterverkehr und Berufskraftfahrer im Personenverkehr darstellte, wie sich aus den vom Gericht beigezogenen DDR-Ausbildungsunterlagen ergibt (vgl. die beim Bundesarchiv beigezogene "Rahmenausbildungsunterlage für die sozialistische Berufsausbildung – Berufskraftfahrer – Schlüsselnummer 4311", die ab 1. September 1970 verbindlich angewendet wurde, Bl. 125-196 der Gerichtsakte; das bei der Deutschen Bücherei in L vom Gericht im Wege der Fernleihe beigezogene "Handbuch für Berufskraftfahrer – Fakten, Daten, Kennziffern" aus dem Jahr 1972, auszugsweise auf Bl. 197-228 der Gerichtsakte; das ebenfalls bei der Deutschen Bücherei in L vom Gericht im Wege der Fernleihe beigezogene "Lehrbuch für den Berufskraftfahrer – Teil 2: Fahrpraxis und Werkstoffkunde" aus dem Jahr 1965, auszugsweise auf Bl. 229-232 der Gerichtsakte; das bei der Deutschen Bücherei in L vom Gericht im Wege der Fernleihe beigezogene Berufsinformationsblatt "Berufsbild für die Berufsberatung – Berufsnummer: 58 2 01 – Berufskraftfahrer" aus dem Jahr 1987, Bl. 233-236 der Gerichtsakte). Die erfolgreich durchlaufene DDR-Berufsausbildung zum Berufskraftfahrer befähigte damit sowohl zum Transport von Gütern als auch zum Transport von Personen und vereinigte damit die nach altem bundesrepublikanischem Recht geteilten Berufsausbildungen. Vor diesem Hintergrund vermag das Gericht der Wertung des Sozialgerichts Chemnitz im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20. September 2012, Facharbeiterstatus komme für den Kläger nicht in Betracht, weil er die Tätigkeit als Berufskraftfahrer nur im Güterverkehr und nicht im Personenverkehr wettbewerbsfähig ausgeübt habe, nicht zu folgen. Denn der Kläger hat durch seine spezielle Berufsausbildung die Befähigung erlangt auch im Personenverkehr tätig zu werden. Dass er in seiner Berufspraxis tatsächlich nicht im Personenverkehr tätig war, ist ohne Belang, weil ein Versicherter, der einen Beruf vollwertig erlernt hat, zur Aufrechterhaltung dieses Berufsstatus nicht sämtliche Tätigkeiten, die ihm auf Grund seiner Ausbildung vermittelt wurden, auch tatsächlich ausüben muss. Denn es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass auch gelernte, ausgebildete Facharbeiter nach langjähriger Berufstätigkeit einen Teil insbesondere ihres theoretischen Fachwissens verloren haben, weshalb bei der Prüfung der "Wettbewerbsfähigkeit" von einem Facharbeiten ausführenden Versicherten ohne oder mit nur teilweiser Ausbildung nicht mehr verlangt werden kann, als von einem langjährig tätigen gelernten Facharbeiter in seiner Berufsgruppe im allgemeinen erwartet wird (so ausdrücklich bspw.: BSG, Urteil vom 20. September 1988 - 5/5b RJ 32/87 - JURIS-Dokument, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 28. Juni 1989 - 5 RJ 5/88 - JURIS-Dokument RdNr. 14). Insofern ist allein entscheidend, dass er überwiegend Tätigkeiten im erlernten Berufsbild ausgeübt hat. Und dies hat der Kläger tatsächlich, wie aus den weiteren Umständen des maßgeblichen Einzelfalles hervorgeht.

Dies ergibt sich aus folgenden Gesichtspunkten:

Bereits aus der von der Beklagten im Verwaltungsverfahren eingeholten Arbeitgeberauskunft der Firma Fuhrunternehmen H. J vom 1. Februar 2010 (Bl. 59-60 der Verwaltungsakte) ergibt sich, dass der Kläger in der Zeit vom 26. März 2003 bis zum Unfall am 19. März 2008 als Kraftfahrer im Fernverkehr eingesetzt war, die von ihm verrichteten Tätigkeiten im allgemeinen nur von gelernten Facharbeitern verrichtet werden, er sofort ab Einstellungsbeginn qualifizierte Arbeiten ausführte und deshalb ungelernte Arbeiter die Tätigkeit nicht innerhalb einer bloßen Einarbeitungszeit hätten vollwertigen verrichten können.

Auch aus der vom Sozialgericht Chemnitz eingeholten Arbeitgeberauskunft der Firma Fuhrunternehmen H. J vom 13. Juli 2010 (Bl. 28-29 der Gerichtsakte) ergibt sich, dass der Kläger über die theoretischen Kenntnisse und praktischen Fähigkeiten eines Facharbeiters verfügte.

In der ergänzenden und konkretisierenden, vom Berufungsgericht eingeholten, Arbeitgeberauskunft der Firma Fuhrunternehmen H. J vom 23. Januar 2013 ist ausgeführt, dass für den erfolgreichen Einsatz des Klägers als Kraftfahrer im Fernverkehr die theoretischen Kenntnisse und die praktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten erforderlich waren, die das Gericht in Anlehnung an die seit dem 1. August 2001 geltende Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung vom 19. April 2001 im gerichtlichen Schreiben vom 2. Januar 2013 als ergänzende Nachfrage formuliert hatte (Bl. 86 der Gerichtsakte in Verbindung mit Bl. 89-91 der Gerichtsakte). Diese umfassende Arbeitgeberauskunft geht dezidiert auf alle relevanten Aspekte ein und antwortet nahezu in Form eines qualifizierten Arbeitszeugnisses: Der Kläger konnte kleinere Reparaturen selbst vornehmen, führte eigenständig die Abfahrtskontrolle durch, war qualifiziert, um festzustellen, ob das Fahrzeug und die Ladung sicher sind, wurde im Umgang in Gefahrensituationen und bei Unfällen geschult, erfüllte die Lade- und Entladevorgänge selbständig unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften, musste Liefer- und Ablieferbelege ausfüllen und quittieren, garantierte den reibungslosen Ablauf bei der Abrechnung, hatte Kenntnisse über den Verwendungszweck von Fahrzeugen und Hilfsmitteln, konnte kundenbezogene Gespräche angemessen führen, konnte seine Fahrten wirtschaftlich planen und organisieren, führte die Übernahme- und Abfahrtskontrolle durch, prüfte beim Be- und Entladen die Qualität und trug entsprechende Beanstandungen in die Frachtpapiere ein, wusste um die Achslast, die Beladung, die Leer- und Gesamtgewichte, hatte Kenntnisse über die Ladungssicherung, bediente selbständig den digitalen Fahrtenschreiber, nahm regelmäßig an Schulungen zu umfangreichen rechtlichen Vorschriften über Gefahrbereiche, Lade- und Anschlagmittel, Fahrverhalten, Ladungssicherung sowie Ruhe- und Lenkzeiten teil, fuhr jahrelang stets unfallfrei und zur Kundenzufriedenheit einen 40-Tonner-Sattelzug, konnte Fehler und Mängel feststellen und beschreiben, wusste, welche Vorschriften bei der Güterbeförderung, auch im Ausland, einzuhalten sind und konnte qualitätssichernde Maßnahmen im eigenen Arbeitsbereich (Fahrzeugpflege, eigenes Auftreten, Kontakt mit Kunden und Disponenten) ausführen.

Insgesamt ist damit in hinreichender Weise nachgewiesen, dass der Kläger Berufskraftfahrertätigkeiten durchgeführt hat, die denjenigen entsprechen, zu denen Arbeitnehmer infolge der dreijährigen Ausbildung zum Berufskraftfahrer nach der seit dem 1. August 2001 geltenden Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung vom 19. April 2001 befähigt sind. Zu diesen Zusatzkenntnissen, die auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine Einstufung als Facharbeiter nahe legen können, gehören beispielsweise umfangreiche technische Kenntnisse der Fahrzeuge, die Befähigung zu laufenden Reparaturmaßnahmen unterwegs, Kenntnisse des internationalen Verkehrsrechts und des Rechts der Gefahrguttransporte, Kenntnisse des Rechts der Lebensmitteltransporte sowie Kenntnisse über Frachtbriefe und Zollformalitäten und Kenntnisse hinsichtlich der Abwehr von Gefahren gegen wachsende Straßenpiraterie (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2004 - B 13 RJ 7/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23 mit weiteren Nachweisen).

Den Beruf des Berufskraftfahrers kann der Kläger seit seinem Verkehrsunfall im März 2008, bei dem er sich Verletzungen im rechten Knie- und Sprunggelenk zuzog, nicht mehr vollwertig verrichten. Wegen der erheblichen Beeinträchtigungen im rechten Kniegelenk ist der Kläger nur noch eingeschränkt in der Lage, Zwangshaltungen einzunehmen und kann daher weder Gepäck oder andere Güter in erforderlichem Maße heben, tragen und bewegen noch notwendige Selbstreparaturen am Fahrzeug und Inspektionen in hockender oder kniender Körperhaltung durchführen.

Ausgehend vom Facharbeiterstatus ist eine qualifizierte Verweisungstätigkeit nicht ersichtlich. Die vorsorglich vom Gericht geprüfte und von der Beklagten mit Schriftsatz vom 11. September 2013 konkret benannte Tätigkeit eines Mitarbeiters einer Poststelle oder Registratur in einer Behörde oder öffentlichen Verwaltung, vergütet nach Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom 2. Januar 2012 (früher: BAT VIII), kann der Kläger nicht verrichten; sie ist ihm weder sozial noch gesundheitlich zumutbar. Derartige Tätigkeiten sind nach der Rechtsprechung des BSG zwar dreijährig gelernten Facharbeitern zumutbar. Sie werden regelmäßig der oberen Anlernebene des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas zugerechnet (vgl. BSG, Urteil vom 12. September 1991 - 5 RJ 34/90 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 17). Zu den typischen Aufgaben eines Mitarbeiters einer Poststelle oder Registratur mit schwierigeren (nicht schwierigen) Tätigkeiten der Vergütungsgruppe BAT VIII bzw. Entgeltgruppe 3 TVöD gehören Sortierarbeiten für bestimmte Arbeitsgebiete, das Zuordnen nach Ordnungssystemen, z. B. nach Kundennummern oder Organisationszeichen, das Führen von Brieftagebüchern und zum Teil die Eingabe und das Abrufen von Daten von PC-Anlagen unter Verwendung einfacher Anwenderprogramme. Ausweislich des den Beteiligten aus anderen Verfahren bekannten berufskundlichen Gutachtens des Sachverständigen R vom 27. September 2009 sind Bewerber mit Vorkenntnissen im Bürobereich oder mit organisatorischen Fähigkeiten nach einer Einarbeitungszeit von weniger als drei Monaten im Postdienst wettbewerbsfähig einsetzbar.

Der Kläger verfügt aber nicht über ausreichende Kenntnisse, die es ihm möglich machen, die vorgenannte Verweisungstätigkeit innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungszeit vollwertig zu verrichten. Tätigkeiten fachlich schwieriger Art nach der Vergütungsgruppe BAT VIII bzw. Entgelttarifgruppe 3 des TVöD setzen im Vergleich zu einfachen und mechanisch zu verrichtenden Tätigkeiten der Vergütungsgruppe BAT IX bzw. der Entgeltgruppe 2 TVöD kaufmännische bzw. organisatorische Grundkenntnisse voraus. Über diese kaufmännischen bzw. büroorganisatorischen Grundkenntnisse verfügt der Kläger nicht, weil seine Ausbildungen technische bzw. handwerkliche Berufe (Dachdecker, Berufskraftfahrer und Meister der Lagerwirtschaft) umfassten und er nahezu sein gesamtes Berufsleben entweder im Bereich Bau (Dachdecker, Bauarbeiter), Lagerwirtschaft (Lagerarbeiter) oder mit dem Transport von Waren und Gütern im Lastkraftwagen verbracht hat. Soweit die Beklagte meint, wegen der Ausbildung des Klägers zum Meister der Lagerwirtschaft im Zeitraum vom 1. September 1986 bis 9. Juni 1988 verfüge er über die notwendigen kaufmännischen und büroorganisatorischen Kenntnisse, um sich innerhalb von drei Monaten in die genannte Verweisungstätigkeit einzuarbeiten, ist dies nicht nachvollziehbar. Während der Ausbildung hat der Kläger, ausweislich des "Leistungsnachweisbuchs für die Ausbildung zum Meister" (Bl. 12-13 der Verwaltungsakte) gerade keine Grundlagen der Informationsverarbeitung vermittelt bekommen, maximal wegen des Bewertungsgebietes "Sozialistische Betriebswirtschaft" nicht mehr verwertbare ökonomische Kenntnisse in der sozialistischen Plan-, aber gerade nicht in der kapitalistischen Marktwirtschaft, erworben und ansonsten lediglich Kenntnisse und Fertigkeiten in nicht mehr system-, markt- und betriebsrelevanten Fächern wie "Grundlagen der marxistisch-leninistischen Philosophie", "Grundlagen der politischen Ökonomie des Sozialismus", "Wissenschaftlicher Sozialismus und Lehren des Kampfes der deutschen und internationalen Arbeiterbewegung", "Sozialistische Arbeitswissenschaften" und "Pädagogisch-psychologische Grundlagen der sozialistischen Leitungstätigkeit" erlangt.

Darüber hinaus ist dem Kläger die Tätigkeit als Mitarbeiters einer Poststelle oder Registratur in einer Behörde oder öffentlichen Verwaltung auch aus sozialmedizinischer Sicht, worauf noch Näher eingegangen wird, nicht zumutbar, weil es sich um eine in wechselnder Körperhaltung verrichtete Arbeit handelt, während der Kläger aus gesundheitlichen Gründen (Knieprobleme) auf eine Tätigkeit überwiegend im Sitzen angewiesen ist. 2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist demnach nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Auf Grund der im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen steht fest, dass der Kläger trotz seiner gesundheitlichen Leistungseinschränkungen – seit Rentenantragstellung im Februar 2011 – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung unter Beachtung weiterer qualitativer Leistungslimitierungen mindestens sechs Stunden arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Insbesondere ist er auch – unter Berücksichtigung der bestehenden Funktionseinschränkungen, ohne unzumutbare Schmerzen und ohne Gefährdung seiner Gesundheit – in der Lage, die beispielhaft konkret benannte, und mit den berufskundlichen Unterlagen untermauerte Tätigkeit als Pförtner in Verwaltungsgebäuden mindestens sechs Stunden arbeitstäglich auszuführen. Diese Tätigkeit ist ohnehin nur vorsorglich als in Betracht kommende Verweisungstätigkeit benannt worden, auch wenn sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass beim Kläger eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt.

Die ausführlichen sozialmedizinischen Gutachten (von Dr. B vom 8. Dezember 2010 sowie von Dr. S vom 22. September 2013) setzen sich eingehend, mit objektiv erhobenen Befunden untermauert mit den Gesundheitsbeeinträchtigungen des Klägers auseinander, beziehen alle vorliegenden und im Verfahren beigezogenen Krankenunterlagen, Befundberichte sowie bisherigen Gutachten ein und gelangen nachvollziehbar zu der getroffenen Leistungseinschätzung:

Die orthopädischen Beschwerden verursachen zwar nachvollziehbar, wohl zwischenzeitlich auch chronifizierte Schmerzen. Diese führen in der Gesamtschau allerdings nicht zu einer zeitlichen Limitierung für körperlich leichte Tätigkeiten in überwiegend sitzender Körperhaltung ohne sonstige Beschwernisse.

Im Vordergrund stehen die aus dem Verkehrsunfall resultierenden Beschwerden nach der Schienbeinkopffraktur und der Innenknöchelfraktur des rechten Beines, die im März 2008 operativ behandelt wurden. Die verbliebenen Belastungs- und Ruheschmerzen im rechten Knie beruhen auf einer – röntgenologisch nachgewiesenen – fortgeschrittenen posttraumatischen Gonarthrose mit varischer Fehlstatik und Instabilität, die zu einem deutlichen Anlaufhinken, einer funktionellen rechten Beinverkürzung von einem Zentimeter, einer Achsenfehlstellung in O-Bein-Haltung von mehr als zehn Prozent, einer deutlich sicht- und messbaren Umfangsdifferenz von Ober- und Unterschenkel zu Ungunsten des rechten Beines, einer Oberschenkelkraftleistungsminderung des rechten Beines, reaktiv bedingten muskulären Verkürzungen der rechtsseitigen Beinmuskulatur, einer Bandinstabilität der inneren Seitenbandstrukturen des vorderen Kreuzbandes des rechten Knies und einem Beweglichkeitsdefizit des rechten Kniegelenks in der Streckung und Beugung geführt haben. Der Kläger kann aber in ruhiger Sitzposition bei vorgestrecktem rechten Bein über einen Zeitraum von zwei bis drei Stunden gut sitzen, benutzt keine orthopädischen Hilfsmittel, legt Gehstrecken von einem Kilometer zu Fuß zurück, fährt täglich mit dem Fahrrad, wobei er die Kraftleistung mit dem linken Bein ausführt und benutzt gelegentlich für mittlere Strecken auch einen Pkw ohne spezielle Zusatzeinrichtungen. Die nach den Operationen am Kniegelenk verbliebenen Narben sind reizlos, der Muskeltonus ist normal, das rechte Kniegelenk ist nicht erwärmt und ohne Anzeichen von Rötung, Schwellung oder Erguss.

Das rechte Sprunggelenk weist – röntgenologisch nachgewiesene – beginnende Verschleißerscheinungen (beginnende posttraumatische obere und untere Sprunggelenksarthrose) auf und zeigte in den klinischen Untersuchungen ebenfalls eine endgradige Funktionsstörung mit diffusem Druckschmerz um die Knöchelregionen. Reizerscheinungen bestehen hingegen nicht. Die diffusen Sensibilitätsstörungen im rechten Unterschenkel sind auf den Unfall und die Operationen, jedoch nicht auf segmentale Störungen bestimmter, von der Lendenwirbelsäule ausgehender, Nervenwurzeln zurückzuführen, sodass neurologische Ausfallerscheinungen nicht vorliegen.

Die röntgenologisch festgestellte deutlich vermehrt kyphotisch gekrümmte Brustwirbelsäule mit leichter rechtskonvexer skoliotischer Fehlhaltung, die trapezförmige Wirbelkörperverformung zwischen dem siebten bis zwölften Brustwirbelkörper sowie die kalkarme (osteopenische) Knochenstruktur, die den Kriterien einer Osteoporose entspricht, kann auf einen älteren, im Jahr 1977 erlittenen Unfall mit Wirbelsäulentrauma zurückzuführen sein, geht aktuell aber nicht mit subjektiven Beschwerden für den Kläger einher. Es besteht weder Klopf- noch Druckschmerz über der Brustwirbelsäule und eine altersgerechte Beweglichkeit.

Der röntgenologisch nachgewiesene Verschleißgrad der Hals- und Lendenwirbelsäule liegt im Altersmaß und führt lediglich zu endgradigen Funktionsstörungen in der unteren Lendenwirbelsäule bei Blockierung der letzten Segmente und des linken Iliosakralgelenks. Die Beweglichkeit ist damit nicht gravierend eingeschränkt. Segmentale sensible oder motorische Ausfälle bestehen nicht. Auch die Eigenreflexe sind seitengleich normal auslösbar, sodass sich keinerlei Hinweis auf neurologische Nervenwurzelreiz- oder Nervenwurzelausfallerscheinungen ergeben.

Richtungsweise Befundverschlechterungen ließen sich im gesamten Verfahrensverlauf nicht eruieren. Dies entspricht nicht nur den Angaben in den eingeholten Gutachten, sondern auch den Angaben des den Kläger behandelnden Arztes Dr. P , wie sie aus den eingeholten Befundberichten vom 11. Juni 2012 und 29. Januar 2013 hervorgehen, in denen übereinstimmend ausführt ist, dass sich die erhobenen Befunde nicht verändert haben und Verschlechterungen im Gesundheitszustand nicht eingetreten sind.

Aus den bestehenden objektivierbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen lassen sich demnach nur qualitative Leistungseinschränkungen schlüssig herleiten. Wegen der Funktionsstörung und Instabilität des rechten Kniegelenks kann der Kläger nur noch körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des individuellen Haltungswechsels verrichten. Er kann nicht längere Zeit stehen und gehen, auch nicht auf unebenem Gelände, nicht häufig Treppen steigen und nicht mehr auf Leitern und Gerüste steigen. Auch Tätigkeiten im Hocken und Knien sowie mit Hebe- und Tragebelastung über 10 Kilogramm sind nicht mehr zumutbar. Die Wirbelsäulenbefunde der Osteoporose und rundrückigen Fehlstatik bedingen weitere qualitative Belastungseinschränkungen hinsichtlich Zwangshaltungen, wie Überkopfarbeiten und häufiges Bücken, sowie den Ausschluss von Tätigkeiten in Kälte, Nässe und Zugluft.

Damit kann der Kläger die vorsorglich konkret benannte Tätigkeit als Pförtner in Verwaltungsgebäuden mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen in ihrer Gesamtheit finden bei der Bewertung des Restleistungsvermögens für die Tätigkeit als Pförtner in Verwaltungsgebäuden Beachtung, weil es sich um eine körperlich leichte Tätigkeit, überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen handelt, die weder mit Körperzwangshaltungen, noch mit sonstigen Beschwernissen (Heben und Tragen von Lasten, Besteigen von Leitern und Gerüsten, Überkopfarbeiten, Rumpfvorbeuge, Bücken, Hocken, Knien, Überkopfpositionen) verbunden ist. Die Tätigkeit wird in geschlossenen Räumen (Pförtnerloge) verrichtet, so dass der Kläger Witterungseinflüssen und Kälte nicht ausgesetzt ist.

Nach den beigezogenen berufskundlichen Gutachten der Sachverständigen Diplom-Ver-waltungswirtin H vom 7. Januar 2000 und 12. Mai 2005 sowie der aktuellen Berufsbildbeschreibung in den Datenbanken der Bundesagentur für Arbeit (BERUFENET) gehört zum Aufgabengebiet eines Pförtners im Wesentlichen das Empfangen und Weiterleiten von Besuchern, Betriebsangehörigen und ähnliches, gegebenenfalls das Prüfen von Legitimationen, Anmelden und Weiterleiten der Besucher, Ausstellen der Besucherscheine sowie das Erteilen von Auskünften. Je nach Arbeitsplatzgestaltung fallen auch das Bedienen der Telefonanlage, Postverteilung und Durchführung von Kontrollgängen an. Die Arbeit ist generell körperlich leicht und wird in der Pförtnerloge überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit des Haltungswechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet. Auf Grund des Publikumsverkehrs kommt es zum Teil durch stoßweise Arbeitsbelastung (z.B. Schichtwechsel, Arbeitsende) zu Zeitdruck. In psychischer Hinsicht sind Reaktionsvermögen, Entschlusskraft, Handlungsbereitschaft, Besonnenheit und Umsichtigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Unbestechlichkeit erforderlich. Für den Kläger kommt insbesondere die Ausübungsform "Pförtner in Verwaltungsgebäuden" (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 81/95 - JURIS-Dokument) in Betracht. Solche Pförtner werden beispielsweise im öffentlichen Dienst nach der Lohngruppe 2 Nr. 1.9 des "Tarifvertrags über das Lohngruppenverzeichnis der Länder zum MTArb (TV Lohngruppen-TdL)" vom 11. Juli 1966 in Verbindung mit §§ 4 Abs. 1, 17 Abs. 1 des "Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L (= Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder) und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder)" vom 12. Oktober 2006 sowie – seit 1. Januar 2012 – nach der Entgeltgruppe 3 Nr. 3 der Anlage A zum TV-L vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom 2. Januar 2012 bezahlt. Es handelt sich um eine Lohngruppe, die sich aus dem Niveau der einfachen (Hilfs-) Arbeiten heraushebt und bestimmt ist für "Arbeiter mit Tätigkeiten, für die eine eingehende Einarbeitung erforderlich ist". Eine besondere Berufsausbildung wird nicht vorausgesetzt und die nötige Einarbeitungszeit übersteigt in keinem Fall die Dauer von drei Monaten. Es sind weder besondere Vorkenntnisse noch eine längere, als maximal dreimonatige Einarbeitungszeit erforderlich. Die charakteristischen Tätigkeiten von Pförtnern dieser Lohngruppe bestehen – im Gegensatz zu Pförtnern der Lohngruppen 2a Nr. 6.11 und 3 Nr. 6.24 sowie Nr. 6.25 des TV Lohngruppen-TdL bzw. im Gegensatz zu Pförtnern der Entgeltgruppe 3 Nr. 1 der Anlage A zum TV-L vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 4 vom 2. Januar 2012 – in der reinen Überwachung und Abwicklung des Besucherverkehrs einer Dienststelle oder deren Einrichtung. Der Einsatz an verkehrsreichen Eingängen, wo es zu Zeitdruck und Stress kommen kann, einfacher oder erhöhter Fernsprechdienst, in nicht unerheblichem Umfang zu verrichtende schriftliche Arbeiten, Postverteilung oder die Durchführung von Kontrollgängen fallen nicht an. Dieses Leistungsprofil ergibt sich im Umkehrschluss aus den einzelnen Beschreibungen der Pförtnertätigkeiten in den Lohngruppen der benannten Tarifverträge. Nach dem beigezogenen berufskundlichen Gutachten der Sachverständigen Diplom-Verwaltungswirtin H vom 12. Mai 2005 stehen sowohl für Tätigkeiten für so genannte einfache Pförtner als auch für Pförtner in Verwaltungsgebäuden Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang zur Verfügung, die grundsätzlich auch Außenstehenden zugänglich sind. Es handelt sich daher nicht um Schonarbeitsplätze, die nicht an Betriebsfremde vergeben würden. Nach den Angaben im berufskundlichen Dokument "Berufe im Spiegel der Statistik 1999 - 2010" ergibt sich, dass sich 2010 – gegenüber dem auf dem Jahr 2003 basierenden berufskundlichen Gutachten der Sachverständigen Hochheim – die Anzahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Pförtner insgesamt sogar von 178.844 auf 181.566 erhöht hat. Davon waren zuletzt 18,1 Prozent in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt; in absoluten Zahlen waren danach 2010 noch rund 32.863 Pförtner in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt, so dass die berufskundlichen Feststellungen der Sachverständigen Hochheim weiterhin Gültigkeit haben. Auch nach den aktuellen vom Gericht in einem anderen Verfahren (Aktenzeichen: L 5 R 450/11) beigezogenen Auskünften der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 23. Mai 2012 und des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft vom 6. Juni 2012 stehen derartige Arbeitsplätze weiterhin, insbesondere in Landesdienststellen mit Publikumsverkehr, zur Verfügung. Außerdem ergibt sich aus diesen Auskünften, dass Pförtner in Verwaltungsgebäuden vom Bund, den Ländern und den kommunalen Arbeitgebern eingestellt werden. Bei in Tarifverträgen genannten Tätigkeiten besteht zudem die Vermutung, dass es Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl gibt (BSG, Urteil vom 3. November 1982 - 1 RJ 12/81 - SozR 2200 § 1246 Nr. 102 mit weiteren Nachweisen).

Auch in psychischer Hinsicht sind die für die Tätigkeit erforderlichen Anforderungen an das Reaktionsvermögen, die Entschlusskraft, die Handlungsbereitschaft, die Besonnenheit und Umsichtigkeit, das Verantwortungsbewusstsein und die Zuverlässigkeit des Klägers nicht beeinträchtigt, weil Untersuchungen Einschränkungen der Konzentrations-, Reaktions- und Übersichtsfähigkeit, der Ausdauer und des besonderen Verantwortungsbewusstseins sowie der Anpassungsfähigkeit und geistigen Beweglichkeit nicht ergaben. Der Kläger machte im Verlauf der gutachtlichen Untersuchungen einen psychisch ungestörten Eindruck und ist mit durchschnittlicher Intelligenz ausgestattet.

Auch die rentenrechtlich relevante Wegefähigkeit ist nicht beeinträchtigt. Der Kläger kann in zumutbarer Zeit (innerhalb von 20 Minuten) einen üblichen Weg zur Arbeitsstelle oder zu Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln zu Fuß (über 500 Meter, viermal täglich) zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Trotz der Funktionsstörung und Instabilität des rechten Kniegelenks und der Belastungseinschränkungen, die sich aus dem beginnenden Verschleiß im rechten Sprunggelenk ergeben, legt der Kläger Gehstrecken von einem Kilometer zu Fuß zurück und fährt täglich mit dem Fahrrad. Orthopädische Hilfsmittel benutzt er dabei nicht. Neurologische Ausfälle der unteren Extremitäten im Sinne von Lähmungen oder Koordinationsstörungen bestehen nicht. Der Kläger verfügt zudem über eine Fahrerlaubnis und einen Pkw, den er auch gelegentlich für mittlere Strecken ohne spezielle Zusatzeinrichtungen nutzt. Die verschiedenen Möglichkeiten, Wege zu einer Arbeitsstelle zurückzulegen, sind gleichwertig (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 79/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20), so dass eine aufgehobene Wegefähigkeit unter keinem Aspekt zu konstatieren ist.

Sonstige betriebsunübliche Arbeitsbedingungen aus gesundheitlichen Gründen sind ebenfalls nicht erforderlich. Insbesondere bedarf der Kläger auch keines betriebsunüblichen Pausenregimes. Da auch im Sitzen kurzzeitige Entspannungsphasen in Anspruch genommen werden können, reichen der gesetzliche Arbeitspausenanspruch und die üblichen Verteilzeiten aus. Diesbezüglich ist aus rechtlicher Sicht – auch höchstvorsorglich – auf Folgendes hinzuweisen: Nach § 4 Satz 1 des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) besteht ein gesetzlicher Arbeitspausenanspruch von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden sowie von mindestens 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden. Kurzpausen von weniger als 15 Minuten alle zwei Stunden gelten bspw. im Bereich des öffentlichen Dienstes nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 8. Mai 2008 - L 3 R 478/04 - JURIS-Dokument, Rdnr. 41; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. März 2007 - L 11 R 684/06 - JURIS-Dokument, RdNr. 34; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. August 2003 - L 14 RJ 137/01 - JURIS-Dokument, RdNr. 35 jeweils mit weiteren Nachweisen). In der Personalbedarfsberechnung in Wirtschaft und Verwaltung werden persönliche Verteilzeiten von bis zu zwölf Prozent der tariflichen Arbeitszeit veranschlagt. Unter persönlichen Verteilzeiten versteht man Zeitanteile, die nicht für den Arbeitsprozess selbst verwendet werden, aber dennoch als Arbeitszeit gerechnet werden (z.B. persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen) und deshalb bei der Ermittlung des Personalbedarfs, der Kapazität und des Auslastungsgrades berücksichtigt werden. Wenn daher erfahrungsgemäß etwa zehn Prozent der Arbeitszeit an persönlicher Verteilzeit kalkuliert werden (vgl. Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 6. Auflage 2003, S. 52), steht bei mindestens sechsstündiger Erwerbstätigkeit ein Ruhepausenkontingent von bis zu 36 Minuten im Rahmen der persönlichen Verteilzeit zur Verfügung, das es grundsätzlich ermöglicht – unter betriebsüblichen, in der Arbeitswirklichkeit praktizierten Bedingungen – auch Erholungs-, Entlastungs- und Entspannungsphasen durchzuführen.

Insgesamt besteht damit keine eingeschränkte Leistungsfähigkeit im erwerbsminderungsrechtlich relevanten Bereich von mindestens sechs Stunden täglich. Im Übrigen, darauf wurde bereits hingewiesen, kann der Kläger gesundheitlich zumutbar die Tätigkeit eines Pförtners in Verwaltungsgebäuden mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten.

Ob der Kläger tatsächlich einen Arbeitsplatz mit diesem Belastungsprofil, insbesondere als Pförtner in Verwaltungsgebäuden, findet oder ihm durch die Arbeitsverwaltung ein solcher vermittelt werden kann, ist kein von der Rentenversicherung abgedecktes Risiko, sondern das Risiko jedes Arbeitssuchenden. Das Risiko einen konkreten Arbeitsplatz in der dem Kläger gesundheitlich zumutbaren Tätigkeit zu erhalten, ist ein sozialversicherungsrechtlicher Gefahrenbereich der in die Verantwortungssphäre der Arbeitsverwaltung fällt. Er ist nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI nicht zu berücksichtigen. Deshalb ist der Umstand, dass es in einer Zeit angespannter Arbeitsmarktlage schwierig ist, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden, und die Bundesagentur für Arbeit zu einer Vermittlung nicht in der Lage ist, kein Grund zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Soweit der Kläger meint, sich subjektiv nicht in der Lage zu fühlen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, kann hierauf nicht abgestellt werden. Seine subjektive Einschätzung begründet keinen Rechtsanspruch; die objektiv erhobenen Befunde sind eindeutig und stützen sein Begehren – wie ausgeführt – nicht. Weder subjektive Angaben, noch das in den Arztberichten teilweise praktizierte Anhäufen von Diagnosen begründen nachvollziehbar eine verminderte Erwerbsfähigkeit. Es kommt ausschließlich der Frage entscheidende Bedeutung zu, inwieweit in der Zusammenschau von Anamnese, klinischen Befunden und Aktenlage die geklagten Beschwerden und Beeinträchtigungen plausibel sind. Hierzu enthalten die im Verfahren eingeholten Gutachten übereinstimmende und nachvollziehbare Angaben. Auch die anhaltende Chronifizierung der Beschwerden und Schmerzsyndrome führt zu keiner anderen Bewertung. Denn allein aus der Chronifizierung eines oder mehrerer Leidens kann noch nicht auf die Quantität oder eine bestimmte Qualität der Leistungseinbußen geschlossen werden (vgl.: LSG Berlin, Urteil vom 22. Juli 2004 - L 3 RJ 15/03 - JURIS-Dokument, RdNr. 31). Für die sozialmedizinische Beurteilung des anhängigen Ver fahrens sind nicht die subjektiv angegebenen Beeinträchtigungen und Schmerzen, sondern deren Auswirkungen auf das erwerbsbezogene Leistungsvermögen entscheidend. Entscheidend für die gutachtliche Leistungseinschätzung sind die auf Krankheit oder einem Krankheitskomplex beruhenden Funktionsausfälle oder Funktionseinschränkungen. Angesichts des Fehlens objektiver Messmethoden zur Quantifizierung von Schmerzen kommt vielmehr der Frage, inwieweit in der Zusammenschau von Anamnese, klinischer Befunde und Aktenlage die geklagten Beschwerden und Beeinträchtigungen plausibel sind, entscheidende Bedeutung zu (so bspw.: Widder / Hausotter / Marx / Puhlmann / Wallesch, "Empfehlungen zur Schmerzbegutachtung", MedSach 98 [2002], S. 27, S. 28; Schulte "Sozialmedizinische Leistungsbeurteilung chronischer Schmerzsyndrome", MedSach 95 [1999], S. 52, S. 55; Winckler / Foerster, "Zum Problem der ‚zumutbaren Willensanspannung’ in der sozialmedizinischen Begutachtung", MedSach 92 [1996], S. 120, S. 123; Roller, "Chronischer Schmerz – Anforderungen an die sozialmedizinische Begutachtung", SGb 2007, S. 271, S. 273).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Dr. Schnell Schuler
Rechtskraft
Aus
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