S 11 R 2311/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 2311/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei Moderator einer TV-Sportsendung
I. Der Bescheid der Beklagten vom 06.04.2006 in der Fassung des Wider-spruchsbescheides vom 26.07.2006 sowie der Bescheid vom 06.07.2010 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger die Tätigkeit als Moderator für die Beigeladene nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.

II. Die Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten von Kläger und Beigeladener.

Tatbestand:

Streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers.

Die Beigeladene beantragte bei der Klägerin am 26.08.2005 die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich des Klägers. Sie gab dabei an, der Kläger sei seit 01.08.2005 als Moderator verschiedener Sportsendungen für sie tätig. Dazu legte sie die Rahmenvereinbarung über eine freie Mitarbeit vom 16.08.2005 vor. Zwischen der Bei-geladenen (vormals: D.- GmbH) und dem Kläger war hierbei u.a. Folgendes geregelt worden:

"§ 1 Vertragsgegenstand

1.1 Der Vertragspartner wird für das D. auf Basis einer Freien Mitarbeit für im Einzelnen zu benennende Produktionen, insbesondere das von D. zur Eigenausstrahlung im Free-TV produzierte Sportprogramm, tätig werden.

1.2 Dem D. ist bekannt, dass der Vertragspartner unabhängig von der vorliegenden Vereinbarung andere berufliche Tätigkeiten ausüben wird. Einer vorherigen Zustimmung des D. bedarf es hierfür grundsätzlich nicht. Der Vertragspartner ist je-doch nicht berechtigt, solche beruflichen Tätigkeiten auszuüben, die die Interessen von D. beeinträchtigen.

1.3 Die genaue Einsatzplanung, der Einsatzort und die Festlegung einzelner Einsatztermine werden zwischen den Parteien einvernehmlich vor Durchführung der einzelnen Einsätze durch den Vertragspartner unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vereinbart.

Hierzu werden die Vertragsparteien jeweils im Vorfeld der Durchführung des jeweiligen Einsatzes durch den Vertragspartner, auf die Dauer dieses Einsatzes befristete Einzelverträge über eine freie Mitarbeit abschließen.

Durch den Abschluss der vorliegenden Rahmenvereinbarung über eine freie Mitarbeit verpflichten sich die Vertragsparteien nicht, die vorgenannten Einzeleinsätze durchzuführen und entsprechende Einzelvereinbarungen abzuschließen. Dem Vertragspartner wird kein Mindesteinsatz durch D. garantiert. § 616 BGB wird abge-dungen.

§ 2 Vertragsdauer

Die Vereinbarung tritt zum 01.08.2005 in Kraft und erlischt automatisch zum 30.06.2006, ohne dass es einer Kündigung oder einer weiteren Benachrichtigung bedarf. Falls zum Zeitpunkt der Beendigung der vorliegenden Vereinbarung noch zwischen den Vertragsparteien abgeschlossene Einzelvereinbarungen nach § 1 Ziff. 1.3 Satz 2 bestehen, treten diese spätestens mit dem Zeitpunkt der Beendigung der vorliegenden Vereinbarung außer Kraft. Sachlicher Grund für die Befristung ist die Sicherung der Programmvielfalt in Ausübung der Rundfunkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz. Diese Vereinbarung kann von beiden Parteien mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden.

Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt. D. ist insbesondere zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, wenn in der Vertragslaufzeit die Ausstrahlung eines Formats oder die Berichterstattung über eine Sportart, an deren Herstellung der Vertragspartner beteiligt ist, eingestellt wird, oder D. in der Vertragslaufzeit nicht mehr im bisherigen Umfang Inhaber des jeweiligen Fernsehverwertungsrechts derjenigen Sportart ist, die Inhalt der unter Mitwirkung des Vertragspartners hergestellten Formats ist.

Jede Kündigung bedarf der Schriftform.

§ 3 Vergütung

3.1 Für jeden Tag, an der Vertragspartner Dienstleistungen für das D. erbringt und durch Tätigkeitsnachweis/Einzelvereinbarung belegt, ist folgende Bruttovergütung pro Tag vereinbart:

Datenexperte Bundesliga aktuell 400,00 Euro pro Sendung (i.W. vierhundert Euro) Datenexperte Bundesliga Sonntag / Mittendrin 450,00 Euro pro Sendung (i.W. vierhundertfünfzig Euro) Datenexperte UEFA-Cup 450,00 Euro pro Sendung (i.W. vierhundertfünfzig Euro) Datenexperte / Netman E. 450,00 Euro pro Sendung (i.W. vierhundertfünfzig Euro)

Die jeweils für die im Rahmen einer Einzelvereinbarung nach § 1 Ziff. 1.3 Satz 2 insgesamt zu erbringende Tätigkeit des Vertragspartners abzurechnenden Tage und die durch den Vertragspartner im Rahmen dieser Einzelvereinbarung zu erbringende Tätigkeit nach § 3 Ziff. 3.1 Satz 2, werden jeweils im Vorfeld eines Einsatzes durch eine Einzelvereinbarung nach § 1 Ziff. 1.3 Satz 2 und ein so genanntes "Fact Sheet" festgelegt.

Für seine pro Sendung insgesamt für D. geleistete Tätigkeit darf durch den Vertragspartner maximal nur eine der vorgenannten Vergütungssummen abgerechnet werden, auch wenn der Vertragspartner während einer Sendung mehrere Tätigkeiten im Sinne von § 3 Ziff. 3.1 Satz 2 durchführt. Die Vergütung pro Sendung umfasst auch den gesamten zeitlichen Aufwand für eine ggf. erforderliche An- und Abreise, Übernachtung und die gesamte Vor- und Nachbereitung (inkl. An-/Abreise und Teilnahme an Redaktionskonferenzen).

Dieses Honorar deckt sämtliche Vergütungsaspekte des Dienstverhältnisses ab. -

§ 7 Sonstiges

7.1 Die Wirksamkeit dieser Vereinbarung steht unter der aufschiebenden Bedingung der Vorlage einer vom zuständigen Wohnsitzfinanzamt ausgestellten Unbedenklichkeitsbescheinigung durch den Vertragspartner sowie der Feststellung der Sozialversicherungsfreiheit des Vertragspartners durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Unter der Bedingung, dass der Vertragspartner eine Bestätigung von dem für ihn zuständigen Finanzamt beim D. vorlegt, dass er von der Zahlung der Lohnsteuer befreit wird, wird das D. die Lohnsteuer nicht an das zuständige Finanzamt abführen. Ein Muster dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung ist dieser Vereinbarung in Anlage beigefügt. Solange der Vertragspartner diese Bescheinigung nicht vorlegt, wird das D. die Lohnsteuer vom jeweiligen Bruttohonorar einbehalten und abführen.

Die Vertragspartner werden mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung bei der BfA einen Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status stellen. Der Antrag liegt hierzu bei. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das D. bis zur endgültigen Klärung des Status, die Sozialversicherungsbeiträge einbehält, und an die zuständige Krankenkasse abführen wird. Im Falle des Nichteintritts einer Sozialversicherungspflicht, können je nach Beschluss der BfA die bereits abgeführten Bei-träge wieder zurückgefordert werden.

7.2 Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Höhe des durch D. nach diesem Vertrag als Vergütung an den Vertragspartner zu bezahlenden Honorars danach bemessen ist, dass der Vertragspartner als freier Mitarbeiter für D. tätig wird. Falls der Vertragspartner arbeitsgerichtlich feststellen lassen sollte, dass es sich bei der vorliegenden Vereinbarung oder einer Einzelvereinbarung, die im Rahmen der Durchführung der vorliegenden Vereinbarung geschlossen wird, um einen Arbeitsvertrag i.S.d. Zivilrechts handelt, ist der Vertragspartner verpflichtet, die Differenz der nach dieser Vereinbarung und sämtlicher Einzelvereinbarungen, die im Rahmen der Durchführung der vorliegenden Vereinbarung geschlossen werden, insgesamt bezahlten Vergütung zu dem durchschnittlichen Gehalt pro Kalendertag eines vergleichbaren, als Arbeitnehmer für D. tätigen Mitarbeiter, an D. zurückzuerstatten. Die vorgenannte Zahlungsverpflichtung wird 3 Tage nach der arbeitsgerichtlichen Feststellung nach § 7 Ziff. 7.1 Satz 2 fällig."

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens teilte der Kläger mit, er habe eine Vielzahl von Auftraggebern, die Beigeladene sei nicht der einzige Auftraggeber. Er werde pauschal für die unterschiedlichen Sendungen vergütet. Er habe keinen Anspruch auf Urlaub bzw. Ur-laubsentgelt. Ebenso wenig sei eine Lohnfortzahlung im Rahmenvertrag vorgesehen. Die Vor- und Nachbereitung der Sendungen erfolge im häuslichen Arbeitszimmer. Im Übrigen sei er gerade deshalb von der Beigeladenen engagiert worden, da er bei den in der Rahmenvereinbarung aufgeführten Sportsendungen sein Fachwissen sowie seine künstlerische Begabung einbringen könne. Allein die Tatsache, dass Ort und Zeit im Sendestudio bei einer Produktion von Fernsehsendungen feststehe, würden noch nicht für eine Weisungsgebundenheit sprechen. Insgesamt würden die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit überwiegen.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 06.04.2006 fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Moderator bei der Beigeladenen im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger sei in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers ein-gebunden. Dieser erteile ihm einseitig Weisungen, die Ort, Zeit, Dauer der Tätigkeit sowie Art und Weise der Durchführung beträfen. Der Kläger trage kein Unternehmensrisiko sondern ein Entgeltrisiko. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stünde auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolge. Die Gesamtwürdigung ergebe, dass die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen würden.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und verwies zur Begründung auf das Urteil des BSG vom 28.01.1999, worin das BSG die Tätigkeit einer Regieassistentin bei einer Film- und Fernsehproduktionsfirma als selbständige Tätigkeit angesehen hat. Diese Rahmenbedingungen seien mit seinen vergleichbar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.07.2006 zurück. Sie führte hierin aus, der Kläger sei bei den von ihm angenommenen Aufträgen durch die terminlichen und örtlichen Vorgaben des Arbeitgebers gebunden. Es bestünde kein Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Wahl des Arbeitsortes sowie der Arbeitszeit. Bei der Annahme eines Auftrages erfolge eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Der Kläger trage kein Unternehmensrisiko, die eigene Arbeitskraft würde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolge. Die Bezahlung nach erfolgter Arbeit stelle nach der Rechtsprechung des BSG keinen zwingenden Grund für den Ausschluss einer persönlichen Abhängigkeit dar. Der Kläger würde funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Nach der Gesamtwürdigung würden die Merkmale, die das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses belegen, überwiegen.

Der Kläger hat hiergegen am 24.08.2006 Klage zum Sozialgericht München erhoben und zur Begründung ausgeführt, er sei als programmgestaltender Moderator tätig. Der Kläger würde sportliche Ereignisse kommentieren und moderieren. Es fände keine laufende Überwachung bei der Programmgestaltung des Klägers statt. Mit Beschluss vom 17.10.2006 wurde die Firma D. GmbH zum Verfahren beigeladen.

In einem ersten Erörterungstermin am 15.05.2007 (Az. S 8 R 3211/06) hat der Kläger seine Tätigkeit als Moderator/Net-Man beschrieben. Die von ihm moderierten Sendungen "Bundesliga aktuell, E., Bundesliga mittendrin und Bundesliga Sonntag" seinen Livesendungen, in der Redaktionskonferenz würden die Themenschwerpunkte der Sendung fest-gelegt. Der Kläger sei in der inhaltlichen Ausgestaltung frei. Die Einsatztermine würden mit der Beigeladenen frei vereinbart.

Für die Zeit ab 01.08.2006 wurde eine weitere Rahmenvereinbarung über eine freie Mitarbeit zwischen der Beigeladenen und dem Kläger geschlossen. § 3 Vergütung sieht nunmehr vor:

"§ 3 Vergütung

1. Für jeden Tag, an dem der Vertragspartner Dienstleistungen für das D. erbringt und durch Tätigkeitsnachweis/Einzelvereinbarung belegt, ist folgende Bruttovergütung pro Tag bzw. Sendung vereinbart. Sollte der Vertragspartner berechtigt sein die gesetzliche Umsatzsteuer auszuweisen, so darf er diese zusätzlich zu dem vereinbarten Honorar in Rechnung stellen, wenn er dies durch eine entsprechende Bescheinigung des Finanzamtes belegt.

Moderator (Datenexperte/Netman) 400,- EUR pro Sendung (in Worten: vierhundert Euro) Kommentator Zusammenfassung 350,- EUR pro Tag (in Worten: dreihundertfünfzig Euro)

Die jeweils für die im Rahmen einer Einzelvereinbarung nach § 1 Ziff. 1.3 Satz 2 insgesamt zu erbringende Tätigkeit des Vertragspartners abzurechnenden Tage und die durch den Vertragspartner im Rahmen dieser Einzelvereinbarung zu erbringende Tätigkeit nach § 3 Ziff. 3.1 Satz 2, werden jeweils im Vorfeld eines Einsatzes durch eine Einzelvereinbarung nach § 1 Ziff. 1.3 Satz 2 und ein sogenanntes "Fact Sheet" festgelegt.

Für seine pro Kalendertag insgesamt für D. geleistete Tätigkeit darf durch den Vertragspartner maximal nur eine der vorgenannten Vergütungssummen abgerechnet werden, auch wenn der Vertragspartner an einem Kalendertag mehrere Tätigkeiten im Sinne von § 3 Ziff. 3.1 Satz 2 durchführt. Die Vergütung pro Tag umfasst auch den gesamten zeitlichen Aufwand für eine ggf. erforderliche An- und Abreise, Übernachtung und die gesamte Vor- und Nachbereitung (inkl. An-/Abreise und Teilnahme an Redaktionskonferenzen).

Dieses Honorar deckt sämtliche Vergütungsaspekte des Dienstverhältnisses ab."

In einem weiteren Erörterungstermin (S 17 R 2311/06) wurde der Kläger aufgefordert, weitere Unterlagen dem Gericht vorzulegen. Die Beigeladene führt aus, der Dienstplan würde nicht einseitig vom Dienstberechtigten bestimmt, sondern vielmehr mit dem Kläger abgestimmt. Der Kläger habe auch keine ständige Dienstbereitschaft.

Im Folgenden wurden die vom Kläger gestellten Rechnungen sowie die Dienstpläne vor-gelegt. Mit Bescheid vom 06.07.2010 wurde der Bescheid vom 06.04.2006 insoweit ab-geändert, als eine unständige Beschäftigung an genau aufgeführten Tagen festgestellt wurde.

In der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2010 hat das Gericht die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten eingehend erörtert und den Kläger angehört.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.04.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2006 sowie des Bescheides vom 06.07.2010 zu verurteilen, die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene als Moderator als selbständige Tätigkeit festzustellen.

Die Beigeladene schließt sich diesem Antrag an.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Beigezogen war die Verwaltungsakte der Beklagten. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Klageakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Sozialgericht München ist sachlich und örtlich zuständig. Die form- (§ 90 SGG) und fristgerecht (§ 87 SGG) erhobene Klage ist zulässig.

Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat zu Unrecht angenommen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Moderator bei der Beigeladenen im Rahmen einer abhängigen und damit dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigung ausübt.

Der Kläger ist nicht nur für seine Tätigkeit in der Sendung "E." als Moderator im Rahmen eines nicht abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig, sondern auch im Rahmen der übrigen in den Rahmenverträgen genannten Livesendungen.

Gemäß § 7 a SGB IV können die Beteiligten eine Entscheidung der Beklagten beantragen, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV besteht. Dabei zielt das Anfrageverfahren lediglich darauf ab, für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in objektiven Zweifelsfällen Rechtssicherheit darüber zu schaffen, ob eine selbständige oder abhängige Beschäftigung vorliegt (BayLSG, Urteil vom 07.12.2004 = L 5 KR 163/03; BayLSG, Urteil vom 23.10.2007 = L 5 KR 267/07). Rechtsgrundlage für die Abgrenzung zwischen einer sozialversicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung und einer selbständigen Tätigkeit ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG vom 22.06.2005 = B 12 KR 28/03 in SozR 4-2400 § 7 Nr. 5 m.w.N.). Weist im Einzelfall eine Tätigkeit sowohl Merkmale der Abhängigkeit wie der Selbständigkeit auf, so kommt es bei der Beurteilung des Gesamtbildes darauf an, welche Merkmale überwiegen (vgl. BSG, SozR 2400 § 2 Nr. 16; BSG, SozR 2200 § 1227 Nr. 19).

Der Kläger ist bei der Beigeladenen als Moderator/Net-Man/Datenexperte in den in den Rahmenverträgen festgelegten Livesendungen tätig. Bei der Abgrenzung zwischen selbständiger und abhängiger Beschäftigung ist zwischen programmgestaltender Tätigkeit einerseits und fensehtypischer Mitarbeit an Sendungen andererseits zu unterscheiden. Ist der gedankliche Inhalt des gesendeten Beitrags vorgegeben und die Tätigkeit bei Erstel-lung des Programms durch die technische und gestalterische Mitwirkung geprägt, so ist regelmäßig vom Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses auszugehen (vgl. LSG NRW vom 08.08.2007, L 11 (8 )R 35/06). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören zu den programmgestaltenden Mitarbeitern diejenigen, die "typischerweise ihre eigene Auffassung zu politischen, wirtschaftlichen, künstlerischen und anderen Sachfragen, ihre Fachkenntnisse und Informationen, ihre individuelle künstlerische Befähigung und Aussagekraft in die Sendung einbringen, wie dies etwa bei Regisseuren, Moderatoren, Kommentatoren, Wissenschaftlern und Künstlern der Fall ist". Nicht zu den programmgestaltenden Mitarbeitern gehören das betriebstechnische und das Verwaltungspersonal sowie diejenigen, die zwar bei der Verwirklichung des Programms mitwirken, aber keinen inhaltlichen Einfluss darauf haben (BVerfGE 64, 256 (260); BVerfGE 59, 231 (260 ff.) 271 = NJW 1982, 1447). Damit zeichnet sich die Tätigkeit sogenannter programmgestaltender Mitarbeiter durch den Einfluss auf den gedanklichen Inhalt der einzelnen Sendung im Sinne eines journalistisch-schöpferischen und künstleri-schen Tätigkeit aus. Auch programmgestaltende Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen freier Mitarbeit, sondern ebenso auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses möglich (vgl. hierzu ausführlich SG Berlin vom 25.05.2001 - S 73 KR 275/98). Bei programmgestaltenden Mitarbeitern wird ein Arbeitsverhältnis in der Regel dann bejaht, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg vom 16.12.2009, L 30 AL 49/08).

Nach diesen oben genannten Grundsätzen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger nicht nur die Tätigkeit der Sendung "E.", sondern auch die Moderatorentätigkeiten bei den übrigen im Rahmenvertrag genannten Sendungen als nicht abhängig Beschäftigter tätigt. Die Beigeladene hat den Kläger als Experten wegen seines Fachwissens engagiert. Der Kläger bringt in die Redaktionskonferenz verschiedene Themenvorschläge ein, über die er in der jeweiligen Livesendung reden möchte. Aus den Unterlagen und nach Befragungen des Klägers ist nicht ersichtlich, dass er dabei vorgefertigte und von der Beigeladenen redigierte Beiträge verwendet bzw. verwenden muss. Die Redebeiträge mussten im Einzelnen vor der Sendung nicht vorgelegt und "abgesegnet" werden. Wenn der Kläger eigene Filmbeiträge mit aufnehmen wollte, so konnte er sich diese von den zuständigen Personen zusammenschneiden lassen. Lediglich die Dauer des eigenen Filmbeitrags musste dem Leiter der Sendung vorab mitgeteilt werden. Unerheblich ist, dass vom Leiter der Sendung zusammen mit dem Hauptmoderator und dem Co-Moderator bzw. Net-Man (Kläger) die Überschriften über die einzelnen Sendungen festgelegt wurden. Innerhalb der Überschriften hat der Kläger einen Gestaltungsspielraum, den er ohne weitere Vorgaben ausfüllen und gestalten kann. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Kläger Livesendungen bestreitet, in denen jeweils auf das aktuelle Geschehen auch kurzfristig Bezug genommen werden kann und muss. Im Unterschied zu einem Nachrichtensprecher, der einen vorher formulierten Text vorliest, ist der Kläger nicht an eine bestimmte Textvorlage gebunden.

Nach den nicht bestrittenen Äußerungen des Klägers werden die Dienstpläne mit ihm ab-gestimmt, d.h. es wird angefragt, ob bzw. wann er für bestimmte Sendungen zur Verfügung steht. Dass der Kläger zu einer bestimmten Zeit im Sender, also an einem bestimmten Ort sich einfinden muss, stellt kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar (vgl. BSG v. 28.01.1999, B 3 KR 2/98 R). Vielmehr ergibt sich die Festlegung auf Zeit und Ort aus der Tatsache, dass eine Livesendung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort ausgestrahlt wird. Die Beigeladene konnte nicht frei über die Arbeitszeit des Klägers verfügen. Wie ausgeführt, bestand keine dauernde Dienstbereitschaft und die Dienstpläne wurden abgesprochen. Dass nicht alle vom Kläger bei der Vorbesprechung mit dem Leiter der Sendung vorgeschlagenen Beiträge, die er gern in der Sendung unterbringen würde, in die Sendung aufgenommen wurden, stellten kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar. Bei den übernommenen Themenvorschlägen war der Kläger in der Gestaltung völlig frei und unterlag nicht dem Einfluss des Leiters der Sendung bzw. der Beigeladenen. Das Unternehmerrisiko besteht insoweit, als der Kläger nur für die jeweilige Sendung bezahlt wird. Aufwendungen, die er durch Recherche von Redebeiträgen, die er in der Livesendung nicht unterbringt und damit eigene Arbeitszeit im Vorfeld mit ungewissem Erfolg einsetzt, kann als Unternehmerrisiko angesehen werden (so LSG NRW vom 11.10.2007, L 16 (14) R 140/06).

Anders als ein Nachrichtensprecher trägt der Kläger in der Sendung keine vorformulierte mit dem Leiter der Sendung abgesprochenen Text vor (vgl. hierzu BSG vom 22.11.1973, 12/3 KR 83/71).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Kläger in die jeweiligen Livesendungen der Beigeladenen, in denen er als Moderator (Net-Man/Datenexperte) tätig ist, sein Fachwissen mit seiner eigenen Art des Vortrags (Markenzeichen) einbringt. Der Kläger ist dabei lediglich an die mit dem Leiter der Sendung vereinbarten Themenkomplexe gebunden. Hinsichtlich der Ausgestaltung dieser Redebeiträge ist der Kläger frei. Wie die Beigeladene ausgeführt hat, gestaltet der Kläger seine Texte selbständig und kann seine Meinung "on air" äußern. Er hat ebenso die Möglichkeit, seine Auftritte mit Filmbeiträgen oder Grafiken sowie unterstützendem Bildmaterial zu gestalten.

Unter Abwägung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale nach Auswertung der Akten sowie nach Anhörung des Klägers und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung insbesondere der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur programmgestaltenden und programmausfüllenden Mitarbeit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger seine Tätigkeit bei der Beigeladenen als Moderator (Net-Man/Datenexperte) nicht im Rahmen eines - unständigen - abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit verrichtet.

Daher waren die Bescheide der Beklagten aufzuheben und festzustellen, dass die vom Kläger für die Beigeladene verrichtete Tätigkeit nicht im Rahmen eines abhängigen, dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, da der Kläger nach § 183 SGG kostenprivilegiert ist. Versicherter im Sinne des § 183 SGG ist - unabhängig vom Ausgang des Verfahrens - jeder Beteiligte, über dessen Status als Versicherter gestritten wird. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Kläger im konkreten Fall seine Feststellung als Selbständiger und nicht als abhängig Beschäftigter angestrebt hat (BSG vom 05.10.2006 - B 10 LW 5/05 R).
Rechtskraft
Aus
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