Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 2382/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4640/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist gewährt. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. August 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes (EV-VA).
Der 1964 geborene Kläger bezieht seit 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 6. März 2012 fand beim Beklagten ein Gespräch mit dem Kläger statt, bei welchem der Beklagte mit dem Kläger eine Eingliederungsvereinbarung (EV) treffen wollte. Es wurde eine EV mit Festlegungen für die Zeit vom 13. März bis 5. September 2012 (Ziel(e): Integration in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Vollzeit) erstellt. Der Beklagte verpflichtete sich darin, den Kläger mit näher bezeichneten Leistungen zur Eingliederung zu unterstützen ("Er unterbreitet Ihnen wöchentlich mindestens 2 geeignete Vermittlungsvorschläge. Sollte dies nicht möglich sein, wird die Eingliederungsvereinbarung gegenstandslos und muss dann neu abgeschlossen werden. Er nimmt Ihr Bewerberprofil in www.arbeitsagentur.de auf. Er unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III, sofern Sie diese zuvor beantragt haben."). Ferner waren die vom Kläger zur Eingliederung um Arbeit zu erbringenden Bemühungen festgehalten ("Sie unternehmen während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung im Turnus von 4 Wochen - beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung - jeweils mindestens 4 Bewerbungsbemühungen (unabhängig von den erteilten Vermittlungsvorschlägen) um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und legen hierüber folgende Nachweise vor: Bewerbungsliste. Die Bewerbungsliste ist immer zum Termin mitzubringen. Bei der Stellensuche sind auch befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen einzubeziehen. Sie bewerben sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Stellenangebotes, auf Vermittlungsvorschläge, die Sie von der Agentur für Arbeit/Träger der Grundsicherung erhalten haben. Als Nachweis über Ihre unternommenen Bemühungen füllen Sie die dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit aus und legen Sie diese vor."). Der Kläger wurde ferner auf die Rechtsfolgen hingewiesen. Da sich der Kläger weigerte, die schriftlich ausgearbeitete EV zu unterzeichnen, wurde sie ihm ausgehändigt mit der Ankündigung, falls er sie bis 13. März 2012 nicht unterschrieben vorlegen sollte, werde ein EV-VA erlassen.
Nachdem der Kläger die EV weiterhin nicht unterzeichnete, erließ der Beklagte den Bescheid vom 13. März 2012 als EV-VA, dessen Inhalt dem der dem Kläger am 6. März 2012 ausgehändigten EV entsprach. Außerdem enthielt der Bescheid u.a. eine Rechtsfolgenbelehrung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in der Akte der Beklagten enthaltenen Bescheidabdruck verwiesen. Der Kläger erhob am 13. April 2012 Widerspruch, mit dem er u.a. geltend machte, er habe die EV ausgehändigt erhalten und diese in Ruhe prüfen sowie ggf. auch nochmals mit Dritten besprechen wollen, weswegen er um einen weiteren Termin bei der Arbeitsvermittlung gebeten habe. Der sei ihm aber verweigert worden. Wenn eine EV inhaltlich von einer vorangegangenen abweiche, müsse dies auch ausführlich begründet und vom Arbeitsvermittler besprochen werden. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2012 zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Deswegen hat der Kläger am 25. Juli 2012 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und die Kopie eines Schriftstückes vorgelegt, das Ausführungen enthält, wann ein EV-VA nichtig sei.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten, da der Bescheid rechtsmäßig sei.
Nachdem der Regelungszeitraum des EV-VA bereits abgelaufen gewesen ist, hat der Kläger zuletzt noch beantragt, festzustellen, dass der Bescheid vom 13. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 rechtswidrig gewesen sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. August 2013 abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger kein besonderes Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend machen könne. Der EV-VA habe sich nach Zeitablauf erledigt. Sanktionen für den Zeitraum der Gültigkeit der EV seien auch nach den Angaben der Beteiligten nicht verfügt worden und weitere Rechtsfolgen aus diesem Verwaltungsakt seien nicht mehr abzuleiten. Der Kläger habe jedoch kein besonders Feststellungsinteresse, das in einem besonderen Rehabilitationsinteresse, einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr oder einer grundsätzlichen Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse liegen könnte. Konkrete Einwände gegen die EV habe er nicht benannt, sondern nur allgemein das Verfahren zum Zustandekommen der EV bzw. des EV-VA beanstandet. Soweit er geltend mache, der Beklagte sei auf seine inhaltliche Einwände nicht eingegangen und habe die EV nicht ausreichend besprochen und kein weiteres Gespräch ermöglicht, handle es sich hier um tatsächliche Umstände, die keine hinreichende konkrete Wiederholungsgefahr rechtfertigten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen das ihm am 24. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. Oktober 2013 (Eingang mit eingeschriebenen Brief, Einwurfeinschreiben) Berufung eingelegt. Er macht geltend, er habe das Schreiben am 23. Oktober 2013 und damit noch rechtzeitig zur Post gegeben, weswegen ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Im Übrigen trägt er vor, das Gespräch über die EV sei vom Teamleiter Ö. geführt worden. Dieser habe auch den Verwaltungsakt angeordnet. Sein Widerspruch bei der zuständigen Rechtsstelle sei ebenfalls zurückgewiesen worden, weswegen davon auszugehen sei, dass es sich um keine Ausnahme handele und eine große Wiederholungswahrscheinlichkeit bestehe. Betroffene könnten auch bis zu einer Verhandlung vor dem Sozialgericht mit Sanktionen bedacht werden, die auf rechtswidrigem Verhalten beruhten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. August 2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 13. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung bis 30. Januar 2014 gegeben. Die Beteiligten haben sich hierauf nicht mehr geäußert.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die Berufung ist zulässig, denn dem Kläger war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgerichts schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Das mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 24. September 2013 durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung, also am 24. September 2013.
Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Da die Zustellung am 24. September 2013 erfolgt ist, endete die Frist am 24. Oktober 2013.
Der Kläger hat seine Berufung indes erst nach Ablauf dieser Frist, nämlich am 25. Oktober 2013 (Eingang mit eingeschriebenem Brief) eingelegt. Die Berufung ist damit nicht innerhalb der Monatsfrist erhoben worden.
Dem Kläger ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden ( § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG ist innerhalb der Antragsfrist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 2 Satz 4 SGG).
Dem Kläger ist gemessen an den vorgenannten Bestimmungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne Verschulden gehindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Da sich aus der Dienstordnung der Post ergibt, dass von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen im Jahresdurchschnitt mindestens 80% an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen, durfte der Kläger in diesem Fall davon ausgehen, dass die Berufungsschrift rechtzeitig eingeht, und ist ihm deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juli 2012, L 19 AS 1723/11 NZB, in Juris).
Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger begehrte Feststellung - § 131 SGG - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des EV-VA und des Widerspruchsbescheids hat, weil es hier an einem Feststellungsinteresse fehlt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass keine ein Feststellungsinteresse begründende Wiederholungsgefahr besteht, denn diese kann nicht darin gesehen werden, dass ein EV-VA erlassen werden kann, wenn der Kläger zu Unrecht die Unterzeichnung einer EV verweigert. Ob ein EV-VA erlassen wird, ist immer situationsbedingt unter Berücksichtigung des Verhaltens des Leistungsempfängers und des Sachverhalts zu entscheiden. Der Kläger hat insoweit nichts vorgetragen, was die Annahme einer hinreichend konkreten Widerholungsgefahr begründen könnte. Das Vorbringen, der Teamleiter Ö. habe das Gespräch über die Wiedereingliederungsvereinbarung geführt sowie den EV-VA "angeordnet" und sein Widerspruch sei zurückgewiesen worden, weswegen es sich hier um keine Ausnahme gehandelt habe, begründet allein keine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG.
Im Übrigen war der EV-VA des Beklagten vom 13. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 auch formell und sachlich nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat insofern in den Gründen des zunächst mit der Klage angefochtenen EV-VA und des Widerspruchsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den Erlass des von der Klägerin angefochtenen eine EV ersetzenden Verwaltungsaktes - § 15 SGB II - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen zum Erlass dieses Verwaltungsaktes vorgelegen haben, weil eine EV aus vom Kläger zu vertretenden Gründen nicht zustande gekommen ist, Gründe, die der Handlungsform (Verwaltungsakt) entgegengestanden hätten, nicht vorlagen, der Verwaltungsakt ordnungsgemäß erlassen wurde sowie die mit ihm auferlegten Verpflichtungen nicht zu beanstanden waren. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG zurück.
Gemessen daran hat der Beklagte zu Recht den EV-VA erlassen. Dieser ist formal ordnungsgemäß zustande gekommen und inhaltlich nicht zu beanstanden. Die vom Beklagten vorgeschlagene EV ist mit dem Kläger besprochen worden. Er hat ihre Unterzeichnung verweigert. Insofern war der Beklagte nicht verpflichtet, sich auf weitere Gespräche mit dem Kläger einzulassen, die lediglich zu zeitlichen Verzögerungen geführt hätten.
Da die Entscheidung des SG somit nicht zu beanstanden ist, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsaktes (EV-VA).
Der 1964 geborene Kläger bezieht seit 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Am 6. März 2012 fand beim Beklagten ein Gespräch mit dem Kläger statt, bei welchem der Beklagte mit dem Kläger eine Eingliederungsvereinbarung (EV) treffen wollte. Es wurde eine EV mit Festlegungen für die Zeit vom 13. März bis 5. September 2012 (Ziel(e): Integration in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Vollzeit) erstellt. Der Beklagte verpflichtete sich darin, den Kläger mit näher bezeichneten Leistungen zur Eingliederung zu unterstützen ("Er unterbreitet Ihnen wöchentlich mindestens 2 geeignete Vermittlungsvorschläge. Sollte dies nicht möglich sein, wird die Eingliederungsvereinbarung gegenstandslos und muss dann neu abgeschlossen werden. Er nimmt Ihr Bewerberprofil in www.arbeitsagentur.de auf. Er unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III, sofern Sie diese zuvor beantragt haben."). Ferner waren die vom Kläger zur Eingliederung um Arbeit zu erbringenden Bemühungen festgehalten ("Sie unternehmen während der Gültigkeitsdauer der Eingliederungsvereinbarung im Turnus von 4 Wochen - beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung - jeweils mindestens 4 Bewerbungsbemühungen (unabhängig von den erteilten Vermittlungsvorschlägen) um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und legen hierüber folgende Nachweise vor: Bewerbungsliste. Die Bewerbungsliste ist immer zum Termin mitzubringen. Bei der Stellensuche sind auch befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen einzubeziehen. Sie bewerben sich zeitnah, d.h. spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Stellenangebotes, auf Vermittlungsvorschläge, die Sie von der Agentur für Arbeit/Träger der Grundsicherung erhalten haben. Als Nachweis über Ihre unternommenen Bemühungen füllen Sie die dem Vermittlungsvorschlag beigefügte Antwortmöglichkeit aus und legen Sie diese vor."). Der Kläger wurde ferner auf die Rechtsfolgen hingewiesen. Da sich der Kläger weigerte, die schriftlich ausgearbeitete EV zu unterzeichnen, wurde sie ihm ausgehändigt mit der Ankündigung, falls er sie bis 13. März 2012 nicht unterschrieben vorlegen sollte, werde ein EV-VA erlassen.
Nachdem der Kläger die EV weiterhin nicht unterzeichnete, erließ der Beklagte den Bescheid vom 13. März 2012 als EV-VA, dessen Inhalt dem der dem Kläger am 6. März 2012 ausgehändigten EV entsprach. Außerdem enthielt der Bescheid u.a. eine Rechtsfolgenbelehrung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in der Akte der Beklagten enthaltenen Bescheidabdruck verwiesen. Der Kläger erhob am 13. April 2012 Widerspruch, mit dem er u.a. geltend machte, er habe die EV ausgehändigt erhalten und diese in Ruhe prüfen sowie ggf. auch nochmals mit Dritten besprechen wollen, weswegen er um einen weiteren Termin bei der Arbeitsvermittlung gebeten habe. Der sei ihm aber verweigert worden. Wenn eine EV inhaltlich von einer vorangegangenen abweiche, müsse dies auch ausführlich begründet und vom Arbeitsvermittler besprochen werden. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2012 zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Deswegen hat der Kläger am 25. Juli 2012 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und die Kopie eines Schriftstückes vorgelegt, das Ausführungen enthält, wann ein EV-VA nichtig sei.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten, da der Bescheid rechtsmäßig sei.
Nachdem der Regelungszeitraum des EV-VA bereits abgelaufen gewesen ist, hat der Kläger zuletzt noch beantragt, festzustellen, dass der Bescheid vom 13. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 rechtswidrig gewesen sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. August 2013 abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, da der Kläger kein besonderes Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend machen könne. Der EV-VA habe sich nach Zeitablauf erledigt. Sanktionen für den Zeitraum der Gültigkeit der EV seien auch nach den Angaben der Beteiligten nicht verfügt worden und weitere Rechtsfolgen aus diesem Verwaltungsakt seien nicht mehr abzuleiten. Der Kläger habe jedoch kein besonders Feststellungsinteresse, das in einem besonderen Rehabilitationsinteresse, einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr oder einer grundsätzlichen Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse liegen könnte. Konkrete Einwände gegen die EV habe er nicht benannt, sondern nur allgemein das Verfahren zum Zustandekommen der EV bzw. des EV-VA beanstandet. Soweit er geltend mache, der Beklagte sei auf seine inhaltliche Einwände nicht eingegangen und habe die EV nicht ausreichend besprochen und kein weiteres Gespräch ermöglicht, handle es sich hier um tatsächliche Umstände, die keine hinreichende konkrete Wiederholungsgefahr rechtfertigten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Gegen das ihm am 24. September 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. Oktober 2013 (Eingang mit eingeschriebenen Brief, Einwurfeinschreiben) Berufung eingelegt. Er macht geltend, er habe das Schreiben am 23. Oktober 2013 und damit noch rechtzeitig zur Post gegeben, weswegen ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Im Übrigen trägt er vor, das Gespräch über die EV sei vom Teamleiter Ö. geführt worden. Dieser habe auch den Verwaltungsakt angeordnet. Sein Widerspruch bei der zuständigen Rechtsstelle sei ebenfalls zurückgewiesen worden, weswegen davon auszugehen sei, dass es sich um keine Ausnahme handele und eine große Wiederholungswahrscheinlichkeit bestehe. Betroffene könnten auch bis zu einer Verhandlung vor dem Sozialgericht mit Sanktionen bedacht werden, die auf rechtswidrigem Verhalten beruhten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. August 2013 aufzuheben und festzustellen, dass der Bescheid vom 13. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 rechtswidrig war.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung bis 30. Januar 2014 gegeben. Die Beteiligten haben sich hierauf nicht mehr geäußert.
Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gem. § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.
Die Berufung ist zulässig, denn dem Kläger war Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Gem. § 151 Abs. 1 SGG ist die Berufung bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgerichts schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Das mit ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 24. September 2013 durch Einlegen in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt worden. Gemäß § 64 Abs. 1 SGG beginnt der Lauf einer Frist, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit dem Tag nach der Zustellung, also am 24. September 2013.
Gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG endet eine nach Monaten bestimmte Frist mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher nach Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Da die Zustellung am 24. September 2013 erfolgt ist, endete die Frist am 24. Oktober 2013.
Der Kläger hat seine Berufung indes erst nach Ablauf dieser Frist, nämlich am 25. Oktober 2013 (Eingang mit eingeschriebenem Brief) eingelegt. Die Berufung ist damit nicht innerhalb der Monatsfrist erhoben worden.
Dem Kläger ist jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG zu gewähren. Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden ( § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG). Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 3 SGG ist innerhalb der Antragsfrist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 2 Satz 4 SGG).
Dem Kläger ist gemessen an den vorgenannten Bestimmungen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne Verschulden gehindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Da sich aus der Dienstordnung der Post ergibt, dass von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Briefsendungen im Jahresdurchschnitt mindestens 80% an dem ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen, durfte der Kläger in diesem Fall davon ausgehen, dass die Berufungsschrift rechtzeitig eingeht, und ist ihm deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juli 2012, L 19 AS 1723/11 NZB, in Juris).
Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier vom Kläger begehrte Feststellung - § 131 SGG - dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des EV-VA und des Widerspruchsbescheids hat, weil es hier an einem Feststellungsinteresse fehlt. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers, auch im Berufungsverfahren, uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Ergänzend ist anzumerken, dass keine ein Feststellungsinteresse begründende Wiederholungsgefahr besteht, denn diese kann nicht darin gesehen werden, dass ein EV-VA erlassen werden kann, wenn der Kläger zu Unrecht die Unterzeichnung einer EV verweigert. Ob ein EV-VA erlassen wird, ist immer situationsbedingt unter Berücksichtigung des Verhaltens des Leistungsempfängers und des Sachverhalts zu entscheiden. Der Kläger hat insoweit nichts vorgetragen, was die Annahme einer hinreichend konkreten Widerholungsgefahr begründen könnte. Das Vorbringen, der Teamleiter Ö. habe das Gespräch über die Wiedereingliederungsvereinbarung geführt sowie den EV-VA "angeordnet" und sein Widerspruch sei zurückgewiesen worden, weswegen es sich hier um keine Ausnahme gehandelt habe, begründet allein keine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG.
Im Übrigen war der EV-VA des Beklagten vom 13. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2012 auch formell und sachlich nicht zu beanstanden.
Der Beklagte hat insofern in den Gründen des zunächst mit der Klage angefochtenen EV-VA und des Widerspruchsbescheids zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den Erlass des von der Klägerin angefochtenen eine EV ersetzenden Verwaltungsaktes - § 15 SGB II - dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen zum Erlass dieses Verwaltungsaktes vorgelegen haben, weil eine EV aus vom Kläger zu vertretenden Gründen nicht zustande gekommen ist, Gründe, die der Handlungsform (Verwaltungsakt) entgegengestanden hätten, nicht vorlagen, der Verwaltungsakt ordnungsgemäß erlassen wurde sowie die mit ihm auferlegten Verpflichtungen nicht zu beanstanden waren. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 136 Abs. 3 SGG zurück.
Gemessen daran hat der Beklagte zu Recht den EV-VA erlassen. Dieser ist formal ordnungsgemäß zustande gekommen und inhaltlich nicht zu beanstanden. Die vom Beklagten vorgeschlagene EV ist mit dem Kläger besprochen worden. Er hat ihre Unterzeichnung verweigert. Insofern war der Beklagte nicht verpflichtet, sich auf weitere Gespräche mit dem Kläger einzulassen, die lediglich zu zeitlichen Verzögerungen geführt hätten.
Da die Entscheidung des SG somit nicht zu beanstanden ist, weist der Senat die Berufung zurück.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und der Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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