Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 62 SO 298/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 436/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.09.2013 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller im Zeitraum 10.07.2013 bis 28.02.2014 vorläufig Leistungen nach dem SGB XII für selbstbeschaffte Pflege- und Betreuungskräfte i.H.v. 3.087,00 EUR pro Monat zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller für das erstinstanzliche Verfahren ein Drittel sowie für das Beschwerdeverfahren ein Zehntel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme der Kosten für selbst beschaffte Pflege- und Betreuungskräfte als Leistung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII).
Bei dem im Jahre 1973 geborenen Antragsteller bestehen nach einer im Alter von drei Jahren erlittenen Masern-Menigoencephalitis ein Anfallsleiden und eine geistige Behinderung. Die Anfälle treten in Ruhephasen und daher überwiegend in der Nacht auf. Darüber hinaus weist der Antragsteller Verhaltensauffälligkeiten auf. Er ist Inhaber eines Schwerbehindertenausweises (GdB 100 und Merkzeichen G, H und RF) und bezieht Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II. Nach einem Gutachten des MDK vom 21.03.2011 ist seine Alltagskompetenz in erhöhtem Maße eingeschränkt. Im Bereich der Grundpflege bestehe ein täglicher Hilfebedarf von 146 Minuten sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten. Damit seien die Voraussetzungen der Pflegestufe II (weiterhin) erfüllt.
Der Antragsteller kann weder lesen noch schreiben; er kann sich auch in vertrauter Umgebung nur schwer orientieren. Er kann in ganzen Sätzen sprechen. Nach dem Besuch einer Förderschule arbeitete er von Februar 1995 bis Oktober 2010 in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM); aus dieser wurde er wegen fehlender Werkstattfähigkeit entlassen. Er lebte im Haushalt seiner Eltern, bis seine Mutter im Mai 2009 verstorben ist. Seitdem wohnt er gemeinsam mit seinem Vater, der zugleich auch sein rechtlicher Betreuer ist.
Zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bezieht er von der Stadt C Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Zuletzt wurden ihm mit Bescheid vom 28.07.2013 Leistungen für den Zeitraum August 2013 bis Juli 2014 i.H.v. 1.046,96 EUR bewilligt. Davon werden 897,33 EUR an ihn selbst ausgezahlt; bei dem Rest handelt es sich um den Beitrag für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung.
Nach dem Tod seiner Mutter beantragte der Antragsteller am 29.06.2009 beim Antragsgegner die Übernahme von Kosten für die Betreuung und Pflege während der Nacht. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27.07.2009 ab. Der Antragsteller beziehe ein Pflegegeld nach der Pflegestufe II von der Pflegeversicherung. Dieses werde auf die Leistungen nach dem SGB XII angerechnet, so dass sich kein weitergehender Anspruch ergebe. Der Antragsteller legte gegen den Bescheid Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2011 zurückgewiesen wurde. Der Antragsteller erhob dagegen eine Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 62 SO 174/11); dieses Hauptsacheverfahren ist noch erstinstanzlich anhängig.
Parallel zur Antragstellung bei dem Antragsgegner beantragte der Antragsteller die Übernahme der Kosten für die Pflege und Betreuung im Oktober 2009 bei seiner gesetzlichen Krankenversicherung. Diese beauftragte den MDK mit der Feststellung des Bedarfs. Dieser kam in einem Gutachten vom 05.11.2009 zu dem Ergebnis, dass für die Schlafzeit eine häusliche Krankenpflege erforderlich sei, da es sich um schlafgebundene Anfälle handele und bei Auftreten eines Anfalles eine sofortige Intervention erforderlich sei. Die Krankenversicherung bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 19.11.2009 häusliche Krankenpflege im Umfang von 70 Stunden pro Woche, allerdings begrenzt für acht Wochen, um dann erneut den Bedarf feststellen zu können. In einer zweiten Stellungnahme nach Aktenlage vom 25.01.2010 gelange der MDK dann zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für die häusliche Krankenpflege nicht vorlägen. Die Anfälle seien selbstlimitierend, ein status epilepticus (d.h. eine gruppenartige Häufung epileptischer Anfälle mit so kurzem Intervall, dass der Ausgangszustand bezogen auf Bewusstseinslage und andere Körperfunktionen zwischen den Anfällen nicht wieder erreicht wird) sei nicht aufgetreten, und es bestünden auch weitere Therapieoptionen. Anders als der Vater zuvor angegeben habe, würden die Anfälle beim Antragsteller nicht fünf Minuten, sondern wesentlich kürzer anhalten; eine Gabe von Diazepam (d.h. eine Akutmedikation zur Behandlung schwerer Anfälle) sei nicht dokumentiert. Es sei zwar eine soziale Betreuung Tag und Nacht erforderlich, aber eben keine medizinische. Die Krankenversicherung lehnte daraufhin die Weitergewährung der häuslichen Krankenpflege mit Bescheid vom 23.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2010 ab. Der Antragsteller erhob auch dagegen Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 48 KR 1323/10).
Im Dezember 2009 ließ sich der Antragsteller in der neurologischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses V untersuchen. Das Vorliegen des Anfallsleidens wurde bestätigt, die Anfallssituation sei seit vielen Jahren unter der aktuellen Medikation stabil. Der Antragsteller benötige eine nächtliche Aufsicht in Form einer Bereitschaft, um erforderlichenfalls die notwendigen Pflegeleistungen vorzunehmen. Aufgrund der deutlichen Intelligenzminderung und der auch vereinzelt am Tag auftretenden Anfälle sei zu seiner Sicherheit auch tagsüber eine Aufsicht erforderlich.
Der Antragsteller beantragte am 17.02.2011 bei dem Sozialgericht Dortmund (S 48 KR 165/11 ER) den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Krankenversicherung. Das Sozialgericht verpflichtete die Krankenversicherung mit Beschluss vom 17.06.2011 vorläufig, die Kosten für selbstbeschaffte Pflegekräfte zur häuslichen Krankenpflege für zwölf Stunden täglich i.H.v. 6.439,79 EUR monatlich bis zum 31.12.2011 zu erstatten. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege glaubhaft gemacht. Im Hauptsacheverfahren müsse geklärt werden, ob und ggf. wie oft ein status epilepticus auftrete. Es sei jedenfalls nötig gewesen, den Antragsteller bei Auftreten eines Anfalls zu lagern, um Verletzungen zu vermeiden, und ihm Diazepam zu injizieren. Der Anspruch sei allerdings auf zwölf Stunden am Tag begrenzt, da der Vater die Pflege und Betreuung für acht Stunden am Tag übernehmen könne und es im Übrigen nicht Aufgabe der häuslichen Krankenpflege sei, die soziale Betreuung und hauswirtschaftliche Versorgung sicherzustellen. Bei durchschnittlich 30,42 Tagen pro Monat, einem Anspruch von 12 Stunden pro Tag und einem angemessenen Stundensatz von 17,64 EUR entstünden monatliche Kosten i.H.v. 6.439,79 EUR, die dem Antragsteller vorläufig zuzusprechen seien.
Im Hauptsacheverfahren gegen die Krankenversicherung wurde ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L vom 15.05.2012 eingeholt. Der Sachverständige kommt darin zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der häuslichen Krankenpflege bei dem Antragsteller nicht vorlägen. Es sei nicht davon auszugehen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine sofortige pflegerische oder ärztliche Intervention bei einer lebensbedrohlichen Situation täglich erforderlich sei. Die genauen Zeitpunkte oder das genaue Ausmaß der Anfälle seien naturgemäß nicht im Vorhinein bestimmbar. Es handele sich allerdings um eine jahrelang bestehende, eigentlich stabile epileptische Situation mit bisher pharmakoresistenter Epilepsie und eher kürzeren, selbstlimitierenden Anfällen. Es stehe daher nicht die medizinische, sondern die pflegerische und soziale Versorgung im Vordergrund. Der Pflegebedarf für Grundversorgung, Supervision von Mahlzeiten und Körperpflege betrage sechs bis acht Stunden täglich. Das Sozialgericht Dortmund wies daraufhin die Klage gegen die Krankenversicherung mit Urteil vom 19.12.2012 ab. Die dagegen vom Antragsteller einlegte Berufung ist noch bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen anhängig ist (L 16 KR 521/13). Die Krankenversicherung stellte die vorläufige Leistungsgewährung nach dem klageabweisenden Urteil des Sozialgerichts zum 31.12.2012 ein.
Der Antragsgegner führte am 29.08.2012 einen Hausbesuch beim Antragsteller durch. Dieser wohne in einem Haushalt mit seinem Vater. Seit knapp zwei Jahren lebe auch eine polnische Hilfskraft dort, die sich um alle hauswirtschaftlichen Belange kümmere. In einer weiteren Wohnung lebe eine Angestellte des Geschäfts des Vaters, die sich auch um den Antragsteller kümmere. Außerdem unterstütze die Schwägerin des Antragstellers den gemeinsamen Haushalt. Aufgrund eines Vorfalls könne der Antragsteller nicht mehr die WfbM besuchen, so dass er sich jetzt den ganzen Tag zuhause aufhalte. Er benötige bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens Anleitung und Beaufsichtigung. Eine eigenständige Lebensführung sei nicht möglich. Der Antragsteller sei in seinem Umfeld liebevoll aufgehoben. Der Betreuungsbedarf werde nicht bestritten.
Das Sozialgericht Dortmund regte mit Verfügung vom 10.06.2013 im Hauptsacheverfahren gegen die Antragsgegnerin (S 62 SO 174/11) einen Teilvergleich hinsichtlich der Pflegeleistungen an. Der Beklagte bot daraufhin mit Schreiben vom 27.06.2013 eine vorläufige monatliche Zahlung von 1.825,00 EUR an. Diesen Betrag berechnete er auf der Grundlage des Gutachtens Dr. L, der von einem Pflegebedarf von sechs bis acht Stunden pro Tag ausgehe. Lege man vorläufig sechs Stunden pro Tag zugrunde, so ergebe sich bei durchschnittlich 30,42 Tagen im Monat und einem Stundenlohn von 10,00 EUR ein Betrag von 1.825,20 EUR; dieser könne ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vorläufig gezahlt werden. Der Antragsteller lehnte das Angebot mit Schriftsatz vom 28.06.2013 ab. Der angebotene Betrag reiche nicht aus, um seinen Bedarf zu decken. Um die aktuelle Notlage zu lindern sei es erforderlich, dass der Antragsgegner vorläufig die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegekraft i.H.v. 3.087,00 EUR pro Monat übernehme. Der Antragsgegner lehnte die Zahlung eines solchen Betrages mit Schreiben vom 04.07.2013 ab.
Der Antragsteller hat am 10.07.2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit dem er die Übernahme der Kosten für selbstbeschaffte Pflegekräfte im Umfang von 21,5 Stunden pro Monat begehrt. Er habe aufgrund seiner Behinderung Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, darüber hinaus auf Hilfe zur Pflege. Er könne nicht auf die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen verwiesen werden, da er selbst Pflegekräfte beschäftige. Der Pflege- und Betreuungsbedarf bestehe an 24 Stunden pro Tag. Denn er müsse wegen seines Anfallsleidens und der geistigen Behinderung ständig überwacht werden. Darüber hinaus sei er weder in der Lage, seinen Tag selbständig und sinnvoll zu strukturieren, noch eigenständig an Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Hierfür benötige er umfassende Assistenz. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestehe im Umfang von 21,5 Stunden am Tag, da 2,5 Stunden durch die Leistungen der Pflegeversicherung abgedeckt würden. Auf der Grundlage eines Bruttolohns von 11,79 EUR errechne sich unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitszeiten und aller weiteren Kosten ein Stundensatz von 17,73 EUR. Bei einem Betreuungsbedarf von 21,5 Stunden am Tag und durchschnittlich 30,43 Tage pro Monat ergäben sich daraus monatliche Kosten i.H.v. ca. 11.600,00 EUR; diese würden mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht. Eine vorläufige Kostentragung durch seinen Vater sei nicht mehr möglich; dieser habe für die notwendige Pflege und Betreuung in der Vergangenheit bereits einen Kredit aufgenommen und könne eine weitere Finanzierung nicht leisten.
Der Betreuer und Vater des Antragstellers hat mit den Pflegekräften geschlossene Arbeitsverträge vorgelegt. Danach beschäftigt er zwei Mitarbeiterinnen im Umfang von jeweils 175 Stunden pro Monat gegen ein Bruttogehalt von jeweils 2.100,00 EUR (12,00 EUR/Stunde) sowie eine Mitarbeiterin im Umfang von monatlich 116,5 Stunden mit einem Einkommen von 1.398,20 EUR (ebenfalls 12,00 EUR/Stunde).
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bei Gericht vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und der Hilfe zur Pflege in einem Umfang von insgesamt 21,5 Stunden täglich für selbstbeschaffte Pflegekräfte i.H.v. 11.601,77 EUR pro Monat zu gewähren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es sei eine monatliche Zahlung von 1.825,00 EUR angeboten worden, dies habe der Antragsteller abgelehnt. Weitergehende Ansprüche bestünden nicht, da allenfalls von einem Pflegebedarf von sechs Stunden pro Tag ausgegangen werden könne und es zumutbar sei, auf geringfügig beschäftigtes Personal zurückzugreifen, um eine Beaufsichtigung sicherzustellen.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 13.09.2013 einstweilig verpflichtet, Kosten für Pflegekräfte für den Zeitraum 10. bis 31.07.2013 i.H.v. 1.708,00 EUR und für den Zeitraum von 01.08.2013 bis 31.01.2014 i.H.v. monatlich 2.562,00 EUR zu übernehmen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Da sich der Sachverhalt nicht vollständig aufklären lasse, sei eine Folgenabwägung zu treffen. Hinsichtlich des Umfangs der medizinisch erforderlichen Pflegeleistungen orientiere sich das Gericht an dem Gutachten des Dr. L vom 15.05.2012; dieser habe den Pflegebedarf auf sechs bis acht Stunden pro Tag eingeschätzt. In Anbetracht des Umstandes, dass der Vater des Antragstellers nicht mehr berufstätig sei und bei der Pflege seines Sohnes mithelfen könne, setze das Gericht den zeitlichen Umfang im unteren Bereich der Spanne an. Daraus ergebe sich unter Berücksichtigung eines angemessenen Stundenlohnes von 14,00 EUR und einer durchschnittlichen Anzahl von 30,5 Tagen pro Monat ein Betrag von 2.562,00 EUR, der als monatliche Hilfe zur Pflege zuzusprechen sei. Leistungen der Eingliederungshilfe könnten nicht zuerkannt werden, da insoweit kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sei. Trotz gerichtlicher Aufforderung habe der Antragsteller nicht dargelegt, welche einzelnen Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen er begehre und aus welchen Gründen eine Bewilligung dieser Leistungen für ihn besonders eilbedürftig sei.
Hiergegen hat der Antragsteller am 10.10.2013 Beschwerde eingelegt. Die zugesprochenen Leistungen deckten seinen Bedarf nicht. Wegen seiner Mehrfachbehinderung sei eine durchgehende Betreuung und Beaufsichtigung erforderlich. Dies ergebe sich z.B. aus dem Gutachten des MDK vom 25.01.2010; denn die Gutachterin komme zum Ergebnis, dass er eine soziale Betreuung am Tag und in der Nacht benötige. Selbst die Mitarbeiterin des Antragsgegners, die den Hausbesuch durchgeführt habe, weise in ihrem Aktenvermerk darauf hin, dass er bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens der Anleitung und Beaufsichtigung bedürfe; sie empfehle sogar eine Betreuung in der Nacht. Der zugrunde gelegte Stundensatz von 14,00 EUR sei ohnehin zu gering. Er habe einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für 21,5 Stunden pro Tag zum geltend gemachten Stundensatz von 17,73 EUR. Dem Anspruch stehe auch nicht der Mehrkostenvorbehalt in § 13 Abs. 1 SGB XII entgegen, denn eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung sei nicht zumutbar. Dies folge schon aus dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK). Nach deren Art. 19 seien behinderte Menschen nicht verpflichtet, in besonderen Wohnformen zu leben. Es sei daher fraglich, ob der Mehrkostenvorbehalt in § 13 Abs. 1 SGB XII weiter Bestand haben könne; jedenfalls sei die Vorschrift restriktiv auszulegen. Darüber hinaus sei die Unterbringung in einer stationären Einrichtung auch aus persönlichen Gründen nicht zumutbar. Denn er - der Antragsteller - würde dadurch aus seinem vertrauten familiären Umfeld herausgerissen. Aufgrund seiner Mehrfachbehinderung und seiner erheblichen Verhaltensauffälligkeiten sei er auf die bestehenden stabilen sozialen Kontakte zu seinem Vater, seiner Schwägerin und seinen beiden Brüdern angewiesen, die in dieser Form bei einer stationären Unterbringung nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten. Bei der bloßen Andeutung einer Wohnheimunterbringung habe er bereits damit gedroht, aus dem Fenster zu springen. Abweichend von der Beschwerdeschrift beantrage er jetzt nur mehr die Übernahme von monatlich 6.439,79 EUR. Dies sei der Betrag, den die Krankenversicherung bis Ende 2012 aufgrund der Verpflichtung im einstweiligen Rechtschutz gezahlt habe. Die weiteren Kosten für seine 24-Stunden-Betreuung würden bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorerst von seinem Vater und seinen Brüdern übernommen. Die Frage unverhältnismäßiger Mehrkosten stelle sich damit im einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht mehr.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bei Gericht vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und der Hilfe zur Pflege i.H.v. 6.439,79 EUR pro Monat zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Es bestehe kein Grund, das Gutachten des Dr. L anzuzweifeln. Daher sei weiter von einem Pflegebedarf von sechs Stunden pro Tag auszugehen. Anderes folge weder aus dem Gutachten des MDK noch aus den Empfehlungen der Mitarbeiterin, die den Hausbesuch durchgeführt habe. Der vom Sozialgericht zugrunde gelegte Bruttostundenlohn von 14,00 EUR sei zu hoch; der Antragsteller zahle den angestellten Mitarbeitern nur 12,00 EUR brutto. Da der Vater des Antragstellers nicht mehr berufstätig sei, könne er zeitweise die Betreuung übernehmen, um den Aufwand zu reduzieren. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Vater sich vehement dafür einsetze, dass der Antragsteller weiter zu Hause wohnen könne.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 06.12.2013 21 stationäre Einrichtungen in der näheren Umgebung des Wohnortes des Antragstellers benannt, die für eine Unterbringung in Betracht kämen.
Der Senat hat am 09.12.2013 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt. Im Anschluss daran hat der Antragsgegner eine Stellungnahme des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe eingeholt, nach welcher der Antragsteller bei einer stationären Unterbringung dem Leistungstyp (LT) 10 und der Hilfebedarfsgruppe (HBG) 2 zuzuordnen wäre. Die täglichen Kosten lägen im Durchschnitt in Westfalen bei 101,99 EUR, zuzüglich der Grundpauschale von 17,05 EUR und der Investitionsbeitrag von 7,83 EUR. Wenn der Antragsteller nicht die WfbM besuche, müssten zusätzlich noch die Kosten für tagesstrukturierende Maßnahmen übernommen werden; diese beliefen sich beim LT 23 auf ca. 16,00 EUR und beim LT 24 auf ca. 24,00 EUR täglich. Insgesamt ergeben sich daraus maximal Kosten i.H.v. 150,87 EUR pro Tag und 4.589,46 pro Monat (durchschnittlich 30,42 Tage pro Monat). Hinzu kommt der Barbetrag nach § 27b Abs. 2 SGB XII i.H.v. derzeit 105,57 EUR pro Monat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) des Antragstellers hat teilweise Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) sowie einer Eilrechtsschutz rechtfertigenden Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
Aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) können sich besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (lediglich) i.H.v. 3.087,00 EUR pro Monat sowie einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (dazu unten zu 2.). Nicht glaubhaft gemacht sind die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Übernahme der vom Antragsteller (noch) geltend gemachten monatlichen Kosten i.H.v. 6.439,79 EUR für die selbstbeschafften Pflegekräfte (dazu sogleich zu 1.).
1. Der Antragsteller hat bei der im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes möglichen Prüfungsdichte keinen Anspruch auf Übernahme der von ihm geltend gemachten Kosten i.H.v. 6.439,79 EUR für die selbstbeschafften Pflegekräfte. Denn dem steht der Mehrkostenvorbehalt nach § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII entgegen.
a) Prüfungsgegenstand sind sowohl Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel als auch solche der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII. Der Antragsteller macht beiderlei Ansprüche geltend. Es kommen auch beide Leistungen in Betracht; denn der Antragsteller erfüllt die jeweiligen Voraussetzungen für den Leistungsbezug.
aa) Nach § 53 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach Abs. 3 der Vorschrift ist es besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.
Der Antragsteller erfüllt diese Voraussetzungen der Eingliederungshilfe. Denn es besteht eine wesentliche Behinderung in Form eines Anfallsleidens sowie einer geistigen Behinderung, aufgrund derer er wesentlich in seiner Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
bb) Nach § 65 Abs. 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5 bedürfen.
Der Antragsteller erfüllt auch diese Voraussetzungen. Seine Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 65 Abs. 1 SGB XII ergibt sich aus dem Gutachten des MDK vom 21.03.2011. Danach besteht im Bereich der Grundpflege ein täglicher Hilfebedarf von 146 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II sind nach dem MDK-Gutachten deshalb (weiterhin) erfüllt. Die Entscheidung der Pflegekasse über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit ist nach § 62 SGB XII für den Antragsgegner bindend.
b) Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, wie die Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege voneinander abzugrenzen sind. Denn der Antragsgegner ist für die Erbringung beider Leistungen (zumindest vorläufig) zuständig.
aa) Hinsichtlich der Hilfe zur Pflege folgt dies daraus, dass der Antragsgegner als Kreis nach § 1 Abs. 1 des Landesausführungsgesetzes zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW) örtlicher Träger der Sozialhilfe ist. Dieser ist nach § 97 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich sachlich zuständig, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. Die überörtlichen Träger sind nach § 2 Nr. 1 der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen (AV-SGB XII NRW) nur zuständig, wenn es aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist, die Hilfe in einer teilstationären oder stationären Einrichtung zu gewähren. Der Antragsteller begehrt aber gerade ambulante Leistungen in seiner häuslichen Umgebung.
bb) Hinsichtlich der Eingliederungshilfe folgt die Zuständigkeit des Antragsgegners aus § 14 SGB IX. Die Vorschrift sieht im Grundsatz lediglich zwei Zuständigkeiten vor, die des erstangegangenen oder diejenige des im Wege der Weiterleitung zweitangegangenen Rehabilitationsträgers. Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX unverzüglich dem seiner Auffassung nach zuständigen Rehabilitationsträger zu. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Im Falle der Nichtweiterleitung des Antrags ist danach der erstangegangene Rehabilitationsträger zuständig.
Der Antragsteller hat den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Betreuung und Pflege ursprünglich am 29.06.2009 beim Antragsgegner gestellt. Dieser hat den Antrag nicht weitergeleitet. Zumindest im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes ist deshalb davon auszugehen, dass der Antragsgegner nach § 14 SGB IX im Verhältnis zum Antragsteller zuständig geworden ist. Sofern im Erörterungstermin des Sozialgerichts vom 22.02.2012, der in den Verfahren S 48 KR 1323/10 sowie S 62 SO 174/11 (unter Anwesenheit beider Kammervorsitzenden) gemeinsam durchgeführt wurde, der Vorsitzende für das (hiesige Hauptsache-) Verfahren S 62 SO 174/11 Zweifel an der Einschlägigkeit des § 14 SGB IX geäußert hat, weil der Antrag des Antragstellers durch die (hiesige) Antragsgegnerin als Antrag (allein) auf Hilfe zur Pflege ausgelegt worden sei, so mag diesen Zweifeln im Hauptsacheverfahren näher nachgegangen werden. Jedenfalls bei summarischer Prüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens teilt der Senat diese Zweifel nicht. Denn die Antragsgegnerin hätte den Hilfeantrag des Antragstellers - im Sinne einer Meistbegünstigung - als Antrag auslegen müssen, der sämtliche in Betracht kommenden Hilfearten umfasst, und damit auch die der Eingliederungshilfe.
c) Der Senat kann den Sachverhalt im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht vollständig aufklären. Er geht jedoch einstweilen aufgrund der ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen davon aus, dass der Antragsteller auf eine Pflege und Betreuung an 24 Stunden am Tag angewiesen ist.
Der Grund dafür liegt zum einen in dem Anfallsleiden, das eine ständige Überwachung notwendig macht, selbst wenn die Voraussetzungen der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V nicht erfüllt sein sollten. Nach dem Bericht der neurologischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses V vom Dezember 2009 benötigt der Antragsteller eine Aufsicht in Form einer Bereitschaft, um bei einem Anfall erforderlichenfalls die notwendigen Pflegeleistungen vorzunehmen. Dies gelte vor allem in der Nacht; vereinzelt würden aber auch am Tag Anfälle auftreten. Zum anderen ergibt sich die Notwendigkeit einer ständigen Betreuung durch die geistige Behinderung des Antragstellers. Dazu heißt es in dem Bericht der Klinik, aufgrund der deutlichen Intelligenzminderung sei auch tagsüber zur Sicherheit des Antragstellers eine Aufsicht erforderlich. Dies wird bestätigt durch das Gutachten des MDK vom 25.01.2010, nach dem eine soziale Betreuung Tag und Nacht erforderlich ist. Zudem ist auch der Antragsgegner nach seinem Hausbesuch am 29.08.2012 zu dem Ergebnis gelangt, der Antragsteller benötige bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens Anleitung und Beaufsichtigung, und eine eigenständige Lebensführung sei ihm nicht möglich.
Geht der Senat angesichts dieser medizinischen Unterlagen zum jetzigen Zeitpunkt von der Notwendigkeit einer Pflege und Betreuung des Antragstellers rund-um-die-Uhr aus, so steht dem auch das Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L vom 15.05.2012 nicht entgegen. Denn der dort angenommene Zeitaufwand von sechs bis acht Stunden (der im Übrigen nicht weiter substantiiert wird) bezieht sich einzig auf Pflegeleistungen, nicht jedoch auf sonstige Betreuungsnotwendigkeiten, die der Sachverständige gleichwohl unter Hinweis auf eine zwingend notwendige soziale Beaufsichtigung bei Verhaltensstörung und ungesteuertem Verhalten durchaus erkannt hat. Das Sozialgericht hätte das Ergebnis des Sachverständigengutachtens deshalb seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen, weil es notwendige Betreuungszeiten von vornherein nicht beim Leistungsbedarf berücksichtigt hat (und für die allein krankenversicherungsrechtliche Beurteilung auch nicht berücksichtigen musste).
d) Ausgehend davon, dass der Antragsteller aufgrund seiner Behinderung auf eine Pflege und Betreuung an 24 Stunden am Tag angewiesen ist, ergeben sich monatliche Kosten von 11.600,00 EUR, die der Antragsteller ursprünglich auch geltend gemacht hat. Den vom Antragsteller angesetzten Bruttolohn von 11,79 EUR sieht der Senat als angemessen an, da es sich dabei um den Stundenlohn nach dem TVÖD-K EG 4 Stufe 2 handelt. Dies entspricht dem früheren BAT KR1, dem niedersten Tariflohn für ungelernte Pflegekräfte im Krankenhaus (Quelle: www.forsea.de). Bei einem Bruttolohn von 11,79 EUR pro Stunde, 21,5 Stunden pro Tag und durchschnittlich 365,25 Tagen im Jahr errechnen sich Bruttolohnkosten i.H.v. 92.585,40 EUR. Hinzu kommen die Aufwendungen für Urlaubs- und Weihnachtsgeld, für Fehlzeiten, für Arbeitgeberanteile und für sonstige Nebenkosten (z.B. Steuerberater); insgesamt ergaben sich mithin Kosten i.H.v. 139.221,22 EUR pro Jahr. Dies entspricht einem Betrag i.H.v. ca. 11.600,00 EUR pro Monat.
e) Einer Übernahme der Kosten i.H.v. 11.600,00 EUR pro Monat steht jedoch der Mehrkostenvorbehalt des § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII entgegen. Nach dieser Vorschrift gilt der Vorrang der ambulanten Leistung nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist.
aa) Der Senat geht bei summarischer Prüfung anhand der hierzu bisher vorliegenden Unterlagen einstweilen davon aus, dass sich die Kosten für eine stationäre Unterbringung auf etwa 4.700,00 EUR belaufen würden (ca. 4.590,00 EUR Einrichtungskosten zuzüglich 105,57 EUR für den Barbetrag nach § 27b Abs. 2 SGB XII). Dabei handelt es sich um den Betrag, der nach den Angaben des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe durchschnittlich für eine stationäre Unterbringung in der HBG 2 einschließlich des Barbetrages anfallen würde. Zwar wendet der Antragsteller dagegen ein, dass einige Einrichtungen einen deutlich höheren Tagessatz berechneten. Da allerdings im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht feststellbar ist, welche konkreten Einrichtungen für den Antragsteller geeignet sind, erscheint es dem Senat für die Zwecke des vorliegenden Eilverfahrens einzig angemessen, sich an den durchschnittlichen Einrichtungskosten in Westfalen zu orientieren.
bb) Ausgehend davon betragen die Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung des Antragstellers mehr als das Doppelte von dem, was bei einer funktional entsprechenden Leistungserbringung in einer Einrichtung anfiele. Mehrkosten in einem solchen Verhältnis sind jedoch evident unverhältnismäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegen bereits Mehrkosten von 75% erheblich über der Angemessenheitsgrenze (vgl. Urteil vom 11.02.1982 - 5 C 85/80). Zwar wird in der Literatur teilweise angenommen, dass ambulante Kosten im Bereich der Hilfe zur Pflege erst dann unverhältnismäßig seien, wenn sie doppelt so hoch lägen wie Heimkosten (vgl. Krahmer in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 13 Rn. 11; Piepenstock in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 13, Rn. 38; Jürgens, NDV 1996, 393, 398 f.). Auch diese höhere Grenze wird im vorliegenden Fall jedoch überschritten.
cc) Auch das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs. 2 SGB XII begründet in der Regel keinen Anspruch auf Übernahme unverhältnismäßig hoher Kosten (vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 17.05.2010 - L 20 B 168/08 SO ER; zu etwaigen Ausnahmen vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2012 - L 12 B 19/09 SO ER). Dass im vorliegenden Fall hiervon eine Ausnahme zu machen wäre, etwa weil eine einrichtungsmäßige Hilfeleistung für den Antragsteller (z.B. mangels geeigneter Einrichtungen) unzumutbar wäre, kann der Senat beim gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht feststellen (siehe zur Zumutbarkeit einer stationären Leistung auch noch sogleich unter ee).
dd) Schließlich entfällt die Unverhältnismäßigkeit der Mehrkosten auch nicht etwa dadurch, dass der Antragsteller sein Begehren im Laufe des Beschwerdeverfahrens auf monatliche Leistungen von 6.439,79 EUR beschränkt hat. Denn er selbst geht gleichwohl nicht davon aus, dass sich sein Bedarf mit diesem Betrag decken lässt; die weiteren Kosten, die durch die tatsächlich notwendige 24-Stunden-Versorgung entstünden, würden vielmehr bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren durch seinen Vater und seine Brüder übernommen. Betragen damit die notwendigen Kosten aus Sicht des Antragstellers nach wie vor ca. 11.600,00 EUR, so ist dieser Betrag auch bei der Beurteilung der Frage zugrunde zu legen, ob unverhältnismäßige Mehrkosten entstehen. Denn eine Verweisbarkeit des Antragstellers auf eine Pflege und Betreuung in einer Einrichtung dürfte (was im Hauptsacheverfahren ggf. noch näher zu prüfen sein wird) bei unverhältnismäßigen Mehrkosten einer Hilfegewährung für die im häuslich-familiären Rahmen geleistete Pflege und Betreuung generell entgegenstehen.
ee) Für den Antragsteller wäre nach Auffassung des Senats bei summarischer Prüfung eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung auch durchaus zumutbar; eine nähere Prüfung ist auch insofern allein im Hauptsacheverfahren möglich.
Bei der Entscheidung über die Zumutbarkeit sind nach § 13 Abs. 1 Satz 5 SGB XII die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Der Antragsteller begründet eine Unzumutbarkeit damit, ein Umzug in ein Heim würde ihn aus seinem vertrauten familiären Umfeld herausreißen. Ist bei stationären Unterbringungen ein Verlassen des bisherigen Umfeldes zwangsläufig, so kann es für sich genommen keine Unzumutbarkeit begründen; vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die den Umzug in die stationäre Einrichtung auch aus Sicht eines objektiven Betrachters unzumutbar erscheinen lassen. So wird es etwa als für einen jungen behinderten Menschen nicht zumutbar angesehen, in einem Altenpflegeheim untergebracht zu werden; denn dort würde er sozial isoliert sein (vgl. Piepenstock, a.a.O. Rn. 27; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 13 Rn. 19). Eine Unzumutbarkeit kann auch daraus folgen, dass keine geeignete Einrichtung zur Verfügung steht, die den speziellen behinderungsbedingten Anforderungen des Betreffenden gerecht werden könnte (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.01.2010 - L 8 SO 233/07; LSG Sachsen, Beschluss vom 28.08.2008 - L 3 B 613/07 SO-ER).
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsgegner dem Antragsteller 21 stationäre Einrichtungen in seiner näheren Umgebung benannt, die für eine Unterbringung in Betracht kämen. Ob sich darunter eine für den Antragsteller geeignete Einrichtung befindet, will der Antragsteller jedoch von vornherein nicht näher prüfen; denn sein Betreuer (und Vater) weigert sich, einen Umzug in ein Heim auch nur in Betracht zu ziehen. In Anbetracht dessen sowie der Vielzahl der benannten Einrichtungen geht der Senat jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes davon aus, dass es in der näheren Umgebung des Wohnortes durchaus eine geeignete Einrichtung gäbe. Er teilt vor diesem Hintergrund auch nicht die Befürchtung des Antragstellers, dass die sozialen Kontakte zu seinem Vater, seiner Schwägerin und seinen beiden Brüdern bei einer stationären Unterbringung nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten; denn bei einer in der Nähe gelegenen Einrichtung könnten regelmäßige Besuche stattfinden. Alles Weitere - insbesondere das Bestehen einer "Umzugsfähigkeit" des bisher langjährig in der Familie betreuten Antragstellers - kann allein im Hauptsacheverfahren geklärt werden; einstweilen erscheint eine fehlende Umzugsfähigkeit jedenfalls nicht wahrscheinlich, zumal persönliche Härten in jedem Fall einer Heimaufnahme zu besorgen sind, gleichwohl angesichts in der Gesellschaft häufig bestehender Notwendigkeiten von Einrichtungsbetreuung eine allgemeine Erscheinung sind und deshalb sozialadäquat erscheinen.
f) Eine stationäre Unterbringung wäre im Übrigen nach der vorläufigen Beurteilung des Senats im vorliegenden Eilverfahren auch nicht nach der UN-BRK ausgeschlossen; der Senat muss diese Frage allerdings im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beurteilen, da er letztlich auf der Grundlage einer Folgenabwägung entscheidet (dazu unten zu 2.). Die endgültige Klärung dieser Frage muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Nach Art. 19 UN-BRK anerkennen die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass (lit. a) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben.
aa) Art. 19 UN-BRK begründet indes bei summarischer Prüfung kein Recht auf eine ambulante Pflege und Betreuung in der eigenen Wohnung, welches unabhängig von den dadurch entstehenden Kosten zu gewährleisten wäre (a.A. wohl Masuch, Die UN-Behindertenrechtskonvention anwenden!, in: Festschrift für Renate Jaeger, 2011, 245 ff., 260; auch SG Düsseldorf, Beschluss vom 07.10.2013 - S 22 SO 319/13 ER).
Das Vertragsgesetz zur UN-BRK ist gemäß dessen Art. 2 Abs. 1 am 01.01.2009 in Kraft getreten. Es erteilt innerstaatlich den Befehl zur Anwendung der UN-BRK und setzt diese in nationales Recht um. Völkerrechtliche Verbindlichkeit kommt der UN-BRK für Deutschland gemäß Art. 45 Abs 2 UN-BRK ab dem 26.03.2009 zu (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Vertragsgesetz zur UN-BRK i.V.m. der Bekanntmachung über das Inkrafttreten der UN-BRK vom 05.06.2009, BGBl. II, 812). Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 111, 307, 317; 82, 106, 114; 74, 358, 370). Diese Rangzuweisung führt in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dazu, dass deutsche Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (vgl. BVerfGE 111, 307, 317).
Subjektive Ansprüche für behinderte Menschen vermittelt die UN-BRK indes nur, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist. Die unmittelbare Anwendbarkeit völkervertragsrechtlicher Bestimmungen setzt voraus, dass die Bestimmung alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um Einzelne berechtigen oder verpflichten zu können (vgl. BVerfGE 29, 348, 360). Dafür muss ihre Auslegung ergeben, dass sie geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, ohne dass es einer weiteren normativen Ausfüllung bedarf (vgl. BVerfGE 29, 348, 360; BSG, Urteil vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 R). Ist eine Regelung - objektiv-rechtlich - unmittelbar anwendbar, muss sie zusätzlich auch ein subjektives Recht des Einzelnen vermitteln (Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 5. Aufl. 2010, S 141, 159; Grzeszick, AVR 43, 2005, 312, 318). Gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23.05.1969 (BGBl. II 1985, 926 und BGBl. II 1987, 757) erfolgt die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 R).
Bei summarischer Prüfung ergibt die Auslegung des Art. 19 UN-BRK jedoch, dass diese Vorschrift nicht unmittelbar anwendbar ist (a.A. Masuch, a.a.O., der - allerdings ohne weitere Begründung - meint, Art. 19 UN-BRK verschaffe "dem betroffenen behinderten Menschen ein unmittelbar anwendbares, subjektiv-öffentliches Recht". Denn die Regelung sei "hinreichend bestimmt und bedarf keiner zusätzlichen legislativen Umsetzung mehr". Zudem seien "außer der Nichtanwendung der Mehrkostenregelung" weitere Maßnahmen zur progressiven Realisierung der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte i.S.v. Art. 4 Abs. 2 UN-BRK nicht geboten). Für die Lesart des Senats spricht zunächst der Wortlaut des Artikels. Denn danach treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Dies deutet darauf hin, dass das Übereinkommen an dieser Stelle gerade keine subjektiven Rechte schaffen will, sondern die nähere Umsetzung des in Art. 19 eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben soll. Für diese Lesart spricht zudem ein systematisches Argument. Denn die UN-BRK verwendet den Begriff "Anspruch" dann, wenn subjektive Rechte der behinderten Menschen begründet werden sollen (z.B. in Art. 22 Abs. 1: "Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen", oder in Art. 30 Abs. 4: "Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität"; vgl. dazu BSG, Urteil vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 R Rn. 25). Die Formulierung eines solchen "Anspruchs" findet sich in Art. 19 UN-BRK jedoch gerade nicht.
Begründet nach dieser Lesart aber Art. 19 UN-BRK kein subjektives Recht des Antragstellers, so lässt sich dem Konventionsartikel auch nicht entnehmen, dass dem Antragsteller schon mit Rücksicht auf die UN-BRK eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung nicht zuzumuten sei und es demzufolge auf einen Kostenvergleich nach § 13 Abs. 1 SGB XII gar nicht ankomme.
2. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller einstweilen Leistungen zur Sicherung seiner Pflege und Betreuung in seinem bisherigen Umfeld im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Verfügung zu stellen.
a) Der Senat entscheidet insoweit im Rahmen einer Folgenabwägung.
Denn es lässt sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes jenseits bloßer Plausibilät weder abschließend klären, in welchem Umfang der Antragsteller tatsächlich Pflege und Betreuung benötigt, noch, ob deren bisherige Bewältigung im häuslich-familiären Umfeld notwendig ist und ob eine Pflege und Betreuung in einer Einrichtung möglich, geeignet und zumutbar wäre. Auch die mit der einen wie der anderen Betreuungsform notwendig verbundenen Kosten bedürfen noch näherer Klärung, die im Rahmen des vorläufigen Verfahrens nicht erbracht werden kann. Schließlich bedarf auch die rechtliche Beurteilung - insbesondere hinsichtlich Art. 19 UN-BRK sowie § 13 Abs. 1 SGB XII - noch ausführlicherer, ggf. sogar höchstrichterlicher Befassung. Auch wenn sich im Hauptsacheverfahren ggf. herausstellen sollte, dass dem Antragsteller unter dem Gesichtspunkt unverhältnismäßiger Mehrkosten allein Leistungen für Pflege und Betreuung in einer Einrichtung zustehen, und wenn deshalb (was ebenfalls ggf. noch zu klären wäre) Leistungen für eine Umsorgung im privaten Umfeld gänzlich (also nicht nur hinsichtlich des Teiles, der die Kosten einer Einrichtung überschreitet) ausgeschlossen sein sollten, so kann dem Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache gleichwohl kein gänzlich hilfefreies Zuwarten abverlangt werden.
Denn es ist jedenfalls unmittelbar ersichtlich, dass der Antragsteller erheblicher Pflege und Betreuung bedarf. Diese Pflege und Betreuung wird im privaten Umfeld ausweislich der bisherigen Erkenntnisse in einer Art und Weise gewährleistet, die seinen Bedürfnissen entgegenkommt. Zugleich ist jedenfalls ersichtlich, dass eine allein familiäre Umsorgung vor allem durch seinen im gleichen Haushalt lebenden Vater den Pflege- und Betreuungsbedarf nicht auffangen kann. Die negativen Folgen einer gänzlich ablehnenden Entscheidung im Eilverfahren und eines späteren Obsiegens im Hauptsacheverfahren überwiegen deshalb bei weitem die negativen Folgen für den Antragsgegner, sollte der Antragsteller im Hauptsacheverfahren (zumindest zu einem erheblichen Teil) unterliegen. Denn der Antragsteller wäre ohne jegliche Sozialhilfe genötigt, trotz jahrelangen Aufenthalts im familiären Umfeld in eine stationäre Einrichtung zu wechseln, obwohl sich der notwendigste Bedarf einstweilen mit dem vom Senat zugesprochenen Betrag einstweilen auffangen lässt (dazu sogleich zu b).
b) Zur Höhe der einstweiligen Verpflichtung des Antragsgegners orientiert sich der Senat an der eigenen Einschätzung des Antragstellers zur Höhe der einstweilen bis zur endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren S 62 SO 174/11 zu leistenden Hilfe.
Denn mit dem im Hauptsacheverfahren vom Antragsteller vorgelegten Schriftsatz vom 28.06.2013 hat er (als Erwiderung zum Anerbieten des Antragsgegners, zunächst monatliche Leistungen von 1.825,00 EUR zu erbringen) ausgeführt, zur Linderung seiner aktuellen Notlage sei es erforderlich, dass der Antragsgegner vorläufig die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegekraft i.H.v. 3.087,00 EUR (brutto) übernehme, auch wenn damit die Gesamtkosten längst nicht gedeckt seien. Dieser Vorschlag des Antragstellers erfolgte seinerzeit ausdrücklich zur Vermeidung eines (jetzt vorliegend anhängigen) Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Geht der Antragsteller damit selbst von einer Möglichkeit aus, seine Pflege und Betreuung mit vorläufigen Leistungen in Höhe von 3.087,00 EUR nicht zu gefährden, so erscheint es dem Senat sachgerecht, dieser Einschätzung beizutreten; denn dieser vom Antragsteller selbst benannte Betrag erscheint angesichts der vorgetragenen und durch Vorlage von Arbeitsverträgen plausibilisierten Aufwendungen für Betreuungspersonal zugleich nicht überzogen.
c) Das Sozialgericht wird im Hauptsacheverfahren u.a. durch Ermittlungen zu verifizieren haben, ob der Antragsteller aufgrund seiner Behinderung auf Pflege und Betreuung rund um die Uhr angewiesen ist. Sollte das nicht der Fall sein, werden der Pflege- und Betreuungsbedarf nachvollziehbar anders zu bemessen und die dann bei einer Betreuung im bisherigen familiären Umfeld verbundenen Kosten zu ermitteln sein; dies gilt sowohl hinsichtlich deren Notwendigkeit als auch ggf. hinsichtlich einer Verifizierung des Anfallens der vom Antragsteller selbst vorgetragenen Kosten. Die vorgetragene Barzahlung für die angestellten Pflegekräfte erscheint jedenfalls ungewöhnlich. Der Antragsteller hat auch noch nicht die mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 12.11.2013 angeforderten elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen vorgelegt und sich insoweit auch nicht weiter geäußert. Endgültig zu klären wird ferner sein, ob eine stationäre Betreuung und Pflege des Antragstellers, die ihn aus seiner bisherigen, jahrelangen familiären Betreuungssituation herausnähme, möglich und zumutbar erscheint, ob es ggf. eine oder mehrere geeignete Einrichtungen gibt, und welche Kosten bei einer dortigen Unterbringung entstehen würden. Ggf. ist dann auch endgültig zu befinden, ob eine Verweisung des Antragstellers auf eine geeignete Einrichtung wegen Art. 19 UN-BRK dennoch unterbleiben muss. Sollte Letzteres - wie hier im Rahmen der vorläufigen Prüfung angenommen - nicht der Fall sein, wird das Sozialgericht auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse schließlich den Kostenvergleich des § 13 Abs. 1 SGB XII vorzunehmen und zu entscheiden haben, ob etwaige Mehrkosten bei der privaten Betreuung im häuslichen Umfeld die Kosten einer Einrichtungsunterbringung unverhältnismäßig erscheinen.
3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Insbesondere hat er nachvollziehbar auf erhebliche Kosten für private Betreuungskräfte hingewiesen. Diese lassen sich, da der Antragsteller selbst grundsicherungsbedürftig ist, aus Eigenmitteln nicht decken. Seiner Familie ist über einen längeren Zeitraum zudem nicht zuzumuten, ohne Unterstützung durch Sozialhilfe diese erheblichen Kosten (weiterhin) bis zur Entscheidung in der (bereits seit 2011 anhängigen) Hauptsache zu tragen.
4. Der Senat beschränkt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners auf das Ende des Monats der gerichtlichen Entscheidung. Er geht jedoch davon aus, dass der Antragsgegner bei unveränderter Sach- und Rechtslage weiterhin vorläufige Leistungen erbringen wird. Anderenfalls stünde es dem Antragsteller frei, erneut um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachzusuchen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens; der Antragsgegner hat die Zahlung eines Betrages von 1.825,00 EUR angeboten, der Antragsteller hat ursprünglich monatliche Leistungen von 11.600,00 EUR begehrt. Bei dem Differenzbetrag von 9.775,00 EUR erscheint eine Kostenquote zu Lasten des Antragsgegners für das erstinstanzliche Verfahren zu einem Drittel als angemessen. Zweitinstanzlich hat der Antragsgegner hingegen nur ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen, da seine Verpflichtung durch den Senat die Verpflichtung durch das Sozialgericht nur um knapp 500,00 EUR übersteigt und der Antragsgegner seinerseits die Entscheidung des Sozialgerichts nicht angefochten hat.
6. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Übernahme der Kosten für selbst beschaffte Pflege- und Betreuungskräfte als Leistung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII).
Bei dem im Jahre 1973 geborenen Antragsteller bestehen nach einer im Alter von drei Jahren erlittenen Masern-Menigoencephalitis ein Anfallsleiden und eine geistige Behinderung. Die Anfälle treten in Ruhephasen und daher überwiegend in der Nacht auf. Darüber hinaus weist der Antragsteller Verhaltensauffälligkeiten auf. Er ist Inhaber eines Schwerbehindertenausweises (GdB 100 und Merkzeichen G, H und RF) und bezieht Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II. Nach einem Gutachten des MDK vom 21.03.2011 ist seine Alltagskompetenz in erhöhtem Maße eingeschränkt. Im Bereich der Grundpflege bestehe ein täglicher Hilfebedarf von 146 Minuten sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten. Damit seien die Voraussetzungen der Pflegestufe II (weiterhin) erfüllt.
Der Antragsteller kann weder lesen noch schreiben; er kann sich auch in vertrauter Umgebung nur schwer orientieren. Er kann in ganzen Sätzen sprechen. Nach dem Besuch einer Förderschule arbeitete er von Februar 1995 bis Oktober 2010 in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM); aus dieser wurde er wegen fehlender Werkstattfähigkeit entlassen. Er lebte im Haushalt seiner Eltern, bis seine Mutter im Mai 2009 verstorben ist. Seitdem wohnt er gemeinsam mit seinem Vater, der zugleich auch sein rechtlicher Betreuer ist.
Zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bezieht er von der Stadt C Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII. Zuletzt wurden ihm mit Bescheid vom 28.07.2013 Leistungen für den Zeitraum August 2013 bis Juli 2014 i.H.v. 1.046,96 EUR bewilligt. Davon werden 897,33 EUR an ihn selbst ausgezahlt; bei dem Rest handelt es sich um den Beitrag für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung.
Nach dem Tod seiner Mutter beantragte der Antragsteller am 29.06.2009 beim Antragsgegner die Übernahme von Kosten für die Betreuung und Pflege während der Nacht. Der Antragsgegner lehnte den Antrag mit Bescheid vom 27.07.2009 ab. Der Antragsteller beziehe ein Pflegegeld nach der Pflegestufe II von der Pflegeversicherung. Dieses werde auf die Leistungen nach dem SGB XII angerechnet, so dass sich kein weitergehender Anspruch ergebe. Der Antragsteller legte gegen den Bescheid Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2011 zurückgewiesen wurde. Der Antragsteller erhob dagegen eine Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 62 SO 174/11); dieses Hauptsacheverfahren ist noch erstinstanzlich anhängig.
Parallel zur Antragstellung bei dem Antragsgegner beantragte der Antragsteller die Übernahme der Kosten für die Pflege und Betreuung im Oktober 2009 bei seiner gesetzlichen Krankenversicherung. Diese beauftragte den MDK mit der Feststellung des Bedarfs. Dieser kam in einem Gutachten vom 05.11.2009 zu dem Ergebnis, dass für die Schlafzeit eine häusliche Krankenpflege erforderlich sei, da es sich um schlafgebundene Anfälle handele und bei Auftreten eines Anfalles eine sofortige Intervention erforderlich sei. Die Krankenversicherung bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 19.11.2009 häusliche Krankenpflege im Umfang von 70 Stunden pro Woche, allerdings begrenzt für acht Wochen, um dann erneut den Bedarf feststellen zu können. In einer zweiten Stellungnahme nach Aktenlage vom 25.01.2010 gelange der MDK dann zu dem Ergebnis, dass die medizinischen Voraussetzungen für die häusliche Krankenpflege nicht vorlägen. Die Anfälle seien selbstlimitierend, ein status epilepticus (d.h. eine gruppenartige Häufung epileptischer Anfälle mit so kurzem Intervall, dass der Ausgangszustand bezogen auf Bewusstseinslage und andere Körperfunktionen zwischen den Anfällen nicht wieder erreicht wird) sei nicht aufgetreten, und es bestünden auch weitere Therapieoptionen. Anders als der Vater zuvor angegeben habe, würden die Anfälle beim Antragsteller nicht fünf Minuten, sondern wesentlich kürzer anhalten; eine Gabe von Diazepam (d.h. eine Akutmedikation zur Behandlung schwerer Anfälle) sei nicht dokumentiert. Es sei zwar eine soziale Betreuung Tag und Nacht erforderlich, aber eben keine medizinische. Die Krankenversicherung lehnte daraufhin die Weitergewährung der häuslichen Krankenpflege mit Bescheid vom 23.03.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2010 ab. Der Antragsteller erhob auch dagegen Klage vor dem Sozialgericht Dortmund (S 48 KR 1323/10).
Im Dezember 2009 ließ sich der Antragsteller in der neurologischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses V untersuchen. Das Vorliegen des Anfallsleidens wurde bestätigt, die Anfallssituation sei seit vielen Jahren unter der aktuellen Medikation stabil. Der Antragsteller benötige eine nächtliche Aufsicht in Form einer Bereitschaft, um erforderlichenfalls die notwendigen Pflegeleistungen vorzunehmen. Aufgrund der deutlichen Intelligenzminderung und der auch vereinzelt am Tag auftretenden Anfälle sei zu seiner Sicherheit auch tagsüber eine Aufsicht erforderlich.
Der Antragsteller beantragte am 17.02.2011 bei dem Sozialgericht Dortmund (S 48 KR 165/11 ER) den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Krankenversicherung. Das Sozialgericht verpflichtete die Krankenversicherung mit Beschluss vom 17.06.2011 vorläufig, die Kosten für selbstbeschaffte Pflegekräfte zur häuslichen Krankenpflege für zwölf Stunden täglich i.H.v. 6.439,79 EUR monatlich bis zum 31.12.2011 zu erstatten. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege glaubhaft gemacht. Im Hauptsacheverfahren müsse geklärt werden, ob und ggf. wie oft ein status epilepticus auftrete. Es sei jedenfalls nötig gewesen, den Antragsteller bei Auftreten eines Anfalls zu lagern, um Verletzungen zu vermeiden, und ihm Diazepam zu injizieren. Der Anspruch sei allerdings auf zwölf Stunden am Tag begrenzt, da der Vater die Pflege und Betreuung für acht Stunden am Tag übernehmen könne und es im Übrigen nicht Aufgabe der häuslichen Krankenpflege sei, die soziale Betreuung und hauswirtschaftliche Versorgung sicherzustellen. Bei durchschnittlich 30,42 Tagen pro Monat, einem Anspruch von 12 Stunden pro Tag und einem angemessenen Stundensatz von 17,64 EUR entstünden monatliche Kosten i.H.v. 6.439,79 EUR, die dem Antragsteller vorläufig zuzusprechen seien.
Im Hauptsacheverfahren gegen die Krankenversicherung wurde ein Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L vom 15.05.2012 eingeholt. Der Sachverständige kommt darin zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Gewährung der häuslichen Krankenpflege bei dem Antragsteller nicht vorlägen. Es sei nicht davon auszugehen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit eine sofortige pflegerische oder ärztliche Intervention bei einer lebensbedrohlichen Situation täglich erforderlich sei. Die genauen Zeitpunkte oder das genaue Ausmaß der Anfälle seien naturgemäß nicht im Vorhinein bestimmbar. Es handele sich allerdings um eine jahrelang bestehende, eigentlich stabile epileptische Situation mit bisher pharmakoresistenter Epilepsie und eher kürzeren, selbstlimitierenden Anfällen. Es stehe daher nicht die medizinische, sondern die pflegerische und soziale Versorgung im Vordergrund. Der Pflegebedarf für Grundversorgung, Supervision von Mahlzeiten und Körperpflege betrage sechs bis acht Stunden täglich. Das Sozialgericht Dortmund wies daraufhin die Klage gegen die Krankenversicherung mit Urteil vom 19.12.2012 ab. Die dagegen vom Antragsteller einlegte Berufung ist noch bei dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen anhängig ist (L 16 KR 521/13). Die Krankenversicherung stellte die vorläufige Leistungsgewährung nach dem klageabweisenden Urteil des Sozialgerichts zum 31.12.2012 ein.
Der Antragsgegner führte am 29.08.2012 einen Hausbesuch beim Antragsteller durch. Dieser wohne in einem Haushalt mit seinem Vater. Seit knapp zwei Jahren lebe auch eine polnische Hilfskraft dort, die sich um alle hauswirtschaftlichen Belange kümmere. In einer weiteren Wohnung lebe eine Angestellte des Geschäfts des Vaters, die sich auch um den Antragsteller kümmere. Außerdem unterstütze die Schwägerin des Antragstellers den gemeinsamen Haushalt. Aufgrund eines Vorfalls könne der Antragsteller nicht mehr die WfbM besuchen, so dass er sich jetzt den ganzen Tag zuhause aufhalte. Er benötige bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens Anleitung und Beaufsichtigung. Eine eigenständige Lebensführung sei nicht möglich. Der Antragsteller sei in seinem Umfeld liebevoll aufgehoben. Der Betreuungsbedarf werde nicht bestritten.
Das Sozialgericht Dortmund regte mit Verfügung vom 10.06.2013 im Hauptsacheverfahren gegen die Antragsgegnerin (S 62 SO 174/11) einen Teilvergleich hinsichtlich der Pflegeleistungen an. Der Beklagte bot daraufhin mit Schreiben vom 27.06.2013 eine vorläufige monatliche Zahlung von 1.825,00 EUR an. Diesen Betrag berechnete er auf der Grundlage des Gutachtens Dr. L, der von einem Pflegebedarf von sechs bis acht Stunden pro Tag ausgehe. Lege man vorläufig sechs Stunden pro Tag zugrunde, so ergebe sich bei durchschnittlich 30,42 Tagen im Monat und einem Stundenlohn von 10,00 EUR ein Betrag von 1.825,20 EUR; dieser könne ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vorläufig gezahlt werden. Der Antragsteller lehnte das Angebot mit Schriftsatz vom 28.06.2013 ab. Der angebotene Betrag reiche nicht aus, um seinen Bedarf zu decken. Um die aktuelle Notlage zu lindern sei es erforderlich, dass der Antragsgegner vorläufig die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegekraft i.H.v. 3.087,00 EUR pro Monat übernehme. Der Antragsgegner lehnte die Zahlung eines solchen Betrages mit Schreiben vom 04.07.2013 ab.
Der Antragsteller hat am 10.07.2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit dem er die Übernahme der Kosten für selbstbeschaffte Pflegekräfte im Umfang von 21,5 Stunden pro Monat begehrt. Er habe aufgrund seiner Behinderung Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, darüber hinaus auf Hilfe zur Pflege. Er könne nicht auf die Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen verwiesen werden, da er selbst Pflegekräfte beschäftige. Der Pflege- und Betreuungsbedarf bestehe an 24 Stunden pro Tag. Denn er müsse wegen seines Anfallsleidens und der geistigen Behinderung ständig überwacht werden. Darüber hinaus sei er weder in der Lage, seinen Tag selbständig und sinnvoll zu strukturieren, noch eigenständig an Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Hierfür benötige er umfassende Assistenz. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII bestehe im Umfang von 21,5 Stunden am Tag, da 2,5 Stunden durch die Leistungen der Pflegeversicherung abgedeckt würden. Auf der Grundlage eines Bruttolohns von 11,79 EUR errechne sich unter Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitszeiten und aller weiteren Kosten ein Stundensatz von 17,73 EUR. Bei einem Betreuungsbedarf von 21,5 Stunden am Tag und durchschnittlich 30,43 Tage pro Monat ergäben sich daraus monatliche Kosten i.H.v. ca. 11.600,00 EUR; diese würden mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend gemacht. Eine vorläufige Kostentragung durch seinen Vater sei nicht mehr möglich; dieser habe für die notwendige Pflege und Betreuung in der Vergangenheit bereits einen Kredit aufgenommen und könne eine weitere Finanzierung nicht leisten.
Der Betreuer und Vater des Antragstellers hat mit den Pflegekräften geschlossene Arbeitsverträge vorgelegt. Danach beschäftigt er zwei Mitarbeiterinnen im Umfang von jeweils 175 Stunden pro Monat gegen ein Bruttogehalt von jeweils 2.100,00 EUR (12,00 EUR/Stunde) sowie eine Mitarbeiterin im Umfang von monatlich 116,5 Stunden mit einem Einkommen von 1.398,20 EUR (ebenfalls 12,00 EUR/Stunde).
Der Antragsteller hat beantragt,
den Antragsgegner zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bei Gericht vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und der Hilfe zur Pflege in einem Umfang von insgesamt 21,5 Stunden täglich für selbstbeschaffte Pflegekräfte i.H.v. 11.601,77 EUR pro Monat zu gewähren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es sei eine monatliche Zahlung von 1.825,00 EUR angeboten worden, dies habe der Antragsteller abgelehnt. Weitergehende Ansprüche bestünden nicht, da allenfalls von einem Pflegebedarf von sechs Stunden pro Tag ausgegangen werden könne und es zumutbar sei, auf geringfügig beschäftigtes Personal zurückzugreifen, um eine Beaufsichtigung sicherzustellen.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 13.09.2013 einstweilig verpflichtet, Kosten für Pflegekräfte für den Zeitraum 10. bis 31.07.2013 i.H.v. 1.708,00 EUR und für den Zeitraum von 01.08.2013 bis 31.01.2014 i.H.v. monatlich 2.562,00 EUR zu übernehmen. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Da sich der Sachverhalt nicht vollständig aufklären lasse, sei eine Folgenabwägung zu treffen. Hinsichtlich des Umfangs der medizinisch erforderlichen Pflegeleistungen orientiere sich das Gericht an dem Gutachten des Dr. L vom 15.05.2012; dieser habe den Pflegebedarf auf sechs bis acht Stunden pro Tag eingeschätzt. In Anbetracht des Umstandes, dass der Vater des Antragstellers nicht mehr berufstätig sei und bei der Pflege seines Sohnes mithelfen könne, setze das Gericht den zeitlichen Umfang im unteren Bereich der Spanne an. Daraus ergebe sich unter Berücksichtigung eines angemessenen Stundenlohnes von 14,00 EUR und einer durchschnittlichen Anzahl von 30,5 Tagen pro Monat ein Betrag von 2.562,00 EUR, der als monatliche Hilfe zur Pflege zuzusprechen sei. Leistungen der Eingliederungshilfe könnten nicht zuerkannt werden, da insoweit kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sei. Trotz gerichtlicher Aufforderung habe der Antragsteller nicht dargelegt, welche einzelnen Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen er begehre und aus welchen Gründen eine Bewilligung dieser Leistungen für ihn besonders eilbedürftig sei.
Hiergegen hat der Antragsteller am 10.10.2013 Beschwerde eingelegt. Die zugesprochenen Leistungen deckten seinen Bedarf nicht. Wegen seiner Mehrfachbehinderung sei eine durchgehende Betreuung und Beaufsichtigung erforderlich. Dies ergebe sich z.B. aus dem Gutachten des MDK vom 25.01.2010; denn die Gutachterin komme zum Ergebnis, dass er eine soziale Betreuung am Tag und in der Nacht benötige. Selbst die Mitarbeiterin des Antragsgegners, die den Hausbesuch durchgeführt habe, weise in ihrem Aktenvermerk darauf hin, dass er bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens der Anleitung und Beaufsichtigung bedürfe; sie empfehle sogar eine Betreuung in der Nacht. Der zugrunde gelegte Stundensatz von 14,00 EUR sei ohnehin zu gering. Er habe einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für 21,5 Stunden pro Tag zum geltend gemachten Stundensatz von 17,73 EUR. Dem Anspruch stehe auch nicht der Mehrkostenvorbehalt in § 13 Abs. 1 SGB XII entgegen, denn eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung sei nicht zumutbar. Dies folge schon aus dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13.12.2006 (UN-Behindertenrechtskonvention - UN-BRK). Nach deren Art. 19 seien behinderte Menschen nicht verpflichtet, in besonderen Wohnformen zu leben. Es sei daher fraglich, ob der Mehrkostenvorbehalt in § 13 Abs. 1 SGB XII weiter Bestand haben könne; jedenfalls sei die Vorschrift restriktiv auszulegen. Darüber hinaus sei die Unterbringung in einer stationären Einrichtung auch aus persönlichen Gründen nicht zumutbar. Denn er - der Antragsteller - würde dadurch aus seinem vertrauten familiären Umfeld herausgerissen. Aufgrund seiner Mehrfachbehinderung und seiner erheblichen Verhaltensauffälligkeiten sei er auf die bestehenden stabilen sozialen Kontakte zu seinem Vater, seiner Schwägerin und seinen beiden Brüdern angewiesen, die in dieser Form bei einer stationären Unterbringung nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten. Bei der bloßen Andeutung einer Wohnheimunterbringung habe er bereits damit gedroht, aus dem Fenster zu springen. Abweichend von der Beschwerdeschrift beantrage er jetzt nur mehr die Übernahme von monatlich 6.439,79 EUR. Dies sei der Betrag, den die Krankenversicherung bis Ende 2012 aufgrund der Verpflichtung im einstweiligen Rechtschutz gezahlt habe. Die weiteren Kosten für seine 24-Stunden-Betreuung würden bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache vorerst von seinem Vater und seinen Brüdern übernommen. Die Frage unverhältnismäßiger Mehrkosten stelle sich damit im einstweiligen Rechtschutzverfahren nicht mehr.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts abzuändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm ab Antragstellung bei Gericht vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Leistungen der Eingliederungshilfe in Form von Hilfen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und der Hilfe zur Pflege i.H.v. 6.439,79 EUR pro Monat zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Es bestehe kein Grund, das Gutachten des Dr. L anzuzweifeln. Daher sei weiter von einem Pflegebedarf von sechs Stunden pro Tag auszugehen. Anderes folge weder aus dem Gutachten des MDK noch aus den Empfehlungen der Mitarbeiterin, die den Hausbesuch durchgeführt habe. Der vom Sozialgericht zugrunde gelegte Bruttostundenlohn von 14,00 EUR sei zu hoch; der Antragsteller zahle den angestellten Mitarbeitern nur 12,00 EUR brutto. Da der Vater des Antragstellers nicht mehr berufstätig sei, könne er zeitweise die Betreuung übernehmen, um den Aufwand zu reduzieren. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Vater sich vehement dafür einsetze, dass der Antragsteller weiter zu Hause wohnen könne.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 06.12.2013 21 stationäre Einrichtungen in der näheren Umgebung des Wohnortes des Antragstellers benannt, die für eine Unterbringung in Betracht kämen.
Der Senat hat am 09.12.2013 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes mit den Beteiligten durchgeführt. Im Anschluss daran hat der Antragsgegner eine Stellungnahme des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe eingeholt, nach welcher der Antragsteller bei einer stationären Unterbringung dem Leistungstyp (LT) 10 und der Hilfebedarfsgruppe (HBG) 2 zuzuordnen wäre. Die täglichen Kosten lägen im Durchschnitt in Westfalen bei 101,99 EUR, zuzüglich der Grundpauschale von 17,05 EUR und der Investitionsbeitrag von 7,83 EUR. Wenn der Antragsteller nicht die WfbM besuche, müssten zusätzlich noch die Kosten für tagesstrukturierende Maßnahmen übernommen werden; diese beliefen sich beim LT 23 auf ca. 16,00 EUR und beim LT 24 auf ca. 24,00 EUR täglich. Insgesamt ergeben sich daraus maximal Kosten i.H.v. 150,87 EUR pro Tag und 4.589,46 pro Monat (durchschnittlich 30,42 Tage pro Monat). Hinzu kommt der Barbetrag nach § 27b Abs. 2 SGB XII i.H.v. derzeit 105,57 EUR pro Monat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners. Sie sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) des Antragstellers hat teilweise Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer Regelungsanordnung setzt die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO)) eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrten Leistungen (Anordnungsanspruch) sowie einer Eilrechtsschutz rechtfertigenden Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) voraus. Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander. Es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt.
Aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) können sich besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen. Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht (vgl. zu alledem BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05).
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch (lediglich) i.H.v. 3.087,00 EUR pro Monat sowie einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (dazu unten zu 2.). Nicht glaubhaft gemacht sind die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Übernahme der vom Antragsteller (noch) geltend gemachten monatlichen Kosten i.H.v. 6.439,79 EUR für die selbstbeschafften Pflegekräfte (dazu sogleich zu 1.).
1. Der Antragsteller hat bei der im Rahmen des Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes möglichen Prüfungsdichte keinen Anspruch auf Übernahme der von ihm geltend gemachten Kosten i.H.v. 6.439,79 EUR für die selbstbeschafften Pflegekräfte. Denn dem steht der Mehrkostenvorbehalt nach § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII entgegen.
a) Prüfungsgegenstand sind sowohl Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel als auch solche der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII. Der Antragsteller macht beiderlei Ansprüche geltend. Es kommen auch beide Leistungen in Betracht; denn der Antragsteller erfüllt die jeweiligen Voraussetzungen für den Leistungsbezug.
aa) Nach § 53 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach Abs. 3 der Vorschrift ist es besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen.
Der Antragsteller erfüllt diese Voraussetzungen der Eingliederungshilfe. Denn es besteht eine wesentliche Behinderung in Form eines Anfallsleidens sowie einer geistigen Behinderung, aufgrund derer er wesentlich in seiner Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
bb) Nach § 65 Abs. 1 SGB XII ist Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen, Hilfe zur Pflege zu leisten. Hilfe zur Pflege ist auch kranken und behinderten Menschen zu leisten, die voraussichtlich für weniger als sechs Monate der Pflege bedürfen oder einen geringeren Bedarf als nach Satz 1 haben oder die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Absatz 5 bedürfen.
Der Antragsteller erfüllt auch diese Voraussetzungen. Seine Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 65 Abs. 1 SGB XII ergibt sich aus dem Gutachten des MDK vom 21.03.2011. Danach besteht im Bereich der Grundpflege ein täglicher Hilfebedarf von 146 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 60 Minuten. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II sind nach dem MDK-Gutachten deshalb (weiterhin) erfüllt. Die Entscheidung der Pflegekasse über das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit ist nach § 62 SGB XII für den Antragsgegner bindend.
b) Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, wie die Leistungen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege voneinander abzugrenzen sind. Denn der Antragsgegner ist für die Erbringung beider Leistungen (zumindest vorläufig) zuständig.
aa) Hinsichtlich der Hilfe zur Pflege folgt dies daraus, dass der Antragsgegner als Kreis nach § 1 Abs. 1 des Landesausführungsgesetzes zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB XII NRW) örtlicher Träger der Sozialhilfe ist. Dieser ist nach § 97 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich sachlich zuständig, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. Die überörtlichen Träger sind nach § 2 Nr. 1 der Ausführungsverordnung zum SGB XII des Landes Nordrhein-Westfalen (AV-SGB XII NRW) nur zuständig, wenn es aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls erforderlich ist, die Hilfe in einer teilstationären oder stationären Einrichtung zu gewähren. Der Antragsteller begehrt aber gerade ambulante Leistungen in seiner häuslichen Umgebung.
bb) Hinsichtlich der Eingliederungshilfe folgt die Zuständigkeit des Antragsgegners aus § 14 SGB IX. Die Vorschrift sieht im Grundsatz lediglich zwei Zuständigkeiten vor, die des erstangegangenen oder diejenige des im Wege der Weiterleitung zweitangegangenen Rehabilitationsträgers. Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX unverzüglich dem seiner Auffassung nach zuständigen Rehabilitationsträger zu. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Im Falle der Nichtweiterleitung des Antrags ist danach der erstangegangene Rehabilitationsträger zuständig.
Der Antragsteller hat den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Betreuung und Pflege ursprünglich am 29.06.2009 beim Antragsgegner gestellt. Dieser hat den Antrag nicht weitergeleitet. Zumindest im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes ist deshalb davon auszugehen, dass der Antragsgegner nach § 14 SGB IX im Verhältnis zum Antragsteller zuständig geworden ist. Sofern im Erörterungstermin des Sozialgerichts vom 22.02.2012, der in den Verfahren S 48 KR 1323/10 sowie S 62 SO 174/11 (unter Anwesenheit beider Kammervorsitzenden) gemeinsam durchgeführt wurde, der Vorsitzende für das (hiesige Hauptsache-) Verfahren S 62 SO 174/11 Zweifel an der Einschlägigkeit des § 14 SGB IX geäußert hat, weil der Antrag des Antragstellers durch die (hiesige) Antragsgegnerin als Antrag (allein) auf Hilfe zur Pflege ausgelegt worden sei, so mag diesen Zweifeln im Hauptsacheverfahren näher nachgegangen werden. Jedenfalls bei summarischer Prüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens teilt der Senat diese Zweifel nicht. Denn die Antragsgegnerin hätte den Hilfeantrag des Antragstellers - im Sinne einer Meistbegünstigung - als Antrag auslegen müssen, der sämtliche in Betracht kommenden Hilfearten umfasst, und damit auch die der Eingliederungshilfe.
c) Der Senat kann den Sachverhalt im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nicht vollständig aufklären. Er geht jedoch einstweilen aufgrund der ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen davon aus, dass der Antragsteller auf eine Pflege und Betreuung an 24 Stunden am Tag angewiesen ist.
Der Grund dafür liegt zum einen in dem Anfallsleiden, das eine ständige Überwachung notwendig macht, selbst wenn die Voraussetzungen der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V nicht erfüllt sein sollten. Nach dem Bericht der neurologischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses V vom Dezember 2009 benötigt der Antragsteller eine Aufsicht in Form einer Bereitschaft, um bei einem Anfall erforderlichenfalls die notwendigen Pflegeleistungen vorzunehmen. Dies gelte vor allem in der Nacht; vereinzelt würden aber auch am Tag Anfälle auftreten. Zum anderen ergibt sich die Notwendigkeit einer ständigen Betreuung durch die geistige Behinderung des Antragstellers. Dazu heißt es in dem Bericht der Klinik, aufgrund der deutlichen Intelligenzminderung sei auch tagsüber zur Sicherheit des Antragstellers eine Aufsicht erforderlich. Dies wird bestätigt durch das Gutachten des MDK vom 25.01.2010, nach dem eine soziale Betreuung Tag und Nacht erforderlich ist. Zudem ist auch der Antragsgegner nach seinem Hausbesuch am 29.08.2012 zu dem Ergebnis gelangt, der Antragsteller benötige bei allen Aktivitäten des täglichen Lebens Anleitung und Beaufsichtigung, und eine eigenständige Lebensführung sei ihm nicht möglich.
Geht der Senat angesichts dieser medizinischen Unterlagen zum jetzigen Zeitpunkt von der Notwendigkeit einer Pflege und Betreuung des Antragstellers rund-um-die-Uhr aus, so steht dem auch das Sachverständigengutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. L vom 15.05.2012 nicht entgegen. Denn der dort angenommene Zeitaufwand von sechs bis acht Stunden (der im Übrigen nicht weiter substantiiert wird) bezieht sich einzig auf Pflegeleistungen, nicht jedoch auf sonstige Betreuungsnotwendigkeiten, die der Sachverständige gleichwohl unter Hinweis auf eine zwingend notwendige soziale Beaufsichtigung bei Verhaltensstörung und ungesteuertem Verhalten durchaus erkannt hat. Das Sozialgericht hätte das Ergebnis des Sachverständigengutachtens deshalb seiner Entscheidung nicht zugrunde legen dürfen, weil es notwendige Betreuungszeiten von vornherein nicht beim Leistungsbedarf berücksichtigt hat (und für die allein krankenversicherungsrechtliche Beurteilung auch nicht berücksichtigen musste).
d) Ausgehend davon, dass der Antragsteller aufgrund seiner Behinderung auf eine Pflege und Betreuung an 24 Stunden am Tag angewiesen ist, ergeben sich monatliche Kosten von 11.600,00 EUR, die der Antragsteller ursprünglich auch geltend gemacht hat. Den vom Antragsteller angesetzten Bruttolohn von 11,79 EUR sieht der Senat als angemessen an, da es sich dabei um den Stundenlohn nach dem TVÖD-K EG 4 Stufe 2 handelt. Dies entspricht dem früheren BAT KR1, dem niedersten Tariflohn für ungelernte Pflegekräfte im Krankenhaus (Quelle: www.forsea.de). Bei einem Bruttolohn von 11,79 EUR pro Stunde, 21,5 Stunden pro Tag und durchschnittlich 365,25 Tagen im Jahr errechnen sich Bruttolohnkosten i.H.v. 92.585,40 EUR. Hinzu kommen die Aufwendungen für Urlaubs- und Weihnachtsgeld, für Fehlzeiten, für Arbeitgeberanteile und für sonstige Nebenkosten (z.B. Steuerberater); insgesamt ergaben sich mithin Kosten i.H.v. 139.221,22 EUR pro Jahr. Dies entspricht einem Betrag i.H.v. ca. 11.600,00 EUR pro Monat.
e) Einer Übernahme der Kosten i.H.v. 11.600,00 EUR pro Monat steht jedoch der Mehrkostenvorbehalt des § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB XII entgegen. Nach dieser Vorschrift gilt der Vorrang der ambulanten Leistung nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist.
aa) Der Senat geht bei summarischer Prüfung anhand der hierzu bisher vorliegenden Unterlagen einstweilen davon aus, dass sich die Kosten für eine stationäre Unterbringung auf etwa 4.700,00 EUR belaufen würden (ca. 4.590,00 EUR Einrichtungskosten zuzüglich 105,57 EUR für den Barbetrag nach § 27b Abs. 2 SGB XII). Dabei handelt es sich um den Betrag, der nach den Angaben des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe durchschnittlich für eine stationäre Unterbringung in der HBG 2 einschließlich des Barbetrages anfallen würde. Zwar wendet der Antragsteller dagegen ein, dass einige Einrichtungen einen deutlich höheren Tagessatz berechneten. Da allerdings im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht feststellbar ist, welche konkreten Einrichtungen für den Antragsteller geeignet sind, erscheint es dem Senat für die Zwecke des vorliegenden Eilverfahrens einzig angemessen, sich an den durchschnittlichen Einrichtungskosten in Westfalen zu orientieren.
bb) Ausgehend davon betragen die Aufwendungen für die ambulante Pflege und Betreuung des Antragstellers mehr als das Doppelte von dem, was bei einer funktional entsprechenden Leistungserbringung in einer Einrichtung anfiele. Mehrkosten in einem solchen Verhältnis sind jedoch evident unverhältnismäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegen bereits Mehrkosten von 75% erheblich über der Angemessenheitsgrenze (vgl. Urteil vom 11.02.1982 - 5 C 85/80). Zwar wird in der Literatur teilweise angenommen, dass ambulante Kosten im Bereich der Hilfe zur Pflege erst dann unverhältnismäßig seien, wenn sie doppelt so hoch lägen wie Heimkosten (vgl. Krahmer in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 13 Rn. 11; Piepenstock in jurisPK-SGB XII, 1. Aufl. 2011, § 13, Rn. 38; Jürgens, NDV 1996, 393, 398 f.). Auch diese höhere Grenze wird im vorliegenden Fall jedoch überschritten.
cc) Auch das Wunsch- und Wahlrecht nach § 9 Abs. 2 SGB XII begründet in der Regel keinen Anspruch auf Übernahme unverhältnismäßig hoher Kosten (vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 17.05.2010 - L 20 B 168/08 SO ER; zu etwaigen Ausnahmen vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 31.03.2012 - L 12 B 19/09 SO ER). Dass im vorliegenden Fall hiervon eine Ausnahme zu machen wäre, etwa weil eine einrichtungsmäßige Hilfeleistung für den Antragsteller (z.B. mangels geeigneter Einrichtungen) unzumutbar wäre, kann der Senat beim gegenwärtigen Erkenntnisstand nicht feststellen (siehe zur Zumutbarkeit einer stationären Leistung auch noch sogleich unter ee).
dd) Schließlich entfällt die Unverhältnismäßigkeit der Mehrkosten auch nicht etwa dadurch, dass der Antragsteller sein Begehren im Laufe des Beschwerdeverfahrens auf monatliche Leistungen von 6.439,79 EUR beschränkt hat. Denn er selbst geht gleichwohl nicht davon aus, dass sich sein Bedarf mit diesem Betrag decken lässt; die weiteren Kosten, die durch die tatsächlich notwendige 24-Stunden-Versorgung entstünden, würden vielmehr bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren durch seinen Vater und seine Brüder übernommen. Betragen damit die notwendigen Kosten aus Sicht des Antragstellers nach wie vor ca. 11.600,00 EUR, so ist dieser Betrag auch bei der Beurteilung der Frage zugrunde zu legen, ob unverhältnismäßige Mehrkosten entstehen. Denn eine Verweisbarkeit des Antragstellers auf eine Pflege und Betreuung in einer Einrichtung dürfte (was im Hauptsacheverfahren ggf. noch näher zu prüfen sein wird) bei unverhältnismäßigen Mehrkosten einer Hilfegewährung für die im häuslich-familiären Rahmen geleistete Pflege und Betreuung generell entgegenstehen.
ee) Für den Antragsteller wäre nach Auffassung des Senats bei summarischer Prüfung eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung auch durchaus zumutbar; eine nähere Prüfung ist auch insofern allein im Hauptsacheverfahren möglich.
Bei der Entscheidung über die Zumutbarkeit sind nach § 13 Abs. 1 Satz 5 SGB XII die persönlichen, familiären und örtlichen Umstände angemessen zu berücksichtigen. Der Antragsteller begründet eine Unzumutbarkeit damit, ein Umzug in ein Heim würde ihn aus seinem vertrauten familiären Umfeld herausreißen. Ist bei stationären Unterbringungen ein Verlassen des bisherigen Umfeldes zwangsläufig, so kann es für sich genommen keine Unzumutbarkeit begründen; vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die den Umzug in die stationäre Einrichtung auch aus Sicht eines objektiven Betrachters unzumutbar erscheinen lassen. So wird es etwa als für einen jungen behinderten Menschen nicht zumutbar angesehen, in einem Altenpflegeheim untergebracht zu werden; denn dort würde er sozial isoliert sein (vgl. Piepenstock, a.a.O. Rn. 27; Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 13 Rn. 19). Eine Unzumutbarkeit kann auch daraus folgen, dass keine geeignete Einrichtung zur Verfügung steht, die den speziellen behinderungsbedingten Anforderungen des Betreffenden gerecht werden könnte (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28.01.2010 - L 8 SO 233/07; LSG Sachsen, Beschluss vom 28.08.2008 - L 3 B 613/07 SO-ER).
Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsgegner dem Antragsteller 21 stationäre Einrichtungen in seiner näheren Umgebung benannt, die für eine Unterbringung in Betracht kämen. Ob sich darunter eine für den Antragsteller geeignete Einrichtung befindet, will der Antragsteller jedoch von vornherein nicht näher prüfen; denn sein Betreuer (und Vater) weigert sich, einen Umzug in ein Heim auch nur in Betracht zu ziehen. In Anbetracht dessen sowie der Vielzahl der benannten Einrichtungen geht der Senat jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes davon aus, dass es in der näheren Umgebung des Wohnortes durchaus eine geeignete Einrichtung gäbe. Er teilt vor diesem Hintergrund auch nicht die Befürchtung des Antragstellers, dass die sozialen Kontakte zu seinem Vater, seiner Schwägerin und seinen beiden Brüdern bei einer stationären Unterbringung nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten; denn bei einer in der Nähe gelegenen Einrichtung könnten regelmäßige Besuche stattfinden. Alles Weitere - insbesondere das Bestehen einer "Umzugsfähigkeit" des bisher langjährig in der Familie betreuten Antragstellers - kann allein im Hauptsacheverfahren geklärt werden; einstweilen erscheint eine fehlende Umzugsfähigkeit jedenfalls nicht wahrscheinlich, zumal persönliche Härten in jedem Fall einer Heimaufnahme zu besorgen sind, gleichwohl angesichts in der Gesellschaft häufig bestehender Notwendigkeiten von Einrichtungsbetreuung eine allgemeine Erscheinung sind und deshalb sozialadäquat erscheinen.
f) Eine stationäre Unterbringung wäre im Übrigen nach der vorläufigen Beurteilung des Senats im vorliegenden Eilverfahren auch nicht nach der UN-BRK ausgeschlossen; der Senat muss diese Frage allerdings im vorliegenden Verfahren nicht abschließend beurteilen, da er letztlich auf der Grundlage einer Folgenabwägung entscheidet (dazu unten zu 2.). Die endgültige Klärung dieser Frage muss deshalb dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Nach Art. 19 UN-BRK anerkennen die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens das gleiche Recht aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, und treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern, indem sie unter anderem gewährleisten, dass (lit. a) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben.
aa) Art. 19 UN-BRK begründet indes bei summarischer Prüfung kein Recht auf eine ambulante Pflege und Betreuung in der eigenen Wohnung, welches unabhängig von den dadurch entstehenden Kosten zu gewährleisten wäre (a.A. wohl Masuch, Die UN-Behindertenrechtskonvention anwenden!, in: Festschrift für Renate Jaeger, 2011, 245 ff., 260; auch SG Düsseldorf, Beschluss vom 07.10.2013 - S 22 SO 319/13 ER).
Das Vertragsgesetz zur UN-BRK ist gemäß dessen Art. 2 Abs. 1 am 01.01.2009 in Kraft getreten. Es erteilt innerstaatlich den Befehl zur Anwendung der UN-BRK und setzt diese in nationales Recht um. Völkerrechtliche Verbindlichkeit kommt der UN-BRK für Deutschland gemäß Art. 45 Abs 2 UN-BRK ab dem 26.03.2009 zu (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Vertragsgesetz zur UN-BRK i.V.m. der Bekanntmachung über das Inkrafttreten der UN-BRK vom 05.06.2009, BGBl. II, 812). Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen völkerrechtliche Verträge wie die UN-BRK, denen die Bundesrepublik Deutschland beigetreten ist, im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 111, 307, 317; 82, 106, 114; 74, 358, 370). Diese Rangzuweisung führt in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dazu, dass deutsche Gerichte das anwendbare Völkervertragsrecht wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben (vgl. BVerfGE 111, 307, 317).
Subjektive Ansprüche für behinderte Menschen vermittelt die UN-BRK indes nur, soweit sie unmittelbar anwendbar ("self-executing") ist. Die unmittelbare Anwendbarkeit völkervertragsrechtlicher Bestimmungen setzt voraus, dass die Bestimmung alle Eigenschaften besitzt, welche ein Gesetz nach innerstaatlichem Recht haben muss, um Einzelne berechtigen oder verpflichten zu können (vgl. BVerfGE 29, 348, 360). Dafür muss ihre Auslegung ergeben, dass sie geeignet und hinreichend bestimmt ist, wie eine innerstaatliche Vorschrift rechtliche Wirkung zu entfalten, ohne dass es einer weiteren normativen Ausfüllung bedarf (vgl. BVerfGE 29, 348, 360; BSG, Urteil vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 R). Ist eine Regelung - objektiv-rechtlich - unmittelbar anwendbar, muss sie zusätzlich auch ein subjektives Recht des Einzelnen vermitteln (Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 5. Aufl. 2010, S 141, 159; Grzeszick, AVR 43, 2005, 312, 318). Gemäß Art. 31 Abs. 1 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23.05.1969 (BGBl. II 1985, 926 und BGBl. II 1987, 757) erfolgt die Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Treu und Glauben in Übereinstimmung mit der gewöhnlichen, seinen Bestimmungen in ihrem Zusammenhang zukommenden Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 R).
Bei summarischer Prüfung ergibt die Auslegung des Art. 19 UN-BRK jedoch, dass diese Vorschrift nicht unmittelbar anwendbar ist (a.A. Masuch, a.a.O., der - allerdings ohne weitere Begründung - meint, Art. 19 UN-BRK verschaffe "dem betroffenen behinderten Menschen ein unmittelbar anwendbares, subjektiv-öffentliches Recht". Denn die Regelung sei "hinreichend bestimmt und bedarf keiner zusätzlichen legislativen Umsetzung mehr". Zudem seien "außer der Nichtanwendung der Mehrkostenregelung" weitere Maßnahmen zur progressiven Realisierung der sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rechte i.S.v. Art. 4 Abs. 2 UN-BRK nicht geboten). Für die Lesart des Senats spricht zunächst der Wortlaut des Artikels. Denn danach treffen die Vertragsstaaten wirksame und geeignete Maßnahmen, um Menschen mit Behinderungen den vollen Genuss dieses Rechts und ihre volle Einbeziehung in die Gemeinschaft und Teilhabe an der Gemeinschaft zu erleichtern. Dies deutet darauf hin, dass das Übereinkommen an dieser Stelle gerade keine subjektiven Rechte schaffen will, sondern die nähere Umsetzung des in Art. 19 eingeräumten Rechts aller Menschen mit Behinderungen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, den Vertragsstaaten vorbehalten bleiben soll. Für diese Lesart spricht zudem ein systematisches Argument. Denn die UN-BRK verwendet den Begriff "Anspruch" dann, wenn subjektive Rechte der behinderten Menschen begründet werden sollen (z.B. in Art. 22 Abs. 1: "Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen", oder in Art. 30 Abs. 4: "Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderen Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität"; vgl. dazu BSG, Urteil vom 06.03.2012 - B 1 KR 10/11 R Rn. 25). Die Formulierung eines solchen "Anspruchs" findet sich in Art. 19 UN-BRK jedoch gerade nicht.
Begründet nach dieser Lesart aber Art. 19 UN-BRK kein subjektives Recht des Antragstellers, so lässt sich dem Konventionsartikel auch nicht entnehmen, dass dem Antragsteller schon mit Rücksicht auf die UN-BRK eine Unterbringung in einer stationären Einrichtung nicht zuzumuten sei und es demzufolge auf einen Kostenvergleich nach § 13 Abs. 1 SGB XII gar nicht ankomme.
2. Gleichwohl hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller einstweilen Leistungen zur Sicherung seiner Pflege und Betreuung in seinem bisherigen Umfeld im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Verfügung zu stellen.
a) Der Senat entscheidet insoweit im Rahmen einer Folgenabwägung.
Denn es lässt sich im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes jenseits bloßer Plausibilät weder abschließend klären, in welchem Umfang der Antragsteller tatsächlich Pflege und Betreuung benötigt, noch, ob deren bisherige Bewältigung im häuslich-familiären Umfeld notwendig ist und ob eine Pflege und Betreuung in einer Einrichtung möglich, geeignet und zumutbar wäre. Auch die mit der einen wie der anderen Betreuungsform notwendig verbundenen Kosten bedürfen noch näherer Klärung, die im Rahmen des vorläufigen Verfahrens nicht erbracht werden kann. Schließlich bedarf auch die rechtliche Beurteilung - insbesondere hinsichtlich Art. 19 UN-BRK sowie § 13 Abs. 1 SGB XII - noch ausführlicherer, ggf. sogar höchstrichterlicher Befassung. Auch wenn sich im Hauptsacheverfahren ggf. herausstellen sollte, dass dem Antragsteller unter dem Gesichtspunkt unverhältnismäßiger Mehrkosten allein Leistungen für Pflege und Betreuung in einer Einrichtung zustehen, und wenn deshalb (was ebenfalls ggf. noch zu klären wäre) Leistungen für eine Umsorgung im privaten Umfeld gänzlich (also nicht nur hinsichtlich des Teiles, der die Kosten einer Einrichtung überschreitet) ausgeschlossen sein sollten, so kann dem Antragsteller bis zur Entscheidung in der Hauptsache gleichwohl kein gänzlich hilfefreies Zuwarten abverlangt werden.
Denn es ist jedenfalls unmittelbar ersichtlich, dass der Antragsteller erheblicher Pflege und Betreuung bedarf. Diese Pflege und Betreuung wird im privaten Umfeld ausweislich der bisherigen Erkenntnisse in einer Art und Weise gewährleistet, die seinen Bedürfnissen entgegenkommt. Zugleich ist jedenfalls ersichtlich, dass eine allein familiäre Umsorgung vor allem durch seinen im gleichen Haushalt lebenden Vater den Pflege- und Betreuungsbedarf nicht auffangen kann. Die negativen Folgen einer gänzlich ablehnenden Entscheidung im Eilverfahren und eines späteren Obsiegens im Hauptsacheverfahren überwiegen deshalb bei weitem die negativen Folgen für den Antragsgegner, sollte der Antragsteller im Hauptsacheverfahren (zumindest zu einem erheblichen Teil) unterliegen. Denn der Antragsteller wäre ohne jegliche Sozialhilfe genötigt, trotz jahrelangen Aufenthalts im familiären Umfeld in eine stationäre Einrichtung zu wechseln, obwohl sich der notwendigste Bedarf einstweilen mit dem vom Senat zugesprochenen Betrag einstweilen auffangen lässt (dazu sogleich zu b).
b) Zur Höhe der einstweiligen Verpflichtung des Antragsgegners orientiert sich der Senat an der eigenen Einschätzung des Antragstellers zur Höhe der einstweilen bis zur endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren S 62 SO 174/11 zu leistenden Hilfe.
Denn mit dem im Hauptsacheverfahren vom Antragsteller vorgelegten Schriftsatz vom 28.06.2013 hat er (als Erwiderung zum Anerbieten des Antragsgegners, zunächst monatliche Leistungen von 1.825,00 EUR zu erbringen) ausgeführt, zur Linderung seiner aktuellen Notlage sei es erforderlich, dass der Antragsgegner vorläufig die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegekraft i.H.v. 3.087,00 EUR (brutto) übernehme, auch wenn damit die Gesamtkosten längst nicht gedeckt seien. Dieser Vorschlag des Antragstellers erfolgte seinerzeit ausdrücklich zur Vermeidung eines (jetzt vorliegend anhängigen) Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Geht der Antragsteller damit selbst von einer Möglichkeit aus, seine Pflege und Betreuung mit vorläufigen Leistungen in Höhe von 3.087,00 EUR nicht zu gefährden, so erscheint es dem Senat sachgerecht, dieser Einschätzung beizutreten; denn dieser vom Antragsteller selbst benannte Betrag erscheint angesichts der vorgetragenen und durch Vorlage von Arbeitsverträgen plausibilisierten Aufwendungen für Betreuungspersonal zugleich nicht überzogen.
c) Das Sozialgericht wird im Hauptsacheverfahren u.a. durch Ermittlungen zu verifizieren haben, ob der Antragsteller aufgrund seiner Behinderung auf Pflege und Betreuung rund um die Uhr angewiesen ist. Sollte das nicht der Fall sein, werden der Pflege- und Betreuungsbedarf nachvollziehbar anders zu bemessen und die dann bei einer Betreuung im bisherigen familiären Umfeld verbundenen Kosten zu ermitteln sein; dies gilt sowohl hinsichtlich deren Notwendigkeit als auch ggf. hinsichtlich einer Verifizierung des Anfallens der vom Antragsteller selbst vorgetragenen Kosten. Die vorgetragene Barzahlung für die angestellten Pflegekräfte erscheint jedenfalls ungewöhnlich. Der Antragsteller hat auch noch nicht die mit Schriftsatz des Antragsgegners vom 12.11.2013 angeforderten elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen vorgelegt und sich insoweit auch nicht weiter geäußert. Endgültig zu klären wird ferner sein, ob eine stationäre Betreuung und Pflege des Antragstellers, die ihn aus seiner bisherigen, jahrelangen familiären Betreuungssituation herausnähme, möglich und zumutbar erscheint, ob es ggf. eine oder mehrere geeignete Einrichtungen gibt, und welche Kosten bei einer dortigen Unterbringung entstehen würden. Ggf. ist dann auch endgültig zu befinden, ob eine Verweisung des Antragstellers auf eine geeignete Einrichtung wegen Art. 19 UN-BRK dennoch unterbleiben muss. Sollte Letzteres - wie hier im Rahmen der vorläufigen Prüfung angenommen - nicht der Fall sein, wird das Sozialgericht auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse schließlich den Kostenvergleich des § 13 Abs. 1 SGB XII vorzunehmen und zu entscheiden haben, ob etwaige Mehrkosten bei der privaten Betreuung im häuslichen Umfeld die Kosten einer Einrichtungsunterbringung unverhältnismäßig erscheinen.
3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Insbesondere hat er nachvollziehbar auf erhebliche Kosten für private Betreuungskräfte hingewiesen. Diese lassen sich, da der Antragsteller selbst grundsicherungsbedürftig ist, aus Eigenmitteln nicht decken. Seiner Familie ist über einen längeren Zeitraum zudem nicht zuzumuten, ohne Unterstützung durch Sozialhilfe diese erheblichen Kosten (weiterhin) bis zur Entscheidung in der (bereits seit 2011 anhängigen) Hauptsache zu tragen.
4. Der Senat beschränkt die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners auf das Ende des Monats der gerichtlichen Entscheidung. Er geht jedoch davon aus, dass der Antragsgegner bei unveränderter Sach- und Rechtslage weiterhin vorläufige Leistungen erbringen wird. Anderenfalls stünde es dem Antragsteller frei, erneut um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachzusuchen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Sie entspricht dem Ausgang des Verfahrens; der Antragsgegner hat die Zahlung eines Betrages von 1.825,00 EUR angeboten, der Antragsteller hat ursprünglich monatliche Leistungen von 11.600,00 EUR begehrt. Bei dem Differenzbetrag von 9.775,00 EUR erscheint eine Kostenquote zu Lasten des Antragsgegners für das erstinstanzliche Verfahren zu einem Drittel als angemessen. Zweitinstanzlich hat der Antragsgegner hingegen nur ein Zehntel der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen, da seine Verpflichtung durch den Senat die Verpflichtung durch das Sozialgericht nur um knapp 500,00 EUR übersteigt und der Antragsgegner seinerseits die Entscheidung des Sozialgerichts nicht angefochten hat.
6. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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