L 2 R 68/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 R 1029/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 68/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;

Tatbestand:

Streitig ist der Beginn einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Der am xxxxx 1945 geborene Kläger bezog von der Beklagten ab dem 20. Juni 1990 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Rentenbescheid vom 12. Februar 1991) und ab 1.Januar 1993 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (Rentenbescheid vom 9. Januar 1995).

Im Gesamtkontospiegel des Klägers findet sich unter der Überschrift "Vermerke" der Eintrag: "1939 Dokumentation des Schreibens nach § 115 Abs. 6 SGB 6 VA AT Mitteilung MM 19 92 25.02.2005 0".

Diesem Vermerk liegt ein Musterschreiben des Generalienbereichs der Beklagten zu § 115 Abs. 6 SGB VI zu Grunde. Dieses Schreiben lautet wie folgt:

"Sie beziehen derzeit eine Rente wegen (Berufsunfähigkeit)/(teilweiser Erwerbsminderung) und erreichen in Kürze die Altersgrenze für die vorgezogene Altersrente. Sie haben dann möglicherweise einen – höheren – Anspruch auf vorgezogene Altersrente, wenn die Wartezeit sowie weitere persönliche und besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen erfüllt sind und bestimmte Hinzuverdienstgrenzen nicht überschritten werden. Die vorgezogene Altersrente wird – gegebenenfalls vermindert um einen Rentenabschlag – nur gezahlt, wenn hierfür ausdrücklich einen Rentenantrag gestellt ist. Um zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer Altersrente zu erhalten, muss der Antrag innerhalb von drei Kalendermonaten nach Erfüllung der Voraussetzungen gestellt werden, also in der Regel innerhalb von drei Kalendermonaten nach Vollendung der Altersgrenze für die vorgezogene Altersrente. Bei späterer Antragstellung wird die Rente erst von dem Kalendermonat an geleistet, in dem sie beantragt wird. Ob die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente vorliegen und ob die Rente gegebenenfalls mit Blick auf die Anhebung der maßgebenden Altersgrenze wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente um einen Rentenabschlag zu vermindern ist, können wir anhand der uns zugänglichen Unterlagen nicht maschinell prüfen. Wir empfehlen Ihnen, sich bei unseren Auskunfts- und Beratungsstellen, unseren Versichertenältesten/Versichertenberater oder dem örtlichen Versicherungsamt oder Ihrer Stadt- oder Gemeindeverwaltung beraten zu lassen und dort ggf. einen Rentenantrag zu stellen. Sollten Sie den Rentenantrag in den letzten Tagen bereits gestellt haben, bitten wir Sie dieses Schreiben als gegenstandslos anzusehen."

Ob der Kläger dieses Schreiben erhalten hat, ist streitig.

Am 1. März 2007 begab sich der Kläger in eine Beratungsstelle der Beklagten und ließ sich dort unter anderem über Rentenanwartschaften und Hinzuverdienstmöglichkeiten beraten.

Am 10. Januar 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für schwerbehinderte Menschen.

Einem Vermerk in den Verwaltungsakten der Beklagten (Bl. 257) - datiert auf den 16. Januar 2008 - zu Folge wandte sich der Kläger telefonisch an die Beklagte. Zum Inhalt des Gesprächs mit dem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn S., ist dort vermerkt:

"Der oG hat unser Schreiben vom 25.02.2005 erhalten und war der Meinung, dass er mit 18% Abschlägen zu rechnen habe. Er wusste nicht, dass die Berufsunfähigkeit auch ein Vertrauensschutztatbestand sein kann. Er möchte die Altersrente zum frühestmöglichen Zeitpunkt ohne Abschläge haben."

Mit Rentenbescheid vom 17. Januar 2008 gewährte die Beklagte dem Kläger anstelle der bisher gewährten Rente ab dem 1. Januar 2008 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Dagegen legte der Kläger am 13. Februar 2008 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er habe erst bei Rentenantragstellung am 10. Januar 2008 erfahren, dass ihm die Rente ohne Abzüge schon ab dem 60. Lebensjahr zugestanden hätte. Dass er hierüber rechtzeitig schriftlich informiert worden sei, treffe nicht zu, weil ihm ein entsprechendes Schreiben nicht zugegangen sei. Im Rahmen eines vor etwa einem Jahr stattgefundenem Beratungsgesprächs sei ihm erklärt worden, dass er die vorgezogene Altersrente erst im Alter von 63 Jahren ohne Abzüge erhalten könne und den hierfür erforderlichen Antrag etwa 3 Monate vor Vollendung des 63. Lebensjahres stellen müsse, was er auch getan habe. Durch die Falschinformation habe er viel Geld verloren.

Mit Rentenbescheid vom 18. April 2008 half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers teilweise ab und gewährte dem Kläger die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. März 2007. Die Rente werde ab dem Antragsmonat geleistet, weil der Antrag erst nach Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats gestellt worden sei, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen seien. Am 25. Februar 2005 sei der Kläger von ihr angeschrieben worden mit dem Hinweis, dass er das 60. Lebensjahr vollenden werde und möglicherweise ein Anspruch auf eine gegebenenfalls abschlagsfreie Altersrente bestehe. Hiermit habe sie – die Beklagte – ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten gemäß § 115 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) erfüllt. Eine konkrete Nachfrage seitens des Klägers sei erst am 1. März 2007 erfolgt. Ein früherer Rentenbeginn als der 1. März 2007 komme daher nicht in Betracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch daraufhin im Übrigen zurück. Die Beklagte sei ihrer Beratungspflicht mit ihrem Schreiben vom 25. Februar 2005 nachgekommen und habe den Kläger auf die Möglichkeit des Bezugs einer vorzeitigen Altersrente hingewiesen. Im Rahmen des Telefonats am 16. Januar 2008 habe der Kläger den Erhalt dieses Schreibens auch bestätigt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Erhalt des Schreibens nun im Rahmen des Widerspruchsverfahrens bestritten werde. Eine Retour des damals maschinell erstellten und abgesandten Schreibens sei nicht erkennbar. Wenn der Kläger der Meinung gewesen sei, dass er im Falle des vorzeitigen Bezugs der Altersrente mit einem Abschlag von 18% hätte rechnen müssen, habe er sich in einem Irrtum befunden. Für die Beratung am 1. März 2007 werde demgegenüber aufgrund einer Einzelfallentscheidung ein Beratungsfehler anerkannt, so dass die Rente aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs am 1. März 2007 habe beginnen können.

Am 25. September 2008 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Darin hat er vorgetragen, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass er bereits ab dem 1. April 2005 einen Anspruch auf Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres gehabt habe. Ein entsprechendes Informationsschreiben der Beklagten habe er nicht erhalten und den Erhalt eines solchen Schreibens auch nicht im Rahmen eines Telefonats am 16. Januar 2008 bestätigt. Der Telefonvermerk von 16. Januar 2008 sei nicht stimmig. Dass Telefonat mit Herrn S. habe nicht am 16. Januar 2008 stattgefunden, sondern erst nach Erhalt des Rentenbescheides vom 17. Januar 2008. Herr S. habe ihm auch erklärt, dass in seinem Fall einiges falsch gelaufen sei. Für ihre Behauptung, sie habe auf die Möglichkeit des Bezugs der Altersrente ohne Abzüge ab dem 60. Lebensjahr schriftlich hingewiesen, sei die Beklagte beweispflichtig.

Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden verwiesen und ergänzend ausgeführt , dass gemäß Beratungsprotokoll des Fachausschusses für Versicherung und Rente zur Sitzung 2/2000 TOP 6 festgelegt worden sei, dass Berufsunfähigkeitsrentner einen Monat vor Vollendung des 60. Lebensjahres schriftlich über die Möglichkeit des Bezugs einer vorzeitigen Altersrente informiert werden sollten. Durch die letzte Stelle "MM" im Schlüssel 1939 des Versicherungskontos des Klägers werde gekennzeichnet, ob ein versandtes Schreiben als nicht zustellbar zurückgekommen sei. Komme ein Schreiben nicht zurück, werde dies, wie geschehen, durch eine "0" gekennzeichnet. Im Hinblick auf den Telefonvermerk vom 16. Januar 2008 sei eine falsche Datumsangabe ausgeschlossen, weil das Datum und die Uhrzeit automatisch gespeichert werden würden, wenn das entsprechende Formular aufgerufen werde. Das Datum könne anschließend auch nicht mehr geändert werden, so dass davon auszugehen sei, dass das Telefonat auch tatsächlich am 16. Januar 2008 stattgefunden habe.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. April 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat es sich auf der gesetzlichen Regelung über den Rentenbeginn gestützt. Gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI werde eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt seien, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt werde, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Werde der Antrag demgegenüber erst nach der Dreimonatsfrist gestellt, so komme eine Rentenleistung gemäß § 99 Abs. 1 S. 2 SGB VI grundsätzlich erst vom Antragsmonat an in Betracht. Der Kläger sei über den Zeitpunkt vom 1. März 2007 hinaus auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu behandeln, als hätte er den Antrag auf Umwandlung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit in die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. April 2005 rechtzeitig im Sinne des § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI gestellt. Dieses von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut sei auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des sozialrechtlichen Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.1993 – 13 RJ 19/92SozR 3-1200 § 14 Nr. 12 m.w.N.; BSG, Urteil vom 15.12.1994 – 4 RA 64/93SozR 3-2600 § 58 Nr. 2). Demnach käme es insbesondere auf das Vorliegen folgender Voraussetzungen an: Die verletzte Pflicht müsse dem Träger gerade gegenüber dem Versicherten obliegen, die zugrundeliegende Norm letzterem also ein entsprechendes subjektives Recht eingeräumt haben. Die objektiv rechtswidrige Pflichtverletzung müsse im Sinne einer wesentlichen Bedingung (neben anderen Bedingungen) einen Nachteil des Versicherten bewirkt haben. Schließlich müsse die verletzte Pflicht im Sinne eines so genannten Schutzzweckzusammenhangs darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.04.2001 – L 2 KN 47/98 – zitiert nach Juris, Rn. 22). Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI oder ihre Beratungs- und Auskunftspflicht nach § 14 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) nicht verletzt. Zwar habe im Falle des Klägers anlässlich des Erreichens des 60. Lebensjahres eine Hinweispflicht im Sinne des § 115 Abs. 6 S. 1 SGB VI bestanden. Denn danach sollten die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten könnten, wenn sie diese beantragen würden. Die Geeignetheit einer Fallgruppe richte sich im Wesentlichen nach folgenden Kriterien: Für den Versicherungsträger müsse ohne einzelfallbezogene Sachaufklärung erkennbar sein, dass ein abgrenzbarer Kreis von Berechtigten die Anspruchsvoraussetzungen für eine Leistung erfülle, die von solchen Personen im Regelfall in Anspruch genommen werde. Ferner müsse für ihn ein Informationsbedürfnis der Betroffenen dadurch ersichtlich sein, dass die Angehörigen einer abgrenzbaren Gruppe von Versicherten den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen würden (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1997 – 8 RKn 1/97BSGE 81, 251 = SozR 3-2600 § 115 Nr. 2; BSG, Urteil vom 22.10.1998 – B 5 RJ 62/97 RSozR 3-2600 § 115 Nr. 4). Ein solcher Fall und damit eine entsprechende Hinweispflicht sei auch anzunehmen, wenn Versicherte, die bereits Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bezögen, einen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 236a SGB VI erwerben würden (vgl. auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 15.04.2004 – L 5 RJ 136/03 – zitiert nach Juris, Rn. 39). Von einer solchen Hinweispflicht sei insoweit auch die Beklagte selbst ausgegangen. Denn ausweislich des von ihr übersandten Beratungsprotokolls des Fachausschusses für Versicherung und Rente zur Sitzung 2/2000 TOP 6 seien Berufsunfähigkeitsrentner einen Monat vor Vollendung des 60. Lebensjahres schriftlich auf die Möglichkeit des Bezugs einer vorzeitigen Altersrente hinzuweisen. Dieser ihr obliegenden Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI sei die Beklagte auch nachgekommen, denn das von der Beklagten vorgelegte Musterschreiben, dessen Versendung in den Versichertenkonten grundsätzlich durch den Schlüssel 1939 dokumentiert werde, beinhalte im notwendigen Umfang eine entsprechende Aufklärung. In diesem Schreiben sei darauf hingewiesen worden, dass der Kläger in Kürze die Altersgrenze für eine möglicherweise höhere vorgezogene Altersrente erreiche und diese nur gezahlt werden könne, wenn hierfür ausdrücklich ein Rentenantrag gestellt werde. Es werde insoweit empfohlen, sich diesbezüglich gegebenenfalls in einer der Auskunfts- und Beratungsstellen der Beklagten beraten zu lassen. Bei der formlosen Übermittlung von Schriftstücken bestehe zwar keine Vermutung für den Zugang, weil im Streitfall die Behörde die Beweislast – worauf der Kläger zutreffend hingewiesen habe – treffe. Der Beweis des Zugangs könne aber auf Indizien gestützt und im Wege der freien Beweiswürdigung geführt werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.04.2004 – L 1 KG 3408/02 – zitiert nach Juris, Rn. 18; BFH, Urteil vom 12.03.2003 – X R 17/99 – zitiert nach Juris). Dass unter dem 25. Februar 2005 tatsächlich ein entsprechendes Hinweisschreiben versandt wurde und dem Kläger zugegangen sei, zeige der im Kontospiegel des Klägers enthaltene Schlüssel 1939, weil sich aus der unter "MM" aufgeführten "0" entnehmen lasse, dass kein Postrückläufer zu verzeichnen sei. Zudem habe der Kläger ausweislich des in den Verwaltungsakten befindlichen Telefonvermerks vom 16. Januar 2008 den Erhalt des Schreibens vom 25. Februar 2005 tatsächlich bestätigt. An der inhaltlichen Richtigkeit des Telefonvermerks und dessen Zeitpunkt bestünden keine Zweifel, zumal Datum und Uhrzeit bei Aufruf des entsprechenden Formulars automatisch gespeichert würden und sich nachträglich nicht mehr verändern ließen. Eine über die mit Versendung des Schreibens vom 25. Februar 2005 hinausgehende Aufklärungs- oder Beratungspflicht ergäbe sich auch nicht aus § 14 SGB I. Dass der Kläger bereits im Jahr 2005 eine der Auskunfts- und Beratungsstellen der Beklagten aufgesucht und insoweit Anlass Spontanberatung bestanden hätte, sei aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich und auch durch den Kläger selbst nicht vorgetragen worden.

Gegen das ihm am 23. Mai 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Juni 2012 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, die Beweiswürdigung des Sozialgerichts sei nicht ausreichend. Mit einem nicht erfolgten Postrücklauf, der im Übrigen bestritten werde, sei nicht der Beweis des Zugangs des streitigen Scheibens geführt. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass das Sozialgericht, ohne den Sachbearbeiter S. als Zeugen vernommen zu haben, keine Zweifel an der Korrektheit seines Telefonvermerks gehabt habe. Insbesondere sei der Zeitpunkt des Telefonates unrichtig festgehalten worden, da der Kläger erst am 17. Januar 2008 bei der Beklagten angerufen habe. Es sei unwahrscheinlich, dass bereits einem Tag nach einem Anruf ein Bescheid gefertigt werden würde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. April 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 17. Januar 2008 in der Gestalt des Bescheides vom 18. April 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2008 zu verurteilen, ihm Altersrente für schwerbehinderte Menschen ohne Abschlag ab dem 1. April 2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig und bezieht sich auf dessen Begründung.

Im Erörterungstermin am 10. April 2013 wurde der Kläger angehört; auf das Protokoll wird verwiesen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 153 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Senat konnte durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin entscheiden, da die hierfür gemäß § 155 Abs. 3 SGG erforderlichen Einverständniserklärungen vorliegen.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen die Zeit vom 1. April 2005 bis zum 28. Februar 2007. Der Kläger hat insoweit keine weiteren Ansprüche als die ihm mit den Bescheiden vom 17. Januar 2008 in der Gestalt des Bescheides vom 18. April 2008 sowie des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2008 zugebilligten. Für den Senat steht ohne vernünftigen Zweifel fest, dass der Kläger das Hinweisschreiben vom 25. Februar 2005 tatsächlich erhalten hat. Zur Begründung wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts verwiesen, denen der Senat folgt.

Hinsichtlich der Berufungsbegründung ist auszuführen, dass der Kläger als Anspruchssteller für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, auf dessen Vorliegen sich das Klagebegehren stützt, alle tatbestandlichen (anspruchsbegründenden) Voraussetzungen zu beweisen hat. Hierzu gehört das Vorliegen einer Verletzung der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Auskunft und Beratung durch die Beklagte.

Daran, dass eine Pflichtverletzung nicht vorliegt, bestehen keine vernünftigen Zweifel, weil dem Kläger das Hinweisschreiben vom 25. Februar 2005 zugegangen und die Beklagte damit ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht auch ausreichend nachgekommen ist. Kommt es bei der Frage, ob der Rentenversicherungsträger seiner gesetzlichen Hinweispflicht durch Übermittlung eines Informationsschreibens nachgekommen ist zu Streit, ist nach den Grundsätzen der Beweislast die Beklagte in der Nachweispflicht (Landessozialgericht Berlin- Brandenburg, Urteil vom 18. April 2012 – L 22 R 249/11 -, NZS 2012, 755-766). Zwar bedeutet ein vom Rentenversicherungsträger in den Versicherungsunterlagen eines Versicherten aufgenommenen Bearbeitungsvermerk nicht zwingend, dass ein bestimmtes Schriftstück den Versicherten auch erreicht hat, da Störungen auf dem Postweg denkbar sind. Auch reicht das Fehlen eines Postrücklaufes nach der Rechtsprechung des BSG hierfür nicht aus (BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 4/06 R, SozR 4-2600 § 115 Nr. 2). Andere Urkunden, die den Zugang bzw. den Erhalt des Hinweisschreibens vom 25. Februar 2005 unmittelbar belegen (wie Zustellungszeugnis, Empfangsquittung), befinden sich nicht bei den Akten. Der Vermerk des Mitarbeiters Herrn S. lässt gleichwohl den Schluss zu, dass dem Kläger o.a. Scheiben zugegangen ist. Ausweislich der Widerspruchsbegründung des Klägers hat dieser anlässlich der Rentenantragsstellung am 10. Januar 2008 von der Möglichkeit einer abschlagsfreien Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Vollendung des 60. Lebensjahres erfahren. Deshalb hat für ihn Anlass bestanden, seine Unterlagen nach einem Hinweisschreiben, in welchem die Beklagte ihn über die Möglichkeiten der vorgezogenen Altersrente informiert hat, zu durchsuchen und nach Auffinden desselben den Erhalt des Hinweisschreibens in einem Telefongespräch zu bestätigen. Der Vermerk des Mitarbeiters S. ist für den Senat nicht anders zu verstehen, als dass der Kläger trotz des Empfanges des Informationsschreibens irrtümlich davon ausgegangen ist, eine abschlagsfreie Rente ab Vollendung des 60. Lebensjahres nicht erhalten zu können. Für eine falsche Widergabe des Inhalts des Telefongesprächs, ohne dass der Kläger den Erhalt des streitigen Schreibens erwähnt hat, bestand für Herrn S. auch keine Veranlassung. Vor dem Hintergrund der klaren Formulierung "Der oG hat unser Schreiben vom 25.02.2005 erhalten ..." war die Vernehmung des Herrn S. als Zeuge entbehrlich, zumal dieser wegen des erheblichen Zeitablaufs und dem fehlenden persönlichen Kontakt zum Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über den Vermerk hinaus keine weitere Erinnerung an das Telefongespräch haben dürfte. Dass der Kläger die Sachaufklärungspflicht des Senats noch nicht als erfüllt angesehen hat, wurde jedenfalls nicht durch einen Beweisantrag geltend gemacht.

Auch wenn mit dem Kläger davon auszugehen wäre, dass das Telefongespräch am 17. Januar 2008 und nicht am 16. Januar 2008 geführt wurde, ist nicht erkennbar, dass dieser Umstand zu einem anderen Ergebnis der Beweiswürdigung führen könnte.

Aus Sicht des Senats sind die abweichenden Angaben des Klägers vom Inhalt des Telefongespräches zweckgerichtet und nicht geeignet, vernünftige Zweifel an der Richtigkeit des Vermerks zu begründen.

Damit steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Hinweisschreiben vom 25. Februar 2005 dem Kläger zugegangen und die Beklagte ihrer Auskunfts- und Beratungspflicht ausreichend nachgekommen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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Rechtskraft
Aus
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