L 1 KR 15/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 KR 1039/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 15/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 4. Januar 2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 1949 geborene Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankengeld über den 27. Juli 2007 hinaus.

Der Kläger war von April 2005 bis Mai 2007 arbeitslos und bezog in dieser Zeit Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -. Am 1. Juni 2007 (einem Freitag) nahm er eine Beschäftigung in der Firma des Herrn U.H. zu einem Monatslohn von 5000 EUR brutto auf, ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestand gegenüber dem Arbeitgeber nicht. Nach den Unterlagen der Beklagten war der Arbeitgeber selbst zu dieser Zeit bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied krankenversichert, beschäftigungslos und bezog eine Altersrente von 160 EUR. Nachdem der Kläger sich bereits am 4. Juni 2007 (dem darauf folgenden Montag) bei seinem Arbeitgeber arbeitsunfähig erkrankt meldete, wurde das Beschäftigungsverhältnis durch den Arbeitgeber am 13. Juni 2007 mit Wirkung zum 27. Juni 2007 gekündigt. Der Arbeitgeber hatte den Kläger erst am 21. Juni 2007 für die Zeit ab 1. Juni 2007 sozialversicherungsrechtlich angemeldet.

Der behandelnde Arzt des Klägers, Herr Dr. W., hatte ihm am 4. Juni 2007 für die Zeit vom 4. Juni 2007 bis voraussichtlich 18. Juni 2007 Arbeitsunfähigkeit wegen Radikulopathie attestiert. Die am 18. Juni 2007 vom Arzt ausgestellte Folgebescheinigung betraf den Zeitraum vom 18. Juni bis 2. Juli 2007. Am 2. Juli 2007 stellte der Arzt wiederum eine Folgebescheinigung für die Zeit bis zum 16. Juli 2007 aus und am 16. Juli 2007 verlängerte er den attestierten Arbeitsunfähigkeitszeitraum bis zum 27. Juli 2007. Erst am 31. Juli 2007 bescheinigte Dr. W. erneut die Arbeitsunfähigkeit des Klägers, dieses Mal bis zum 14. August 2007, in dem entsprechenden Formular-Kästchen wiederum als Folgebescheinigung angekreuzt. Am 28. Juni 2007 hatte der Kläger bei der Beklagten den Bezug von Entgeltersatzleistungen beantragt. Mit Bescheid vom 10. Juli 2007 verwehrte die Beklagte dem Kläger dieses zunächst mit der Begründung, dass Zweifel daran bestünden, ob der Kläger die ernstliche Absicht gehabt habe, eine mit allen gegenseitigen Rechten und Verpflichtungen verbundene Tätigkeit bei dem Arbeitgeber einzugehen; sozialversicherungsrechtlich könne damit nicht von einem zum 1. Juni 2007 entstandenen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen werden. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Ermittlungsversuche der Beklagten bei dem fraglichen Arbeitgeber des Klägers über die Umstände des Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Arbeitgeber und dem Kläger blieben ergebnislos, da der fragliche Arbeitgeber auf die Schreiben der Beklagten nicht reagiert hat.

Nachdem die Beklagte den Widerspruch nicht beschieden hatte, erhob der Kläger im Jahr 2009 Untätigkeitsklage beim Sozialgericht. Mit Bescheid vom 24. Juni 2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger schließlich Krankengeld vom 5. Juni bis 27. Juli 2007 kalendertäglich i.H.v. 71,11 Euro nach Abzug der Beitragsanteile zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Dieser wurde mit Bescheid vom 19. Juli 2010 zurückgewiesen. Krankengeld für die Zeit nach dem 27. Juli 2007 stünde dem Kläger nicht zu, denn die nahtlosen Bescheinigungen der Arbeitsunfähigkeit reichten nur bis zum 27. Juli 2007. Die nachfolgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes habe dann erst wieder das Datum des 31. Juli 2007 getragen, so dass es für die Zeit vom 28. bis 30. Juli 2007 an einem entsprechenden Nachweis fehle. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 26. Juni 2007 – B 1 KR 8/07 R) setzte der nahtlose Bezug von Krankengeld jedoch voraus, dass spätestens am letzten Tag, für den zunächst Arbeitsunfähigkeit bescheinigt sei, eine Folgebescheinigung für das Weiterbestehen von Arbeitsunfähigkeit ausgestellt werde. Da die weitere Arbeitsunfähigkeit nach ärztlicher Untersuchung am 31. Juli 2007 festgestellt worden sei, könne ein neuer Krankengeldanspruch daher erst am 1. August 2007 entstehen. An diesem Tag habe bei der Beklagten keine Mitgliedschaft mit Krankengeldanspruch – mehr – bestanden, so dass eine weitere Zahlung von Krankengeld nicht erfolgen könne. Da der Kläger nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht am 27. Juli 2007 Leistungen nach dem SGB II bezogen habe, komme es zu einer erneuten Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -, so dass weiterer Krankenversicherungsschutz bestehe. Diese Versicherung beinhalte aber keinen Krankengeldanspruch, so dass eine erneute Krankengeldzahlung nicht erfolgen könne. Am 19. August 2011 hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Er habe unter Depressionen gelitten, weshalb er sich nicht habe rechtzeitig zum Arzt begeben können. Überdies habe der Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung regelmäßig für den Zeitraum von sechs Wochen auszustellen. Danach erhalte man von der Krankenkasse einen Auszahlungsschein. Das verändere die terminliche Festlegung des Arztes grundlegend. Die Beklagte habe ihm den üblicherweise übermittelten Auszahlungsschein vorenthalten, da sie ihm zunächst die Gewährung des Krankengeldes verweigert habe.

Nach entsprechender Anhörung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 4. Januar 2012 abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht auf die Lücke bei der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 28. bis 30. Juli 2007 abgestellt. Diese Lücke habe den Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf des zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraums am 27. Juli 2007 enden lassen. Die ärztliche Feststellung vom 31. Juli 2707 habe keinen neuen Anspruch auf Krankengeld begründen können, denn ab dem 28. Juli 2007 sei der Kläger aufgrund des Bezugs von SGB II-Leistungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V und § 44 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen.

Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 10. Januar 2012 zugestellt worden. Am 9. Februar 2012 hat er die vorliegende Berufung erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen seinen Vortrag vor dem Sozialgericht. Am 24. April 2012 legitimierte sich als Prozessbevollmächtigte eine Rechtsanwältin für den Kläger und beantragte die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ihren Mandanten. Mit Beschluss vom 25. Januar 2013 hat das Gericht den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren mit ausführlicher Begründung abgelehnt. Der Kläger reichte daraufhin noch ein ärztliches Attest von Dr. W. ein. Danach befinde der Kläger sich seit dem 6. Februar 1998 in seiner Behandlung. Weiter führt der Arzt aus, dass es aufgrund einer depressiven Störung durchaus vorkommen könne, dass man Dinge des täglichen Lebens nicht mehr verantwortlich besorgen könne (z.B. Arztbesuche).

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Januar 2012 aufzuheben und unter Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 10. Juli 2007 und 24. Juni 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften ab dem 28. Juli 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung beruft sie sich auf ihr Vorbringen vor dem Sozialgericht und die Entscheidungsgründe im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 4. Januar 2012.

Nachdem der Kläger auf Nachfrage des Gerichts an seiner Berufung festgehalten hat, hat der Senat unter Bezug auf die Begründung des ablehnenden Prozesskostenhilfebeschlusses die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die fehlende Nahtlosigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zulasten des Klägers ginge. Etwas anderes könne nur bei Handlungs-und Geschäftsunfähigkeit gelten. Es gebe aber auch mit Blick auf das jüngst vorgelegte Attest des behandelnden Arztes des Klägers keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger sich Ende Juli 2007 in einem derartigen Zustand befunden habe.

Der daraufhin gegen den gesamten Senat gerichtete Befangenheitsantrag des Klägers wurde durch Beschluss des 4. Senats des Landessozialgerichts Hamburg vom 2. Dezember 2013 (L1 SF 21/13 AB) zurückgewiesen.

Dem Gericht haben neben der Gerichtsakte auch die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorgelegen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Für weitere Einzelheiten zum Sachverhalt wird hierauf Bezug genommen. Mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 hat der Senat die Berufung auf die Berichterstatterin übertragen, die zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

Entscheidungsgründe:

Die Berichterstatterin konnte zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern anstelle des Senats entscheiden, da die Berufung durch Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2013 auf sie übertragen wurde (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die am 9. Februar 2012 eingelegte Berufung gegen den am 10. Januar 2012 zugestellten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 4. Januar 2012 ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist rechtmäßig. Zu Recht hat das Sozialgericht in dem mit der zulässigen Berufung angegriffenen Gerichtsbescheid vom 4. Januar 2012 ausgeführt, dass und warum die hier angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 10. Juli 2007 und 24. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2011 rechtlich nicht zu beanstanden sind. Die Beklagte und das Sozialgericht haben zutreffend ihren angefochtenen Entscheidungen zugrunde gelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld über den 27. Juli 2007 hinaus hat.

Diese rechtliche Würdigung hat der Senat bereits in seinem den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ablehnenden Beschluss vom 25. Januar 2013 dargelegt und eingehend begründet. Der Senat hat in dem Beschluss ausgeführt:

"Zu Recht hat das Sozialgericht seine" - des Klägers –" Klage abgewiesen. Auch mit Blick auf das Berufungsvorbringen bestehen keine hinreichenden tatsächlichen oder rechtlichen Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger über den 27. Juli 2007 hinaus die Gewährung von Krankengeld von der Beklagten beanspruchen kann. Ein solcher Anspruch könnte sich einzig aus §§ 44 Abs. 1 Satz 1, 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) ergeben. Danach haben Versicherte unter anderem dann Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht; der Anspruch entsteht von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das bei Entstehen des Einzelanspruchs auf Krankengeld besteht (vgl. BSG Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 37/06 R – Juris).

Nach dem 27. Juli 2007 bestand für den Kläger indes kein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch mehr (a.). Ebenso wenig hatte er einen nachgehenden Anspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V (b.).

a. Der Kläger stand nach dem 27. Juli 2007 nicht länger in einem Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch. Die Beteiligten gehen inzwischen übereinstimmend davon aus, dass er vom 1. bis zum 27. Juni 2007 gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war. Geht man hiervon aus, war er bei Entstehen des ersten Einzelanspruchs auf Krankengeld (5. Juni 2007) gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Damit gehörte er zur Gruppe der Versicherten mit Krankengeldanspruch. Diese beschäftigungsbasierte Pflichtmitgliedschaft bestand über das Beschäftigungsende hinaus bis zum 27. Juli 2007 fort. Denn bis zu diesem Tag bezog der Kläger lückenlos Krankengeld von der Beklagten, was gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V die Mitgliedschaft fortbestehen ließ. Mit dem 27. Juli 2007 endete seine beschäftigungsbasierte Pflichtmitgliedschaft. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn sie sich wiederum gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V verlängert hätte, weil der Kläger entweder weiterhin Krankengeld bezog oder hierauf ein Anspruch bestanden hätte. Beides war nicht der Fall; die Beklagte gewährte kein Krankengeld mehr und der Kläger konnte dies auch nicht beanspruchen. Die hierfür grundsätzlich erforderliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit fehlt (aa.); es ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, bei dem die fehlende Feststellung ausnahmsweise nachgeholt werden könnte (bb.) und der Kläger kann schließlich von der Beklagten nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wäre die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig festgestellt worden (cc).

aa. Ist die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wie hier zeitlich befristet und wird dementsprechend Krankengeld nur abschnittsweise gewährt, müssen für jeden neuen Bewilligungsabschnitt sämtliche Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 05.05.2009 – B 1 KR 20/08 R – Juris – m.w.N.). Insbesondere muss die Arbeitsunfähigkeit jedes Mal erneut ärztlich festgestellt werden. Denn § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ist keine bloße Vorschrift über den Zahlungsanspruch, sondern enthält eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung (vgl. BSG Urteil vom 19.09.2002 – B 1 KR 11/02 R – Juris).

An dieser Entstehungsvoraussetzung fehlt es für die Zeit nach dem 27. Juli 2007. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers wurde zunächst nur bis zu diesem Tag festgestellt und nicht etwa "bis auf weiteres". Denn obgleich die Praxisvertreterin des klägerischen Hausarztes am 5. Juli 2007 der Beklagten mitgeteilt hatte, der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit sei nicht absehbar, befristete sie weiterhin sämtliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Die letzte von ihr ausgestellte Bescheinigung galt bis zum 27. Juli 2007, einem Freitag. Der nächste Arztbesuch des Klägers fand am 31. Juli 2007 statt, dem folgenden Dienstag. An diesem Tag stellte der Hausarzt des Klägers erneut Arbeitsunfähigkeit fest, und zwar mittels weiterer Folgebescheinigungen bis letztlich zum 30. November 2007. Eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für den dazwischen liegenden Zeitraum vom 28. bis zum 30. Juli 2007 erfolgte nicht. Denn auch wenn der Hausarzt auf der neuerlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung "Folgebescheinigung" statt "Erstbescheinigung" ankreuzte, strich er doch das Kästchen für eine etwaige Datumsangabe bei "Arbeitsunfähig seit" durch. Im Übrigen würde selbst eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit einen Krankengeldanspruch grundsätzlich nicht entstehen lassen (vgl. BSG Urteil vom 26.06.2007 – B 1 KR 37/06 R – Juris – m.w.N.). Die am 31. Juli 2007 festgestellte Arbeitsunfähigkeit wahrte den nahtlosen Anschluss an die frühere Mitgliedschaft nicht, weil sie gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V frühestens am Folgetag, also am 1. August 2007, einen Anspruch auf Krankengeld hätte auslösen können.

bb. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte für einen Sachverhalt, bei dem die fehlende Feststellung ausnahmsweise rückwirkend auf den 27. Juli 2007 nachgeholt werden könnte. Fehlt wie hier die ärztliche Feststellung der (Folge-) Arbeitsunfähigkeit, geht das grundsätzlich zu Lasten des Versicherten, selbst wenn ihn hieran kein Verschulden trifft. Denn die gesetzlichen Vorgaben bürden es ihm auf, für eine rechtzeitige ärztliche Feststellung Sorge zu tragen. Auf diese Weise sollen beim Krankengeld Missbrauch und praktische Schwierigkeiten vermieden werden, zu denen die nachträgliche Behauptung der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen könnten (vgl. BSG Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 20/11 R – Juris – m.w.N.).

Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn die rechtzeitige Feststellung oder Meldung der Arbeitsunfähigkeit durch Umstände verhindert oder verzögert wurde, die nicht dem Verantwortungsbereich des Versicherten zuzurechnen sind (vgl. BSG Urteil vom 05.05.2009 – B 1 KR 20/08 R – Juris – m.w.N.). Das kommt in Betracht bei einer Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit des Versicherten (vgl. BSG Urteil vom 22.06.1966 – 3 RK 14/64 – Juris; aus jüngerer Zeit: Urteil vom 10.05.2012 – B 1 KR 19/11 R – Juris) oder wenn die Hinderungsgründe in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen (vgl. zusammenfassend BSG Urteil vom 08.11.2005 – B 1 KR 30/04 R – Juris – m.w.N.).

Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem 28. und 30. Juli 2007 mindestens eine dieser Konstellationen oder eine vergleichbare Sachlage gegeben war. Der Senat stellt nicht in Abrede, dass der Kläger krank war. Selbst wenn man sein Vorbringen als wahr unterstellt, er sei wegen seiner Depression nicht in der Lage gewesen, vor dem 31. Juli 2007 in der Arztpraxis zu erscheinen, würde das aber nicht ausreichen, um ausnahmsweise vom Erfordernis einer rechtzeitigen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzusehen. Der Kläger hat schon selbst nicht vorgebracht, seine Erkrankung habe ihn während des hier relevanten Zeitraums handlungs- und geschäftsunfähig gemacht. Hierfür enthalten auch die vorliegenden Unterlagen keinerlei Hinweise. Ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen wurde beim Kläger für den Zeitraum vom 18. Juni bis zum 27. Juli 2007 und wieder ab dem 31. Juli 2007 die gesicherte Diagnose "Mittelgradige depressive Episode" gestellt. Ab dem 4. September 2007 lautete die Diagnose dann "Depressive Episode, nicht näher bezeichnet". Trotz seiner Erkrankung führte der Kläger das Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ohne anwaltliche Vertretung und ohne erkennbare sonstige Unterstützung. Noch am 16. Juli 2007 richtete er ein anschauliches und detailreiches Schreiben an die Beklagte, mit dem er den behaupteten Krankengeldanspruch engagiert geltend machte. Dass er danach vorübergehend in einen Zustand verfiel, der ihm ein Handeln im Rechtssinne überhaupt nicht mehr möglich machte, so dass z.B. ein Betreuer hätte bestellt werden müssen, erscheint fernliegend. Das gilt umso mehr, als am 31. Juli 2007 nicht etwa eine Verschlimmerung der Depression oder das Hinzukommen einer weiteren Erkrankung festgestellt wurde, sondern die Diagnose gleichbleibend "Mittelgradige depressive Episode" lautete.

Ebenso wenig sind Umstände aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten ersichtlich, die die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verhindert oder verzögert hätten. Insbesondere liegt ein solcher Umstand nicht darin, dass die Beklagte die Gewährung von Krankengeld zunächst mit der Begründung verneinte, der Kläger sei kein wirksames Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Die Auffassung der Beklagten hinderte den Kläger in keiner Weise daran, für eine zeitgerechte ärztliche Feststellung der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit zu sorgen. Ihre Ausführungen gaben ihm keinerlei Anlass zu der Annahme, er müsse dieser Obliegenheit nun nicht mehr nachkommen, um seinen Krankengeldanspruch zu erhalten. Die Beklagte äußerte sich weder im Ablehnungsbescheid vom 10. Juli 2007 noch bis zur Teilabhilfe im Widerspruchsverfahren zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Ihre Anfrage vom 5. Juli 2007 beim behandelnden Hausarzt, die dem Kläger bekannt war, zeigt im Gegenteil, dass sie dem Merkmal der Arbeitsunfähigkeit weiterhin Bedeutung zumaß. Im Übrigen schien der Kläger selbst davon auszugehen, dass er im Eigeninteresse nahtlose (Folge-) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beibringen musste. Denn abgesehen von der hier relevanten dreitägigen Lücke stellte er sich stets pünktlich bei seinem Arzt vor, um eine Folgebescheinigung zu erlangen. Schließlich kann er nicht mit Erfolg vorbringen, das Verhalten der Beklagten habe seinen Gesundheitszustand verschlechtert. Den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ist schon nicht zu entnehmen, dass sich seine Depression während des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens verstärkte. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wären die Gründe hierfür nicht der Beklagten zuzurechnen. Diese verhielt sich ausweislich der Verwaltungsakte gegenüber dem Kläger stets situationsgerecht. Insbesondere ihr erläuterndes Schreiben vom 18. Juli 2007 ist weder im Ton noch nach seinem Inhalt zu beanstanden. Die Beklagte erklärte darin auf sachliche und auch sonst angemessene Weise, warum sie weiterhin ein Beschäftigungsverhältnis verneinte.

cc. Der Kläger kann schließlich nicht über einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, als wäre seine Arbeitsunfähigkeit auch für den Zeitraum vom 28. bis zum 30. Juli 2007 rechtzeitig festgestellt worden. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift bei einer dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnenden Pflichtverletzung ein, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist (vgl. BSG Urteil vom 28.09.2010 – B 1 KR 31/09 R – juris – m.w.N.).

Der Kläger bringt vor, die Beklagte habe das bei der Krankengeldgewährung übliche Prozedere nicht eingehalten, denn sie habe ihm anders als auf ihrer Webseite ("So erhalten Sie Ihr Krankengeld") beschrieben keinen Auszahlungsschein zugeschickt. Der Senat lässt dahin stehen, ob die unterlassene Übersendung eines Auszahlungsscheins hier überhaupt als Pflichtverletzung der Beklagten angesehen werden könnte. Denn die Informationen auf ihrer Webseite betreffen die Krankengeldgewährung, die sich an eine Lohnfortzahlung des Arbeitgebers anschließt. Der Kläger hatte indes keine Lohnfortzahlung erhalten. Es gibt jedenfalls keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine etwaige Pflichtverletzung der Beklagten kausal dafür war, dass der Kläger erst wieder am 31. Juli 2007 seinen Arzt aufsuchte und dadurch seinen Krankengeldanspruch verlor. Aus dem Vorbringen des Klägers im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren ergibt sich kein Indiz dafür, dass er zunächst die Übersendung eines Auszahlungsscheins abwarten und solange von der Vorlage weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen absehen wollte. Vielmehr drang er insbesondere in seinen Schreiben vom 13. und 16. Juli 2007 vehement auf die sofortige Auszahlung von Krankengeld, für das nach seiner Auffassung bereits sämtliche Voraussetzungen erfüllt waren. Wenn er gleichwohl gemeint haben sollte, die Beklagte müsse ihm zunächst noch einen Auszahlungsschein zuschicken, war dies jedenfalls nicht leitend für sein tatsächliches Verhalten. Denn wie erwähnt stellte er sich zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit stets pünktlich bei seinem Arzt vor, einzige Ausnahme ist der hier relevante 3-Tage-Zeitraum.

b. Der Kläger, für den nach alldem über den 27. Juli 2007 hinaus kein Versicherungsverhältnis mit Krankengeldanspruch mehr bestand, hatte auch keinen nachgehenden Anspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Dafür hätte seine Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger insgesamt enden müssen. Das war aber nicht der Fall. Der Kläger war bereits seit dem 4. Juni 2007 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V versicherungspflichtig, da er ab diesem Tag Arbeitslosengeld II bezog. Ein nahtloser Versicherungsschutz – wenn auch ohne Krankengeldbezug, dazu sogleich – war damit sichergestellt, so dass es keines nachgehenden Leistungsanspruchs bedurfte. Ab dem 28. Juli 2007 bestand demnach zwischen den Beteiligten nur noch ein Versicherungsverhältnis aufgrund des Arbeitslosgeld II-Bezugs. Dieses beinhaltet keinen Krankengeldanspruch, wie sich aus § 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB V ergibt. Dass die Arbeitsunfähigkeit am 31. Juli 2007 neu festgestellt wurde, konnte daher keinen neuerlichen Krankengeldanspruch des Klägers entstehen lassen."

An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch für das Berufungsverfahren fest.

Auf die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren hat der Kläger sich im Berufungsverfahren zwar noch geäußert, indem er die Kopie eines ärztlichen Attestes des Dr. U.L. vom 15. August 2013 zur Akte gereicht hat. Darin äußert der Arzt aber nur, dass der Kläger sich seit 1998 in dessen ärztlicher Behandlung befinde. Weiter schreibt er: "aufgrund einer depressiven Störung kann es durchaus vorkommen, dass man Dinge des tägl. Lebens nicht mehr verantwortlich besorgen kann (z.B. Arztbesuche)." Dass damit die Anforderungen an das Bestehen einer Geschäfts- bzw. Handlungsunfähigkeit des Klägers, wie sie Voraussetzung für eine andere rechtliche Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits wäre, nicht hinreichend dargelegt sind, ist offenkundig und bedarf keiner weiteren Ausführungen.

Im Hinblick auf den nachgehenden Anspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V ist nur noch ergänzend darauf hinzuweisen, dass dieser die Versicherung aus § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V auch nicht ausnahmsweise verdrängt. Denn nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt dies nur in Betracht, wenn bei prognostischer Betrachtung davon auszugehen ist, dass der Versicherte spätestens nach Ablauf eines Monats nach dem Ende seiner Mitgliedschaft eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall erlangen werde (vgl. BSG, Urteil vom 10.5.2012 – B 1 KR 19/11 R, Rn. 30ff, juris). Dafür sind im Falle des Klägers keine Anhaltspunkte gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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