L 7 VE 11/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 14 VS 7/08
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 VE 11/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Beschädigtenrente ab Januar 2003 aufgrund von anerkannten erlittenen Wehrdienstbeschädigungen (WDB).

Der am ... 1978 geborene Kläger war vom 1. Mai 1999 bis 30. April 2003 Soldat auf Zeit. Am 9. August 2000 stürzte er bei einer Wehrübung im Gelände auf das linke Knie. Nach dem Arztbrief des Orthopäden Dr. W. vom 10. August 2000 habe er sich dadurch eine Innenbandläsion mit Erguss des linken Knies und Beuge- und Streckschmerz zugezogen. Die Röntgenuntersuchung sei unauffällig gewesen. Bereits bei der Wiedervorstellung am 29. August 2000 konnte Dr. W. ein reizloses Knie und eine verbesserte Stabilität feststellen. Die Beweglichkeit habe 0/0/100 Grad nach der Neutral-Null-Methode betragen. Bei der Untersuchung am 24. Oktober 2000 diagnostizierte er eine konsolidierte Innenbandläsion links, eine Innenmensikopathie und stellte ein reizloses frei bewegliches Kniegelenk sowie stabile Bandverhältnisse fest. Aufgrund der am 27. November 2000 durchgeführten Magnetresonanztomographie (MRT) bestand der Verdacht auf eine Ruptur des lateralen Meniskusvorderhorns bei ansonsten intakten Kniebinnenstrukturen und diskretem Begleiterguss. Mit Arztbrief des Bundeswehrkrankenhauses B. vom 8. Januar 2001 wurde ein femoropatellares Schmerzsyndrom diagnostiziert und folgender Befund des linken Kniegelenkes erhoben: Extension/Flexion 0/0/140 Grad, kein Erguss, stabile Bandverhältnisse, keine Meniskuszeichen, deutlicher Druckschmerz medial, medial stärker laterale Patellafacette. Am 22. Januar 2001 wurde in der O.-Universität M. eine Kniegelenksarthroskopie (links) durchgeführt und dabei ein Plicasyndrom (medial shelf) diagnostiziert. Nach dem Operationsbericht seien die Knorpel und Menisken regelgerecht. Es habe lediglich eine medial etwas vergrößerte Plica festgestellt werden können, die resiziert worden sei. Die intraoperative Beweglichkeit habe 0/0/140 Grad betragen. Bei den ambulanten Kontrolluntersuchungen am 23. und 25. Januar 2001 in der O.-Universität M. wurden reizlose Wundverhältnisse, eine noch mäßige Kapselschwellung sowie ein geringer, nicht funktionswürdiger Gelenkerguss bei einer Beweglichkeit von 0/0/90 Grad festgestellt. Eine Vollbelastung des linken Beins sei bereits wieder möglich gewesen. Das am 27. Februar 2001 gefertigte MRT zeigte im Hinterhorn des Innenmeniskus allenfalls eine minimale Signalanhebung, ansonsten regelrechte Menisken, eine minimale Abhebung des medialen Seitenbandes, ansonsten regelgerechte Ligamente, einen minimalen Gelenkerguss und eine leichte Chondropathia patellae.

Am 14. Dezember 2001 begab sich der Kläger wegen Beschwerden des linken Knies nach einer Übung in Behandlung der Vertragsärztin der Bundeswehr B. Diese stellte eine freie Beweglichkeit fest und schloss einen Erguss aus. Eine Überweisung an einen Orthopäden wurde nicht veranlasst.

Am 13. Januar 2003 verunfallte der Kläger auf dem Weg zu seiner Dienststelle im Straßenverkehr. Um einem anderen verunfallten PKW-Fahrer erste Hilfe zu leisten, bremste er seinen PKW ab, verriss das Lenkrad, kam ins Rutschen, glitt in den Straßengraben und überschlug sich. Nach dem Bericht des A.-Klinikums G. sei der Kläger dort vom 13. bis 15. Januar 2003 wegen einer Rückenkontusion sowie Kontusionen des linken Knie- und Sprunggelenkes behandelt worden. Röntgenologisch hätten Frakturen ausgeschlossen werden können. Im Bereich des linken Sprunggelenkes habe eine deutliche Schwellung bestanden. Es sei eine AIRCAST-Schiene angelegt worden. Unter Zuhilfenahme von Gehstützen habe zunehmend eine Mobilisation mit Belastung des Beines erreicht werden können.

Mit WDB-Blatt (erste Mitteilung über eine mögliche WBD) vom 16. Januar 2003 machte der Kläger bei der Beklagten Gesundheitsstörungen am Rücken, am Knie und am Fußgelenk sowie zahlreiche Schnittwunden geltend.

Nach dem Bericht des Dipl.-Med. W. (A.-Klinikum) vom 17. Januar 2003 war aufgrund einer Restschwellung noch eine weitere Schienenbehandlung für drei Wochen empfohlen worden. Weitere Behandlungsmaßnahmen stünden nicht an. Eine Wiedervorstellung sei nur bei Besonderheiten erforderlich. Am 12. März 2003 erfolgte eine Vorstellung des Klägers beim Stabsarzt wegen eines anhaltenden Instabilitätsgefühls des Sprunggelenkes. Dieser stellte eine dezente Schwellung sowie einen Bewegungs- und Belastungsschmerz fest. Am 14. März 2003 berichtete der Facharzt für Orthopädie Dr. H. über Belastungsbeschwerden und diagnostizierte eine chronisch laterale Instabilität des linken oberen Sprunggelenks (OSG). Dabei erhob er folgenden Befund: Gangbild flüssig, linkes oberes Sprunggelenk Extension/Flexion 15/0/60 Grad, Supination/Pronation 60/0/20 Grad, gering vermehrt aufklappbar gegenüber rechts, endgradig Supination schmerzhaft, kein Talusvorschub. Die Röntgenuntersuchung habe diskrete Randzacken im Bereich der ventralen Tibia und im Talusbereich gezeigt, sei aber ansonsten unauffällig gewesen. Dr. H. verordnete zehn Mal Krankengymnastik und Ultraschall, eine Malleotrain-Bandage und teilte mit, bei Beschwerderesistenz sei eine Wiedervorstellung möglich. Dann sollten ggf. gehaltene Röntgenaufnahmen erfolgen.

Bei der Bundeswehrentlassungsuntersuchung des Klägers am 14. April 2003 schilderte dieser persistierende Schmerzen beim längeren Knien. Bei klinisch unauffälligem Befund wurde ein Medial-Shelf-Syndrom des linken Kniegelenks diagnostiziert. Außerdem berichtete der Kläger über persistierende belastungsabhängige Schmerzen im linken oberen Sprunggelenk. Auch bezüglich des Sprunggelenkes sei nach der Entlassungsuntersuchung der klinische Befund weitgehend unauffällig gewesen.

Am 24. August 2004 berichtete der Arzt für Orthopädie Dr. S. vom Bundeswehrkrankenhaus L. über die ambulante Untersuchung des Klägers am 18. August 2004 aufgrund eines zu erstellenden truppenärztlichen Versorgungsgutachtens. Der Kläger habe über eine Orthesenbehandlung nach dem Wegeunfall im Januar 2003 berichtet. Danach sei keine weitere Therapie erfolgt. Derzeit liege vor allem bei sportlicher Belastung eine deutliche Belastungseinschränkung des Kniegelenks vor. Ein direktes Aufknien sei nicht möglich. Bezüglich des Sprunggelenks habe der Kläger eine deutliche Instabilität mit rezidivierenden Supinationstraumen angegeben. Dr. S. diagnostizierte einen medialen Kapsel-Reizzustand des linken Kniegelenkes, eine beginnende Retropatellararthrose mit Patellaspitzensyndrom sowie eine funktionelle OSG-Instabilität links. Dem lag folgende Befunderhebung des linken Kniegelenks zugrunde: Extension/Flexion 10/0/130 Grad, kein Erguss, leichtes Defizit der Oberschenkelstreckmuskulatur, Kreuz- und Kollateralbänder intakt, Druckschmerz im Bereich des medialen Gelenkspaltes, keine sonstigen Meniskuszeichen, deutlicher Patellaanpress- und Verschiebeschmerz mit vermehrter retropatellarer Krepitation, Druckschmerz parapatellar, medial sowie im Bereich der Patellaspitze, Schnapp-Phänomen der Patella. Bei Untersuchung des linken oberen Sprunggelenkes stellte Dr. S. eine Extension/Flexion von 15/0/35 Grad, unauffällige Gelenkkonturen, keinen Erguss und eine im Seitenvergleich vermehrte laterale Aufklappbarkeit fest. Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Dr. S. nach Auswertung zwischenzeitlich angefertigter MRT-Aufnahmen und nochmaliger Untersuchung des Klägers am 17. Januar 2005 das Gutachten vom 30. März 2006. Danach habe der Kläger dieselben Beschwerden wie am 18. August 2004 geschildert. Dr. S. erhob folgenden Befund: Kniegelenke beidseits keine Schwellung, keine Ergussbildung, reizlose Narbenverhältnisse des linken Kniegelenks, keine wesentlichen Veränderungen im Bereich beider Kniegelenkskonturen, beidseits kein Hinweis auf Schwellung, Rötung oder Überwärmung der Kniegelenke. Im Bereich des linken Kniegelenks mäßiger Druckschmerz am medialen Gelenkspalt, sonstige Meniskuszeichen unauffällig, Kreuz- und Kollateralbänder seitengleich stabil und klinisch intakt, Kniegelenksbeweglichkeit rechts/links Streckung/Beugung 10/0/135 Grad, beidseits kein Patellaanpress- oder – verschiebeschmerz, beidseits keine retropatellare Krepitation, deutlicher Druckschmerz über der Patellaspitze links sowie ein reproduzierbares Schnapp-Phänomen der Patella bei dynamischer Untersuchung, geringes Defizit (maximal 1,5 cm) der Oberschenkelstreckmuskulatur. Die oberen Sprunggelenke hätten keinen Erguss und keine Entzündungszeichen bei einer Beweglichkeit von rechts/links Extension/Flexion 15/0/35 Grad gezeigt. Im Seitenvergleich seien eine etwas vermehrte laterale Aufklappbarkeit links und ein ebenfalls gering vermehrter Talusvorschub festzustellen. Weitere Störungen im Bereich der unteren Extremitäten seien nicht festzustellen. Sensibilitätsstörungen lägen nicht vor und ein Kraftdefizit habe nicht bestanden. Der Ballen- und Hackengang sei beidseits uneingeschränkt möglich gewesen. Die bildgebenden Befunde wertete Dr. S. wie folgt aus: Die Röntgenuntersuchung des linken Kniegelenks vom 18. August 2004 habe eine Mehrsklerosierung retropatellar, keine frische oder alte knöcherne Läsionen und keine relevante Degeneration gezeigt. Die Röntgenuntersuchung des linken oberen Sprunggelenks habe eine im Seitenvergleich geringfügig vermehrt laterale Aufklappbarkeit links dokumentiert. Das MRT des linken Kniegelenks vom 21. September 2004 habe eine unauffällige Darstellung des Innen- und Außenmeniskus, der Kollateralbänder, der Kreuzbänder, des Knorpelbelages, der abgebildeten knöchernen Strukturen und Weichteile und allenfalls geringe Mengen eines Reizergusses lateralseitig gezeigt. Im Bereich der Patella bestünden keine Auffälligkeiten, insbesondere sei eine regelrechte Darstellung des Ligamentum patellare dokumentiert. Damit könne eine relevante Schädigung der retropatellaren Knorpelfläche durch den Sturz im Jahre 2000 ausgeschlossen werden. Das vorliegende Beschwerdebild sei demnach ein femoropatellares Schmerzsyndrom des linken Kniegelenkes. Der nunmehr vorliegende mediale Kapselreizzustand sowie die patellare Spitzensymptomatik seien Folge der dadurch bedingten muskulären Dysbalance/Fehlbelastung und damit als mittelbare Schädigungsfolge anzusehen. Dafür sprächen die glaubhafte Brückensymptomatik sowie das vorliegende Defizit der Oberschenkelstreckmuskulatur der betroffenen Seite. Die funktionelle Instabilität des linken oberen Sprunggelenks sei nach dem beim Verkehrsunfall erlittenen Supinationstrauma Folge eines Propriorezeptionsdefizites, wie es häufig nach Ruhigstellung zur Therapie einer Kapsel-Band-Läsion am oberen Sprunggelenk auftrete und damit auch mittelbare Schädigungsfolge des Unfalls. Darüber hinaus fänden sich im Bereich des Gesichtes minimale, kaum zu sehende kleine Narben. Unfallbedingte Narben im Bereich der Hände seien nicht vorgefunden worden. Folgende Schädigungsfolgen seien danach festzustellen: Knorpelschädigung der Kniescheibengelenkfläche mit daraus erfolgender Fehlbelastung und Reizerscheinungen an der Kniescheibenspitze sowie an der innenseitigen Gelenkkapsel, funktionelle Instabilität des oberen Sprunggelenkes. Für die Schädigung der linken Kniescheibe sei für die Zeit vom 9. August bis 9. September 2000 eine MdE von 100 vom Hundert (vH), vom 10. September 2000 bis 21. Januar 2001 eine MdE von 50 vH, vom 22. Januar 2002 (gemeint wohl 2001) bis 31. Januar 2001 eine MdE von 100, vom 1. Februar 2001 bis 28. Februar 2001 eine MdE von 80, vom 1. März 2001 bis 31. März 2001 eine MdE von 30 und ab 1. April 2001 bis auf Weiteres eine MdE von unter 10 vH festzustellen. Für die funktionelle Instabilität des oberen Sprunggelenkes sei vom 13. Januar bis 12. Februar 2003 eine MdE von 100 vH, vom 13. Februar 2003 bis 12. März 2003 eine MdE von 50 vH, vom 12. März 2003 bis 13. April 2003 eine MdE von 20 vH und ab 14. März 2003 eine MdE von 10 anzunehmen. Daher betrage die Gesamt-MdE nunmehr 10 vH.

Mit versorgungsmedizinischer Stellungnahme vom 16. Mai 2006 schlug die Prüfärztin der Beklagten Dr. V. vor, als WDB im Sinne der Entstehung anzuerkennen: Reizerscheinungen an der linken Kniescheibenspitze und an der innenseitigen Kniegelenkkapsel bei Knorpelschädigung der Kniescheibengelenkfläche, Instabilitätsgefühl linkes oberes Sprunggelenk. Doch habe keine MdE von 25 vH für die Dauer von wenigstens sechs Monaten vorgelegen. Nachdem Dr. S. ab 1. April 2001 für die Belastungsminderung (linke Kniescheibe) eine MdE von unter 10 vH festgestellt habe, sei auch auszuschließen, dass es im Rahmen der Ermittlung einer Gesamt-MdE je zu einem ausgleichberechtigendem Grad gekommen sei.

Mit Bescheid vom 19. Juli 2006 lehnte die Beklagte zunächst die Feststellung von Folgen einer WDB nach § 81 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) ab und führte zur Begründung aus: Der Versorgungsschutz sei ausgeschlossen, weil der Kläger beim Unfall am 13. Januar 2003 habe erste Hilfe leisten wollen und dies auch wesentliche Ursache für den Unfall gewesen sei. Dagegen legte der Kläger am 31. Juli 2006 Widerspruch ein. Diesem half der Beklagte mit Bescheid vom 31. August 2006 ab und erkannte als Folgen einer WDB an: "Reizerscheinungen an der linken Kniescheibenspitze und an der innenseitigen Kniegelenkkapsel bei Knorpelschädigung der Kniescheibengelenkfläche; Instabilitätsgefühl linkes oberes Sprunggelenk; Rückenkontusion abgeklungen". Ein Anspruch auf Ausgleich nach § 85 SVG bestehe nicht, weil eine MdE um mindestens 25 vH für die Dauer von wenigstens sechs Monaten nicht vorgelegen habe. Dagegen legte der Kläger am 28. September 2006 erneut Widerspruch ein, weil der Bescheid nur einen seiner zwei Anträge beschieden habe. Bei der nicht berücksichtigten Verletzung vom 9. August 2000 habe es sich um eine erhebliche Verletzung (Ruptur Meniskus) gehandelt. Auch die Verletzung des Sprunggelenks sei nicht genügend beachtet worden. Nach seiner Ansicht müsse eine MdE von 25 vH gerade nicht über einen längeren Zeitraum vorgelegen haben. Die fehlerhafte medizinische Beurteilung, wonach keine rentenberechtigende MdE vorliege, sei zustande gekommen, weil er kurz nach dem zweiten Unfall aus dem Dienst ausgeschieden sei und daher keine weiteren Untersuchungen durch seine ehemalige Dienststelle veranlasst worden seien. Tatsächlich habe er auch weiterhin erhebliche Schmerzen und leide an Wetterfühligkeit. Das versorgungsärztliche Gutachten sei auch insoweit nicht nachvollziehbar, weil ohne weitere medizinische Begründung ab 1. April 2003 die MdE von 30 auf 10 abgesenkt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Abhilfebescheid vom 31. August 2006 zurück und führte zur Begründung aus: Nach § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetz (BVG) seien vorübergehende Gesundheitsstörungen nicht zu berücksichtigen. Als nicht nur vorübergehend gelte ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Die MdE für Schäden an den Bewegungsorganen werde entscheidend durch die Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung, Minderbelastbarkeit) bestimmt. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden seien dabei mit berücksichtigt. Für eine Bewegungseinschränkung im Kniegelenk mittleren Grades sei nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) eine MdE von 20 vH anzusetzen. Eine derartige Gesundheitsstörung habe beim Kläger nicht vorgelegen. Beim Verkehrsunfall vom 13. Januar 2003 habe sich der Kläger eine Rücken- und eine Knieprellung, mehrere Schnittwunden an den Händen und im Gesicht sowie eine Verletzung des linken oberen Sprunggelenks zugezogen. Während die Prellungen und die Schnittverletzungen schnell abgeheilt seien, bestehe am linken oberen Sprunggelenk eine chronisch laterale Instabilität. Da nach den AHP bei einer stärkeren Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk, die beim Kläger nicht einmal vorgelegen habe, eine MdE von 20 vH zu berücksichtigen sei, sei auch ein Ausgleich für die beim Unfall im Januar 2003 erlittene Gesundheitsstörung nicht gerechtfertigt. Ein Gesamt-GdS könne nicht gebildet werden, weil zum Zeitpunkt des Unfalls am 13. Januar 2003 keine messbare Gesundheitsstörung vom Unfall vom 9. August 2000 hätte berücksichtigt werden können.

Dagegen hat der Kläger am 16. April 2008 Klage beim Sozialgericht (SG) M. erhoben und die Ansicht vertreten, bereits die verletzungsbedingten Dienstbefreiungen (Krankschreibungen) rechtfertigten die Annahme eines Grades der Schädigung (GdS) von 25. Auf Nachfrage hat er angegeben, nach Beendigung seines Dienstverhältnisses zweimal im Bundeswehrkrankenhaus L. behandelt worden zu sein. Aktuell leide er an Schmerzen beim Knien, Wetterfühligkeit und Schmerzen bei größeren Belastungen.

Mit Beschluss vom 14. Januar 2011 hat das SG das Land Sachsen-Anhalt zum Verfahren beigeladen, weil nach § 88 Abs. 3 SVG das Versorgungsverhältnis nur einheitlich gegenüber Bund und Land festgestellt werden könne.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Direktor des Orthopädischen Universitätsklinikums M., Prof. Dr. L., das Gutachten vom 8. Februar 2012 nach Untersuchung des Klägers am 14. November 2011 erstattet. Dort habe der Kläger belastungsabhängige Beschwerden (ohne Schwellneigung) im Bereich des linken Kniegelenks angegeben. Bei Bedarf nehme er Ibuprofen als Schmerzmittel. Das Sprunggelenk sei instabil. Er trage hohe Schuhe, da er im Gelände gehäuft zum Umknicken neige. Der Sachverständige hat eine regelrechte Schrittlänge und ein unauffälliges Gangbild festgestellt. Das linke Kniegelenk sei mit 10/0/135 Grad beweglich gewesen, es hätten eine Kapselschwellung, ein Minierguss, aber keine Hyperthermie vorgelegen. Außerdem liege ein Druckschmerz über der Tuberositis tibia vor. Die Kniegelenkskonturen seien nicht wesentlich verändert gewesen. Die Oberschenkenmuskulatur habe ein geringfügiges Defizit aufgewiesen. Das obere Sprunggelenk habe seitengleich unauffällige Gelenkkonturen, keinen Hinweis auf einen Erguss oder Entzündungszeichen, eine Kapselschwellung im Bereich des linken Sprunggelenks und folgende Beweglichkeit gezeigt: rechts und links Extension/Flexion 20/0/40 Grad, Pronation/Supination rechts 30/0/40 Grad, links 50/0/40 Grad. Im Seitenvergleich habe eine leicht verstärkte laterale Aufklappbarkeit links und ein gering vermehrter Talusvorschub, ein Druckschmerz im Bereich des medialen Malleolus beim Anschlagen der Talusrolle an die Tibia und beim Hocktest eine leichte Verkürzung der ischiocruralen Muskulatur festgestellt werden können. Der Sachverständige hat zusammenfassend unter Berücksichtigung der bildgebenden Befunde folgende Diagnosen gestellt: medialer Kapselreizzustand des linken Kniegelenks, femoropatellares Schmerzsyndrom mit konsekutivem Patellaspitzensyndrom, funktionelle OSG-Instabilität. Den GdS für die OSG-Instabilität hat der Sachverständige mit 25, für die Schädigung der linken Kniescheibe mit weniger als 10 und den Gesamt-GdS mit 25 eingeschätzt. Diese Abweichung von den bisherigen Einschätzungen hat der Sachverständige mit der mittlerweile vermehrt aufgetretenen Instabilität begründet.

Mit Urteil vom 30. August 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und im Wesentlichen zu Begründung ausgeführt: Der Kläger hat keinen Anspruch auf Höherbewertung der bereits anerkannten WDB. Die Kammer folge den Gutachtern im Verwaltungsverfahren, wonach beim Kläger allenfalls von einem Gesamt-GdS von 10 auszugehen sei. Prof. Dr. L. könne bezüglich der Bewertung der Schädigungsfolge nicht gefolgt werden. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen werde bei einer Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung und einer Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk stärkeren Grades ein GdS von 20 angenommen. Da beim Kläger keine solchen Einschränkungen vorlägen, sei die Bewertung der Schädigungsfolgen durch den Sachverständigen deutlich überzogen. Die Bewertung der Schädigungsfolge am Kniegelenk durch Prof. Dr. L. (GdS von unter 10) stimme mit der Bewertung der Vorgutachter im Verwaltungsverfahren überein.

Gegen das ihm am 1. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Oktober 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt, weil der Vortrag des Gerichtes insoweit widersprüchlich sei, als das eingeholte Sachverständigengutachten für die "negative" medizinische Bewertung herangezogen werde, aber für ihn günstige Argumente (Bewertung der Schädigung am Sprunggelenk, Spätfolgen) nicht berücksichtigt worden seien. Er hat den Bericht des Durchgangsarztes Dipl.-Med. N. vom 2. September 2013 vorgelegt. Danach sei der Kläger am 26. Juli 2013 auf einer nassen Wiese mit dem linken Fuß umgeknickt. Der Arzt hat ein Distorsionstrauma des linken oberen Sprunggelenkes mit partieller fibularer Bandruptur diagnostiziert und über eine noch andauernde Behandlung berichtet. Zum jetzigen Zeitpunkt könne nach seiner Ansicht noch nicht festgestellt werden, ob dadurch eine dauernde Beeinträchtigung vorliege.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgericht Magdeburg vom 30. August 2012 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 31. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2008 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ab Januar 2003 eine Beschädigtenrente nach einem Grad der Schädigung von mehr als 25 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte hält die vom SG vorgenommene Bewertung der Schädigungsfolgen auf Grundlage der Vergleichsmaßstäbe der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung für sachgerecht.

Der Senat hat einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. L. vom 12. Juli 2013 eingeholt, da der Kläger auf Nachfrage des Gerichts angegeben hat, in den letzten drei Jahren lediglich durch diese Ärztin behandelt worden zu sein. Auch stationäre Aufenthalte seien nicht durchgeführt worden. Die Ärztin hat mitgeteilt, den Kläger ab 2. August 2004 und zuletzt am 3. April 2013 wegen einer Cephalgie unklarer Genese, Schwindel, Infektanfälligkeit, Hypertonie und einer Dorsolumbalgie behandelt zu haben. Auf die gerichtliche Frage nach Funktionseinschränkungen im Bereich der Knie- und Sprunggelenke hat sie angegeben, den Kläger nicht untersucht zu haben, da dieser diesbezüglich keine Beschwerden bei ihr vorgetragen habe. Da ihr bis zur heutigen Anfrage diese Probleme unbekannt seien, habe sie auch keine Überweisung zum Orthopäden veranlasst.

Außerdem hat der Senat die Verwaltungsakten des Beigeladenen beigezogen. Danach hat dieser auf den Antrag des Klägers vom 3. Juli 2007 mit Bescheid vom 18. Januar 2007 als Schädigungsfolgen anerkannt: "Funktionsminderung des linken Kniegelenks bei Reizerscheinungen der Kniescheibenspitze und der Kniegelenkkapsel bei Knorpelschädigung der Kniescheibengelenkfläche, Instabilität des linken Sprunggelenk". Einen Rentenanspruch hat er abgelehnt, weil die Schädigungsfolgen keine rentenberechtigende MdE um mindestens 25 vH bedingten. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens ruhend gestellt. Im medizinischen Beiheft des Beigeladenen findet sich die prüfärztliche Stellungnahme des Dr. W. vom 27. Dezember 2006, wonach die anerkannten Schädigungen jeweils mit einer MdE von 0 vH zu bewerten seien. Zum Gutachten des Prof. Dr. L. hat die ärztliche Gutachterin des Beigeladenen R. am 5. Dezember 2012 ausgeführt: Die angenommene vermehrte laterale Aufklappbarkeit läge nur dann vor, wenn die Supination stärker ausgeführt werden könne, als der Normalwert dies erlaube. Dem widersprächen aber die Bewegungsmaße, da hier die Pronation links gegenüber rechts eindeutig verstärkt angegeben werde, nicht aber die Supination. Auch die bildgebenden Befunde zeigten keine vermehrte Aufklappbarkeit. Die gutachtliche Schlussfolgerung einer Zunahme der Instabilität im Bereich des linken Sprunggelenkes allein aufgrund der Aussage eines häufigeren Umknickens sei nicht nachvollziehbar und folge nicht den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen. Der GdS von 25 (30) entspräche einer Versteifung im oberen und unteren Sprunggelenk. Die laterale Instabilität sei damit auf keinen Fall gleichzusetzen. Der GdS betrage sei März 2003 lediglich 10. Hinsichtlich des linken Kniegelenks sei zwar eine Knorpelschädigung anerkannt worden. Radiologisch sei dies allerdings ausgeschlossen und auch intraoperativ sei lediglich ein Medial-Shelf-Syndrom festgestellt worden. Dabei handele es sich um eine Entzündung der Synovialfalten mit dadurch ausgelösten Kniebeschwerden. Daher sollte beim Kläger eine Belastungsminderung des linken Knies bei Reizerscheinungen der Kniescheibenspitze und der Kniegelenkskapsel nach Aufpralltrauma anerkannt werden.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 21. November 2013 hat der Kläger erklärt, er habe wegen der Instabilität Schienen und Bandagen, nutze diese aber nicht immer. Auf die Nachfrage der Berichterstatterin, ob er diese derzeit nutze, hat er dies verneint. Dazu hat er erklärt, bei seiner Tätigkeit im Rettungsdienst und auch privat trage er meistens hohe Stiefel. Da brauche er keine weiteren Schienen zur Stabilität. In der der nichtöffentlichen Sitzung haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten und des Beigeladenen haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit nach §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG zulässig, jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2008 ist rechtmäßig. Dabei ist für die vorliegende Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SGG der maßgebliche Zeitpunkt der Beurteilung der Sach- und Rechtslage die Entscheidung des Senats.

Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der Kläger zwei WDB erlitten hat. Auch besteht zwischen den Beteiligten kein Streit über die dadurch eingetretenen Funktionseinschränkungen. Gegenstand des Verfahrens ist allein die Frage, ob dem Kläger für die Zeit seit dem Januar 2003 wegen der durch den Bescheid vom 31. August 2006 anerkannten Folgen einer WDB: "Reizerscheinungen an der linken Kniescheibenspitze und an der innenseitigen Kniegelenkkapsel bei Knorpelschädigung der Kniescheibengelenkfläche; Instabilitätsgefühl linkes oberes Sprunggelenk; Rückenkontusion abgeklungen" ein Ausgleich nach § 85 Abs. 1 SVG zu gewähren ist.

Nach § 85 Abs. 1 SVG erhalten Soldaten wegen Folgen einer Wehrdienstbeschädigung während ihrer Dienstzeit einen Ausgleich in Höhe der Grundrente und der Schwerstbeschädigtenzulage nach §§ 30 Abs. 1, 31 BVG. In dem im Januar 2003 beginnenden streitgegenständlichen Zeitraum sind die maßgeblichen Vorschriften durch das am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Da das Gesetz keine Übergangsvorschriften enthält, sind diese Vorschriften vom 21. Dezember 2007 an in der neuen Fassung (n.F.) und für den vorangegangenen streitgegenständlichen Zeitraum in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21) und der nachfolgenden Änderungen (a.F.) anzuwenden. Die Änderungen haben aber auf den vorliegenden Fall in der Sache keine Auswirkungen.

Durch eine Änderung des § 30 Abs. 1 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 ist die Bezeichnung des Schweregrades als "Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE)" durch die Bezeichnung "Grad der Schädigungsfolgen (GdS)" ersetzt worden. Mit der Änderung der Begrifflichkeit hat der Gesetzgeber keine Änderung in der Sache beabsichtigt (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drucks. 541/07, S. 68, 80). Daher wird im Folgenden grundsätzlich die neue Bezeichnung verwendet. Nach § 31 Abs. 1 BVG a.F. erhielten Beschädigte bei einer MdE um mindestens 30 vH eine monatliche Grundrente. Nach Abs. 2 der Vorschrift stellten die nach Abs. 1 für die Höhe der Rente maßgeblichen Vomhundertsätze Durchschnittssätze dar, von denen eine um fünf v.H. geringere MdE mit umfasst wurde. Nach § 31 Abs. 1 BVG n.F. setzt die Gewährung einer Grundrente einen GdS von mindestens 30 voraus. In der bis zum 21. Dezember 2007 geltenden Fassung des § 30 Abs. 1 BVG waren und in der seitdem geltenden Neufassung der Vorschrift durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 sind die Grundsätze geregelt, nach denen die MdE zu beurteilen war und nach der Neufassung der GdS zu beurteilen ist. Nach der alten Fassung des § 30 Abs. 1 BVG war die MdE nach der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren (Satz 1). Für die Beurteilung war maßgebend, um wie viel die Befähigung zur üblichen, auf Erwerb gerichteten Arbeit und deren Ausnutzung im wirtschaftlichen Leben durch die als Folgen einer Schädigung anerkannten Gesundheitsstörungen beeinträchtigt waren (Satz 2). Nach der Neufassung ist der GdS nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen (Satz 1). Der Grad der Schädigungsfolgen ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer Grad der Schädigungsfolgen wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (Satz 2). Demnach reicht – wie zuvor nach § 31 Abs. 2 BVG a.F. – ein GdS von 25 zur Rentenberechtigung aus.

Als Grundlage für die Beurteilung der für die Bemessung der MdE erheblichen medizinischen Sachverhalte dienten der Praxis die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen AHP, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG v. 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 RSozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Um verfassungsrechtliche Einwände gegen die Legitimation der AHP auszuräumen, ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in § 30 Abs. 17 BVG, der durch das Änderungsgesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) angefügt worden ist, zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigt worden. Auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) erlassen. Nach ihrem § 1 regelt diese Verordnung unter anderem die Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung ihres Schweregrades im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG. Nach § 2 VersMedV sind die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" als deren Bestandteil festgelegt. Die in den AHP (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind – im Wesentlichen inhaltlich unverändert – in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den AHP in den Fassungen von 1996, 2004, 2005 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden. Im Folgenden werden daher lediglich die Vorschriften der Versorgungsmedizinische Grundsätze zitiert.

Der hier streitigen Bewertung der Schädigungsfolgen ist die GdS-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil B, 1 a) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Teil A, Nr. 2 e) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a).

Nach diesem Maßstab kann für die anerkannten Schädigungsfolgen des Klägers, die das Funktionssystem Bein betreffen, insgesamt kein höherer GdS als 10 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die medizinischen Befunderhebungen durch Dr. S. und Prof. Dr. L., die Berichte der behandelnden Ärzte des Klägers und die Bewertung dieser medizinischen Unterlagen durch die Versorgungsärzte der Beklagten und des Beigeladenen. Diesen auf der Grundlage der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beruhenden überzeugenden Einschätzen schließt sich der Senat an.

Aufgrund des im August 2000 erlittenen Sturzes bestehen beim Kläger als anerkannte WDB "Reizerscheinungen an der linken Kniescheibenspitze und an der innenseitigen Kniegelenkkapsel bei Knorpelschädigung der Kniescheibengelenkfläche". Zwar hat der Kläger auch einen Meniskusriss durch den Unfall behauptet, doch konnte dieser Verdacht aufgrund des am 27. November 2000 erstellten MRT weder intraoperativ noch durch spätere Untersuchungen bestätigt werden. Im Übrigen hat der Kläger die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen als WDB nicht beantragt.

Für die anerkannte WDB aufgrund des Sturzes hat zu keinem Zeitpunkt eine mindestens sechs Monate andauernde GdS-relevante Behinderung vorgelegen. Insoweit ist zu beachten, dass nach Teil A, 2 f der Versorgungsmedizinischen Grundsätze der GdS eine nicht nur vorübergehende und damit eine über einen Zeitraum von sechs Monaten sich erstreckende Gesundheitsstörung voraussetzt. Dementsprechend ist bei abklingenden Gesundheitsstörungen der Wert anzusetzen, der dem über sechs Monate hinaus verbliebenen (oder voraussichtlich verbleibenden) Schaden entspricht. Allein ein Krankenhausaufenthalt oder die zeitweilige Dienstunfähigkeit rechtfertigen für sich gesehen nicht schon die Annahme eines rentenberechtigenden GdS (vgl. dazu BSG, Urteil vom 4. Februar 1976 – 9 RV 136/75 – juris). Daher kann dem Vorschlag des Sachverständigen Dr. S., der aufgrund der akuten Behandlungsmaßnahmen nach dem Unfall einen rentenberechtigenden GdS angenommen hat, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist anhand der vorliegenden Befunde eine Bewertung der Schädigungsfolgen unter Zugrundelegung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorzunehmen. Bei dieser tatrichterlichen Aufgabe ist der Senat bei einem medizinisch geklärten Sachverhalt nicht an die Bewertungen der Sachverständigen gebunden.

Danach rechtfertigen die Folgen des Sturzes keinen GdS. Bereits am 24. Oktober 2000, knapp drei Monate nach dem Unfall, hat Dr. W. eine konsolidierte Innenbandläsion und ein reizloses, frei bewegliches Kniegelenk sowie stabile Bandverhältnisse festgestellt. Auch in der Folgezeit bestanden keine Bewegungseinschränkungen des Kniegelenks. So konnten bei der Untersuchung im Bundeswehrkrankenhaus B. am 8. Januar 2001 und bei der Kniegelenksarthroskopie am 22. Januar 2001 eine normgemäße Beweglichkeit von 0/0/140 Grad festgestellt werden. Eine freie Kniegelenksbeweglichkeit von 10/0/135 Grad haben auch Dr. S. und Prof. Dr. L. dokumentiert. Zwar war unmittelbar nach der Arthroskopie die Beweglichkeit des Kniegelenks noch eingeschränkt. Doch haben die Kontrolluntersuchungen vom 23. und 25. Januar 2001 noch eine Beweglichkeit von 0/0/90 Grad gezeigt, die nach Teil B, Nr. 18.14, der Versorgungsmedizinischen Grundsätze auch keinen rentenberechtigenden GdS nach sich zieht (Streckung/Beugung bis 0/0/90 Grad: GdS von 0 bis 10). Auch als sich der Kläger am 14. Dezember 2001 wegen Beschwerden des linken Knies nach einer Übung in Behandlung der Vertragsärztin der Bundeswehr B. begeben hatte, stellte diese eine freie Beweglichkeit fest und schloss einen Erguss aus. Eine Überweisung an einen Orthopäden wurde durch sie nicht veranlasst.

Im Übrigen waren bei der Untersuchung durch beide Sachverständigen die Kniegelenkskonturen nicht wesentlich verändert, die Meniskuszeichen unauffällig und die Bänder stabil. Auch eine relevante Knorpelschädigung hat Dr. S. aufgrund des MRT vom 21. September 2004 ausschließen können. Da erst bei ausgeprägten Knorpelschäden (z. B. Chondromalacia patellae Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen ein GdS festgestellt werden kann (Teil B, Nr. 18.14 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze), kann auch unter Berücksichtigung der anerkannten Knorpelschädigung ohne Bewegungseinschränkung kein GdS festgestellt werden. Allein die belastungs- und wetterabhängigen Schmerzen bzw. die Einschränkungen bei sportlichen Betätigungen, die in der anerkannten Schädigungsfolge zum Ausdruck kommen, rechtfertigen keinen GdS. Nach Teil A, 2 j der Versorgungsmedizinischen Grundsätze werden auch schon erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände in der GdS-Tabelle mit berücksichtigt. Nur wenn eine Schmerzhaftigkeit nachgewiesen ist, die nach Ort und Ausmaß der pathologischen Veränderungen über das übliche Maß hinausgeht und eine ärztliche Behandlung erfordert, können danach höhere Werte angesetzt werden. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger nimmt lediglich bei Bedarf Ibuprofen als Schmerzmittel. Er befindet sich nach dem Befundbericht der Fachärztin Dipl.-Med. L. vom 12. Juli 2013 wegen orthopädischen Beschwerden weder bei ihr noch in anderweitiger (schmerztherapeutischer bzw. orthopädischer) Behandlung. Ihr waren die Kniegelenksprobleme des Klägers sogar unbekannt, sodass keinesfalls von außergewöhnlichen Schmerzzuständen bzw. einer schmerztherapeutischen Behandlung ausgegangen werden kann, die die Feststellung eines Einzel-GdS rechtfertigt.

Auch aufgrund des Verkehrsunfalls im Januar 2003, für den als Schädigungsfolge ein Instabilitätsgefühl des linken oberen Sprunggelenkes anerkannt worden ist, liegt kein rentenberechtigender GdS vor. Für diese Schädigungsfolge kann unter Heranziehung der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil B, Nr. 18.14) maximal ein GdS von 10 festgestellt werden. Denn Bewegungseinschränkungen sind mit dem Instabilitätsgefühl nicht verbunden. Erst bei einer Bewegungseinschränkung mittleren Grades (Heben/Senken 0/0/30 Grad) kann nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 18.14) überhaupt ein GdS von 10 festgestellt werden. Nach den von Dr. S. (15/0/35 Grad) und Prof. Dr. L. (20/0/40 Grad) erhobenen Befunden ist keine solche Einschränkung festzustellen. Auch bei der Untersuchung durch Dr. H. am 14. März 2003 bestanden keine derartigen Einschränkungen, denn dieser stellte eine Beweglichkeit von Extension/Flexion 15/0/60 Grad fest. Zudem hat keiner der Sachverständigen Einschränkungen im unteren Sprunggelenk dokumentiert.

Das ohne Bewegungseinschränkungen vorliegende Instabilitätsgefühl ist nicht ausdrücklich in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen bewertet worden. Daher ist nach Teil B, Nr. 1 b der GdS in Analogie zu vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu beurteilen. Bei Berücksichtigung der Vergleichsmaßstäbe lässt sich auch unter Berücksichtigung der vom Kläger angegebenen Supinationstraumen kein höherer GdS als 10 feststellen, denn er ist dadurch ist in seiner Teilhabe nicht so sehr eingeschränkt wie jemand mit einer Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk stärkeren Grades (d.h. Beweglichkeit weniger als 0/0/30 Grad). Erst dafür ist nach Teil B, Nr. 18.4 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze ein GdS von 20 festzustellen. Ein rentenberechtigender GdS wäre danach erst bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes anzunehmen. Auch bei Fußdeformitäten rechtfertigen statische Auswirkungen nur einen GdS von 10. Erst bei stärkeren statischen Auswirkungen kann ein solcher von 20 festgestellt werden. Da beim Kläger zwar Supinationstraumen vorliegen, diese aber punktuell und nicht dauerhaft die Gehfähigkeit beeinflussen, ist auch unter Berücksichtigung dieses Vergleichsmaßstabes kein GdS von 20 gerechtfertigt. Schließlich kann der Vergleich zu den Bewertungen für eine Kniegelenksinstabilität keinen höheren GdS als 10 rechtfertigen. Denn nach Teil B, Nr. 18.14 kann erst bei einer unvollständig kompensierbarer Lockerung des Kniebandapparates, die mit einer Gangunsicherheit verbunden ist, ein GdS von 20 angenommen werden. Bei dem Kläger konnte keiner der Sachverständigen eine Gangunsicherheit feststellen. Das Gangbild wurde schon durch Dr. H. am 14. März 2003, also knapp zwei Monate nach dem Unfall, als sicher und flüssig beschrieben. Bei der Untersuchung durch Dr. S. konnte der Kläger den Ballen- und Hackengang sicher vorführen. Auch Prof. Dr. L. hat eine regelrechte Schrittlänge und ein unauffälliges Gangbild festgestellt. Da bereits bei der Entlassungsuntersuchung am 14. März 2003 keine klinischen Auffälligkeiten des Sprunggelenks festgestellt werden konnten, erscheint auch die Einschätzung von Dr. S. nachvollziehbar, wonach ab April 2003 von einem GdS von 10 auszugehen ist. Im Übrigen hat keiner der behandelnden Ärzte bzw. der Sachverständigen die Notwendigkeit gesehen, die Instabilität dauerhaft durch Hilfsmittel (Bandagen, Orthesen) auszugleichen. Lediglich unmittelbar nach dem Verkehrsunfall sollte noch eine dreiwöchige Schienenbehandlung erfolgen (Bericht Dipl.-Med. W. vom 17. Januar 2003). Die von Dr. H. am 14. März 2003 verordnete Bandage hat der Kläger weder bei den Untersuchungen durch die Sachverständigen, noch während der nichtöffentlichen Sitzung vor dem Senat getragen. Gegen eine erhebliche Minderbelastbarkeit und Schmerzsymptomatik des Sprunggelenks spricht zudem, dass abgesehen von der Behandlung durch Dipl.-Med. N. im Jahre 2013 keine ärztliche Behandlung des Klägers nach dem März 2003 erfolgt ist. Eine solche wäre bei einer stärkeren Instabilität bzw. einer mit einem GdS von mehr als 10 zu bewertenden Schädigung aber zu erwarten gewesen. So hat die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dipl.-Med. L. am 12. Juli 2003 mitgeteilt, der Kläger habe ihr gegenüber in dem knapp neunjährigen Behandlungszeitraum keine Probleme mit den Füßen angegeben.

Nach alledem ist die von Prof. Dr. L. angenommene Bewertung der Instabilität mit einem GdS von 25 nicht nachvollziehbar. Dagegen sprechen schließlich auch die von der ärztlichen Gutachterin des Beigeladenen R. am 5. Dezember 2012 gegen das Gutachten von Prof. Dr. L. eingewendeten Bedenken: So läge die angenommene vermehrte laterale Aufklappbarkeit nur dann vor, wenn die Supination stärker ausgeführt werden könne, als der Normalwert dies erlaube. Dem widersprächen aber die Bewegungsmaße, da hier die Pronation links gegenüber rechts eindeutig verstärkt angegeben werde, nicht aber die Supination. Auch die bildgebenden Befunde zeigten nach ihrer Einschätzung keine vermehrte Aufklappbarkeit. Die Schlussfolgerung des Prof. Dr. L. bezüglich einer Zunahme der Instabilität im Bereich des linken Sprunggelenkes allein aufgrund der Aussage eines häufigeren Umknickens ist danach aus ihrer Sicht medizinisch nicht zu objektivieren. Dem schließt sich der Senat an.

Die durch Dipl.-Med. N. am 2. September 2013 bestätigte Verletzung im Fußbereich war in diesem Verfahren nicht zu berücksichtigen. Der Arzt konnte im September 2013 noch nicht feststellen, ob die durch das Distorsionstrauma am 26. Juli 2013 erlittene Verletzung des linken oberen Sprunggelenks zu einer dauerhaften, also über sechs Monaten hinausgehenden Funktionseinschränkung führt.

Die Kostenentscheidung ergeht auf der Grundlage von § 193 SGG.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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