L 11 KR 122/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 4319/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 122/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.12.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Krankengeld (Krg).

Die am 24.10.1959 geborene Antragstellerin war vom 06.10.2008 bis 31.08.2012 als Beschäftigte in Teilzeit nach § 5 Abs 1 Nr 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) und danach bis zum 22.10.2013 als Bezieherin von Arbeitslosengeld nach § 5 Abs 1 Nr 2 SGB V bei der Antragsgegnerin krankenversichert. Nach dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs ist sie ab 23.10.2013 als Rentenantragstellerin (§ 189 SGB V iVm § 225 SGB V) versichert.

Die Antragstellerin war ab 24.01.2011 wegen Cervikalneuralgie, HWS-Syndrom, diskrete Myelopathie, Bandscheibenvorfall ua arbeitsunfähig erkrankt. Sie erhielt nach dem Ende der Entgeltfortzahlung durch ihren damaligen Arbeitgeber ab 07.03.2011 bis zum 23.07.2012 Krg. Mit Bescheid vom 19.04.2012 wurde das Ende der Krg-Zahlung verbeschieden. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2012 zurückgewiesen. Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidung wurden nicht eingelegt.

Die Antragstellerin wandte sich mit Schreiben vom 13.09.2013 an die Antragsgegnerin und bat um Prüfung, inwieweit noch ein Restanspruch auf Krg für die Erkrankung vom 24.01.2011 bis 23.07.2012 bestünde. Mit Schreiben vom 09.10.2013 wurde ihr mitgeteilt, dass kein Restanspruch gegeben sei.

Am 21.10.2013 stellte der Hausarzt der Klägerin Dr. von der H. mit einer als Erstbescheinigung gekennzeichneten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ab dem 21.10.2013 bis voraussichtlich 29.10.2013 fest. Unter Hinweis auf diese Bescheinigung beantragte die Antragstellerin am 24.10.2013 die Gewährung von Krg ab dem 23.10.2013. Sie gab an, am 21.10.2013 sei sie aufgrund einer neu diagnostizierten Erkrankung bis auf Weiteres arbeitsunfähig geschrieben worden. Da sie bis zum 22.10.2013 Leistungen von der Arbeitsagentur R. bezogen habe, sei ein neuer regulärer Krg-Anspruch für 78 Wochen entstanden. Die Antragstellerin legte eine Kopie der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Ausfertigung für den Arbeitgeber) von Dr. von der H. vor, wonach sie vom 21.10.2013 bis voraussichtlich 29.10.2013 arbeitsunfähig sei. Als Diagnose nannte Dr. von der H. auf der Ausfertigung für die Antragsgegnerin den ICD-Schlüssel M79.09 G (Rheumatismus nicht näher bezeichnet). Mit Schreiben vom 28.10.2013 bat die Antragsgegnerin Dr. von der H. um nähere Mitteilung. Mit Fax vom 12.11.2013 gab dieser daraufhin als Diagnose "Fibromyalgie" an. Darüber hinaus bestätigte er das Vorliegen der Behandlungsbedürftigkeit und der Arbeitsunfähigkeit über den 23.07.2012 hinaus aufgrund des Verlaufs der damaligen und jetzigen Erkrankung. Es sei nur deshalb keine weitere Attestierung über den 23.07.2012 hinaus erfolgt, da die Antragstellerin die Höchstanspruchsdauer erreicht habe. Die Erkrankung habe weiter bestanden. Mit Bescheid vom 14.11.2013 lehnte die Antragsgegnerin den Anspruch auf Krg ab.

Hiergegen legte die Antragstellerin am 18.11.2013 Widerspruch ein. Zur Begründung teilte sie mit, dass erstmalig am 17.09.2013 durch einen Rheumatologen die Diagnose einer Fibromyalgie gestellt worden sei. Hierbei handele es sich um ein gänzlich andere Erkrankung als die bislang vorliegende Knochenmark-Kompression der Halswirbelsäule, die selbstverständlich gleichfalls fortbehandelt würde. Des Weiteren verwies sie auf die gutachterlichen Feststellungen der Agentur für Arbeit, wonach sie in der Zwischenzeit grundsätzlich vollschichtig der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Es habe sich daher bei der erneuten Arbeitsunfähigkeit um eine neue Erkrankung gehandelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2014 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück.

Bereits am 12.12.2013 hatte die Antragstellerin beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eingereicht. Zur Begründung hat sie auf die bereits vorgebrachte Argumentation im Widerspruchsverfahren verwiesen. Mit Beschluss vom 19.12.2013 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Antragstellerin habe ein Anordnungsanspruch nicht mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Bei der Cervikalneuralgie und dem nicht näher bezeichneten Rheumatismus handle es sich um dieselbe Krankheit im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V. Insoweit sei zu beachten gewesen, dass die Diagnose zwischenzeitlich dahingehend abgeändert worden sei, dass aufgrund einer Fibromyalgie Arbeitsunfähigkeit bestehe. Es handle sich um in unterschiedlicher Ausprägung auftretende gesundheitliche Beeinträchtigungen der Antragstellerin, wie sie bereits seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit ab dem 24.01.2011 hinsichtlich der Wirbelsäule und der Extremitäten beschrieben und dokumentiert sei. Insoweit sei nicht glaubhaft gemacht, dass die ab 21.10.2013 attestierte Arbeitsunfähigkeit zu der bereits ab dem 24.01.2011 bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht im Sinne des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V hinzugetreten sei. Ein neuer Anspruch auf Gewährung von Krg bestehe daher nicht, da die Antragstellerin innerhalb der maßgeblichen Blockfrist vom 24.01.2011 bis 23.01.2014 Krg bereits für 78 Wochen bezogen habe.

Gegen den am 21.12.2013 der Antragstellerin zugestellen Beschluss richtet sich die am 13.01.2014 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin. Zur Begründung führt die Antragstellerin aus, dass es sich bei der Fibromyalgie um eine psychisch und psychosomatische Schmerzfehlverarbeitung mit depressiver Charakteristik handle. Insoweit sei diese Krankheit von der Grunderkrankung der cervikalen Neuralgie zu unterscheiden. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass sie vor der Fibromyalgie-Erkrankung Arbeitslosengeld bezogen und somit keine Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Dementsprechend sei für die Arbeitsunfähigkeit ab 21.10.2013 auch eine Erstbescheinigung ausgestellt worden.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19.12.2013 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab dem 23.10.2013 Krankengeld zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakte erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und zulässig (§§ 172 Abs 1, 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Nach § 86 Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen (Regelungsanordnung).

Vorliegend begehrt die Antragstellerin die Gewährung von Krg ab dem 23.10.2013. Damit richtet sich die Gewährung des einstweiligen Rechtsschutzes auf den Erlass einer Regelungsanordnung. Dies verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung).

Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGK 5, 237, 242). Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365). Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Krankengeld gehört nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies folgt schon daraus, dass nicht jeder gesetzlich Krankenversicherte einen solchen Anspruch hat (vgl § 44 Abs 1 Satz 2 SGB V). Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage (st Rpsr des Senats, vgl Beschlüsse vom 20.02.2012, L 11 KR 289/12 ER-B; 19.08.2010, L 11 KR 3364/10 ER-B, juris; 22.12.2009, L 11 KR 5547/09 ER-B, und vom 16.10.2008, L 11 KR 4447/08 ER-B, juris). Krg kann zudem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes frühestens ab Eingang des Antrags beim SG zugesprochen werden. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Krg im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes für die Zeit davor, scheidet grundsätzlich aus (Beschluss des Senats vom 20.02.2012, L 11 KR 289/12; 29.03.2010, L 11 KR 1448/10 ER-B, BeckRS 2010, 68232; weitergehend LSG Berlin-Brandenburg 30.01.2008, L 9 B 600/07 KR ER, BeckRS 2008, 53104: in der Regel keine Dringlichkeit für die Zeit vor der gerichtlichen Entscheidung).

Ausgehend hiervon hat das SG den Erlass der einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Versicherte haben gemäß § 44 Abs 1 SGB V Anspruch auf Krg, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41 SGB V) behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung von ihrem Beginn an, im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG bestimmt allein das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als Versicherter Anspruch auf Krg hat (vgl BSG 05.05.2009, B 1 KR 20/08 R, SozR 4-2500 § 192 Nr 4; BSG 02.11.2007, B 1 KR 38/06 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 14). Wird das Krankengeld abschnittsweise gewährt, ist das Vorliegen der leistungsrechtlichen Voraussetzungen des Krankengeldes für jeden weiteren Bewilligungsabschnitt neu zu prüfen (BSG 22.03.2005, B 1 KR 22/04 R, BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6 = juris).

§ 48 Abs 1 SGB bestimmt zur Dauer des Krg: "Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch längstens für 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert." § 48 Abs 1 SGB V enthält drei unterschiedliche Regelungen: Anspruch auf Krg besteht zunächst im Grundsatz ohne abstrakte zeitliche Begrenzung, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach der in § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe Krankheit" die Arbeitsunfähigkeit bedingt. Jede neue Krankheit löst hier eine Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus (Methode der starren Rahmenfrist; str Rspr des BSG seit 17.04.1970, 3 RK 41/69, BSGE 31, 125 = SozR Nr 49 zu § 183 RVO). Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V geregelt und ein der ersten gleichgestellter weiterer Fall der Leistungsbegrenzung, nämlich dass während der Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere Krankheit hinzutritt (Beschluss des Senats vom 16.12.2013, L 11 KR 4880/13 ER-B).

Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Krg ab dem 23.10.2013, weil ihre Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit beruht, wegen der sie schon Krg für 78 Wochen innerhalb eines Dreijahreszeitraums erhalten hat. Der relevante Zeitraum von drei Jahren begann, wie die Antragsgegnerin und das SG zutreffend festgestellt haben, am 24.01.2011, da die Erkrankung zu diesem Zeitpunkt das erste Mal festgestellt wurde. Die maßgebende Blockfrist endet mithin am 23.01.2014.

Für die Frage, ob die erneute Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit wie die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit beruht, kommt es allein auf das Krankheitsgeschehen selbst an. Um dieselbe Krankheit handelt es sich, wenn sie auf dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zurückgeht, die vorher bereits Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Dies heißt nicht, dass stets dieselbe Krankheitsbezeichnung vorliegen muss (BSG 12.10.1998, 3/8 RK 28/87, NZA 1989, 287 zu § 182 Abs 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung). Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, braucht dabei weder sämtliche Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend behandlungsbedürftig sein. Es genügt vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiterbesteht und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorruft (vgl BSG SozR 3-2500 § 48 Nr 8). Ausreichend ist danach, dass sich ein Grundleiden ggfs auch in unterschiedlichen Erscheinungsformen äußert, sofern es medizinisch als Einheit zu werten ist. Dabei kann der erforderliche innere Zusammenhang schon dadurch begründet sein, dass die Entstehung der Krankheit jedes Mal durch eine gemeinsame Bedingung begünstigt oder herbeigeführt wird (Meyerhoff, jurisPK - SGB V, 2. A, 2012 § 48 Rn 15ff).

Tritt während der auf einer Krankheit beruhenden Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, so wird die Leistungsdauer ebenfalls nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Unter einer "hinzugetretenen" Krankheit in diesem Sinne ist ein Krankheitsgeschehen zu verstehen, bei dem eine andere medizinische Ursache feststellbar ist. Ob die hinzugetretene Krankheit für sich betrachtet ebenfalls Arbeitsunfähigkeit verursachen würde, ist nicht entscheidend; auch wenn dies der Fall ist, treten die Folgen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V ein. Die Krankheit muss während einer aufgrund einer anderen Erkrankung bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit hinzutreten. Dass (noch) Krankengeld gezahlt wird, ist dagegen nicht Voraussetzung. Ein "Hinzutreten während der Arbeitsunfähigkeit" liegt auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Krankheit zugleich eine weitere Krankheit die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben. Ist die Arbeitsunfähigkeit dagegen beendet und tritt eine neue Krankheit am Tag nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit ein, so liegt keine hinzugetretene Krankheit im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, selbst wenn inzwischen die Arbeit nicht wieder aufgenommen wurde. Entfällt wegen der zuerst aufgetretenen Krankheit die Arbeitsunfähigkeit und wird die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit nur noch von der "hinzugetretenen" Krankheit verursacht, so sind bei der Feststellung der Höchstbezugsdauer für das Krankengeld auch die Vorerkrankungszeiten wegen der zuerst eingetretenen Krankheit anzurechnen. Die hinzugetretene Erkrankung verlängert also auch bei Fortfall der Ersterkrankung die Leistungsdauer von höchstens 78 Wochen ab dem ersten Tag der (zunächst nur) auf der Ersterkrankung beruhenden Arbeitsunfähigkeit nicht. Die schon bestehende, also "dieselbe" Krankheit und die hinzugetretene Krankheit bilden vielmehr eine Einheit, ohne dass es darauf ankommt, ob die hinzugetretene allein oder nur zusammen mit der ersten Krankheit Arbeitsunfähigkeit herbeiführt. Die weitere Krankheit verlängert nicht die Leistungsdauer und setzt auch nicht – wie eine nach Beendigung der vorhergehenden Arbeitsunfähigkeit eingetretene neue Krankheit mit erneuter Arbeitsunfähigkeit – einen neuen Dreijahreszeitraum in Gang. Bedeutsam wird die hinzugetretene Krankheit allerdings, wenn sie in einem neuen Dreijahreszeitraum allein Arbeitsunfähigkeit bewirkt. In diesem Fall ist nämlich mit der hinzugetretenen als "derselben" Krankheit die Bezugszeit von 78 Wochen wegen dieser Krankheit in der vorhergehenden Blockfrist noch nicht verbraucht. Dann kann ein Krankengeldanspruch für die neue Blockfrist nicht an § 48 Abs. 2 SGB V scheitern. Denn diese Vorschrift ist nur auf Versicherte anzuwenden, die im letzten Dreijahreszeitraum "wegen derselben Krankheit" für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben (Meyerhoff, jurisPK - SGB V, 2. A, 2012 § 48 Rn 20f.).

Im vorliegenden Fall spricht nach der gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung einiges dafür, dass bei der Antragstellerin durchgehend dieselbe Krankheit vorlag. Dr. von der H. hat zwar einerseits mit der Diagnose Fibromyalgie eine neue Krankheitsbezeichnung genannt, andererseits aber gegenüber der Antragsgegnerin ausdrücklich bestätigt, dass Arbeitsunfähigkeit über den 23.07.2012 hinaus aufgrund der damaligen und jetzigen Erkrankung vorgelegen hat. Maßgebend ist jedoch das Krankheitsgeschehen und nicht die Diagnose. Dementsprechend hat auch die Antragstellerin mitgeteilt, dass ihre "attestierte AU-Erkrankung ( ) weiter über den 23.07.2012 hinaus (bestand)". Gleichzeitig hat der Internist Dr. K. im Arztbrief vom 17.09.2013 dargelegt, dass die Antragstellerin seit zwei Jahren an intermittierende Gliederschmerzen im Bereich der rechten Hand, im Verlauf des rechten Radius und im rechten Schultergelenk leidet und eine rheumatisch-entzündliche Erkrankung "mit einiger Sicherheit ausgeschlossen werden kann". Dies spricht dafür, dass die Fibromyalgie-Erkrankung in ihrer jetzigen Ausprägung ein Aspekt des Grundleidens darstellt, aufgrund dessen die Antragstellerin bereits Krg bezogen hat. Insoweit hat das SG zutreffend darauf hingewiesen, dass die Diagnose Fibromyalgie vielfältige klinische Symptome erfasst und beschreibt (vgl. Pschyrembel, 261. Auflage), wobei insbesondere die Schmerzverstärkung vorliegend relevant ist.

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass durch die ärztliche Begutachtung des Amtsarztes der Arbeitsagentur R. nachgewiesen sei, dass eine neue Erkrankung vorliege, wird verkannt, dass nach den eigenen Angaben der Antragstellerin eine Begutachtung nur einmalig im Sommer 2012 erfolgt ist. Dabei ging auch der Amtsarzt von einer fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit aus. Soweit er von einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zum Januar ausging, erfolgte zu diesem Zeitpunkt keine Untersuchung der Antragstellerin mehr, weshalb nach den Angaben von Dr. von der H., Dr. K. und der Antragstellerin davon auszugehen ist, dass durchgehend ein Grundleiden vorhanden war und die nunmehr diagnostizierte Fibromyalgie-Erkrankung eine Ausprägung dieses Grundleidens darstellt.

Selbst wenn man jedoch entsprechend dem Vortrag der Antragstellerin davon ausgehen würde, dass es sich bei der Fibromyalgie-Erkrankung um ein eigenständiges Krankheitsbild handelt, so wäre dieses zur Überzeugung des Senats zu der Cervikalneuralgie sowie den bereits genannten Erkrankungen hinzugetreten und würde durch die Verklammerung eine rechtliche Einheit bilden. Auch dies hat das SG zutreffend dargestellt, weshalb auf den Beschluss des SG gem § 142 Abs 2 Satz 3 SGG Bezug genommen wird. Ergänzend ist dabei darauf hinzuweisen, dass bereits im März 2011 von einem Schmerzsyndrom in den ärztlichen Unterlagen die Rede ist. Insoweit ergibt sich auch aus dem Reha-Entlassungsbericht vom 10.06.2011, dass eine Schmerztherapie bei deutlich geminderter Belastbarkeit vorlag. Damit aber ist davon auszugehen, dass die Fibromyalgie-Erkrankung entsprechend der Mitteilung von Herrn Dr. K. seit mehreren Jahren besteht und zu der Cervikalneuralgie demnach hinzugetreten wäre.

Hatte die Antragstellerin damit innerhalb der Blockfrist kein Anspruch auf die Gewährung von Krg, so kam vorliegend auch die Zuerkennung von Krg nach dem Ende der Blockfrist ab dem 24.01.2014 nicht in Betracht. Der Senat konnte dabei dahingestellt lassen, ob die Voraussetzungen des § 48 Abs 2 SGB V im Einzelnen erfüllt sind, da ab dem 24.01.2014 eine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs 1 SGB V nicht glaubhaft gemacht ist. Weder dem Vortrag der Antragstellerin noch der Gerichts- und Verwaltungsakte lässt sich entnehmen, dass sie über den 23.01.2014 hinaus krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. So weist die letzte ärztliche Feststellung im Auszahlschein vom 09.12.2013 als Zeitpunkt des nächsten (geplanten) Praxisbesuchs den 23.12.2013 aus. Eine weitergehende Behandlung ist nicht dokumentiert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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