L 8 SB 331/14 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SB 3277/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 331/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 11.12.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim (SG) vom 11.12.2013, mit dem die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren S 14 SB 3277/12 unter Beiordnung von Rechtsanwalt S., M., abgelehnt wurde.

Mit seiner gegen den Bescheid vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2012 gerichteten Klage vom 09.10.2012 hat der Kläger die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 begehrt. Nachdem das SG den den Kläger behandelnden Kardiologen Dr. B. als sachverständigen Zeugen befragt hatte und dieser ein wiederkehrendes Vorhofflimmern sowie einen Zustand nach Rekonstruktion der Mitralklappe aber auch eine Leistungsfähigkeit im Belastungs-EKG von bis zu 150 Watt (Bericht vom 22.04.2013) mitgeteilt hatte, hat das SG mit Schreiben vom 11.11.2013 angeregt, mangels Erfolgsaussicht die Klage zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 02.12.2013 (beim SG am 10.12.2013 eingegangen) hat der Kläger durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt mitgeteilt: " nehmen wir die Klage zurück, da die ärztlichen Befunde nicht mehr mit dem übereinstimmen, was Dr. B. dem Kläger mündlich gesagt hat. Wir beantragten nachträglich Prozesskostenhilfe "

Mit Beschluss vom 11.12.2013 hat das SG den Antrag auf Gewährung von PKH unter Hinweis auf die vor Stellung des PKH-Antrags eingetretene Beendigung des Verfahrens abgelehnt.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 16.12.2013 zugestellten Beschluss hat der Kläger - wiederum durch seinen Rechtsanwalt vertreten - am 15.01.2014 beim SG (Eingang beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) am 23.01.2014) Beschwerde eingelegt und unter Vorlage eines Beratungshilfescheins des Amtsgerichtes Mannheim vom 23.05.2012 darauf hingewiesen, aus diesem sei schon ersichtlich, dass der PKH-Antrag versehentlich nicht gestellt worden sei. Im Schreiben vom 02.12.2013 sei zwar zunächst die Klage zurückgenommen und dann der PKH-Antrag gestellt worden, jedoch sei auch deutlich gemacht worden, dass die mündlichen Aussagen des behandelnden Arztes und seine schriftlichen Stellungnahmen weit auseinander fielen, weshalb eine Aussichtslosigkeit der Klage nicht erkennbar gewesen sei. Die Klage sei auch nicht böswillig erhoben worden. Dies dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1 und 173 SSG) ist statthaft und auch insgesamt zulässig. Insbesondere liegen die Ausschlusstatbestände des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht vor. Denn das SG hat nicht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die begehrte PKH verneint, vielmehr hat es den Antrag aufgrund formeller Gesichtspunkte (verspätete Antragstellung) abgelehnt; auch bedürfte eine Berufung in der Hauptsache weder der Zulassung noch hat das SG in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Außerdem wird dem Beteiligten auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Vorliegend hat der Kläger den PKH-Antrag zu einem Zeitpunkt gestellt, als nach den Ermittlungen des SG geklärt war, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat. Liegt mithin eine hinreichende Erfolgsaussicht nicht vor, hat der PKH-Antrag schon aus diesem Grund keinen Erfolg, weshalb schon deswegen die Beschwerde zurückzuweisen war.

Dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hatte, war dem Kläger - anders als jetzt in der Beschwerde behauptet - ausweislich seines Schriftsatzes vom 02.12.2013, mit dem er die Klage zurückgenommen hat, auch klar. Wenn er sich darauf beruft, der behandelnde Arzt habe ihm zunächst eine andere Auskunft erteilt als später gegenüber dem SG, mag dies eine Begründung dafür sein, weshalb er die Klage überhaupt erhoben hat, zeigt aber andererseits auch, dass er die aufgrund der Auskunft von Dr. B. eingetretene prozessuale Situation erkannt und daraus die verfahrensrechtlichen Konsequenzen gezogen hat. Für die Frage der Prüfung der Voraussetzungen der Gewährung von PKH ist aber nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen, sondern vielmehr auf denjenigen der Entscheidungsreife des PKH-Antrags. Angesichts der Abhängigkeit der PKH-Gewährung von einem Antrag (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 117 ZPO), kann Entscheidungsreife jedoch frühestens mit Antragstellung eintreten. Zu diesem Zeitpunkt (Eingang des Schreibens vom 02.12.2013 am 10.12.2013) hatte aber angesichts der zuvor schon vorliegenden Auskunft von Dr. B. keine hinreichende Erfolgsaussicht mehr bestanden.

Darüber hinaus hat der Kläger den Antrag auf Gewährung von PKH auch erst zu einem Zeitpunkt gestellt, in dem der Rechtsstreit bereits durch die erklärte Klagerücknahme beendet war. Aufgrund der Antragsabhängigkeit (§ 73a SGG i.V.m. §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 117 ZPO) setzt die Gewährung von PKH voraus, dass das entsprechende Rechtsschutzbegehren noch anhängig ist. Ist die Instanz, für die PKH begehrt wird, bereits beendet, ist eine Erfolg versprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht mehr möglich (vgl. dazu BVerfG 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 - juris). Die Bewilligung von PKH dient sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch der Zielrichtung der gesetzlichen Regelung dazu, einer bedürftigen Partei die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung zu ermöglichen, sofern diese hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. BVerwG, 03.03.1998 - 1 PKH 3/98; LSG Berlin-Brandenburg 19.12.2012 – L 20 AS 1601/12 B PKH – juris). Dieser Zweck kann aber nach der Beendigung des Rechtsstreits durch die Rücknahme der Klage nicht mehr verwirklicht werden. Vielmehr geht es nunmehr nur noch darum, einem Prozessbevollmächtigten durch nachträgliche Bewilligung von PKH nach Ende der Instanz einen Zahlungsanspruch gegen die Staatskasse zu verschaffen (LAG Schleswig-Holstein 17.01.2013 – 5 Ta 10/13 – juris), um so letztlich den Kläger von der Tragung der gegen ihn bestehenden Kostenansprüche des eingeschalteten Rechtsanwalts zu befreien. Dieser Zweck begründet aber keinen Anspruch auf PKH i.S.d. § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff ZPO. Daher kommt eine Bewilligung von PKH zugunsten eines Klägers nach der Beendigung des Verfahrens grundsätzlich nicht mehr in Betracht (LSG Berlin-Brandenburg 19.12.2012 – L 20 AS 1601/12 B PKH –, juris; ebenso OVG Lüneburg 27.07.2010 - 4 PA 175/10 – juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern 16.02.2005 - 1 O 390/04 - juris; OVG Schleswig-Holstein 28.10.2003 - 3 O 27/03 - NVwZ-RR 2004, 460 = juris; Sächsisches OVG 16.03.2004 - 5 E 27/04 - juris). Für einen beendeten Prozess kann daher nur unter den vom SG genannten besonderen Voraussetzungen (entscheidungsreifer PKH-Antrag vor Prozessbeendigung) PKH bewilligt werden (so auch LSG Berlin-Brandenburg 06.06.2011 – L 25 AS 1211/10 B PKH –, juris; aus neuerer Zeit: LAG Schleswig-Holstein 17.01.2013 – 5 Ta 10/13 –, juris; LSG Berlin-Brandenburg 19.12.2012 – L 20 AS 1601/12 B PKH –, juris). Da der Kläger den Antrag aber erst nach Abschluss des Verfahrens gestellt hatte, kommt vorliegend auch unter diesem Gesichtspunkt eine Gewährung von PKH nicht mehr in Betracht.

Soweit der BGH (BGH 18.11.2009 – XII ZB 152/09 –, juris) die Auffassung vertritt, auch nach Rücknahme einer Klage könne noch PKH bewilligt werden, bezieht sich diese Entscheidung ausdrücklich auf die Gewährung von PKH an einen Beklagten, zumal auch nach dieser Rechtsprechung die PKH-Antragstellung noch vor Klagerücknahme erfolgt sein muss. Da vorliegend der Kläger aber die Gewährung von PKH begehrt, kann diese Entscheidung angesichts der vollkommen unterschiedlichen Prozesslage auf die vorliegende Konstellation (Rücknahme der Klage durch den Kläger) einerseits nicht übertragen werden, andererseits lässt sie auch keine anderen Rechtsgrundsätze erkennen.

Dass der Kläger den PKH-Antrag trotz eines Beratungshilfescheins "versehentlich nicht gestellt" hatte, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieses Unterlassen führt weder dazu, dass die Regelungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend anzuwenden wären - darüber hinaus wäre ein fehlendes Verschulden auch nicht erkennbar -, noch dazu, dass aufgrund anderer Rechtsfiguren der Kläger so zu stellen wäre, als ob er den Antrag zu einem früheren Zeitpunkt gestellt hätte.

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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