L 1 R 160/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 R 538/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 160/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. März 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben sich auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI).

Die am ... 1969 geborene Klägerin absolvierte eine Lehre als Stationshilfe mit abgeschlossener Facharbeiterprüfung. In diesem Beruf arbeitete sie von 1987 bis 1995. Seit 1996 ist sie arbeitslos.

Sie beantragte am 16. April 2009 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Sie leide unter starken Rücken-, Knie- und Hüftproblemen. Sie könne schlecht sehen, leide an Sprachstörungen, schneller Erschöpfung und ständiger Müdigkeit. Es habe der Verdacht auf einen Schlaganfall bestanden. Der Beklagten lag zunächst der Befund des Facharztes für Orthopädie Dr. S. vom 22. Oktober 2008 vor, wonach die Klägerin an einer Arthrose am oberen Sprunggelenk (OSG) rechts, an einem Zustand nach Distorsionstrauma OSG rechts, an einem plantaren Fersensporn rechts, an einem Zustand nach Apoplex (Schlaganfall) mit Hämiparese rechts, an einem chronischen pseudoradikulären Hals-/ Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom, an einem Zustand nach Morbus Scheuermann und an Skoliose leide. Die Klägerin könne keine Arbeiten am Fließband bzw. unter Zeitdruck erledigen. Ihr seien leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Bewegung mit vermehrten Pausen zuzumuten. Arbeiten, welche mit schwerem Heben und Tragen bzw. Zwangshaltungen verbunden seien, seien zu vermeiden. Dies gelte auch für Arbeiten auf Leitern. Die Beklagte gab ein internistisches, ein neurologisches und ein orthopädischen Sachverständigengutachten in Auftrag. Die internistische Gutachterin Dr. S. gab in ihrem Gutachten vom 31. Juli 2009 an, dass die Klägerin an einer arteriellen Hypertonie Stadium I, an einem Zustand nach peripherer Facialisparese rechts am 08. Januar 2009, an einer leichten pulmonalen Hypertonie Stadium I, an Adipositas per magna und an einem Diabetes mellitus II leide. Ergometrisch sei die Klägerin bis 105 Watt belastbar gewesen. Die Hypertonie und der Diabetes seien gut eingestellt. Es hätten sich eine normale Pumpfunktion des Herzens und normale Lungenfunktionswerte gezeigt. Die Klägerin könne leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung als Stationshilfe und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr verrichten. Bei einem Body-Maß-Index von 48,5 sei eine konsequente Gewichtsreduktion unbedingt erforderlich. Der Facharzt für Orthopädie S. gab in seinem Gutachten vom 15. Juni 2009 an, dass die Klägerin an einem chronischen Cervikal- und Lumbalsyndrom bei hochgradiger Adipositas und an einer Tendinose beider Kniegelenke leide. Die zumutbare Gehstrecke betrage 2 km. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges schweres Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Arbeiten im Bücken und Zwangshaltungen sowie häufiges Steigen auf Treppen und Leitern sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. führte in seinem Gutachten vom 27. Mai 2009 aus, dass die Klägerin an einem Zustand nach peripherer Facialisparese rechts mit leichten neurologischen Restzeichen, an einem zervikocephalen Syndrom und an einer beginnenden diabetischen Polyneuropathie leide. Sie könne körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten.

Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 25. August 2009 ab. Die Klägerin legte am 02. September 2009 Widerspruch gegen die Entscheidung der Beklagten ein. Vom 17. März bis zum 07. April 2010 nahm sie an einer Maßnahme der medizinischen Rehabilitation teil. In dem ärztlichen Entlassungsbericht vom 22. April 2010 wird angegeben, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne Nachtschichtarbeiten und ohne regelmäßiges Heben und Tragen schwerer Lasten verrichten könne. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte sodann mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2010 als unbegründet zurück. Die Klägerin sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und in ihrem bisherigen Beruf mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Dagegen hat die Klägerin am 16. August 2010 Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Das SG hat zunächst Befundberichte eingeholt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin G. hat in seinem Befundbericht vom 31. Oktober 2010 angegeben, dass die Klägerin nach seiner Auffassung wegen der chronischen Erschöpfung und der Herzinsuffizienz weniger als drei Stunden täglich arbeiten könne. Die behandelnde Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. hat in ihrem Befundbericht vom 04. November 2010 ausgeführt, dass aufgrund der Multimorbidität keine Arbeitsfähigkeit gegeben sei. Die Fachärztin für Innere Medizin G. hat in ihrem Befundbericht vom 18. November 2010 ausgeführt, dass die Klägerin zuletzt am 13. Januar 2010 behandelt worden sei. Insoweit könne kein aktueller Befundbericht erstellt werden. Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 25. November 2010 dargelegt, dass der Klägerin noch körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen und in wechselnder Körperhaltung mindestens sechs Stunden täglich zumutbar seien. Sie könne allerdings einen täglichen Arbeitsweg von mehr als 500 Metern, viermal am Tag, unter 20 Minuten nicht zurücklegen.

Das SG hat daraufhin Beweis erhoben durch Einholung von medizinischen Sachverständigengutachten. Der Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 07. Juli 2011 ausgeführt, dass die Klägerin an einem metabolischen Syndrom, an Adipositas per magna, an einem Diabetes mellitus, an arterieller Hypertonie, an einer diastolischen Dysfunktion, an einem Zustand nach TIA (Transitorische Ischämische Attacke – Schlaganfall) mit Facialisparese rechts und Rechtsseitensymptomatik im März 2008, an einem Glaukom und an einer chronisch degenerativen Wirbelsäulenveränderung leide. Die arterielle Hypertonie sei derzeit nicht optimal eingestellt. Fahrradergometrisch sei ein Leistungsvermögen von 75 Watt festgestellt worden. Dies entspreche nicht der altersentsprechenden Sollleistung. Aus internistisch-kardiologischer Sicht sei das Leistungsvermögen der Klägerin sicherlich reduziert, jedoch nicht aufgehoben. Körperlich leichte Tätigkeiten seien ihr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zumutbar. Die Arbeiten müssten überwiegend in geschlossenen Räumen erfolgen und wegen des Diabetes mellitus müsse ihr die Möglichkeit der Nahrungsaufnahme gegeben werden. Arbeiten unter extremen Umwelteinflüssen seien zu vermeiden. Die Klägerin könne überwiegend in sitzender Körperhaltung mit zeitweisem Stehen und Gehen tätig werden. Maschinenarbeiten, Akkordarbeiten, Fließbandarbeiten und Arbeiten unter besonderem Zeitdruck könnten von ihr nicht verrichtet werden. Auszuschließen seien darüber hinaus Nachtschichten, Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und die Belastung durch inhalative Noxen. Eine besondere Inanspruchnahme der Wirbelsäule, der Hände, der Beine und des Sehvermögens sei auszuschließen. Ursächlich hierfür seien insbesondere die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, die Adipositas per magna und ein beidseitiges Glaukom-Leiden. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht signifikant eingeschränkt. Das SG hat des Weiteren ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten in Auftrag gegeben. Der Sachverständige Dr. B., Facharzt für Chirurgie und Orthopädie, hat in seinem Gutachten vom 30. November 2011 ausgeführt, dass die Klägerin an einem chronischen pseudoradikulären Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, einer initialen Arthrose des Großzehengrundgelenks und in den Metatarsotarsalgelenken, einer initialen Retropatellararthrose rechtes Knie, Glaukoma beidseits, Adipositas per magna, Diabetes mellitus, einer arteriellen Hypertonie und einem Zustand nach peripherer Facialislähmung leide. Die Klägerin könne bei leichten Arbeiten mindestens sechs bis unter acht Stunden täglich erwerbstätig sein. Extreme Witterungseinflüsse, Arbeiten an laufenden Maschinen, Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Arbeiten mit besonderen Anforderungen an die Wirbelsäule, die Fingergeschicklichkeit, das Sehvermögen und an das rechte Bein, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in Zwangshaltungen, mit Überwinden von Höhenunterschieden, ständiges Treppensteigen und Nachtschichten seien zu vermeiden. Eine wechselnde Körperhaltung müsse der Klägerin ermöglicht werden. Zusätzliche Pausen seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt.

Mit Urteil vom 15. März 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Im Ergebnis der medizinischen Ermittlungen habe eine rentenbegründende Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Klägerin nicht mit der dafür notwendigen Gewissheit festgestellt werden können. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheide aufgrund des fehlenden Berufsschutzes aus.

Gegen das am 29. März 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18. April 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass sie nicht mehr in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit mit einem zeitlichen Umfang von mindestens drei Stunden täglich zu verrichten. Dies habe das erstinstanzliche Gericht verkannt. Sie leide auch weiterhin unter Luftnot bei bereits geringster Belastung sowie Herzrasen. Sie müsse Wassertabletten einnehmen und sei wegen ihres Nierenleidens auf das Vorhandensein von Toiletten in unmittelbarer Nähe angewiesen. Unberücksichtigt geblieben seien darüber hinaus die Folgen des Schlaganfalls, die Folgen der Medikamenteneinnahme und die Einschränkung in den Händen. Ihre Wegefähigkeit sei ebenfalls eingeschränkt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. März 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 25. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 01. Mai 2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. März 2012 zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass in Auswertung der medizinischen Unterlagen nicht von einer Erwerbsminderung bei der Klägerin auszugehen sei.

Der Senat hat Befundberichte eingeholt. Die Internistin und Diabetologin Dr. H. hat in ihrem Befundbericht vom 26. November 2012 angegeben, dass die diabetologische Stoffwechselsituation der Klägerin zufriedenstellend eingestellt sei. Es bestehe weiterhin die Notwendigkeit der Gewichtsabnahme. Der Hausarzt der Klägerin, Facharzt für Allgemeinmedizin G., hat in seinem Befundbericht vom 02. Dezember 2012 ausgeführt, dass eine wesentliche oder anhaltende Verbesserung der Leiden bisher nicht eingetreten sei. Es bestehe eine Progredienz. Insbesondere die Arthralgien am oberen Sprunggelenk und in den Fingern seien neu. Die Internistin Dr. K. gab in ihrem Befundbericht vom 06. Dezember 2012 an, dass die Klägerin lediglich am 12. Februar 2010 bei ihr in Behandlung gewesen sei. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W. hat in seinem Befundbericht vom 03. Dezember 2012 ausgeführt, dass die Klägerin zuletzt am 07. Januar 2009 behandelt worden sei. Der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 11. Dezember 2012 angegeben, dass keine erheblichen Veränderungen der erhobenen Befunde eingetreten seien.

Mit Beweisanordnung vom 07. März 2013 hat der Senat die Fachärztin für Innere Medizin, Sozial- und Betriebsmedizin Dr. H. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach ambulanter Untersuchung der Klägerin beauftragt. Die Sachverständige hat mit Schreiben vom 31. Mai 2013 mitgeteilt, dass die Klägerin bereits den zweiten Untersuchungstermin nicht wahrgenommen habe. Die Klägerin ist mit gerichtlicher Verfügung vom 03. Juni 2013 aufgefordert worden, innerhalb von zwei Wochen einen verbindlichen Untersuchungstermin zu vereinbaren und diesen dann wahrzunehmen. Sollte die Klägerin diesem nicht nachkommen, werde von einer Begutachtung abgesehen. In diesem Fall sei eine Beweislastentscheidung zu treffen. Nachdem die Klägerin dem nicht nachgekommen ist, ist die Sachverständige mit gerichtlicher Verfügung vom 20. Juni 2013 von ihrem Gutachtenauftrag entbunden worden.

Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in der öffentlichen Sitzung am 12. September 2013 über die Berufung der Klägerin entscheiden, obwohl diese nicht zur Verhandlung erschienen ist. Denn der Klägerin ist die entsprechende Terminsmitteilung ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 31. August 2013 zugestellt worden. Das persönliche Erscheinen der Klägerin war zunächst angeordnet worden. Da sie mit Schreiben vom 03. September 2013 mitgeteilt hat, dass sie sich aus gesundheitlichen Gründen außerstande sehe, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen, wurde die Anordnung des persönlichen Erscheinens aufgehoben und ihr dies ausweislich der Postzustellungsurkunde am 07. September 2013 mitgeteilt. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens konnte aufgehoben werden, da dieses zwar zweckmäßig, aber für die Entscheidung nicht zwingend war. Der Klägerin wurde in der Terminsmitteilung zudem erläutert, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet, weil der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 25. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2010 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht i. S. der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert. Das SG hat die dagegen gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI haben Versicherte, wenn die entsprechenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorliegen, dann einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift ist derjenige teilweise erwerbsgemindert, der wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3, Zweiter Halbsatz SGB VI).

Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin seit Mai 2009 bis heute noch in der Lage war und ist, mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Die Arbeiten sind in wechselnder Körperhaltung zu verrichten. Zwangshaltungen, extreme Witterungseinflüsse, Arbeiten im Freien, Arbeiten auf Gerüsten, Arbeiten an laufenden Maschinen, Akkordarbeit, Fließbandarbeit und Arbeit unter besonderem Zeitdruck sind hierbei zu vermeiden. Besondere Beanspruchungen der Wirbelsäule, der Fingergeschicklichkeit, des Sehvermögens und des rechten Beines sind auszuschließen. Nachtschichten sind der Klägerin nicht zumutbar und sie muss die Möglichkeit der zwischenzeitlichen Nahrungsaufnahme haben. Eine Belastung durch inhalative Noxen ist ebenfalls auszuschließen.

Insoweit folgt der Senat aufgrund eigener Urteilsbildung den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen Dr. S. und Dr. B. im kardiologisch-internistischen Gutachten vom 07. Juli 2011 und im orthopädischen Gutachten vom 30. November 2011. Dr. S. hat aus kardiologisch-internistischer Sicht überzeugend ausgeführt, dass sich im Rahmen der Fahrradergometrie kein Nachweis einer signifikanten Kammerendteilveränderung unter Belastung gezeigt habe und auch kein Nachweis von Herzrhythmusstörungen. Die Sollleistung in Bezug auf Alter, Größe und Gewicht sei nicht erreicht worden. Die Klägerin habe allerdings eine normale Frequenzreaktion und ein normales Blutdruckverhalten unter Belastung gezeigt. Es habe sich kein Hinweis auf eine relevante Ischämie bis zu einer Belastungsstufe von 75 Watt gezeigt. Bei der Klägerin sei eine diastolische Funktionsstörung nachgewiesen worden (Stadium I) und eine leichte pulmonale Hypertonie mit leichtgradiger Trikuspidalklappeninsuffizienz. Diesbezüglich habe sich jedoch im Vergleich zur Voruntersuchung im Februar 2010 eine Verbesserung gezeigt. Die Fahrradergometrie sei lediglich durch einen plötzlichen Krampf im Bereich des rechten Oberschenkels und einer allgemeinen muskulären Erschöpfung limitiert worden. Es habe sich eine Diskrepanz zwischen der subjektiv beschriebenen Leistungseinbuße und dem dargebotenen Leistungsvermögen in Verbindung mit der Blutgasanalyse der Lungenfunktion gezeigt.

Dr. B. hat aus orthopädischer Sicht überzeugend dargelegt, dass die Klägerin an einem chronischen pseudoradikulären Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, einer initialen Arthrose des Großzehengrundgelenkes und in den Metatarsotarsalgelenken, einer intialen Retropatellararthrose rechtes Knie, Glaukoma beiderseits, Adipositas per magna, Diabetes mellitus, arterieller Hypertonie und an einem Zustand nach peripherer Facialislähmung leide. Bei der körperlichen Untersuchung der Wirbelsäule habe sich lediglich eine verminderte Beweglichkeit im Halsbereich gezeigt. Die Hauptursache des eingeschränkten Leistungsvermögens der Klägerin sei ihr starkes Übergewicht.

In Auswertung der im Berufungsverfahren beigezogenen Befundberichte ergeben sich für den Senat keine Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Verschlechterung des Leistungsvermögens der Klägerin eingetreten ist. Der Hausarzt der Klägerin, Facharzt für Allgemeinmedizin G., hat hierzu zwar in seinem Befundbericht vom 02. Dezember 2012 angegeben, dass eine Progredienz im Erkrankungsbild der Klägerin vorliege. Es hätten sich nunmehr Arthralgien in den Fingern und den oberen Sprunggelenken gezeigt. Der Facharzt für Orthopädie Dr. S. hat aber in seinem Befundbericht vom 11. Dezember 2012 ausgeführt, dass keine erheblichen Veränderungen der erhobenen Befunde eingetreten seien. Insoweit bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die vom Hausarzt der Klägerin beschriebenen Verschlechterungen Auswirkungen auf das Leistungsbild der Klägerin haben. Die Internistin Dr. K. hat in ihrem Befundbericht vom 06. Dezember 2012 lediglich angegeben, dass sie die Klägerin zuletzt am 12. Februar 2010 behandelt habe und insoweit keine weiteren Auskünfte erteilen könne. Dr. W. hat in seinem Befundbericht vom 03. Dezember 2012 nur ausgeführt, dass er die Klägerin zuletzt am 07. Januar 2009 behandelt habe. Aus internistischer Sicht hat Dr. H. in ihrem Befundbericht vom 26. November 2012 erklärt, dass die diabetologische Stoffwechselsituation der Klägerin zufriedenstellend eingestellt sei. Insoweit ergibt sich auch aus internistischer Sicht kein Anhaltspunkt dafür, dass sich die Leistungsfähigkeit der Klägerin im Zuge des Berufungsverfahrens verschlechtert hat. Weitergehende medizinische Ermittlungen waren nicht erforderlich. Soweit eine erneute medizinische Begutachtung durch Dr. H. veranlasst worden ist, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. In Anbetracht der Ausführungen der behandelnden Ärzte der Klägerin, dass eine wesentliche Verschlechterung in deren Gesundheitszustand nicht eingetreten ist, diente die erneute Beauftragung einer Sachverständigen nur der Absicherung. Eine erneute Begutachtung ist deshalb nicht als zwingend anzusehen. Insoweit kann offen bleiben, wie die Weigerung der Klägerin, sich der Begutachtung zu unterziehen, in diesem Zusammenhang zu bewerten ist.

Ist die Klägerin danach nicht teilweise erwerbsgemindert, so ist sie erst recht nicht voll erwerbsgemindert. Denn dies erfordert gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, dass eine Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Da die Klägerin, wie dargelegt, noch mindestens sechs Stunden erwerbstätig sein kann, erfüllt sie dieses Kriterium nicht. Die Klägerin ist auch nicht deshalb voll erwerbsgemindert, weil sie wegen einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könnte. Eine konkrete Verweisungstätigkeit war daher nicht zu benennen. Ihr Restleistungsvermögen reicht vielmehr noch für leichte körperliche Verrichtungen wie z. B. Zureichen, Abnehmen, leichte Reinigungsarbeiten ohne Zwangshaltungen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen sowie Bürohilfsarbeiten aus (vgl. die Aufzählung in dem Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. Dezember 1996 – GS 2/95 –, SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 f.; in der Anwendbarkeit auf die aktuelle Rechtslage bestätigt in BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris, Rdnr. 14 ff.). Schließlich ist sie auch nicht aus gesundheitlichen Gründen gehindert, einen Arbeitsplatz aufzusuchen (sog. Wegefähigkeit, vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris). Die Wegefähigkeit der Klägerin ist nicht eingeschränkt. Dies haben Dr. B. aus orthopädischer Sicht und Dr. S. aus kardiologischer Sicht überzeugend dargelegt. Sie ist in der Lage, eine Wegstrecke von 500 m in weniger als 20 Minuten zu bewältigen.

Die Kostenentscheidung ergeht in Anwendung von § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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