Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 2213/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 4609/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 13.08.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung des Ereignisses vom 27.03.2010 als Arbeitsunfall.
Der am 1952 geborene Kläger, der als Unternehmer bei der Beklagten freiwillig unfallversichert ist, wurde nach dem vorläufigen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Ulm vom März 2010 dort am 27.03.2010 stationär aufgenommen. Der Kläger habe morgens gegen 5:30 Uhr nach der Arbeit Unruhe sowie starke, linksthorakale Schmerzen ohne Ausstrahlung mit Dyspnoe verspürt. Im Rahmen der von ihm selbst vorgenommenen Blutdruckmessung habe sich ein Wert von 210 mmHg ergeben, weshalb bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom die Einweisung des Klägers in das Universitätsklinikum U. erfolgt sei. Bei unauffälligem Befund im Rahmen der Untersuchung durch Belastungs-EKG sowie Echokardiographie gehe man am ehesten von einer hypertensiven Krise als Ursache der Beschwerden aus. An kardiovaskulären Risikofaktoren würden beim Kläger eine arterielle Hypertonie, eine positive Familienanamnese, ein Diabetes mellitus Typ II sowie ein Nikotinabusus vorliegen.
Der Kläger zeigte daraufhin am 01.04.2010 bei der Beklagten einen Arbeitsunfall vom 27.03.2010 ("hypertensive Entgleisung im Arbeitsraum") an. Ergänzend teilte er mit, das Geschehen habe sich bei bekannter HWS-/LWS-Problematik und Schlafentzug im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit am PC im eigenen Arbeitsraum ereignet. Seit ca. drei Jahren sei er täglich 18-stündig mit der steuerlichen und buchhalterischen Erfassung und Belegsortierung sowie dem Ausarbeiten von Geschäftskonzepten für LV-Engagement beschäftigt. Er habe ein Drehschwindelgefühl und Kopfschmerzen im Hinterkopf sowie ein Taubheitsgefühl im rechten Fuß verspürt. Beim Aufstehen seien dann Gleichgewichtsstörungen aufgetreten, weshalb er, um einen Sturz zu vermeiden, sich im Schlafzimmer habe hinlegen müssen. Zusätzlich legte er ein ärztliches Attest des Bereitschaftsarztes Dr. B. vor, wonach es beim Kläger in der Nacht vom 26. zum 27.03.2010 in Folge einer HWS-Problematik zu einem Schwindel kam, der vom überarbeiteten Kläger als sehr bedrohlich empfunden wurde. Infolge dieses Bedrohungserlebnisses sei es zu einer Blutdruckentgleisung mit Brustschmerzen und Sprechstörung gekommen.
Die Beklagte zog im Rahmen ihrer Ermittlungen einen Bericht des Prof. Dr. Westphal, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom August 2007 bei, in welchem dieser beim Kläger einen zerviko-genen Kopfschmerz, ein ausgeprägtes HWS-Syndrom sowie eine zunehmende Wirbelsäulensymptomatik mit Missempfindungen an den Beinen diagnostizierte. Mit Bescheid vom 23.04.2010 teilte die Beklagte mit, Leistungen würden nicht erbracht, da kein Versicherungsfall vorliege. Bei dem Schwindelanfall am 27.03.2010 habe kein Unfallereignis, das plötzlich von außen auf den Körper eingewirkt habe, vorgelegen. Ein Unfall liege nicht vor, wenn die Ursache der Erkrankung im Menschen selbst liege (innere Ursache) und eine besondere Betriebsgefahr zur Entstehung, Art bzw. Schwere der Verletzung nicht beigetragen habe.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, er übe seine Tätigkeit überwiegend am PC aus und nur dort seien ab 20.03.2010 Drehschwindel, Nackenkopfschmerzen und beim Aufstehen Gleichgewichtsstörungen aufgetreten. Der Durchgangsarzt Dr. Barth teilte in seinem Zwischenbericht vom April 2010 mit, es bestehe beim Kläger eine Zervikocephalgie mit Schwindel bei bekannten NPP C5/6 mit Spinalkanalstenose und hochzer¬vikalen Spondylarthrosen mit Blockierungen. In der Nacht vom 26.03. auf den 27.03.2010 sei es zu einer hypertensiven Entgleisung unter Überlastung und Schwindel gekommen. Der Kläger sei weiterhin arbeitsfähig und könne seine bisherige Tätigkeit uneingeschränkt ausüben. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 25.06.2010 das Sozialgericht Ulm angerufen und zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren Bezug genommen. Der Arbeitsabbruch am 27.03.2010, verursacht durch Drehschwindel und Gleichgewichtsstörungen, sei geboten gewesen, um vorsorglich und sinnvoller Weise einen Sturz und daraus resultierende äußere Verletzungen zu vermeiden. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13.08.2012 die Klage abgewiesen.
Gegen das dem Kläger am 19.09.2012 zugestellte Urteil hat dieser am 19.10.2012 beim Sozialgericht Ulm Berufung eingelegt und beantragt, festzustellen, dass er am 27.03.2010 einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall erlitten habe. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise er im Übrigen auf den gesamten bisherigen Schriftverkehr.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgericht Ulm vom 13.08.2012 und den Bescheid vom 23.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 27.03.2010 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt ihren Antrag auf den Akteninhalt, ihre Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung sowie auf das erstinstanzliche Urteil vom 13.08.2012. Man sei auch weiterhin der Ansicht, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Ereignis vom 27.03.2010 nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes gehandelt habe, da kein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorlegen habe. Die für diesen Tag geschilderten Beschwerden würden auf vorbestehende Erkrankungen zurückgehen und nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 das Vorliegen eines Versicherungsfalles verneint und, darauf gestützt, Ansprüche auf Leistungen pauschal abgelehnt. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidung, weil diese andernfalls bei zu treffender Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden und im Grunde das Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles regeln. Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren ist § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, hier zwischen dem Kläger und der Beklagten als zuständigem Unfallversicherungsträger auf Grund eines grundsätzlich entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalls (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3). Dies ermöglicht es dem Kläger, das Vorliegen eines Arbeitsunfalles als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab klären zu lassen (BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R). Weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Arbeitsunfall eingetreten sei, liegt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung vor.
Die Klage ist indessen unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalles verneinte. Denn bezogen auf die Ereignisse des 27.03.2010 liegt kein Arbeitsunfall vor.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente. Für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis ist kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Alltägliche Vorgänge wie Stolpern usw. genügen. Es dient der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden auf Grund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps usw., wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).
Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt es vorliegend bereits an einem von außen einwirkenden, zeitlich begrenzten Ereignis. Soweit das Universitätsklinikum Ulm in seinem vorläufigen Entlassungsbericht als Ursache der Beschwerden vom 27.03.2010 eine hypertensive Krise am wahrscheinlichsten ansieht, beruht diese krankhafte Erscheinung allein oder zumindest ganz wesentlich auf dem Gesundheitszustand des Klägers ohne Mitwirken eines äußeren Vorgangs, nämlich insbesondere auf den beim Kläger gegebenen kardiovaskulären Risikofaktoren, hier wiederum nach Einschätzung des Entlassungsberichts im besonderen auf einer ungenügenden Einstellung der arteriellen Hypertonie. Gleiches gilt, wenn man der Einschätzung des Allgemeinmediziners Dr. B. folgend davon auszugehen will, dass der in Folge einer langjährig bestehenden HWS-Problematik (vergleiche hierzu den Bericht des Professor Dr. W. vom 23.08.2007 und das dort diagnostizierte, ausgeprägte HWS-Syndrom) hervorgerufene Schwindel vom Kläger als Bedrohungserlebnis empfunden wurde, welches seinerseits wiederum zu einer Blutdruckentgleisung mit den weiteren Symptomen führte.
Ein äußeres Ereignis als Ursache für die Körperschädigung ist demgegenüber nicht ersichtlich. Zwar kann die Körperschädigung neben körperlich gegenständlichen Einwirkungen (z.B. Verletzung beim Aufschlag nach Sturz) auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum verursacht sein. Die Definition des Unfalls enthält indes als wesentliches Merkmal das der zeitlichen Begrenzung. Es dient der Abgrenzung des Unfalls von der Krankheit (vgl. hierzu und zum nachfolgenden BSG, Urteil vom 08.12.1998, B 2 U 1/98 R, juris). Danach erfüllt eine schädigende, auch psychische Einwirkung nur dann den Tatbestand eines Unfalles, wenn sie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht geschehen ist (BSG a.a.O. m.w.N.). Die Gesamtheit mehrerer, auf einen längeren Zeitraum verteilter Gewalteinwirkungen ist kein Unfall im rechtlichen Sinne. Unabhängig davon, ob die berufliche Inanspruchnahme des Klägers - als einzige in Betracht kommende speziell berufsbedingte psychische Einwirkung - überhaupt ein Ausmaß an geistig-seelischer Ein¬wir¬kung erreichte, welches eine Beurteilung als äußeres Ereignis rechtfertigen würde, fehlt es an der zeitlichen Begrenzung: So gab der Kläger in seiner Unfallanzeige an, seit ca. drei Jahren würde er 18 Stunden am Tag arbeiten. Die berufliche Überlastungssituation dauerte demnach bereits seit langem an. Weder hat der Kläger eine spezifisch berufsbedingte herausragende Belastungssituation am Tage des Ereignisses vorgetragen, noch können den vorliegenden Unterlagen dementsprechende Anhaltspunkte entnommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Feststellung des Ereignisses vom 27.03.2010 als Arbeitsunfall.
Der am 1952 geborene Kläger, der als Unternehmer bei der Beklagten freiwillig unfallversichert ist, wurde nach dem vorläufigen Entlassungsbericht des Universitätsklinikums Ulm vom März 2010 dort am 27.03.2010 stationär aufgenommen. Der Kläger habe morgens gegen 5:30 Uhr nach der Arbeit Unruhe sowie starke, linksthorakale Schmerzen ohne Ausstrahlung mit Dyspnoe verspürt. Im Rahmen der von ihm selbst vorgenommenen Blutdruckmessung habe sich ein Wert von 210 mmHg ergeben, weshalb bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom die Einweisung des Klägers in das Universitätsklinikum U. erfolgt sei. Bei unauffälligem Befund im Rahmen der Untersuchung durch Belastungs-EKG sowie Echokardiographie gehe man am ehesten von einer hypertensiven Krise als Ursache der Beschwerden aus. An kardiovaskulären Risikofaktoren würden beim Kläger eine arterielle Hypertonie, eine positive Familienanamnese, ein Diabetes mellitus Typ II sowie ein Nikotinabusus vorliegen.
Der Kläger zeigte daraufhin am 01.04.2010 bei der Beklagten einen Arbeitsunfall vom 27.03.2010 ("hypertensive Entgleisung im Arbeitsraum") an. Ergänzend teilte er mit, das Geschehen habe sich bei bekannter HWS-/LWS-Problematik und Schlafentzug im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit am PC im eigenen Arbeitsraum ereignet. Seit ca. drei Jahren sei er täglich 18-stündig mit der steuerlichen und buchhalterischen Erfassung und Belegsortierung sowie dem Ausarbeiten von Geschäftskonzepten für LV-Engagement beschäftigt. Er habe ein Drehschwindelgefühl und Kopfschmerzen im Hinterkopf sowie ein Taubheitsgefühl im rechten Fuß verspürt. Beim Aufstehen seien dann Gleichgewichtsstörungen aufgetreten, weshalb er, um einen Sturz zu vermeiden, sich im Schlafzimmer habe hinlegen müssen. Zusätzlich legte er ein ärztliches Attest des Bereitschaftsarztes Dr. B. vor, wonach es beim Kläger in der Nacht vom 26. zum 27.03.2010 in Folge einer HWS-Problematik zu einem Schwindel kam, der vom überarbeiteten Kläger als sehr bedrohlich empfunden wurde. Infolge dieses Bedrohungserlebnisses sei es zu einer Blutdruckentgleisung mit Brustschmerzen und Sprechstörung gekommen.
Die Beklagte zog im Rahmen ihrer Ermittlungen einen Bericht des Prof. Dr. Westphal, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom August 2007 bei, in welchem dieser beim Kläger einen zerviko-genen Kopfschmerz, ein ausgeprägtes HWS-Syndrom sowie eine zunehmende Wirbelsäulensymptomatik mit Missempfindungen an den Beinen diagnostizierte. Mit Bescheid vom 23.04.2010 teilte die Beklagte mit, Leistungen würden nicht erbracht, da kein Versicherungsfall vorliege. Bei dem Schwindelanfall am 27.03.2010 habe kein Unfallereignis, das plötzlich von außen auf den Körper eingewirkt habe, vorgelegen. Ein Unfall liege nicht vor, wenn die Ursache der Erkrankung im Menschen selbst liege (innere Ursache) und eine besondere Betriebsgefahr zur Entstehung, Art bzw. Schwere der Verletzung nicht beigetragen habe.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, er übe seine Tätigkeit überwiegend am PC aus und nur dort seien ab 20.03.2010 Drehschwindel, Nackenkopfschmerzen und beim Aufstehen Gleichgewichtsstörungen aufgetreten. Der Durchgangsarzt Dr. Barth teilte in seinem Zwischenbericht vom April 2010 mit, es bestehe beim Kläger eine Zervikocephalgie mit Schwindel bei bekannten NPP C5/6 mit Spinalkanalstenose und hochzer¬vikalen Spondylarthrosen mit Blockierungen. In der Nacht vom 26.03. auf den 27.03.2010 sei es zu einer hypertensiven Entgleisung unter Überlastung und Schwindel gekommen. Der Kläger sei weiterhin arbeitsfähig und könne seine bisherige Tätigkeit uneingeschränkt ausüben. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der Kläger hat hiergegen am 25.06.2010 das Sozialgericht Ulm angerufen und zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren Bezug genommen. Der Arbeitsabbruch am 27.03.2010, verursacht durch Drehschwindel und Gleichgewichtsstörungen, sei geboten gewesen, um vorsorglich und sinnvoller Weise einen Sturz und daraus resultierende äußere Verletzungen zu vermeiden. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 13.08.2012 die Klage abgewiesen.
Gegen das dem Kläger am 19.09.2012 zugestellte Urteil hat dieser am 19.10.2012 beim Sozialgericht Ulm Berufung eingelegt und beantragt, festzustellen, dass er am 27.03.2010 einen entschädigungspflichtigen Arbeitsunfall erlitten habe. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise er im Übrigen auf den gesamten bisherigen Schriftverkehr.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgericht Ulm vom 13.08.2012 und den Bescheid vom 23.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 27.03.2010 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt ihren Antrag auf den Akteninhalt, ihre Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung sowie auf das erstinstanzliche Urteil vom 13.08.2012. Man sei auch weiterhin der Ansicht, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Ereignis vom 27.03.2010 nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne des Gesetzes gehandelt habe, da kein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorlegen habe. Die für diesen Tag geschilderten Beschwerden würden auf vorbestehende Erkrankungen zurückgehen und nicht ursächlich auf die berufliche Tätigkeit.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die hier vorliegende kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage ist zulässig. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 23.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.05.2010 das Vorliegen eines Versicherungsfalles verneint und, darauf gestützt, Ansprüche auf Leistungen pauschal abgelehnt. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Gewährung von Leistungen pauschal ablehnenden Verwaltungsentscheidung, weil diese andernfalls bei zu treffender Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles einer künftigen Leistungsgewährung entgegenstünden und im Grunde das Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles regeln. Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren ist § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, hier zwischen dem Kläger und der Beklagten als zuständigem Unfallversicherungsträger auf Grund eines grundsätzlich entschädigungspflichtigen Arbeitsunfalls (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3). Dies ermöglicht es dem Kläger, das Vorliegen eines Arbeitsunfalles als Grundlage in Frage kommender Leistungsansprüche vorab klären zu lassen (BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 30/07 R). Weil die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil kein Arbeitsunfall eingetreten sei, liegt ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung vor.
Die Klage ist indessen unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Vorliegen eines Arbeitsunfalles verneinte. Denn bezogen auf die Ereignisse des 27.03.2010 liegt kein Arbeitsunfall vor.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung einer Verletztenrente. Für das von außen auf den Körper einwirkende, zeitlich begrenzte Ereignis ist kein besonderes, ungewöhnliches Geschehen erforderlich. Alltägliche Vorgänge wie Stolpern usw. genügen. Es dient der Abgrenzung zu Gesundheitsschäden auf Grund von inneren Ursachen, wie Herzinfarkt, Kreislaufkollaps usw., wenn diese während der versicherten Tätigkeit auftreten, sowie zu vorsätzlichen Selbstschädigungen (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12. April 2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).
Gemessen an diesen Grundsätzen fehlt es vorliegend bereits an einem von außen einwirkenden, zeitlich begrenzten Ereignis. Soweit das Universitätsklinikum Ulm in seinem vorläufigen Entlassungsbericht als Ursache der Beschwerden vom 27.03.2010 eine hypertensive Krise am wahrscheinlichsten ansieht, beruht diese krankhafte Erscheinung allein oder zumindest ganz wesentlich auf dem Gesundheitszustand des Klägers ohne Mitwirken eines äußeren Vorgangs, nämlich insbesondere auf den beim Kläger gegebenen kardiovaskulären Risikofaktoren, hier wiederum nach Einschätzung des Entlassungsberichts im besonderen auf einer ungenügenden Einstellung der arteriellen Hypertonie. Gleiches gilt, wenn man der Einschätzung des Allgemeinmediziners Dr. B. folgend davon auszugehen will, dass der in Folge einer langjährig bestehenden HWS-Problematik (vergleiche hierzu den Bericht des Professor Dr. W. vom 23.08.2007 und das dort diagnostizierte, ausgeprägte HWS-Syndrom) hervorgerufene Schwindel vom Kläger als Bedrohungserlebnis empfunden wurde, welches seinerseits wiederum zu einer Blutdruckentgleisung mit den weiteren Symptomen führte.
Ein äußeres Ereignis als Ursache für die Körperschädigung ist demgegenüber nicht ersichtlich. Zwar kann die Körperschädigung neben körperlich gegenständlichen Einwirkungen (z.B. Verletzung beim Aufschlag nach Sturz) auch durch geistig-seelische Einwirkungen in einem eng begrenzten Zeitraum verursacht sein. Die Definition des Unfalls enthält indes als wesentliches Merkmal das der zeitlichen Begrenzung. Es dient der Abgrenzung des Unfalls von der Krankheit (vgl. hierzu und zum nachfolgenden BSG, Urteil vom 08.12.1998, B 2 U 1/98 R, juris). Danach erfüllt eine schädigende, auch psychische Einwirkung nur dann den Tatbestand eines Unfalles, wenn sie innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, höchstens innerhalb einer Arbeitsschicht geschehen ist (BSG a.a.O. m.w.N.). Die Gesamtheit mehrerer, auf einen längeren Zeitraum verteilter Gewalteinwirkungen ist kein Unfall im rechtlichen Sinne. Unabhängig davon, ob die berufliche Inanspruchnahme des Klägers - als einzige in Betracht kommende speziell berufsbedingte psychische Einwirkung - überhaupt ein Ausmaß an geistig-seelischer Ein¬wir¬kung erreichte, welches eine Beurteilung als äußeres Ereignis rechtfertigen würde, fehlt es an der zeitlichen Begrenzung: So gab der Kläger in seiner Unfallanzeige an, seit ca. drei Jahren würde er 18 Stunden am Tag arbeiten. Die berufliche Überlastungssituation dauerte demnach bereits seit langem an. Weder hat der Kläger eine spezifisch berufsbedingte herausragende Belastungssituation am Tage des Ereignisses vorgetragen, noch können den vorliegenden Unterlagen dementsprechende Anhaltspunkte entnommen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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