Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 114 AS 22785/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 184/14 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 6. Dezember 2013 aufgehoben. Dem Kläger wird für das Verfahren bei dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten bewilligt.
Gründe:
Die Beschwerde des - bedürftigen - Klägers ist begründet; die beim Sozialgericht erhobene Klage gegen den eine Eingliederungsvereinbarung (EV) ersetzenden Verwaltungsakt des Beklagten vom 28. Mai 2013 hat bei der im Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) nur gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Kläger hat sich ursprünglich zutreffend mit der Anfechtungsklage gegen den die EV ersetzenden Verwaltungsakt vom 28. Mai 2013 gewandt. Die mit der Anfechtungsklage angestrebte Aufhebung dieses Verwaltungsaktes war ua erforderlich, um mögliche Sanktionen abzuwehren. Zwar hat sich die zeitliche Geltungsdauer des EV-Verwaltungsakts zwischenzeitlich erledigt, so dass der angefochtene Bescheid unmittelbar keine Regelungswirkung mehr entfaltet und eine Anfechtungsklage daher nicht mehr in Betracht kommt. Die mit der Beschwerde erfolgte Umstellung des Klageantrags auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist indes zulässig.
Diese Fortsetzungsfeststellungsklage hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der die EV ersetzende Verwaltungsakt vom 28. Mai 2013 war rechtswidrig. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (vgl BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 195/11 R = SozR 4-4200 § 15 Nr 2 m.w.N.; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 4 RdNr. 7 m.w.N.). Die Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen, denn der Verlauf des Verfahrens zeigt, dass der Beklagte versucht hat, den Kläger in Eingliederungsmaßnahmen einzubeziehen. Es besteht daher eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass auch in der nachfolgenden Zeit weitere Maßnahmen zu erwarten sind (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 195/11 R -).
Keiner abschließenden Beurteilung bedarf vorliegend, ob der Beklagte über Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gegenüber dem Kläger zu Recht durch Verwaltungsakt entschieden hatte. Zwar legt § 15 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB) II zunächst fest, die Agentur für Arbeit solle im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II bestimmt dann jedoch: Kommt eine EV nicht zustande, sollen die in Satz 2 aufgeführten Regelungen einer EV durch Verwaltungsakt erfolgen. Ob diese Voraussetzung hier erfüllt ist, dh der Kläger den Abschluss einer EV ohne Begründung abgelehnt hat, steht bereits nicht fest und wird von dem Kläger, der vorträgt, am Tag der Vorlage der EV zu deren Abschluss gedrängt worden zu sein, bestritten. Es bedürfte daher insoweit ohnehin noch weiterer Ermittlungen. Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 SGB II sprechen dafür, dass ein die EV ersetzender Verwaltungsakt nur in Betracht kommt, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was im ersetzenden Verwaltungsakt im Einzelnen darzulegen wäre (vgl BSG aaO).
Die Rechtswidrigkeit des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakts folgt indes ohne weiteres bereits daraus, dass der Beklagte entgegen der gesetzlichen Vorgabe ohne Ermessenserwägungen eine Geltungsdauer von mehr als sechs Monaten, nämlich bis 31. Dezember 2013, angeordnet hat. Zwar verweist § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II wegen des eine EV ersetzenden Verwaltungsakts allein auf "die Regelungen nach Satz 2". Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass der Grundsicherungsträger die Geltungsdauer eines ersetzenden Verwaltungsakts ohne Bindung an die Vorgabe des Satzes 3 nach freiem Ermessen festlegen können sollte. Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II soll die EV für sechs Monate geschlossen werden. Aufgrund des Verhältnisses der Regelungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II zu Satz 6 dieser Vorschrift gilt dies auch für den die EV ersetzenden Verwaltungsakt (vgl. BSG a.a.O.).
Bei der Entscheidung über die Geltungsdauer ist das Ermessen des Grundsicherungsträgers danach gebunden. Für den Regelfall sieht der Gesetzgeber sechs Monate als angemessen an. Die sechsmonatige Regellaufzeit entspricht dem Bewilligungszeitraum für Leistungen nach dem SGB II gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Bis zum 31. Dezember 2006 galt als Übergangsregelung zur Entlastung der Verwaltung noch eine Laufzeit von bis zu zwölf Monaten. Die nunmehr geltende kürzere Frist von sechs Monaten gibt dem Hilfebedürftigen einerseits einen stabilen, verlässlichen Rahmen, garantiert aber andererseits durch kontinuierliche Beobachtung, dass nicht an Zielen starr festgehalten wird, die sich als erfolglos erwiesen haben. Deshalb "soll" nach Satz 4 des § 15 Abs 1 SGB II nach Ablauf von sechs Monaten eine neue EV abgeschlossen werden.
Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (vgl § 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des - bedürftigen - Klägers ist begründet; die beim Sozialgericht erhobene Klage gegen den eine Eingliederungsvereinbarung (EV) ersetzenden Verwaltungsakt des Beklagten vom 28. Mai 2013 hat bei der im Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) nur gebotenen summarischen Prüfung hinreichende Aussicht auf Erfolg (vgl § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Kläger hat sich ursprünglich zutreffend mit der Anfechtungsklage gegen den die EV ersetzenden Verwaltungsakt vom 28. Mai 2013 gewandt. Die mit der Anfechtungsklage angestrebte Aufhebung dieses Verwaltungsaktes war ua erforderlich, um mögliche Sanktionen abzuwehren. Zwar hat sich die zeitliche Geltungsdauer des EV-Verwaltungsakts zwischenzeitlich erledigt, so dass der angefochtene Bescheid unmittelbar keine Regelungswirkung mehr entfaltet und eine Anfechtungsklage daher nicht mehr in Betracht kommt. Die mit der Beschwerde erfolgte Umstellung des Klageantrags auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist indes zulässig.
Diese Fortsetzungsfeststellungsklage hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der die EV ersetzende Verwaltungsakt vom 28. Mai 2013 war rechtswidrig. Nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG kann mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann unter dem Gesichtspunkt der Präjudizialität und der Wiederholungsgefahr bestehen. Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht (vgl BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 195/11 R = SozR 4-4200 § 15 Nr 2 m.w.N.; BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 4 RdNr. 7 m.w.N.). Die Wiederholungsgefahr ist vorliegend zu bejahen, denn der Verlauf des Verfahrens zeigt, dass der Beklagte versucht hat, den Kläger in Eingliederungsmaßnahmen einzubeziehen. Es besteht daher eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit, dass auch in der nachfolgenden Zeit weitere Maßnahmen zu erwarten sind (vgl zum Ganzen BSG, Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 195/11 R -).
Keiner abschließenden Beurteilung bedarf vorliegend, ob der Beklagte über Leistungen zur Eingliederung in Arbeit gegenüber dem Kläger zu Recht durch Verwaltungsakt entschieden hatte. Zwar legt § 15 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB) II zunächst fest, die Agentur für Arbeit solle im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen die für seine Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II bestimmt dann jedoch: Kommt eine EV nicht zustande, sollen die in Satz 2 aufgeführten Regelungen einer EV durch Verwaltungsakt erfolgen. Ob diese Voraussetzung hier erfüllt ist, dh der Kläger den Abschluss einer EV ohne Begründung abgelehnt hat, steht bereits nicht fest und wird von dem Kläger, der vorträgt, am Tag der Vorlage der EV zu deren Abschluss gedrängt worden zu sein, bestritten. Es bedürfte daher insoweit ohnehin noch weiterer Ermittlungen. Sinn und Zweck des § 15 Abs. 1 SGB II sprechen dafür, dass ein die EV ersetzender Verwaltungsakt nur in Betracht kommt, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen hat, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen, was im ersetzenden Verwaltungsakt im Einzelnen darzulegen wäre (vgl BSG aaO).
Die Rechtswidrigkeit des ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakts folgt indes ohne weiteres bereits daraus, dass der Beklagte entgegen der gesetzlichen Vorgabe ohne Ermessenserwägungen eine Geltungsdauer von mehr als sechs Monaten, nämlich bis 31. Dezember 2013, angeordnet hat. Zwar verweist § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II wegen des eine EV ersetzenden Verwaltungsakts allein auf "die Regelungen nach Satz 2". Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass der Grundsicherungsträger die Geltungsdauer eines ersetzenden Verwaltungsakts ohne Bindung an die Vorgabe des Satzes 3 nach freiem Ermessen festlegen können sollte. Nach § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II soll die EV für sechs Monate geschlossen werden. Aufgrund des Verhältnisses der Regelungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II zu Satz 6 dieser Vorschrift gilt dies auch für den die EV ersetzenden Verwaltungsakt (vgl. BSG a.a.O.).
Bei der Entscheidung über die Geltungsdauer ist das Ermessen des Grundsicherungsträgers danach gebunden. Für den Regelfall sieht der Gesetzgeber sechs Monate als angemessen an. Die sechsmonatige Regellaufzeit entspricht dem Bewilligungszeitraum für Leistungen nach dem SGB II gemäß § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Bis zum 31. Dezember 2006 galt als Übergangsregelung zur Entlastung der Verwaltung noch eine Laufzeit von bis zu zwölf Monaten. Die nunmehr geltende kürzere Frist von sechs Monaten gibt dem Hilfebedürftigen einerseits einen stabilen, verlässlichen Rahmen, garantiert aber andererseits durch kontinuierliche Beobachtung, dass nicht an Zielen starr festgehalten wird, die sich als erfolglos erwiesen haben. Deshalb "soll" nach Satz 4 des § 15 Abs 1 SGB II nach Ablauf von sechs Monaten eine neue EV abgeschlossen werden.
Kosten sind im PKH-Beschwerdeverfahren kraft Gesetzes nicht zu erstatten (vgl § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (vgl § 177 SGG).
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