Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AL 2438/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die Agentur für Arbeit genügt ihren Beratungspflichten hinsicht-lich der Leistungen zur Entgeltsicherung grundsätzlich durch Übergabe des allgemeines Merkblattes für Arbeitslose.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Entgeltsicherung für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 (Beschäftigung bei der Firma A ...) und für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 (Beschäftigung bei der Firma T ...).
Der Kläger meldete sich, nachdem sein Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2009 ge-kündigt worden war, am 26. November 2008 arbeitssuchend. Unter dem 1. Dezember 2008 bestätigte er mit seiner Unterschrift, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe (Bl. 3 der Beklagtenakte). Am 10. Dezember 2008 fand nach Angaben des Klägers bei der Beklagten ein Bera-tungsgespräch statt.
Vom 1. März 2009 bis zum 31. Dezember 2009 war der Kläger selbständig. Er meldete sich am 15. Dezember 2009 arbeitslos und bestätigte mit seiner Unterschrift, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe (Bl. 25 der Beklagtenakte). Vom 1. Januar bis zum 14. Februar 2010 war er arbeitslos.
Vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 war der Kläger bei der Firma A ... be-schäftigt.
Am 1. Juni 2011 meldete er sich arbeitssuchend und bestätigte mit seiner Unterschrift am 9. Juni 2011, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe (Bl. 71 der Beklagtenakte).
Vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Januar 2012 war der Kläger nach eigenen Angaben arbeitsunfähig.
Vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 war er bei der Firma T ... beschäftigt.
Der Kläger machte am 2. November 2012 gegenüber der Beklagten einen sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch wegen unterlassener Aufklärung über die Möglichkeit der Entgeltsicherung geltend. Er trug vor, bei einem Beratungsgespräch am 10. Dezember 2008 im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit ab dem 28. Februar 2009 sowie bei der schriftlichen Arbeitslosmeldung im Dezember 2009 nicht über die bestehende Möglichkeit der Entgeltsicherung informiert worden zu sein. Erst am 15. Juni 2011 sei er auf die Möglichkeit der Entgeltsicherung aufmerksam gemacht worden.
Die Beklagte wertete den Antrag des Klägers als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und lehnte ihn mit Bescheid vom 11. März 2013 ab. Der Kläger habe auf dem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 26. November 2008 durch seine Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 erhalten und den Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Er sei durch dieses Merkblatt über die Förderleistung der Entgeltsicherung unterrichtet worden. Die Voraussetzung für eine verspätete An-tragstellung aufgrund unbilliger Härte läge nicht vor. Der Kläger habe bereits vor Eintritt seiner Arbeitslosigkeit eine Selbständigkeit geplant. Er habe zum 1. März 2009 ein Gewerbe angemeldet und kurz nach Beginn der Arbeitslosigkeit am 2. April 2009 einen Gründungszuschuss beantragt. Es habe sich also kein gezielter Beratungsbedarf zur Entgeltsicherung ergeben. Eine gezielte Beratung vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma A ... habe nicht erfolgen können, da der Kläger sie – die Beklagte – hiervon nicht unterrichtet habe. Zu keinem Zeitpunkt sei sie davon in Kenntnis gesetzt worden, dass er eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Aussicht habe, bei der er mit Gewinnbußen rechnen müsste.
Hiergegen legte der Kläger am 3. April 2013 Widerspruch ein. Er trug vor, dass er beim Beratungsgespräch am 10. Dezember 2008 die selbständige Tätigkeit nicht bereits geplant gehabt hätte. Er habe sich zu diesem Zeitpunkt lediglich ganz allgemein über seine Rechte und die Möglichkeiten, den Zeitraum bis zum Eintritt in die Rente zu überbrücken, informieren wollen. Hinsichtlich der Tätigkeit bei der Firma A ... habe er erst bei Erhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages gewusst, dass er durch die Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung Einkommenseinbußen in Kauf nehmen müsse. Hinsichtlich der Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma T ... sei es ihm nicht möglich gewesen, den Antrag rechtzeitig zu stellen, weil er in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Januar 2012 aus psychischen Gründen arbeitsunfähig gewesen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 10. Juni 2013 zurück. Zunächst führte sie aus, dass mit dem Bescheid vom 11. März 2013 keine Entscheidung hinsichtlich eines Überprüfungsantrages getroffen worden sei, sondern eine Entscheidung über die am 31. Oktober 2012 beantragten Leistungen der Entgeltsi-cherung. Der Widerspruch sei unbegründet, da Leistungen der Arbeitsförderung nur auf Antrag bewilligt werden dürften. Sie würden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Leistungsbegründende Ereignisse seien in diesem Fall die Tage der Arbeitsaufnahme am 15. Februar 2010 bzw. am 1. Februar 2012. Der Antrag sei aber erst mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 und damit verspätet gestellt worden. Es seien auch keine anerkennenswerten Gründe genannt worden, die einer rechtzeitigen Antragstellung entgegen gestanden hätten. Der Kläger sei im Merkblatt für Arbeitslose darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zu stellen sei, bevor die Kosten entstehen. Auch eine fehlerhafte bzw. zu Unrecht unterbliebene Beratung liege nicht vor. Eine konkrete Beratungspflicht setze voraus, dass dafür nach den Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass bestehe. Daher könne das Vorbringen des Klägers, dass es ihm am 10. Dezember 2008 um eine allgemeine Beratung hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten gegangen sei, zu keiner anderen Entscheidung führen. Allgemein sei er durch die Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose informiert worden. Der Wunsch nach einer allgemeinen Beratung führe zu keiner konkreten Beratungspflicht im Einzelfall hinsichtlich der Möglichkeiten einer Entgeltsicherung. Im Termin vom 10. Dezember 2008 habe auch kein konkreter Anlass bestanden, über die Möglichkeiten der Entgeltsicherung zu informieren, weil eine unmittelbare Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht bevor bestanden habe. Da schließlich ein Anspruch auf Entgeltsicherung vor dem 1. Januar 2012 nicht bestanden habe, könne für die Aufnahme der Tätigkeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 bereits aus diesem Grund eine Entgeltsicherung nicht gewährt werden.
Mit seiner am 11. Juli 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. März 2013 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2013 zu verurteilen, ihm Leis-tungen zur Entgeltsicherung für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 und für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest; sie wiederholt und vertieft ihre Ausfüh-rungen aus den angefochtenen Bescheiden.
Das Gericht hat die Beteiligten auf seine Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbe-scheid zu entscheiden, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme ge-geben. Der Kläger hat sich nicht geäußert. Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Ge-richts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entgeltsicherung für die Zeiten vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 und vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012.
a) Zunächst besteht für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 kein Anspruch auf Entgeltsicherung.
aa) Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermei-den, haben nach § 421j Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie (1.) einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 120 Tagen haben oder geltend machen könnten, (2.) ein Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche Bindung der Vertragsparteien nicht besteht, den ortsüblichen Bedingungen entspricht und (3.) eine monatliche Nettoentgeltdifferenz von mindestens 50 Euro besteht. Die Nettoentgeltdifferenz entspricht dem Unter-schiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, das sich aus dem der Be-messung des Arbeitslosengeldes zu Grunde liegenden Arbeitsentgelt ergibt, und dem niedrigeren pauschalierten Nettoentgelt der aufgenommenen Beschäftigung (§ 421j Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F.).
Die Entgeltsicherung wird gemäß § 421j Abs. 3 SGB III a. F. als Zuschuss zum Ar-beitsentgelt und als zusätzlicher Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt beträgt im ersten Jahr nach Aufnahme der Be-schäftigung 50 Prozent und im zweiten Jahr 30 Prozent der monatlichen Nettoent-geltdifferenz (§ 421j Abs. 3 Satz 2 SGB III a. F.).
Gemäß § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung, zu denen auch die Entgeltsicherung gehört (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 12 m.w.N.), nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Leistungsbegründendes Ereignis ist die Aufnahme der Beschäftigung (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 46), hier zum 15. Februar 2010.
bb) Die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung liegen hier nicht vor.
(1) Der Kläger hat die Entgeltsicherung erst am 2. November 2012 beantragt und damit nach Aufnahme – und nach Beendigung – der hier in Rede stehenden Be-schäftigungszeit, für die Entgeltsicherung begehrt wird (15. Februar 2010 bis 30. Juni 2011), so dass einer Leistungserbringung § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III entgegensteht.
(2) Der Kläger kann einen Anspruch auch nicht aus § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III her-leiten. Nach dieser Norm kann die Agentur für Arbeit zur Vermeidung unbilliger Härten eine verspätete Antragstellung zulassen. Ein Fall unbilliger Härte liegt indes nicht vor.
Das Gericht kann offen lassen, ob es sich bei dem Begriff der "unbilligen Härte" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der Verwaltung keinerlei Beurteilungsspielraum einräumt und bei dessen Vorliegen die Agentur für Arbeit sodann unter pflichtgemäßer Ausübung des ihr zustehenden Er-messens darüber zu entscheiden hat, ob die verspätete Antragstellung zuzulassen ist, oder ob der Begriff der Unbilligkeit grundsätzlich nicht losgelöst vom Ermessen der Behörde gewürdigt werden kann, weshalb eine einheitliche Ermessensentscheidung anzunehmen wäre (vgl. dazu BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 15 m.w.N. zu beiden Ansichten). In beiden Varianten liegt keine Sachlage vor, die zu einer Zulassung der verspäteten Antragstellung führt.
Wie bei jeder Härtefallprüfung sind grundsätzlich alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei das Vorliegen einer unbilligen Härte sich am Leistungsziel orientieren muss (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 16 m.w.N. auch zum Folgenden). Mit dem Instrument der Entgeltsicherung sollten Anreize zur Arbeitsaufnahme geboten werden und zugleich die geringere Alterssicherung durch eine Aufstockung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgemildert werden. Aus arbeitsmarktpolitischen Gründen sollte die Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe der über 50jährigen abgebaut werden. Ältere Arbeitnehmer sollten durch den ergänzenden Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber dem vorhergehenden Bezug von Arbeitslosengeld besser gestellt werden (siehe die Begründung des Gesetzentwurfes auf BT-Drucks. 15/25, S. 34 f.). Beide Ziele, der finanzielle Ausgleich von Einbußen und die soziale Sicherung des Arbeitnehmers beim Erwerb von Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung, stehen hierbei gleichrangig nebeneinander (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 16). Durch sie sollte der bereits arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer motiviert werden, bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz auch solche Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, die niedriger entlohnt werden als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 16).
Die bloße Unkenntnis der Existenz der Förderungsleistung seitens des Arbeitslosen vermag eine unbillige Härte noch nicht zu begründen (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 17). Eine unbillige Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III liegt hingegen dann vor, wenn die verspätete Antragstellung die Folge einer fehlerhaften Beratung durch die Agentur für Arbeit ist, wozu auch eine zu Unrecht unterbliebene Beratung zählt (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 17).
Allgemeine Hinweis- und Auskunftspflichten der Sozialleistungsträger folgen aus §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Eine umfassendere Beratungspflicht (hier nach § 30 Satz 1 Nr. 5 SGB III) des Sozialversicherungsträgers besteht regelmäßig erst bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Versicherten (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 18 m.w.N.). Ausnahmsweise besteht jedoch auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 18 m.w.N.). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zutage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 18 m.w.N.). Eine derartige Verpflichtung zur "Spontanberatung" trifft den Versicherungsträger insbesondere im Rahmen eines Sozialrechtsverhältnisses; ein solches Sozialrechtsverhältnis entsteht bereits durch die Arbeitslosmeldung bzw. die Antrag-stellung bei der Agentur für Arbeit und ist in jedem Stadium des Verwaltungsverfahrens zu beachten (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 17; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 48).
Ob die Beklagte bereits anlässlich der Arbeitslosmeldung und Antragstellung des Klägers am 1. Dezember 2008 oder bei dem nach seinen Angaben am 10. Dezember 2008 geführten Beratungsgespräch verpflichtet war, ihn aufgrund gesteigerter Beratungspflichten auf das Förderinstrument des § 421j SGB III hinzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 19 m.w.N.), kann dahinstehen. Denn jedenfalls wäre die Beklagte einer solchen Beratungspflicht durch Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" hinreichend nachgekommen (für grundsätzlich ausreichende Beratung durch Übergabe des Merkblattes auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 50; SG Dresden, Urteil vom 25. September 2008 – S 35 AL 311/06, juris, Rn. 28; offen gelassen von BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 20; a. A. R. Becker, in: Eicher/Schlegel [Hrsg.], SGB III, § 421j Rn. 95 [Mai 2009]; ders., in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 417 Rn. 77). In diesem Merkblatt (Stand März 2008) wird auf die Möglichkeit der Entgeltsicherung für ältere Arbeitsnehmer und auf die Notwendigkeit, diese grundsätzlich vor Aufnahme der neuen Beschäftigung zu beantragen, hingewiesen (S. 68). Der Kläger hat den Empfang und die Kenntnisnahme dieses Merkblattes mit seiner Unterschrift am 1. Dezember 2008 bestätigt (Bl. 3 der Beklagtenakte). Den Empfang und die Kenntnisnahme des Merkblattes hat er erneut am 15. Dezember 2009 unterschriftlich bestätigt (Bl. 25 der Beklagtenakte). Es ist die Obliegenheit des Bürgers, sich anhand des ausgehändigten Merkblattes zu informieren (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 50; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Juni 2013 – L 3 AL 1677/11, juris, Rn. 30). Zumal wenn er – wie im Fall des Klägers – bestätigt, von dem Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen zu haben, muss er sich hieran festhalten lassen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 50).
Eine weitergehende Beratungspflicht der Beklagten wäre erst entstanden, wenn der Kläger die Beklagte konkret auf die Möglichkeit der Entgeltsicherung angesprochen und entsprechende Fragen gestellt oder die Aufnahme einer Beschäftigung, für die die Gewährung von Entgeltsicherung in Betracht gekommen wäre, angekündigt hätte. Der Kläger trägt hingegen in seiner Klagebegründung selbst vor, dass er sich beim Beratungsgespräch am 10. Dezember 2008 "zunächst ganz allgemein über seine Rechte und Möglichkeiten, den Zeitraum bis zum Eintritt in die Rente zu überbrücken, informieren" wollte. Ein spezifischer Beratungsbedarf bzw. -anlass im Hinblick auf die Entgeltsicherung resultiert hieraus gerade nicht. Auch das Alter des Klägers im November 2008 (58 Jahre) allein begründet keine konkrete Beratungspflicht, weil das Erreichen des 50. Lebensjahres lediglich eine von mehreren Tatbestandsvo-raussetzungen für die Gewährung von Entgeltsicherung ist, aber weder die Aufnahme einer Beschäftigung noch die Nettoentgeltdifferenz zum Bemessungsentgelt absehbar war (vgl. SG Dresden, Urteil vom 25. September 2008 – S 35 AL 311/06, juris, Rn. 29). Bis zur Aufnahme der Beschäftigung bei der Firma A ... ab dem 15. Februar 2010 vergingen noch mehr als 14 Monate.
Die Arbeitslosmeldung am 15. Dezember 2009 erfolgte ohne Beratungsgespräch. Entsprechend bestand auch hier kein Anlass für die Beklagte, den Kläger über das Instrument der Entgeltsicherung in einer über die (erneute) Aushändigung des Merk-blattes 1 hinausgehenden Weise zu informieren (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 20 a. E.).
Soweit das Bundessozialgericht im Hinblick auf die Gefahren des Lohnsteuerwechsels im Zusammenhang mit der Bewilligung von Arbeitslosengeld einen gesonderten Hinweis außerhalb des Merkblattes für notwendig gehalten hat (BSG, Urteil vom 1. April 2004 – B 7 AL 52/03 R, juris, Rn. 34 f.), ist dies auf die Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer nicht übertragbar (zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn 51; a. A. R. Becker, in: Eicher/Schlegel [Hrsg.], SGB III, § 421j Rn. 95 [Mai 2009]; ders., in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 417 Rn. 77). Die rechtlichen Zusammenhänge im Hinblick auf die Auswirkungen eines Lohnsteuerwechsels auf die Höhe des Arbeitslosengeldes sind kompliziert, wohingegen in Ansehung der Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer anlässlich der Arbeitslosmeldung ein allgemeiner Hinweis auf die Rechtslage genügt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 20 a. E.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn 51). Die besonderen Beratungspflichten in Bezug auf einen Lohnsteuerwechsel hat das Bundessozialgericht im Übrigen ausdrücklich (nur) mit den dort bestehenden besonderen verfassungsrechtlichen Implikationen begründet und betont, das Merkblatt der Beklagten stelle keinesfalls generell ein untaugliches Mittel der Aufklärung und Beratung der Versicherten dar (BSG, Urteil vom 1. April 2004 – B 7 AL 52/03 R, juris, Rn. 34). Bei der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer spielen demgegenüber verfassungsrechtliche Erwägungen keine Rolle (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn 51).
cc) Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Instituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Dieses lediglich richterrechtlich entwickelte Institut (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 30. März 1995 – 7 RAr 22/94, juris, Rn. 34 ff.) ist neben der Härtefallregelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 13; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 47; Bayerisches LSG, Urteil vom 8. März 2012 – L 10 AL 137/10, juris, Rn. 38; SG Dresden, Urteil vom 25. September 2008 – S 35 AL 311/06, juris, Rn. 24; Hassel, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 324 Rn. 9). Im Übrigen lägen aber auch dessen Voraussetzungen nicht vor, da der Beklagten gerade – siehe oben – kein Beratungsfehler vorgeworfen werden kann.
dd) Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu Gunsten des Klägers kommt nicht in Betracht. Zwar soll § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht nur für Verfahrensfristen, sondern auch für materiell-rechtliche Fristen gelten (so etwa BSG, Urteil vom 21. Februar 1991 – 7 RAr 74/89, juris, Rn. 32 m.w.N.; Fichte, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 28 Rn. 6, 12 m.w.N.; Franz, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 27 Rn. 12 m.w.N.). Abgesehen davon, dass der Kläger die Jahresfrist des § 27 Abs. 3 SGB X nicht eingehalten hat und dies nicht auf einem Fall höherer Gewalt (zum Begriff vgl. Franz, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 27 Rn. 46 m.w.N.) resultiert, ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X aber im Anwendungsbereich des § 324 Abs. 1 SGB III ohnehin nicht anwendbar, sondern wird ebenso wie der sozialrechtliche Herstellungsanspruch durch § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III verdrängt (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 13 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 47).
b) Auch für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 besteht kein Anspruch auf Entgeltsicherung.
Dies folgt bereits aus § 421j Abs. 7 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. März 2012 gel-tenden Fassung und aus § 417 Abs. 7 Satz 1 SGB III in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung. Danach finden die Regelungen über die Entgeltsicherung vom 1. Januar 2012 an nur noch Anwendung, wenn der Anspruch auf Entgeltsicherung vor diesem Tag entstanden ist. Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil der Kläger die Beschäftigung, für die er Entgeltsicherung begehrt, erst am 1. Februar 2012 auf-genommen hat. Da es bezogen auf diesen Zeitraum nicht auf die rechtzeitige An-tragstellung des Kläger ankommt, geht auch sein Vortrag, er habe einen rechtzeitigen Antrag aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht rechtzeitig stellen können, ins Leere.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Entgeltsicherung für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 (Beschäftigung bei der Firma A ...) und für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 (Beschäftigung bei der Firma T ...).
Der Kläger meldete sich, nachdem sein Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2009 ge-kündigt worden war, am 26. November 2008 arbeitssuchend. Unter dem 1. Dezember 2008 bestätigte er mit seiner Unterschrift, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe (Bl. 3 der Beklagtenakte). Am 10. Dezember 2008 fand nach Angaben des Klägers bei der Beklagten ein Bera-tungsgespräch statt.
Vom 1. März 2009 bis zum 31. Dezember 2009 war der Kläger selbständig. Er meldete sich am 15. Dezember 2009 arbeitslos und bestätigte mit seiner Unterschrift, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe (Bl. 25 der Beklagtenakte). Vom 1. Januar bis zum 14. Februar 2010 war er arbeitslos.
Vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 war der Kläger bei der Firma A ... be-schäftigt.
Am 1. Juni 2011 meldete er sich arbeitssuchend und bestätigte mit seiner Unterschrift am 9. Juni 2011, dass er das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen habe (Bl. 71 der Beklagtenakte).
Vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Januar 2012 war der Kläger nach eigenen Angaben arbeitsunfähig.
Vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 war er bei der Firma T ... beschäftigt.
Der Kläger machte am 2. November 2012 gegenüber der Beklagten einen sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch wegen unterlassener Aufklärung über die Möglichkeit der Entgeltsicherung geltend. Er trug vor, bei einem Beratungsgespräch am 10. Dezember 2008 im Hinblick auf die Arbeitslosigkeit ab dem 28. Februar 2009 sowie bei der schriftlichen Arbeitslosmeldung im Dezember 2009 nicht über die bestehende Möglichkeit der Entgeltsicherung informiert worden zu sein. Erst am 15. Juni 2011 sei er auf die Möglichkeit der Entgeltsicherung aufmerksam gemacht worden.
Die Beklagte wertete den Antrag des Klägers als Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und lehnte ihn mit Bescheid vom 11. März 2013 ab. Der Kläger habe auf dem Antrag auf Arbeitslosengeld vom 26. November 2008 durch seine Unterschrift bestätigt, das Merkblatt 1 erhalten und den Inhalt zur Kenntnis genommen zu haben. Er sei durch dieses Merkblatt über die Förderleistung der Entgeltsicherung unterrichtet worden. Die Voraussetzung für eine verspätete An-tragstellung aufgrund unbilliger Härte läge nicht vor. Der Kläger habe bereits vor Eintritt seiner Arbeitslosigkeit eine Selbständigkeit geplant. Er habe zum 1. März 2009 ein Gewerbe angemeldet und kurz nach Beginn der Arbeitslosigkeit am 2. April 2009 einen Gründungszuschuss beantragt. Es habe sich also kein gezielter Beratungsbedarf zur Entgeltsicherung ergeben. Eine gezielte Beratung vor Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma A ... habe nicht erfolgen können, da der Kläger sie – die Beklagte – hiervon nicht unterrichtet habe. Zu keinem Zeitpunkt sei sie davon in Kenntnis gesetzt worden, dass er eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Aussicht habe, bei der er mit Gewinnbußen rechnen müsste.
Hiergegen legte der Kläger am 3. April 2013 Widerspruch ein. Er trug vor, dass er beim Beratungsgespräch am 10. Dezember 2008 die selbständige Tätigkeit nicht bereits geplant gehabt hätte. Er habe sich zu diesem Zeitpunkt lediglich ganz allgemein über seine Rechte und die Möglichkeiten, den Zeitraum bis zum Eintritt in die Rente zu überbrücken, informieren wollen. Hinsichtlich der Tätigkeit bei der Firma A ... habe er erst bei Erhalt des schriftlichen Arbeitsvertrages gewusst, dass er durch die Aufnahme der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung Einkommenseinbußen in Kauf nehmen müsse. Hinsichtlich der Aufnahme der Tätigkeit bei der Firma T ... sei es ihm nicht möglich gewesen, den Antrag rechtzeitig zu stellen, weil er in der Zeit vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Januar 2012 aus psychischen Gründen arbeitsunfähig gewesen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 10. Juni 2013 zurück. Zunächst führte sie aus, dass mit dem Bescheid vom 11. März 2013 keine Entscheidung hinsichtlich eines Überprüfungsantrages getroffen worden sei, sondern eine Entscheidung über die am 31. Oktober 2012 beantragten Leistungen der Entgeltsi-cherung. Der Widerspruch sei unbegründet, da Leistungen der Arbeitsförderung nur auf Antrag bewilligt werden dürften. Sie würden nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden seien. Leistungsbegründende Ereignisse seien in diesem Fall die Tage der Arbeitsaufnahme am 15. Februar 2010 bzw. am 1. Februar 2012. Der Antrag sei aber erst mit Schreiben vom 31. Oktober 2012 und damit verspätet gestellt worden. Es seien auch keine anerkennenswerten Gründe genannt worden, die einer rechtzeitigen Antragstellung entgegen gestanden hätten. Der Kläger sei im Merkblatt für Arbeitslose darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zu stellen sei, bevor die Kosten entstehen. Auch eine fehlerhafte bzw. zu Unrecht unterbliebene Beratung liege nicht vor. Eine konkrete Beratungspflicht setze voraus, dass dafür nach den Umständen des Einzelfalls ein besonderer Anlass bestehe. Daher könne das Vorbringen des Klägers, dass es ihm am 10. Dezember 2008 um eine allgemeine Beratung hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten gegangen sei, zu keiner anderen Entscheidung führen. Allgemein sei er durch die Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose informiert worden. Der Wunsch nach einer allgemeinen Beratung führe zu keiner konkreten Beratungspflicht im Einzelfall hinsichtlich der Möglichkeiten einer Entgeltsicherung. Im Termin vom 10. Dezember 2008 habe auch kein konkreter Anlass bestanden, über die Möglichkeiten der Entgeltsicherung zu informieren, weil eine unmittelbare Aufnahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nicht bevor bestanden habe. Da schließlich ein Anspruch auf Entgeltsicherung vor dem 1. Januar 2012 nicht bestanden habe, könne für die Aufnahme der Tätigkeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 bereits aus diesem Grund eine Entgeltsicherung nicht gewährt werden.
Mit seiner am 11. Juli 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. März 2013 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2013 zu verurteilen, ihm Leis-tungen zur Entgeltsicherung für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 und für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest; sie wiederholt und vertieft ihre Ausfüh-rungen aus den angefochtenen Bescheiden.
Das Gericht hat die Beteiligten auf seine Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbe-scheid zu entscheiden, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme ge-geben. Der Kläger hat sich nicht geäußert. Die Beklagte hat sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Ge-richts sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Das Gericht kann gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.
2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entgeltsicherung für die Zeiten vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 und vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012.
a) Zunächst besteht für die Zeit vom 15. Februar 2010 bis zum 30. Juni 2011 kein Anspruch auf Entgeltsicherung.
aa) Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermei-den, haben nach § 421j Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.) Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie (1.) einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 120 Tagen haben oder geltend machen könnten, (2.) ein Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche Bindung der Vertragsparteien nicht besteht, den ortsüblichen Bedingungen entspricht und (3.) eine monatliche Nettoentgeltdifferenz von mindestens 50 Euro besteht. Die Nettoentgeltdifferenz entspricht dem Unter-schiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt, das sich aus dem der Be-messung des Arbeitslosengeldes zu Grunde liegenden Arbeitsentgelt ergibt, und dem niedrigeren pauschalierten Nettoentgelt der aufgenommenen Beschäftigung (§ 421j Abs. 1 Satz 2 SGB III a. F.).
Die Entgeltsicherung wird gemäß § 421j Abs. 3 SGB III a. F. als Zuschuss zum Ar-beitsentgelt und als zusätzlicher Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet. Der Zuschuss zum Arbeitsentgelt beträgt im ersten Jahr nach Aufnahme der Be-schäftigung 50 Prozent und im zweiten Jahr 30 Prozent der monatlichen Nettoent-geltdifferenz (§ 421j Abs. 3 Satz 2 SGB III a. F.).
Gemäß § 324 Abs. 1 SGB III werden Leistungen der Arbeitsförderung, zu denen auch die Entgeltsicherung gehört (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 12 m.w.N.), nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Leistungsbegründendes Ereignis ist die Aufnahme der Beschäftigung (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 12; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 46), hier zum 15. Februar 2010.
bb) Die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung liegen hier nicht vor.
(1) Der Kläger hat die Entgeltsicherung erst am 2. November 2012 beantragt und damit nach Aufnahme – und nach Beendigung – der hier in Rede stehenden Be-schäftigungszeit, für die Entgeltsicherung begehrt wird (15. Februar 2010 bis 30. Juni 2011), so dass einer Leistungserbringung § 324 Abs. 1 Satz 1 SGB III entgegensteht.
(2) Der Kläger kann einen Anspruch auch nicht aus § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III her-leiten. Nach dieser Norm kann die Agentur für Arbeit zur Vermeidung unbilliger Härten eine verspätete Antragstellung zulassen. Ein Fall unbilliger Härte liegt indes nicht vor.
Das Gericht kann offen lassen, ob es sich bei dem Begriff der "unbilligen Härte" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der gerichtlich voll überprüfbar ist und der Verwaltung keinerlei Beurteilungsspielraum einräumt und bei dessen Vorliegen die Agentur für Arbeit sodann unter pflichtgemäßer Ausübung des ihr zustehenden Er-messens darüber zu entscheiden hat, ob die verspätete Antragstellung zuzulassen ist, oder ob der Begriff der Unbilligkeit grundsätzlich nicht losgelöst vom Ermessen der Behörde gewürdigt werden kann, weshalb eine einheitliche Ermessensentscheidung anzunehmen wäre (vgl. dazu BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 15 m.w.N. zu beiden Ansichten). In beiden Varianten liegt keine Sachlage vor, die zu einer Zulassung der verspäteten Antragstellung führt.
Wie bei jeder Härtefallprüfung sind grundsätzlich alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, wobei das Vorliegen einer unbilligen Härte sich am Leistungsziel orientieren muss (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 16 m.w.N. auch zum Folgenden). Mit dem Instrument der Entgeltsicherung sollten Anreize zur Arbeitsaufnahme geboten werden und zugleich die geringere Alterssicherung durch eine Aufstockung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgemildert werden. Aus arbeitsmarktpolitischen Gründen sollte die Arbeitslosigkeit in der Altersgruppe der über 50jährigen abgebaut werden. Ältere Arbeitnehmer sollten durch den ergänzenden Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber dem vorhergehenden Bezug von Arbeitslosengeld besser gestellt werden (siehe die Begründung des Gesetzentwurfes auf BT-Drucks. 15/25, S. 34 f.). Beide Ziele, der finanzielle Ausgleich von Einbußen und die soziale Sicherung des Arbeitnehmers beim Erwerb von Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung, stehen hierbei gleichrangig nebeneinander (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 16). Durch sie sollte der bereits arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer motiviert werden, bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz auch solche Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, die niedriger entlohnt werden als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 16).
Die bloße Unkenntnis der Existenz der Förderungsleistung seitens des Arbeitslosen vermag eine unbillige Härte noch nicht zu begründen (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 17). Eine unbillige Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III liegt hingegen dann vor, wenn die verspätete Antragstellung die Folge einer fehlerhaften Beratung durch die Agentur für Arbeit ist, wozu auch eine zu Unrecht unterbliebene Beratung zählt (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 17).
Allgemeine Hinweis- und Auskunftspflichten der Sozialleistungsträger folgen aus §§ 14, 15 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Eine umfassendere Beratungspflicht (hier nach § 30 Satz 1 Nr. 5 SGB III) des Sozialversicherungsträgers besteht regelmäßig erst bei einem entsprechenden Beratungs- und Auskunftsbegehren des Versicherten (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 18 m.w.N.). Ausnahmsweise besteht jedoch auch dann eine Hinweis- und Beratungspflicht des Versicherungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 18 m.w.N.). Dabei ist die Frage, ob eine Gestaltungsmöglichkeit klar zutage liegt, allein nach objektiven Merkmalen zu beurteilen (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 18 m.w.N.). Eine derartige Verpflichtung zur "Spontanberatung" trifft den Versicherungsträger insbesondere im Rahmen eines Sozialrechtsverhältnisses; ein solches Sozialrechtsverhältnis entsteht bereits durch die Arbeitslosmeldung bzw. die Antrag-stellung bei der Agentur für Arbeit und ist in jedem Stadium des Verwaltungsverfahrens zu beachten (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 17; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 48).
Ob die Beklagte bereits anlässlich der Arbeitslosmeldung und Antragstellung des Klägers am 1. Dezember 2008 oder bei dem nach seinen Angaben am 10. Dezember 2008 geführten Beratungsgespräch verpflichtet war, ihn aufgrund gesteigerter Beratungspflichten auf das Förderinstrument des § 421j SGB III hinzuweisen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 19 m.w.N.), kann dahinstehen. Denn jedenfalls wäre die Beklagte einer solchen Beratungspflicht durch Aushändigung des Merkblattes für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" hinreichend nachgekommen (für grundsätzlich ausreichende Beratung durch Übergabe des Merkblattes auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 50; SG Dresden, Urteil vom 25. September 2008 – S 35 AL 311/06, juris, Rn. 28; offen gelassen von BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 20; a. A. R. Becker, in: Eicher/Schlegel [Hrsg.], SGB III, § 421j Rn. 95 [Mai 2009]; ders., in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 417 Rn. 77). In diesem Merkblatt (Stand März 2008) wird auf die Möglichkeit der Entgeltsicherung für ältere Arbeitsnehmer und auf die Notwendigkeit, diese grundsätzlich vor Aufnahme der neuen Beschäftigung zu beantragen, hingewiesen (S. 68). Der Kläger hat den Empfang und die Kenntnisnahme dieses Merkblattes mit seiner Unterschrift am 1. Dezember 2008 bestätigt (Bl. 3 der Beklagtenakte). Den Empfang und die Kenntnisnahme des Merkblattes hat er erneut am 15. Dezember 2009 unterschriftlich bestätigt (Bl. 25 der Beklagtenakte). Es ist die Obliegenheit des Bürgers, sich anhand des ausgehändigten Merkblattes zu informieren (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 50; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Juni 2013 – L 3 AL 1677/11, juris, Rn. 30). Zumal wenn er – wie im Fall des Klägers – bestätigt, von dem Inhalt des Merkblattes Kenntnis genommen zu haben, muss er sich hieran festhalten lassen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 50).
Eine weitergehende Beratungspflicht der Beklagten wäre erst entstanden, wenn der Kläger die Beklagte konkret auf die Möglichkeit der Entgeltsicherung angesprochen und entsprechende Fragen gestellt oder die Aufnahme einer Beschäftigung, für die die Gewährung von Entgeltsicherung in Betracht gekommen wäre, angekündigt hätte. Der Kläger trägt hingegen in seiner Klagebegründung selbst vor, dass er sich beim Beratungsgespräch am 10. Dezember 2008 "zunächst ganz allgemein über seine Rechte und Möglichkeiten, den Zeitraum bis zum Eintritt in die Rente zu überbrücken, informieren" wollte. Ein spezifischer Beratungsbedarf bzw. -anlass im Hinblick auf die Entgeltsicherung resultiert hieraus gerade nicht. Auch das Alter des Klägers im November 2008 (58 Jahre) allein begründet keine konkrete Beratungspflicht, weil das Erreichen des 50. Lebensjahres lediglich eine von mehreren Tatbestandsvo-raussetzungen für die Gewährung von Entgeltsicherung ist, aber weder die Aufnahme einer Beschäftigung noch die Nettoentgeltdifferenz zum Bemessungsentgelt absehbar war (vgl. SG Dresden, Urteil vom 25. September 2008 – S 35 AL 311/06, juris, Rn. 29). Bis zur Aufnahme der Beschäftigung bei der Firma A ... ab dem 15. Februar 2010 vergingen noch mehr als 14 Monate.
Die Arbeitslosmeldung am 15. Dezember 2009 erfolgte ohne Beratungsgespräch. Entsprechend bestand auch hier kein Anlass für die Beklagte, den Kläger über das Instrument der Entgeltsicherung in einer über die (erneute) Aushändigung des Merk-blattes 1 hinausgehenden Weise zu informieren (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 20 a. E.).
Soweit das Bundessozialgericht im Hinblick auf die Gefahren des Lohnsteuerwechsels im Zusammenhang mit der Bewilligung von Arbeitslosengeld einen gesonderten Hinweis außerhalb des Merkblattes für notwendig gehalten hat (BSG, Urteil vom 1. April 2004 – B 7 AL 52/03 R, juris, Rn. 34 f.), ist dies auf die Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer nicht übertragbar (zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn 51; a. A. R. Becker, in: Eicher/Schlegel [Hrsg.], SGB III, § 421j Rn. 95 [Mai 2009]; ders., in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu [Hrsg.], SGB III, 5. Aufl. 2013, § 417 Rn. 77). Die rechtlichen Zusammenhänge im Hinblick auf die Auswirkungen eines Lohnsteuerwechsels auf die Höhe des Arbeitslosengeldes sind kompliziert, wohingegen in Ansehung der Leistungen der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer anlässlich der Arbeitslosmeldung ein allgemeiner Hinweis auf die Rechtslage genügt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 20 a. E.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn 51). Die besonderen Beratungspflichten in Bezug auf einen Lohnsteuerwechsel hat das Bundessozialgericht im Übrigen ausdrücklich (nur) mit den dort bestehenden besonderen verfassungsrechtlichen Implikationen begründet und betont, das Merkblatt der Beklagten stelle keinesfalls generell ein untaugliches Mittel der Aufklärung und Beratung der Versicherten dar (BSG, Urteil vom 1. April 2004 – B 7 AL 52/03 R, juris, Rn. 34). Bei der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer spielen demgegenüber verfassungsrechtliche Erwägungen keine Rolle (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn 51).
cc) Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Instituts des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches. Dieses lediglich richterrechtlich entwickelte Institut (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 30. März 1995 – 7 RAr 22/94, juris, Rn. 34 ff.) ist neben der Härtefallregelung des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III nicht anwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 13; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 47; Bayerisches LSG, Urteil vom 8. März 2012 – L 10 AL 137/10, juris, Rn. 38; SG Dresden, Urteil vom 25. September 2008 – S 35 AL 311/06, juris, Rn. 24; Hassel, in: Brand [Hrsg.], SGB III, 6. Aufl. 2012, § 324 Rn. 9). Im Übrigen lägen aber auch dessen Voraussetzungen nicht vor, da der Beklagten gerade – siehe oben – kein Beratungsfehler vorgeworfen werden kann.
dd) Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu Gunsten des Klägers kommt nicht in Betracht. Zwar soll § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht nur für Verfahrensfristen, sondern auch für materiell-rechtliche Fristen gelten (so etwa BSG, Urteil vom 21. Februar 1991 – 7 RAr 74/89, juris, Rn. 32 m.w.N.; Fichte, in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl. 2013, § 28 Rn. 6, 12 m.w.N.; Franz, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 27 Rn. 12 m.w.N.). Abgesehen davon, dass der Kläger die Jahresfrist des § 27 Abs. 3 SGB X nicht eingehalten hat und dies nicht auf einem Fall höherer Gewalt (zum Begriff vgl. Franz, in: jurisPK-SGB X, 2013, § 27 Rn. 46 m.w.N.) resultiert, ist § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X aber im Anwendungsbereich des § 324 Abs. 1 SGB III ohnehin nicht anwendbar, sondern wird ebenso wie der sozialrechtliche Herstellungsanspruch durch § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III verdrängt (BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 – B 7a AL 22/06 R, juris, Rn. 13 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Januar 2013 – L 9 AL 67/12, juris, Rn. 47).
b) Auch für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis zum 6. März 2012 besteht kein Anspruch auf Entgeltsicherung.
Dies folgt bereits aus § 421j Abs. 7 Satz 1 SGB III in der bis zum 31. März 2012 gel-tenden Fassung und aus § 417 Abs. 7 Satz 1 SGB III in der ab dem 1. April 2012 geltenden Fassung. Danach finden die Regelungen über die Entgeltsicherung vom 1. Januar 2012 an nur noch Anwendung, wenn der Anspruch auf Entgeltsicherung vor diesem Tag entstanden ist. Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil der Kläger die Beschäftigung, für die er Entgeltsicherung begehrt, erst am 1. Februar 2012 auf-genommen hat. Da es bezogen auf diesen Zeitraum nicht auf die rechtzeitige An-tragstellung des Kläger ankommt, geht auch sein Vortrag, er habe einen rechtzeitigen Antrag aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht rechtzeitig stellen können, ins Leere.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
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