Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 KR 966/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Verfahrenskosten werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Rückforderung über die Vergütungshöhe für eine stationäre Behandlung unter Anwendung der Vakuumversiegelungstherapie (strittiger Betrag: 3.227,60 Euro).
Der Versicherte der Klägerin, geb. 1928, wurde im Krankenhaus der Beklagten wegen eines Hämatoms des Unterschenkels bei Markumaranwendung stationär behandelt, nach- dem ihm eine Tischplatte auf das Bein gefallen war. Des Weiteren litt der Versicherte an diabetes mellitus, pAVK II a (Arteriosklerose) und Niereninsuffizienz. Er wurde in der Zeit vom 06. bis zum 19.02.2009 behandelt. Am 09.02.2009 führten die Ärzte der Beklagten eine operative Wundrevision durch. Später führten sie eine zweite Wundrevision am 13.02.2009 durch und legten anschließend einen Vakuumversiegelungsverband (VAC, "vacuum assisted closure") an. Innerhalb von 4 Tagen verbesserten sich die Wundverhältnisse derart, dass der Versicherte am 19.02.2009 entlassen wurde.
Die diesbezügliche Rechnung der Beklagten vom 06./10.03.2009 in Höhe von 4.946,52 Euro (DRG J08B) bezahlte die Klägerin. Nach einer Überprüfung des Falles durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) machte sie eine Rückforderung in Höhe von 3.227,60 Euro gegenüber der Beklagten geltend. Es sei lediglich die Abrechnung der Fallpauschale DRG J65A berechtigt gewesen. Die angewandte VAC-Therapie hätte bei der Abrechnung nicht berücksichtigt werden dürfen, da die Überlegenheit dieser Methode gegenüber herkömmlichen Wundbehandlungen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei. Eine entsprechende Befürwortung sei weder durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) noch durch das Institut für Qualität- und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) empfohlen worden.
Außergerichtliche Zahlungsaufforderungen der Klägerin sind ohne Erfolg und Einigung der Beteiligten geblieben.
Die Klägerin hat daraufhin beim Sozialgericht Klage auf Zahlung von 3.227,60 Euro erhoben. Für die umstrittene VAC-Therapie bestehe kein Nachweis der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, insbesondere des jüngsten Urteils vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R – sei dies auch im stationären Bereich erforderlich. Die Anwendung herkömmlicher Wundverbände wäre ausreichend gewesen. Insofern hätten verschiedene konventionelle Verbandsarten zur Verfügung gestanden. Um den von der Beklagten in Rechnung gestellten Betrag zu erreichen, hätte die obere Grenzverweildauer der zutreffenden DRG J65A um 22 Tage überschritten werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.227,60 Euro nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die geltend gemachte Forderung für unbegründet. Die Durchführung der VAC–Therapie sei medizinisch notwendig gewesen. Dies ergäbe sich bereits aus der Vielzahl der Begleiterkrankungen des Versicherten, die zu einem deutlich erhöhten Risiko von Wund- und Heilungsstörungen führten. Dieses Risiko habe sich während der stationären Behandlung auch manifestiert: Ursprünglich habe eine großflächige Blutergussbildung nach älterer Prellung bestanden. Nach der ersten Wundrevision sei es unter Anwendung konventioneller Behandlungsmethoden zu einer Verschlechterung der Wundverhältnisse gekommen, dagegen habe sich nach der zweiten Wundrevision mit Anwendung des VAC-Verbandes bereits nach wenigen Tagen eine deutliche Verbesserung dargestellt.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie die beigezogene Krankenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht zu.
Der Zahlungsanspruch in Höhe von 3.227,60 Euro ist nach der übereinstimmenden Darstellung beider Beteiligter allein auf die Frage der Berücksichtigung der angewandten VAC-Therapie im Rahmen der Abrechnung und Fallpauschalen zurückzuführen.
Entgegen dem diesbezüglichen Standpunkt der Klägerin durfte die Beklagte bei der Abrechnung der stationären Behandlung die angewandte VAC-Therapie bei der Festlegung der einschlägigen Fallpauschale zu Grunde legen.
Dem steht nicht entgegen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss zu dieser Therapie keine positive Empfehlung abgegeben hat. Denn nach der gesetzlichen Regelung ist - anders als im ambulanten Bereich (§ 135a SGB V) - für die Anwendung einer sog. neuen unkonventionellen Behandlungsmethode eine vorangegangene Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht notwendig. So hat der Gesetzgeber eine diesbezügliche Differenzierung zwischen der ambulanten und stationären Behandlung dahingehend kodifiziert, dass im ambulanten Bereich neue Behandlungsmethoden ohne Empfehlung des Bundesausschusses verboten sind, während im stationären Bereich neue Behandlungsmethoden so lange anwendbar sind, bis sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss durch einen Beschluss ausgeschlossen werden, §§ 135a, 137c des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Vorliegend führt auch nicht das Erfordernis der Einhaltung der Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V ("Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.") zu einem Verbot der Anwendung der VAC-Therapie im stationären Bereich. Denn entgegen dem Standpunkt der Klägerin und dem möglicherweise so zu interpretierenden Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.03.2013 (a.a.O.) kann jedenfalls hinsichtlich der hier diskutierten Therapie nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Qualität im Sinne der Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse derart durch Studien bereits belegt sein muss, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Therapie als empfehlungswürdig einschätzen würde. Das Aufstellen eines solch hohen Erfordernisses würde der ausdrücklichen gesetzgeberischen Regelung des § 137c Abs. 1 SGB V entgegenlaufen. Denn insbesondere aus der aktuellen, seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung wird das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, dass auch Methoden, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, zunächst zu Lasten der Krankenkassen weiterhin erbracht werden können. Dies folgt aus § 137c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 137e Abs. 1 SGB V. Dass diese Gesetzesänderung des § 137c Abs. 1 SGB V zum 01.01.2012 keine konstruktive Änderung i.S.e. neuen Gesetzeslage darstellt, sondern eine Klarstellung beinhaltet, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung: "Die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die zutreffend eine sektorenübergreifende Nutzenbewertung als Ausgangspunkt haben, berücksichtigen auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht hinreichend den besonderen Bedarf nach – bisher noch nicht auf hohem Niveau belegten – Behandlungsalternativen in der Versorgung von stationär Behandlungsbedürftigen und daher typischerweise schwerer erkrankten Versicherten." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86). Darüber hinaus ist auch zur Änderung des § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich ausgeführt: "Die Änderung in Satz 2 bewirkt, dass der unmittelbare Ausschluss einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode aus der Krankenhausversorgung grundsätzlich nur dann erfolgen kann, wenn nach Feststellung des Gemeinsamen Bundesausschusses der Nutzen nicht hinreichend belegt ist und darüber hinaus die überprüfte Methode kein Potenzial als erforderliche Behandlungsmethode in der stationären Versorgung bietet. Ein Potenzial für eine Erforderlichkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methode ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86 f.).
Diese, vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen für einen Ausschluss der Behandlungsmethode sind bei der VAC-Therapie nicht gegeben. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Handlungen und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses davon auszugehen, dass diese Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Denn der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Vakuumversiegelungstherapie in seiner zusammenfassenden Dokumentation des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" vom 15.02.2008 zu Punkt 3 - Fazit - ausgeführt: "Trotz unzureichender Daten zum Beleg des Nutzens der Vakuumversiegelungstherapie sollte die Methode aufgrund der Hinweise zum Nutzen derzeit nicht ausgeschlossen werden." Diese Einschätzung hatte auch dazu geführt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss im Jahre 2007 diese Therapieform nicht ausgeschlossen, sondern die Beschlussfassung ausgesetzt, und im Jahr 2010 erneut ausgesetzt hat mit dem Ziel, zusätzliche Erkenntnisse aus der Anwendung der Methode zu gewinnen (Aussetzungsbeschlüsse vom 15.11.2007 und 19.08.2010). Unter Berücksichtigung des Inhalts dieser Beschlüsse und den zu Grunde liegenden Ausführungen stellt diese Vorgehensweise des Gemeinsamen Bundesausschusses im Ergebnis praktisch und inhaltlich keine andere Handlung als das Beschließen einer Richtlinie zur Erprobung im Sinne des § 137c Abs. 1 Satz 3 SGB V in der erst später in Kraft getretenen Fassung dar. Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Vakuumversiegelungstherapie um eine in der Fachwelt anerkannte Behandlungsmethode handelt (Urteil vom 03.08.2009 – 12 K 409/09 – m.w.N., juris.de, Rn. 26).
Unter Berücksichtigung dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen kann jedenfalls für die in diesem Fall umstrittene VAC-Behandlungsmethode weder eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses noch das Vorliegen von z.B. Studien der Phase III oder vergleichbar starke Wirksamkeitsnachweise gefordert werden. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Urteilsbegründung des Bundessozialgerichts (a.a.O., vgl. juris.de, Rn. 13) als so weitgehend verstanden werden kann und ob sie mit der Gesetzeslage noch übereinstimmt. Das Gericht hat aus den ausgeführten Gründen jedenfalls den hier vorliegenden Fall als nicht vergleichbar mit dem vom Bundessozialgericht am 21.03.2013 entschiedenen Fall erachtet. Hinzu kommt, dass zu der dem Urteil des Bundessozialgerichts zu Grunde liegenden Behandlungsmethode der in-vitro Aufbereitung offensichtlich nur eine kleine Studie oder unklare Studien existieren.
Im konkret zu bewertenden Behandlungsfall des Versicherten der Klägerin hat diese bzw. der MDK keine konkreten Einwände zur medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (erhebliche Begleiterkrankungen, Notwendigkeit von zwei operativen Wundrevisionen) erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
&8195;
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Rückforderung über die Vergütungshöhe für eine stationäre Behandlung unter Anwendung der Vakuumversiegelungstherapie (strittiger Betrag: 3.227,60 Euro).
Der Versicherte der Klägerin, geb. 1928, wurde im Krankenhaus der Beklagten wegen eines Hämatoms des Unterschenkels bei Markumaranwendung stationär behandelt, nach- dem ihm eine Tischplatte auf das Bein gefallen war. Des Weiteren litt der Versicherte an diabetes mellitus, pAVK II a (Arteriosklerose) und Niereninsuffizienz. Er wurde in der Zeit vom 06. bis zum 19.02.2009 behandelt. Am 09.02.2009 führten die Ärzte der Beklagten eine operative Wundrevision durch. Später führten sie eine zweite Wundrevision am 13.02.2009 durch und legten anschließend einen Vakuumversiegelungsverband (VAC, "vacuum assisted closure") an. Innerhalb von 4 Tagen verbesserten sich die Wundverhältnisse derart, dass der Versicherte am 19.02.2009 entlassen wurde.
Die diesbezügliche Rechnung der Beklagten vom 06./10.03.2009 in Höhe von 4.946,52 Euro (DRG J08B) bezahlte die Klägerin. Nach einer Überprüfung des Falles durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) machte sie eine Rückforderung in Höhe von 3.227,60 Euro gegenüber der Beklagten geltend. Es sei lediglich die Abrechnung der Fallpauschale DRG J65A berechtigt gewesen. Die angewandte VAC-Therapie hätte bei der Abrechnung nicht berücksichtigt werden dürfen, da die Überlegenheit dieser Methode gegenüber herkömmlichen Wundbehandlungen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei. Eine entsprechende Befürwortung sei weder durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) noch durch das Institut für Qualität- und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) empfohlen worden.
Außergerichtliche Zahlungsaufforderungen der Klägerin sind ohne Erfolg und Einigung der Beteiligten geblieben.
Die Klägerin hat daraufhin beim Sozialgericht Klage auf Zahlung von 3.227,60 Euro erhoben. Für die umstrittene VAC-Therapie bestehe kein Nachweis der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, insbesondere des jüngsten Urteils vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R – sei dies auch im stationären Bereich erforderlich. Die Anwendung herkömmlicher Wundverbände wäre ausreichend gewesen. Insofern hätten verschiedene konventionelle Verbandsarten zur Verfügung gestanden. Um den von der Beklagten in Rechnung gestellten Betrag zu erreichen, hätte die obere Grenzverweildauer der zutreffenden DRG J65A um 22 Tage überschritten werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.227,60 Euro nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die geltend gemachte Forderung für unbegründet. Die Durchführung der VAC–Therapie sei medizinisch notwendig gewesen. Dies ergäbe sich bereits aus der Vielzahl der Begleiterkrankungen des Versicherten, die zu einem deutlich erhöhten Risiko von Wund- und Heilungsstörungen führten. Dieses Risiko habe sich während der stationären Behandlung auch manifestiert: Ursprünglich habe eine großflächige Blutergussbildung nach älterer Prellung bestanden. Nach der ersten Wundrevision sei es unter Anwendung konventioneller Behandlungsmethoden zu einer Verschlechterung der Wundverhältnisse gekommen, dagegen habe sich nach der zweiten Wundrevision mit Anwendung des VAC-Verbandes bereits nach wenigen Tagen eine deutliche Verbesserung dargestellt.
Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie die beigezogene Krankenakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht zu.
Der Zahlungsanspruch in Höhe von 3.227,60 Euro ist nach der übereinstimmenden Darstellung beider Beteiligter allein auf die Frage der Berücksichtigung der angewandten VAC-Therapie im Rahmen der Abrechnung und Fallpauschalen zurückzuführen.
Entgegen dem diesbezüglichen Standpunkt der Klägerin durfte die Beklagte bei der Abrechnung der stationären Behandlung die angewandte VAC-Therapie bei der Festlegung der einschlägigen Fallpauschale zu Grunde legen.
Dem steht nicht entgegen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss zu dieser Therapie keine positive Empfehlung abgegeben hat. Denn nach der gesetzlichen Regelung ist - anders als im ambulanten Bereich (§ 135a SGB V) - für die Anwendung einer sog. neuen unkonventionellen Behandlungsmethode eine vorangegangene Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht notwendig. So hat der Gesetzgeber eine diesbezügliche Differenzierung zwischen der ambulanten und stationären Behandlung dahingehend kodifiziert, dass im ambulanten Bereich neue Behandlungsmethoden ohne Empfehlung des Bundesausschusses verboten sind, während im stationären Bereich neue Behandlungsmethoden so lange anwendbar sind, bis sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss durch einen Beschluss ausgeschlossen werden, §§ 135a, 137c des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Vorliegend führt auch nicht das Erfordernis der Einhaltung der Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V ("Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.") zu einem Verbot der Anwendung der VAC-Therapie im stationären Bereich. Denn entgegen dem Standpunkt der Klägerin und dem möglicherweise so zu interpretierenden Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.03.2013 (a.a.O.) kann jedenfalls hinsichtlich der hier diskutierten Therapie nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Qualität im Sinne der Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse derart durch Studien bereits belegt sein muss, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Therapie als empfehlungswürdig einschätzen würde. Das Aufstellen eines solch hohen Erfordernisses würde der ausdrücklichen gesetzgeberischen Regelung des § 137c Abs. 1 SGB V entgegenlaufen. Denn insbesondere aus der aktuellen, seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung wird das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, dass auch Methoden, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, zunächst zu Lasten der Krankenkassen weiterhin erbracht werden können. Dies folgt aus § 137c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 137e Abs. 1 SGB V. Dass diese Gesetzesänderung des § 137c Abs. 1 SGB V zum 01.01.2012 keine konstruktive Änderung i.S.e. neuen Gesetzeslage darstellt, sondern eine Klarstellung beinhaltet, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung: "Die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die zutreffend eine sektorenübergreifende Nutzenbewertung als Ausgangspunkt haben, berücksichtigen auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht hinreichend den besonderen Bedarf nach – bisher noch nicht auf hohem Niveau belegten – Behandlungsalternativen in der Versorgung von stationär Behandlungsbedürftigen und daher typischerweise schwerer erkrankten Versicherten." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86). Darüber hinaus ist auch zur Änderung des § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich ausgeführt: "Die Änderung in Satz 2 bewirkt, dass der unmittelbare Ausschluss einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode aus der Krankenhausversorgung grundsätzlich nur dann erfolgen kann, wenn nach Feststellung des Gemeinsamen Bundesausschusses der Nutzen nicht hinreichend belegt ist und darüber hinaus die überprüfte Methode kein Potenzial als erforderliche Behandlungsmethode in der stationären Versorgung bietet. Ein Potenzial für eine Erforderlichkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methode ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86 f.).
Diese, vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen für einen Ausschluss der Behandlungsmethode sind bei der VAC-Therapie nicht gegeben. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Handlungen und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses davon auszugehen, dass diese Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Denn der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Vakuumversiegelungstherapie in seiner zusammenfassenden Dokumentation des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" vom 15.02.2008 zu Punkt 3 - Fazit - ausgeführt: "Trotz unzureichender Daten zum Beleg des Nutzens der Vakuumversiegelungstherapie sollte die Methode aufgrund der Hinweise zum Nutzen derzeit nicht ausgeschlossen werden." Diese Einschätzung hatte auch dazu geführt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss im Jahre 2007 diese Therapieform nicht ausgeschlossen, sondern die Beschlussfassung ausgesetzt, und im Jahr 2010 erneut ausgesetzt hat mit dem Ziel, zusätzliche Erkenntnisse aus der Anwendung der Methode zu gewinnen (Aussetzungsbeschlüsse vom 15.11.2007 und 19.08.2010). Unter Berücksichtigung des Inhalts dieser Beschlüsse und den zu Grunde liegenden Ausführungen stellt diese Vorgehensweise des Gemeinsamen Bundesausschusses im Ergebnis praktisch und inhaltlich keine andere Handlung als das Beschließen einer Richtlinie zur Erprobung im Sinne des § 137c Abs. 1 Satz 3 SGB V in der erst später in Kraft getretenen Fassung dar. Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Vakuumversiegelungstherapie um eine in der Fachwelt anerkannte Behandlungsmethode handelt (Urteil vom 03.08.2009 – 12 K 409/09 – m.w.N., juris.de, Rn. 26).
Unter Berücksichtigung dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen kann jedenfalls für die in diesem Fall umstrittene VAC-Behandlungsmethode weder eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses noch das Vorliegen von z.B. Studien der Phase III oder vergleichbar starke Wirksamkeitsnachweise gefordert werden. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Urteilsbegründung des Bundessozialgerichts (a.a.O., vgl. juris.de, Rn. 13) als so weitgehend verstanden werden kann und ob sie mit der Gesetzeslage noch übereinstimmt. Das Gericht hat aus den ausgeführten Gründen jedenfalls den hier vorliegenden Fall als nicht vergleichbar mit dem vom Bundessozialgericht am 21.03.2013 entschiedenen Fall erachtet. Hinzu kommt, dass zu der dem Urteil des Bundessozialgerichts zu Grunde liegenden Behandlungsmethode der in-vitro Aufbereitung offensichtlich nur eine kleine Studie oder unklare Studien existieren.
Im konkret zu bewertenden Behandlungsfall des Versicherten der Klägerin hat diese bzw. der MDK keine konkreten Einwände zur medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (erhebliche Begleiterkrankungen, Notwendigkeit von zwei operativen Wundrevisionen) erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO.
&8195;
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