Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 14 SO 6980/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 784/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 53/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. SGB X kann bei einer - vorläufigen - Leistung des Trägers des tatsächlichen Aufenthaltsortes des Leistungsberechtigten nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII nur gegenüber dem überörtlichen Träger bestehen, der gemäß § 106 Abs. 1 S. 2 SGB XII dem örtlich zuständigen Träger dessen Kosten zu erstatten hat.
2. Verweist bei betreutem Wohnen die Zuständigkeitsregelung in § 98 Abs. 5 SGB XII auf die örtliche Zuständigkeit des Trägers, der vor Aufnahme in diese Wohnung örtlich zuständig gewesen ist oder wäre, ist damit auch eine örtliche Zuständigkeit nach der spezialgesetzlichen Regelung in § 98 Abs. 2 SGB XII bei Aufenthalt in einer stationären Einrichtung eröffnet.
2. Verweist bei betreutem Wohnen die Zuständigkeitsregelung in § 98 Abs. 5 SGB XII auf die örtliche Zuständigkeit des Trägers, der vor Aufnahme in diese Wohnung örtlich zuständig gewesen ist oder wäre, ist damit auch eine örtliche Zuständigkeit nach der spezialgesetzlichen Regelung in § 98 Abs. 2 SGB XII bei Aufenthalt in einer stationären Einrichtung eröffnet.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. März 2011 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Beklagte dem Kläger die Kosten der Eingliederungshilfe für den Hilfebedürftigen und Zeugen in diesem Rechtsstreit (Zeugen) vom 2. April 2007 bis 31. August 2010 zu erstatten hat.
Der Zeuge befand sich wegen seines seelischen Beschwerdebildes bereits seit 2003 bei einer Ärztin in H. (Ärztin) in therapeutischer Behandlung. Gleichwohl war er bis zum 24. April 2006 mit Wohnsitz in B. S. gemeldet. Danach wurde sein Wohnsitz von Amts wegen gelöscht, weil er unbekannt verzogen war. Für den Zeitraum vom 5. August 2006 bis 14. August 2006 zahlte die Arbeitsagentur H. dem Kläger Arbeitslosengeld im Dezember 2006 nach. Weiter erhielt er Arbeitslosengeld von den örtlichen Arbeitsagenturen in W. (ab 15. August 2006), F. (ab 13. Oktober 2006) und H. (nur zwischenzeitlich vom 1. Dezember 2006 bis 31. Dezember 2006). Für den Leistungsbezug in W. hatte der Zeuge die Anschrift seiner mittlerweile verstorbenen Mutter angegeben, für den Leistungsbezug in F. eine Mansardenwohnung, welche nach seinen Angaben 9 m² groß war und über keinen Wasseranschluss verfügte.
Die Ärztin wies den Zeugen am 26. Dezember 2006 wegen einer "bipolaren Psychose" zur stationären Behandlung in die Klinik W. im Landkreis S. in NRW (Klinik) ein. Als Wohnort des Zeugen gab sie die Anschrift seiner Mutter in W. an, während er selber bei seiner Aufnahme seine Anschrift in F. mitteilte. Der stationäre Aufenthalt endete am 29. März 2007.
Einem Aktenvermerk über ein Telefongespräch zwischen dem Sozialamt des Klägers und der Arbeiterwohlfahrt in M. (AWO) vom 12. März 2007 ist zu entnehmen, dass die AWO als Träger - genauer die AWO N.-O. gGmbH - für den Zeugen bei dem Kläger Eingliederungshilfe für ein ambulantes betreutes Wohnen in M. beantragte, weil der Kläger in B. S. seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben sollte. Grund war die bevorstehende Beendigung des Aufenthalts in der Klinik Ende März 2007. Den schriftlichen Antrag vom 15. März 2007 reichte der Zeuge am 23. März 2007 bei dem Kläger ein. Zwischen der Entlassung in der Klinik am 29. März 2007 und dem Einzug in das ambulante betreute Wohnen aufgrund eines Mietvertrages zwischen der AWO und dem Zeugen am 2. April 2007 war der Zeuge bei seiner Mutter in W. untergebracht.
Mit Schreiben vom 29. März 2007 erteilte der Kläger gegenüber der AWO eine vorläufige Kostenzusage vorbehaltlich des Ergebnisses einer medizinischen Begutachtung und der Klärung der endgültigen Zuständigkeit.
Dem Entlassungsbericht der Klinik vom 5. April 2007 ist zu entnehmen, dass sich nach den eigenen Angaben des Klägers bei der Anamnese sein Gesundheitszustand seit August 2006 verschlechtert habe. Er habe sich im Vorfeld der Aufnahme in der Klinik "verzettelt" und sich am Rande der Obdachlosigkeit befunden. Seine soziale Integration habe er in den letzten Jahren verloren.
Gegenüber dem Kläger gab der Zeuge mit Schreiben vom 12. April 2007 an, er habe sich acht Wochen vor seiner Aufnahme in die Klinik tagsüber überwiegend in H. aufgehalten. Daneben habe er ca. zwei Tage in der Woche bei seiner Mutter in W. verbracht. Die Wohnung in F. habe er nur melderechtlich innegehabt, weil er da ohnehin nicht eine längere Zeit habe leben können.
Darauf hin nahm der Kläger mit Schreiben vom 13. April 2007 seine vorläufige Kostenzusage gegenüber der AWO zurück und gab die Sache an die Stadt H. als seiner Ansicht nach örtlich zuständigen Sozialhilfeträger ab.
Das Gesundheitsamt der Stadt M. stellte mit Gutachten vom 23. April 2007 fest, der Zeuge leide unter einer wesentlichen seelischen Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII in Form einer bipolaren Psychose mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung. Ein ambulantes betreutes Wohnen sei erforderlich, um den Zeugen zu stabilisieren und weitere negative, verhaltensbedingte Einflüsse abzuwenden.
Die Angaben des Zeugen gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 26. April 2007 deckten sich im Wesentlichen mit dem Schreiben an den Kläger vom 12. April 2007. Ergänzend gab er an, er habe sich durchschnittlich einen Tag in der Woche in F. in der Mansardenwohnung und einer öffentlichen Bibliothek aufgehalten. Ca. vier Tage wöchentlich habe er in H.häufig bei einer Bekannten verbracht, deren Anschrift er nicht mitteilen wolle. Er habe bereits im Jahr 2003 entschieden, nach H. umziehen zu wollen. Deswegen würde er die Stadt als seinen Lebensmittelpunkt bezeichnen und habe auch dort Arbeitslosengeld beantragt. In der Zeit zwischen dem 29. März 2007 und dem 2. April 2007 habe er bei seiner Mutter in W. übernachtet, Freunde in F ... und ein Bad in B. N. besucht. Auch sei er nach M. gefahren, um ein Schließfach zu verlängern.
In einem weiteren Schreiben an den Kläger vom 2. Juli 2007 bestätigte er, sich über Weihnachten 2006 unmittelbar vor Aufnahme in der Klinik ebenfalls bei seiner Mutter in W. aufgehalten zu haben.
Nach mehreren Schriftwechseln zwischen den Beteiligten und Versuchen, die Zuständigkeit an den jeweils anderen Träger einschließlich dem N.-O. abzugeben, bewilligte der Kläger dem Zeugen mit Bescheid vom 2. Dezember 2007 Eingliederungshilfe für die ambulante Wohnbetreuung ab dem 2. April 2007 nach § 43 SGB I bzw. § 14 SGB IX.
Einen Erstattungsanspruch machte der Kläger vergeblich mit Schriftsatz vom 31. März 2008 gegenüber dem Landesamt für Soziales und Familie als überörtlichen Sozialhilfeträger und gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 20. August 2009 geltend.
Am 21. September 2009 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht K. gegen die Beklagte Klage mit dem Antrag erhoben, die Leistungen zur Eingliederungshilfe zu übernehmen, die erbrachten Kosten in Höhe von 14.193,86 Euro zu erstatten und festzustellen, dass der Beklagte über den 31. August 2009 hinaus verpflichtet ist, die von ihm aufgewandten Kosten zu erstatten. Das Verwaltungsgericht K. hat mit Beschluss vom 3. November 2009 den Rechtsstreit an das Sozialgericht G. (SG) verwiesen. Im Klageverfahren hat der Kläger den Sachantrag mit Schriftsatz vom 17. März 2010 auf die Erstattung von 16.643,86 Euro erweitert und das Feststellungsbegehren auf den Zeitpunkt über den 31. Januar 2010 hinaus verschoben. Das ambulante betreute Wohnen für den Zeugen hat zum 31. Oktober 2010 geendet. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, es ergäben sich nur Leistungen in Höhe von 16.643,67 Euro. Die Abweichung könne auf einer Rundungsdifferenz im Aufnahmemonat April 2007 basieren.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2011, dem Kläger zugestellt am 5. April 2011, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei örtlich zuständiger Träger für die Eingliederungsleistungen gewesen. Aufgrund der besonderen Zuweisungsnorm für die Eingliederungshilfe in Form eines ambulanten Wohnens nach § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII sei örtlich zuständig der Träger, der vor Eintritt in diese Wohnform örtlich zuständig war oder gewesen wäre. Sei der Zeuge zuvor in einer stationären Einrichtung gewesen, komme es gemäß § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII darauf an, in dem Gebiet welchen örtlichen Trägers der Zeuge vor der Aufnahme in die Klinik am 26. Dezember 2006 seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Aufgrund der Legaldefinition i § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Letztlich gefordert sei, dass der Betroffene an dem Aufenthaltsort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung begründe und dort letztlich zukunftsoffen verweile. Entscheidend sei der tatsächliche Wille des Betroffenen, der sich allerdings objektiv niederschlagen müsse. Ein Aufenthalt, der nur wenige Tage währe, könne einen gewöhnlichen Aufenthalt nicht begründen. Anhand dieses Maßstabs sei davon auszugehen, dass der Zeuge seinen gewöhnlichen Aufenthalt bis zur Aufnahme in die Klinik in B. S. behalten habe, da er einen anderen gewöhnlichen Aufenthalt nicht begründet habe. Insbesondere in H. habe er sich nachweislich nur sporadisch, vor allem zur ärztlichen Behandlung aufgehalten. Eine Unterbringung bei einer Bekannten sei unbewiesen geblieben.
Hiergegen hat der Kläger am 3. Mai 2011 bei dem Thüringer Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Der Senat hat den Zeugen durch den ersuchten Richter des Sozialgerichts M. zu seinem Aufenthalt im Jahr 2006 vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des SG M. vom 14. November 2012 verwiesen.
Der Kläger hat mit der Berufung seinen Sachantrag auf ein erweitertes Zahlungsbegehren beschränkt. Zudem hat er mit Schriftsatz vom 26. September 2012 hilfsweise beantragt, den überörtlichen Sozialhilfeträger des Landes B.-W. nach Beiladung zur Kostenerstattung zu verurteilen.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Der Kläger stützt seine Rechtsauffassung auf § 105 SGB X. Danach sei der zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger die Leistung erbracht habe und die Voraussetzungen für eine vorläufige Leistungspflicht nicht vorgelegen habe. Ausgehend von der Spezialregelung in § 98 Abs. 5 SGB XII komme es darauf an, wer vor Eintritt in die Wohnform örtlich zuständig gewesen sei. Abzustellen sei dabei nicht auf die Sonderregelung in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII, welche allein die Zuständigkeit für die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung begründe und auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die stationäre Einrichtung abstelle, sondern § 98 Abs. 1 SGB XII der Ort, an dem sich der Zeuge vor der Aufnahme in das betreute Wohnen tatsächlich aufgehalten habe. Doch selbst wenn man darauf abstellte, es komme nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII auf den gewöhnlichen Aufenthalt an, sei die Erstattungspflicht der Beklagten begründet, weil der Zeuge sowohl seinen gewöhnlichen als auch seinen tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet des Beklagten gehabt habe. Maßgeblich hierfür sei, dass der Kläger selber H. als seinen Lebensmittelpunkt angegeben habe, für den Zeitraum vom 5. August 2006 bis 31. Dezember 2006 von der Arbeitsagentur H. Arbeitslosengeld erhalten habe und sich nur vorübergehend oder besuchsweise in F ... oder W. aufgehalten habe. Die Unterkunftsverhältnisse seien nicht entscheidend, weil auch Obdachlose einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen könnten. Schließlich habe die Beweisaufnahme vor dem SG M. bestätigt, dass der Kläger ausschließlich in H. leben wollte und sich überwiegend dort aufgehalten hat.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. März 2011 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise den noch beizuladenden Kommunalverband für Jugend und Soziales B. W., zu verurteilen, an ihn 20.479,86 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, ausgehend von der Regelung in § 98 Abs. 5 SGB XII sei maßgeblich, welcher Sozialhilfeträger vor Eintritt in die Wohnform zuständig gewesen sei. Zeitlich abzustellen sei auf den Zeitraum zwischen der Entlassung aus der Klinik am 29. März 2007 und Eintritt in die Wohnform am 2. April 2007. In diesem Zeitraum habe sich der Zeuge nicht in H. aufgehalten. Doch selbst für den davor liegenden Zeitraum vor Aufnahme in die Klinik habe der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in H. nicht begründet. Mag er auch den Willen hierfür gehabt haben, fehlten auch als Ergebnis der Beweisaufnahme hinreichende objektive Umstände, welche auf einen Lebensmittelpunkt in H. schließen lassen könnten. Komme es auf den tatsächlichen Aufenthaltsort an, sei endgültig allein der überörtliche Träger zuständig.
Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beteiligten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil im Ergebnis der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist.
Allerdings beruht die Entscheidung des SG auf einem wesentlichen Verfahrensfehler, weil es nicht in ordnungsgemäßer Besetzung entschieden und damit den Beteiligten den verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine Entscheidung durch den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG entzogen hat (vgl. BSG, Urteile vom 16. März 2006 - B 4 RA 59/04 R - und 30. August 2001 - B 4 RA 87/00 R; beide juris).
Ohne ehrenamtliche Richter darf eine Kammer des SG nur über eine Klage entscheiden, wenn die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG vorliegen (§ 12 Abs. 1 SGG). Dagegen hat das SG in zweifacher Hinsicht verstoßen. Einerseits ist der Sachverhalt nicht geklärt gewesen. Grundsätzlich ist das SG im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG gehalten, zur Aufklärung des Sachverhaltes vorrangig auf unmittelbare Beweise abzustellen. Hängt der tatsächliche oder gewöhnliche Aufenthalt wesentlich von der Willensbetätigung des Betroffenen ab, ist zunächst er als Zeuge zu vernehmen. Zumal das SG in seiner Beweiswürdigung nach Aktenlage selber eingeräumt hat, die Behauptung des Zeugen im Verwaltungsverfahren, bei einem Bekannten in H. regelmäßig übernachtet zu haben, nicht aufklären zu können. Allein deshalb hätte sich bereits nach Auffassung des SG eine Vernehmung des Zeugen aufdrängen müssen. Andererseits weist die Sache durchaus besondere Schwierigkeiten jedenfalls tatsächlicher Art auf, wie bereits die ausführliche Beweiswürdigung des SG veranschaulicht.
Der Senat hat gleichwohl im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG davon abgesehen, die Sache an das SG zurückzuverweisen, um einen zeitnahen Abschluss des Verfahrens zu ermöglichen. Nicht zu klären ist deshalb, ob bereits die erforderliche Zeugenvernehmung durch den ersuchten Richter tatbestandlich eine Zurückverweisung gerechtfertigt hätte, weil damit ohne Zurückverweisung eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich gewesen ist.
Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten kommt ausschließlich nach §§ 102 ff. SGB X in Betracht. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dabei vorrangig nicht auf eine Erstattungspflicht nach § 105 SGB X sondern § 102 SGB X abzustellen, ohne das abschließend klären zu müssen.
Zu beachten ist die hier einschlägige Vorschrift des § 14 Abs. 1 und 2 S. 1 SGB IX, nach der der Kläger als zuerst angegangener Träger schon deshalb zu vorläufigen Leistungen verpflichtet gewesen ist, weil er den Antrag des Zeugen nicht innerhalb von zwei Wochen an den seiner Ansicht nach zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat.
Ist damit jedoch bereits nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ein Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X für den zuerst angegangenen Träger ausgeschlossen, soll der Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X eröffnet bleiben, wenn er nur deshalb den Antrag nicht weitergeleitet hat, weil er innerhalb der zwei Wochen die Zuständigkeit nicht abschließend klären konnte (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 44/08 R, juris). Das ist vorliegend schon deshalb der Fall, weil der Kläger bei seiner vorläufigen Kostenzusage ausdrücklich hervorgehoben hat, die Zuständigkeit noch klären zu müssen und seine Ermittlungen innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung nicht abgeschlossen gewesen sind.
In jedem Fall setzte indes die Erstattungspflicht auch nach § 105 SGB X voraus, dass die Beklagte der endgültig sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträger gewesen ist, und ist abzulehnen, weil es erforderte, dass der Zeuge vor der Aufnahme in die Wohnform seinen tatsächlichen Aufenthalt oder vor der Aufnahme in die Klinik seinen gewöhnlichen Aufenthalt in H. gehabt hat.
Der Zeuge hat nach §§ 53 Abs. 1 oder Abs. 2, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 53 Abs. 4 S. 1 SGB XII und § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII in Form des ambulanten betreuten Wohnens erhalten. Soweit das BSG insoweit jedoch nicht alleine die Bezeichnung der Leistung zu ihrer Bestimmung ausreichen lässt, sondern eine materiell-rechtliche Prüfung verlangt (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 7/10 R, juris) ist zu beachten, dass ein ambulantes betreutes Wohnen nur anzunehmen ist, wenn die Wohnung und die damit verbundene Betreuungsleistungen vorrangig zu dem Zweck erbracht wird, die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung alltäglicher Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung zu fördern. Eine medizinische oder pflegerische Betreuung darf hingegen nur eine untergeordnete Rolle zukommen (BSG, Urteil vom 25. August 2011, a.a.O. m.w.N.). Insoweit geht der Senat aufgrund seiner Überzeugungsbildung davon aus, dass der Kläger in einer Wohnform untergebracht gewesen ist, welche der zugrundeliegenden Richtlinie des N.-O. vom 1. April 2006 (Bl. 27 ff. der Verwaltungsakte des Klägers) entsprochen hat. Danach ist davon auszugehen, dass der Zeuge der niedrigsten Hilfebedarfsgruppe aufgrund seines seelischen Beschwerdebildes zugeordnet gewesen ist und das betreute Wohnen vorrangig zum Zweck der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung erfolgt ist.
Die örtliche Zuständigkeit und Kostenträgerschaft richtet sich für diese Wohnform nach § 98 Abs. 5 SGB XII, weil gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII das vorrangig zu beachtende Landesrecht von Baden-Württemberg gemäß § 2 AGSGB XII - BaWü - keine sachliche Zuständigkeit für den überörtlichen Träger - Kommualverband für Jugend und Soziales gemäß § 1 Abs. 2 AGSGB XII - BaWü - begründet hat.
Entscheidend ist danach, welcher Träger vor dem Eintritt in diese Wohnform örtlich zuständig war oder gewesen wäre. Die Regelung in § 98 Abs. 5 SGB XII für das betreute Wohnen soll sicherstellen, dass für das betreute Wohnen der Sozialhilfeträger zuständig ist, der vor Eintritt in die Wohnform zuständig gewesen ist oder wäre - falls die Leistungsvoraussetzungen zuvor nicht vorgelegen haben - (siehe auch Gesetzesbegründungen: BT-Drucks 15/1514, S. 67, zu § 93; BT-Drucks 16/2711 S. 13).
Damit verweist § 98 Abs. 5 SGB XII für die Wohnform auf die vorstehenden Zuständigkeitsregelungen in § 98 Abs. 1 bis 4 SGB XII.
Bestimmt danach § 98 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich, dass für die örtliche Zuständigkeit der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich sein soll, ließe sich damit für den Zeitraum zwischen der Entlassung aus der Klinik und der Aufnahme in die Wohnform keine Zuständigkeit der Beklagten begründen, weil sich der Kläger in der Nacht lediglich bei seiner Mutter in W. und tagsüber in anderen hessischen Städten aufgehalten hat.
Dahingestellt bleiben kann, ob ein so kurzer Zwischenaufenthalt zuständigkeitsbegründend sein kann (ablehnend zu § 97 Abs. 1 BSHG: BVerwG, Urteile vom 23. Juni 1994 - 5 C 26/92 und 5. März 1998 - 5 C 12/97; beide juris), weil auch für den davor liegenden Aufenthalt in der Klinik eine Zuständigkeit der Beklagten nicht in Betracht kommt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist für den Aufenthalt in der Klinik zu beachten, dass es sich um eine stationäre Einrichtung gehandelt hat, für die abweichend von § 98 Abs. 1 SGB XII die Sonderregelung in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII maßgeblich ist, die vorrangig auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor Aufnahme in die stationäre Einrichtung abstellt.
Die abweichende Auffassung des Klägers lässt sich allein damit erklären, dass er den Meinungsstreit, der allein bei der umgedrehten Kette - erst betreute Wohnform, dann stationäre Einrichtung - geführt wird, fehlerhaft auf die vorliegende Kette - erst stationäre Einrichtung, dann betreute Wohnform - anwendet. Bei der umgedrehten Kette bestimmt zunächst § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII, dass der Sozialhilfeträger zuständig ist, in dessen Gebiet der Betroffene vor der Aufnahme seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. Ob damit der gewöhnliche Aufenthalt in der betreuten Wohnform maßgeblich sein kann oder entsprechend § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII auf den Aufenthalt vor Beginn der Einrichtungskette abzustellen ist, die unmittelbar nur für eine lückenlose Kette ausschließlich stationärer Einrichtungen greift, das ambulante betreute Wohnen hingegen nicht umfasst, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 14. Februar 2011 - L 20 SO 110/08; Hessisches LSG, Beschluss vom 26. April 2011 - L 9 SO 60/11 B ER; Hessisches LSG, Urteil vom 25. Januar 2012 - L 4 SO 67/11; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 8. Februar 2012 - L 8 SO 1/10; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Februar 2012 - L 1 SO 135/10; VG Minden, Urteil vom 17. Dezember 2010 - 6 K 2167/10; alle juris). Der Meinungsstreit kommt bei der hiesigen Kette schon deshalb nicht zum Tragen, weil erstens § 98 Abs. 5 SGB XII nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt, sondern die Zuständigkeit vor Eintritt in die Wohnform abstellt und zweitens für stationäre Einrichtungen in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII eine unmittelbar greifende vorrangige Spezialregelung vorgesehen ist.
Zugrunde zu legen ist daher der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I. Beschreibt der Wortlaut der Norm einen solchen Aufenthalt damit, er müsse Umstände erkennen lassen, nach denen der Betroffene prognostisch an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt, wird daraus der Schluss gezogen, dass im Rahmen einer vorausschauenden Prognose ein zukunftsoffener Verbleib des Betroffenen "bis auf weiteres" zu erkennen ist. Dabei ist neben der Willensbetätigung des Betroffenen auf alle objektiven Begebenheiten abzustellen, die zeitlich oder nach ihren Umständen für die erforderliche Prognose von Bedeutung sind. Weder ist alleine die subjektive Willensbetätigung für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts ausreichend noch kann allein ihr Fehlen gegen einen gewöhnlichen Aufenthalt sprechen (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 1/12 R, juris).
Für einen gewöhnlichen Aufenthalt in H. spricht insoweit der ausdrückliche wohl bereits im Jahr 2003 geäußerte Wunsch des Zeugen dort dauerhaft leben zu wollen. Es sprechen auf der anderen Seite jedoch gewichtige Gründe dagegen, diesem Wunsch eine allzu große Bedeutung beizumessen. Ausschlaggebend hierfür ist einerseits, dass der Zeuge trotz seines Wunsches jedenfalls 2003 noch keine Umstände geschaffen hat bzw. schaffen konnte, die auf eine Verwirklichung des Wunsches hindeuten; andererseits ist zu beachten, dass jedenfalls nachweislich der Zeuge keine zukunftsoffene Übernachtungsmöglichkeit in H. gehabt und genutzt hat. Bestätigt hat das der Zeuge weiter durch seine Angabe, letztlich in dem Zeitraum wie ein Nichtsesshafter gelebt zu haben, der seinen Wunsch, in H. den Lebensmittelpunkt zu begründen, nicht verwirklichen konnte. Insbesondere lässt sich dem allenfalls sporadischen Übernachtungen in einem Obdachlosenheim in H. ein solches zukunftsoffenes Verweilen nicht entnehmen, weil der Kläger ersichtlich davon ausgegangen ist, dort jeweils maximal vier Tage bleiben zu können und deshalb von vornherein darin keine Möglichkeit sehen konnte, seinen Wunsch in H. zu bleiben, damit verwirklichen zu können. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob diese Aussage durch den Schriftsatz der Beklagten vom 21. Januar 2013 erschüttert ist, nach dem der Kläger dort zu keinem Zeitpunkt nach Aussage der Einrichtung übernachtet haben soll.
Ohne einen gewöhnlichen Aufenthalt greift jedoch wiederum die Regelung des § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII, nach der vorläufige Leistungen der Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthaltes zu erbringen hat. Korrespondiert diese Vorschrift jedoch mit einer Erstattungspflicht des für den örtlichen Träger nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII maßgeblichen überörtlichen Trägers gemäß § 106 Abs. 1 S. 2 SGB XII, begründet das eine Letztzuständigkeit des überörtlichen Trägers, der allein einem Erstattungsanspruch des Klägers ausgesetzt sein dürfte. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Zeuge vor der Aufnahme in die Klinik seinen tatsächlichen Aufenthalt in H. gehabt hat, weil als Folge dessen allein der Kommunalverband für Jugend und Soziales als überörtlicher Träger nach § 1 Abs. 2 AGSGB XII - BaWü - der endgültig zuständige Träger sein könnte.
Der Senat kann davon absehen, einen anderen als erstattungspflichtig in Betracht kommenden Leistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG beizuladen und ggf. nach § 75 Abs. 5 SGG zu verurteilen, weil von vornherein ein weiterer erstattungspflichtiger Träger nicht ersichtlich ist.
Das. Landesamt für Jugend und Soziales kommt insbesondere nach § 106 Abs. 1 S. 2 SGB XII nicht als erstattungspflichtig in Betracht, weil es nach den vorbenannten Ausführungen nur erstattungspflichtig sein könnte, wenn der Kläger jedenfalls vorläufig als örtlicher Leistungsträger zuständig gewesen wäre. Das ist entgegen der Auffassung des SG bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Zeuge weder seinen gewöhnlichen noch tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet des Klägers in den in Betracht kommenden Zeiträumen (vor Aufnahme in die Klinik oder der Wohnform) gehabt hat.
Eine Erstattungspflicht anderer Träger nach §§ 102 ff. SGB X scheidet aus, weil der Kläger den Erstattungsanspruch nicht innerhalb der Frist des § 111 S. 1 SGB X innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des letzten Tages geltend gemacht hat, für den die Leistung erbracht wurde.
Eine Erstattungspflicht nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX ist nicht gegeben, weil der Kläger nicht der zweitangegangene Träger gewesen ist, für den allein die Erstattungsnorm greift.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits gemäß § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO.
Gründe die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Beklagte dem Kläger die Kosten der Eingliederungshilfe für den Hilfebedürftigen und Zeugen in diesem Rechtsstreit (Zeugen) vom 2. April 2007 bis 31. August 2010 zu erstatten hat.
Der Zeuge befand sich wegen seines seelischen Beschwerdebildes bereits seit 2003 bei einer Ärztin in H. (Ärztin) in therapeutischer Behandlung. Gleichwohl war er bis zum 24. April 2006 mit Wohnsitz in B. S. gemeldet. Danach wurde sein Wohnsitz von Amts wegen gelöscht, weil er unbekannt verzogen war. Für den Zeitraum vom 5. August 2006 bis 14. August 2006 zahlte die Arbeitsagentur H. dem Kläger Arbeitslosengeld im Dezember 2006 nach. Weiter erhielt er Arbeitslosengeld von den örtlichen Arbeitsagenturen in W. (ab 15. August 2006), F. (ab 13. Oktober 2006) und H. (nur zwischenzeitlich vom 1. Dezember 2006 bis 31. Dezember 2006). Für den Leistungsbezug in W. hatte der Zeuge die Anschrift seiner mittlerweile verstorbenen Mutter angegeben, für den Leistungsbezug in F. eine Mansardenwohnung, welche nach seinen Angaben 9 m² groß war und über keinen Wasseranschluss verfügte.
Die Ärztin wies den Zeugen am 26. Dezember 2006 wegen einer "bipolaren Psychose" zur stationären Behandlung in die Klinik W. im Landkreis S. in NRW (Klinik) ein. Als Wohnort des Zeugen gab sie die Anschrift seiner Mutter in W. an, während er selber bei seiner Aufnahme seine Anschrift in F. mitteilte. Der stationäre Aufenthalt endete am 29. März 2007.
Einem Aktenvermerk über ein Telefongespräch zwischen dem Sozialamt des Klägers und der Arbeiterwohlfahrt in M. (AWO) vom 12. März 2007 ist zu entnehmen, dass die AWO als Träger - genauer die AWO N.-O. gGmbH - für den Zeugen bei dem Kläger Eingliederungshilfe für ein ambulantes betreutes Wohnen in M. beantragte, weil der Kläger in B. S. seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt haben sollte. Grund war die bevorstehende Beendigung des Aufenthalts in der Klinik Ende März 2007. Den schriftlichen Antrag vom 15. März 2007 reichte der Zeuge am 23. März 2007 bei dem Kläger ein. Zwischen der Entlassung in der Klinik am 29. März 2007 und dem Einzug in das ambulante betreute Wohnen aufgrund eines Mietvertrages zwischen der AWO und dem Zeugen am 2. April 2007 war der Zeuge bei seiner Mutter in W. untergebracht.
Mit Schreiben vom 29. März 2007 erteilte der Kläger gegenüber der AWO eine vorläufige Kostenzusage vorbehaltlich des Ergebnisses einer medizinischen Begutachtung und der Klärung der endgültigen Zuständigkeit.
Dem Entlassungsbericht der Klinik vom 5. April 2007 ist zu entnehmen, dass sich nach den eigenen Angaben des Klägers bei der Anamnese sein Gesundheitszustand seit August 2006 verschlechtert habe. Er habe sich im Vorfeld der Aufnahme in der Klinik "verzettelt" und sich am Rande der Obdachlosigkeit befunden. Seine soziale Integration habe er in den letzten Jahren verloren.
Gegenüber dem Kläger gab der Zeuge mit Schreiben vom 12. April 2007 an, er habe sich acht Wochen vor seiner Aufnahme in die Klinik tagsüber überwiegend in H. aufgehalten. Daneben habe er ca. zwei Tage in der Woche bei seiner Mutter in W. verbracht. Die Wohnung in F. habe er nur melderechtlich innegehabt, weil er da ohnehin nicht eine längere Zeit habe leben können.
Darauf hin nahm der Kläger mit Schreiben vom 13. April 2007 seine vorläufige Kostenzusage gegenüber der AWO zurück und gab die Sache an die Stadt H. als seiner Ansicht nach örtlich zuständigen Sozialhilfeträger ab.
Das Gesundheitsamt der Stadt M. stellte mit Gutachten vom 23. April 2007 fest, der Zeuge leide unter einer wesentlichen seelischen Behinderung i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII in Form einer bipolaren Psychose mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung. Ein ambulantes betreutes Wohnen sei erforderlich, um den Zeugen zu stabilisieren und weitere negative, verhaltensbedingte Einflüsse abzuwenden.
Die Angaben des Zeugen gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 26. April 2007 deckten sich im Wesentlichen mit dem Schreiben an den Kläger vom 12. April 2007. Ergänzend gab er an, er habe sich durchschnittlich einen Tag in der Woche in F. in der Mansardenwohnung und einer öffentlichen Bibliothek aufgehalten. Ca. vier Tage wöchentlich habe er in H.häufig bei einer Bekannten verbracht, deren Anschrift er nicht mitteilen wolle. Er habe bereits im Jahr 2003 entschieden, nach H. umziehen zu wollen. Deswegen würde er die Stadt als seinen Lebensmittelpunkt bezeichnen und habe auch dort Arbeitslosengeld beantragt. In der Zeit zwischen dem 29. März 2007 und dem 2. April 2007 habe er bei seiner Mutter in W. übernachtet, Freunde in F ... und ein Bad in B. N. besucht. Auch sei er nach M. gefahren, um ein Schließfach zu verlängern.
In einem weiteren Schreiben an den Kläger vom 2. Juli 2007 bestätigte er, sich über Weihnachten 2006 unmittelbar vor Aufnahme in der Klinik ebenfalls bei seiner Mutter in W. aufgehalten zu haben.
Nach mehreren Schriftwechseln zwischen den Beteiligten und Versuchen, die Zuständigkeit an den jeweils anderen Träger einschließlich dem N.-O. abzugeben, bewilligte der Kläger dem Zeugen mit Bescheid vom 2. Dezember 2007 Eingliederungshilfe für die ambulante Wohnbetreuung ab dem 2. April 2007 nach § 43 SGB I bzw. § 14 SGB IX.
Einen Erstattungsanspruch machte der Kläger vergeblich mit Schriftsatz vom 31. März 2008 gegenüber dem Landesamt für Soziales und Familie als überörtlichen Sozialhilfeträger und gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 20. August 2009 geltend.
Am 21. September 2009 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht K. gegen die Beklagte Klage mit dem Antrag erhoben, die Leistungen zur Eingliederungshilfe zu übernehmen, die erbrachten Kosten in Höhe von 14.193,86 Euro zu erstatten und festzustellen, dass der Beklagte über den 31. August 2009 hinaus verpflichtet ist, die von ihm aufgewandten Kosten zu erstatten. Das Verwaltungsgericht K. hat mit Beschluss vom 3. November 2009 den Rechtsstreit an das Sozialgericht G. (SG) verwiesen. Im Klageverfahren hat der Kläger den Sachantrag mit Schriftsatz vom 17. März 2010 auf die Erstattung von 16.643,86 Euro erweitert und das Feststellungsbegehren auf den Zeitpunkt über den 31. Januar 2010 hinaus verschoben. Das ambulante betreute Wohnen für den Zeugen hat zum 31. Oktober 2010 geendet. Die Beklagte hat darauf hingewiesen, es ergäben sich nur Leistungen in Höhe von 16.643,67 Euro. Die Abweichung könne auf einer Rundungsdifferenz im Aufnahmemonat April 2007 basieren.
Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 15. März 2011, dem Kläger zugestellt am 5. April 2011, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei örtlich zuständiger Träger für die Eingliederungsleistungen gewesen. Aufgrund der besonderen Zuweisungsnorm für die Eingliederungshilfe in Form eines ambulanten Wohnens nach § 98 Abs. 5 S. 1 SGB XII sei örtlich zuständig der Träger, der vor Eintritt in diese Wohnform örtlich zuständig war oder gewesen wäre. Sei der Zeuge zuvor in einer stationären Einrichtung gewesen, komme es gemäß § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII darauf an, in dem Gebiet welchen örtlichen Trägers der Zeuge vor der Aufnahme in die Klinik am 26. Dezember 2006 seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Aufgrund der Legaldefinition i § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort nicht nur vorübergehend verweilt. Letztlich gefordert sei, dass der Betroffene an dem Aufenthaltsort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehung begründe und dort letztlich zukunftsoffen verweile. Entscheidend sei der tatsächliche Wille des Betroffenen, der sich allerdings objektiv niederschlagen müsse. Ein Aufenthalt, der nur wenige Tage währe, könne einen gewöhnlichen Aufenthalt nicht begründen. Anhand dieses Maßstabs sei davon auszugehen, dass der Zeuge seinen gewöhnlichen Aufenthalt bis zur Aufnahme in die Klinik in B. S. behalten habe, da er einen anderen gewöhnlichen Aufenthalt nicht begründet habe. Insbesondere in H. habe er sich nachweislich nur sporadisch, vor allem zur ärztlichen Behandlung aufgehalten. Eine Unterbringung bei einer Bekannten sei unbewiesen geblieben.
Hiergegen hat der Kläger am 3. Mai 2011 bei dem Thüringer Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Der Senat hat den Zeugen durch den ersuchten Richter des Sozialgerichts M. zu seinem Aufenthalt im Jahr 2006 vernehmen lassen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des SG M. vom 14. November 2012 verwiesen.
Der Kläger hat mit der Berufung seinen Sachantrag auf ein erweitertes Zahlungsbegehren beschränkt. Zudem hat er mit Schriftsatz vom 26. September 2012 hilfsweise beantragt, den überörtlichen Sozialhilfeträger des Landes B.-W. nach Beiladung zur Kostenerstattung zu verurteilen.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Der Kläger stützt seine Rechtsauffassung auf § 105 SGB X. Danach sei der zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein unzuständiger Leistungsträger die Leistung erbracht habe und die Voraussetzungen für eine vorläufige Leistungspflicht nicht vorgelegen habe. Ausgehend von der Spezialregelung in § 98 Abs. 5 SGB XII komme es darauf an, wer vor Eintritt in die Wohnform örtlich zuständig gewesen sei. Abzustellen sei dabei nicht auf die Sonderregelung in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII, welche allein die Zuständigkeit für die Aufnahme in eine stationäre Einrichtung begründe und auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in die stationäre Einrichtung abstelle, sondern § 98 Abs. 1 SGB XII der Ort, an dem sich der Zeuge vor der Aufnahme in das betreute Wohnen tatsächlich aufgehalten habe. Doch selbst wenn man darauf abstellte, es komme nach § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII auf den gewöhnlichen Aufenthalt an, sei die Erstattungspflicht der Beklagten begründet, weil der Zeuge sowohl seinen gewöhnlichen als auch seinen tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet des Beklagten gehabt habe. Maßgeblich hierfür sei, dass der Kläger selber H. als seinen Lebensmittelpunkt angegeben habe, für den Zeitraum vom 5. August 2006 bis 31. Dezember 2006 von der Arbeitsagentur H. Arbeitslosengeld erhalten habe und sich nur vorübergehend oder besuchsweise in F ... oder W. aufgehalten habe. Die Unterkunftsverhältnisse seien nicht entscheidend, weil auch Obdachlose einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen könnten. Schließlich habe die Beweisaufnahme vor dem SG M. bestätigt, dass der Kläger ausschließlich in H. leben wollte und sich überwiegend dort aufgehalten hat.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. März 2011 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise den noch beizuladenden Kommunalverband für Jugend und Soziales B. W., zu verurteilen, an ihn 20.479,86 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte weist darauf hin, ausgehend von der Regelung in § 98 Abs. 5 SGB XII sei maßgeblich, welcher Sozialhilfeträger vor Eintritt in die Wohnform zuständig gewesen sei. Zeitlich abzustellen sei auf den Zeitraum zwischen der Entlassung aus der Klinik am 29. März 2007 und Eintritt in die Wohnform am 2. April 2007. In diesem Zeitraum habe sich der Zeuge nicht in H. aufgehalten. Doch selbst für den davor liegenden Zeitraum vor Aufnahme in die Klinik habe der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in H. nicht begründet. Mag er auch den Willen hierfür gehabt haben, fehlten auch als Ergebnis der Beweisaufnahme hinreichende objektive Umstände, welche auf einen Lebensmittelpunkt in H. schließen lassen könnten. Komme es auf den tatsächlichen Aufenthaltsort an, sei endgültig allein der überörtliche Träger zuständig.
Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beteiligten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil im Ergebnis der angefochtene Gerichtsbescheid des SG nicht zu beanstanden ist.
Allerdings beruht die Entscheidung des SG auf einem wesentlichen Verfahrensfehler, weil es nicht in ordnungsgemäßer Besetzung entschieden und damit den Beteiligten den verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine Entscheidung durch den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG entzogen hat (vgl. BSG, Urteile vom 16. März 2006 - B 4 RA 59/04 R - und 30. August 2001 - B 4 RA 87/00 R; beide juris).
Ohne ehrenamtliche Richter darf eine Kammer des SG nur über eine Klage entscheiden, wenn die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG vorliegen (§ 12 Abs. 1 SGG). Dagegen hat das SG in zweifacher Hinsicht verstoßen. Einerseits ist der Sachverhalt nicht geklärt gewesen. Grundsätzlich ist das SG im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG gehalten, zur Aufklärung des Sachverhaltes vorrangig auf unmittelbare Beweise abzustellen. Hängt der tatsächliche oder gewöhnliche Aufenthalt wesentlich von der Willensbetätigung des Betroffenen ab, ist zunächst er als Zeuge zu vernehmen. Zumal das SG in seiner Beweiswürdigung nach Aktenlage selber eingeräumt hat, die Behauptung des Zeugen im Verwaltungsverfahren, bei einem Bekannten in H. regelmäßig übernachtet zu haben, nicht aufklären zu können. Allein deshalb hätte sich bereits nach Auffassung des SG eine Vernehmung des Zeugen aufdrängen müssen. Andererseits weist die Sache durchaus besondere Schwierigkeiten jedenfalls tatsächlicher Art auf, wie bereits die ausführliche Beweiswürdigung des SG veranschaulicht.
Der Senat hat gleichwohl im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG davon abgesehen, die Sache an das SG zurückzuverweisen, um einen zeitnahen Abschluss des Verfahrens zu ermöglichen. Nicht zu klären ist deshalb, ob bereits die erforderliche Zeugenvernehmung durch den ersuchten Richter tatbestandlich eine Zurückverweisung gerechtfertigt hätte, weil damit ohne Zurückverweisung eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme erforderlich gewesen ist.
Ein Erstattungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten kommt ausschließlich nach §§ 102 ff. SGB X in Betracht. Entgegen der Auffassung des Klägers ist dabei vorrangig nicht auf eine Erstattungspflicht nach § 105 SGB X sondern § 102 SGB X abzustellen, ohne das abschließend klären zu müssen.
Zu beachten ist die hier einschlägige Vorschrift des § 14 Abs. 1 und 2 S. 1 SGB IX, nach der der Kläger als zuerst angegangener Träger schon deshalb zu vorläufigen Leistungen verpflichtet gewesen ist, weil er den Antrag des Zeugen nicht innerhalb von zwei Wochen an den seiner Ansicht nach zuständigen Rehabilitationsträger weitergeleitet hat.
Ist damit jedoch bereits nach § 14 Abs. 4 S. 3 SGB IX ein Erstattungsanspruch nach § 105 SGB X für den zuerst angegangenen Träger ausgeschlossen, soll der Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X eröffnet bleiben, wenn er nur deshalb den Antrag nicht weitergeleitet hat, weil er innerhalb der zwei Wochen die Zuständigkeit nicht abschließend klären konnte (BSG, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 44/08 R, juris). Das ist vorliegend schon deshalb der Fall, weil der Kläger bei seiner vorläufigen Kostenzusage ausdrücklich hervorgehoben hat, die Zuständigkeit noch klären zu müssen und seine Ermittlungen innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung nicht abgeschlossen gewesen sind.
In jedem Fall setzte indes die Erstattungspflicht auch nach § 105 SGB X voraus, dass die Beklagte der endgültig sachlich und örtlich zuständige Sozialhilfeträger gewesen ist, und ist abzulehnen, weil es erforderte, dass der Zeuge vor der Aufnahme in die Wohnform seinen tatsächlichen Aufenthalt oder vor der Aufnahme in die Klinik seinen gewöhnlichen Aufenthalt in H. gehabt hat.
Der Zeuge hat nach §§ 53 Abs. 1 oder Abs. 2, 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 53 Abs. 4 S. 1 SGB XII und § 55 Abs. 2 Nr. 6 SGB IX Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII in Form des ambulanten betreuten Wohnens erhalten. Soweit das BSG insoweit jedoch nicht alleine die Bezeichnung der Leistung zu ihrer Bestimmung ausreichen lässt, sondern eine materiell-rechtliche Prüfung verlangt (BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 8 SO 7/10 R, juris) ist zu beachten, dass ein ambulantes betreutes Wohnen nur anzunehmen ist, wenn die Wohnung und die damit verbundene Betreuungsleistungen vorrangig zu dem Zweck erbracht wird, die Selbstständigkeit und Selbstbestimmung bei der Erledigung alltäglicher Angelegenheiten im eigenen Wohn- und Lebensbereich in Form einer kontinuierlichen Betreuung zu fördern. Eine medizinische oder pflegerische Betreuung darf hingegen nur eine untergeordnete Rolle zukommen (BSG, Urteil vom 25. August 2011, a.a.O. m.w.N.). Insoweit geht der Senat aufgrund seiner Überzeugungsbildung davon aus, dass der Kläger in einer Wohnform untergebracht gewesen ist, welche der zugrundeliegenden Richtlinie des N.-O. vom 1. April 2006 (Bl. 27 ff. der Verwaltungsakte des Klägers) entsprochen hat. Danach ist davon auszugehen, dass der Zeuge der niedrigsten Hilfebedarfsgruppe aufgrund seines seelischen Beschwerdebildes zugeordnet gewesen ist und das betreute Wohnen vorrangig zum Zweck der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung erfolgt ist.
Die örtliche Zuständigkeit und Kostenträgerschaft richtet sich für diese Wohnform nach § 98 Abs. 5 SGB XII, weil gemäß § 97 Abs. 2 S. 1 SGB XII das vorrangig zu beachtende Landesrecht von Baden-Württemberg gemäß § 2 AGSGB XII - BaWü - keine sachliche Zuständigkeit für den überörtlichen Träger - Kommualverband für Jugend und Soziales gemäß § 1 Abs. 2 AGSGB XII - BaWü - begründet hat.
Entscheidend ist danach, welcher Träger vor dem Eintritt in diese Wohnform örtlich zuständig war oder gewesen wäre. Die Regelung in § 98 Abs. 5 SGB XII für das betreute Wohnen soll sicherstellen, dass für das betreute Wohnen der Sozialhilfeträger zuständig ist, der vor Eintritt in die Wohnform zuständig gewesen ist oder wäre - falls die Leistungsvoraussetzungen zuvor nicht vorgelegen haben - (siehe auch Gesetzesbegründungen: BT-Drucks 15/1514, S. 67, zu § 93; BT-Drucks 16/2711 S. 13).
Damit verweist § 98 Abs. 5 SGB XII für die Wohnform auf die vorstehenden Zuständigkeitsregelungen in § 98 Abs. 1 bis 4 SGB XII.
Bestimmt danach § 98 Abs. 1 SGB XII grundsätzlich, dass für die örtliche Zuständigkeit der tatsächliche Aufenthalt maßgeblich sein soll, ließe sich damit für den Zeitraum zwischen der Entlassung aus der Klinik und der Aufnahme in die Wohnform keine Zuständigkeit der Beklagten begründen, weil sich der Kläger in der Nacht lediglich bei seiner Mutter in W. und tagsüber in anderen hessischen Städten aufgehalten hat.
Dahingestellt bleiben kann, ob ein so kurzer Zwischenaufenthalt zuständigkeitsbegründend sein kann (ablehnend zu § 97 Abs. 1 BSHG: BVerwG, Urteile vom 23. Juni 1994 - 5 C 26/92 und 5. März 1998 - 5 C 12/97; beide juris), weil auch für den davor liegenden Aufenthalt in der Klinik eine Zuständigkeit der Beklagten nicht in Betracht kommt.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist für den Aufenthalt in der Klinik zu beachten, dass es sich um eine stationäre Einrichtung gehandelt hat, für die abweichend von § 98 Abs. 1 SGB XII die Sonderregelung in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII maßgeblich ist, die vorrangig auf den gewöhnlichen Aufenthalt vor Aufnahme in die stationäre Einrichtung abstellt.
Die abweichende Auffassung des Klägers lässt sich allein damit erklären, dass er den Meinungsstreit, der allein bei der umgedrehten Kette - erst betreute Wohnform, dann stationäre Einrichtung - geführt wird, fehlerhaft auf die vorliegende Kette - erst stationäre Einrichtung, dann betreute Wohnform - anwendet. Bei der umgedrehten Kette bestimmt zunächst § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII, dass der Sozialhilfeträger zuständig ist, in dessen Gebiet der Betroffene vor der Aufnahme seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat. Ob damit der gewöhnliche Aufenthalt in der betreuten Wohnform maßgeblich sein kann oder entsprechend § 98 Abs. 2 S. 2 SGB XII auf den Aufenthalt vor Beginn der Einrichtungskette abzustellen ist, die unmittelbar nur für eine lückenlose Kette ausschließlich stationärer Einrichtungen greift, das ambulante betreute Wohnen hingegen nicht umfasst, ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. LSG NRW, Urteil vom 14. Februar 2011 - L 20 SO 110/08; Hessisches LSG, Beschluss vom 26. April 2011 - L 9 SO 60/11 B ER; Hessisches LSG, Urteil vom 25. Januar 2012 - L 4 SO 67/11; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 8. Februar 2012 - L 8 SO 1/10; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. Februar 2012 - L 1 SO 135/10; VG Minden, Urteil vom 17. Dezember 2010 - 6 K 2167/10; alle juris). Der Meinungsstreit kommt bei der hiesigen Kette schon deshalb nicht zum Tragen, weil erstens § 98 Abs. 5 SGB XII nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt, sondern die Zuständigkeit vor Eintritt in die Wohnform abstellt und zweitens für stationäre Einrichtungen in § 98 Abs. 2 S. 1 SGB XII eine unmittelbar greifende vorrangige Spezialregelung vorgesehen ist.
Zugrunde zu legen ist daher der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes in § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I. Beschreibt der Wortlaut der Norm einen solchen Aufenthalt damit, er müsse Umstände erkennen lassen, nach denen der Betroffene prognostisch an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt, wird daraus der Schluss gezogen, dass im Rahmen einer vorausschauenden Prognose ein zukunftsoffener Verbleib des Betroffenen "bis auf weiteres" zu erkennen ist. Dabei ist neben der Willensbetätigung des Betroffenen auf alle objektiven Begebenheiten abzustellen, die zeitlich oder nach ihren Umständen für die erforderliche Prognose von Bedeutung sind. Weder ist alleine die subjektive Willensbetätigung für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts ausreichend noch kann allein ihr Fehlen gegen einen gewöhnlichen Aufenthalt sprechen (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 - B 13 R 1/12 R, juris).
Für einen gewöhnlichen Aufenthalt in H. spricht insoweit der ausdrückliche wohl bereits im Jahr 2003 geäußerte Wunsch des Zeugen dort dauerhaft leben zu wollen. Es sprechen auf der anderen Seite jedoch gewichtige Gründe dagegen, diesem Wunsch eine allzu große Bedeutung beizumessen. Ausschlaggebend hierfür ist einerseits, dass der Zeuge trotz seines Wunsches jedenfalls 2003 noch keine Umstände geschaffen hat bzw. schaffen konnte, die auf eine Verwirklichung des Wunsches hindeuten; andererseits ist zu beachten, dass jedenfalls nachweislich der Zeuge keine zukunftsoffene Übernachtungsmöglichkeit in H. gehabt und genutzt hat. Bestätigt hat das der Zeuge weiter durch seine Angabe, letztlich in dem Zeitraum wie ein Nichtsesshafter gelebt zu haben, der seinen Wunsch, in H. den Lebensmittelpunkt zu begründen, nicht verwirklichen konnte. Insbesondere lässt sich dem allenfalls sporadischen Übernachtungen in einem Obdachlosenheim in H. ein solches zukunftsoffenes Verweilen nicht entnehmen, weil der Kläger ersichtlich davon ausgegangen ist, dort jeweils maximal vier Tage bleiben zu können und deshalb von vornherein darin keine Möglichkeit sehen konnte, seinen Wunsch in H. zu bleiben, damit verwirklichen zu können. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob diese Aussage durch den Schriftsatz der Beklagten vom 21. Januar 2013 erschüttert ist, nach dem der Kläger dort zu keinem Zeitpunkt nach Aussage der Einrichtung übernachtet haben soll.
Ohne einen gewöhnlichen Aufenthalt greift jedoch wiederum die Regelung des § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII, nach der vorläufige Leistungen der Sozialhilfeträger des tatsächlichen Aufenthaltes zu erbringen hat. Korrespondiert diese Vorschrift jedoch mit einer Erstattungspflicht des für den örtlichen Träger nach § 98 Abs. 2 S. 3 SGB XII maßgeblichen überörtlichen Trägers gemäß § 106 Abs. 1 S. 2 SGB XII, begründet das eine Letztzuständigkeit des überörtlichen Trägers, der allein einem Erstattungsanspruch des Klägers ausgesetzt sein dürfte. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Zeuge vor der Aufnahme in die Klinik seinen tatsächlichen Aufenthalt in H. gehabt hat, weil als Folge dessen allein der Kommunalverband für Jugend und Soziales als überörtlicher Träger nach § 1 Abs. 2 AGSGB XII - BaWü - der endgültig zuständige Träger sein könnte.
Der Senat kann davon absehen, einen anderen als erstattungspflichtig in Betracht kommenden Leistungsträger gemäß § 75 Abs. 2 SGG beizuladen und ggf. nach § 75 Abs. 5 SGG zu verurteilen, weil von vornherein ein weiterer erstattungspflichtiger Träger nicht ersichtlich ist.
Das. Landesamt für Jugend und Soziales kommt insbesondere nach § 106 Abs. 1 S. 2 SGB XII nicht als erstattungspflichtig in Betracht, weil es nach den vorbenannten Ausführungen nur erstattungspflichtig sein könnte, wenn der Kläger jedenfalls vorläufig als örtlicher Leistungsträger zuständig gewesen wäre. Das ist entgegen der Auffassung des SG bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Zeuge weder seinen gewöhnlichen noch tatsächlichen Aufenthalt im Gebiet des Klägers in den in Betracht kommenden Zeiträumen (vor Aufnahme in die Klinik oder der Wohnform) gehabt hat.
Eine Erstattungspflicht anderer Träger nach §§ 102 ff. SGB X scheidet aus, weil der Kläger den Erstattungsanspruch nicht innerhalb der Frist des § 111 S. 1 SGB X innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des letzten Tages geltend gemacht hat, für den die Leistung erbracht wurde.
Eine Erstattungspflicht nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX ist nicht gegeben, weil der Kläger nicht der zweitangegangene Träger gewesen ist, für den allein die Erstattungsnorm greift.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits gemäß § 197a SGG i.V.m. § 155 Abs. 2 VwGO.
Gründe die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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