L 3 SB 2247/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1925/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2247/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. April 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des bei der Klägerin festzustellenden Grades der Behinderung (GdB) streitig, insb. ob bei der Klägerin die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch festzustellen ist.

Bei der am 11.02.1953 geborenen Klägerin, die die italienische Staatsangehörigkeit besitzt und im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis für Angehörige eines Mitgliedsstaates der EWG ist, stellte das damals zuständige Versorgungsamt B. (VA) mit Bescheid vom 03.07.2000 einen GdB von 30 seit dem 29.03.2000 fest. Es berücksichtigte hierbei, entsprechend einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. C. vom 19.06.2000, der die zuvor vom VA bei dem behandelnden Internisten und Sportmediziner Dr. A. angeforderten Befundberichte auswertete, als Funktionsbeeinträchtigungen eine "Varikosis mit postoperativer Nervenläsion des rechten Unterschenkels" mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine "Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenks" und eine "Hypertonie" jeweils mit einem solchen von 10. Einen Widerspruch hiergegen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2000 zurück.

Einen ersten Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 18.12.2001 lehnte das VA mit Bescheid vom 07.03.2002 ab.

Am 03.02.2009 beantragte die Klägerin beim nunmehr zuständigen Landratsamt Reutlingen - Versorgungsamt - (LRA) abermals die Erhöhung des bei ihr festzustellenden GdB. Sie brachte hierzu vor, an hohem Blutdruck, Schmerzen in beiden Kniegelenken, Schwellungen beider Beine sowie einer Schilddrüsenunterfunktion und Übergewicht zu leiden. Ferner sei sie an beiden Beinen an den Venen operiert worden. Ergänzend legte sie eine ärztliche Stellungnahme von Dr. A. vom 30.01.2009 nebst an diesen gerichtete Arztbriefe vor. Dr. A. führte in seiner Stellungnahme vom 30.01.2009 an, bei der Klägerin bestehe beidseitig ein schwerer Knieschaden, ein chronisches Schmerzsyndrom, ein Cervicalsyndrom und eine Osteochondrose der Lendenwirbelsäule mit rezidivierenden Lumbalgien. Die Klägerin leide ferner an erworbenen Senk- Spreizfüßen und Adipositas permagna.

Nach einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. D., der unter dem 25.02.2009 für die Funktionsbeeinträchtigungen "Krampfadern, Lymphstauung der Beine" und "seelische Störung" jeweils einen Einzel-GdB von 20 sowie für eine "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule", "Bluthochdruck" sowie eine "Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks, Funktionsstörungen durch beidseitige Fußfehlform" jeweils einen solchen von 10 für angemessen erachtete und insg. einen GdB von 30 vorschlug, lehnte das LRA den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 26.02.2009 ab. Einen hiergegen erhobenen Widerspruch, der nicht begründet wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2009 zurück.

Am 16.06.2009 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat sie vorgetragen, ihr Gesundheitszustand habe sich stetig verschlechtert. Der bestehende Bluthochdruck verursache Schwindelanfälle. Es träten zunehmend depressive Phasen auf.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Im Verlauf des Verfahrens hat er versorgungsärztliche Stellungnahmen von Dr. E. vom 17.06.2010, von Dr. F. vom 04.08.2011 und vom 16.01.2013 sowie von Dr. G. vom 27.11.2012 vorgelegt.

Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das SG die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. A. hat in seiner beim SG am 03.03.2010 eingegangenen undatierten Stellungnahme mitgeteilt, die gesundheitliche Hauptproblematik liege bei der Klägerin in der Adipositas permagna und den hierdurch induzierten Folgeproblemen. Ferner bestünden Aufbrauchserscheinungen im Bereich des linken Kniegelenks, die zu erheblichen Beeinträchtigungen führten. Der Arzt für Orthopädie Baumgärtner hat in seiner Stellungnahme vom 03.05.2011 von einer Verschlimmerung der Beschwerdesymptomatik mit zunehmender Einschränkung der Beweglichkeit wegen einer Protrusion im Bandscheibensegment L4/5 mit sekundärer Spinalkanalstenose berichtet. Er hat den GdB für die orthopädischen Erkrankungen auf 30 eingeschätzt.

Das SG hat ferner Dr. H., Facharzt für Neurologie, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 17.08.2010 hat Dr. H. bei der Klägerin anamnestisch erhoben, dass diese einmal pro Woche sehr traurig werde und weinen müsse. Psychopathologisch fänden sich, so Dr. H., keine Denkstörungen, keine depressiven Verstimmungen, keine kognitiven Leistungseinschränkungen und keine Hinweise auf Antriebsstörungen. Fachfremd hat Dr. H. eine freie Beweglichkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule bei einem negativen Lasègue`schen Zeichen befundet. Für die von ihm diagnostizierten anamnestischen Hinweise auf rezidivierende depressive Verstimmungszustände hat Dr. H. einen Einzel-GdB von 20 als angemessen erachtet.

Das SG hat sodann Dr. Amann, Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem chirurgischen Gutachten vom 24.10.2011 hat Dr. Amann von fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen im Wirbelsäulensegment C5/6 berichtet. Ferner hat er ein schwankendes, etwas verlangsamtes Gangbild der Klägerin beschrieben. Die Beweglichkeit der Kniegelenke hat er beidseitig mit 0-0-115 beschrieben und ausgeführt, der Bandapparat im Kniegelenk sei stabil, es bestünden keine Gelenkergüsse. Dr. Amman hat ein chronisches HWS-, BWS- und LWS-Syndrom, für welches er einen Einzel-GdB von 20 für angemessen erachtete, eine beidseitige Gonarthrose und einen Zustand nach Varizen-OP bei Restvarizen diagnostiziert und für die hierdurch bedingten funktionellen Einschränkungen einen Einzel-GdB von 30 angenommen (Bl. 96, 97 SG-Akte). Unter Berücksichtigung der bestehenden Depression und Hypertonie sei, so Dr. Amann, ein GdB von 50 angemessen.

Der Beklagte hat daraufhin unter dem 26.03.2012, gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Versorgungsarztes I. vom 22.03.2012, der einen GdB von 40 für angemessen erachtete, ein Vergleichsangebot vorgelegt, den GdB der Klägerin seit dem 03.02.2009 mit 40 festzustellen.

Die Klägerin ist dem Vergleichsangebot des Beklagten nicht beigetreten, woraufhin das SG Dr. J., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie - Psychotherapie, auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt hat. Dr. J. hat in seinem psychiatrischen Gutachten vom 01.10.2012 mitgeteilt, die Stimmung der Klägerin sei etwas gedrückt, die Schwingungsfähigkeit reduziert. Sie sei jedoch bewusstseinsklar, allzeit orientiert und zeige keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen. Sie sei in der Lage, sich ausreichend zu konzentrieren. Die bestehende chronisch-depressive Störung - vorwiegend somatisch - sei, so Dr. J., gegenwärtig leicht ausgeprägt. Da testpsychologisch eindeutig eine leichte Depression zu diagnostizieren sei, sei ein Einzel-GdB von 30 angemessen.

Nachdem der Beklagte der Einschätzung von Dr. J., gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 27.11.2012 entgegengetreten ist, hat Dr. J. unter dem 03.01.2013 ergänzend dahingehend Stellung genommen, dass die testpsychologische Befundung eindeutig nachgewiesen habe, dass bei der Klägerin eine depressive Störung vorliege, die den affektiven Psychosen zuzuordnen sei. Der Terminus der leichten depressiven Störung lade zu einer Verharmlosung ein, berechtige indes nicht dazu, die Erkrankung mit weniger als einem GdB von 30 zu bewerten.

Mit Gerichtsbescheid vom 18.04.2013 hat das SG den Beklagten sodann unter Abweisung der Klage im Übrigen, verurteilt, den GdB der Klägerin ab dem 03.02.2009 mit 40 festzustellen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass die psychische Erkrankung der Klägerin mit einem GdB von 20 zu berücksichtigen sei. Die vom Sachverständigen Dr. H. hierzu mitgeteilten psychischen Befunde ließen lediglich eine leichtgradige Funktionsbeeinträchtigung erkennen. Der Bewertung des Sachverständigen Dr. J. vermochte sich das SG nicht anzuschließen, da dieser nicht nachvollziehbar dargelegt habe, weshalb bei der Klägerin eine stärker behindernde Störung vorliege. Alleine der Umstand, dass die Klägerin nach Einschätzung von Dr. J. seit mehreren Jahren unter depressiven Phasen leide und nunmehr auch eine medikamentöse Behandlung eingeleitet worden sei, sei nicht geeignet, einen höheren GdB als 20 zu begründen. Hierbei sei insb. zu berücksichtigen, dass eine fachärztliche psychiatrische Behandlung offensichtlich nicht erfolge, die Beschwerden mithin nicht derart gravierend gewesen seien, dass der behandelnde Hausarzt Dr. A. eine Überweisung und Mitbetreuung durch einen Nervenarzt für erforderlich erachtet habe. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit einem GdB von 20 ausreichend bewertet. Der Sachverständige Dr. Amann habe in seinem Gutachten keine Befunde mitgeteilt, die eine wesentliche Bewegungseinschränkung an der HWS und der LWS begründen würden, er habe lediglich im Bereich der BWS von einer Einschränkung der Beweglichkeit (mangelnde Entfaltbarkeit) berichtet. Unter Berücksichtigung der von Dr. Amman befundeten diskreten Einengung des Spinalkanals und einer mäßigen Protrusion im Wirbelsäulensegment L4/L5 sei die Einschätzung des Gutachters nachvollziehbar. Die Gesundheitsstörungen der Klägerin im Bereich beider Kniegelenke und Füße seien gleichfalls mit einem GdB von 20 zu berücksichtigen. Dr. Amann habe eine Gonarthrose beidseits mit belastungsabhängigen Schmerzen bekundet, die von ihm mitgeteilten Bewegungsausmaße der Kniegelenke von 0/0/115° beidseitig bedingten jedoch keine über ein geringes Maß hinausgehende Bewegungseinschränkung. Die daneben bestehende Fußfehlform der Klägerin fließe in die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigung ein. Der gleichfalls bestehende Zustand nach Varizenoperation beidseitig mit Restvarizen und einer Lymphstauung sei mit einem GdB von 20 zu bewerten. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin häufige rezidivierende Entzündungen vorlägen, bestünden nicht. Die Bluthochdruckerkrankung könne hingegen lediglich mit einem Einzel-GdB von 10 in Ansatz gebracht werden, da keine über geringe Leistungsbeeinträchtigungen hinausgehende Folgeerkrankungen vorlägen. In Zusammenschau der vorliegenden Befunde sei ein GdB von 40 angemessen. Ein GdB von 50 liege hingegen, so das SG, nicht vor. Bei der Klägerin bestünden keine schwerwiegenden Erkrankungen, die unter Berücksichtigung weiterer Erkrankungen die Schwerbehinderteneigenschaft rechtfertigen könnten.

Mit Bescheid vom 06.05.2013 hat das LRA in Ausführung des Gerichtsbescheides des SG den GdB der Klägerin mit 40 seit dem 03.02.2009 festgestellt.

Gegen den am 29.04.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 27.05.2013 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung trägt die Klägerin vor, die Beurteilung des GdB habe sich an der Einschätzung des Dr. Amann zu orientieren, der die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit zutreffend mit einem GdB von 50 beurteilt habe. Im Besonderen sei die Zusammenfassung im Funktionssystem Beine nach Dr. Amann mit einem GdB von 30 zu bewerten. Auch habe der Gutachter Beeinträchtigungen in allen drei Wirbelsäulenabschnitten bekundet, sodass ein GdB von 20 eher zu gering bemessen sei. Im übrigen würde die Gesamtsituation sowohl durch die bei der Klägerin bestehende Adipositas als auch die Hypertonie- Erkrankung zusätzlich negativ beeinträchtigt. Auch die Einschätzung von Dr. J. betreffend der Beurteilung der psychischen Erkrankung sei zutreffend. Der Umstand, dass die Klägerin nicht in fachärztlicher Behandlung stehe, gründe im sozialen Hintergrund der Klägerin. Die Klägerin sehe sich einem erheblichen Leidensdruck ausgesetzt. Ein GdB von 30 sei daher angemessen, sodass insgesamt die Schwerbehinderteneigenschaft der Klägerin festzustellen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 18. April 2013 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2009 zu verurteilen, den bei ihr vorliegenden Grad der Behinderung seit dem 03. Februar 2009 mit 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung seines Antrages bringt der Beklagte vor, dass Dr. H. lediglich anamnestische Hinweise auf eine leichte rezidivierende depressive Störung festgestellt habe und eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht nachvollziehbar habe begründen können. Das SG sei daher zu Recht davon ausgegangen, dass auf psychiatrischem Fachgebiet ein GdB von 30 noch nicht erreicht werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die beim Beklagten für die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2014 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, führt jedoch in der Sache für die Klägerin nicht zum Erfolg.

Der Bescheid vom 06.05.2013 ist nicht nach § 96 Abs.1 SGG i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden, da er lediglich im Sinne einer vorläufigen Regelung dem erstinstanzlichen Gerichtsbescheid Rechnung trägt und insofern keine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) trifft (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 08.05.2013 - L 3 SB 2961/12 - m.w.N.).

Die Berufung ist unbegründet; das SG hat den Beklagten zu Recht verpflichtet, den GdB der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 26.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2009 ab dem 03.02.2009 mit 40 festzustellen. Der wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin ist durch die Feststellung eines GdB von 40 ausreichend Rechnung getragen. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die bei ihr vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 50 festzustellen sind.

Das SG hat die rechtlichen Grundlagen der GdB-Bewertung ausführlich und zutreffend dargelegt, es ist anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen ferner zu der nicht zu beanstandenden Einschätzung gelangt, dass ein GdB von 50 für die bei der Klägerin bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht gerechtfertigt ist. Der Senat schließt sich der Einschätzung des SG nach eigener Überprüfung an und sieht von einer Begründung seiner Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG ab.

Ergänzend ist lediglich auszuführen, dass der Senat für die bei der Klägerin bestehende psychische Erkrankung einen Einzel-GdB von mehr als 20 nicht für angemessen erachtet. Nach Ziff. 3.7 des Teils B der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs.1 und 3, § 30 Abs.1 und § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (Versorgungsmedizin-Verordnung) sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem Einzel-GdB von 0 bis 20, stärker behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Schmerzstörungen) mit einem solchen von 30 bis 40, schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsstörungen mit einem solchen von 50 bis 70 und solche mit schweren sozialen Anpassungsstörungen mit einem Einzel-GdB von 80 bis 100 zu bewerten. In Ansehung der von den gerichtlichen Sachverständigen Dr. J. und Dr. H. mitgeteilten psychopathologischen Befunde vermag auch der Senat eine stärker behindernde Störung, die eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bedingt und die einen Einzel-GdB von mehr als 20 rechtfertigen könnte, nicht anzunehmen. Sowohl Dr. J. als auch Dr. H. haben davon berichtet, dass bei der Klägerin weder formale noch inhaltliche Denkstörungen vorliegen, die Klägerin allseitig orientiert und bewusstseinsklar sei. Übereinstimmend haben die Gutachter lediglich von einer gedrückten Stimmung bzw., Dr. J. zusätzlich von einer reduzierten Schwingungsfähigkeit berichtet. Korrelierend hierzu haben sie die Beschwerdeschilderung der Klägerin dahingehend wiedergegeben, dass sie in regelmäßigen Abständen traurig werde, weinen müsse und hierbei viel nachdenke. Einzig diese Befunde rechtfertigen indes keinesfalls die Annahme einer stärker behindernden Störung. Ungeachtet davon, dass, worauf das SG bereits zutreffend hingewiesen hat, keine fachspezifische Behandlung stattfindet, woraus ersichtlich wird, dass die Klägerin keinen maßgeblichen Leidensdruck erfährt, vermag der Senat eine Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit nicht zu erkennen. Dies zeigt sich bereits daran, dass die Klägerin unverändert einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit im Zweischichtbetrieb nachgeht. Auch lassen sich aus den Bekundungen der Sachverständigen keine Rückzugstendenzen der Klägerin erkennen. Die psychische Verfassung, die, wie ausgeführt, einzig in der Dimension einer gedrückten Stimmung beeinträchtigt ist, ist daher nicht stärker beeinträchtigt, sodass die Berücksichtigung der psychischen Erkrankung mit einem höheren Einzel-GdB als 20 nicht gerechtfertigt ist.

Auch kann zur Überzeugung des Senats die Funktionsbeeinträchtigung der Klägerin im Funktionssystem "Beine/Füße" nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 20 berücksichtigt werden. Die Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke, des varikösen Komplexes sowie der Senk- und Spreizfüße wirken sich einheitlich auf die körperliche Funktionsfähigkeit aus, sodass diese zusammenzufassen sind (vgl. Teil A der VG Nr.2 e der VG). In Ansehung der hierzu vorliegenden Befunde, insbesondere der Kniegelenke, die eine Beweglichkeit beidseitig mit 0/0/115° wiedergeben, kann nach Ziff. 18.14 (S.117) der VG kein höherer Einzel-GdB als 20 berücksichtigt werden. Da diesbezüglich auch keine Gelenkergüsse vorliegen und ein stabiler Bandapparat besteht, ist lediglich von einer leichtgradigen Kniegelenkserkrankung auszugehen. In Zusammenschau dieser Erkrankung mit den weiteren Funktionsbeeinträchtigungen der unteren Extremitäten führt dies jedoch nicht zu einer maßgeblichen Beeinträchtigung, da, nach den Bekundungen des Gutachters Dr. Amann, lediglich ein etwas verlangsamtes, schwankendes Gangbild hieraus resultiert. Die fehlende maßgebliche Beeinträchtigung wird auch dadurch deutlich, dass die Klägerin bei komplexen Bewegungsabläufen wie dem Entkleiden keine Einschränkungen zeigt und keine orthopädischen Hilfsmittel benutzt werden. Ein Einzel-GdB für die Erkrankungen, wie er von Dr. Amann angenommen wird, ist daher zur Überzeugung des Senats nicht gerechtfertigt.

Die Erkrankung der Wirbelsäule kann, da lediglich leichtgradige Einschränkungen bestehen, in Ansehung von Ziff. 18.9 (S. 107) der VG nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 20 bewertet werden.

Die Bluthochdruckerkrankung rechtfertigt keinen höheren Einzel-GdB als 10, da keine maßgeblichen Beeinträchtigungen durch die Erkrankung ersichtlich sind.

In Zusammenschau der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen ist auch zur Überzeugung des Senats ein GdB von 50, wie beantragt, nicht angemessen. Die bei der Klägerin bestehenden Beeinträchtigungen sind mit denen, wie sie beim Verlust eines Armes im Unterarm oder dem Verlust eines Beines im Unterschenkel auftreten, nicht vergleichbar.

Die Berufung ist hiernach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs.2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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