Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 19 R 460/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 202/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein Sozialgericht hat vor der Entscheidung über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe von Amts wegen seine Zuständigkeit zu prüfen. Wird die örtliche Unzuständigkeit des Sozialgerichts erst bekannt, nachdem eine Ablehnung der Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten in der Sache stattgefunden hat, so ist der Beschluss auf zulässige Beschwerde des Antragstellers aufzuheben.
2. Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag bleibt in diesen Fällen dem örtlich zuständigen Sozialgericht vorbehalten.
2. Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag bleibt in diesen Fällen dem örtlich zuständigen Sozialgericht vorbehalten.
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 3. April 2013 aufgehoben.
Eine Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 12. November 2012 bleibt dem örtlich zuständigen Sozialgericht vorbehalten.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht.
Am 12. November 2012 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben, mit der sie einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Weiterbildung zur Lehrerin für Pflegeberufe, zur Berufspädagogin bzw. Heilpädagogin gegenüber der Beklagten weiter verfolgt. In der Klageschrift, die zugleich einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe enthielt, gab der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ihre Adresse mit "C-Straße, C-Stadt" an. Diese Adresse wurde von der Klägerin ebenfalls im Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, datiert auf den 12. November 2012, genannt.
Mit Beschluss vom 3. April 2013 lehnte das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage ab. Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8. April 2013 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 2. Mai 2013 Beschwerde vor dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung forderte das Gericht die Klägerin auf, weitere Angaben zu ihren finanziellen Verhältnissen zu machen, insbesondere zu Konten und den Wohnkosten. Die Klägerin legte daraufhin einen Bescheid über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) des Landratsamtes Würzburg, Jobcenter des Landkreises Würzburg, vom 25. April 2013 für den Bewilligungszeitraum ab dem 1. Mai 2013 vor. Der Bescheid ist an die Klägerin unter der Adresse "A-Straße, A-Stadt" adressiert. Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 11. Juli 2013 mit, die Klägerin habe sich von ihrem Ehemann getrennt und wohne nicht mehr unter der Adresse "C-Straße, C-Stadt" sondern unter der Adresse "A-Straße, A-Stadt". Auf weitere Nachfrage des Gerichts teilte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 17. September 2013 mit, die Klägerin wohne seit dem 1. November 2012 in A-Stadt.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 3. April 2013 aufzuheben und der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte S 19 R 460/12 und der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und teilweise begründet.
Nach § 114 Zivilprozessordnung (ZPO), der im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 73a SGG entsprechend gilt, erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist dabei verfassungskonform auszulegen, um eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu ermöglichen (st. Rspr. Des BVerfG: BVerfG vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347; BVerfG vom 2. Juli 2012 – 2 BvR 2377/10 m. w. N.).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe oder über die Beschwerde gegen dessen Ablehnung. Die Entscheidungsreife ist dabei regelmäßig gegeben, wenn der Antrag entsprechend den Vorgaben in § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 117, 118 ZPO unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und erforderlichen Belege gestellt ist und die übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt haben.
Hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO setzen die Zulässigkeit der Klage bzw. des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz voraus. Sie können dagegen nicht bereits deshalb verneint werden, wenn es an der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, der örtlichen oder der sachlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts mangelt, da für diesen Fall die Verweisungsvorschriften des § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) bzw. des § 98 SGG i.V.m. § 17a GVG von Amts wegen anzuwenden sind. Der Mangel der Zuständigkeit ist vom Gericht selbst zu beseitigen.
Bis zur Verweisung an das zuständige Gericht bleibt es bei der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Das bedeutet, dass eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe durch das zunächst angerufene Gericht bereits aus diesem Grunde formal fehlerhaft und auf Beschwerde des Antragstellers aufzuheben ist.
Vorliegend war das angerufene Sozialgericht Gießen nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG als Sozialgericht, in dessen Bezirk die Klägerin zur Zeit der Klageerhebung ihren Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort hat, örtlich zuständig. Die Klägerin stand zu diesem Zeitpunkt auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis an einem Beschäftigungsort im Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts Gießen nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGG. Denn die Klägerin war bereits vor Klageerhebung am 12. November 2012 nach Trennung von ihrem Ehemann aus der gemeinsamen Wohnung in C-Stadt ausgezogen und hatte ihren Wohnsitz am 1. November 2012 nach A-Stadt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts Würzburg verlegt. Für die örtliche Zuständigkeit ist dabei unbeachtlich, dass die Klägerin ihren Wohnsitz zunächst fehlerhaft angegeben und den Umzug vor Klageerhebung erst mit Schreiben vom 17. September 2013 gegenüber dem hiesigen Gericht angezeigt hat. Auf eine Kenntnis des Gerichts kommt es für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nicht an. Der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 3. April 2013 war daher aufzuheben (vgl. zu einem Mangel der örtlichen Zuständigkeit des Sozialgerichts im PKH-Beschwerdeverfahren auch LSG NRW, Beschluss vom 28. April 2011, L 5 KR 533/10 B).
Der Senat ist vorliegend nicht befugt, selbst über die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Denn der Senat ist ebenso wie das Sozialgericht Gießen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren der Klägerin örtlich nicht zuständig, da nicht einmal eine anderweitige örtliche Zuständigkeit in Hessen, d.h. im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Landessozialgericht, vorliegt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in diesen Fällen aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Verfahrensbeschleunigung eine Entscheidung des Senates in der Sache in Betracht kommt. Die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe obliegt vorliegend allein dem örtlich zuständigen Sozialgericht, das sowohl in der Hauptsache über die Erfolgsaussichten des Klagebegehrens als auch über die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden hat. Der weitergehende Antrag der Klägerin auf Gewährung der beantragten Prozesskostenhilfe war daher zurückzuweisen.
Das Sozialgericht wird von Amts wegen über den Rechtsweg zu entscheiden haben und ggfs. nach § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht verweisen. Diese Entscheidung hat vor einer erneuten Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe zu erfolgen (vgl. OLG Stuttgart, MDR 2011, 1200 = NJW-RR 2011, 1502; Lückemann, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, GVG, Vorbemerkung zu §§ 17-17b, Rn. 12; Wittschier, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, Rn. 5).
Eine unmittelbare Verweisung des Prozesskostenhilfeverfahrens nach § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG durch den Senat ist nicht möglich, da die Vorschriften der §§ 17 ff. GVG auf ein isoliertes Verfahren der Prozesskostenhilfe nicht anwendbar sind (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 2007, 1390; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. April 1995, 9 S 701/95, juris Rn. 3; sowie Lückemann, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, GVG, Vorbemerkung zu §§ 17-17b, Rn. 12 m.w.N. auch zur Gegenansicht; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl. 2014, GVG, § 17a, Rn. 3, 5; Zimmermann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, GVG, § 17a, Rn. 5; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, GVG, § 17a, Rn. 3). Im Hauptsacheverfahren besteht keine Bindung an die Rechtswegentscheidung des selbst nur nach summarischer Prüfung durchgeführten Prozesskostenhilfeverfahrens. Es bestünde somit die abstrakte Gefahr eines unzulässigen Auseinanderfallens von Hauptsache- und Prozesskostenhilfeverfahren. Das Prozesskostenhilfeverfahren kann daher nur gemeinsam mit der Hauptsache nach § 98 Satz SGG 1 i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
Eine Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe vom 12. November 2012 bleibt dem örtlich zuständigen Sozialgericht vorbehalten.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht.
Am 12. November 2012 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben, mit der sie einen Anspruch auf Kostenübernahme für eine Weiterbildung zur Lehrerin für Pflegeberufe, zur Berufspädagogin bzw. Heilpädagogin gegenüber der Beklagten weiter verfolgt. In der Klageschrift, die zugleich einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe enthielt, gab der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ihre Adresse mit "C-Straße, C-Stadt" an. Diese Adresse wurde von der Klägerin ebenfalls im Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, datiert auf den 12. November 2012, genannt.
Mit Beschluss vom 3. April 2013 lehnte das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Klage ab. Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 8. April 2013 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 2. Mai 2013 Beschwerde vor dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung forderte das Gericht die Klägerin auf, weitere Angaben zu ihren finanziellen Verhältnissen zu machen, insbesondere zu Konten und den Wohnkosten. Die Klägerin legte daraufhin einen Bescheid über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) des Landratsamtes Würzburg, Jobcenter des Landkreises Würzburg, vom 25. April 2013 für den Bewilligungszeitraum ab dem 1. Mai 2013 vor. Der Bescheid ist an die Klägerin unter der Adresse "A-Straße, A-Stadt" adressiert. Auf Nachfrage des Gerichts teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 11. Juli 2013 mit, die Klägerin habe sich von ihrem Ehemann getrennt und wohne nicht mehr unter der Adresse "C-Straße, C-Stadt" sondern unter der Adresse "A-Straße, A-Stadt". Auf weitere Nachfrage des Gerichts teilte der Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 17. September 2013 mit, die Klägerin wohne seit dem 1. November 2012 in A-Stadt.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 3. April 2013 aufzuheben und der Klägerin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte S 19 R 460/12 und der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und teilweise begründet.
Nach § 114 Zivilprozessordnung (ZPO), der im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 73a SGG entsprechend gilt, erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der unbestimmte Rechtsbegriff der hinreichenden Erfolgsaussicht ist dabei verfassungskonform auszulegen, um eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu ermöglichen (st. Rspr. Des BVerfG: BVerfG vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88 – BVerfGE 81, 347; BVerfG vom 2. Juli 2012 – 2 BvR 2377/10 m. w. N.).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe oder über die Beschwerde gegen dessen Ablehnung. Die Entscheidungsreife ist dabei regelmäßig gegeben, wenn der Antrag entsprechend den Vorgaben in § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. §§ 117, 118 ZPO unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und erforderlichen Belege gestellt ist und die übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt haben.
Hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO setzen die Zulässigkeit der Klage bzw. des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz voraus. Sie können dagegen nicht bereits deshalb verneint werden, wenn es an der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges, der örtlichen oder der sachlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts mangelt, da für diesen Fall die Verweisungsvorschriften des § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) bzw. des § 98 SGG i.V.m. § 17a GVG von Amts wegen anzuwenden sind. Der Mangel der Zuständigkeit ist vom Gericht selbst zu beseitigen.
Bis zur Verweisung an das zuständige Gericht bleibt es bei der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. Das bedeutet, dass eine Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe durch das zunächst angerufene Gericht bereits aus diesem Grunde formal fehlerhaft und auf Beschwerde des Antragstellers aufzuheben ist.
Vorliegend war das angerufene Sozialgericht Gießen nicht nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG als Sozialgericht, in dessen Bezirk die Klägerin zur Zeit der Klageerhebung ihren Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort hat, örtlich zuständig. Die Klägerin stand zu diesem Zeitpunkt auch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis an einem Beschäftigungsort im Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts Gießen nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGG. Denn die Klägerin war bereits vor Klageerhebung am 12. November 2012 nach Trennung von ihrem Ehemann aus der gemeinsamen Wohnung in C-Stadt ausgezogen und hatte ihren Wohnsitz am 1. November 2012 nach A-Stadt im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Sozialgerichts Würzburg verlegt. Für die örtliche Zuständigkeit ist dabei unbeachtlich, dass die Klägerin ihren Wohnsitz zunächst fehlerhaft angegeben und den Umzug vor Klageerhebung erst mit Schreiben vom 17. September 2013 gegenüber dem hiesigen Gericht angezeigt hat. Auf eine Kenntnis des Gerichts kommt es für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit nicht an. Der Beschluss des Sozialgerichts Gießen vom 3. April 2013 war daher aufzuheben (vgl. zu einem Mangel der örtlichen Zuständigkeit des Sozialgerichts im PKH-Beschwerdeverfahren auch LSG NRW, Beschluss vom 28. April 2011, L 5 KR 533/10 B).
Der Senat ist vorliegend nicht befugt, selbst über die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Denn der Senat ist ebenso wie das Sozialgericht Gießen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren der Klägerin örtlich nicht zuständig, da nicht einmal eine anderweitige örtliche Zuständigkeit in Hessen, d.h. im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Landessozialgericht, vorliegt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in diesen Fällen aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Verfahrensbeschleunigung eine Entscheidung des Senates in der Sache in Betracht kommt. Die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe obliegt vorliegend allein dem örtlich zuständigen Sozialgericht, das sowohl in der Hauptsache über die Erfolgsaussichten des Klagebegehrens als auch über die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden hat. Der weitergehende Antrag der Klägerin auf Gewährung der beantragten Prozesskostenhilfe war daher zurückzuweisen.
Das Sozialgericht wird von Amts wegen über den Rechtsweg zu entscheiden haben und ggfs. nach § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht verweisen. Diese Entscheidung hat vor einer erneuten Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe zu erfolgen (vgl. OLG Stuttgart, MDR 2011, 1200 = NJW-RR 2011, 1502; Lückemann, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, GVG, Vorbemerkung zu §§ 17-17b, Rn. 12; Wittschier, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, Rn. 5).
Eine unmittelbare Verweisung des Prozesskostenhilfeverfahrens nach § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG durch den Senat ist nicht möglich, da die Vorschriften der §§ 17 ff. GVG auf ein isoliertes Verfahren der Prozesskostenhilfe nicht anwendbar sind (vgl. OLG Karlsruhe, MDR 2007, 1390; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 4. April 1995, 9 S 701/95, juris Rn. 3; sowie Lückemann, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, GVG, Vorbemerkung zu §§ 17-17b, Rn. 12 m.w.N. auch zur Gegenansicht; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 72. Aufl. 2014, GVG, § 17a, Rn. 3, 5; Zimmermann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl. 2013, GVG, § 17a, Rn. 5; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, GVG, § 17a, Rn. 3). Im Hauptsacheverfahren besteht keine Bindung an die Rechtswegentscheidung des selbst nur nach summarischer Prüfung durchgeführten Prozesskostenhilfeverfahrens. Es bestünde somit die abstrakte Gefahr eines unzulässigen Auseinanderfallens von Hauptsache- und Prozesskostenhilfeverfahren. Das Prozesskostenhilfeverfahren kann daher nur gemeinsam mit der Hauptsache nach § 98 Satz SGG 1 i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs.1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 177 SGG.
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