Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 14/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Streitig ist eine weitergehende Erhöhung der durchschnittlichen RLV-relevanten Fallzahl der RLV-Arztgruppe zur Berechnung der Abstaffelung der RLV-Fallwerte.
Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin in W (Kreis X) niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 22.10.2010 gab die Beklagte seinem Antrag auf Erhöhung/Änderung des Regelleistungsvolumens (RLV) insoweit statt, als dass die Fallzahl der Vergleichsgruppe zur Berechnung der Abstaffelung ab dem 3. Quartal 2010 um 50 % erhöht wurde. Diese Regelung wurde auch im ganzen Jahr 2011 der Honorarabrechnung zugrunde gelegt.
Unter dem 28.01.2011 beantragte der Kläger für das Jahr 2011 eine Erhöhung der Fallzahl der Vergleichsgruppe um 100 %. Seine Fallzahl liege bei knapp 2.500 pro Quartal, die durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl seiner Arztgruppe bei ca. 800 pro Quartal. Es bedürfe einer höheren Quotierung, da trotz der bisher getroffenen Ausnahmeregelung noch immer im Durchschnitt über 800 Fälle mit dem abgestaffelten Fallwert von ca. 7,- EUR (für Fallzahlen über 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe) vergütet würden. Die Erhöhung sei aus Sicherstellungsgründen geboten. Der Begriff der Sicherstellung beziehe sich auf seine Verpflichtung, ein leistungsfähiges, dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechendes - bezogen auf die hausärztlichen Leistungen - Versorgungssystem jederzeit vorzuhalten. Die ganz erheblich nachgefragten hausärztlichen Leistungen und die damit zusammenhängenden Fallzahlen zeigten eindeutig, dass ein erhöhter Versorgungsbedarf im Einzugsbereich seiner Praxis bestehe.
Mit Bescheid vom 06.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 lehnte die Beklagte seinen Antrag ab: Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Fallwertzuschlages seien nicht gegeben. Aus Sicherstellungsgründen könne zwar im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes bei der Anwendung der Fallzahlabstaffelung beim RLV abgewichen werden. Sicherstellungsgründe seien vorliegend nicht gegeben, da im Postleitzahlenbereich 00000 W zwölf weitere Allgemeinmediziner tätig seien. Festzustellen sei auch, dass im 3. Quartal 2010 ein Honorarplus von 22,76 % zu verzeichnen sei; der Kläger sei daher nicht beschwert.
Hiergegen richtet sich die am 16.01.2012 erhobene Klage.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Nach den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses mit Wirkung zum 01.10.2010 könne aus Sicherstellungsgründen im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden Fall abgewichen werden. Bezüglich des Verfahrens der Umsetzung sollten sich die Partner der Gesamtverträge einigen. Mit der pauschalen 50 %igen Erhöhung der durchschnittlichen RLV-relevanten Fallzahl der Arztgruppe habe die Beklagte bereits einen Ausnahmesachverhalt bestätigt. Trotzdem finde aufgrund der weiterhin angewandten Abstaffelungsregelung bei der klägerischen Praxis mit weit überdurchschnittlichen Fallzahlen (über 310 %) keine angemessene Korrektur aufgrund des nachgewiesenen Versorgungsbedarfs statt. Würden nämlich die Fälle von anderen Hausärzten übernommen werden, würden diese sicherlich höhere Fallzahlen im Quartal aufweisen. Aufgrund der Verteilung würden daraus aber bei nahezu allen Hausärzten keine Fallzahlen entstehen, die über 150 % der durchschnittlichen Fallzahlen lägen. Damit würde es bei den Hausärzten in der unmittelbaren Umgebung des Klägers zu überhaupt keinen Abstaffelungen bezüglich des Fallwertes kommen. Lediglich die RLV der Hausärzte würden insgesamt steigen und damit auch die Höhe der Vergütung dieser Ärzte.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 06.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 über die Ablehnung der Erhöhung der Fallzahlen der Vergleichsgruppe zur Berechnung der Abstaffelung bezüglich der RLV im Jahre 2011 um 100 % aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn bezüglich der Festsetzung der Regelleistungsvolumina für die Quartale I/2011 bis IV/2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig.
Mit der gewährten Erhöhung der Fallzahl um 50 % sei dem Anliegen des Klägers mehr als hinreichend Rechnung getragen worden. Für Sicherstellungsgründe reiche ein Mehr an fachgruppentypischen Leistungen nicht aus. Vielmehr müssten in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden, typischerweise arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen, die eine besondere Zusatzqualifikation und eine besondere Praxisausstattung erforderten. Dafür sei hier nichts ersichtlich.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da dieser rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung.
Nach Teil F Ziffer 3.2.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 199. Sitzung am 22. September 2009 zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2010 erhält jeder Arzt einer Arztgruppe gemäß Anlage 1 ein arztgruppenspezifisches RLV. Die Höhe des RLV ergibt sich aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes und der RLV-Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal. Der für einen Arzt zutreffende arztgruppenspezifische Fallwert nach Satz 2 wird für jeden über 150 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden RLV-Fall wie folgt gemindert:
&61485; um 25 % für RLV-Fälle über 150 % bis 170 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe,
&61485; um 50 % für RLV-Fälle über 170 % bis 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe,
&61485;
&61485; um 75 % für RLV-Fälle über 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe.
Aus Sicherstellungsgründen kann im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes abgewichen werden. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge.
Insofern haben sich die Gesamtvertragspartner für die Quartale I/2011 bis III/2011 darauf verständigt, in § 6 Abs. 1 lit. c) HVV eine Ausnahmeregelung dahin zu treffen, dass aus Sicherstellungsgründen im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes bei der Anwendung der Fallzahlabstaffelung beim RLV abgewichen werden kann. Für das Quartal IV/2011 ist bestimmt, dass aus Sicherstellungsgründen im Einzelfall von der Regelung zur Anwendung der Fallzahlabstaffelung beim RLV (Anlage B3 Schritt 6 Abs. 1) abgewichen werden kann.
Diese Regelungen hat die Beklagte rechtsfehlerfrei angewandt, indem sie es bei einer 50 %igen Erhöhung der Fallzahl belassen hat.
Tatbestandlich hat sie hierzu im Widerspruchsbescheid ausgeführt, Sicherstellungsgründe seien vorliegend nicht gegeben, da im Postleitzahlenbereich 00000 W zwölf weitere Allgemeinmediziner tätig seien. Insofern ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass es auf die ermittel- und nachvollziehbaren besonderen Verhältnisse der einzelnen Praxis im Vergleich zur Fachgruppe ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R -). Die alleinige Benennung der Anzahl weiterer Leistungserbringer reicht zwar zur Verneinung eines Sicherstellungsbedarfs nicht aus. Sicherstellungsgründe erfordern aber, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM-Ä. Nicht ausreichend ist es, wenn der Vertragsarzt lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abrechnet (BSG a.a.O. Rn. 21 f.). Für eine besondere Spezialisierung in diesem Sinne hat der Kläger aber nichts vorgetragen; auch aus den Frequenztabellen geht insofern nichts hervor.
Selbst wenn die Beklagte aus anderen Gründen davon ausgegangen sein mag, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Abstaffelungsregelung vorgelegen haben, hat sie jedenfalls ermessensfehlerfrei entschieden, dass vom Umfang her eine weitere Erhöhung der Fallzahl als 50 % nicht vorzunehmen war.
Durch die Vorgabe von RLV - so das Ziel des Gesetzgebers - soll erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (BSG, Urteile vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R -; vom 06.02.2013 - B 6 KA 13/12 R -). Die Erhöhung der RLV-relevanten Fallzahl der Arztgruppe des Klägers um 50 % berücksichtigt diese Gesichtspunkte und verhindert gleichzeitig, dass der Kläger existenzbedrohende Honorarminderungen zu gewärtigen hat.
Am Beispiel des Quartals III/2011 wird dies sichtbar. Bei durchschnittlicher RLV-relevanter Fallzahl der Arztgruppe von 807,43 und einem Fallwert von 37,05 EUR beläuft sich das RLV auf 29.915,28 EUR (ohne Berücksichtigung von QZV und Gewichtungsfaktor Versichertenstruktur). Für den Kläger ist eine individuelle RLV-relevante Fallzahl von 2.268 zugrunde gelegt, d.h. sie beträgt 280,89 % der durchschnittlichen Fallzahl. Das RLV des Klägers beläuft sich in Anwendung der 50 %igen Fallzahlerhöhung auf 77.914,93 EUR (ohne Berücksichtigung von QZV und Gewichtungsfaktor Versichertenstruktur) und damit auf 260,45 % des regulären RLV. Damit geht die Erhöhung der Fallzahl fast synchron mit der Erhöhung des RLV. Eine weitergehende Freistellung von der Abstaffelungsregelung kann der Kläger nicht beanspruchen. Denn das Ziel, den Vertragsärzten Kalkulationssicherheit zu geben, charakterisiert (und rechtfertigt) unter der Geltung einer Budgetierung der Gesamtvergütungen jegliche Form von Honorarbegrenzungsregelungen (BSG, Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R - m.w.N. auf Begrenzungen durch Individualbudgets, Praxisbudgets, Teilbudgets, Fallzahlzuwachs-Begrenzungsregelungen, progressiven Honorareinbehalten, Richtgrößen- und Umsatzregelungen und Vorgaben gleich hoher Budgets für alle([Zahn-)Ärzte). Solchen Begrenzungen muss sich gerade ein weit überdurchschnittlich abrechnender Vertragsarzt stellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO.
Tatbestand:
Streitig ist eine weitergehende Erhöhung der durchschnittlichen RLV-relevanten Fallzahl der RLV-Arztgruppe zur Berechnung der Abstaffelung der RLV-Fallwerte.
Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin in W (Kreis X) niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 22.10.2010 gab die Beklagte seinem Antrag auf Erhöhung/Änderung des Regelleistungsvolumens (RLV) insoweit statt, als dass die Fallzahl der Vergleichsgruppe zur Berechnung der Abstaffelung ab dem 3. Quartal 2010 um 50 % erhöht wurde. Diese Regelung wurde auch im ganzen Jahr 2011 der Honorarabrechnung zugrunde gelegt.
Unter dem 28.01.2011 beantragte der Kläger für das Jahr 2011 eine Erhöhung der Fallzahl der Vergleichsgruppe um 100 %. Seine Fallzahl liege bei knapp 2.500 pro Quartal, die durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl seiner Arztgruppe bei ca. 800 pro Quartal. Es bedürfe einer höheren Quotierung, da trotz der bisher getroffenen Ausnahmeregelung noch immer im Durchschnitt über 800 Fälle mit dem abgestaffelten Fallwert von ca. 7,- EUR (für Fallzahlen über 200 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe) vergütet würden. Die Erhöhung sei aus Sicherstellungsgründen geboten. Der Begriff der Sicherstellung beziehe sich auf seine Verpflichtung, ein leistungsfähiges, dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechendes - bezogen auf die hausärztlichen Leistungen - Versorgungssystem jederzeit vorzuhalten. Die ganz erheblich nachgefragten hausärztlichen Leistungen und die damit zusammenhängenden Fallzahlen zeigten eindeutig, dass ein erhöhter Versorgungsbedarf im Einzugsbereich seiner Praxis bestehe.
Mit Bescheid vom 06.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 lehnte die Beklagte seinen Antrag ab: Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Fallwertzuschlages seien nicht gegeben. Aus Sicherstellungsgründen könne zwar im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes bei der Anwendung der Fallzahlabstaffelung beim RLV abgewichen werden. Sicherstellungsgründe seien vorliegend nicht gegeben, da im Postleitzahlenbereich 00000 W zwölf weitere Allgemeinmediziner tätig seien. Festzustellen sei auch, dass im 3. Quartal 2010 ein Honorarplus von 22,76 % zu verzeichnen sei; der Kläger sei daher nicht beschwert.
Hiergegen richtet sich die am 16.01.2012 erhobene Klage.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Nach den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses mit Wirkung zum 01.10.2010 könne aus Sicherstellungsgründen im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes für jeden über 150 % der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden Fall abgewichen werden. Bezüglich des Verfahrens der Umsetzung sollten sich die Partner der Gesamtverträge einigen. Mit der pauschalen 50 %igen Erhöhung der durchschnittlichen RLV-relevanten Fallzahl der Arztgruppe habe die Beklagte bereits einen Ausnahmesachverhalt bestätigt. Trotzdem finde aufgrund der weiterhin angewandten Abstaffelungsregelung bei der klägerischen Praxis mit weit überdurchschnittlichen Fallzahlen (über 310 %) keine angemessene Korrektur aufgrund des nachgewiesenen Versorgungsbedarfs statt. Würden nämlich die Fälle von anderen Hausärzten übernommen werden, würden diese sicherlich höhere Fallzahlen im Quartal aufweisen. Aufgrund der Verteilung würden daraus aber bei nahezu allen Hausärzten keine Fallzahlen entstehen, die über 150 % der durchschnittlichen Fallzahlen lägen. Damit würde es bei den Hausärzten in der unmittelbaren Umgebung des Klägers zu überhaupt keinen Abstaffelungen bezüglich des Fallwertes kommen. Lediglich die RLV der Hausärzte würden insgesamt steigen und damit auch die Höhe der Vergütung dieser Ärzte.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 06.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2011 über die Ablehnung der Erhöhung der Fallzahlen der Vergleichsgruppe zur Berechnung der Abstaffelung bezüglich der RLV im Jahre 2011 um 100 % aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn bezüglich der Festsetzung der Regelleistungsvolumina für die Quartale I/2011 bis IV/2011 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig.
Mit der gewährten Erhöhung der Fallzahl um 50 % sei dem Anliegen des Klägers mehr als hinreichend Rechnung getragen worden. Für Sicherstellungsgründe reiche ein Mehr an fachgruppentypischen Leistungen nicht aus. Vielmehr müssten in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden, typischerweise arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen, die eine besondere Zusatzqualifikation und eine besondere Praxisausstattung erforderten. Dafür sei hier nichts ersichtlich.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da dieser rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung.
Nach Teil F Ziffer 3.2.1 des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 199. Sitzung am 22. September 2009 zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2010 erhält jeder Arzt einer Arztgruppe gemäß Anlage 1 ein arztgruppenspezifisches RLV. Die Höhe des RLV ergibt sich aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes und der RLV-Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal. Der für einen Arzt zutreffende arztgruppenspezifische Fallwert nach Satz 2 wird für jeden über 150 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe hinausgehenden RLV-Fall wie folgt gemindert:
&61485; um 25 % für RLV-Fälle über 150 % bis 170 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe,
&61485; um 50 % für RLV-Fälle über 170 % bis 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe,
&61485;
&61485; um 75 % für RLV-Fälle über 200 % der durchschnittlichen RLV-Fallzahl der Arztgruppe.
Aus Sicherstellungsgründen kann im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes abgewichen werden. Über das Verfahren der Umsetzung einigen sich die Partner der Gesamtverträge.
Insofern haben sich die Gesamtvertragspartner für die Quartale I/2011 bis III/2011 darauf verständigt, in § 6 Abs. 1 lit. c) HVV eine Ausnahmeregelung dahin zu treffen, dass aus Sicherstellungsgründen im Einzelfall von der Minderung des Fallwertes bei der Anwendung der Fallzahlabstaffelung beim RLV abgewichen werden kann. Für das Quartal IV/2011 ist bestimmt, dass aus Sicherstellungsgründen im Einzelfall von der Regelung zur Anwendung der Fallzahlabstaffelung beim RLV (Anlage B3 Schritt 6 Abs. 1) abgewichen werden kann.
Diese Regelungen hat die Beklagte rechtsfehlerfrei angewandt, indem sie es bei einer 50 %igen Erhöhung der Fallzahl belassen hat.
Tatbestandlich hat sie hierzu im Widerspruchsbescheid ausgeführt, Sicherstellungsgründe seien vorliegend nicht gegeben, da im Postleitzahlenbereich 00000 W zwölf weitere Allgemeinmediziner tätig seien. Insofern ist sie im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass es auf die ermittel- und nachvollziehbaren besonderen Verhältnisse der einzelnen Praxis im Vergleich zur Fachgruppe ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R -). Die alleinige Benennung der Anzahl weiterer Leistungserbringer reicht zwar zur Verneinung eines Sicherstellungsbedarfs nicht aus. Sicherstellungsgründe erfordern aber, dass in besonderem Maße spezielle Leistungen erbracht werden. Dabei wird es sich typischerweise um arztgruppenübergreifend erbrachte spezielle Leistungen handeln, die eine besondere (Zusatz-)Qualifikation und eine besondere Praxisausstattung erfordern. Deutliches Indiz für einen solchen speziellen Leistungsbereich ist die entsprechende Ausweisung dieser Leistungen im EBM-Ä. Nicht ausreichend ist es, wenn der Vertragsarzt lediglich ein "Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen abrechnet (BSG a.a.O. Rn. 21 f.). Für eine besondere Spezialisierung in diesem Sinne hat der Kläger aber nichts vorgetragen; auch aus den Frequenztabellen geht insofern nichts hervor.
Selbst wenn die Beklagte aus anderen Gründen davon ausgegangen sein mag, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Abstaffelungsregelung vorgelegen haben, hat sie jedenfalls ermessensfehlerfrei entschieden, dass vom Umfang her eine weitere Erhöhung der Fallzahl als 50 % nicht vorzunehmen war.
Durch die Vorgabe von RLV - so das Ziel des Gesetzgebers - soll erreicht werden, dass die von den (Vertrags-)Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Durch die Vergütung der den Grenzwert überschreitenden Leistungen mit abgestaffelten Punktwerten soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen und zum anderen der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Leistungsausweitung begrenzt werden (BSG, Urteile vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R -; vom 06.02.2013 - B 6 KA 13/12 R -). Die Erhöhung der RLV-relevanten Fallzahl der Arztgruppe des Klägers um 50 % berücksichtigt diese Gesichtspunkte und verhindert gleichzeitig, dass der Kläger existenzbedrohende Honorarminderungen zu gewärtigen hat.
Am Beispiel des Quartals III/2011 wird dies sichtbar. Bei durchschnittlicher RLV-relevanter Fallzahl der Arztgruppe von 807,43 und einem Fallwert von 37,05 EUR beläuft sich das RLV auf 29.915,28 EUR (ohne Berücksichtigung von QZV und Gewichtungsfaktor Versichertenstruktur). Für den Kläger ist eine individuelle RLV-relevante Fallzahl von 2.268 zugrunde gelegt, d.h. sie beträgt 280,89 % der durchschnittlichen Fallzahl. Das RLV des Klägers beläuft sich in Anwendung der 50 %igen Fallzahlerhöhung auf 77.914,93 EUR (ohne Berücksichtigung von QZV und Gewichtungsfaktor Versichertenstruktur) und damit auf 260,45 % des regulären RLV. Damit geht die Erhöhung der Fallzahl fast synchron mit der Erhöhung des RLV. Eine weitergehende Freistellung von der Abstaffelungsregelung kann der Kläger nicht beanspruchen. Denn das Ziel, den Vertragsärzten Kalkulationssicherheit zu geben, charakterisiert (und rechtfertigt) unter der Geltung einer Budgetierung der Gesamtvergütungen jegliche Form von Honorarbegrenzungsregelungen (BSG, Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R - m.w.N. auf Begrenzungen durch Individualbudgets, Praxisbudgets, Teilbudgets, Fallzahlzuwachs-Begrenzungsregelungen, progressiven Honorareinbehalten, Richtgrößen- und Umsatzregelungen und Vorgaben gleich hoher Budgets für alle([Zahn-)Ärzte). Solchen Begrenzungen muss sich gerade ein weit überdurchschnittlich abrechnender Vertragsarzt stellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO.
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