Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 4583/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1572/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.03.2011 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Beklagte hat keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der am 1966 geborene Kläger absolvierte von 1981 bis 1984 eine Berufsausbildung zum Maurer. In diesem Beruf war er bis 2003 tätig. Danach erfolgte wegen orthopädischer Beeinträchtigungen von September 2004 bis Juli 2006 eine Umschulung zum Fahrradmechaniker. Diesen Beruf übte der Kläger drei Monate aus, seitdem ist er arbeitslos.
Auf Grund des Rentenantrages vom November 2006, den der Kläger mit Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und Hüfte begründete, veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. R ... Nach Untersuchung des Klägers im Januar 2007 diagnostizierte dieser ein wiederkehrendes Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei bekannten Bandscheibendegenerationen sowie - zusätzlich gegenüber einer ersten Begutachtung für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Juni 2003 (Bl. 251 ff. VerwA) - einen beginnenden Verschleiß des rechten Hüftgelenks (Bl. 107 ff. VerwA). Der Kläger sei jedoch noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Haltungswechsel mindestens sechs Stunden zu verrichten. Zu vermeiden seien eine überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg sowie Klettern und Steigen. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte die beantragte Rente mit Bescheid vom 30.01.2007 ab (Bl. 169 VerwA). Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 zurück (Bl. 291 VerwA).
Dagegen hat der Kläger am 27.08.2007, einem Montag, unter Hinweis auf eine deutliche Verschlechterung der Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der Hüfte Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Nach Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte bei dem Orthopäden Dr. M. (Bl. 27 f. SG-Akte), der leichte Tätigkeiten sechs Stunden für zumutbar gehalten hat, und dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. T. (Bl. 29 SG-Akte), der ohne Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme die Verrichtung leichterer Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nicht für möglich erachtet hat, hat das Sozialgericht eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehamedizin Dr. K. veranlasst (Bl. 60 ff. SG-Akte). Auch gegenüber dem Sachverständigen Dr. K. hat der Kläger ausschließlich ständige Rücken- und Kreuzschmerzen, besonders bei körperlicher Belastung, beklagt. Dr. K. hat - nach Untersuchung des Klägers im September 2008 - chronische Dorsalgien und Lumbalgien bei Zustand nach Morbus Scheuermann und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits diagnostiziert. Aus orthopädischer Sicht könnten jedoch noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten (max. 10 bis 15 kg) sowie ohne häufiges Bücken und Verharren in einseitiger Körperhaltung mindestens sechs Stunden am Tag ausgeübt werden. Tätigkeiten in Kälte, Nässe, im Freien sowie mit starken Temperaturschwankungen sollten unbedingt vermieden werden (Bl. 70 SG-Akte). Nachdem der Kläger dem Sachverständigen gegenüber erwähnt hatte, mit 14 Jahren stationär psychiatrisch behandelt worden zu sein (Bl. 61 SG-Akte), hat der Sachverständige zur endgültigen Beurteilung der Leistungsfähigkeit dringend eine fachpsychiatrische Begutachtung empfohlen.
Vor diesem Hintergrund hat das Gericht auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine weitere Begutachtung bei Dr. K. , Arzt in der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. , veranlasst (Bl. 101 ff. SG-Akte). Dr. K. hat bei seiner Untersuchung im März 2010 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, ängstlich-vermeidenden, emotional instabilen und schizotypischen Zügen, eine rezidivierende depressive Störung, aktuell mittelgradige Episode, eine Dysthymia, einen schädlichen Gebrauch von Alkohol, eine posttraumatische Belastungsstörung vor dem Hintergrund einer anhaltenden Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter sowie einen Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörungen mit funktionellen Anteilen und somatischen Kernbefunden diagnostiziert (Bl. 117 SG-Akte). Aus psychiatrischer Sicht hat der Sachverständige den Kläger nur noch in der Lage gesehen, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit von drei bis weniger als sechs Stunden täglich nachzugehen. Zusätzlich zu den bereits von Dr. K. genannten qualitativen Beeinträchtigungen aus orthopädischer Sicht seien mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung unbedingt zu vermeiden (Bl. 124 f. SG-Akte). Die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bestehe mindestens seit dem 23.03.2003, dem Zeitpunkt der orthopädischen Arbeitsunfähigkeit in seinem Beruf als Maurer. Wegen der bestehenden Persönlichkeitsstörung und der vorliegenden Komorbiditäten sei eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres zu erwarten. Trotz der aktuell restriktiven Haltung des Klägers hat der Sachverständige Dr. K. - in Anbetracht der erheblichen depressiven Symptomatik und des langjährigen Alkoholmissbrauchs - eine psychotherapeutische und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung dringend empfohlen (Bl. 125 SG-Akte).
In einer daraufhin von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme hat Med. Dir. L. ausgeführt, es sei bei adäquater psychopharmakologischer und psychotherapeutischer Behandlung innerhalb weniger Wochen mit einer deutlichen Besserung der depressiven Symptomatik und mit einer Stabilisierung der Leistungsfähigkeit auf ein vollschichtiges Niveau zu rechnen (Bl. 130 SG-Akte).
Das Sozialgericht Freiburg hat - bei Klageabweisung im Übrigen - die Beklagte mit Urteil vom 15.03.2011 verurteilt, dem Kläger - ausgehend von einem Leistungsfall am 11.03.2010, dem Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. K. - eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 zu gewähren. Nach Ansicht des Sozialgerichts - gestützt auf das psychiatrische Gutachten Dr. K. s und auf den persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung - ist der Kläger teilweise erwerbsgemindert, weshalb er wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts Anspruch auf eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2010 habe.
Die Beklagte hat gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg am 15.04.2011 unter Berufung auf die sozialmedizinische Stellungnahme ihres Beratungsarztes Med. Dir. L. Berufung eingelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.03.2011 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine Begutachtung durch Prof. Dr. E. , Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. , veranlasst (Bl. 76 ff. LSG-Akte). Der Sachverständige hat bei seiner Untersuchung im Januar 2013 auf psychiatrischem Fachgebiet eine depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und unter einem Missbrauch, differentialdiagnostisch unter einer Abhängigkeit von Substanzen, außerdem eine seit der Kindheit bestehende Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert (Bl. 85 LSG-Akte). Mit Blick auf die bestehenden Symptome einer depressiven Episode, verstärkt durch Substanzwirkungen, könne der Kläger aktuell wegen der Veränderungen von Antrieb, Denken und Kognition sowie Affektivität nur noch einfachste Tätigkeiten ohne geistige Ansprüche im Umfang von ca. vier Stunden ausführen (Bl. 85 f. LSG-Akte). Der zur quantitativen Leistungsminderung führende Alkoholmissbrauch könne allerdings durch eigene Willensentschlüsse oder unter ärztlicher Mithilfe ganz oder zum Teil überwunden werden, ebenso die rezidivierende depressive Störung mit Hilfe einer medikamentösen Therapie (Bl. 85 LSG-Akte).
Die zwischenzeitlich den Kläger seit Februar 2012 behandelnde psychologische Psychotherapeutin Dipl.-Psych. P. hat in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Senat (Bl. 103 LSG-Akte) bzw. einer vom Kläger vorgelegten Stellungnahme (Bl. 115 LSG-Akte) u.a. mitgeteilt, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, auch nur geringe berufliche Leistungsanforderungen zu erfüllen. Das maßgebliche Leiden liege im Fachbereich der Orthopädie (Bl. 103 LSG-Akte). Sie hat über einen Rückgang des Alkoholkonsums durch ihre Behandlung bzw. über eine Alkoholkarenz von acht Wochen berichtet (Bl. 115 LSG-Akte). Schließlich hat der Kläger einen Arztbrief des Arztes u.a. für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalyse und spezielle Schmerztherapie Dr. Dr. D. vorgelegt, bei dem er sich im Januar 2014 vorgestellt hat (Bl. 124 LSG-Akte). Dieser hat mitgeteilt, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, kontinuierliche körperliche und geistige Tätigkeiten über einen Zeitraum von über zwei bis drei Stunden hinaus wahrzunehmen. Auch eine Therapierbarkeit des komplexen Bedingungsgefüges körperlicher, psychischer, psychosomatischer sowie der zu Grunde liegenden biographischen Faktoren sei nach seiner Einschätzung mit hoher bis höchster Wahrscheinlichkeit nicht gegeben (Bl. 124 Rs. LSG-Akte).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht Freiburg hat die Beklagte zu Unrecht zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 verurteilt. Denn der Bescheid der Beklagten vom 30.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Trotz der bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet ist er im Sinne der maßgeblichen Rechtsvorschriften weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er ist - nach Aufnahme zumutbarer Behandlungen, dazu später - in der Lage, körperlich leichte bis teilweise mittelschwere und geistig einfache Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Zu vermeiden sind aus orthopädischer Sicht das Heben und Tragen schwerer Lasten über 10 bis 12 kg, häufiges Bücken und Verharren in einseitiger Körperhaltung, häufiges Klettern oder Steigen und Tätigkeiten in Kälte, Nässe, im Freien sowie mit starken Temperaturschwankungen. Psychisch sind dem Kläger mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung nicht mehr zuzumuten.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die vom Kläger zur Begründung seines Rentenantrags geltend gemachten orthopädischen Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und der Hüfte sowie die im weiteren Verlauf - auch im Rahmen der psychiatrischen Untersuchungen - als Hauptbeeinträchtigung beklagten Schmerzen (vgl. Bl. 77, 86 LSG-Akte) des Bewegungsapparates führen weder zu einer vollen noch teilweisen Erwerbsminderung. Davon ist der Senat nach Auswertung der orthopädischen Gutachten überzeugt. Dr. R. diagnostizierte ein wiederkehrendes Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei bekannten Bandscheiben-Degenerationen sowie einen beginnenden Verschleiß des rechten Hüftgelenks (Bl. 111 Rs. VerwA). Dem entsprechend hat der Sachverständige Dr. K. chronische Dorsalgien und Lumbalgien bei Zustand nach Morbus Scheuermann und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie eine beginnende Coxarthrose - allerdings beidseitig - festgestellt (Bl. 68 SG-Akte). Wesentliche Funktionseinschränkungen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes resultieren daraus jedoch nicht. So hat auch bei der letzten orthopädischen Begutachtung durch Dr. K. lediglich eine leichte Einschränkung der Entfaltbarkeit der Rumpfwirbelsäule (Schober 10/13) bestanden; außer einem Druckschmerz im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule sind keine Zeichen einer Wurzelreizsymptomatik ausgehend von der Lendenwirbelsäule bei unauffälligem peripher neurologischem Status nachweisbar gewesen (Bl. 69 SG-Akte). Hinsichtlich der beginnenden Coxarthrose beidseitig hat zwar eine um die Hälfte eingeschränkte Innenrotation beider Hüften bestanden, allerdings hat der Sachverständige auch noch eine fast vollständig erhaltene Beugefähigkeit bis zu 130°und eine Abduktionsfähigkeit von 30° festgestellt (Bl. 69 SG-Akte).
Auch der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. M. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht erklärt, die ihm vorliegenden orthopädischen Befunde schlössen keine leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich aus (Bl. 28 SG-Akte).
Soweit die seit 2012 behandelnde Dipl.-Psych. P. im Rahmen ihrer sachverständigen Zeugenauskunft erläutert hat, das nach ihrer Auffassung zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen führende maßgebliche Leiden des Klägers liege aktuell im Fachbereich der Orthopädie und seine zur Leistungsunfähigkeit führenden Gesundheitsstörungen bezögen sich sämtlich auf den fortschreitenden Verschleiß des Bewegungsapparates (Bl. 103 Rs. LSG-Akte), ist diese fachfremde Beurteilung angesichts der gegenteiligen übereinstimmenden Einschätzung aller mit der Begutachtung (Dr. R. , Dr. K. ) bzw. Behandlung (Dr. M. ) des Klägers befassten Ärzte widerlegt. Auch die Beratungsärztin der Beklagten Dr. D. , u.a. Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, hat auf die fehlende Plausibilität der Ausführungen der Dipl.-Psych. P. hingewiesen (Bl. 107 Rs. LSG-Akte).
Dies gilt auch für die Einschätzung des Hausarztes Dr. T. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht. Auch seine Auffassung, die orthopädischen Beschwerden stünden aktuell der Verrichtung leichterer Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegen (Bl. 29 SG-Akte), hat sich in der weiteren Sachaufklärung des Sozialgerichts (Gutachten Dr. K. ) nicht bestätigt.
Damit besteht auf orthopädischem Fachgebiet keine zeitliche Beschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die vorliegenden orthopädischen Einschränkungen führen - so die übereinstimmenden sozialmedizinischen Beurteilungen des Sachverständigen Dr. K. (Bl. 69 f. SG-Akte) und des Gutachters Dr. R. (Bl. 113 VerwA) - lediglich zu einer qualitativen Beschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers auf leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten (maximal 10 bis 15 kg), ohne häufiges Bücken und Verharren in einseitiger Körperhaltung sowie ohne häufiges Klettern oder Steigen. Zu vermeiden sind auch Tätigkeiten in Nässe, im Freien sowie mit starken Temperaturschwankungen.
Mit Blick auf die - erst im Laufe des Klageverfahrens in den Vordergrund der Beurteilung der Leistungsfähigkeit gerückten - Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet geht der Senat - insoweit zu Gunsten des Klägers - von einem derzeit auf unter sechs Stunden arbeitstäglich abgesunkenen Leistungsvermögen des Klägers aus. Dies entspricht den Leistungsbeurteilungen der Sachverständigen Dr. K. und Prof. Dr. E ... Beide schätzen das derzeitige Leistungsvermögen des Klägers auf lediglich noch drei bis weniger als sechs Stunden ein (Dr. K. Bl. 125 SG-Akte; Prof. Dr. E.: "ca. vier Stunden" Bl. 85 f. LSG-Akte).
Trotz Annahme eines derzeit auf unter sechs Stunden abgesunkenen Leistungsvermögens besteht im Falle des Klägers jedoch noch keine rentenrelevante Erwerbsminderung, da der Senat nicht davon überzeugt ist, dass diese durch psychische Störungen bedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit nach Beginn einer adäquaten und für den Kläger auch zumutbaren Behandlung voraussichtlich auf längere Dauer, d.h. für länger als sechs Monate, vorliegt. Denn seelisch bedingte Störungen scheiden für die Begründung einer Erwerbsminderung aus, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe (BSG, Urteil vom 21.10.1969, 11 RA 219/66 in SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO) sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann (BSG, Urteil vom 01.07.1964, 11/1 RA 158/61 in SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO), wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (BSG a.a.O.). Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20.10.2004, B 5 RJ 48/03 R).
Der Senat teilt in diesem Zusammenhang die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. E. , wonach sowohl der Alkoholmissbrauch als auch die rezidivierende depressive Störung als die Leistungsfähigkeit in erster Linie quantitativ beeinträchtigenden Faktoren innerhalb eines halben Jahres durch eigene Willensentschlüsse des Klägers und/oder unter (fach-)ärztlicher Mithilfe überwunden werden können (Bl. 84 f. LSG-Akte). Davon ist im Übrigen bereits der Med. Dir. L. ausgegangen, der bei adäquater Behandlung innerhalb weniger Wochen mit einer deutlichen Besserung der depressiven Symptomatik und mit der Stabilisierung der Leistungsfähigkeit auf vollschichtigem Niveau gerechnet hat (Bl. 130 Rs. SG-Akte). Zustimmung findet diese Einschätzung auch in der Stellungnahme der Beratungsärztin Dr. D. , die - bei Behandlung der Alkoholerkrankung und der depressiven Symptomatik - von einer keinesfalls zeitlich überdauernden quantitativen Leistungsminderung des Klägers ausgegangen ist (Bl. 94 Rs. LSG-Akte).
Mit Blick auf die mittelgradige (Dr. K. Bl. 117 SG-Akte; Prof. Dr. E. Bl. 81 LSG-Akte) depressive Erkrankung ist - darauf weisen der Sachverständige Prof. Dr. E. (Bl. 80, 84 LSG-Akte) und vorher bereits der Med. Dir. L. (Bl. 130 SG-Akte) ausdrücklich hin - noch nie ein Behandlungsversuch unternommen worden, obwohl diese medikamentös einer adäquaten Behandlung zugänglich ist. Eine schwere depressive Erkrankung hat kein Sachverständiger festgestellt, stationäre Interventionen sind bislang nicht für erforderlich gehalten worden. Auch Dr. Dr. D. , bei dem sich der Kläger erstmals im Januar 2014 vorgestellt hat, spricht von einer mittelgradigen depressiven Störung. Gründe, weshalb diese nicht medikamentös behandelbar sein sollte, nennt er nicht.
Bezüglich des Alkoholmissbrauchs, den der Kläger bei Dr. K. als "Versuch einer Selbstmedikation" (Bl. 110 SG-Akte) gerechtfertigt hat, ist darauf hinzuweisen, dass allein die bisherige, zumindest seit 2013 (Bl. 117 LSG-Akte: meist einmal monatlich) eher niederfrequente Psychotherapie nach Angaben der Dipl. -Psych. P. bereits zur einer Reduzierung des Alkoholkonsums und sogar zu einer achtwöchigen Alkoholkarenz geführt hat (Bl. 115 LSG-Akte). Im Grunde bestätigt die Behandlung des Klägers bei der Dipl.-Psych. Pingel, dass der Alkoholmissbrauch vom Kläger überwindbar ist. Dabei korrespondieren die Aussagen der behandelnden Psychotherapeutin mit den Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. E. , sich eine Abstinenz vorstellen zu können, ein bis zwei Jahre vor dessen Untersuchung im Januar 2013 für neun Wochen keinen Alkohol getrunken und während dieser Zeit etwas mehr Energie gehabt zu haben (Bl. 78 f. LSG-Akte).
Dabei kann offen bleiben, ob für die Beendigung des leistungslimitierenden Alkoholmissbrauchs überhaupt eine stationäre Behandlung des Klägers medizinisch notwendig oder letztlich nur sinnvoll ist. Jedenfalls ist der Senat nicht davon überzeugt, dass dem Kläger eine stationäre Behandlung nicht möglich wäre. Insoweit hat der Kläger zwar gegenüber Dr. K. angegeben, nicht mehr an einem anderen Ort schlafen zu können als in seinem eigenen Zimmer (Bl. 106 SG-Akte) und eine wohnortferne Unterkunft in einer Einrichtung sei für ihn kaum zu ertragen (Bl. 123 SG-Akte); gegenüber Prof. Dr. E. hat er ausgeführt, er wolle nicht in eine Klinik gehen, weil er es in Mehrbettzimmern nicht aushalte (Bl. 79 LSG-Akte). Allerdings verfügen entsprechende Einrichtungen zur Durchführung einer Alkoholentziehungsmaßnahme auch über Einzelzimmer; die Frage, ob der Kläger ein solches benötigen würde, wäre damit als medizinische im Rahmen des entsprechenden Verwaltungsverfahrens bzw. ggf. zu Beginn der Maßnahme vor Ort zu beantworten. Die Unmöglichkeit einer stationären Behandlung lässt sich aus den Einwänden des Klägers jedenfalls nicht ableiten.
Soweit die Dipl.-Psych. P. in diesem Zusammenhang davon spricht, eine stationäre Behandlung würde für den Kläger die Wiederholungssituation einer "Zwangsinternierung" aus der Kindheit (Bl. 115 LSG-Akte) bedeuten, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar und es wäre auch nicht verständlich. Es sind weder entsprechende Angaben des Klägers über ein derartig tiefgreifendes Empfinden erkennbar noch hat der Klägers Derartiges gegenüber den Sachverständigen Dr. K. und Prof. Dr. E. angegeben. Auch die - pauschale und nicht weiter begründete - Behauptung des zwischenzeitlich behandelnden Dr. Dr. D. , eine Rehabilitationsfähigkeit des Klägers bestehe nicht (Bl. 124 Rs. LSG-Akte), ändert daran nichts. Überdies war der Kläger trotz seiner Kindheitserfahrungen im Jahr 2002 in der Lage, eine vierwöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit orthopädischem Schwerpunkt zu absolvieren (Bl. 32 ff. SG-Akte), ohne dass die außerhäusige Unterbringung - dies ist dem damaligen Entlassungsbericht zu entnehmen: "keine besonderen Vorkommnisse" (Bl. 41 SG-Akte) - ansatzweise zu Problemen geführt hätte.
Nicht überzeugt ist der Senat von der Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. , die depressive Erkrankung und der Alkoholmissbrauch könnten nicht innerhalb von sechs Monaten behoben oder insoweit gebessert werden, dass eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes erreicht werden könnte. Dr. K. hat seine Einschätzung nicht begründet, sondern behauptet lediglich, eine wesentliche Besserung des klägerischen Gesundheitszustandes sei vor dem Hintergrund der bestehenden Persönlichkeitsstörung und der vorliegenden Komorbiditäten voraussichtlich innerhalb eines Jahres nicht zu erwarten (Bl. 125 SG-Akte). Darüber hinaus bestehen durchschlagende Zweifel an der Richtigkeit seiner Diagnosen, was die Zweifel an der Richtigkeit seiner Prognose verstärkt. Soweit Dr. K. eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert hat (Bl. 124 SG-Akte), hat die Beratungsärztin Dr. D. eingewandt, dass der psychischen Befunderhebung durch beide gerichtliche Sachverständige nicht die entsprechende Symptomatik einer PTBS nach ICD-10-Kriterien zu entnehmen ist. Insbesondere fehlten u.a. spezifische Intrusionen, Konzentrations- und Auffassungsstörungen und eine emotionale Abgestumpftheit des Klägers (Bl. 94 Rs. LSG-Akte). Dementsprechend hat auch Prof. Dr. E. die Diagnose einer PTBS nicht bestätigt (Bl. 84 f. LSG-Akte).
Soweit Dr. K. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, ängstlich-vermeidenden, ängstlich instabilen und schizotypischen Zügen diagnostiziert hat, hat Prof. Dr. E. die zu dieser Diagnose führenden Befunde unter der Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gefasst und - wie bereits der Med. Dir. L. (Bl. 130 SG-Akte) und später auch Dr. D. (Bl. 94 LSG-Akte) - darauf hingewiesen, dass der Kläger diese Störung bereits in das Erwerbsleben eingebracht hat, er trotz dieser Störung in der Vergangenheit langjährig gearbeitet hat und daraus auch gegenwärtig keinerlei quantitative Leistungsminderung resultiere (Bl. 84 LSG-Akte).
Schließlich kann auch die von Dr. K. festgestellte Verdachtsdiagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung der Leistungsbeurteilung des Klägers nicht zu Grunde gelegt werden. Zum einen muss eine solche Erkrankung nachgewiesen sein; die Äußerung des Verdachts auf das Bestehen einer Erkrankung genügt nicht. Zum anderen hat Dr. K. außer Acht gelassen, dass die vom Kläger angegebenen Schmerzzustände durch die orthopädischen Gesundheitsstörungen hinreichend erklärt sind, was gegen das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung spricht, nachdem diese geprägt ist von körperlichen Beschwerden, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Nach Dr. K. sind die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden jedoch glaubhaft und können einem entsprechenden klinischen und röntgenologischen Korrelat zugeordnet werden (Bl. 68 SG-Akte). Eine vermehrte Schmerzwahrnehmung im Zusammenhang mit orthopädischen Beschwerden hat zwar auch Prof. Dr. E. angenommen, diese aber der depressiven Störung zugeordnet und eine somatoforme Schmerzstörung verneint (Bl. 83 LSG-Akte). Zusätzliche quantitative Leistungseinbußen durch die psychisch induzierten vermehrten Schmerzen hat er angesichts der von orthopädischer Seite angenommenen Einschränkungen jedoch nicht angenommen (Bl. 86 LSG-Akte).
Zusammenfassend verbleiben vor diesem Hintergrund auf psychischem Fachgebiet ein ADHS, eine Persönlichkeitsstörung, ohne leistungslimitierende Bedeutung, eine mittelgradige depressive Störung und der Alkoholmissbrauch. Wie dargelegt, ist der Senat auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. E. und des von der behandelnden Psychotherapeutin Dipl.-Psych. P. mitgeteilten Behandlungs(teil)erfolges davon überzeugt, dass der Kläger bei zumutbarer Willensanstrengung und ggf. unter ärztlicher Mithilfe seinen Alkoholkonsum einschränken oder sogar aufgeben kann. Die depressive Erkrankung ist - im Anschluss an die Ausführungen Prof. Dr. E. s - einer medikamentösen Behandlung zugänglich.
Im Ergebnis ist deshalb mit Prof. Dr. E. sowie den Beratungsärzten Med. Dir. L. und Dr. D. nicht davon auszugehen, dass die leistungslimitierenden psychischen Erkrankungen des Klägers nicht innerhalb von sechs Monaten so weit gebessert werden können, dass die aus ihnen abgeleitete zeitliche Leistungseinschränkung entfällt. Den noch verbleibenden psychischen Leistungseinschränkungen ist dadurch Rechnung zu tragen, dass dem Kläger mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung nicht mehr zuzumuten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Die Beklagte hat keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der am 1966 geborene Kläger absolvierte von 1981 bis 1984 eine Berufsausbildung zum Maurer. In diesem Beruf war er bis 2003 tätig. Danach erfolgte wegen orthopädischer Beeinträchtigungen von September 2004 bis Juli 2006 eine Umschulung zum Fahrradmechaniker. Diesen Beruf übte der Kläger drei Monate aus, seitdem ist er arbeitslos.
Auf Grund des Rentenantrages vom November 2006, den der Kläger mit Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und Hüfte begründete, veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. R ... Nach Untersuchung des Klägers im Januar 2007 diagnostizierte dieser ein wiederkehrendes Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei bekannten Bandscheibendegenerationen sowie - zusätzlich gegenüber einer ersten Begutachtung für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Juni 2003 (Bl. 251 ff. VerwA) - einen beginnenden Verschleiß des rechten Hüftgelenks (Bl. 107 ff. VerwA). Der Kläger sei jedoch noch in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten im Haltungswechsel mindestens sechs Stunden zu verrichten. Zu vermeiden seien eine überwiegend einseitige Körperhaltung, häufiges Bücken, Tragen von Lasten über 10 bis 12 kg sowie Klettern und Steigen. Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte die beantragte Rente mit Bescheid vom 30.01.2007 ab (Bl. 169 VerwA). Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2007 zurück (Bl. 291 VerwA).
Dagegen hat der Kläger am 27.08.2007, einem Montag, unter Hinweis auf eine deutliche Verschlechterung der Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule und der Hüfte Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Nach Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte bei dem Orthopäden Dr. M. (Bl. 27 f. SG-Akte), der leichte Tätigkeiten sechs Stunden für zumutbar gehalten hat, und dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. T. (Bl. 29 SG-Akte), der ohne Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme die Verrichtung leichterer Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich nicht für möglich erachtet hat, hat das Sozialgericht eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehamedizin Dr. K. veranlasst (Bl. 60 ff. SG-Akte). Auch gegenüber dem Sachverständigen Dr. K. hat der Kläger ausschließlich ständige Rücken- und Kreuzschmerzen, besonders bei körperlicher Belastung, beklagt. Dr. K. hat - nach Untersuchung des Klägers im September 2008 - chronische Dorsalgien und Lumbalgien bei Zustand nach Morbus Scheuermann und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits diagnostiziert. Aus orthopädischer Sicht könnten jedoch noch leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen von schweren Lasten (max. 10 bis 15 kg) sowie ohne häufiges Bücken und Verharren in einseitiger Körperhaltung mindestens sechs Stunden am Tag ausgeübt werden. Tätigkeiten in Kälte, Nässe, im Freien sowie mit starken Temperaturschwankungen sollten unbedingt vermieden werden (Bl. 70 SG-Akte). Nachdem der Kläger dem Sachverständigen gegenüber erwähnt hatte, mit 14 Jahren stationär psychiatrisch behandelt worden zu sein (Bl. 61 SG-Akte), hat der Sachverständige zur endgültigen Beurteilung der Leistungsfähigkeit dringend eine fachpsychiatrische Begutachtung empfohlen.
Vor diesem Hintergrund hat das Gericht auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine weitere Begutachtung bei Dr. K. , Arzt in der Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. , veranlasst (Bl. 101 ff. SG-Akte). Dr. K. hat bei seiner Untersuchung im März 2010 eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, ängstlich-vermeidenden, emotional instabilen und schizotypischen Zügen, eine rezidivierende depressive Störung, aktuell mittelgradige Episode, eine Dysthymia, einen schädlichen Gebrauch von Alkohol, eine posttraumatische Belastungsstörung vor dem Hintergrund einer anhaltenden Traumatisierung im Kindes- und Jugendalter sowie einen Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörungen mit funktionellen Anteilen und somatischen Kernbefunden diagnostiziert (Bl. 117 SG-Akte). Aus psychiatrischer Sicht hat der Sachverständige den Kläger nur noch in der Lage gesehen, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit von drei bis weniger als sechs Stunden täglich nachzugehen. Zusätzlich zu den bereits von Dr. K. genannten qualitativen Beeinträchtigungen aus orthopädischer Sicht seien mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung unbedingt zu vermeiden (Bl. 124 f. SG-Akte). Die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit bestehe mindestens seit dem 23.03.2003, dem Zeitpunkt der orthopädischen Arbeitsunfähigkeit in seinem Beruf als Maurer. Wegen der bestehenden Persönlichkeitsstörung und der vorliegenden Komorbiditäten sei eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes voraussichtlich nicht innerhalb eines Jahres zu erwarten. Trotz der aktuell restriktiven Haltung des Klägers hat der Sachverständige Dr. K. - in Anbetracht der erheblichen depressiven Symptomatik und des langjährigen Alkoholmissbrauchs - eine psychotherapeutische und gegebenenfalls medikamentöse Behandlung dringend empfohlen (Bl. 125 SG-Akte).
In einer daraufhin von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahme hat Med. Dir. L. ausgeführt, es sei bei adäquater psychopharmakologischer und psychotherapeutischer Behandlung innerhalb weniger Wochen mit einer deutlichen Besserung der depressiven Symptomatik und mit einer Stabilisierung der Leistungsfähigkeit auf ein vollschichtiges Niveau zu rechnen (Bl. 130 SG-Akte).
Das Sozialgericht Freiburg hat - bei Klageabweisung im Übrigen - die Beklagte mit Urteil vom 15.03.2011 verurteilt, dem Kläger - ausgehend von einem Leistungsfall am 11.03.2010, dem Zeitpunkt der Untersuchung bei Dr. K. - eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 zu gewähren. Nach Ansicht des Sozialgerichts - gestützt auf das psychiatrische Gutachten Dr. K. s und auf den persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung - ist der Kläger teilweise erwerbsgemindert, weshalb er wegen Verschlossenheit des Teilzeitarbeitsmarkts Anspruch auf eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.10.2010 habe.
Die Beklagte hat gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg am 15.04.2011 unter Berufung auf die sozialmedizinische Stellungnahme ihres Beratungsarztes Med. Dir. L. Berufung eingelegt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15.03.2011 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat eine Begutachtung durch Prof. Dr. E. , Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums F. , veranlasst (Bl. 76 ff. LSG-Akte). Der Sachverständige hat bei seiner Untersuchung im Januar 2013 auf psychiatrischem Fachgebiet eine depressive Episode im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung und unter einem Missbrauch, differentialdiagnostisch unter einer Abhängigkeit von Substanzen, außerdem eine seit der Kindheit bestehende Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert (Bl. 85 LSG-Akte). Mit Blick auf die bestehenden Symptome einer depressiven Episode, verstärkt durch Substanzwirkungen, könne der Kläger aktuell wegen der Veränderungen von Antrieb, Denken und Kognition sowie Affektivität nur noch einfachste Tätigkeiten ohne geistige Ansprüche im Umfang von ca. vier Stunden ausführen (Bl. 85 f. LSG-Akte). Der zur quantitativen Leistungsminderung führende Alkoholmissbrauch könne allerdings durch eigene Willensentschlüsse oder unter ärztlicher Mithilfe ganz oder zum Teil überwunden werden, ebenso die rezidivierende depressive Störung mit Hilfe einer medikamentösen Therapie (Bl. 85 LSG-Akte).
Die zwischenzeitlich den Kläger seit Februar 2012 behandelnde psychologische Psychotherapeutin Dipl.-Psych. P. hat in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Senat (Bl. 103 LSG-Akte) bzw. einer vom Kläger vorgelegten Stellungnahme (Bl. 115 LSG-Akte) u.a. mitgeteilt, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, auch nur geringe berufliche Leistungsanforderungen zu erfüllen. Das maßgebliche Leiden liege im Fachbereich der Orthopädie (Bl. 103 LSG-Akte). Sie hat über einen Rückgang des Alkoholkonsums durch ihre Behandlung bzw. über eine Alkoholkarenz von acht Wochen berichtet (Bl. 115 LSG-Akte). Schließlich hat der Kläger einen Arztbrief des Arztes u.a. für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Psychoanalyse und spezielle Schmerztherapie Dr. Dr. D. vorgelegt, bei dem er sich im Januar 2014 vorgestellt hat (Bl. 124 LSG-Akte). Dieser hat mitgeteilt, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, kontinuierliche körperliche und geistige Tätigkeiten über einen Zeitraum von über zwei bis drei Stunden hinaus wahrzunehmen. Auch eine Therapierbarkeit des komplexen Bedingungsgefüges körperlicher, psychischer, psychosomatischer sowie der zu Grunde liegenden biographischen Faktoren sei nach seiner Einschätzung mit hoher bis höchster Wahrscheinlichkeit nicht gegeben (Bl. 124 Rs. LSG-Akte).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht Freiburg hat die Beklagte zu Unrecht zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 01.10.2010 bis 30.09.2013 verurteilt. Denn der Bescheid der Beklagten vom 30.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.07.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Trotz der bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet ist er im Sinne der maßgeblichen Rechtsvorschriften weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er ist - nach Aufnahme zumutbarer Behandlungen, dazu später - in der Lage, körperlich leichte bis teilweise mittelschwere und geistig einfache Tätigkeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Zu vermeiden sind aus orthopädischer Sicht das Heben und Tragen schwerer Lasten über 10 bis 12 kg, häufiges Bücken und Verharren in einseitiger Körperhaltung, häufiges Klettern oder Steigen und Tätigkeiten in Kälte, Nässe, im Freien sowie mit starken Temperaturschwankungen. Psychisch sind dem Kläger mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung nicht mehr zuzumuten.
Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind.
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die vom Kläger zur Begründung seines Rentenantrags geltend gemachten orthopädischen Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und der Hüfte sowie die im weiteren Verlauf - auch im Rahmen der psychiatrischen Untersuchungen - als Hauptbeeinträchtigung beklagten Schmerzen (vgl. Bl. 77, 86 LSG-Akte) des Bewegungsapparates führen weder zu einer vollen noch teilweisen Erwerbsminderung. Davon ist der Senat nach Auswertung der orthopädischen Gutachten überzeugt. Dr. R. diagnostizierte ein wiederkehrendes Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei bekannten Bandscheiben-Degenerationen sowie einen beginnenden Verschleiß des rechten Hüftgelenks (Bl. 111 Rs. VerwA). Dem entsprechend hat der Sachverständige Dr. K. chronische Dorsalgien und Lumbalgien bei Zustand nach Morbus Scheuermann und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen sowie eine beginnende Coxarthrose - allerdings beidseitig - festgestellt (Bl. 68 SG-Akte). Wesentliche Funktionseinschränkungen für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes resultieren daraus jedoch nicht. So hat auch bei der letzten orthopädischen Begutachtung durch Dr. K. lediglich eine leichte Einschränkung der Entfaltbarkeit der Rumpfwirbelsäule (Schober 10/13) bestanden; außer einem Druckschmerz im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule sind keine Zeichen einer Wurzelreizsymptomatik ausgehend von der Lendenwirbelsäule bei unauffälligem peripher neurologischem Status nachweisbar gewesen (Bl. 69 SG-Akte). Hinsichtlich der beginnenden Coxarthrose beidseitig hat zwar eine um die Hälfte eingeschränkte Innenrotation beider Hüften bestanden, allerdings hat der Sachverständige auch noch eine fast vollständig erhaltene Beugefähigkeit bis zu 130°und eine Abduktionsfähigkeit von 30° festgestellt (Bl. 69 SG-Akte).
Auch der den Kläger behandelnde Orthopäde Dr. M. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht erklärt, die ihm vorliegenden orthopädischen Befunde schlössen keine leichte Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich aus (Bl. 28 SG-Akte).
Soweit die seit 2012 behandelnde Dipl.-Psych. P. im Rahmen ihrer sachverständigen Zeugenauskunft erläutert hat, das nach ihrer Auffassung zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen führende maßgebliche Leiden des Klägers liege aktuell im Fachbereich der Orthopädie und seine zur Leistungsunfähigkeit führenden Gesundheitsstörungen bezögen sich sämtlich auf den fortschreitenden Verschleiß des Bewegungsapparates (Bl. 103 Rs. LSG-Akte), ist diese fachfremde Beurteilung angesichts der gegenteiligen übereinstimmenden Einschätzung aller mit der Begutachtung (Dr. R. , Dr. K. ) bzw. Behandlung (Dr. M. ) des Klägers befassten Ärzte widerlegt. Auch die Beratungsärztin der Beklagten Dr. D. , u.a. Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, hat auf die fehlende Plausibilität der Ausführungen der Dipl.-Psych. P. hingewiesen (Bl. 107 Rs. LSG-Akte).
Dies gilt auch für die Einschätzung des Hausarztes Dr. T. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem Sozialgericht. Auch seine Auffassung, die orthopädischen Beschwerden stünden aktuell der Verrichtung leichterer Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entgegen (Bl. 29 SG-Akte), hat sich in der weiteren Sachaufklärung des Sozialgerichts (Gutachten Dr. K. ) nicht bestätigt.
Damit besteht auf orthopädischem Fachgebiet keine zeitliche Beschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die vorliegenden orthopädischen Einschränkungen führen - so die übereinstimmenden sozialmedizinischen Beurteilungen des Sachverständigen Dr. K. (Bl. 69 f. SG-Akte) und des Gutachters Dr. R. (Bl. 113 VerwA) - lediglich zu einer qualitativen Beschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers auf leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten (maximal 10 bis 15 kg), ohne häufiges Bücken und Verharren in einseitiger Körperhaltung sowie ohne häufiges Klettern oder Steigen. Zu vermeiden sind auch Tätigkeiten in Nässe, im Freien sowie mit starken Temperaturschwankungen.
Mit Blick auf die - erst im Laufe des Klageverfahrens in den Vordergrund der Beurteilung der Leistungsfähigkeit gerückten - Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet geht der Senat - insoweit zu Gunsten des Klägers - von einem derzeit auf unter sechs Stunden arbeitstäglich abgesunkenen Leistungsvermögen des Klägers aus. Dies entspricht den Leistungsbeurteilungen der Sachverständigen Dr. K. und Prof. Dr. E ... Beide schätzen das derzeitige Leistungsvermögen des Klägers auf lediglich noch drei bis weniger als sechs Stunden ein (Dr. K. Bl. 125 SG-Akte; Prof. Dr. E.: "ca. vier Stunden" Bl. 85 f. LSG-Akte).
Trotz Annahme eines derzeit auf unter sechs Stunden abgesunkenen Leistungsvermögens besteht im Falle des Klägers jedoch noch keine rentenrelevante Erwerbsminderung, da der Senat nicht davon überzeugt ist, dass diese durch psychische Störungen bedingte Einschränkung der Leistungsfähigkeit nach Beginn einer adäquaten und für den Kläger auch zumutbaren Behandlung voraussichtlich auf längere Dauer, d.h. für länger als sechs Monate, vorliegt. Denn seelisch bedingte Störungen scheiden für die Begründung einer Erwerbsminderung aus, die der Betroffene bei der ihm zuzumutenden Willensanspannung aus eigener Kraft oder unter ärztlicher Mithilfe (BSG, Urteil vom 21.10.1969, 11 RA 219/66 in SozR Nr. 76 zu § 1246 RVO) sogleich oder innerhalb eines halben Jahres überwinden kann (BSG, Urteil vom 01.07.1964, 11/1 RA 158/61 in SozR Nr. 39 zu § 1246 RVO), wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist (BSG a.a.O.). Für das tatsächliche Vorliegen von seelisch bedingten Störungen, ihre Unüberwindbarkeit aus eigener Kraft und ihre Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit trifft den Rentenbewerber die (objektive) Beweislast (BSG, Urteil vom 20.10.2004, B 5 RJ 48/03 R).
Der Senat teilt in diesem Zusammenhang die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. E. , wonach sowohl der Alkoholmissbrauch als auch die rezidivierende depressive Störung als die Leistungsfähigkeit in erster Linie quantitativ beeinträchtigenden Faktoren innerhalb eines halben Jahres durch eigene Willensentschlüsse des Klägers und/oder unter (fach-)ärztlicher Mithilfe überwunden werden können (Bl. 84 f. LSG-Akte). Davon ist im Übrigen bereits der Med. Dir. L. ausgegangen, der bei adäquater Behandlung innerhalb weniger Wochen mit einer deutlichen Besserung der depressiven Symptomatik und mit der Stabilisierung der Leistungsfähigkeit auf vollschichtigem Niveau gerechnet hat (Bl. 130 Rs. SG-Akte). Zustimmung findet diese Einschätzung auch in der Stellungnahme der Beratungsärztin Dr. D. , die - bei Behandlung der Alkoholerkrankung und der depressiven Symptomatik - von einer keinesfalls zeitlich überdauernden quantitativen Leistungsminderung des Klägers ausgegangen ist (Bl. 94 Rs. LSG-Akte).
Mit Blick auf die mittelgradige (Dr. K. Bl. 117 SG-Akte; Prof. Dr. E. Bl. 81 LSG-Akte) depressive Erkrankung ist - darauf weisen der Sachverständige Prof. Dr. E. (Bl. 80, 84 LSG-Akte) und vorher bereits der Med. Dir. L. (Bl. 130 SG-Akte) ausdrücklich hin - noch nie ein Behandlungsversuch unternommen worden, obwohl diese medikamentös einer adäquaten Behandlung zugänglich ist. Eine schwere depressive Erkrankung hat kein Sachverständiger festgestellt, stationäre Interventionen sind bislang nicht für erforderlich gehalten worden. Auch Dr. Dr. D. , bei dem sich der Kläger erstmals im Januar 2014 vorgestellt hat, spricht von einer mittelgradigen depressiven Störung. Gründe, weshalb diese nicht medikamentös behandelbar sein sollte, nennt er nicht.
Bezüglich des Alkoholmissbrauchs, den der Kläger bei Dr. K. als "Versuch einer Selbstmedikation" (Bl. 110 SG-Akte) gerechtfertigt hat, ist darauf hinzuweisen, dass allein die bisherige, zumindest seit 2013 (Bl. 117 LSG-Akte: meist einmal monatlich) eher niederfrequente Psychotherapie nach Angaben der Dipl. -Psych. P. bereits zur einer Reduzierung des Alkoholkonsums und sogar zu einer achtwöchigen Alkoholkarenz geführt hat (Bl. 115 LSG-Akte). Im Grunde bestätigt die Behandlung des Klägers bei der Dipl.-Psych. Pingel, dass der Alkoholmissbrauch vom Kläger überwindbar ist. Dabei korrespondieren die Aussagen der behandelnden Psychotherapeutin mit den Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. E. , sich eine Abstinenz vorstellen zu können, ein bis zwei Jahre vor dessen Untersuchung im Januar 2013 für neun Wochen keinen Alkohol getrunken und während dieser Zeit etwas mehr Energie gehabt zu haben (Bl. 78 f. LSG-Akte).
Dabei kann offen bleiben, ob für die Beendigung des leistungslimitierenden Alkoholmissbrauchs überhaupt eine stationäre Behandlung des Klägers medizinisch notwendig oder letztlich nur sinnvoll ist. Jedenfalls ist der Senat nicht davon überzeugt, dass dem Kläger eine stationäre Behandlung nicht möglich wäre. Insoweit hat der Kläger zwar gegenüber Dr. K. angegeben, nicht mehr an einem anderen Ort schlafen zu können als in seinem eigenen Zimmer (Bl. 106 SG-Akte) und eine wohnortferne Unterkunft in einer Einrichtung sei für ihn kaum zu ertragen (Bl. 123 SG-Akte); gegenüber Prof. Dr. E. hat er ausgeführt, er wolle nicht in eine Klinik gehen, weil er es in Mehrbettzimmern nicht aushalte (Bl. 79 LSG-Akte). Allerdings verfügen entsprechende Einrichtungen zur Durchführung einer Alkoholentziehungsmaßnahme auch über Einzelzimmer; die Frage, ob der Kläger ein solches benötigen würde, wäre damit als medizinische im Rahmen des entsprechenden Verwaltungsverfahrens bzw. ggf. zu Beginn der Maßnahme vor Ort zu beantworten. Die Unmöglichkeit einer stationären Behandlung lässt sich aus den Einwänden des Klägers jedenfalls nicht ableiten.
Soweit die Dipl.-Psych. P. in diesem Zusammenhang davon spricht, eine stationäre Behandlung würde für den Kläger die Wiederholungssituation einer "Zwangsinternierung" aus der Kindheit (Bl. 115 LSG-Akte) bedeuten, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar und es wäre auch nicht verständlich. Es sind weder entsprechende Angaben des Klägers über ein derartig tiefgreifendes Empfinden erkennbar noch hat der Klägers Derartiges gegenüber den Sachverständigen Dr. K. und Prof. Dr. E. angegeben. Auch die - pauschale und nicht weiter begründete - Behauptung des zwischenzeitlich behandelnden Dr. Dr. D. , eine Rehabilitationsfähigkeit des Klägers bestehe nicht (Bl. 124 Rs. LSG-Akte), ändert daran nichts. Überdies war der Kläger trotz seiner Kindheitserfahrungen im Jahr 2002 in der Lage, eine vierwöchige stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit orthopädischem Schwerpunkt zu absolvieren (Bl. 32 ff. SG-Akte), ohne dass die außerhäusige Unterbringung - dies ist dem damaligen Entlassungsbericht zu entnehmen: "keine besonderen Vorkommnisse" (Bl. 41 SG-Akte) - ansatzweise zu Problemen geführt hätte.
Nicht überzeugt ist der Senat von der Einschätzung des Sachverständigen Dr. K. , die depressive Erkrankung und der Alkoholmissbrauch könnten nicht innerhalb von sechs Monaten behoben oder insoweit gebessert werden, dass eine mindestens sechsstündige Erwerbstätigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes erreicht werden könnte. Dr. K. hat seine Einschätzung nicht begründet, sondern behauptet lediglich, eine wesentliche Besserung des klägerischen Gesundheitszustandes sei vor dem Hintergrund der bestehenden Persönlichkeitsstörung und der vorliegenden Komorbiditäten voraussichtlich innerhalb eines Jahres nicht zu erwarten (Bl. 125 SG-Akte). Darüber hinaus bestehen durchschlagende Zweifel an der Richtigkeit seiner Diagnosen, was die Zweifel an der Richtigkeit seiner Prognose verstärkt. Soweit Dr. K. eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) diagnostiziert hat (Bl. 124 SG-Akte), hat die Beratungsärztin Dr. D. eingewandt, dass der psychischen Befunderhebung durch beide gerichtliche Sachverständige nicht die entsprechende Symptomatik einer PTBS nach ICD-10-Kriterien zu entnehmen ist. Insbesondere fehlten u.a. spezifische Intrusionen, Konzentrations- und Auffassungsstörungen und eine emotionale Abgestumpftheit des Klägers (Bl. 94 Rs. LSG-Akte). Dementsprechend hat auch Prof. Dr. E. die Diagnose einer PTBS nicht bestätigt (Bl. 84 f. LSG-Akte).
Soweit Dr. K. eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit paranoiden, ängstlich-vermeidenden, ängstlich instabilen und schizotypischen Zügen diagnostiziert hat, hat Prof. Dr. E. die zu dieser Diagnose führenden Befunde unter der Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) gefasst und - wie bereits der Med. Dir. L. (Bl. 130 SG-Akte) und später auch Dr. D. (Bl. 94 LSG-Akte) - darauf hingewiesen, dass der Kläger diese Störung bereits in das Erwerbsleben eingebracht hat, er trotz dieser Störung in der Vergangenheit langjährig gearbeitet hat und daraus auch gegenwärtig keinerlei quantitative Leistungsminderung resultiere (Bl. 84 LSG-Akte).
Schließlich kann auch die von Dr. K. festgestellte Verdachtsdiagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung der Leistungsbeurteilung des Klägers nicht zu Grunde gelegt werden. Zum einen muss eine solche Erkrankung nachgewiesen sein; die Äußerung des Verdachts auf das Bestehen einer Erkrankung genügt nicht. Zum anderen hat Dr. K. außer Acht gelassen, dass die vom Kläger angegebenen Schmerzzustände durch die orthopädischen Gesundheitsstörungen hinreichend erklärt sind, was gegen das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung spricht, nachdem diese geprägt ist von körperlichen Beschwerden, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen. Nach Dr. K. sind die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden jedoch glaubhaft und können einem entsprechenden klinischen und röntgenologischen Korrelat zugeordnet werden (Bl. 68 SG-Akte). Eine vermehrte Schmerzwahrnehmung im Zusammenhang mit orthopädischen Beschwerden hat zwar auch Prof. Dr. E. angenommen, diese aber der depressiven Störung zugeordnet und eine somatoforme Schmerzstörung verneint (Bl. 83 LSG-Akte). Zusätzliche quantitative Leistungseinbußen durch die psychisch induzierten vermehrten Schmerzen hat er angesichts der von orthopädischer Seite angenommenen Einschränkungen jedoch nicht angenommen (Bl. 86 LSG-Akte).
Zusammenfassend verbleiben vor diesem Hintergrund auf psychischem Fachgebiet ein ADHS, eine Persönlichkeitsstörung, ohne leistungslimitierende Bedeutung, eine mittelgradige depressive Störung und der Alkoholmissbrauch. Wie dargelegt, ist der Senat auf Grund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. E. und des von der behandelnden Psychotherapeutin Dipl.-Psych. P. mitgeteilten Behandlungs(teil)erfolges davon überzeugt, dass der Kläger bei zumutbarer Willensanstrengung und ggf. unter ärztlicher Mithilfe seinen Alkoholkonsum einschränken oder sogar aufgeben kann. Die depressive Erkrankung ist - im Anschluss an die Ausführungen Prof. Dr. E. s - einer medikamentösen Behandlung zugänglich.
Im Ergebnis ist deshalb mit Prof. Dr. E. sowie den Beratungsärzten Med. Dir. L. und Dr. D. nicht davon auszugehen, dass die leistungslimitierenden psychischen Erkrankungen des Klägers nicht innerhalb von sechs Monaten so weit gebessert werden können, dass die aus ihnen abgeleitete zeitliche Leistungseinschränkung entfällt. Den noch verbleibenden psychischen Leistungseinschränkungen ist dadurch Rechnung zu tragen, dass dem Kläger mittelschwierige oder schwierige Tätigkeiten geistiger Art, Publikumsverkehr und besondere nervliche Beanspruchung nicht mehr zuzumuten sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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