Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 199/11
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Solange eine entsprechende Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht vorliegt, kommt ein Anspruch auf Durchführung der ambulanten Liposuktion zu Lasten der GKV nicht in Betracht.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenübernahme einer geplanten Liposuktion.
Die am 1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 29.03.2011 beantragte sie dort die Übernahme der Kosten für eine geplante Liposuktion unter Beifügung eines Arztbriefs der Uniklinik D-Stadt vom 06.09.2006, wonach der Klägerin wegen des psychischen Leidensdrucks durch Lipödeme die Vorstellung bei einem ästhetischen Chirurgen empfohlen worden sei sowie weiterer Arztbriefe der S.-Klinik vom 28.03.2007 zur durchgeführten Entstauungstherapie und eines ärztlichen Attests der L.-Fachklinik für ästhetische Chirurgie vom 23.04.2009, wonach im Januar 2008 bereits eine ambulante Liposuktion durchgeführt worden sei. Die Kosten von 4.425 EUR seien von der Klägerin selbst bezahlt worden. Daneben legte die Klägerin eine Bestätigung des Landratsamtes B-Stadt, Gesundheitsamt, zur Vorlage beim Finanzamt vor, wonach die 2009 durchgeführte Fettabsaugung medizinisch notwendig gewesen sei und zu einer erheblichen Besserung der Beschwerden der Klägerin geführt habe. Die Klägerin trug vor, sie habe zwischenzeitlich erneut dauerhaft Schmerzen an Oberarmen und Beinen durch Lipödeme, eine erneute Liposuktion sei daher erforderlich. Nach Einholung einer Stellungnahme des MDK vom 31.03.2011, wonach es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handle, die bisher vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht positiv bewertet worden sei und wonach auch durch die Liposuktion keine Heilung des Lipödems, dessen Ursache noch nicht bekannt sei, erfolgen könne, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.04.2011 die beantragte Kostenübernahme für die Liposuktion unter Verweisung auf die entsprechend der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Behandlung des Lipödems empfohlenen konservativen Maßnahmen ab. Den hiergegen am 13.04.2011 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2011 als unbegründet zurück.
Dagegen richtet sich die am 20.06.2011 zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage. Die Klägerin ist der Ansicht, dass, soweit eine Empfehlung des G-BA bezüglich der Liposuktion noch nicht vorliege, es sich um einen Systemmangel handle, der ihrem Behandlungsanspruch nicht entgegengehalten werden könne. Sie habe bereits Behandlungen mit den empfohlenen konservativen Maßnahmen, zum Teil auch auf eigene Kosten, durchgeführt, insbesondere auch eine stationäre Entstauungstherapie, die aber nur kurzfristig Erfolg gezeigt habe. Die weiter empfohlenen Maßnahmen, wie (mehrfach) tägliche Lymphdrainage und Kompressionstherapie sei im Alltag insbesondere auch hinsichtlich der beruflichen Anforderungen nicht praktikabel. Geholfen habe die auf eigene Kosten durchgeführte Liposuktion, die allerdings nicht ausreichend gewesen sei, soweit zwischenzeitlich alle vier Extremitäten, Bauch und Rücken betroffen seien, so dass entsprechende weitere Maßnahmen notwendig seien. Die Klägerin nimmt insoweit Bezug auf einen Arztbrief der Universitätsklinik D-Stadt vom 29.11.2011 zu den Diagnosen Lipomatose vom Schultergürtel-Nacken-Typ und schmerzhaftes Lipödem-Syndrom der Unterschenkel.
Auf Anfrage des Gerichts hat der G-BA am 25.05.2012 mitgeteilt, dass ein Antrag auf Prüfung der Liposuktion als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode bislang nicht vorliege und dementsprechend auch eine Empfehlung hierzu bislang nicht erteilt sei. Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichts der Hausärztin der Klägerin Dr. C., die angibt, es sei trotz seit ca. zehn Jahren konstantem Tragen von Kompressionsstrümpfen, Lymphdrainage und Bewegungstherapie mit Bestrumpfung eher zu einer Verschlechterung gekommen. Ob eine Liposuktion erforderlich sei, liege im Ermessen des operierenden Kollegen in Abhängigkeit des Ausmaßes der notwendigen Liposuktion und der möglichen postoperativen Komplikationen bei Hämatomneigung. Die Universitätsklinik D-Stadt hat auf entsprechende Anfrage des Gerichts zu den bereits im Arztbrief vom 29.11.2011 benannten Diagnosen angegeben, dass zunächst eine Gewichtsreduktion angeraten werde, dadurch könne aber eine Umfangsabnahme an den von der Lipomatose betroffenen Stellen, insbesondere an Oberarmen, Schultern und Nacken, nicht erreicht werden. Eine Liposuktion könne hier zu einer Reduktion des Fettgewebes führen, bezüglich des Lipödems der Unterschenkel könne eine Liposuktion eventuell zu einer Verbesserung der Symptomatik führen. Die bereits durchgeführten konservativen Therapien würden die Erkrankung nicht wesentlich beeinflussen. Eine Liposuktion sei daher prinzipiell sinnvoll, würde aber bei erneuter Gewichtszunahme zu einer hohen Rezidivrate führen. Die Frage, ob bei Durchführung einer Liposuktion diese stationär oder ambulant erfolgen solle, könne nicht beantwortet werden, da die Klinik selbst diese Maßnahmen nicht durchführe.
Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens durch Prof. Dr. F., Chefärztin der Klinik für am Klinikum A., das diese am 23.01.2013 nach Untersuchung der Klägerin vom 11.01.2013 erstellt hat. Die Klägerin befinde sich in gutem Allgemeinzustand und übergewichtigem Ernährungszustand bei einem Body-Maß-Index (BMI) von 33,7 kg/qm mit Adipositasgrad I. Die Klägerin trage Unterschenkel-Kompressionsstrümpfe der Klasse II bei symmetrischer Unterhaut-Fettgewebevermehrung an den Beinen beiderseits, den Oberarmen beidseits sowie am Nacken. An den Beinen seien insbesondere betroffen die Hüften und Oberschenkelaußenseiten, die Unterschenkel beidseits. Die Oberschenkelinnenseiten und Kniegelenksregion sei etwas schwächer betroffen nach bereits erfolgter Liposuktion 2008. Als begutachtungsrelevante Diagnosen seien festzustellen Lipohyperplasia dolorosa an den Ober- und Unterschenkeln beidseits sowie den Oberarmen beidseits mit beginnendem beidseitigem linksbetontem Lymphödem, Madelung-Fetthals, Adipositas Grad I und Zustand nach der ersten Sitzung einer Liposuktion an den Oberschenkelinnenseiten und Knien beidseits im Januar 2008. Aus dem von der Klägerin ausgefüllten Fragebogen zum dermatologischen Lebensqualität-Index lasse sich eine mittelstark eingeschränkte Lebensqualität durch die Hauterkrankung ableiten. Die Sachverständige führt unter Bezugnahme auf die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AwmF) zum Thema "Lipödem" vom Dezember 1998 bzw. Juni 2009 aus, dass, soweit die eigentliche Ursache der Erkrankung bislang nicht bekannt sei, es auch keine eigentliche kausale Behandlung gebe. Es werde unterschieden zwischen konservativen Maßnahmen einerseits, wie manuelle Lymphdrainage, Kompression, Bewegungstherapie und Hautpflege, die im Sinne einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie kombiniert würden und dem operativen Verfahren der Liposuktion andererseits. Durch konservative Maßnahmen sollen Umfangsreduktionen bis zu 12 % erreicht werden. Eine dauerhafte Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes sei aber hierdurch nicht möglich. Diese könne nur durch die Liposuktion erreicht werden. Klinisch relevante Schäden durch die Anwendung der Liposuktion hätten bislang nicht nachgewiesen werden können, wobei zwischenzeitlich Langzeitdaten von bis zu zehn Jahren vorlägen. Nach der derzeitigen Studienlage, wonach es durch die Liposuktion bei den untersuchten Patientinnen zu einer ausgeprägten Verbesserung der Lebensqualität und überwiegend auch zu einer Verringerung der weiter notwendigen konservativen Therapien gekommen sei, müsse die Methode der Liposuktion nun als anerkannte Methode der Schulmedizin angesehen werden. Bei der Klägerin seien im Hinblick darauf, dass es trotz frühzeitiger konservativer Therapien zur Progredienz der Erkrankung mit bereits beginnendem sekundärem Lymphödem gekommen sei, die konservativen Behandlungsmöglichkeiten auch als ausgeschöpft zu betrachten, so dass die Liposuktion nunmehr medizinisch notwendig sei, wobei aber eine Gewichtsreduktion die Vermeidung eines Rezidivs nach erfolgter Absaugung deutlich erleichtern würde. Die Sachverständige führt weiter aus, es handle sich bei der Lipödemerkrankung der Klägerin zwar nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung, aber um eine schwerwiegende Erkrankung, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtige durch Schwellungen, Schweregefühl, ziehende Schmerzen in den Armen und Beinen überwiegend bei Hitze und längerer orthostatischer Belastung, zunehmende Druckschmerzhaftigkeit und Blutergüssen an Armen und Beinen sowie Fehlbelastungen aufgrund der Fettschürzen an den Knieinnenseiten. Es handele sich um eine dynamisch fortschreitende Erkrankung, wobei begründete Aussicht bestehe, dass durch die Liposuktion ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte die Sachverständige mit ergänzender Stellungnahme vom 22.02.2013, dass grundsätzlich die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthalts weder erforderlich sei noch regelmäßig so durchgeführt würde. Auch bei der Klägerin ergebe sich kein erhöhtes postoperatives Risiko, welches eine stationäre Überwachung erfordern würde, ein stationärer Aufenthalt der Klägerin zur Durchführung der Liposuktion sei daher medizinisch nicht erforderlich.
Auf erneute Rückfrage des Gerichts hat der G-BA mit Schreiben vom 05.06.2013 mitgeteilt, dass weiterhin ein Antrag und eine Empfehlung der Liposuktion zur Behandlung von Lipödemen als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht vorliegen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte könne sich auf die fehlende Empfehlung des G-BA nicht berufen, soweit sie selbst, jedenfalls die kassenärztlichen Verbände, denen die Beklagte angehört, eine entsprechende Prüfung veranlassen müssten. Soweit trotz der langjährigen Durchführung der Liposuktion und resultierenden Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der Kostenübernahme bislang ein Antrag zur Prüfung durch den G-BA nicht veranlasst worden sei, handele es sich um ein Systemversagen, das sich die gesetzlichen Krankenkassen auch zurechnen lassen müssten. Hilfsweise sei, soweit für die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthalts kein Erlaubnisvorbehalt bestehe, der Klägerin die Liposuktion im Rahmen einer stationären Maßnahme zu gewähren. Die Klägerin sei jedenfalls nicht ausschließlich ambulant zu behandeln. Nach den Leitlinien zur Liposuktion der Gesellschaft für ästhetische Chirurgie Deutschland e.V. werde für den ambulanten Bereich eine maximale Aspirationsmenge von 2.000 ml reinen Fettgewebes empfohlen. Soweit bei der Klägerin Fettgewebe an den Ober- und Unterschenkeln, Oberarmen beidseits und dem Hals- und Schulterbereich zu entfernen sei, sei davon auszugehen, dass mehr als 2.000 ml reines Fettgewebe zu entfernen sei und daher für die Klägerin auch eine stationäre Behandlung in Betracht komme.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit Liposuktionen zur ambulanten Behandlung ihres Lipödems an Ober- und Unterschenkeln, Oberarmen beidseits und dem Hals- und Schulterbereich zu versorgen und die Kosten hierfür zu übernehmen,
Hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit Liposuktionen zur stationären Behandlung ihres Lipödems an Ober- und Unterschenkeln, Oberarmen beidseits und dem Hals- und Schulterbereich zu versorgen und die Kosten hierfür zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich weiterhin darauf, dass es sich bei der ambulanten Liposuktion um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handle, für die die grundsätzlich erforderliche Empfehlung des G-BA nicht vorliege. Ein Systemmangel liege nicht vor, soweit nicht die Entscheidung über einen Antrag verzögert worden sei, sondern überhaupt kein Antrag vorliege. Die Beklagte sei auch selbst nicht antragsberechtigt. Auch die Gewährung der Maßnahme im Rahmen einer stationären Behandlung komme nicht in Betracht, soweit diese subsidiär zur hier ausreichenden ambulanten Behandlung sei. Auch komme eine Versorgung mit einer Liposuktion nicht unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 in Betracht, soweit es sich bei der zu Grunde liegenden Erkrankung nicht um eine lebensbedrohliche oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung handle.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der gegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
- SGG -), ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einer Liposuktion besteht nicht.
Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, § 27 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dabei gilt als Krankheit im Sinne des Versicherungsrechts ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat, wobei als "regelwidrig" ein Zustand anzusehen ist, der vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht. Die Klägerin leidet nach den vorliegenden Befunden und Diagnosen an einer Vermehrung der Fettzellen, welche als Krankheit im oben genannten Sinne zu qualifizieren ist.
Jedoch besteht ein Anspruch auf Behandlung der Erkrankung nicht mittels Durchführung einer ambulant oder stationär durchzuführenden Liposuktion. Denn der Anspruch eines Versicherten auf eine notwendige Behandlung nach § 27 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 SGB V unterliegt den sich aus den §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit unter anderem dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der G-BA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode angegeben hat. Durch diese Richtlinien wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az: B 1 KR 11/08 R). Ärztliche Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine solche ärztliche Behandlungsmethode handelt es sich bei der hier gegenständlichen Liposuktion, die auch als "neue" Behandlungsmethode gilt, solange sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl. BSG, a.a.O.). Ein Anspruch auf die neue Behandlungsmethode der ambulanten ärztlichen Liposuktion zu Lasten der GKV kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht, solange der G-BA die neue Methode der Liposuktion nicht positiv empfohlen hat (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, a.a.O.; Beschluss vom 27.11.2013, Az: B 1 KR 135/12 B).
Auch ein Ausnahmefall, in welchem eine positive Empfehlung des G-BA ausnahmsweise entbehrlich wäre, kommt hier nicht in Betracht. Insbesondere hat das BSG bereits mehrfach entschieden, dass, soweit bislang eine Prüfung des G-BA mangels entsprechenden Antrags noch nicht erfolgt ist, der Ausnahmefall des Systemversagens nicht bejaht werden kann, da dies voraussetzen würde, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden wäre. So hat das BSG bereits ausführlich dargelegt, dass schon in tatsächlicher Sicht nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher neueren oder schon vorhandenen, aber bislang nicht berücksichtigten medizinischen Erkenntnisse die antragsberechtigten Stellen es versäumt hätten, einen Antrag zu stellen und darüber hinaus keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass eine solche Fürsorgepflicht der Verbände der Krankenkassen oder sonstiger Stellen, auf einen entsprechenden Antrag hinzuwirken, nicht bestehe (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 10.05.2012, Az: B 1 KR 78/11; Beschluss vom 27.11.2013, Az: B 1 KR 135/12 B).
Soweit ein Leistungsanspruch auf Gewährung der Liposuktion im Rahmen einer ambulanten Behandlung an einer fehlenden Empfehlung des G-BA scheitert, ergibt sich daraus auch kein Anspruch auf Durchführung der Behandlung als stationäre Maßnahme. Auch hierzu liegt bereits eine entsprechende höchstrichterliche Entscheidung mit dem Urteil des BSG vom 16.12.2008 vor (a.a.O.). Danach ist eine Krankenhausbehandlung nicht bereits deshalb erforderlich, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zwar ambulant erbracht werden kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des G-BA nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden darf. Versicherte haben gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V nur dann Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Sachverständige hat ausführlich dargestellt, dass die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthaltes weder medizinisch erforderlich sei noch regelmäßig so durchgeführt werde und auch im konkreten Fall der Klägerin keinerlei Indikationen für die Notwendigkeit einer stationären Behandlung gegeben seien, im Gegenteil, Eingriffe unter stationären Bedingungen statistisch gesehen sogar ein höheres Komplikationsrisiko mit sich brächten, so dass eine stationäre Durchführung nicht empfohlen werde. Auch aus den ansonsten vorliegenden medizinischen Unterlagen ergeben sich keinerlei Hinweise, die im konkreten Fall der Klägerin die Notwendigkeit einer stationären Durchführung des Eingriffs begründen könnten. Dahinstehen kann daher, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Notwendigkeit einer stationären Durchführung des Eingriffs ein entsprechender Anspruch bejaht werden könnte (ablehnend zuletzt Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2013, Az: L 4 KR 3517/11; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.01.2004, Az: L 1 KR 229/10 unter Berufung auf ein Gutachten der sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" zum Thema "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen", wonach Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nicht dem Maßstab der evidenzbasierten Medizin entsprechen).
Auch der Ausnahmefall des § 2 Abs. 1 a SGB V, wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine abweichende Leistung beanspruchen können, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht, greift hier nicht, da es sich bei der Erkrankung der Klägerin nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche und auch nicht eine wertungsmäßig vergleichbare Krankheit handelt.
Es besteht daher kein Leistungsanspruch der Klägerin auf Versorgung mit der gewünschten Liposuktion weder im Rahmen einer ambulanten, noch der hilfsweise geltend gemachten stationären Behandlung.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenübernahme einer geplanten Liposuktion.
Die am 1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Am 29.03.2011 beantragte sie dort die Übernahme der Kosten für eine geplante Liposuktion unter Beifügung eines Arztbriefs der Uniklinik D-Stadt vom 06.09.2006, wonach der Klägerin wegen des psychischen Leidensdrucks durch Lipödeme die Vorstellung bei einem ästhetischen Chirurgen empfohlen worden sei sowie weiterer Arztbriefe der S.-Klinik vom 28.03.2007 zur durchgeführten Entstauungstherapie und eines ärztlichen Attests der L.-Fachklinik für ästhetische Chirurgie vom 23.04.2009, wonach im Januar 2008 bereits eine ambulante Liposuktion durchgeführt worden sei. Die Kosten von 4.425 EUR seien von der Klägerin selbst bezahlt worden. Daneben legte die Klägerin eine Bestätigung des Landratsamtes B-Stadt, Gesundheitsamt, zur Vorlage beim Finanzamt vor, wonach die 2009 durchgeführte Fettabsaugung medizinisch notwendig gewesen sei und zu einer erheblichen Besserung der Beschwerden der Klägerin geführt habe. Die Klägerin trug vor, sie habe zwischenzeitlich erneut dauerhaft Schmerzen an Oberarmen und Beinen durch Lipödeme, eine erneute Liposuktion sei daher erforderlich. Nach Einholung einer Stellungnahme des MDK vom 31.03.2011, wonach es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handle, die bisher vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht positiv bewertet worden sei und wonach auch durch die Liposuktion keine Heilung des Lipödems, dessen Ursache noch nicht bekannt sei, erfolgen könne, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.04.2011 die beantragte Kostenübernahme für die Liposuktion unter Verweisung auf die entsprechend der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zur Behandlung des Lipödems empfohlenen konservativen Maßnahmen ab. Den hiergegen am 13.04.2011 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.2011 als unbegründet zurück.
Dagegen richtet sich die am 20.06.2011 zum Sozialgericht Augsburg erhobene Klage. Die Klägerin ist der Ansicht, dass, soweit eine Empfehlung des G-BA bezüglich der Liposuktion noch nicht vorliege, es sich um einen Systemmangel handle, der ihrem Behandlungsanspruch nicht entgegengehalten werden könne. Sie habe bereits Behandlungen mit den empfohlenen konservativen Maßnahmen, zum Teil auch auf eigene Kosten, durchgeführt, insbesondere auch eine stationäre Entstauungstherapie, die aber nur kurzfristig Erfolg gezeigt habe. Die weiter empfohlenen Maßnahmen, wie (mehrfach) tägliche Lymphdrainage und Kompressionstherapie sei im Alltag insbesondere auch hinsichtlich der beruflichen Anforderungen nicht praktikabel. Geholfen habe die auf eigene Kosten durchgeführte Liposuktion, die allerdings nicht ausreichend gewesen sei, soweit zwischenzeitlich alle vier Extremitäten, Bauch und Rücken betroffen seien, so dass entsprechende weitere Maßnahmen notwendig seien. Die Klägerin nimmt insoweit Bezug auf einen Arztbrief der Universitätsklinik D-Stadt vom 29.11.2011 zu den Diagnosen Lipomatose vom Schultergürtel-Nacken-Typ und schmerzhaftes Lipödem-Syndrom der Unterschenkel.
Auf Anfrage des Gerichts hat der G-BA am 25.05.2012 mitgeteilt, dass ein Antrag auf Prüfung der Liposuktion als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode bislang nicht vorliege und dementsprechend auch eine Empfehlung hierzu bislang nicht erteilt sei. Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Befundberichts der Hausärztin der Klägerin Dr. C., die angibt, es sei trotz seit ca. zehn Jahren konstantem Tragen von Kompressionsstrümpfen, Lymphdrainage und Bewegungstherapie mit Bestrumpfung eher zu einer Verschlechterung gekommen. Ob eine Liposuktion erforderlich sei, liege im Ermessen des operierenden Kollegen in Abhängigkeit des Ausmaßes der notwendigen Liposuktion und der möglichen postoperativen Komplikationen bei Hämatomneigung. Die Universitätsklinik D-Stadt hat auf entsprechende Anfrage des Gerichts zu den bereits im Arztbrief vom 29.11.2011 benannten Diagnosen angegeben, dass zunächst eine Gewichtsreduktion angeraten werde, dadurch könne aber eine Umfangsabnahme an den von der Lipomatose betroffenen Stellen, insbesondere an Oberarmen, Schultern und Nacken, nicht erreicht werden. Eine Liposuktion könne hier zu einer Reduktion des Fettgewebes führen, bezüglich des Lipödems der Unterschenkel könne eine Liposuktion eventuell zu einer Verbesserung der Symptomatik führen. Die bereits durchgeführten konservativen Therapien würden die Erkrankung nicht wesentlich beeinflussen. Eine Liposuktion sei daher prinzipiell sinnvoll, würde aber bei erneuter Gewichtszunahme zu einer hohen Rezidivrate führen. Die Frage, ob bei Durchführung einer Liposuktion diese stationär oder ambulant erfolgen solle, könne nicht beantwortet werden, da die Klinik selbst diese Maßnahmen nicht durchführe.
Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens durch Prof. Dr. F., Chefärztin der Klinik für am Klinikum A., das diese am 23.01.2013 nach Untersuchung der Klägerin vom 11.01.2013 erstellt hat. Die Klägerin befinde sich in gutem Allgemeinzustand und übergewichtigem Ernährungszustand bei einem Body-Maß-Index (BMI) von 33,7 kg/qm mit Adipositasgrad I. Die Klägerin trage Unterschenkel-Kompressionsstrümpfe der Klasse II bei symmetrischer Unterhaut-Fettgewebevermehrung an den Beinen beiderseits, den Oberarmen beidseits sowie am Nacken. An den Beinen seien insbesondere betroffen die Hüften und Oberschenkelaußenseiten, die Unterschenkel beidseits. Die Oberschenkelinnenseiten und Kniegelenksregion sei etwas schwächer betroffen nach bereits erfolgter Liposuktion 2008. Als begutachtungsrelevante Diagnosen seien festzustellen Lipohyperplasia dolorosa an den Ober- und Unterschenkeln beidseits sowie den Oberarmen beidseits mit beginnendem beidseitigem linksbetontem Lymphödem, Madelung-Fetthals, Adipositas Grad I und Zustand nach der ersten Sitzung einer Liposuktion an den Oberschenkelinnenseiten und Knien beidseits im Januar 2008. Aus dem von der Klägerin ausgefüllten Fragebogen zum dermatologischen Lebensqualität-Index lasse sich eine mittelstark eingeschränkte Lebensqualität durch die Hauterkrankung ableiten. Die Sachverständige führt unter Bezugnahme auf die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AwmF) zum Thema "Lipödem" vom Dezember 1998 bzw. Juni 2009 aus, dass, soweit die eigentliche Ursache der Erkrankung bislang nicht bekannt sei, es auch keine eigentliche kausale Behandlung gebe. Es werde unterschieden zwischen konservativen Maßnahmen einerseits, wie manuelle Lymphdrainage, Kompression, Bewegungstherapie und Hautpflege, die im Sinne einer komplexen physikalischen Entstauungstherapie kombiniert würden und dem operativen Verfahren der Liposuktion andererseits. Durch konservative Maßnahmen sollen Umfangsreduktionen bis zu 12 % erreicht werden. Eine dauerhafte Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes sei aber hierdurch nicht möglich. Diese könne nur durch die Liposuktion erreicht werden. Klinisch relevante Schäden durch die Anwendung der Liposuktion hätten bislang nicht nachgewiesen werden können, wobei zwischenzeitlich Langzeitdaten von bis zu zehn Jahren vorlägen. Nach der derzeitigen Studienlage, wonach es durch die Liposuktion bei den untersuchten Patientinnen zu einer ausgeprägten Verbesserung der Lebensqualität und überwiegend auch zu einer Verringerung der weiter notwendigen konservativen Therapien gekommen sei, müsse die Methode der Liposuktion nun als anerkannte Methode der Schulmedizin angesehen werden. Bei der Klägerin seien im Hinblick darauf, dass es trotz frühzeitiger konservativer Therapien zur Progredienz der Erkrankung mit bereits beginnendem sekundärem Lymphödem gekommen sei, die konservativen Behandlungsmöglichkeiten auch als ausgeschöpft zu betrachten, so dass die Liposuktion nunmehr medizinisch notwendig sei, wobei aber eine Gewichtsreduktion die Vermeidung eines Rezidivs nach erfolgter Absaugung deutlich erleichtern würde. Die Sachverständige führt weiter aus, es handle sich bei der Lipödemerkrankung der Klägerin zwar nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung, aber um eine schwerwiegende Erkrankung, die die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtige durch Schwellungen, Schweregefühl, ziehende Schmerzen in den Armen und Beinen überwiegend bei Hitze und längerer orthostatischer Belastung, zunehmende Druckschmerzhaftigkeit und Blutergüssen an Armen und Beinen sowie Fehlbelastungen aufgrund der Fettschürzen an den Knieinnenseiten. Es handele sich um eine dynamisch fortschreitende Erkrankung, wobei begründete Aussicht bestehe, dass durch die Liposuktion ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte die Sachverständige mit ergänzender Stellungnahme vom 22.02.2013, dass grundsätzlich die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthalts weder erforderlich sei noch regelmäßig so durchgeführt würde. Auch bei der Klägerin ergebe sich kein erhöhtes postoperatives Risiko, welches eine stationäre Überwachung erfordern würde, ein stationärer Aufenthalt der Klägerin zur Durchführung der Liposuktion sei daher medizinisch nicht erforderlich.
Auf erneute Rückfrage des Gerichts hat der G-BA mit Schreiben vom 05.06.2013 mitgeteilt, dass weiterhin ein Antrag und eine Empfehlung der Liposuktion zur Behandlung von Lipödemen als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht vorliegen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte könne sich auf die fehlende Empfehlung des G-BA nicht berufen, soweit sie selbst, jedenfalls die kassenärztlichen Verbände, denen die Beklagte angehört, eine entsprechende Prüfung veranlassen müssten. Soweit trotz der langjährigen Durchführung der Liposuktion und resultierenden Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich der Kostenübernahme bislang ein Antrag zur Prüfung durch den G-BA nicht veranlasst worden sei, handele es sich um ein Systemversagen, das sich die gesetzlichen Krankenkassen auch zurechnen lassen müssten. Hilfsweise sei, soweit für die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthalts kein Erlaubnisvorbehalt bestehe, der Klägerin die Liposuktion im Rahmen einer stationären Maßnahme zu gewähren. Die Klägerin sei jedenfalls nicht ausschließlich ambulant zu behandeln. Nach den Leitlinien zur Liposuktion der Gesellschaft für ästhetische Chirurgie Deutschland e.V. werde für den ambulanten Bereich eine maximale Aspirationsmenge von 2.000 ml reinen Fettgewebes empfohlen. Soweit bei der Klägerin Fettgewebe an den Ober- und Unterschenkeln, Oberarmen beidseits und dem Hals- und Schulterbereich zu entfernen sei, sei davon auszugehen, dass mehr als 2.000 ml reines Fettgewebe zu entfernen sei und daher für die Klägerin auch eine stationäre Behandlung in Betracht komme.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 07.04.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.06.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit Liposuktionen zur ambulanten Behandlung ihres Lipödems an Ober- und Unterschenkeln, Oberarmen beidseits und dem Hals- und Schulterbereich zu versorgen und die Kosten hierfür zu übernehmen,
Hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin mit Liposuktionen zur stationären Behandlung ihres Lipödems an Ober- und Unterschenkeln, Oberarmen beidseits und dem Hals- und Schulterbereich zu versorgen und die Kosten hierfür zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich weiterhin darauf, dass es sich bei der ambulanten Liposuktion um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handle, für die die grundsätzlich erforderliche Empfehlung des G-BA nicht vorliege. Ein Systemmangel liege nicht vor, soweit nicht die Entscheidung über einen Antrag verzögert worden sei, sondern überhaupt kein Antrag vorliege. Die Beklagte sei auch selbst nicht antragsberechtigt. Auch die Gewährung der Maßnahme im Rahmen einer stationären Behandlung komme nicht in Betracht, soweit diese subsidiär zur hier ausreichenden ambulanten Behandlung sei. Auch komme eine Versorgung mit einer Liposuktion nicht unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06.12.2005 in Betracht, soweit es sich bei der zu Grunde liegenden Erkrankung nicht um eine lebensbedrohliche oder wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung handle.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der gegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz
- SGG -), ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit einer Liposuktion besteht nicht.
Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern, § 27 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dabei gilt als Krankheit im Sinne des Versicherungsrechts ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder - zugleich oder ausschließlich - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat, wobei als "regelwidrig" ein Zustand anzusehen ist, der vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht. Die Klägerin leidet nach den vorliegenden Befunden und Diagnosen an einer Vermehrung der Fettzellen, welche als Krankheit im oben genannten Sinne zu qualifizieren ist.
Jedoch besteht ein Anspruch auf Behandlung der Erkrankung nicht mittels Durchführung einer ambulant oder stationär durchzuführenden Liposuktion. Denn der Anspruch eines Versicherten auf eine notwendige Behandlung nach § 27 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 SGB V unterliegt den sich aus den §§ 2 Abs. 1 und 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit unter anderem dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der G-BA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode angegeben hat. Durch diese Richtlinien wird nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, Az: B 1 KR 11/08 R). Ärztliche Behandlungsmethoden im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sind medizinische Vorgehensweisen, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll. Um eine solche ärztliche Behandlungsmethode handelt es sich bei der hier gegenständlichen Liposuktion, die auch als "neue" Behandlungsmethode gilt, solange sie nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) enthalten ist (vgl. BSG, a.a.O.). Ein Anspruch auf die neue Behandlungsmethode der ambulanten ärztlichen Liposuktion zu Lasten der GKV kommt daher grundsätzlich nicht in Betracht, solange der G-BA die neue Methode der Liposuktion nicht positiv empfohlen hat (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, a.a.O.; Beschluss vom 27.11.2013, Az: B 1 KR 135/12 B).
Auch ein Ausnahmefall, in welchem eine positive Empfehlung des G-BA ausnahmsweise entbehrlich wäre, kommt hier nicht in Betracht. Insbesondere hat das BSG bereits mehrfach entschieden, dass, soweit bislang eine Prüfung des G-BA mangels entsprechenden Antrags noch nicht erfolgt ist, der Ausnahmefall des Systemversagens nicht bejaht werden kann, da dies voraussetzen würde, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt worden wäre. So hat das BSG bereits ausführlich dargelegt, dass schon in tatsächlicher Sicht nicht ersichtlich sei, aufgrund welcher neueren oder schon vorhandenen, aber bislang nicht berücksichtigten medizinischen Erkenntnisse die antragsberechtigten Stellen es versäumt hätten, einen Antrag zu stellen und darüber hinaus keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass eine solche Fürsorgepflicht der Verbände der Krankenkassen oder sonstiger Stellen, auf einen entsprechenden Antrag hinzuwirken, nicht bestehe (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 10.05.2012, Az: B 1 KR 78/11; Beschluss vom 27.11.2013, Az: B 1 KR 135/12 B).
Soweit ein Leistungsanspruch auf Gewährung der Liposuktion im Rahmen einer ambulanten Behandlung an einer fehlenden Empfehlung des G-BA scheitert, ergibt sich daraus auch kein Anspruch auf Durchführung der Behandlung als stationäre Maßnahme. Auch hierzu liegt bereits eine entsprechende höchstrichterliche Entscheidung mit dem Urteil des BSG vom 16.12.2008 vor (a.a.O.). Danach ist eine Krankenhausbehandlung nicht bereits deshalb erforderlich, weil eine bestimmte Leistung nach den Regeln der ärztlichen Kunst zwar ambulant erbracht werden kann, vertragsärztlich aber mangels positiver Empfehlung des G-BA nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden darf. Versicherte haben gemäß § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V nur dann Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Sachverständige hat ausführlich dargestellt, dass die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthaltes weder medizinisch erforderlich sei noch regelmäßig so durchgeführt werde und auch im konkreten Fall der Klägerin keinerlei Indikationen für die Notwendigkeit einer stationären Behandlung gegeben seien, im Gegenteil, Eingriffe unter stationären Bedingungen statistisch gesehen sogar ein höheres Komplikationsrisiko mit sich brächten, so dass eine stationäre Durchführung nicht empfohlen werde. Auch aus den ansonsten vorliegenden medizinischen Unterlagen ergeben sich keinerlei Hinweise, die im konkreten Fall der Klägerin die Notwendigkeit einer stationären Durchführung des Eingriffs begründen könnten. Dahinstehen kann daher, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Notwendigkeit einer stationären Durchführung des Eingriffs ein entsprechender Anspruch bejaht werden könnte (ablehnend zuletzt Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg, Urteil vom 01.03.2013, Az: L 4 KR 3517/11; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.01.2004, Az: L 1 KR 229/10 unter Berufung auf ein Gutachten der sozialmedizinischen Expertengruppe 7 "Methoden- und Produktbewertung" zum Thema "Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen", wonach Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems nicht dem Maßstab der evidenzbasierten Medizin entsprechen).
Auch der Ausnahmefall des § 2 Abs. 1 a SGB V, wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine abweichende Leistung beanspruchen können, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht, greift hier nicht, da es sich bei der Erkrankung der Klägerin nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche und auch nicht eine wertungsmäßig vergleichbare Krankheit handelt.
Es besteht daher kein Leistungsanspruch der Klägerin auf Versorgung mit der gewünschten Liposuktion weder im Rahmen einer ambulanten, noch der hilfsweise geltend gemachten stationären Behandlung.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved