Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 8 R 1159/10 WA
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RS 46/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der am ... 1939 geborene Kläger war seit dem 01. September 1955 durchgängig beim Volkseigenen Betrieb (VEB) Fernmeldeanlagenbau L. beschäftigt, welcher später in den VEB Nachrichtenanlagenbau L. umbenannt worden ist. Seit dem 01. Oktober 1969 arbeitete er dort als Investitionsbearbeiter. Am 28. April 1973 erwarb er den Titel "Ingenieurökonom in der Fachrichtung Maschinenbau". Ab dem 01. Januar 1977 übernahm er eine Tätigkeit als Ingenieur für Investitionen. Vom 01. März 1988 bis zum 30. Juni 1990 entrichtete er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung. Rechtsnachfolgerin des VEB Nachrichtenanlagenbau L. war die NAL-T. GmbH. In dem Bericht der deutschen Treuhandgesellschaft über die Ermittlung des Gesamtwertes der NAL-T. GmbH zum 01. Juli 1990 wird ausgeführt, dass das Produktionsprogramm der NAL nachrichtentechnische Anlagen aller Art umfasse, insbesondere:
die Montage privater Nebenstellenanlagen,
die Montage öffentlicher Vermittlungstechnik,
die Montage funktechnischer Anlagen
sowie die Montage sicherheitstechnischer Einrichtungen.
In dem technisch-ökonomischen Konzept der NAL-T. GmbH vom 20. April 1990 wird dargelegt, dass das Produktionsprofil des VEB Nachrichtenanlagenbau die Projektierung, Lieferung, Montage, Inbetriebsetzung und Wartung von nachrichtentechnischen Anlagen beinhaltet habe. Bis auf geringe Werkstattkapazitäten für Vorfertigung und Kooperationsleistungen für Konsumgüter existiere im VEB Nachrichtenanlagenbau keine eigene Fertigung. Der VEB Nachrichtenanlagenbau sei bisher nach dem Territorialprinzip alleiniger Vertreiber in den DDR-Bezirken L., H., G., E. und S. gewesen.
Den ersten Antrag des Klägers, die Zeit vom 29. April 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem 01 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) zu berücksichtigen, lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. Februar 2000 ab.
Am 28. August 2007 beantragte er die Überprüfung dieser ablehnenden Entscheidung. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt sei. Bei dem VEB Nachrichtenanlagenbau L. habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Der hiergegen am 01. November 2007 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 08. Februar 2008 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. sei für die Forschung, Entwicklung und den Bau von Fernmeldeanlagen im privaten sowie öffentlichen Bereich zuständig gewesen. Es seien Anlagen für die Elektroakustik (u. a. Palast der Republik, Semperoper, Schauspielhaus und Gewandhaus L.) entwickelt worden. Darüber hinaus seien Transistorradios, Tonbandgeräte und elektronische Fernbedienungen in größerem Umfang hergestellt worden. Das SG hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2009 zunächst das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Zum 30. November 2010 ist das Verfahren wieder aufgenommen worden und mit Urteil vom 12. Oktober 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Beim VEB Fernmeldeanlagenbau L. habe es sich nicht um einen volkseigenen Betrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt. Dieser Betrieb sei nicht dem industriellen Produktionssektor der Planwirtschaft der DDR zugeordnet gewesen. Es habe keine massenhafte industrielle Güterproduktion gegeben. Es habe sich vielmehr um einen Dienstleistungsbetrieb gehandelt, der Projektierungs-, Liefer-, Montage-, Inbetriebnahme-, Reparatur- und Wartungsleistungen erbracht habe. Hierbei könne auch auf die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 22. März 2011 – L 5 RS 506/09 – und vom 14. April 2011 – L 7 RS 122/09 – Bezug genommen werden.
Gegen das am 14. November 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Dezember 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Es vertritt weiterhin die Auffassung, dass es sich beim VEB Nachrichtenanlagenbau L. um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Darüber hinaus seien bei anderen ehemaligen Mitarbeitern des VEB die betrieblichen Voraussetzungen durch die Beklagte bejaht worden. Im Erörterungstermin am 27. September 2013 hat er noch ausgeführt, dass der VEB Nachrichtenanlagenbau L. der einzige Betrieb in der DDR gewesen sei, der Kulturstätten mit Technik ausgestattet habe. Eine Massenproduktion im eigentlichen Sinne habe nicht stattgefunden. Es seien lediglich Abhöranlagen produziert worden, für die nur ein begrenzter Bedarf bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 29. Februar 2000 die Zeiten der Beschäftigung vom 29. April 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2012 zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der VEB Nachrichtenanlagenbau L. nicht in standardisierter und automatisierter Form Sachgüter hergestellt bzw. aus einer vom Betrieb abschließend vorgegebenen Palette von Vorprodukten, Komponenten oder Einzelteilen ein neues Endprodukt gefertigt habe. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. habe lediglich Anlagen für die Elektroakustik entwickelt. Die erwähnten Objekte erforderten eine elektronische Ausstattung, die speziell auf die genannten Einrichtungen zugeschnitten und nach den speziellen Erfordernissen der jeweiligen Bauordnung, und damit den besonderen Wünschen der Auftraggeber entsprechend, zu erstellen gewesen sei.
Im Erörterungstermin am 27. September 2013 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Er hat nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) keinen Anspruch auf Abänderung des Feststellungsbescheides vom 29. Februar 2000. Soweit sich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der genannte Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, den Zeitraum vom 29. April 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz AAÜG feststellen zu lassen.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11)
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden, noch ist er auf Grund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.
Der Senat folgt zwar nicht der Rechtssprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann. Aber auch nach dieser Rechtssprechung wären die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des streitigen Zeitraumes nicht erfüllt. Danach hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Die betriebliche Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtssprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteile vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – und vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R –; juris). Nach dem Bericht über die Ermittlung des Gesamtwertes der NAL-T. GmbH, dem Nachfolgebetrieb des VEB Nachrichtenanlagenbau L., umfasste das Produktionsprogramm nachrichtentechnische Anlagen aller Art, insbesondere:
die Montage privater Nebenstellenanlagen,
die Montage öffentlicher Vermittlungstechnik,
die Montage funktechnischer Anlagen
sowie die Montage sicherheitstechnischer Einrichtungen.
Nach dem technisch ökonomischen Konzept der NAL-T. GmbH vom 20. April 1990 existierte im VEB Nachrichtenanlagenbau L. bis auf geringe Werkstattkapazitäten für Vorfertigung, Kooperationsleistungen und Konsumgüter keine eigene Fertigung. Der Kläger hat im Erörterungstermin am 27. September 2013 selbst ausgeführt, dass hauptsächlich Nachrichtenanlagen für staatliche Organe hergestellt worden seien. Eine Massenproduktion im eigentlichen Sinne habe nicht stattgefunden. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. sei der einzige Betrieb in der DDR gewesen, der Kulturstätten mit Technik ausgestattet habe. Dies habe z.B. den Palast der Republik, die Semperoper und das Gewandhaus in L. betroffen. Es seien lediglich Abhöranlagen selbst hergestellt worden. Hierfür habe aber nur ein begrenzter Bedarf bestanden. Daraus ergibt sich, dass der VEB Nachrichtenanlagenbau L. nur über eine geringe Produktionskapazität verfügt hat. Eine Massenproduktion im Sinne eines fordistischen Produktionsmodells hat es nicht gegeben. Bei den hauptsächlichen Montagearbeiten sind nachrichtentechnische bzw. tontechnische Anlagen an die individuellen Gegebenheiten vor Ort angepasst worden. Eine Serienfertigung hat in diesem Rahmen nicht stattgefunden.
Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. war insbesondere kein Betrieb des Post- und Fernmeldewesens. Als gleichgestellte Betriebe in diesem Sinne kamen nur Firmen in Betracht, die der Deutschen Post zuzuordnen waren. Diese waren in der Anlage zu § 8 des Statuts der Deutschen Post vom 19. April 1976 festgelegt (GBl. DDR I, S. 274; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09. April 2008 – L 16 R 1355/06 –; juris). Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. ist dort nicht aufgeführt. Die Aufzählung in § 1 Abs. 2 der 2. DB ist abschließend (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 34/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Soweit der Kläger noch darauf hinweist, dass andere Ingenieure aus seinem Beschäftigungsbetrieb eine positive Entscheidung seitens der Beklagten zur Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften erhalten hätten, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis, denn zum einen beinhaltet der Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 des Grundgesetzes keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 12. September 2007 – 2 BvR 1413/06 –; juris) und zum anderen besteht auch die Möglichkeit, dass die betreffenden Personen bereits zu Zeiten der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von
§ 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtssprechung des BSG ab.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Feststellungen der Beklagten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem.
Der am ... 1939 geborene Kläger war seit dem 01. September 1955 durchgängig beim Volkseigenen Betrieb (VEB) Fernmeldeanlagenbau L. beschäftigt, welcher später in den VEB Nachrichtenanlagenbau L. umbenannt worden ist. Seit dem 01. Oktober 1969 arbeitete er dort als Investitionsbearbeiter. Am 28. April 1973 erwarb er den Titel "Ingenieurökonom in der Fachrichtung Maschinenbau". Ab dem 01. Januar 1977 übernahm er eine Tätigkeit als Ingenieur für Investitionen. Vom 01. März 1988 bis zum 30. Juni 1990 entrichtete er Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung. Rechtsnachfolgerin des VEB Nachrichtenanlagenbau L. war die NAL-T. GmbH. In dem Bericht der deutschen Treuhandgesellschaft über die Ermittlung des Gesamtwertes der NAL-T. GmbH zum 01. Juli 1990 wird ausgeführt, dass das Produktionsprogramm der NAL nachrichtentechnische Anlagen aller Art umfasse, insbesondere:
die Montage privater Nebenstellenanlagen,
die Montage öffentlicher Vermittlungstechnik,
die Montage funktechnischer Anlagen
sowie die Montage sicherheitstechnischer Einrichtungen.
In dem technisch-ökonomischen Konzept der NAL-T. GmbH vom 20. April 1990 wird dargelegt, dass das Produktionsprofil des VEB Nachrichtenanlagenbau die Projektierung, Lieferung, Montage, Inbetriebsetzung und Wartung von nachrichtentechnischen Anlagen beinhaltet habe. Bis auf geringe Werkstattkapazitäten für Vorfertigung und Kooperationsleistungen für Konsumgüter existiere im VEB Nachrichtenanlagenbau keine eigene Fertigung. Der VEB Nachrichtenanlagenbau sei bisher nach dem Territorialprinzip alleiniger Vertreiber in den DDR-Bezirken L., H., G., E. und S. gewesen.
Den ersten Antrag des Klägers, die Zeit vom 29. April 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem 01 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) zu berücksichtigen, lehnte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 29. Februar 2000 ab.
Am 28. August 2007 beantragte er die Überprüfung dieser ablehnenden Entscheidung. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2007 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass die betriebliche Voraussetzung nicht erfüllt sei. Bei dem VEB Nachrichtenanlagenbau L. habe es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Der hiergegen am 01. November 2007 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 08. Februar 2008 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. sei für die Forschung, Entwicklung und den Bau von Fernmeldeanlagen im privaten sowie öffentlichen Bereich zuständig gewesen. Es seien Anlagen für die Elektroakustik (u. a. Palast der Republik, Semperoper, Schauspielhaus und Gewandhaus L.) entwickelt worden. Darüber hinaus seien Transistorradios, Tonbandgeräte und elektronische Fernbedienungen in größerem Umfang hergestellt worden. Das SG hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2009 zunächst das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Zum 30. November 2010 ist das Verfahren wieder aufgenommen worden und mit Urteil vom 12. Oktober 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Beim VEB Fernmeldeanlagenbau L. habe es sich nicht um einen volkseigenen Betrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt. Dieser Betrieb sei nicht dem industriellen Produktionssektor der Planwirtschaft der DDR zugeordnet gewesen. Es habe keine massenhafte industrielle Güterproduktion gegeben. Es habe sich vielmehr um einen Dienstleistungsbetrieb gehandelt, der Projektierungs-, Liefer-, Montage-, Inbetriebnahme-, Reparatur- und Wartungsleistungen erbracht habe. Hierbei könne auch auf die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 22. März 2011 – L 5 RS 506/09 – und vom 14. April 2011 – L 7 RS 122/09 – Bezug genommen werden.
Gegen das am 14. November 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. Dezember 2012 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Es vertritt weiterhin die Auffassung, dass es sich beim VEB Nachrichtenanlagenbau L. um einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Darüber hinaus seien bei anderen ehemaligen Mitarbeitern des VEB die betrieblichen Voraussetzungen durch die Beklagte bejaht worden. Im Erörterungstermin am 27. September 2013 hat er noch ausgeführt, dass der VEB Nachrichtenanlagenbau L. der einzige Betrieb in der DDR gewesen sei, der Kulturstätten mit Technik ausgestattet habe. Eine Massenproduktion im eigentlichen Sinne habe nicht stattgefunden. Es seien lediglich Abhöranlagen produziert worden, für die nur ein begrenzter Bedarf bestanden habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, unter Abänderung des Bescheides vom 29. Februar 2000 die Zeiten der Beschäftigung vom 29. April 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 12. Oktober 2012 zurückzuweisen.
Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der VEB Nachrichtenanlagenbau L. nicht in standardisierter und automatisierter Form Sachgüter hergestellt bzw. aus einer vom Betrieb abschließend vorgegebenen Palette von Vorprodukten, Komponenten oder Einzelteilen ein neues Endprodukt gefertigt habe. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. habe lediglich Anlagen für die Elektroakustik entwickelt. Die erwähnten Objekte erforderten eine elektronische Ausstattung, die speziell auf die genannten Einrichtungen zugeschnitten und nach den speziellen Erfordernissen der jeweiligen Bauordnung, und damit den besonderen Wünschen der Auftraggeber entsprechend, zu erstellen gewesen sei.
Im Erörterungstermin am 27. September 2013 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.
Die nach § 143 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 24. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2008 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne der §§ 157, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Er hat nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) keinen Anspruch auf Abänderung des Feststellungsbescheides vom 29. Februar 2000. Soweit sich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Der genannte Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte, den Zeitraum vom 29. April 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und § 1 Abs. 1 Satz AAÜG feststellen zu lassen.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R –, SozR 3-8570 § 1 AAÜG, Nr. 2, S. 11)
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden, noch ist er auf Grund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Fall nicht stattgefunden.
Der Senat folgt zwar nicht der Rechtssprechung des früheren 4. Senats und des jetzigen 5. Senats des BSG, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann. Aber auch nach dieser Rechtssprechung wären die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung des streitigen Zeitraumes nicht erfüllt. Danach hängt der Anspruch auf eine fiktive Einbeziehung im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1951 (GBl. DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für
Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und
die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar
in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Die betriebliche Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Kläger war am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt. Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nach der Rechtssprechung des BSG nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb muss auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein (BSG, Urteile vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R – und vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R –; juris). Nach dem Bericht über die Ermittlung des Gesamtwertes der NAL-T. GmbH, dem Nachfolgebetrieb des VEB Nachrichtenanlagenbau L., umfasste das Produktionsprogramm nachrichtentechnische Anlagen aller Art, insbesondere:
die Montage privater Nebenstellenanlagen,
die Montage öffentlicher Vermittlungstechnik,
die Montage funktechnischer Anlagen
sowie die Montage sicherheitstechnischer Einrichtungen.
Nach dem technisch ökonomischen Konzept der NAL-T. GmbH vom 20. April 1990 existierte im VEB Nachrichtenanlagenbau L. bis auf geringe Werkstattkapazitäten für Vorfertigung, Kooperationsleistungen und Konsumgüter keine eigene Fertigung. Der Kläger hat im Erörterungstermin am 27. September 2013 selbst ausgeführt, dass hauptsächlich Nachrichtenanlagen für staatliche Organe hergestellt worden seien. Eine Massenproduktion im eigentlichen Sinne habe nicht stattgefunden. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. sei der einzige Betrieb in der DDR gewesen, der Kulturstätten mit Technik ausgestattet habe. Dies habe z.B. den Palast der Republik, die Semperoper und das Gewandhaus in L. betroffen. Es seien lediglich Abhöranlagen selbst hergestellt worden. Hierfür habe aber nur ein begrenzter Bedarf bestanden. Daraus ergibt sich, dass der VEB Nachrichtenanlagenbau L. nur über eine geringe Produktionskapazität verfügt hat. Eine Massenproduktion im Sinne eines fordistischen Produktionsmodells hat es nicht gegeben. Bei den hauptsächlichen Montagearbeiten sind nachrichtentechnische bzw. tontechnische Anlagen an die individuellen Gegebenheiten vor Ort angepasst worden. Eine Serienfertigung hat in diesem Rahmen nicht stattgefunden.
Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. war insbesondere kein Betrieb des Post- und Fernmeldewesens. Als gleichgestellte Betriebe in diesem Sinne kamen nur Firmen in Betracht, die der Deutschen Post zuzuordnen waren. Diese waren in der Anlage zu § 8 des Statuts der Deutschen Post vom 19. April 1976 festgelegt (GBl. DDR I, S. 274; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09. April 2008 – L 16 R 1355/06 –; juris). Der VEB Nachrichtenanlagenbau L. ist dort nicht aufgeführt. Die Aufzählung in § 1 Abs. 2 der 2. DB ist abschließend (BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 34/01 R –, SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Soweit der Kläger noch darauf hinweist, dass andere Ingenieure aus seinem Beschäftigungsbetrieb eine positive Entscheidung seitens der Beklagten zur Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften erhalten hätten, so führt dies zu keinem anderen Ergebnis, denn zum einen beinhaltet der Gleichbehandlungsgrundsatz in Art. 3 des Grundgesetzes keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 12. September 2007 – 2 BvR 1413/06 –; juris) und zum anderen besteht auch die Möglichkeit, dass die betreffenden Personen bereits zu Zeiten der DDR in ein Versorgungssystem einbezogen waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe im Sinne von
§ 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht in entscheidungserheblicher Weise von der Rechtssprechung des BSG ab.
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