L 11 R 858/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 3734/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 858/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01.02.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten.

Der am 22.07.1960 geborene Kläger hat keine abgeschlossene Berufsausbildung und arbeitete, unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit, als Saisonarbeiter (angelernter Koch) in verschiedenen Gastronomiebetrieben (1978 bis 1985) und Montagearbeiter (zwischen 1991 und 2002); außerdem hat er 2002 bis 2005 einen schwerbehinderten Menschen betreut. Derzeit erhält er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende, SGB II) und betreut und pflegt seine schwerbehinderte und erkrankte Ehefrau.

Am 16.03.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung gab er unter Bezug auf ein ärztliches Attest an, dass er wegen einer Minderbelastbarkeit der Rumpfwirbelsäule nur noch maximal vier Stunden Heimarbeit sowie Arbeiten im Sitzen ohne schweres Heben verrichten könne.

Die Beklagte zog Befundberichte der behandelnden Ärzte bei und veranlasste eine Begutachtung bei dem Orthopäden und Sozialmediziner Dr. R. (Bl 75 Verwaltungsakte). Im Gutachten vom 04.05.2011 beschrieb dieser ein wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibendegeneration und einen diätpflichtigen Diabetes mellitus. Der Kläger könne leichte und mittelschwere Arbeiten ohne langandauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Beklagte veranlasste eine weitere Begutachtung bei der Ärztin für Nervenheilkunde, Sozialmedizin und Rehabilitationswesen Dipl.-Psych. B ... Im Gutachten vom 06.05.2011 (Bl 85 Verwaltungsakte) beschrieb die Sachverständige eine Persönlichkeitsstörung mit abhängigen, depressiven und impulsiven Zügen sowie Verdacht auf Legasthenie. Der Kläger könne leichte und mittelschwere Arbeiten ohne besondere Anforderungen an soziale und kommunikative Kompetenzen mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Mit Bescheid vom 11.05.2011 (Bl 115 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, dass er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei.

Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2011 Widerspruch. Im Vordergrund stehe seine psychische Erkrankung. Außerdem leide er belastungsabhängig unter starken Schmerzen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates. Er sei nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit in nennenswertem Umfang nachzugehen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2011 (Bl 157 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es sei noch eine Erwerbsfähigkeit von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden und der Kläger müsse sich auf alle diese Tätigkeiten verweisen lassen, da die von ihm zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Montagearbeiter zu den ungelernten Tätigkeiten zähle.

Am 11.07.2011 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung vorgebracht, dass die bei ihm vorliegenden Krankheiten zur Leistungsunfähigkeit führen würden. Aufgrund der jahrelangen Pflege von Angehörigen sei er psychisch stark belastet. Darüber hinaus würden ihn starke Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat daran hindern, einer Erwerbstätigkeit in nennenswertem Umfang nachzugehen.

Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte bei den behandelnden Ärzten des Klägers. Dipl.-Psych. Dr. F. teilte mit Schreiben vom 30.08.2011 (Bl 9 SG-Akte) mit, dass der Kläger in der Versorgung seiner Frau seine Hauptaufgabe und seinen Lebenssinn sehe. Es stehe zu befürchten, dass geringe Irritationen und Beanspruchungen depressiv-ängstliche Krankheitseinbrüche auslösen könnten. Der Internist Dr. K. erachtete den Kläger für fähig, eine leichte körperliche Erwerbstätigkeit sechs Stunden täglich zu verrichten (Bl 24 SG-Akte). Der Orthopäde Dr. K. führte im Schreiben vom 05.09.2011 (Bl 29 SG-Akte) aus, aus seiner Sicht liege der Schwerpunkt der Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Gebiet. Der Kläger könne 3 Stunden bis unterhalbschichtig arbeiten (Arzt für Orthopädie in F.).

Das SG hat weiteren Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Orthopäden Dr. S., F ... Im Gutachten vom 18.11.2011 (Bl 38 SG-Akte) beschrieb der Sachverständige folgende Erkrankungen: - Lendenwirbelsäulensyndrom mit mäßigen bis mittelgradigen Bandscheibendegeneratio- nen im Sinne einer Osteochondrose mit Schwerpunkt bei L5/S1, - Halswirbelsäulensyndrom mit degenerativen Veränderungen im Sinne Bandscheibende- generation C6/7 sowie mit degenerativen Veränderungen der Zwischenwirbelgelenke, - Brustwirbelsäulensyndrom mit leichter Skoliose und Rundrückenbildung sowie degenera- tiven Bandscheibenveränderungen mit knöcherner Reaktion der Wirbelkörper (Osteochondrose), - Beinverkürzung linksseits von 1 cm.

Wegen der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule seien schwere und schwerste körperliche Arbeiten nicht möglich. Dazu zählten Tätigkeiten mit Handhabung von Gewichten über 15 kg sowie Arbeiten, welche mit längerem Stehen und Gehen verbunden seien. Auch Tätigkeiten, welche in Zwangshaltungen durchgeführt werden müssten, seien stark beeinträchtigt bzw. nicht möglich. Das Begehen von Treppen und Leitern mit mittleren Lasten sei zu vermeiden. Akkord-, Fließband- und Schichtarbeit seien nicht möglich. Unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen könne der Kläger leichte bis mittelschwere Arbeiten mit der Handhabung von Gewichten bis 15 kg und dem Begehen von Treppen und Leitern ohne Gewichtsbelastung mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.02.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Der Kläger habe weder einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung noch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Er sei in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Seine Überzeugung hat das SG auf die Verwaltungsgutachten von Dr. R. und Fr. B. sowie auf die eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte und Gutachten, insbesondere des Sachverständigen Dr. S. gestützt.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigen am 07.02.2013 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 12.02.2013 beim SG Berufung eingelegt, welche am 26.02.3013 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Zur Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Im Vordergrund stünden die Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet, die zu einer ungewöhnlichen Häufung qualitativer Leistungseinschränkungen führten. Die Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet seien von der Beklagten und vom SG nicht ausreichend ermittelt worden. Auch die familiäre Situation sei nicht ausreichend gewürdigt worden. Der Kläger unterstütze seine pflegebedürftige schwerbehinderte Ehefrau.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 01.02.2013 und den Bescheid der Beklagten vom 11.05.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt auf die Begründungen der angefochtenen Bescheide und auf die Ausführungen des SG Bezug.

Der Senat hat beabsichtigt, Beweis durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S., M., zu erheben und hat mit Schreiben vom 02.07.2013 den Sachverständigen mit der Erstattung eines Gutachtens aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers beantragt.

Mit Schreiben vom 11.07.2013 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dieser sei nicht reisefähig und könne einen Termin zur Begutachtung bei Dr. S. nicht wahrnehmen. Er hat ein Attest des Allgemeinmediziners Dr. V., F., vom 10.07.2013 vorgelegt, in welchem es heißt, der Kläger sei nicht reisefähig.

Der Senat hat hierauf um Vorlage eines amtsärztlichen Attestes gebeten.

Hierauf hat der Kläger mit Schreiben vom 07.08.2013 mitgeteilt, er könne den Termin bei Dr. S. tatsächlich deshalb nicht wahrnehmen, weil er seine schwerbehinderte Frau pflege und nicht alleine lassen wolle, auch nicht für eine halbe Stunde, da sie auf seine dauernde Hilfe angewiesen sei und nicht ohne ihn auskomme. Er legte ein weiteres Attest Dr. V. vom 09.08.2013 vor, in welchem es heißt, dass die Ehefrau des Klägers "ständiger Pflege durch ihren Ehemann" bedürfe.

Der Senat hat Dr. S. vom Gutachtensauftrag entbunden und den Kläger darauf hingewiesen, dass leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich möglich sein dürften, wenn der Kläger in der Lage sei, seine Ehefrau ganztägig zu pflegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 2 form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 11.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554).

Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll bzw teilweise erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3).

Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt.

Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 1 und Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).

Der Kläger kann zur Überzeugung des Senats unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich noch mindestens sechs Stunden arbeiten und ist deshalb nicht erwerbsgemindert (§ 43 Abs 3 SGB VI). Der Senat teilt die Auffassung des SG und schöpft seine Überzeugung aus den nachvollziehbaren und plausiblen Sachverständigengutachten von Dr. R., Fr. B. und Dr. S ... Eine weitere Beweiserhebung war nicht möglich, da der Kläger an keiner Begutachtung teilnehmen will, die seine Abwesenheit von zuhause erfordert, auch nicht für eine kurze Zeit der Abwesenheit. Unter einer halben Stunde – dies ist der vom Kläger genannte Zeitrahmen – ist eine seriöse Begutachtung unter keinen Umständen durchzuführen.

Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Beurteilungen der Sachverständigen. Dr. S. hat nach klinischer und radiologischer Untersuchung des Klägers folgende Gesundheitsstörungen beschrieben: - Lendenwirbelsäulensyndrom mit mäßigen bis mittelgradigen Bandscheibendegeneratio- nen im Sinne einer Osteochondrose mit Schwerpunkt bei L5/S1, - Halswirbelsäulensyndrom mit degenerativen Veränderungen im Sinne einer Bandschei- bendegeneration C6/7 und mit degenerativen Veränderungen der Zwischenwirbelgelenke, - Brustwirbelsäulensyndrom mit leichter Skoliose und Rundrückenbildung sowie degenera- tiven Bandscheibenveränderungen mit knöcherner Reaktion der Wirbelkörper (Osteochondrose) und - Beinverkürzung linksseits von 1 cm. Der Sachverständige hat für den Senat nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass der Kläger leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten mit der Handhabung von Gewichten bis 15 kg ohne Begehen von Treppen und Leitern mit mittleren Lasten, ohne Tätigkeiten mit dauerndem oder überwiegendem Stehen oder Gehen sowie häufigem Bücken, ohne Akkord-, Fließband- oder Schichtarbeit und ohne Arbeiten in Kälte und Nässe verrichten kann. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen kann der Kläger mindestens sechs Stunden arbeitstäglich einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Zwar hat der behandelnde Orthopäde Dr. K. ein sechsstündiges Leistungsvermögen des Klägers verneint. Er hat aber keine von den übrigen Arztberichten abweichende Diagnosen gestellt, sondern beschreibt lediglich weitere vom Kläger geschilderte Schmerzen im Ellbogen. Röntgenologisch fand sich nach seinen Angaben jedoch kein auffälliger Ellbogengelenksbefund. Auch der Sachverständige Dr. S. fand bei seiner Untersuchung keine Hinweise auf einen pathologischen Befund im Ellbogengelenk.

Auch auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet liegen beim Kläger keine krankheits- oder behinderungsbedingten Beeinträchtigungen vor, die zu einer zeitlichen Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit auf unter sechs Stunden täglich für Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes führen würden. Dies hat Dipl-Psych. B. im Gutachten vom 06.05.2011 überzeugend dargelegt. Sie hat zwar die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung mit abhängigen, depressiven und impulsiven Zügen gestellt. Eine wesentliche Beeinträchtigung körperlicher oder geistiger Funktionen konnte Fr. B. hierdurch jedoch nicht feststellen. Danach besteht ein Leistungsvermögen des Klägers für mittelschwere Arbeiten ohne besondere Anforderungen an soziale und kommunikative Kompetenzen. Unter Beachtung dieser qualitativen Einschränkungen ist eine regelmäßige Erwerbstätigkeit in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich möglich. Der vom Kläger als behandelnder Nervenarzt benannte Dr. F. hat in seiner sachverständigen Zeugenauskunft keine entgegenstehende Einschätzung vertreten.

Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend in der Person des Klägers eine Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen oder eine spezifische Leistungsbeeinträchtigung gegeben wäre bestehen nicht, ein Teil der qualitativen Beschränkungen wird bereits durch den Umstand, dass nur leichte Arbeiten zumutbar sind, mitberücksichtigt. Schließlich ist hier auch nicht von einem verschlossenen Arbeitsmarkt im Sinne der Rechtsprechung des BSG und der dort aufgestellten Kriterien auszugehen (siehe BSG 30.11.1983, 5a RKn 28/82, BSGE 56, 64, SozR 2200 § 1246 Nr 110; siehe insbesondere auch hierzu den bestätigenden Beschluss des Großen Senats vom 19.12.1996 in BSGE 80, 2, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; siehe auch BSG 05.10.2005, B 5 RJ 6/05 R, SozR 4-2600 § 43 Nr.5). Es war im Übrigen im Hinblick auf das zur Überzeugung des Senats bestehende Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden pro Arbeitstag unter Berücksichtigung nicht arbeitsmarktunüblicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu der Frage, inwieweit welche konkrete Tätigkeit dem Kläger noch leidensgerecht und zumutbar ist, keine Prüfung durchzuführen, da die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einer Leistungsfähigkeit von sechs Stunden täglich und mehr nicht zu berücksichtigen ist (§ 43 Abs 3 letzter Halbsatz SGB VI).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Voraussetzung eines solchen Rentenanspruchs ist (vgl § 240 SGB VI), dass er vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger ist 1960 und damit vor dem Stichtag geboren, er ist jedoch nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs 2 Satz 2 SGB VI). Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind (§ 240 Abs 2 Satz 3 SGB VI). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Satz 4 SGB VI). Im Rahmen der Beurteilung, ob einem Versicherten eine Tätigkeit iSd § 240 Abs 2 Sätze 2 bis 4 SGB VI sozial zumutbar sind, kann ein Versicherter auf eine Tätigkeit derselben Stufe bzw auf Tätigkeiten jeweils nächstniedrigeren Stufe verwiesen werden (zum Stufenschema des BSG vgl BSG 22.10.1996, 13 RJ 35/96, SozR 3-2200 § 1246 Nr 55; BSG 18.02.1998, B 5 RJ 34/97 R, SozR 3-2200 § 1246 Nr 61, jeweils mwN).

Der Kläger hat keine Berufsausbildung, sondern war als angelernter Koch und Montagearbeiter tätig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind ungelernte Arbeiter grundsätzlich auf jede erwerbswirtschaftliche Tätigkeitsart des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, wobei ein konkreter Verweisungsberuf wegen der Vielzahl der in Betracht kommenden Arbeitsmöglichkeiten grundsätzlich nicht genannt werden muss (vgl BSG 18.04.1978, 4 RJ 55/77, SozR 2200 § 1246 Nr 30; 28.08.1991, 13/5 RJ 47/90, SozR 3-2200 § 1247 Nr 8; 14.09.1995, 5 RJ 50/94, MDR 1996, 396 f). Da der Kläger somit zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen ist und dort noch wie vorstehend ausgeführt mit den genannten qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, ist er nicht berufsunfähig.

Geht man wegen der langjährigen Loslösung vom Arbeitsmarkt davon aus, dass der allgemeine Arbeitsmarkt Bezugspunkt ist, gilt dies erst recht, denn leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes kann der Kläger, wie aufgezeigt, mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt; die vorhandenen Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren, die eingeholten Arztauskünfte und vorgelegten Atteste bilden eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung des Senats und haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 ZPO). Die Gutachten gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthalten keine unlösbaren inhaltlichen Widersprüche und geben auch keinen Anlass, an der Sachkunde oder Unparteilichkeit der Gutachter zu zweifeln; weitere Beweiserhebungen waren von Amts wegen nicht mehr möglich, da der Kläger nicht zu einer ärztlichen Untersuchung zu einem Sachverständigen reisen möchte. Die hierfür zur Begründung angeführte pflegerische Vollzeittätigkeit, für die der Senat dem Kläger den Respekt nicht versagt, bestätigt allerdings indirekt das von Sachverständigen gefundene Ergebnis, dass leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich möglich sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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