L 13 AS 3088/12 ZVW

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 3407/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 3088/12 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juli 2008 abgeändert.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006 sowie in Abänderung des Bescheides vom 11. November 2005 und des Bescheids vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006 verurteilt, den Klägern Leistungen für Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 30. November 2006 monatlich in Höhe von 467,50 EUR sowie Leistungen für Heizkosten für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2005 in Höhe von 21,49 EUR sowie für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. November 2006 monatlich in Höhe von 24,72 EUR zu gewähren.

Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen und die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 2/5 der außergerichtlichen Kosten der Kläger für alle Rechtszüge.

Tatbestand:

Streitig ist die Höhe der vom Beklagten zu gewährenden Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung im Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006.

Der 1944 geborene Kläger und die 1943 geborene Klägerin, die seit 1. Juni 2008 eine Altersrente bezieht, sind miteinander verheiratet und leben zusammen als Bedarfsgemeinschaft. Nach ihren Angaben wohnen sie seit 1986 in der Gemeinde G. (ca. 11.000 Einwohner), die zum Landkreis B.-H. gehört und - auch hinsichtlich der Bebauung - direkt an das Stadtgebiet der Stadt F. im B.u (ca. 220.000 Einwohner) grenzt, die den Stadtkreis F. bildet. In G. bewohnen die Kläger seit August 2004 eine 79,83 m2 große Drei-Zimmer-Wohnung, für die im strittigen Zeitraum eine monatliche Kaltmiete von 572,00 EUR (zuzüglich 128,00 EUR Nebenkosten[-Vorauszahlung] für Heizung und Warmwasser) zu entrichten war (Wohnungs-Mietvertrag Bl. 5f der Verwaltungsakte) und die ihrem Sohn gehörte.

Die Kläger bezogen ab 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19ff Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Bereits mit Bescheid vom 27. November 2004, mit dem Leistungen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 bewilligt wurden, wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass deren Wohnung aus leistungsrechtlicher Sicht für ihre Haushaltsgröße unangemessen teuer sei und die tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten daher nur so lange anerkannt werden könnten, wie es den Klägern nicht möglich oder nicht zumutbar sei, die Kosten auf ein angemessenes Maß zu senken (§ 22 Abs. 1 SGB II). Das Gesetz sehe hierfür in der Regel eine Übergangszeit von längstens sechs Monaten vor. Ab 1. Juli 2005 könnte deshalb nur noch ein Betrag in Höhe von 306,60 EUR als Kaltmiete anerkannt werden. Dies entspreche einem Mietpreis von 5,11 EUR/ m2 für eine 60 m2 große Wohnung bei einem Zweipersonenhaushalt. Ein erneuter Hinweis auf die vom Beklagten für angemessen erachtete Miete von 306,60 EUR sowie zur Senkung der Unterkunftskosten enthielt der Bescheid des Beklagten vom 29. April 2005, mit dem den Klägern Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2005 bewilligt wurden. Bei den Bewilligungsbescheiden hatte der Beklagte den Betrag der Kaltmiete in Höhe von 572,00 EUR zuzüglich Nebenkosten zugrunde gelegt.

Mit Bescheid vom 11. November 2005 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 Leistungen für KdU sowie Heizung in Höhe von 434,87 EUR unter Zugrundelegung einer Kaltmiete von 306,60 EUR zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 128,27 EUR (ausgehend von einer Nebenkostenvorauszahlung von 128,00 EUR abzüglich 8,90 EUR für Warmwasseraufbereitung und zuzüglich 9,17 EUR Müllgebühren) und Regelleistungen- unter Berücksichtigung eines anrechenbaren Einkommens von monatlich 329,14 EUR - insgesamt in Höhe von monatlich 727,73 EUR. Am 10. Januar 2006 erhobene Einwände des Klägers hinsichtlich der Unterkunftskosten wertete der Beklagte als Widerspruch, den er mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2006 als unzulässig verwarf.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2006 bewilligte der Beklagte den Klägern - unter Berücksichtigung eines anrechenbaren monatlichen Einkommens von 551,11 EUR - und erneut unter Zugrundelegung einer Kaltmiete in Höhe von 306,60 EUR zuzüglich Nebenkosten und Heizung in Höhe von 128,27 EUR - Leistungen für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2006 in Höhe von monatlich 505,76 EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 8. Juni 2006, mit dem die Kläger geltend machten, die Aufforderung zur Senkung der Unterkunftskosten sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2006 zurück. Es könne im Bereich des Landkreises B.-H. von einem angemessenen Quadratmeterpreis für die Kaltmiete von 5,11 EUR ausgegangen werden. Es sei auch weder ersichtlich, noch plausibel gemacht, dass es den Klägern nicht möglich oder zumutbar gewesen sei, eine angemessene neue Wohnung zu finden.

Deswegen haben die Kläger am 12. Juli 2006 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben (Az S 12 AS 3407/06).

Auf den bereits am 29. Juni 2006 gestellten Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 11. November 2005, verbunden mit dem Begehren, die tatsächlichen KdU in voller Höhe zu gewähren, entschied der Beklagte mit Bescheid vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006, dass der Bescheid nach Überprüfung nicht zu beanstanden sei.

Deswegen haben die Kläger am 11. August 2006 ebenfalls Klage beim SG erhoben (S 12 AS 4021/06).

Das SG hat die beiden Klageverfahren mit Beschluss vom 4. Dezember 2006 unter dem Aktenzeichen S 12 AS 3407/06 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat.

Die Kläger haben u.a. geltend gemacht, der Beklagte habe die angemessenen KdU unrichtig ermittelt und nicht ausreichend zur Senkung der Kosten aufgefordert. Im Übrigen hätten sie erfolglos eine günstigere Wohnung gesucht.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er habe die angemessenen Kosten entsprechend den rechtlichen Vorgaben zutreffend ermittelt, und dazu schriftliche Unterlagen vorgelegt.

Das SG hat Anfragen zum Wohnungsmarkt an die Gemeinden G., H. und G. gerichtet. Auf deren schriftliche Auskünfte wird verwiesen. Ferner hat das SG Auskünfte von Wohnbaugesellschaften und weiteren Gemeinden, die es in anderen Verfahren eingeholt hat, beigezogen.

Mit Urteil vom 18. Juli 2008 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006 und des Bescheides vom 11. November 2005 sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006 verurteilt, den Klägern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 unter Berücksichtigung einer Kaltmiete von monatlich 572,00 EUR zu gewähren. Ihnen sei es nicht möglich gewesen, die Wohnkosten auf das tatsächlich angemessene Maß zu senken, weil sie von dem Beklagten nicht zutreffend belehrt worden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.

Gegen das ihm am 8. August 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 2. September 2008 Berufung eingelegt und seine Vorgehensweise zur Ermittlung der für angemessen erachteten Kaltmiete erläutert. Da für den Landkreis B.-H. keine Mietspiegel existierten, habe er bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten zunächst auf die Erfahrungswerte des bisherigen Sozialhilfeträgers zurückgegriffen. Diese Werte seien durch fortlaufende Beobachtung der Wohnungsangebote sowie nach dessen Veröffentlichung anhand des Freiburger Mietspiegels nachgeprüft worden. Da es Aufgabe eines jeden regional zuständigen Sozialleistungsträgers sei, den Bedarf seiner Hilfebedürftigen im eigenen Zuständigkeitsbereich zu decken, würden Hilfebedürftige auch nur auf Wohnraum innerhalb des Landkreises B.-H. verwiesen. Entgegen der Auffassung des SG seien für G. die anhand des Mietspiegels der Stadt Freiburg für das Stadtgebiet ermittelten Werte nicht zugrunde zu legen. Er habe seine Angemessenheitskriterien auch auf Grundlage des neuen Freiburger Mietspiegels überprüft und bestätigt gefunden. Unter Berücksichtigung von - näher erläuterten - Zu- und Abschläge würde sich, ausgehend von dem im Freiburger Mietspiegel für Wohnungen mit 60 m2 ermittelten Wert von 6,83 EUR für die Landkreisgemeinden im Umland von Freiburg ein angemessener Quadratmeterpreis von 4,99 EUR errechnen. Der von ihm im Landkreis B.-H. als Rechengröße verwendete Wert von 5,11 EUR sei demnach nicht zu gering bemessen. Dessen ungeachtet hätte er auch unter Zugrundelegung der F. Angemessenheitskriterien, also ohne Vorortabschlag von 13 %, nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten des Klägers zu übernehmen. Auch habe er im Zeitraum von September 2005 bis Juli 2008 durch Wohnungsmarktbeobachtung mittels Auswertung der örtlichen Anzeigenblätter über 5.000 Wohnungen gefunden, die nach der Produkttheorie angemessenen Wohnraum darstellten. Die Ermittlung der abstrakten Angemessenheit der Wohnung erfolge so, dass um den Wohnort der Hilfebedürftigen ein Umkreis von 15 bis 20 Kilometer gezogen werde und die Zahl der dort angebotenen Wohnungen ermittelt würde. Diese Methode sei geeignet zu belegen, dass auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt im festgelegten Suchgebiet tatsächlich Wohnungen von bis zu 306,60 EUR angeboten würden. Auch habe das SG in anderen anhängigen Klageverfahren Auskünfte örtlicher Gemeindeverwaltungen eingeholt, aus denen sich ergebe, dass es trotz häufig langer Wartezeiten oder sonstiger Vergabeeinschränkungen Wohnungen zu dem von ihm für angemessen erachteten Preis gebe. Zumutbar sei auch ein Umzug in eine Gemeinde, die sich im Umkreis von 12 bis 15 Kilometer um den Wohnort der Kläger befinde. In Betracht zu ziehen seien daher die Orte H., G., G., M., M. und U ... Hier habe es ausreichend anmietbaren Wohnraum gegeben. Im Zeitraum vom September 2005 bis zum November 2006 habe er für diesen Bereich 26 Wohnungen ermitteln können, die den Angemessenheitskriterien entsprochen hätten. Insoweit liege eine hinreichende Zahl verfügbarer Wohnungen vor. Dokumentiere ein Hilfeempfänger kontinuierlich und nachvollziehbar, dass er sich ausreichend um angemessenen Wohnraum bemüht habe, und belege er so, dass es ihm trotz dieser Bemühungen im konkreten Einzelfall in einem bestimmten Zeitraum nicht möglich gewesen sei, einen solchen Wohnraum anzumieten, gewähre er eine längere Schutzfrist und übernehme die tatsächlichen Unterkunftskosten. Dies sei jedoch allein eine Frage der Verfügbarkeit von Wohnraum im Rahmen der Angemessenheitsprüfung und berühre die Frage der abstrakten Angemessenheitsprüfung nicht. Bemühe sich ein Hilfeempfänger erst gar nicht ausreichend in zumutbarer Weise um angemessenen Wohnraum, könne eine solche Prüfung gar nicht vorgenommen werden. Dies sei zu berücksichtigen, denn die Kläger hätten sich nach eigenen Angaben erst seit November 2005 und danach auch fast ausschließlich um sowohl hinsichtlich der Wohnfläche als auch des Preises unangemessenen Wohnraum bemüht. Hierzu hat der Beklagte schriftliche Unterlagen vorgelegt. Zuletzt hat der Beklagte dann erklärt, er verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete für den strittigen Zeitraum und könne ein solches auch für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 30. November 2006 nicht mehr erstellen.

Die Kläger haben geltend gemacht, der Beklagte habe schon die abstrakte Angemessenheitsgrenze, die vorliegend mit der konkreten Angemessenheitsgrenze zusammenfalle, nicht zutreffend ermittelt. Schon die Annahme eines einheitlichen Quadratmetermietpreises für unterschiedlich große Wohnungen sei fehlerhaft, denn mit zunehmender Wohnungsgröße sinke der Quadratmetermietpreis. Auch halte der Mietspiegel der Stadt F. keine Daten bereit, die geeignet seien, die abstrakte Angemessenheitsgrenze für die Umlandgemeinden zu bestimmen. Aktuelle Daten zum Verhältnis der Mieten in der Stadt Freiburg und dem näheren Umland lägen nicht vor. Die Mietpreise im Umland seien - bei anderen Wohnungen als Einzelzimmern und Einzimmerwohnungen - zwischen 1,30 EUR und 1,70 EUR pro Quadratmeter günstiger als in der Stadt F ... Dabei beantworte der Mietspiegel die Frage nicht, welche Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt tatsächlich zur Verfügung stünden. Auch sei die Frage nicht geklärt, wie hoch die Differenz zwischen den Mietpreisen des vermieteten Bestands und den auf dem Markt tatsächlich angebotenen Mietpreisen sei. Das Gutachten zum Freiburger Mietspiegel 2007 weise jedoch aus, dass Quadratmetermieten von auf dem Markt angebotenen Wohnungen um durchschnittlich 17,02 % höher gelegen hätten als die Mietpreise des vermieteten Bestands. Auch hänge die Höhe der abstrakten Angemessenheitsgrenze entscheidend davon ab, wie viele Wohnungen innerhalb eines bestimmten Preissegmentes überhaupt benötigt würden. Dazu sei es erforderlich, die Zahl derjenigen, deren Unterkunftskosten von dem Beklagten nicht als angemessen anerkannt würde, zu bestimmen. Des Weiteren seien die von dem Beklagten benannten Vergleichsgebiete so groß, dass sie den Vorgaben des BSG nicht entsprächen. Es könne ihnen nicht zugemutet werden, zum Zwecke der Senkung der Unterkunftskosten die Gemeinde G. zu verlassen. Die von dem Beklagten vorgelegte Auswertung von Wohnungen umfasse eine große Zahl von Wohnungen, die ihrer Größe nach für einen Zweipersonenhaushalt nicht angemessen seien. Lediglich 276 der von dem Beklagten benannten 518 Wohnungsinserate seien mit Quadratmeterzahl und Nettokaltmiete bezeichnet, sodass die Bestimmung der Quadratmetermiete netto kalt möglich sei. Insoweit betrage die durchschnittliche Quadratmetermiete netto kalt 6,52 EUR. Lediglich 36 der 276 Wohnungen wiesen eine Quadratmetermiete netto kalt von 5,11 EUR oder weniger aus. Nur vier dieser Wohnungen lägen im Vergleichsgebiet. Dabei habe eine der Wohnungen eine Wohnfläche von 25 m2. Im Ergebnis liege der Quadratmetermietpreis in der Stadt Freiburg für Zweipersonenhaushalte bei ca. 7,50 EUR. Wegen eines Abschlags für die Gemeinde G. dürfte dort der Quadratmeterpreis zwischen 6,00 und 6,75 EUR liegen.

Mit Urteil vom 22. Juni 2008 hat der Senat der Berufung des Beklagten teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Abänderung des Urteils des SG sowie Aufhebung bzw. Abänderung entgegenstehender Bescheide verurteilt, den Klägern im Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis 30. November 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Zugrundelegung von Unterkunftskosten einschließlich kalter Nebenkosten in Höhe von monatlich 446,25 EUR zu gewähren. Im Übrigen hat der Senat die Klagen abgewiesen sowie die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Eine wirksame Kostensenkungsaufforderung liege vor. Der Beklagte habe in dem vorliegend streitigen Zeitraum aber kein schlüssiges Konzept für die Ermittlung der angemessenen KdU und Heizung. Der von ihm angenommene Quadratmeterpreis beruhe auf Erfahrungen, Bestätigung durch die sozialhilferechtliche Rechtsprechung zum BSHG, Beobachtung des Wohnungsmarktes und der Berücksichtigung des Freiburger Mietspiegels. Für den Vergleichsraum existiere kein Mietspiegel. Für den streitigen Zeitraum von Dezember 2005 bis November 2006 könne der Beklagte - auch unter Mithilfe des Gerichts - ein schlüssiges Konzept nicht mehr erarbeiten oder ein bisheriges Konzept durch Verfeinerung bzw. Ergänzung der Datenerhebung verändern. Auch das Gericht könne unter Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen und -mittel im Rahmen der Amtsermittlung, insbesondere auch Einholung eines Sachverständigengutachtens, für die inzwischen vier bzw. fünf Jahre zurückliegenden Zeiträume weder ein schlüssiges Konzept noch eine entsprechende Datengrundlage ermitteln. Es seien daher grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger, "nach oben" begrenzt durch die Tabellenwerte zu § 8 WoGG (Höchstbetrag der Tabelle), maßgebend, die um einen - hier angemessenen fünfprozentigen - "Sicherheitszuschlag" zu erhöhen seien. Für die Höhe des Zuschlags sei maßgeblich, dass G. einerseits zu einem eher ländlich geprägten Vergleichsraum im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehöre und andererseits die bestehende räumliche und infrastrukturelle Verbindung zur Großstadt Freiburg aufweise. Ein Vergleich mit dem Mietspiegel der Stadt F. ergebe, dass der Zuschlag angemessen sei. Soweit die Aufwendungen der Kläger den angemessenen Mietpreis von 446,25 EUR überstiegen, handele es sich um unangemessene Kosten, die grundsätzlich nicht mehr übernommen würden. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil verwiesen.

Auf die Revision der Kläger hat das BSG das Urteil vom 22. Juni 2010 mit Urteil vom 22. März 2012 aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. Gegenstand des Verfahrens seien der Bescheid vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006, mit dem der Beklagte den Überprüfungsantrag in Bezug auf den Bewilligungsbescheid vom 11. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2006 betreffend KdU und Heizung für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 abgelehnt habe, sowie der Bewilligungsbescheid vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006, wobei auch hier nur höhere Leistungen der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2006 im Streit seien. Bei den Leistungen der Unterkunft und Heizung handle es sich um abtrennbare Verfügungen des Gesamtbescheids, ohne dass eine weitere Aufspaltung in die Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich möglich sei. Ob die Kläger Anspruch auf (teilweise) Rücknahme des Bewilligungsbescheids vom 11. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2006 und damit verbundenen höheren Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 sowie für die Zeit vom 1. Juni bis 30. November 2006 in Abänderung des Bescheids vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006 hätten, lasse sich aufgrund der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Zwar seien die Kläger Berechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II, weil dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des LSG zu entnehmen sei, dass sie im streitigen Zeitraum das 15. Lebensjahr, nicht jedoch das 65. Lebensjahr vollendet gehabt hätten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) gewesen seien und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hätten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Zwar reichten die Feststellungen zur angemessenen Wohnfläche sowie zum Fehlen eines tragfähigen schlüssigen Konzepts des Beklagten aus, es fehlten jedoch Feststellungen sowohl zu den KdU als auch zu den Heizkosten. Leistungen für Unterkunft und Heizung würden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Der Begriff der "Angemessenheit" unterliege als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft seien zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen sei eine Wohnung nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspreche und keinen gehobenen Wohnstandard aufweise, wobei es genüge, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen sei. Zwar reichten die Feststellungen des LSG zur angemessenen Wohnfläche sowie zum Fehlen eines tragfähigen schlüssigen Konzepts des Beklagten aus, nicht jedoch diejenigen zum Erkenntnisausfall zur Höhe der angemessenen Unterkunftskosten. Das LSG sei aber zutreffend davon ausgegangen, dass die Kostensenkungsaufforderungen des Beklagten nicht bereits zur Übernahme der tatsächlichen KdU wegen Unmöglichkeit der Kostensenkung führten. Im Falle des Zurückgreifens auf die Tabellenwerte nach § 8 Wohngeldgesetz sei die Höhe des zu erhebenden Zuschlags zu korrigieren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des BSG verwiesen.

Im wieder eröffneten Berufungsverfahren hat der Beklagte geltend gemacht, der für die Prüfung heranzuziehende Vergleichsraum umfasse unter Beachtung der Ausführungen des BSG im Urteil vom 07. November 2006 (B 7b AS 10/06 R) folgende Bereiche: Im Landkreis B.-H. die Orte H. (ca. 6 km entfernt), G. (ca. 8 km entfernt), M. (ca. 10 km entfernt), G. (ca. 15 km entfernt), M. (ca. 14 km entfernt), Sch. (ca. 14 km entfernt), A. (ca. 15 km entfernt), W. (ca. 16 km entfernt), E. (ca. 15 km entfernt), S. (ca. 17 km entfernt) und U. (ca. 13 km entfernt), die Stadt F. sowie im Landkreis E. die Orte W. (ca. 11 km entfernt), D. (ca. 6 km entfernt), S. (ca. 9 km entfernt), T. (ca. 14 km entfernt), R. (ca. 6 km entfernt), V. (ca. 3 km entfernt) und E. (ca. 12 km entfernt). Wegen der Einzelheiten der Lage hat er sich auf die von ihm vorgelegte Karte bezogen, auf die verwiesen wird. Nach der Rechtsprechung des BSG sei in Bereichen, insbesondere von Kleinst-Gemeinden, in denen kein eigener Wohnungsmarkt existiere, auf größere räumliche Bereiche abzustellen, was beim Landkreis B.-H. sowie der unmittelbar angrenzenden Umgebung der Fall sei. Bezüglich des Mietpreisniveaus könne er nur Aussagen für den Landkreis B.-H. und nicht für die Stadt F. und den Landkreis E. treffen. Wie bereits vorgetragen, müsse er einräumen, dass es für die Zeit vor dem 1. Mai 2009 an einem schlüssigen Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung seinem Zuständigkeitsbereich fehle. Ein solches könne aufgrund der fehlenden Erkenntnismöglichkeiten, bedingt durch die weit zurückliegenden Zeiträume, die hier im Streit stünden, auch nicht mehr erstellt werden. Er verfüge für den streitgegenständlichen Zeitraum lediglich über die bereits vorgelegten Anzeigen von Wohnungen, die in den Anzeigenblättern "Schnapp" und "Zypresse" angeboten worden seien, sowie die ebenfalls bereits vorgelegten Mietverträge von Leistungsbeziehern, die tatsächlich eine Wohnung zu den genannten Mietobergrenzen angemietet hätten. Damit mangele es wohl an einer hinreichenden Datenmenge zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts nach den Anforderungen des BSG, die auch nicht mehr erweitert werden könne. Die Einbeziehung von Bestandsfällen aus den Bereichen SGB II und SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz, ausgewertet nach tatsächlicher Kaltmiete und Wohnungsgröße, die zu einer größeren Datenmenge führen würde, komme aufgrund von fehlendem systemtechnischen Abgriffsmöglichkeiten rückwirkend auch nicht mehr in Betracht. Aus den operativen Datensätzen dieser Bereiche könnten nur Tagesabgriffe erstellt werden, so dass eine Erhebung für die Vergangenheit nicht mehr möglich sei. Die Erstellung eines schlüssigen Konzepts, das den Anforderungen des BSG genügen könnte, sei ihm für den weit zurückliegenden streitgegenständlichen Zeitraum faktisch nicht möglich.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18. Juli 2008 aufzuheben die Klagen abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie machen geltend, es sei noch möglich, für den streitgegenständlichen Zeitraum ein schlüssiges Konzept zu entwickeln. Der Beklagte verweigere sich seit Jahren, ein solches zu entwickeln. Soweit er (für spätere Zeiträume als die strittigen) der Auffassung sei, mittlerweile über ein schlüssiges Konzept zu verfügen, treffe dies nicht zu. Es sei auch ohne weiteres möglich, ein schlüssiges Konzept erstellen, denn für die Stadt Freiburg, an die die Gemeinde G. unmittelbar grenze, verfüge über umfangreiche Daten, die herangezogen werden könnten. Entgegen der Auffassung des Beklagten könnten auch nicht alle möglichen weit entfernt liegenden Gemeinden einbezogen werden, die unmittelbar an die Gemeinde G. grenzende Stadt Freiburg jedoch nicht. Die vom Beklagten als Teil des Vergleichsraumes benannten Gemeinden verfügten über keine ausreichende Anbindung durch öffentlichen Personenverkehr. Auch wären die Fahrtkosten zu hoch. Ferner seien die Fahrzeiten zwischen G. und den genannten Gemeinden zu lange. Ein Umzug dorthin sei nicht zumutbar. Im Übrigen sei eine Begrenzung der Übernahme von Kosten unter Anwendung der Wohngeldtabelle mit einem Zuschlag nicht mit Verfassungsrecht vereinbar, was sich auch aus dem Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 8. Juni 2012, S 17 AS 1452/09, ergebe. Die Kosten der Unterkunft seien im tatsächlich angefallenen Umfang zu erstatten bzw. zu übernehmen. Auf Auflage des Senats, für die strittigen Zeiträume Nachweise für die Zahlung der Nebenkosten sowie die Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2005 und 2006 vorzulegen, haben die Kläger die Heizkostenabrechnungen für die Jahre 2005 und 2006 sowie eine Abrechnung der Wasser- und Abwasserkosten für 2006 vorgelegt. Auf die vorgelegten Unterlagen wird verwiesen.

Der Senat hat zu den Entfernungen und Fahrzeiten zwischen G. und den vom Beklagte zur Bestimmung des aus dessen Sicht heranzuziehenden Vergleichsraumes benannten Gemeinden auf die über Internet zugängliche und von ihm auf diesem Weg eingeholten Reiseauskünfte der Deutschen Bahn (Bl. 55ff Senatsakten) verwiesen. Ausdrucke sind den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zusätzlich überreicht worden. Ferner sind die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen worden, dass die Kosten eines Einzelfahrscheines zwischen G. und den genannte Orten heute 3,80 EUR betragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakte aller Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt. Die Berufung der Beklagten ist jedoch nur zum Teil begründet; das SG hat mit seinem Urteil vom 18. Juli 2008 den Klagen zu Unrecht in vollem Umfang statt gegeben.

Streitig sind im vorliegenden Fall alleine Leistungen für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II. Die Kläger haben ihre Klagebegehren von vornherein zulässigerweise auf diese Leistungen beschränkt (vgl. zur Zulässigkeit einer Beschränkung des Streitgegenstandes BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 = juris Rdnr. 19, 21; BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 55/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 9). Streitig sind zudem nur Leistungen für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006. Die Kläger haben mit der ersten ihrer Klagen vor dem SG den Bescheid vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006 angefochten (Zeitraum 1. Juni 2006 bis 30. November 2006), mit dem der Beklagte die Übernahme von Unterkunftskosten nur unter Zugrundelegung einer Kaltmiete von 306,60 EUR gewährt hatte. Darüber hinaus haben die Kläger mit ihrer zweiten Klage den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006 angefochten (Zeitraum 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006), mit dem die Beklagte im Rahmen einer Überprüfung nach § 44 SGB X festgestellt hatte, dass der Bescheid vom 11. November 2005 zutreffend sei. Folgebescheide für Bewilligungszeiträume nach dem 30. November 2006 sind nicht Gegenstand des Verfahrens. § 96 SGG findet in diesem Fall nach der ständigen Rechtsprechung des BSG keine Anwendung (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1; BSG, Urteil vom 29. März 2007 - B 7b AS 4/06 R - juris; BSG, Urteil vom 25. Juni 2008 - B 11b AS 45/06 R - juris).

Der Senat stellt fest, dass die Kläger im strittigen Zeitraum Berechtigte im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB II waren, weil sie auch in der Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 das 15. Lebensjahr, nicht jedoch das 65. Lebensjahr vollendet hatten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II) sowie erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) waren und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatten (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II).

Die Kläger haben für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 einen Anspruch gegen den Beklagten auf die Erstattung ihrer Aufwendungen für die Unterkunft inklusive kalter Nebenkosten im Umfang von monatlich 467,50 EUR sowie der nachgewiesenen Heizkosten. Grundlage dieses Anspruchs ist § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 31. Mai 2006 war daher auch der eine Korrektur der früheren Bewilligung ablehnende Bescheid des Beklagten vom 3. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juli 2006 aufzuheben (§ 44 SGB X) und der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 11. November 2005 zur Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu verurteilen. Ebenso war der Beklagte für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2006 unter Abänderung des Bescheids vom 24. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juli 2006 zur Zahlung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den §§ 19ff SGB II zu verurteilen. Das insoweit entgegenstehende Urteil des SG ist daher abzuändern, im Übrigen die Klage ab- und die Berufung zurückzuweisen.

Im Rahmen der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gem. §§ 19ff SGB II sind als grundsicherungsrechtlicher Bedarf für Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen vom Grundsicherungsträger zu übernehmen. Die Vorschrift begrenzt die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen jedoch zugleich auf die nach dem SGB II angemessenen Kosten.

Die Prüfung der Angemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung erfolgt nach der Rechtsprechung des BSG in mehreren Schritten (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2; BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3): Im ersten Schritt ist die Größe der Wohnung des oder der Hilfebedürftigen festzustellen und zu überprüfen, ob diese angemessen ist. Dabei ergibt sich für Baden-Württemberg für eine aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft eine angemessene Größe von 60 m2. Angemessen ist eine Wohnung darüber hinaus nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (zweiter Schritt). Nach der Rechtsprechung des BSG genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2), also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet.

Zur Bestimmung des heranzuziehenden Vergleichsraums verlangt das BSG (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, in juris und Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09 R, in juris = SozR 4-4200 § 22 Nr. 27) die Einhaltung folgender Kriterien: Es geht darum zu beschreiben, welche ausreichend großen Räume (nicht bloß Orts- und Stadtteile) der Wohnbebauung aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Einer sogenannten Ghettobildung wird dadurch begegnet, dass hinsichtlich der Referenzmieten zwar auf Mieten für "Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt" abgestellt wird, insoweit aber nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher "billige" Stadtteile herausgegriffen werden dürfen, sondern auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw. räumlichen Vergleichsraum abzustellen ist. Bei kleineren Gemeinden kann ein größerer Raum herangezogen werden.

Auf Grundlage der hier abstrakt angemessenen Wohnungsgröße für einen Zweipersonenhaushalt von 60 m2 und des örtlichen Vergleichsmaßstabes ist festzustellen, wie hoch die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards - die Referenzmiete - in diesem Raum ist. Nur auf dieser Grundlage kann beurteilt werden, ob die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger diese Angemessenheitsobergrenze überschreiten. Dabei ist die Mietobergrenze bzw. die Referenzmiete im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines dieses beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris). Der Grundsicherungsträger muss mithin nicht nur ein Konzept haben, nach dem er die Referenzmiete bestimmt, sondern dieses Konzept muss zudem einer gerichtlichen Überprüfung Stand halten, also schlüssig sein (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - juris).

Dieses schlüssige Konzept muss der Grundsicherungsträger auf Aufforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne ein schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Der für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständige kommunale Träger muss die bei ihm vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - juris).

Ein Konzept liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - juris). Zusammengefasst ergeben sich folgende Voraussetzungen an die Schlüssigkeitsanforderungen des Konzepts (BSG a.a.O. juris Rdnr. 19): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Ein solches schlüssiges Konzept hatte und hat der Beklagte gemessen an der dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung in den vorliegend streitigen Zeiträumen - auch nach eigenem Bekunden und nach Auffassung der Kläger - zur Überzeugung des Senats nicht.

Wie bereits festgestellt, ist für Baden-Württemberg für eine aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft eine Wohnungsgröße von 60 m2 angemessen.

Der vom Beklagten zuletzt benannte Vergleichsraum erfüllt die oben dargelegten Kriterien des BSG zur Bestimmung des Vergleichsraumes (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, in juris und Urteil vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 27/09 R, in juris = SozR 4-4200 § 22 Nr. 27), weswegen ihn auch der Senat zu Grunde legt. Da es sich bei der Gemeinde G. um einen kleineren Ort handelt, bezüglich dessen für die strittigen Zeiträume auch keine hinreichenden Datengrundlagen zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts vorhanden waren und sind, sieht es der Senat als sachgerecht an, einen größeren Raum heranzuziehen. Der Vergleichsraum umfasst - ausgehend vom Wohnort der Kläger, G. - im Landkreis B.-H. die Orte H. (ca. 6 km entfernt), G. (ca. 8 km entfernt), M. (ca. 10 km entfernt), G. (ca. 15 km entfernt), M. (ca. 14 km entfernt), Sch. (ca. 14 km entfernt), Au (ca. 15 km entfernt), W. (ca. 16 km entfernt), E. (ca. 15 km entfernt), S. (ca. 17 km entfernt) und U. (ca. 13 km entfernt), die Stadt Freiburg, sowie im Landkreis E. die Orte W. (ca. 11 km entfernt), D. (ca. 6 km entfernt), S. (ca. 9 km entfernt), T. (ca. 14 km entfernt), R. (ca. 6 km entfernt), V. (ca. 3km entfernt) und E. (ca. 12 km entfernt). Wegen der Einzelheiten der Lage wird auf die vom Beklagten vorgelegte Karte verwiesen. Diese Orte sind auch vom bisherigen Wohnort der Kläger G. mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, wobei die Fahrzeiten je nach Wahl der Abfahrtzeit gemäß der Reiseauskunft der Deutschen Bahn - Minimal- und Maximalzeiten exemplarisch vormittags bzw. vormittags bis zum frühen Nachmittag - jeweils von G. ausgehend nach H. zwischen 19 und 24 Minuten, zurück zwischen 13 und 53 Minuten, nach G. zwischen 25 und 36 Minuten, zurück zwischen 20 und 75 Minuten (bei dreimaligem Umsteigen), nach H. zwischen 21 und 49 Minuten, zurück zwischen 17 und 42 Minuten, nach G. zwischen 25 und maximal 50 Minuten, zurück zwischen 21 und 40 Minuten, nach M. zwischen 30 und 49 Minuten, zurück zwischen 35 und 40 Minuten, nach Sch. zwischen 20 und 57 Minuten, zurück zwischen 14 und 43 Minuten, nach W. zwischen 34 und 70 Minuten und zurück zwischen 40 und 45 Minuten, nach E. zwischen 18 und 53 Minuten, zurück zwischen 13 und 48 Minuten, nach S. zwischen 39 und 67 Minuten, zurück zwischen 44 und 47 Minuten, nach U. zwischen 35 und 61 Minuten, zurück zwischen 34 und 81 Minuten, nach W. zwischen elf und 40 Minuten, zurück 12 Minuten, nach D. zwischen 2 und 3 Minuten, zurück zwischen drei und 31 Minuten, nach S. zwischen 14 und 47 Minuten, zurück zwischen 24 und 55 Minuten, nach T. zwischen 45 und 64 Minuten, zurück zwischen 29 und 83 Minuten, nach R. zwischen 20 und 43 Minuten, zurück zwischen 23 und 69 Minuten, nach V. zwischen 12 und 47 Minuten, zurück zwischen 11 und 42 Minuten sowie nach E. zwischen 20 und 48 Minuten, zurück zwischen 21 und 64 Minuten, betragen. Die genannten jeweiligen längsten Fahrzeiten beruhen im Wesentlichen auf Umsteigzeiten bzw. Wartezeiten beim Umsteigen und können durch Wahl einer anderen Abfahrtszeit vermieden werden. Insofern bestehen in den meisten Fällen mehrere Verbindungen im Bereich der kürzesten Fahrzeiten. Wegen der Einzelheiten wird auf die über Internet abgerufene Reiseauskunft der Bahn (Bl. 55 ff der Senatsakten), auf die auch die Beteiligten hingewiesen worden sind, Bezug genommen. Dies zeigt, dass der genannte Vergleichsraum hinsichtlich der verkehrstechnischen Infrastruktur erschlossen und homogen ist. Soweit die Kläger einwenden, ein Umzug in eine der genannten Gemeinden sei unzumutbar und die Fahrkosten seien zu hoch, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Insbesondere ist dies für die Bestimmung des Vergleichsraumes nicht von Bedeutung, zumal die Fahrkosten aktuell 3,80 EUR (Einzelfahrt) betragen (über Internet abrufbare Auskunft des Verkehrsverbundes Freiburg) und davon auszugehen ist, dass sie im strittigen Zeitraum noch niedriger waren.

Der Beklagte hatte und hat ein schlüssiges Konzept in den vorliegend streitigen Zeiträumen - auch nach eigenem Bekunden und nach Auffassung der Kläger - zur Überzeugung des Senats nicht. Der bei Erlass der angefochtenen Bewilligungsbescheide angenommene angemessene Quadratmetermietpreis von 5,11 EUR beruhte auf Erfahrungen und der Bestätigung durch die sozialhilferechtliche Rechtsprechung zum BSHG. Der Beklagte gibt an, durch Beobachtung des Wohnungsmarktes und der Berücksichtigung des Freiburger Mietspiegels diesen Quadratmetermietpreis bestätigt gefunden zu haben. Ein Mietspiegel für den Vergleichsraum besteht nicht. Dies ist kein schlüssiges Konzept im Sinne der genannten Rechtsprechung. Eine Entscheidung über das ab dem 1. Mai 2009 geltende Konzept des Beklagten ist im vorliegenden Rechtsstreit, der auf Zeiträume im Jahr 2005 und 2006 begrenzt ist, nicht zu treffen. Dieses Konzept kann auch nicht rückwirkend auf die hier streitigen Zeiträume erstreckt werden. Für die hier streitigen Zeiträume kann der Beklagte - auch unter Mithilfe des Gerichts - ein schlüssiges Konzept nicht mehr erarbeiten oder durch ein bisheriges Konzept durch eine Verfeinerung bzw. Ergänzung der Datenerhebung verändern.

Auch das Gericht kann unter Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen und Erkenntnismittel im Rahmen der Amtsermittlung, insbesondere auch unter Einholung eines Sachverständigengutachtens, für die inzwischen sieben bzw. acht Jahre zurückliegenden Zeiträume weder ein schlüssiges Konzept noch eine entsprechende Datengrundlage ermitteln. Die Heranziehung des Mietspiegels allein der Stadt F., selbst wenn entsprechende Daten aus den Jahren 2005 und 2006 noch vorlägen, würde keine Grundlage für die Erstellung eines schlüssigen Konzepts erbringen, nachdem entsprechende hinreichende Daten weder von der Gemeinde G., noch von den anderen Gemeinden des Vergleichsraumes vorliegen, wie sich auch aus den vom SG angeforderten Auskünften ergibt, und solche auch nicht mehr beschafft werden können.

Der Senat stellt somit fest, dass ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Kaltmiete für den Vergleichsraum nicht mehr erstellt werden kann (Erkenntnisausfall).

Fehlt ein schlüssiges Konzept des Beklagten und lässt es sich - wie hier - auch nicht mehr nachholen, sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers zu übernehmen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 50/09 R - juris Rdnr. 26). Die Übernahme der tatsächlichen Kosten kann jedoch nicht unbegrenzt erfolgen (BSG a.a.O. Rdnr. 27). Auch insoweit besteht eine "Angemessenheitsgrenze" nach "oben". Durch sie soll verhindert werden, dass extrem hohe und damit nicht nur nach Auffassung des Grundsicherungsträgers, sondern per se unangemessene Mieten durch den Steuerzahler zu finanzieren sind (BSG a.a.O.). Die Grenze findet sich insoweit in den Tabellenwerten zu § 8 WoGG (der seit 1. Januar 2009 geltende § 12 WoGG ist für die streitgegenständlichen Zeiträume nicht maßgeblich). Da mit der Heranziehung der Wohngeldtabelle eine abstrakte, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum unabhängige Begrenzung vorgenommen wird, ist der jeweilige Höchstbetrag der Tabelle (rechte Spalte) anzusetzen. Eine Differenzierung nach Wohnaltersklassen ist dabei nicht vorzunehmen. Das BSG (a.a.O.) erhöht im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Hilfebedürftigen auf Sicherung des Wohnraumes diesen sich aus § 8 WoGG ergebenden Betrag ferner um einen "Sicherheitszuschlag".

Aus dem hier anzuwendenden § 8 WoGG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Wohngeldgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I 2005, Seite 2029) ergibt sich für die Kläger (zwei Personen) unter Zugrundelegung des Wohnortes G., der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung des Sozialgesetzbuches vom 24. September 2008 (BGBl. I 2008 Seite 1856) und der damit verbundenen Neubemessung der Mietstufen in Mietstufe 5 (seit 1. Januar 2009: Mietstufe 6) eingruppiert war, ein Betrag von 425,00 EUR. Dieser Betrag ist um einen vom BSG als "Sicherheitszuschlag" bezeichneten Betrag von 10% zu erhöhen. Damit beträgt die so ermittelte Referenzmiete monatlich insgesamt 467,50 EUR, was bei einer 60 m2 großen Wohnung einem Quadratmetermietpreis von 7,79 EUR entspricht.

Zu diesem Mietpreis sind im strittigen Zeitraum - so im Ergebnis auch der Vortrag der Kläger, die in G. einen Quadratmetermietpreis von 6,00 bis 6,75 EUR für angemessen halten - hinreichend mietbare Wohnungen verfügbar. Dabei stützt sich die Überzeugung des Senats nicht nur auf den eigenen Vortrag der Kläger sondern auch auf die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ihrer Wohnungsmarktbeobachtung.

Ein weitergehender Anspruch der Kläger auf Erstattung ihrer vollen Mietkosten mit einer Kaltmiete in Höhe von 572,00 EUR ergibt sich - entgegen dem SG - auch nicht aus § 23 Abs. 1 Satz 2 bzw. ab 1. August 2006 aus Satz 3 SGB II.

Die Kläger haben auch unter Berücksichtigung der Argumentation in der Entscheidung des Sozialgericht Mainz vom 8. Juni 2012, S 17 AS 1452/09, keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Der Senat folgt - wie auch schon der 1. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (vgl. Urteil vom 21. Juni 2013, L 1 AS 3518/11 ZVW, in juris; ebenso Luik in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 22 Rdnr. 72) - der Auffassung des Sozialgerichts Mainz nicht. Die vom Sozialgericht Mainz in seiner Entscheidung vom 8. Juni 2012 geäußerte Auffassung, dass der in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II verwendete Begriff der "Angemessenheit" den im Urteil des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vom 9. Februar 2010 aufgestellten Anforderungen nicht genüge, ist falsch. Das BVerfG hat in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum sog. "schlüssigen Konzept" die Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II bereits gebilligt und ausgerechnet in dem vom Sozialgericht Mainz als Beleg für seine irrige Auffassung angeführten Urteil folgendes ausgeführt: "§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II stellt die Übernahme angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem individuellen Bedarf sicher" (BVerfG 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12 Rdnr 148). Damit ist die Entscheidung des Sozialgericht Mainz schon im Ansatz unrichtig, wenn sie aaO Rdnr 62, 68 der Meinung ist, es fehle für die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Angemessenheit" an einer hinreichenden parlamentsgesetzlichen Grundlage und der Bundesgesetzgeber stehe "demnach in der Verantwortung, das Sozialstaatsprinzip selbst durch ein Gesetz hinreichend zu konkretisieren und zu gewährleisten, dass auf die zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums erforderlichen Leistungen auch ein entsprechender Rechtsanspruch besteht". Das ist, wie das Bundesverfassungsgericht klar gestellt hat, bereits in ausreichendem Maße geschehen. Auch in seiner Entscheidung vom 27. September 2011 - 1 BvR 232/11 = info also 2012, 28 = juris Rdnr. 24 f. hat das BVerfG das schlüssige Konzept des BSG ersichtlich für geeignet erachtet, den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit auszufüllen. Diese Entscheidung scheint dem Sozialgericht Mainz nicht bekannt gewesen zu sein. Dass die vom SG unter seiner falschen Prämisse sodann gezogenen Schlussfolgerungen unbeachtlich sind, bedarf danach keiner weiteren Ausführungen mehr.

Da die Aufwendungen der Kläger den angemessenen Mietpreis von 467,50 EUR für zwei Personen überschreiten, handelt es sich mithin um unangemessene Kosten, die von dem Grundsicherungsträger nach Ablauf von sechs Monaten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2, ab 1. August 2006 nach Satz 3 SGB II, grundsätzlich nicht mehr übernommen werden müssen. Voraussetzung für eine auf das gefundene Niveau der Vergleichsmiete abgesenkte Leistungsgewährung ist eine Kostensenkungsaufforderung durch den Leistungsträger und die Zumutbarkeit bzw. die Möglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 bzw. ab 1. August 2006 Satz 3 SGB II, ggf. auch eines Umzugs (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rdnr. 30). Das BSG ist dem Senat in dem zurückverweisenden Urteil ausdrücklich darin gefolgt, dass die Kostensenkungsaufforderung des Beklagten rechtmäßig erfolgte und wirksam gewesen ist. Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen KdU wegen Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit der Kostensenkung besteht damit nicht. Hieran hält der Senat auch weiter fest.

Objektiv ist den Klägern eine Kostensenkung, einschließlich eines Umzugs, zumutbar. Denn die objektive Unmöglichkeit einer Unterkunftsalternative ist nur in seltenen Ausnahmefällen zu begründen, zumal es in Deutschland auch im strittigen Zeitraum keine allgemeine Wohnungsnot gab und allenfalls in einzelnen Regionen Mangel an ausreichendem Wohnraum herrschte (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = juris Rdnr. 36). Dies gilt umso mehr, als der Senat sich davon überzeugen konnte, dass in ausreichendem Maß verfügbarer Wohnraum zu dem oben genannten Betrag auch im Vergleichsraum vorhanden ist. Auch sonstige Gründe, die objektiv einer Kostensenkung entgegenstehen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = juris Rdnr. 33 ff), liegen nach der Überzeugung des Senats hier nicht vor.

Andererseits sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen subjektiv nur dann zumutbar und möglich, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, Kostensenkungsmaßnahmen zu ergreifen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 19/09 R - juris; BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263). Insoweit kann die Unmöglichkeit einer Kostensenkung vorliegen, wenn der Grundsicherungsträger dem Hilfeempfänger zur Angemessenheit der Unterkunftskosten über die als angemessen angesehene Referenzmiete hinaus unrichtige Richtgrößen (Parameter) mitteilt und der Hilfeempfänger gerade deshalb keine angemessene Wohnung findet (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263-274 = juris Rdnr. 38). Führen die unzutreffenden Angaben des Grundsicherungsträgers dazu, dass der Hilfeempfänger mit den "falschen" Parametern oder auf dem "falschen" Wohnungsmarkt sucht und er auf Grund dessen keine Wohnung zur angegebenen Referenzmiete finden kann, bleibt der Grundsicherungsträger auf Grund des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II zur Übernahme auch zu hoher Unterkunftskosten verpflichtet, bis der Irrtum des Hilfeempfängers oder die Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen auf sonstige Weise beseitigt ist (BSG a.a.O.).

Der Beklagte hat die Kläger vorliegend mit den Bescheiden vom 27. November 2004 und 29. April 2005 über die Höhe der aus seiner Sicht angemessenen Mietobergrenze von 306,60 EUR sowie über die bestehende Rechtslage hinreichend informiert. Dies genügt, denn § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II stellt keine über eine Aufklärungs- und Warnfunktion hinausgehende Anforderungen (vgl. u.a. BSGE 97, 231 und BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 5/13, in juris). Der Streit darüber, ob die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung, welche Unterkunftskosten angemessen sind, zutreffend ist, ist bei der Frage zu klären, welche Aufwendungen i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II abstrakt angemessen sind (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 5/13, in juris, m.w.N.). Im Übrigen war der Hinweis darauf, dass aus Sicht des Beklagten eine angemessene Kaltmiete von 306,60 EUR angemessen sei, nicht ursächlich dafür, dass die Kläger keine angemessene Wohnung gefunden haben. Denn der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Kläger im vorliegend streitigen Zeitraum gar nicht versucht hatten, eine andere Wohnung zu finden oder die Kosten zu senken. Zwar haben sie eine Aufstellung vorgelegt, anhand derer sich die von ihnen angeblich dokumentierte Wohnungssuche nachweisen lasse. Diese Aufstellung (vgl. Bl. 29, 30, 43, 44 SG-Akte) lässt aber keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob die Wohnungen tatsächlich angeboten wurden, von wem sie angeboten wurden, wann eine Kontaktaufnahme mit dem Anbieter erfolgte und wann bzw. warum eine Absage erteilt wurde. Lässt sich aus den Unterlagen weder schließen, dass die Wohnungen tatsächlich angeboten wurden, noch dass die Kläger sich zeitnah um die Wohnungen bemüht haben, kann sich der Senat nicht von der Wohnungssuche der Kläger überzeugen. Dies gilt umso mehr, als die vorgelegten handschriftlichen Unterlagen als an einem Stück geschrieben erscheinen. Absetzungen, Änderungen der Handschrift, wie sie bei sich über längere Zeiträume erstreckenden Eintragungen üblich sind, zeigen sich gerade nicht. Auch deutet die datumsmäßig willkürliche Zusammenstellung der Angaben (vgl. Bl. 29 der SG-Akte, dort zweite Spalte) eher auf eine nachträgliche Zusammenstellung hin. Der Senat sieht sich in seiner Überzeugung auch durch den Umstand bestärkt, dass die von den Klägern erst seit August 2004 bewohnte Wohnung einem ihrer Söhne gehört, der die Mietzahlungen seiner Eltern fest in seine Finanzierung eingerechnet hat. Insoweit sprechen die tatsächlichen Umstände gegen eine Wohnungssuche der Kläger. Haben diese keinen Versuch der Kostensenkung unternommen, so ist der fehlerhafte Hinwies des Beklagten hinsichtlich der Höhe der angemessenen Kaltmiete in den Bescheiden vom 27. November 2004 und 29. April 2005 nicht ursächlich dafür, dass die Kläger Kostensenkungsmaßnahmen nicht durchführen konnten.

Die Kläger haben somit lediglich einen Anspruch auf die Gewährung von Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 467,50 EUR. Darin sind alle kalten Nebenkosten (vgl. § 5 Abs. 1 WoGG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Wohngeldgesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I 2005, Seite 2029) enthalten.

Hinzu kommen durch Vorlage der Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2005 und 2006 belegte Heizkosten, die getrennt von den Kosten Warmwasserbereitung berechnet worden sind. Gemäß der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2005 sind in diesem Jahr Heizkosten in Höhe von 257,88 EUR angefallen, mithin monatlich 21,49 EUR. Nach der Heizkostenabrechnung für das Jahr 2006 sind in diesem Jahr Heizkosten in Höhe von 296,64 EUR angefallen, mithin monatlich 24,72 EUR. Diese Heizkosten sind hier in diesem Fall angesichts der Höhe des Betrages, auch wenn die angemessene Wohnungsgröße überschritten ist, angemessen und deshalb vom Beklagten zu übernehmen, somit können die Kläger für die Zeit vom 1. bis 31. Dezember 2005 noch 21,49 EUR und für die Zeit vom 1. Januar bis 30. November 2006 noch monatlich 24,72 EUR Heizkosten beanspruchen. Die Kosten der Warmwasserbereitung, die für Dezember 2005 umgerechnet 9,68 EUR und für den 1. Januar bis zum 30. November 2006 monatlich 17,49 EUR betragen, da pauschaliert im Regelsatz enthalten, nicht gesondert zu übernehmen.

Weitergehende Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung können die Kläger nicht beanspruchen.

Damit war das Urteil des SG abzuändern und die Klage sowie die Berufung, soweit sie über den dargestellten Anspruch der Kläger hinaus gehen, ab- bzw. zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei berücksichtigt der Senat im Rahmen seines hier auszuübenden Ermessens, dass die Kläger die mit den Klagen erstrebten Leistungen nicht in vollem Umfang beanspruchen können, sowie das teilweise Obsiegen der Beklagten einerseits und die teilweise Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide andererseits und auch die in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten signalisierte grundsätzliche Bereitschaft, Leistungen unter Anwendung der Werte der Wohngeldtabelle mit einem Sicherheitszuschlag von 10 % zu gewähren.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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