S 11 BK 24/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 BK 24/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 26.023.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin dem Grunde nach.

Tatbestand:

Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist verheiratet mit der am 00.00.0000 geborenen Frau F. Beide sind Eltern der am 00.00.0000 geborenen T. und der am 00.00.0000 geborenen T.

Bei der erstmaligen Antragstellung bei der Beklagten gab der Kläger an, seine Frau erziele Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, er selbst sowohl aus selbständiger als auch nichtselbständiger Tätigkeit. Die Wohnungsmiete belaufe sich auf 380,00 EUR die Nebenkosten inklusive Heizkosten beliefen sich auf 189,00 EUR. Der Kläger erhielt Wohngeld.

Mit Bescheid vom 25.07.2012 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Kinderzuschlag für den Zeitraum September 2011 bis Februar 2012 ab, da auch mit Kinderzuschlag eine Hilfebedürftigkeit nicht vermieden werde.

Mit Schreiben vom 25.07.2012 forderte die Beklagte den Kläger zur Vorlage von weiteren Unterlagen zur Entscheidung über den Zeitraum ab März 2012 auf. So benötige sie eine Verdienstbescheinigung der L. ab Januar 2012, Nachweise betreffend das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von April 2012 bis Juni 2012 (Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben) sowie eine Selbsteinschätzung betreffend das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum Juli 2012 bis Dezember 2012. Die Beklagte wies hierbei auf die Mitwirkungspflichten nach § 60 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) hin.

Gegen den Bescheid vom 25.07.2012 legte der Kläger Widerspruch ein. Er gab an, die Einkünfte seien unzutreffend berücksichtig worden. Er erhalte als angestellter Geschäftsführer der E. ein monatliches Nettogehalt von 600,00 EUR. Daneben erhalte er als Küster der Pfarre I. monatlich ein Nettoeinkommen von 310,00 EUR, seine Ehefrau monatlich 316,04 EUR netto. Das Wohngeld belaufe sich auf 300,00 EUR.

Mit Bescheid vom 31.10.2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger für seine beiden Kinder für die Zeit von März 2012 bis Dezember 2012 unter dem Vorbehalt der Rückforderung Kinderzuschlag in Höhe von monatlich 280,00 EUR. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, da er die Auffassung vertrat, die Beklagte habe auch für den Zeitraum von August 2011 bis Februar 2012 Kinderzuschlag bewilligen müssen.

Mit Schreiben vom 24.01.2013 forderte die Beklagte den Kläger zur Rücksendung des Fragebogens zur Prüfung des Anspruchs auf Kinderzuschlag, zur Vorlage von Nachweisen zu den Miet-, Heiz- und Nebenkosten im Jahr 2013, zur Vorlage von Lohnabrechnung von Juli 2012 bis aktuell aus der Tätigkeit bei der Pfarre I., zur Vorlage eines Nachweises betreffend die Geschäftsführerbezüge von Juni 2012 bis aktuell, zur Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Auswertung von März 2012 bis Dezember 2012 sowie eine Prognose betreffend die Zeit von Januar 2013 bis Juni 2013, zur Vorlage von Lohnabrechnungen der Ehefrau für die Zeit von März 2012 bis aktuell sowie zur Vorlage des Wohngeldbescheides 2012/2013 auf. Dem Kläger wurde eine Frist bis zum 07.02.2013 gesetzt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2013 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.07.2012 als unbegründet zurück.

Mit Bescheid vom 26.02.2013 hob der Beklagte die Bewilligung von Kinderzuschlag für die Zeit von März 2012 bis Dezember 2012 auf Grundlage von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zehnten Buches der Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) auf. Der Kläger habe die erforderlichen Nachweise zur Überprüfung der rechtmäßigen Zahlung des Kinderzuschlags im oben genannten Bewilligungsabschnitt nicht vorgelegt. Es bestünden daher für diesen Zeitraum keine sicheren Erkenntnisse über das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen. Besondere Umstände, nach denen von einer Aufhebung für die Vergangenheit abgesehen werden könnte, lägen nicht vor. Es sei daher Kinderzuschlag in Höhe von 2.800,00 EUR zu Unrecht gezahlt worden. Dieser Betrag werde nach § 50 SGB X zurückgefordert.

Mit weiterem Bescheid vom 26.02.2013 versagte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum ab dem 01.01.2013 nach § 66 SGB I.

Am 27.03.2013 legte der Kläger Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid vom 26.02.2013 ein. Eine Begründung des Widerspruchs erfolgte – trotz gegenteiliger Ankündigung – nicht.

Am 15.05.2013 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Bewilligung von Kinderzuschlag.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.02.2013 als unbegründet zurück.

Am 07.08.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Eine Begründung der Klage ist nicht erfolgt.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Bescheid vom 26.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.07.2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Am 18.02.2014 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, an dem der ordnungsgemäß geladene Kläger, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet gewesen ist, nicht teilgenommen hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten verletzt, da die Bescheide rechtswidrig sind.

Es fehlt an der für eine Aufhebung des Bescheides vom 31.10.2012 erforderlichen Rechtsgrundlage. Insbesondere liegen – entgegen der Annahme der Beklagten – die Voraussetzungen der Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) nicht vor.

Zwar ist der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Verhältnisse nach Auffassung der Kammer mindestens grob fahrlässig nicht nachgekommen. Der Kläger ist mehrfach, zutreffend und nach Auffassung der Kammer unmissverständlich (vgl. dazu Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, Erg.-Lieferung 3/13 Dezember 2013, § 48 Rn. 39) darauf hingewiesen worden, dass ihn gemäß § 60 des Ersten Buch des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – (SGB I) die Obliegenheit trifft, auf Anforderung Unterlagen vorzulegen, die für das Bestehen oder die Höhe des Anspruchs von Bedeutung sein können. Dieser Obliegenheit ist er nicht nachgekommen. Hierbei liegt auch der vom Bundessozialgericht (BSG) geforderte "Pflichtwidrigkeitszusammenhang" zur Leistungserbringung vor (vgl. dazu BSG Urteil vom 09.02.2006 – B 7a AL 58/05 R = juris Rn. 17; Waschull, in: LPK-SGB X, 3. Aufl. 2011, § 48 Rn. 64).

Voraussetzung für die Aufhebung eines – ursprünglich rechtmäßigen - Verwaltungsaktes nach § 48 SGB X ist aber nach Abs. 1 Satz 1, dass eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eingetreten ist. Das Vorliegen der Voraussetzungen des Satz 1 ist – dies macht schon der Wortlaut der Norm deutlich – zwingende Voraussetzung für eine Anwendung des Satzes 2 (Aufhebung auch für die Vergangenheit).

Die objektive Beweislast bzw. Feststellungslast für die wesentliche Änderung trägt – nach allgemeiner (sozial-)verwaltungsgerichtlicher Dogmatik - derjenige, der sich darauf beruft (vgl. hierzu schon BSG Urteil vom 24.10.1957 – 10 RV 945/55 = juris ; vgl. auch BSG Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R = juris; Steinwedel, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 76. Erg.-Lieferung Dezember 2012, § 48 Rn. 23; Schütze, in: von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. 2010. § 48 Rn. 9; Merten, in: Hauck/Noftz, SGB X, Erg.-Lieferung 3/13 Dezember 2013, § 48 Rn. 29).

Dies ist vorliegend die Beklagte.

Ist die wesentliche Änderung nachgewiesen, käme – beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 – eine Aufhebung in Betracht, s o w e i t der Betroffene der durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen nicht nachgekommen ist.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Vorliegen einer wesentlichen Änderung weder dem Grunde nach, noch der Höhe nach nachgewiesen. Die Beklagte hat keine Kenntnisse ob – und ggf. in welchem Umfang – eine Änderung der Einkommensverhältnisse beim Kläger vorgelegen hat. Sie schließt aus der Nichtvorlage der erbetenen Unterlagen vielmehr, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Kinderzuschlag im streitigen Zeitraum nicht vorgelegen haben. Damit geht die Beklagte von einer Beweislastumkehr dergestalt aus, dass nunmehr nicht sie nachweisen muss, dass und in welcher Höhe die Voraussetzungen für die Bewilligung von Kinderzuschlag nicht mehr vorliegen. Die Beweislast, dass die Voraussetzungen weiterhin vorliegen, treffe nun vielmehr den Kläger.

Nun ist in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in bestimmten Fallkonstellationen durchaus eine Beweislastumkehr anerkannt worden. Dies waren in der Tat auch Fälle, in denen der Gegner der beweisbelasteten Partei den Beweis vereitelt oder erschwert oder die Beweisführung unmöglich ist, weil die zu beweisenden Tatsachen sich im Bereich des Gegners abgespielt haben und dieser an der ihm möglichen Sachverhaltsaufklärung nicht oder nicht rechtzeitig mitgewirkt hat (vgl. etwa BSG Urteil vom 07.07.2005 – B 3 P 8/04 R = juris; auch BSG Urteil vom 02.09.2004 – B 7 AL 88/03 = juris). So etwa ausdrücklich in einem solchen Fall, in dem der Kläger bei Antragstellung Angaben, die in seiner Verantwortungssphäre lagen bei Antragstellung nicht angegeben hatte und diese nun – nach gewisser Zeit – nicht mehr aufklärbar waren (vgl. BSG Urteil vom 24.05.2006 B 11a AL 7/05 R = juris Rn. 33). Das Bundessozialgericht hat in diesen Fällen nach Auffassung der Kammer aber hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es sich hierbei aber nur um besonders gelagerte Einzelfälle handeln kann.

Eine entsprechende Sonderkonstellation liegt hier nach Auffassung der Kammer hier nicht vor.

Der Beklagte hat im vorliegenden Fall mit Bescheid vom 31.10.2012 dem Kläger aufgrund dessen Angaben für seine beiden Kinder für einen Zeitraum von insgesamt zehn Monaten Leistungen unter dem "Vorbehalt der Rückforderung" (dazu unten) in Höhe von monatlich 280,00 EUR bewilligt. Nach Auffassung der Kammer war – bei erkennbar unzureichender Darlegung der Einkommensverhältnisse – eine Bewilligung für einen solch langen Zeitraum nicht zwingend. Die Beklagte hat damit nach Auffassung der Kammer mit zu dem Dilemma beigetragen, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung befand. In einer solchen Situation erscheint die Annahme einer Beweislastumkehr der Kammer nicht angezeigt.

Die Beklagte hat somit schon die Änderung der wesentlichen Verhältnisse nicht nachgewiesen. Es ist auch nicht erkennbar, in welchem Umfang – bei ordnungsgemäßer Mitteilung der Einkommensverhältnisse – ein Anspruch des Klägers noch bestanden hätte oder nicht.

Vor diesem Hintergrund scheitert auch die Aufhebung auf Grundlage etwa von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.

Die Anwendung von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X scheidet ebenfalls aus. Der Kläger hat nicht etwa grob fahrlässig verkannt, dass er keinen Anspruch mehr hatte.

Die Aufhebung des Bescheides war damit rechtwidrig. Der entsprechende Aufhebungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides war daher seinerseits durch die Kammer aufzuheben.

Die Kammer verkennt bei alledem nicht die schwierige Situation, in der sich die Beklagte aufgrund der unzureichenden materiell-rechtlichen Grundlage des BKGG befindet. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 02.11.2012 (B 4 KG 2/11 R) diese Situation zutreffend wie folgt beschrieben:

"So ist der Leistungsträger nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB I verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält. Auf Seiten der Leistungsberechtigten gilt, dass der Kinderzuschlag der Existenzsicherung i.S. des Art 1 Abs. 1 i.V.m. Art 20 Abs. 1 GG dient und damit der entstandene Bedarf umgehend gedeckt werden muss. Eine Verwirklichung dessen stößt jedoch häufig auf praktische Schwierigkeiten. Die Gewährung von Kinderzuschlag ist nach § 6a Abs. 1 BKGG von der Höhe des Einkommens des Antragstellers abhängig. Nach § 6a BKGG in der Neufassung des Bundeskindergeldgesetzes vom 28.1.2009 (BGBl. I 142) ist das "Einkommensfenster", in dem entweder ein Anspruch auf Kinderzuschlag besteht, mit dem Hilfebedürftigkeit i.S. des SGB II vermieden wird oder bei Unterschreitung der Mindesteinkommensgrenze ein Leistungsanspruch zur Sicherung des Lebensunterhalts aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegeben ist, sehr eng. Ohne konkrete Berechnungen im Einzelfall kann deshalb - zumindest bei schwankendem Einkommen - in der Regel nicht mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden, ob ein Anspruch auf Kinderzuschlag besteht. Hieraus folgt das Bedürfnis einer Bewilligung dieser Leistung bereits vor Abschluss aller notwendigen Ermittlungen zur Einkommenshöhe zu ermöglichen. § 6a BKGG trifft jedoch keine Regelung für eine solche "Vorwegzahlung". Er enthält anders als das SGB II (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II) keinen Verweis auf § 328 SGB III, obwohl das Recht des Kinderzuschlags gerade dazu dient, Leistungen nach dem SGB II zu vermeiden und die Berechnung der Leistung über die Regeln der Einkommensberücksichtigung zwischen SGB II und § 6a BKGG in Teilbereichen identisch ist (s nur BSGE 108, 144 = SozR 4-5870 § 6a Nr. 2, RdNr. 13)."

Diese materiell-rechtlich in der Tat unbefriedigende Ausgangslage nimmt das Bundessozialgericht nun zum Anlass, dem Leistungsträger die Möglichkeit einer Befugnis zur Vorwegzahlung im Wege einer Nebenbestimmung nach § 32 Abs. 1 SGB X aufzuzeigen. Dies erscheint der Kammer dogmatisch bedenklich, ist doch eine entsprechende Zulassung durch Rechtsvorschrift nicht erkennbar (§32 Abs. 1 Alt. 1 SGB X). Dass durch die Nebenbestimmung einer Vorwegzahlung sichergestellt würde, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt würde (§ 32 Abs. 1 Alt. 2 SGB X) sieht die Kammer ebenfalls nicht, werden hier doch Leistungen bewilligt, ohne dass feststünde, dass überhaupt ein Anspruch besteht (str, vgl. zum Streitstand etwa Burkiczak in: jurisPK-SGB X, § 32 Rn.84 ff.)

Auch das Bundessozialgericht hat hinsichtlich der dogmatischen Tragfähigkeit der Konstruktion offensichtlich Bedenken, führt es in der genannten Entscheidung doch aus, diese Möglichkeit bestünde, "jedenfalls bis zur Schaffung einer endgültigen gesetzlichen Grundlage für den Bereich der Regelungen über den Kinderzuschlag" (BSG Urteil vom 02.11.2012 – B 4 KG 2/11 R = juris Rn. 16 a.E.).

Eine Anpassung der Regelungen durch den Gesetzgeber ist im vorliegenden Fall auch nach Auffassung der Kammer der einzig gangbare Weg, die unstreitig vorhandenen Schwierigkeiten der Beklagten aus dem Weg zu räumen. Der Gesetzgeber ist dringend gefordert, den Leistungsträgern nach dem BKGG die Möglichkeit der vorläufigen Bewilligung von Leistungen einzuräumen, wie dies im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch den Verweis auf § 328 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches – Arbeitsförderung – (SGB III) bereits geschehen ist (so zutreffend BSG Urteil vom 02.11.2012 – B 4 KG 2/11 R = juris).

Im vorliegenden Fall vermag die Kammer – wie oben ausgeführt – keine Rechtsgrundlage zu erkennen, aufgrund derer die Aufhebung des Bewilligungsbescheides Bestand haben könnte. Nach alledem waren die angefochtenen Bescheide aufzuheben. Eine Rückforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X kam damit auch nicht in Betracht.

Die Kammer konnte die Streitsache auch in Abwesenheit des Klägers entscheiden, ohne seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) zu verletzen. Der Kläger war zum Termin ordnungsgemäß geladen und gemäß § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG auf die Möglichkeit der Entscheidung nach Aktenlage in seiner Abwesenheit hingewiesen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer Anwendung von §§ 183, 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

Sozialgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-aachen.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Aachen schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Rechtskraft
Aus
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