Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 30 AS 3265/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 1927/13 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Rechtsfrage "Ist es gerechtfertigt, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als Regelweg im Sinne von § 66 Abs. 1 SGG anzusehen?" ist geklärt (BSG, Urteil vom 14.03.2013 - B 13 R 19/12 R, RdNrn. 19 ff.) und hat deshalb keine grundsätzliche Bedeutung.
I. Die Beschwerde des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Tatbestand:
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung. In der Sache wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der Übernahme der Kosten für seine Einschulung.
Der 2005 geborene Kläger, gesetzlich vertreten durch seine Eltern – die allesamt im dauernden Leistungsbezug beim Beklagten stehen - beantragte am 20.02.2012 beim Beklagten die Übernahme der Kosten seiner Einschulung, die zum 01.09.2012 anstand, in Höhe von 400,00 EUR. Bei der Stadt C stellte der Kläger ebenfalls einen Antrag auf Übernahme der Einschulungskosten. Dort bezifferte er diese mit 500,00 EUR. Den beim Beklagten gestellten Antrag lehnte dieser mit Bescheid vom 08.03.2012 ab. Den Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 zurück. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides hatte folgenden Wortlaut: "Gegen diese Entscheidung kann jeder Betroffene für sich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Sozialgericht Chemnitz, Straße der Nationen 2-4, 09111 Chemnitz, Klage erheben. Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Für Minderjährige oder nicht geschäftsfähige Personen handelt deren gesetzlicher Vertreter. Klage kann auch durch ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhoben werden, soweit Bevollmächtigung dazu gegeben ist.
Die Klage muss gemäß § 92 des Sozialgerichtsgesetzes den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder der zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Zeitangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden. Der Klageschrift sind gemäß § 93 des Sozialgerichtsgesetzes nach Möglichkeit Abschriften für die Beteiligten beizufügen."
Der Kläger hat sein Begehren mit der durch seinen Prozessbevollmächtigten am 10.07.2013 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Unter Berücksichtigung der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 – es fehle der Hinweis auf die Möglichkeit des elektronischen Einreichens der Klage – müsse für die Klageerhebung die Jahresfrist gelten.
Der Beklagte hat die Klage für verfristet erachtet.
Das SG hat sie mit Gerichtsbescheid vom 17.10.2013 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Klagefrist eingereicht worden sei. Gemäß § 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Die Klagefrist sei im vorliegenden Verfahren am 14.07.2012 abgelaufen. Die Klage sei nach Ablauf der Frist eingelegt worden. Die erteilte Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides sei nicht deshalb unrichtig, weil sie nicht auf die Möglichkeit hingewiesen habe, den Rechtsbehelf in elektronischer Form einzulegen. Unrichtig im Sinne des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG sei jede Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht zumindest diejenigen Merkmale zutreffend wiedergebe, die § 66 Abs. 1 SGG als Bestandteil der Belehrung ausdrücklich benenne: (1.) den statthaften Rechtsbehelf als solchen (also seine Bezeichnung der Art nach), (2.) die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, (3.) deren bzw. dessen Sitz und (4.) die einzuhaltende Frist. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus sind nach ihrem Sinn und Zweck den Beteiligten ohne Gesetzeslektüre die ersten Schritte zur (fristgerechten) Wahrung ihrer Rechte zu ermöglichen, aber auch (5.) eine Belehrung über den wesentlichen Inhalt der bei Einlegung des Rechtsbehelfs zu beachtenden Formvorschriften erforderlich. Bei der elektronischen Form im Sinne des § 65a SGG handele es sich nicht lediglich um einen Unterfall bzw. eine Sonderform der Schriftform, sondern um eine eigenständige Form, die der Gesetzgeber "als zusätzliche Option neben der bisherigen schriftlichen Form" eingeführt habe. Entsprechend der überzeugenden Gründe des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14.03.2013 – B 13 R 19/12 R sei es nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nicht gerechtfertigt, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als "Regelweg" im Sinne des § 66 Abs. 1 SGG anzusehen. Mithin sei das Weglassen des Hinweises auf die Sonderform der elektronischen Klageerhebung unschädlich gewesen. Die Berufung sei nicht statthaft.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am Montag, dem 25.11.2013, Beschwerde beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingelegt. Die Beschwerde sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die hier zu klärende Rechtsfrage laute: "Ist es gerechtfertigt, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als Regelweg i.S.v. § 66 Abs. 1 SGG anzusehen?" Diese Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung. Denn sie habe eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für eine unbestimmte Anzahl weiterer Verfahren und somit Breitenwirkung. Durch die Entscheidung und Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch das SächsLSG werde in einer die Allgemeinheit berührenden Weise das Recht bzw. die Rechtsanwendung fortentwickelt bzw. vereinheitlicht. Die aufgeworfene Rechtsfrage sei klärungsbedürftig. Dem stehe auch nicht das zitierte Urteil des BSG entgegen. Es werde auf die Entscheidungsgründe des Urteils (juris), insbesondere RdNr. 32 ff., verwiesen. Die Ausführungen der Urteilsgründe zeigten, dass die einzelnen Senate des BSG hierzu noch keine Einigkeit erzielt hätten. Zudem werde auf das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 08.03.2012 – 1 A 11258/11 und den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 – L 5 AS 1773/10 B PKH verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.10.2013 zuzulassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.10.2013 die Berufung nicht zugelassen.
1. Die Berufung bedarf vorliegend gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit maximal EUR 500,00 (vgl. die gegenüber dem Beklagten bzw. der Stadt C vorgenommene Bezifferung der Einschulungskosten) 750,00 EUR nicht übersteigt. Auch betrifft der Rechtsstreit nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist vorliegend nicht zuzulassen. Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2), oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
a) Ein Verfahrensmangel gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat der Kläger bereits nicht geltend gemacht.
b) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung des SächsLSG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144 RdNr. 30) des BSG, des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat der Kläger nicht behauptet. Sie ist auch nicht gegeben. Vielmehr berücksichtigt das SG das Urteil des BSG vom 14.03.2013 – B 13 R 19/12 R. Auf eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz bzw. des LSG Berlin-Brandenburg kommt es nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht an.
c) Eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung liegt ebenfalls nicht vor. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse allein genügt nicht (Leitherer, a.a.O., § 144 RdNr. 28).
Die vom Kläger aufgeworfene Frage "Ist es gerechtfertigt, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als Regelweg im Sinne von § 66 Abs. 1 SGG anzusehen?" ist bereits vom BSG geklärt. Das BSG hat im zitierten Urteil vom 14.03.2013 – B 13 R 19/12 R, RdNr. 19 ff. (vgl. auch Reichel, jurisPR-SoR 21/2013, Anmerkung 5) entschieden:
Tenor:
"Dennoch ist es - jedenfalls nach derzeitiger Sach- und Rechtslage - nach § 66 Abs. 1 SGG nicht geboten, in Rechtsbehelfsbelehrungen hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs dann, wenn für das betreffende Gericht die elektronische Form durch Rechtsverordnung zugelassen ist, stets auch auf die Möglichkeit der Verwendung dieser Form und ihre Voraussetzungen hinzuweisen. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG führt allein die Einordnung der elektronischen Form als gleichrangige prozessuale Form nicht automatisch dazu, dass diese schon deshalb und schon jetzt als ‚Regelweg‘ iS von § 66 Abs. 1 SGG anzusehen ist. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
(1) Auch nach der Änderung bzw. Ergänzung der sozialgerichtlichen Verfahrensordnung durch das JKomG findet in den spezifischen Vorschriften des SGG, die nähere Vorgaben zur Art und Weise der Einlegung von Rechtsbehelfen oder Rechtsmitteln machen, die elektronische Form keine Erwähnung. Das gilt für die Klageerhebung (§ 90 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘) ebenso wie für die Einlegung der Berufung (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), der Berufungs-Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Abs. 1 S 2 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), der Revision (§ 164 Abs. 1 S 1 SGG: ‚schriftlich‘), der Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs. 1 S 3 SGG: ‚Beschwerdeschrift‘), der sonstigen Beschwerden (§ 173 S 1 und 2 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), der Erinnerung gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten (§ 178 S 2 i.V.m. § 173 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘) sowie der Anhörungsrüge (§ 178a Abs. 2 S 4 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), in gleicher Weise aber auch für Anträge auf Tatbestandsberichtigung (§ 138 SGG), Urteilsergänzung (§ 140 SGG) oder auf Erlass von Anordnungen im einstweiligen Rechtsschutz (§ 86b SGG). Lediglich am Rande ist in § 160a Abs. 1 S 3 bzw. in § 164 Abs. 1 S 3 SGG bestimmt, dass die Soll-Vorschrift zur Beifügung einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils nicht gilt, ‚soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden‘.
Diese allenfalls beiläufige Einbeziehung der elektronischen Form in die Grundnormen des SGG zur Art und Weise der Einlegung von Rechtsbehelfen belegt, dass der Gesetzgeber diese Form zwar grundsätzlich auch hierfür erlauben wollte. Er hat aber offenkundig noch keine Veranlassung gesehen, sie neben der Schriftform und der mündlichen Form (zur Niederschrift) als gleich gewichtige Form und weiteren Regelweg zu normieren. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es das aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Postulat der Rechtsmittelklarheit erfordert, die elektronische Form auch in die einzelnen Bestimmungen über die formalen Anforderungen an die Einlegung der jeweiligen Rechtsbehelfe aufzunehmen, um den Rechtsuchenden den Weg zur gerichtlichen Überprüfung einer Entscheidung mit der gebotenen Klarheit vorzuzeichnen (vgl. BVerfG (Plenum) BVerfGE 107, 395, 416 f = SozR 4-1100 Art 103 Nr. 1 RdNr. 57; s auch BVerfG (Kammer) vom 22.5.2012 - 2 BvR 2207/10 - Juris RdNr. 3: ‚Der Gesetzgeber muss für die Rechtsmittel, die er bereitstellt, die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit in einer dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit entsprechenden Weise bestimmen.‘). Dies ist jedoch nicht geschehen. Die Vorschrift des § 65a SGG zur elektronischen Form befasst sich nicht einmal ausdrücklich mit der Einlegung von Rechtsbehelfen oder Rechtsmitteln.
Nichts anderes ergibt sich aus der Regelung in § 158 S 1 SGG. Zwar sind hier die drei prozessualen Formen ausdrücklich nebeneinandergestellt (‚nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift‘). Die genannte Vorschrift wendet sich jedoch von vornherein nicht an die Rechtsuchenden, sondern enthält Vorgaben für das Gericht. Zudem ist sie im Vergleich zu entsprechenden Bestimmungen anderer Prozessordnungen über die Behandlung unzulässiger Rechtsmittel (z.B. § 125 Abs. 2 S 1 VwGO, § 522 Abs. 1 ZPO; s auch § 169 SGG für die Revision) hinsichtlich der ‚gesetzlichen Form‘ wesentlich detaillierter (und insoweit singulär); nur aus diesem Grund bedurfte sie bei Einführung der elektronischen Form einer redaktionellen Anpassung, weil sie ansonsten unvollständig geworden wäre (vgl. BT-Drucks 15/4067 S 42 - zu Art 4, zu Nr. 16 (§ 158)). Eine weitergehende Regelungsabsicht, namentlich die Etablierung der elektronischen Form als gleich gewichtiger Regelform, hat der Gesetzgeber damit jedoch nicht verfolgt.
(2) Das Erfordernis einer Belehrung auch über die Form des Rechtsbehelfs ist, wie bereits ausgeführt (s oben unter b), aus einer am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten erweiternden Auslegung des § 66 Abs. 1 SGG herzuleiten. In Umsetzung des verfassungsrechtlichen Gebots zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 S 1 GG; s hierzu z.B. BVerfGE 40, 272, 275) soll die Regelung in § 66 SGG verhüten helfen, dass jemand aus Unkenntnis den Rechtsweg nicht ausschöpft. Ziel einer jeden Rechtsbehelfsbelehrung muss es demnach sein, den Empfänger über den wesentlichen Inhalt der zu beachtenden Vorschriften zu unterrichten und es ihm so zu ermöglichen, ohne Gesetzeslektüre die ersten Schritte zur ordnungsgemäßen Einlegung des Rechtsbehelfs einzuleiten (BSGE 79, 293, 294 = SozR 3-1500 § 66 Nr. 6 S 24). Ausgerichtet auf dieses Ziel genügt es, über den wesentlichen Inhalt der bei Einlegung des Rechtsbehelfs zu beachtenden Formvorschriften zu informieren (BSG vom 26.1.1993 - 1 RK 33/92 - Juris RdNr. 6). Infolgedessen muss eine ‚richtige‘ Belehrung nicht stets allen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten Rechnung tragen; es reicht aus, wenn sie die Beteiligten in die richtige Richtung lenkt (BSG SozR 4-1500 § 66 Nr. 1 RdNr. 6 am Ende).
Das ist bei einer Rechtsmittelbelehrung, die sich hinsichtlich der formalen Anforderungen auf die ‚klassischen‘ und allgemein gebräuchlichen Möglichkeiten einer schriftlichen oder mündlichen (zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle) Einlegung der Berufung beschränkt, jedenfalls derzeit noch ersichtlich der Fall. Sie zeigt den Beteiligten die regelmäßig allen Bürgern - auch soweit sie nicht über informationstechnische Spezialkenntnisse und eine spezifische technische Ausstattung verfügen - offenstehenden Wege für die Einlegung des Rechtsmittels klar und deutlich auf (vgl. BSGE 42, 140, 144 = SozR 1500 § 84 Nr. 1 S 4). Die hier in Rede stehende Rechtsmittelbelehrung trägt auch in keiner Weise zu einer formwidrigen oder verspäteten Einlegung des Rechtsbehelfs bei (vgl. BSG SozR 4-1500 § 66 Nr. 1 RdNr. 6). Sie enthält keine Inhalte, die - bei abstrakter Betrachtungsweise - geeignet sein könnten, den Informationswert der richtigen Angaben zu mindern oder, was hier von besonderer Bedeutung ist, die Beteiligten von Erkundigungen über möglicherweise im Einzelfall bestehende weitere Möglichkeiten abzuhalten. Sie macht insbesondere keine Angaben, die von Rechtsuchenden dahingehend verstanden werden könnten, dass eine Berufungseinlegung auf elektronischem Weg ausgeschlossen sei.
(3) Die Möglichkeit, Schriftsätze in gerichtlichen Verfahren als elektronisches Dokument dem Gericht elektronisch zu übermitteln, hat allein durch ihre rechtliche Zulassung in § 65a SGG i.V.m. einer ausfüllenden Rechtsverordnung noch keine solche praktische Bedeutung erlangt, dass es geboten wäre, die Beteiligten zum Schutz vor Rechtsnachteilen durch Unwissenheit (vgl. BSGE 42, 140, 144 = SozR 1500 § 84 Nr. 1 S 4) auch auf diese Form notwendig hinzuweisen. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass der mit einer rechtswirksamen elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht gemäß § 65a SGG verbundene Aufwand bei Weitem denjenigen übersteigt, der mit einer Übermittlung auf herkömmliche Weise (schriftlich oder zur Niederschrift) einhergeht. Auch wenn die erforderlichen IT-Geräte und ein ausreichend leistungsfähiger Zugang zum Internet mittlerweile in breiten Bevölkerungskreisen zur Verfügung stehen (zur Berücksichtigung eines Internet-Anschlusses für die Nachrichtenübermittlung bei der Bemessung des Regelbedarfs nach dem SGB II vgl. BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 153/11 R – RdNr. 74, zur Veröffentlichung in SozR 4-4200 § 20 Nr. 17 vorgesehen), wird zusätzlich nach § 2 i.V.m. Anl. 2 Nr. 1 ElRVerkV Hessen eine spezielle Zugangs- und Übertragungssoftware (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach - EGVP) benötigt. Diese wird zwar von der Justizverwaltung kostenfrei zur Verfügung gestellt, doch muss der Nutzer ihre fehlerfreie Installation, Konfiguration und Bedienung selbst bewerkstelligen. Außerdem ist zur Anbringung der für die Rechtsmitteleinlegung vorgeschriebenen qualifizierten elektronischen Signatur (§ 65a Abs. 1 S 3 SGG i.V.m. § 2 und Anl. 2 Nr. 2 ElRVerkV Hessen) nicht nur ein Kartenlesegerät, sondern auch eine gültige Signaturkarte erforderlich, die - kostenpflichtig - in einem zeitintensiven Identifizierungsverfahren bei einem zugelassenen Anbieter erworben werden muss.
Dieser einer elektronischen Übermittlung in gerichtlichen Verfahren notwendig vorausgehende Zusatzaufwand von erheblichem Ausmaß - insbesondere hinsichtlich der qualifizierten elektronischen Signatur - hat nach Einschätzung der Bundesregierung dazu geführt, dass die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten auch zehn Jahre nach dessen Einführung ‚weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist‘ (Entwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 6.3.2013, BT-Drucks 17/12634 S 1 - unter A. (Problem und Ziel)), sodass auch heute noch die Kommunikation mit der Justiz ‚fast ausschließlich auf Papier‘ basiert (aaO). Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls Ende 2010 und auch derzeit noch nicht davon ausgegangen werden, dass zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes zwingend eine Belehrung auch über die Möglichkeiten einer elektronischen Kommunikation mit den Gerichten erforderlich ist. Dies gilt umso mehr, als Bürger oder Behörden in der Zugangs- und Übertragungssoftware EGVP ohnehin ein Verzeichnis derjenigen Gerichte vorfinden, mit denen die elektronische Kommunikation möglich ist.
(4) Aber auch auf Seiten der Gerichte ist die Fähigkeit zur elektronischen Kommunikation noch längst nicht überall gegeben (vgl. BT-Drucks 17/12634 a.a.O.). Zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des SG-Urteils im November 2010 war im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit lediglich in fünf von sechzehn Ländern (in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz) sowie beim BSG die Übermittlung elektronischer Dokumente zugelassen. Daran hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert. Seither ist die elektronische Form zusätzlich nur für die Sozialgerichte in Sachsen (zeitlich gestaffelt ab 1.4.2011, 1.7. bzw. 1.10.2012, s § 1 i.V.m. Anl. Nr. 4, 5, 24, 35 der VO vom 6.7.2010, GVBl Sachsen 190) sowie in Nordrhein-Westfalen (ab 1.1.2013, s § 1 i.V.m. Anl. der VO vom 7.11.2012, GVBl Nordrhein-Westfalen 551) zugelassen worden. Mithin kann auch jetzt noch in lediglich sieben von sechzehn Ländern die elektronische Form im Sozialgerichtsprozess genutzt werden, wobei so bevölkerungsreiche Länder wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen diese Form noch nicht eröffnet haben. Dies belegt, dass es jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist, bei Betrachtung des gesamten Geltungsbereichs des SGG die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als ‚Regelweg‘ der Rechtsmitteleinlegung i.S. der Schutzvorschrift des § 66 Abs. 2 SGG anzusehen. Ob dies anders zu beurteilen ist, sobald alle Gerichte durch Bundesgesetz verpflichtet sind, ab einem bestimmten Zeitpunkt die elektronische Kommunikation zu ermöglichen, ist hier nicht zu entscheiden, zumal die entsprechenden Regelungen gemäß dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (BT-Drucks 17/12634, s dort Art 4 Nr. 1, Art 24 und 25) noch nicht verabschiedet sind. (5) Zu berücksichtigen ist auch, dass die Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG an Rechtsbehelfsbelehrungen nicht nur für solche in gerichtlichen Entscheidungen, sondern ebenso für Rechtsbehelfsbelehrungen in (Widerspruchs-)Bescheiden maßgeblich sind. Während von einem SG erwartet werden kann, dass es den landesrechtlichen Bestimmungen zur Eröffnung der elektronischen Form in diesem Gerichtszweig zeitnah Rechnung trägt, ist dies bei Sozialversicherungsträgern mit Sitz außerhalb des betreffenden Landes faktisch sehr viel schwieriger zu gewährleisten. Auch solche - insbesondere bundesweit zuständige - Träger haben aber vielfach Belehrungen zur Einlegung von Rechtsbehelfen bei Gerichten anderer Länder als demjenigen ihres Sitzes zu erteilen (vgl. die Regelung zur örtlichen Zuständigkeit in § 57 Abs. 1 und 2 SGG). Deshalb würde es zu einer Häufung unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrungen und damit zu einer Bindung der Beteiligten an entsprechende Bescheide (§ 77 SGG) erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG führen, sähe man zwingend eine Belehrung über die elektronische Form als weiteren Regelweg auch für den Fall vor, dass diese noch vor einer bundesweit einheitlichen Einführung im Rahmen der ‚Öffnungsklausel‘ des § 65a Abs. 1 SGG bereits lokal zugelassen wurde. Dass der Gesetzgeber des § 65a SGG diese Auswirkungen gewollt oder in Kauf genommen hätte, ist nicht ersichtlich.
(6) Soweit sich die oberstgerichtliche Rechtsprechung bislang damit befasst hat, sieht auch sie keine Notwendigkeit, in Rechtsbehelfsbelehrungen über die Möglichkeit einer Einlegung in elektronischer Form zu belehren. So hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, in dem die Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde in elektronischer Form enthielt, trotz Rüge einer deswegen fehlerhaften Belehrung die Monatsfrist - wenn auch ohne nähere Begründung - für maßgeblich gehalten (BSG, Beschluss vom 9.2.2010 - B 11 AL 194/09 B - Juris RdNr. 2; s auch RdNr. 5). Der 3. Senat des BFH hat entschieden, dass die Familienkassen in ihren Bescheiden auch dann nicht auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form hinweisen müssen, wenn sie durch Angabe einer E-Mail-Adresse konkludent einen Zugang i.S. von § 87a Abs. 1 S 1 AO eröffnet haben (Beschluss vom 2.2.2010, BFH/NV 2010, 830 RdNr. 5; Beschluss vom 12.10.2012, BFH/NV 2013, 177 RdNr. 22). In diesem Sinne hat auch der 1. Senat des BFH im Rahmen eines Streits über die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids nach summarischer Prüfung erkannt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig i.S. von § 356 Abs. 2 AO ist, wenn sie zwar auf die Notwendigkeit der Einspruchseinlegung in Schriftform oder zur Niederschrift, nicht aber zugleich auf die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation (§ 87a AO) hinweist (Be-schluss vom 12.12.2012, BFH/NV 2013, 434 RdNr. 16 ff).
2. Die nach alledem für die Einlegung der Berufung maßgebliche Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG hat die Beklagte mit ihrem (in Papierform vorgelegten) Schriftsatz vom 18.2.2011, der am 28.3.2011 beim LSG einging, nicht gewahrt."
Eine hiervon abweichende Entscheidung eines anderen Senats des BSG existiert nicht (vgl. Reichel, jurisPR-SozR 21/2013, Anmerkung 5).
Nach alledem war die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
3. Mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Beschwerde war Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Weinholtz Brügmann Dr. Anders
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Tatbestand:
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung. In der Sache wendet sich der Kläger gegen die Ablehnung der Übernahme der Kosten für seine Einschulung.
Der 2005 geborene Kläger, gesetzlich vertreten durch seine Eltern – die allesamt im dauernden Leistungsbezug beim Beklagten stehen - beantragte am 20.02.2012 beim Beklagten die Übernahme der Kosten seiner Einschulung, die zum 01.09.2012 anstand, in Höhe von 400,00 EUR. Bei der Stadt C stellte der Kläger ebenfalls einen Antrag auf Übernahme der Einschulungskosten. Dort bezifferte er diese mit 500,00 EUR. Den beim Beklagten gestellten Antrag lehnte dieser mit Bescheid vom 08.03.2012 ab. Den Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 zurück. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides hatte folgenden Wortlaut: "Gegen diese Entscheidung kann jeder Betroffene für sich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Sozialgericht Chemnitz, Straße der Nationen 2-4, 09111 Chemnitz, Klage erheben. Die Klage ist schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. Für Minderjährige oder nicht geschäftsfähige Personen handelt deren gesetzlicher Vertreter. Klage kann auch durch ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft erhoben werden, soweit Bevollmächtigung dazu gegeben ist.
Die Klage muss gemäß § 92 des Sozialgerichtsgesetzes den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder der zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Zeitangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden. Der Klageschrift sind gemäß § 93 des Sozialgerichtsgesetzes nach Möglichkeit Abschriften für die Beteiligten beizufügen."
Der Kläger hat sein Begehren mit der durch seinen Prozessbevollmächtigten am 10.07.2013 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Unter Berücksichtigung der fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid vom 11.06.2012 – es fehle der Hinweis auf die Möglichkeit des elektronischen Einreichens der Klage – müsse für die Klageerhebung die Jahresfrist gelten.
Der Beklagte hat die Klage für verfristet erachtet.
Das SG hat sie mit Gerichtsbescheid vom 17.10.2013 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil sie nicht innerhalb der gesetzlichen Klagefrist eingereicht worden sei. Gemäß § 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei die Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides zu erheben. Die Klagefrist sei im vorliegenden Verfahren am 14.07.2012 abgelaufen. Die Klage sei nach Ablauf der Frist eingelegt worden. Die erteilte Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides sei nicht deshalb unrichtig, weil sie nicht auf die Möglichkeit hingewiesen habe, den Rechtsbehelf in elektronischer Form einzulegen. Unrichtig im Sinne des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG sei jede Rechtsbehelfsbelehrung, die nicht zumindest diejenigen Merkmale zutreffend wiedergebe, die § 66 Abs. 1 SGG als Bestandteil der Belehrung ausdrücklich benenne: (1.) den statthaften Rechtsbehelf als solchen (also seine Bezeichnung der Art nach), (2.) die Verwaltungsstelle oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, (3.) deren bzw. dessen Sitz und (4.) die einzuhaltende Frist. Über den Wortlaut der Vorschrift hinaus sind nach ihrem Sinn und Zweck den Beteiligten ohne Gesetzeslektüre die ersten Schritte zur (fristgerechten) Wahrung ihrer Rechte zu ermöglichen, aber auch (5.) eine Belehrung über den wesentlichen Inhalt der bei Einlegung des Rechtsbehelfs zu beachtenden Formvorschriften erforderlich. Bei der elektronischen Form im Sinne des § 65a SGG handele es sich nicht lediglich um einen Unterfall bzw. eine Sonderform der Schriftform, sondern um eine eigenständige Form, die der Gesetzgeber "als zusätzliche Option neben der bisherigen schriftlichen Form" eingeführt habe. Entsprechend der überzeugenden Gründe des Urteils des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14.03.2013 – B 13 R 19/12 R sei es nach derzeitiger Sach- und Rechtslage nicht gerechtfertigt, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als "Regelweg" im Sinne des § 66 Abs. 1 SGG anzusehen. Mithin sei das Weglassen des Hinweises auf die Sonderform der elektronischen Klageerhebung unschädlich gewesen. Die Berufung sei nicht statthaft.
Gegen den dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 24.10.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am Montag, dem 25.11.2013, Beschwerde beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingelegt. Die Beschwerde sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die hier zu klärende Rechtsfrage laute: "Ist es gerechtfertigt, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als Regelweg i.S.v. § 66 Abs. 1 SGG anzusehen?" Diese Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung. Denn sie habe eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für eine unbestimmte Anzahl weiterer Verfahren und somit Breitenwirkung. Durch die Entscheidung und Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch das SächsLSG werde in einer die Allgemeinheit berührenden Weise das Recht bzw. die Rechtsanwendung fortentwickelt bzw. vereinheitlicht. Die aufgeworfene Rechtsfrage sei klärungsbedürftig. Dem stehe auch nicht das zitierte Urteil des BSG entgegen. Es werde auf die Entscheidungsgründe des Urteils (juris), insbesondere RdNr. 32 ff., verwiesen. Die Ausführungen der Urteilsgründe zeigten, dass die einzelnen Senate des BSG hierzu noch keine Einigkeit erzielt hätten. Zudem werde auf das Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 08.03.2012 – 1 A 11258/11 und den Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25.11.2010 – L 5 AS 1773/10 B PKH verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.10.2013 zuzulassen und das Verfahren als Berufungsverfahren fortzuführen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17.10.2013 die Berufung nicht zugelassen.
1. Die Berufung bedarf vorliegend gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mit maximal EUR 500,00 (vgl. die gegenüber dem Beklagten bzw. der Stadt C vorgenommene Bezifferung der Einschulungskosten) 750,00 EUR nicht übersteigt. Auch betrifft der Rechtsstreit nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist vorliegend nicht zuzulassen. Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2), oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).
a) Ein Verfahrensmangel gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat der Kläger bereits nicht geltend gemacht.
b) Eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung des SächsLSG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144 RdNr. 30) des BSG, des gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat der Kläger nicht behauptet. Sie ist auch nicht gegeben. Vielmehr berücksichtigt das SG das Urteil des BSG vom 14.03.2013 – B 13 R 19/12 R. Auf eine Abweichung der Entscheidung des SG von einer Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz bzw. des LSG Berlin-Brandenburg kommt es nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht an.
c) Eine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung liegt ebenfalls nicht vor. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse allein genügt nicht (Leitherer, a.a.O., § 144 RdNr. 28).
Die vom Kläger aufgeworfene Frage "Ist es gerechtfertigt, die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als Regelweg im Sinne von § 66 Abs. 1 SGG anzusehen?" ist bereits vom BSG geklärt. Das BSG hat im zitierten Urteil vom 14.03.2013 – B 13 R 19/12 R, RdNr. 19 ff. (vgl. auch Reichel, jurisPR-SoR 21/2013, Anmerkung 5) entschieden:
Tenor:
"Dennoch ist es - jedenfalls nach derzeitiger Sach- und Rechtslage - nach § 66 Abs. 1 SGG nicht geboten, in Rechtsbehelfsbelehrungen hinsichtlich der Form der Einlegung des Rechtsbehelfs dann, wenn für das betreffende Gericht die elektronische Form durch Rechtsverordnung zugelassen ist, stets auch auf die Möglichkeit der Verwendung dieser Form und ihre Voraussetzungen hinzuweisen. Entgegen der Rechtsmeinung des LSG führt allein die Einordnung der elektronischen Form als gleichrangige prozessuale Form nicht automatisch dazu, dass diese schon deshalb und schon jetzt als ‚Regelweg‘ iS von § 66 Abs. 1 SGG anzusehen ist. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
(1) Auch nach der Änderung bzw. Ergänzung der sozialgerichtlichen Verfahrensordnung durch das JKomG findet in den spezifischen Vorschriften des SGG, die nähere Vorgaben zur Art und Weise der Einlegung von Rechtsbehelfen oder Rechtsmitteln machen, die elektronische Form keine Erwähnung. Das gilt für die Klageerhebung (§ 90 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘) ebenso wie für die Einlegung der Berufung (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), der Berufungs-Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 Abs. 1 S 2 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), der Revision (§ 164 Abs. 1 S 1 SGG: ‚schriftlich‘), der Revisions-Nichtzulassungsbeschwerde (§ 160a Abs. 1 S 3 SGG: ‚Beschwerdeschrift‘), der sonstigen Beschwerden (§ 173 S 1 und 2 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), der Erinnerung gegen Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten (§ 178 S 2 i.V.m. § 173 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘) sowie der Anhörungsrüge (§ 178a Abs. 2 S 4 SGG: ‚schriftlich oder zur Niederschrift‘), in gleicher Weise aber auch für Anträge auf Tatbestandsberichtigung (§ 138 SGG), Urteilsergänzung (§ 140 SGG) oder auf Erlass von Anordnungen im einstweiligen Rechtsschutz (§ 86b SGG). Lediglich am Rande ist in § 160a Abs. 1 S 3 bzw. in § 164 Abs. 1 S 3 SGG bestimmt, dass die Soll-Vorschrift zur Beifügung einer Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils nicht gilt, ‚soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden‘.
Diese allenfalls beiläufige Einbeziehung der elektronischen Form in die Grundnormen des SGG zur Art und Weise der Einlegung von Rechtsbehelfen belegt, dass der Gesetzgeber diese Form zwar grundsätzlich auch hierfür erlauben wollte. Er hat aber offenkundig noch keine Veranlassung gesehen, sie neben der Schriftform und der mündlichen Form (zur Niederschrift) als gleich gewichtige Form und weiteren Regelweg zu normieren. Wäre dies der Fall gewesen, hätte es das aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitende Postulat der Rechtsmittelklarheit erfordert, die elektronische Form auch in die einzelnen Bestimmungen über die formalen Anforderungen an die Einlegung der jeweiligen Rechtsbehelfe aufzunehmen, um den Rechtsuchenden den Weg zur gerichtlichen Überprüfung einer Entscheidung mit der gebotenen Klarheit vorzuzeichnen (vgl. BVerfG (Plenum) BVerfGE 107, 395, 416 f = SozR 4-1100 Art 103 Nr. 1 RdNr. 57; s auch BVerfG (Kammer) vom 22.5.2012 - 2 BvR 2207/10 - Juris RdNr. 3: ‚Der Gesetzgeber muss für die Rechtsmittel, die er bereitstellt, die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit in einer dem Grundsatz der Rechtsmittelklarheit entsprechenden Weise bestimmen.‘). Dies ist jedoch nicht geschehen. Die Vorschrift des § 65a SGG zur elektronischen Form befasst sich nicht einmal ausdrücklich mit der Einlegung von Rechtsbehelfen oder Rechtsmitteln.
Nichts anderes ergibt sich aus der Regelung in § 158 S 1 SGG. Zwar sind hier die drei prozessualen Formen ausdrücklich nebeneinandergestellt (‚nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift‘). Die genannte Vorschrift wendet sich jedoch von vornherein nicht an die Rechtsuchenden, sondern enthält Vorgaben für das Gericht. Zudem ist sie im Vergleich zu entsprechenden Bestimmungen anderer Prozessordnungen über die Behandlung unzulässiger Rechtsmittel (z.B. § 125 Abs. 2 S 1 VwGO, § 522 Abs. 1 ZPO; s auch § 169 SGG für die Revision) hinsichtlich der ‚gesetzlichen Form‘ wesentlich detaillierter (und insoweit singulär); nur aus diesem Grund bedurfte sie bei Einführung der elektronischen Form einer redaktionellen Anpassung, weil sie ansonsten unvollständig geworden wäre (vgl. BT-Drucks 15/4067 S 42 - zu Art 4, zu Nr. 16 (§ 158)). Eine weitergehende Regelungsabsicht, namentlich die Etablierung der elektronischen Form als gleich gewichtiger Regelform, hat der Gesetzgeber damit jedoch nicht verfolgt.
(2) Das Erfordernis einer Belehrung auch über die Form des Rechtsbehelfs ist, wie bereits ausgeführt (s oben unter b), aus einer am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten erweiternden Auslegung des § 66 Abs. 1 SGG herzuleiten. In Umsetzung des verfassungsrechtlichen Gebots zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs. 4 S 1 GG; s hierzu z.B. BVerfGE 40, 272, 275) soll die Regelung in § 66 SGG verhüten helfen, dass jemand aus Unkenntnis den Rechtsweg nicht ausschöpft. Ziel einer jeden Rechtsbehelfsbelehrung muss es demnach sein, den Empfänger über den wesentlichen Inhalt der zu beachtenden Vorschriften zu unterrichten und es ihm so zu ermöglichen, ohne Gesetzeslektüre die ersten Schritte zur ordnungsgemäßen Einlegung des Rechtsbehelfs einzuleiten (BSGE 79, 293, 294 = SozR 3-1500 § 66 Nr. 6 S 24). Ausgerichtet auf dieses Ziel genügt es, über den wesentlichen Inhalt der bei Einlegung des Rechtsbehelfs zu beachtenden Formvorschriften zu informieren (BSG vom 26.1.1993 - 1 RK 33/92 - Juris RdNr. 6). Infolgedessen muss eine ‚richtige‘ Belehrung nicht stets allen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten Rechnung tragen; es reicht aus, wenn sie die Beteiligten in die richtige Richtung lenkt (BSG SozR 4-1500 § 66 Nr. 1 RdNr. 6 am Ende).
Das ist bei einer Rechtsmittelbelehrung, die sich hinsichtlich der formalen Anforderungen auf die ‚klassischen‘ und allgemein gebräuchlichen Möglichkeiten einer schriftlichen oder mündlichen (zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle) Einlegung der Berufung beschränkt, jedenfalls derzeit noch ersichtlich der Fall. Sie zeigt den Beteiligten die regelmäßig allen Bürgern - auch soweit sie nicht über informationstechnische Spezialkenntnisse und eine spezifische technische Ausstattung verfügen - offenstehenden Wege für die Einlegung des Rechtsmittels klar und deutlich auf (vgl. BSGE 42, 140, 144 = SozR 1500 § 84 Nr. 1 S 4). Die hier in Rede stehende Rechtsmittelbelehrung trägt auch in keiner Weise zu einer formwidrigen oder verspäteten Einlegung des Rechtsbehelfs bei (vgl. BSG SozR 4-1500 § 66 Nr. 1 RdNr. 6). Sie enthält keine Inhalte, die - bei abstrakter Betrachtungsweise - geeignet sein könnten, den Informationswert der richtigen Angaben zu mindern oder, was hier von besonderer Bedeutung ist, die Beteiligten von Erkundigungen über möglicherweise im Einzelfall bestehende weitere Möglichkeiten abzuhalten. Sie macht insbesondere keine Angaben, die von Rechtsuchenden dahingehend verstanden werden könnten, dass eine Berufungseinlegung auf elektronischem Weg ausgeschlossen sei.
(3) Die Möglichkeit, Schriftsätze in gerichtlichen Verfahren als elektronisches Dokument dem Gericht elektronisch zu übermitteln, hat allein durch ihre rechtliche Zulassung in § 65a SGG i.V.m. einer ausfüllenden Rechtsverordnung noch keine solche praktische Bedeutung erlangt, dass es geboten wäre, die Beteiligten zum Schutz vor Rechtsnachteilen durch Unwissenheit (vgl. BSGE 42, 140, 144 = SozR 1500 § 84 Nr. 1 S 4) auch auf diese Form notwendig hinzuweisen. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass der mit einer rechtswirksamen elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen an das Gericht gemäß § 65a SGG verbundene Aufwand bei Weitem denjenigen übersteigt, der mit einer Übermittlung auf herkömmliche Weise (schriftlich oder zur Niederschrift) einhergeht. Auch wenn die erforderlichen IT-Geräte und ein ausreichend leistungsfähiger Zugang zum Internet mittlerweile in breiten Bevölkerungskreisen zur Verfügung stehen (zur Berücksichtigung eines Internet-Anschlusses für die Nachrichtenübermittlung bei der Bemessung des Regelbedarfs nach dem SGB II vgl. BSG Urteil vom 12.7.2012 - B 14 AS 153/11 R – RdNr. 74, zur Veröffentlichung in SozR 4-4200 § 20 Nr. 17 vorgesehen), wird zusätzlich nach § 2 i.V.m. Anl. 2 Nr. 1 ElRVerkV Hessen eine spezielle Zugangs- und Übertragungssoftware (Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach - EGVP) benötigt. Diese wird zwar von der Justizverwaltung kostenfrei zur Verfügung gestellt, doch muss der Nutzer ihre fehlerfreie Installation, Konfiguration und Bedienung selbst bewerkstelligen. Außerdem ist zur Anbringung der für die Rechtsmitteleinlegung vorgeschriebenen qualifizierten elektronischen Signatur (§ 65a Abs. 1 S 3 SGG i.V.m. § 2 und Anl. 2 Nr. 2 ElRVerkV Hessen) nicht nur ein Kartenlesegerät, sondern auch eine gültige Signaturkarte erforderlich, die - kostenpflichtig - in einem zeitintensiven Identifizierungsverfahren bei einem zugelassenen Anbieter erworben werden muss.
Dieser einer elektronischen Übermittlung in gerichtlichen Verfahren notwendig vorausgehende Zusatzaufwand von erheblichem Ausmaß - insbesondere hinsichtlich der qualifizierten elektronischen Signatur - hat nach Einschätzung der Bundesregierung dazu geführt, dass die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten auch zehn Jahre nach dessen Einführung ‚weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist‘ (Entwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 6.3.2013, BT-Drucks 17/12634 S 1 - unter A. (Problem und Ziel)), sodass auch heute noch die Kommunikation mit der Justiz ‚fast ausschließlich auf Papier‘ basiert (aaO). Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls Ende 2010 und auch derzeit noch nicht davon ausgegangen werden, dass zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes zwingend eine Belehrung auch über die Möglichkeiten einer elektronischen Kommunikation mit den Gerichten erforderlich ist. Dies gilt umso mehr, als Bürger oder Behörden in der Zugangs- und Übertragungssoftware EGVP ohnehin ein Verzeichnis derjenigen Gerichte vorfinden, mit denen die elektronische Kommunikation möglich ist.
(4) Aber auch auf Seiten der Gerichte ist die Fähigkeit zur elektronischen Kommunikation noch längst nicht überall gegeben (vgl. BT-Drucks 17/12634 a.a.O.). Zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Zustellung des SG-Urteils im November 2010 war im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit lediglich in fünf von sechzehn Ländern (in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz) sowie beim BSG die Übermittlung elektronischer Dokumente zugelassen. Daran hat sich bis heute nichts Grundlegendes geändert. Seither ist die elektronische Form zusätzlich nur für die Sozialgerichte in Sachsen (zeitlich gestaffelt ab 1.4.2011, 1.7. bzw. 1.10.2012, s § 1 i.V.m. Anl. Nr. 4, 5, 24, 35 der VO vom 6.7.2010, GVBl Sachsen 190) sowie in Nordrhein-Westfalen (ab 1.1.2013, s § 1 i.V.m. Anl. der VO vom 7.11.2012, GVBl Nordrhein-Westfalen 551) zugelassen worden. Mithin kann auch jetzt noch in lediglich sieben von sechzehn Ländern die elektronische Form im Sozialgerichtsprozess genutzt werden, wobei so bevölkerungsreiche Länder wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen diese Form noch nicht eröffnet haben. Dies belegt, dass es jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist, bei Betrachtung des gesamten Geltungsbereichs des SGG die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsbehelfen in elektronischer Form als ‚Regelweg‘ der Rechtsmitteleinlegung i.S. der Schutzvorschrift des § 66 Abs. 2 SGG anzusehen. Ob dies anders zu beurteilen ist, sobald alle Gerichte durch Bundesgesetz verpflichtet sind, ab einem bestimmten Zeitpunkt die elektronische Kommunikation zu ermöglichen, ist hier nicht zu entscheiden, zumal die entsprechenden Regelungen gemäß dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (BT-Drucks 17/12634, s dort Art 4 Nr. 1, Art 24 und 25) noch nicht verabschiedet sind. (5) Zu berücksichtigen ist auch, dass die Anforderungen des § 66 Abs. 1 SGG an Rechtsbehelfsbelehrungen nicht nur für solche in gerichtlichen Entscheidungen, sondern ebenso für Rechtsbehelfsbelehrungen in (Widerspruchs-)Bescheiden maßgeblich sind. Während von einem SG erwartet werden kann, dass es den landesrechtlichen Bestimmungen zur Eröffnung der elektronischen Form in diesem Gerichtszweig zeitnah Rechnung trägt, ist dies bei Sozialversicherungsträgern mit Sitz außerhalb des betreffenden Landes faktisch sehr viel schwieriger zu gewährleisten. Auch solche - insbesondere bundesweit zuständige - Träger haben aber vielfach Belehrungen zur Einlegung von Rechtsbehelfen bei Gerichten anderer Länder als demjenigen ihres Sitzes zu erteilen (vgl. die Regelung zur örtlichen Zuständigkeit in § 57 Abs. 1 und 2 SGG). Deshalb würde es zu einer Häufung unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrungen und damit zu einer Bindung der Beteiligten an entsprechende Bescheide (§ 77 SGG) erst nach Ablauf der Jahresfrist des § 66 Abs. 2 SGG führen, sähe man zwingend eine Belehrung über die elektronische Form als weiteren Regelweg auch für den Fall vor, dass diese noch vor einer bundesweit einheitlichen Einführung im Rahmen der ‚Öffnungsklausel‘ des § 65a Abs. 1 SGG bereits lokal zugelassen wurde. Dass der Gesetzgeber des § 65a SGG diese Auswirkungen gewollt oder in Kauf genommen hätte, ist nicht ersichtlich.
(6) Soweit sich die oberstgerichtliche Rechtsprechung bislang damit befasst hat, sieht auch sie keine Notwendigkeit, in Rechtsbehelfsbelehrungen über die Möglichkeit einer Einlegung in elektronischer Form zu belehren. So hat der 11. Senat des BSG in einem Fall, in dem die Rechtsmittelbelehrung des LSG-Urteils keinen Hinweis auf die Möglichkeit der Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde in elektronischer Form enthielt, trotz Rüge einer deswegen fehlerhaften Belehrung die Monatsfrist - wenn auch ohne nähere Begründung - für maßgeblich gehalten (BSG, Beschluss vom 9.2.2010 - B 11 AL 194/09 B - Juris RdNr. 2; s auch RdNr. 5). Der 3. Senat des BFH hat entschieden, dass die Familienkassen in ihren Bescheiden auch dann nicht auf die Möglichkeit der Einspruchseinlegung in elektronischer Form hinweisen müssen, wenn sie durch Angabe einer E-Mail-Adresse konkludent einen Zugang i.S. von § 87a Abs. 1 S 1 AO eröffnet haben (Beschluss vom 2.2.2010, BFH/NV 2010, 830 RdNr. 5; Beschluss vom 12.10.2012, BFH/NV 2013, 177 RdNr. 22). In diesem Sinne hat auch der 1. Senat des BFH im Rahmen eines Streits über die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids nach summarischer Prüfung erkannt, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig i.S. von § 356 Abs. 2 AO ist, wenn sie zwar auf die Notwendigkeit der Einspruchseinlegung in Schriftform oder zur Niederschrift, nicht aber zugleich auf die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation (§ 87a AO) hinweist (Be-schluss vom 12.12.2012, BFH/NV 2013, 434 RdNr. 16 ff).
2. Die nach alledem für die Einlegung der Berufung maßgebliche Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG hat die Beklagte mit ihrem (in Papierform vorgelegten) Schriftsatz vom 18.2.2011, der am 28.3.2011 beim LSG einging, nicht gewahrt."
Eine hiervon abweichende Entscheidung eines anderen Senats des BSG existiert nicht (vgl. Reichel, jurisPR-SozR 21/2013, Anmerkung 5).
Nach alledem war die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
3. Mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der Beschwerde war Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht zu bewilligen.
Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Weinholtz Brügmann Dr. Anders
Rechtskraft
Aus
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