Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 3203/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 851/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 31.01.2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.12.2006.
Der 1962 geborene Kläger ist seit dem 01.12.2006 als Vermittler von Versicherungen selbständig tätig. Er ist im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Vom 01.01.2007 bis 31.05.2008 beschäftigte er eine sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin (Elke Sch.). Zum 01.06.2008 verlegte er seine Betriebsstätte von E. (D.) nach U ... Ab dem 01.04.2009 hatte er eine Arbeitnehmerin als geringfügig Beschäftigte (K. Sch.). Ab dem 01.11.2009 kam eine weitere Arbeitnehmerin als geringfügig Beschäftigte hinzu (A. Sch.).
Ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten ging am 09.08.2010 ein vom Kläger ausgefüllter "Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbständig Tätiger" ein. Nach Vorlage sämtlicher Unterlagen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.01.2011 die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.12.2006 fest. Mit weiterem Bescheid vom 12.01.2011 stellte die Beklagte fest, dass Beiträge für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 verjährt seien. Weiter stellte sie fest, dass in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.05.2008 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe, da der Kläger im Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit mindestens einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigte. Ab dem 01.06.2008 bestehe wieder Versicherungspflicht. Ab dem 01.11.2009 bestünde wiederum keine Versicherungspflicht. Nach der Beitragsberechnung in der Anlage des Bescheids forderte die Beklagte Beiträge für den Zeitraum vom 01.06.2008 bis 31.12.2008 in Höhe von insgesamt 1.730,82 EUR (monatlich 247,26 EUR, halber Regelbeitrag) und für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.10.2009 in Höhe von insgesamt 2.507,40 EUR (monatlich 250,74 EUR, halber Regelbeitrag), insgesamt 4.238,22 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 04.02.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass er bereits am 14.01.2007 schriftlich einen Antrag zur Befreiung der ersten 36 Monate nach seinem Start in die Selbständigkeit gestellt habe. Es sei eine eigene hohe Alterssicherung betrieben worden. Er gehe davon aus, dass die Nachforderung nicht wirksam sei, da er seit seinem Schreiben vom 14.01.2007, das er in Ablichtung beigefügt habe, nichts mehr von der Beklagten gehört habe.
Nachdem die Beklagte hierzu erklärte, dass ein Antrag aus dem Jahr 2007 nicht bekannt sei und um Vorlage von Nachweisen bat, führte der Kläger weiter aus, er habe am 14.01.2007 den Antrag auf Freistellung per Post an die Beklagte gesandt. Dieses Schreiben habe er auch am Sonntag, 14.01.2007 unter Zeugen in den Briefkasten geworfen. Nachweislich gingen bei der Beklagten öfters Briefe nicht ein. Er sei seinen Obliegenheitspflichten nachgekommen. Die Beklagte dagegen habe sich bei ihm kein einziges Mal gemeldet. Lediglich die jährlichen Schreiben zur Altersvorsorge seien übersandt worden. Wenn die Beklagte sein Schreiben nicht erhalten hätte, hätte sie spätestens bei seinem Rentenverlauf stutzig werden müssen, da keine Beiträge mehr eingeflossen seien. Er sei seinen weiteren Obliegenheiten nachgekommen und habe nach Ablauf der drei Jahre Befreiung wegen der Anstellung mehrerer Arbeitnehmer eine weitere Beitragsbefreiung beantragt. Die Beklagte erwiderte daraufhin, der Zugang des Schreibens lasse sich nicht feststellen. Die Wirksamkeit des Antrags setze den Zugang voraus. Daraufhin rief der Kläger bei der Beklagten am 05.04.2011 an (lt. Aktenvermerk) und gab an, er habe den Befreiungsantrag nicht in einen Postbriefkasten geworfen, sondern in einen solchen einer Auskunfts- und Beratungsstelle. Schriftlich führte er weiter aus (Schreiben vom 18.04.2011), er habe zwei bis drei Tage bevor er den Antrag vom 14.01.2007 in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen habe, bei der Beklagten in B. angerufen und gefragt, ob er die Freistellung in Ulm in den Briefkasten der Beklagten einwerfen könne, damit der Brief nach B. per Hauspost oder Briefpost weitergeleitet werden könne. Dies sei ihm telefonisch bestätigt worden. Also habe er den Freistellungsantrag geschrieben und diesen in den Hausbriefkasten der Deutschen Rentenversicherung in U. in der K. unter Zeugen eingeworfen. Danach seien sie Frühstücken gegangen. Die Beklagte stellte daraufhin Nachforschungen im Regionalzentrum U. an. Danach konnte nicht nachvollzogen werden, dass vom Kläger am 14.01.2007 ein Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung eingeworfen wurde. Die Eingangspost werde direkt nach B. weitergeleitet und nicht dokumentiert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung einer nicht nachvollziehbaren Antragstellung zurück.
Am 27.09.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und zur Begründung auf seinen bisherigen Vortrag verwiesen und Zeuginnen benannt. Die beiden Zeuginnen hätten den Kläger am 14.01.2007 zum Briefkasten begleitet und gesehen, wie er den Brief bei der Beklagten eingeworfen habe. Auf dem Weg dorthin habe der Kläger den Zeuginnen erzählt, dass der Brief für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht notwendig sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.01.2012 hat das SG die vom Kläger benannten Zeuginnen, I. J. und K. B. (Ehefrau des Klägers), vernommen. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift des SG verwiesen (Bl. 28 bis 32 der SG-Akte).
Mit Urteil vom 31.01.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide insoweit abgeändert, dass festgestellt wurde, dass Versicherungsfreiheit auch für die Zeiträume vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 und vom 01.06.2008 bis 30.10.2009 vorlag. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es seien sowohl die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 01.12.2006 nach § 6 Abs. la Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als auch die zeitlichen Vorgaben für die Antragstellung erfüllt. Der Kläger habe in den streitgegenständlichen Zeiträumen unstreitig keine Arbeitnehmer beschäftigt und sei überwiegend für einen Auftraggeber tätig gewesen. Die Befreiung erfolge dann auf Antrag des Versicherten und wirke vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt werde, ansonsten vom Eingang des Antrags an, § 6 Abs. 2, 4 SGB VI. Der Kläger habe seinen Antrag innerhalb der 3-Monats-Frist bei der Beklagten eingereicht. Die Frage des Zugangs eines Antrages richte sich nach § 130 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Zugegangen sei eine Willenserklärung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt sei, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit habe, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehöre auch die von ihm zur Entgegennahme von Erklärungen bereit gehalten Einrichtungen, wie etwa ein Briefkasten. Die Beweislast für den Zugang trage derjenige, der sich auf diesen berufe, vorliegend also der Kläger (unter Verweis auf Palandt Bürgerliches Gesetzbuch, Beckscher Kurzkommentar, 67. Auflage 2008, § 130 Rn. 21). Nach der durchgeführten Beweisaufnahme sei das Gericht der Überzeugung, dass der Befreiungsantrag am 14.01.2007, einem Sonntag, durch Einwurf in den Nachtbriefkasten der Niederlassung der Beklagten in der K. in U., in den Machtbereich der Beklagten gelangt sei, und gemäß den oben genannten Grundsätzen ein Zugang am 15.01.2007 mit erfolgter Leerung des Briefkastens zu unterstellen sei. Die maßgebliche Frist von drei Monaten seit Aufnahme der Selbständigkeit habe der Kläger damit eingehalten. Das Gericht ziehe seine Überzeugung zum Zugang des Briefes aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung und den Aussagen der beiden Zeuginnen I. J. und K.
Hiernach sei davon auszugehen, dass der Kläger die beiden Zeuginnen am Abend des 13.01.2007 in einer Discothek in U. kennengelernt habe und man sich dort bis in die frühen Morgenstunden des 14.01.2007 unterhalten habe. Gegen fünf Uhr morgens habe der Kläger die beiden Zeuginnen in sein Büro in E. eingeladen, nachdem er sich mit der Zeugin J., ebenfalls aus der Versicherungsbranche, bereits zu diesem Thema unterhalten habe und innerhalb der Unterhaltung er auch bereits über seine Absicht gesprochen habe, sich als Neu-Selbständiger von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Im Büro in E. habe der Kläger dann unter Anwesenheit der beiden Zeuginnen den Befreiungsantrag verfasst, weshalb beide Zeuginnen von dessen Inhalt Kenntnis hätten. Die Aussage der Zeugin J., dass der Kläger das Schreiben vorgelesen habe, widerspreche nicht der Aussage der Zeugin B., dass sie selbst einen Blick auf den PC geworfen habe, während der Kläger das Schreiben verfasst habe, da beide Geschehnisse gemeinsam zugetroffen haben könnten. Gemeinsam seien die drei dann zurück nach U. in die K. gefahren, um das Schreiben bei der Beklagten in den Nachtbriefkasten einzuwerfen. Im Anschluss sei beim Kläger gemeinsam gefrühstückt worden.
Das Gericht vermöge bei dieser von Kläger und Zeuginnen in den wesentlichen Punkten übereinstimmend vorgetragenen Geschichte sehr wohl zu erkennen, dass ein derartiger Geschehensablauf nicht alltäglich sei. So erscheine es bei vorläufiger Betrachtung zwar seltsam, dass der Kläger mit zwei neu kennengelernten und damit unbekannten Damen zunächst von U. ins etwa 30 Kilometer entfernte E. fahre, um dann kurze Zeit später wieder mit diesen zurück nach U. zu fahren, um ein Schreiben in den Briefkasten der Beklagten einzuwerfen. Auf der anderen Seite sei die geschilderte Abhandlung derart merkwürdig, dass das Gericht nicht davon ausgehen möge, dass diese erfunden worden sei. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Abhandlung derart seltsam gewesen sei, könne das Gericht nachvollziehen, dass sowohl der Kläger als auch die beiden Zeuginnen noch eine recht genaue Erinnerung an diesen Tag hätten, nachdem dieser immerhin bereits mehr als vier Jahre zurückliege. Bei der Zeugin B. handele es sich mittlerweile zwar um die Ehefrau des Klägers, weshalb man den Beweiswert ihrer Aussage anzweifeln könne. Nachdem aber sowohl der Kläger als auch beide Zeuginnen überzeugend und ohne inhaltliche Widersprüche ihre Aussagen unabhängig voneinander getätigt hätten, vermöge das Gericht, selbst bei einer derart merkwürdigen Geschichte nicht davon auszugehen, dass es sich um eine erfundene handeln müsse und eine Gefälligkeitsaussage gemacht worden sei. Maßgebliche Ungereimtheiten in den jeweiligen Aussagen habe es schlicht nicht gegeben. Es sei deshalb tatsächlich davon auszugehen, dass der Kläger den Befreiungsantrag, von dessen Inhalt beide Zeuginnen Kenntnis gehabt hätten, da ihn der Kläger vor ihren Augen verfasst habe, am Morgen des 14.01.2007 in den Nachtbriefkasten der Beklagten in der K. in U. eingeworfen habe. Dass der Brief dann, als er durch den Einwurf in den Machtbereich der Beklagten gelangt sei, untergegangen sei, sei der Beklagten zur Last zu legen. Dem Einwand der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass ein weiterer, vom Kläger behaupteter Brief, den er per Post versandt haben will, auch nicht zugegangen sei, sei dabei keine weitere Relevanz zuzumessen. Hierzu habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, dass wenn er gegenüber der Beklagten schriftlich angegeben habe, dass er den Brief auch noch per Post versandt habe, er dies auch sicher getan habe. Allerdings habe der Kläger eine tatsächliche eigene Erinnerung, wie an die sonstigen Geschehnisse am 14.01.2007, in der Verhandlung nicht mehr aufbringen können, weshalb das Gericht Zweifel daran habe, ob ein Verschicken per Post noch erfolgt sei. Die Aussagen der Zeuginnen könnten durch diesen Einwand jedenfalls nicht erschüttert werden, da diese lediglich Aussagen zum tatsächlichen Einwurf bei der Beklagten hätten machen können, nicht zu einem Versand per Post. Der Nachweis eines einzigen Zugangs bei der Beklagten sei ausreichend, einen zweiten Zugang habe der Kläger nicht beweisen müssen.
Am 27.02.2012 hat die Beklagte gegen das ihr am 13.02.2012 zugestellte Urteil Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Bewertung des Tatsachenvortrags durch das SG sei schon allein deshalb fehlerhaft, weil diese auf einer unzulässigen Schlussfolgerung beruhe. Das SG stelle letztlich den Rechtssatz auf, dass ein Tatsachenvortrag umso glaubhafter sei, je unglaubhafter er sei. Dies widerspreche allgemeinen Denkgesetzen. Weiterhin sei unzutreffend, dass es keine Ungereimtheiten in den Aussagen des Klägers und der Zeuginnen gebe. Vielmehr lägen eine ganze Reihe von Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten vor. Widersprüchlich sei, dass der Kläger habe vortragen lassen, dass er den Zeuginnen auf dem Weg zum Briefkasten über den Inhalt des Schreiben erzählt habe, während die Zeuginnen ausgesagt hätten, vom Inhalt des Briefes in der Agentur des Klägers Kenntnis genommen zu haben. Desweiteren sei es äußerst unwahrscheinlich, dass gleich zwei Schriftstücke des Klägers verschwänden, sowohl der angeblich in den Nachtbriefkasten eingeworfene Brief als auch der mit der Post an die gleiche Adresse versandte Brief. Der Kläger habe im Schreiben vom 27.03.2011 ausdrücklich zwei Zugangswege behauptet. Die den ursprünglichen Vortrag leicht relativierende Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung beim SG, er sei sich nicht mehr sicher, sei als Schutzbehauptung zu werten. Auch der Vortrag des Klägers, er habe sich vor Einwurf des Schreibens telefonisch bei der Beklagten erkundigt, ob er den Brief in U. einwerfen könne, sei nicht glaubhaft. Den Mitarbeitern der Beklagten seien nicht nur die Fristen sondern auch die Formfreiheit des Antrags bekannt. Im Falle eines solchen Anrufs wäre ein entsprechender Telefonvermerk verfasst worden. Ein solcher befinde sich jedoch nicht bei den Akten. Desweiteren erscheine es äußerst seltsam und merkwürdig, dass wichtige geschäftliche Unterlagen mitten in der Nacht im Beisein von mehr oder weniger wildfremden Menschen angefertigt worden sein sollen. Dies auch deshalb, weil davon auszugehen sei, dass bei dem Diskothekenbesuch, bei dem man offenbar nette Menschen kennengelernt habe, Alkohol konsumiert worden sei. Schließlich habe der Kläger entgegen seines Vortrags zeitlich überhaupt nicht unter Druck gestanden. Er habe damals vielmehr noch 1 1/2 Monate für die Fertigung des Antrags Zeit gehabt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 31.01.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat er vortragen lassen, seine Angaben und die Aussagen der Zeuginnen seien widerspruchsfrei und glaubhaft. Unerheblich sei, ob er das Schreiben zusätzlich per Post versandt habe. Allein der Einwurf in den Briefkasten der Beklagten habe ausgereicht, um die Frist zu wahren. Soweit die Beklagte vortrage, dass eine Telefonnotiz über den Anruf des Klägers nicht vorliege, spiegele dies lediglich die wohl allgemeine Organisationsschwäche der Beklagten wider. Die angeblichen Ungereimtheiten hinsichtlich des Kennenlernens der Zeuginnen und des Klägers lägen tatsächlich nicht vor. In Diskotheken würden auch nichtalkoholische Getränke konsumiert. Die Beklagte verkenne, dass der Kläger mit dem Kfz unterwegs gewesen sei. Außerdem könnten sympathische Menschen auch ohne Alkoholkonsum kennen gelernt werden. Solche Bekanntschaften seien in der Regel auch dauerhafter.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2014 den Kläger persönlich angehört und die Zeuginnen I. S. (früher J.) und K. B. vernommen; auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Bescheide der Beklagten vom 12.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeiträume vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 und vom 01.06.2008 bis 30.10.2009.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sind die Bestimmungen in § 2 Satz 1 Nr. 9 und § 6 Abs. 1a bzw. § 7 SGB VI.
Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI (in der Fassung des Haushaltbegleitgesetzes vom 29.06.2006, BGBl. I 1402) sind versicherungspflichtig Personen, die (a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und (b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft. Nach § 6 Abs. 1a SGB VI werden Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, von der Versicherungspflicht befreit (1.) für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erfüllt, (2.) nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden. Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten. Sie wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt (§ 6 Abs. 2 bis 5 SGB VI).
Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI lag in den streitgegenständlichen Zeiträumen vor. Der Kläger war unstreitig selbständig tätig und im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig war. Auch war der Zeitraum von drei Jahren seit erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit noch nicht abgelaufen. Der Senat konnte aber nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger innerhalb der 3-Monatsfrist, die am 02.12.2006 begann und am 01.03.2007 endete, bei der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt hat.
Der Kläger muss sich zunächst entgegen halten lassen, dass keiner seiner beiden Briefe, weder der nach eigenen Angaben am 14.01.2007 in den Briefkasten der K. in U. persönlich eingeworfene noch der an die Beklagte in B. adressierte und später zur Post gegebene bei der Beklagten eingegangen sind. Dass in ein und derselben Verwaltungsangelegenheit beide Schreiben verloren gehen und auch das behauptete vorhergehende Telefonat mit der Beklagten nicht dokumentiert ist, erscheint in der Gesamtbetrachtung äußerst unwahrscheinlich.
Dem Kläger war es nach seinem eigenen Vortrag bewusst, dass es auf die Einhaltung einer Frist ankommt. Dann aber wäre es naheliegend gewesen, den Brief per Einschreiben zu versenden oder sich von der Beklagten den Zugang bestätigen zu lassen. Es ist weiter nicht nachvollziehbar, warum der Kläger sich nicht danach erkundigt hat, ob sein Antrag zugegangen war, nachdem er sich nach seinem eigenen Vortrag unter Zeitdruck fühlte, ihm die Antragstellung nach seinen späteren Angaben sehr wichtig war und er mit dem doppelten Zugangsweg offenbar sicherstellen wollte, dass der Antrag ankommt.
All dies spricht bereits gegen die vom Kläger behauptete rechtzeitige Antragstellung im Januar 2007. Hinzu kommt, dass die vom Kläger und den Zeuginnen vorgetragenen Geschehnisse zu einem Einwurf des Befreiungsantrags am 14.01.2007 bei der Regionalstelle der Beklagten in U. für den Senat nicht nachvollziehbar sind. Der Senat ist davon überzeugt, dass dieser Vortrag konstruiert ist und nicht den wahren Gegebenheiten entspricht.
Es ist schon nicht nachvollziehbar, warum der Kläger früh morgens an einem Sonntag mit zwei soeben erst in einer Disco kennengelernten Frauen in seinem ca. 30 km von U. entfernten Büro ein Antragsschreiben zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erstellt und dann unter Beobachtung der Zeuginnen in U. in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen haben soll. Es bestand damals keinerlei Zeitdruck für die Stellung des Antrags. Erst am 01.12.2006 hatte der Kläger seine Tätigkeit als Vermittler von Versicherungen aufgenommen. Am 14.01.2007 war noch nicht einmal die Hälfte der Frist zur Stellung des Befreiungsantrags abgelaufen. Dass auch der Kläger davon ausging, er habe noch Zeit, ergibt sich aus seinem Vortrag, den Brief (auch) per Post versandt zu haben. Bei einem Einwurf am Sonntag, dem 14.01.2007, konnte er nicht mit einem Zugang vor dem 16.01.2007 rechnen. Ihm wäre es danach auch möglich gewesen, das Schreiben innerhalb normaler Arbeitszeiten zu erstellen und noch am Montag, dem 15.01.2007 bei der Beklagten einzuwerfen.
Widersprüchlich ist insoweit, dass einerseits ein Geschehensablauf dargestellt wird, der nur mit dem Zeitdruck des bevorstehenden Fristablaufs einer vermeintlichen Sechs-Wochen-Frist (die jedoch ausgehend vom 02.12.2006 bereits am 11.01.2007 abgelaufen gewesen wäre) verständlich erscheint, andererseits der Kläger sich weder bei seinem Steuerberater noch bei der Beklagten Informationen über die tatsächlich einzuhaltende Frist eingeholt hat.
Aber selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, der Fristablauf stünde unmittelbar bevor, hätte er jedenfalls noch den gesamten Sonntag Zeit gehabt, den Brief zu verfassen und bei der Beklagten einzuwerfen. Aus welchem Grund er dies nachts unter Beisein fremder Personen erledigen wollte, erschließt sich dem Senat nicht. Weder in seinen ersten Einlassungen im Vorverfahren noch im Rahmen der Befragung durch das SG gab er eine nachvollziehbare Erklärung für sein Vorgehen an. Die Zeugin S. (J.) gab an, sie wollten noch nicht nachhause und in der Disco sei es so zu laut gewesen, um sich weiter gut zu unterhalten. Man sei deshalb in das ca. 30 km entfernte Büro des Klägers gefahren. Dass man sich dort nun weiter gut unterhalten habe, wird nicht vorgetragen. Der Kläger habe vielmehr den Befreiungsantrag erstellt. Danach sei man dann nach U. zurück und habe beim Kläger gefrühstückt. Wenn man sich weiter gut unterhalten wollte, ist nicht erklärlich, warum man nicht direkt zum Kläger nachhause gefahren ist. Die Zeugin B. gab schließlich keine Erklärung dazu ab, warum man in das Büro des Klägers gefahren ist.
Wenn es dem Kläger so wichtig und dringend war, den Antrag zu stellen, ist es zudem nicht nachvollziehbar, warum der Kläger den aus wenigen Zeilen bestehenden Brief nicht vor dem Discobesuch fertig gestellt hatte. Nach seinem eigenen Vortrag hatte er von seinem Steuerberater und Agenturleiter von der Möglichkeit der Befreiung erfahren, nicht von den Zeuginnen.
Der Vortrag, den Antrag in den Briefkasten der Regionaldirektion in U. geworfen zu haben, erscheint zudem nachgeschoben, nachdem der Kläger bei seiner ersten Einlassung lediglich das Versenden "per Post" und Einwerfen "in den Briefkasten" behauptet hatte. Erst nachdem ihn die Beklagte mit Schreiben vom 27.03.2011 darauf hingewiesen hatte, dass der Antrag erst wirksam werde, wenn dieser der Beklagten auch zugegangen sei, gab er am 05.04.2011 telefonisch an, den Befreiungsantrag nicht in einen Postbriefkasten, sondern in einen solchen einer Auskunfts- und Beratungsstelle geworfen zu haben. Im Schreiben vom 18.04.2011 legte der Kläger dann dar, dass er das Schriftstück im Beisein von (noch nicht näher benannten) Zeugen in den Hausbriefkasten der Beklagten in U. geworfen habe. In der mündlichen Verhandlung beim SG war der Kläger sich dann nicht mehr sicher, ob er den Brief auch per Post versandt hatte. Demgegenüber war er sich offenbar sicher, den mit der Post versandten Brief an die Regionaldirektion in U. adressiert zu haben.
Widersprüchlich ist auch der Vortrag, woher die Zeuginnen Kenntnis vom Inhalt des Briefes hatten. Im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigen vom 24.11.2011 wurde ausgeführt, der Kläger habe den Zeuginnen auf dem Weg zum Briefkasten erzählt, dass der Brief für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht notwendig sei. Demgegenüber erklärte die Zeugin J. in der mündlichen Verhandlung beim SG, der Kläger habe ihr und der Zeugin B., den Brief vorgelesen. Die Zeugin B. dagegen sagte aus, sie sei neben dem Kläger am PC gestanden und habe gesehen, was er geschrieben habe.
Die vorbeschriebenen Ungereimtheiten konnten auch durch die Anhörung des Klägers und die Vernehmung der Zeuginnen B. und S. (J.) in der mündlichen Verhandlung des Senats nicht geklärt werden. Vielmehr haben sich weitere Widersprüche ergeben. So konnte der Kläger nicht angeben, ob er von einer 6- oder einer 8-Wochenfrist damals ausgegangen ist. Bezüglich des Computers sprach der Kläger von einem Notebook, die Zeugin B. hingegen von einem Röhrengerät. Auch hinsichtlich der Art und Weise, wo vor dem Briefkasten in der K. geparkt wurde, gingen die Angaben auseinander. Schließlich geht zu Lasten des Klägers, dass die Zeugin S. (J.) sich an gar nichts mehr erinnern konnte, sie den Kläger mit seinen Angaben allein gelassen hat.
Nach Würdigung aller rechtserheblichen Umstände tatsächlicher Art ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger am 14.01.2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht eingeworfen hat. Der Kläger mag einen Brief mit der Post versandt haben; der Zugang eines solchen Schreibens bis zum 01.03.2007 ist indes nicht nachgewiesen. Die Nichterweislichkeit geht zu Lasten des Klägers. Denn nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, der auch im Sozialrecht Anwendung findet, hat nach Ausschöpfung aller Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes derjenige die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (BSG Urt. v. 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R, BSGE 96, 238, 245).
Somit verbleibt es bei der Versicherungspflicht des Klägers in den streitgegenständlichen Zeiträumen. Für diese Zeiträume hat der Kläger die im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Beiträge zu zahlen. Rechenfehler hinsichtlich der Höhe der Beiträge sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht behauptet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.12.2006.
Der 1962 geborene Kläger ist seit dem 01.12.2006 als Vermittler von Versicherungen selbständig tätig. Er ist im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig. Vom 01.01.2007 bis 31.05.2008 beschäftigte er eine sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmerin (Elke Sch.). Zum 01.06.2008 verlegte er seine Betriebsstätte von E. (D.) nach U ... Ab dem 01.04.2009 hatte er eine Arbeitnehmerin als geringfügig Beschäftigte (K. Sch.). Ab dem 01.11.2009 kam eine weitere Arbeitnehmerin als geringfügig Beschäftigte hinzu (A. Sch.).
Ausweislich der Verwaltungsakte der Beklagten ging am 09.08.2010 ein vom Kläger ausgefüllter "Fragebogen zur Feststellung der Pflichtversicherung kraft Gesetzes als selbständig Tätiger" ein. Nach Vorlage sämtlicher Unterlagen stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.01.2011 die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.12.2006 fest. Mit weiterem Bescheid vom 12.01.2011 stellte die Beklagte fest, dass Beiträge für die Zeit vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 verjährt seien. Weiter stellte sie fest, dass in der Zeit vom 01.01.2007 bis 31.05.2008 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden habe, da der Kläger im Zusammenhang mit seiner selbständigen Tätigkeit mindestens einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigte. Ab dem 01.06.2008 bestehe wieder Versicherungspflicht. Ab dem 01.11.2009 bestünde wiederum keine Versicherungspflicht. Nach der Beitragsberechnung in der Anlage des Bescheids forderte die Beklagte Beiträge für den Zeitraum vom 01.06.2008 bis 31.12.2008 in Höhe von insgesamt 1.730,82 EUR (monatlich 247,26 EUR, halber Regelbeitrag) und für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.10.2009 in Höhe von insgesamt 2.507,40 EUR (monatlich 250,74 EUR, halber Regelbeitrag), insgesamt 4.238,22 EUR.
Hiergegen legte der Kläger am 04.02.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass er bereits am 14.01.2007 schriftlich einen Antrag zur Befreiung der ersten 36 Monate nach seinem Start in die Selbständigkeit gestellt habe. Es sei eine eigene hohe Alterssicherung betrieben worden. Er gehe davon aus, dass die Nachforderung nicht wirksam sei, da er seit seinem Schreiben vom 14.01.2007, das er in Ablichtung beigefügt habe, nichts mehr von der Beklagten gehört habe.
Nachdem die Beklagte hierzu erklärte, dass ein Antrag aus dem Jahr 2007 nicht bekannt sei und um Vorlage von Nachweisen bat, führte der Kläger weiter aus, er habe am 14.01.2007 den Antrag auf Freistellung per Post an die Beklagte gesandt. Dieses Schreiben habe er auch am Sonntag, 14.01.2007 unter Zeugen in den Briefkasten geworfen. Nachweislich gingen bei der Beklagten öfters Briefe nicht ein. Er sei seinen Obliegenheitspflichten nachgekommen. Die Beklagte dagegen habe sich bei ihm kein einziges Mal gemeldet. Lediglich die jährlichen Schreiben zur Altersvorsorge seien übersandt worden. Wenn die Beklagte sein Schreiben nicht erhalten hätte, hätte sie spätestens bei seinem Rentenverlauf stutzig werden müssen, da keine Beiträge mehr eingeflossen seien. Er sei seinen weiteren Obliegenheiten nachgekommen und habe nach Ablauf der drei Jahre Befreiung wegen der Anstellung mehrerer Arbeitnehmer eine weitere Beitragsbefreiung beantragt. Die Beklagte erwiderte daraufhin, der Zugang des Schreibens lasse sich nicht feststellen. Die Wirksamkeit des Antrags setze den Zugang voraus. Daraufhin rief der Kläger bei der Beklagten am 05.04.2011 an (lt. Aktenvermerk) und gab an, er habe den Befreiungsantrag nicht in einen Postbriefkasten geworfen, sondern in einen solchen einer Auskunfts- und Beratungsstelle. Schriftlich führte er weiter aus (Schreiben vom 18.04.2011), er habe zwei bis drei Tage bevor er den Antrag vom 14.01.2007 in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen habe, bei der Beklagten in B. angerufen und gefragt, ob er die Freistellung in Ulm in den Briefkasten der Beklagten einwerfen könne, damit der Brief nach B. per Hauspost oder Briefpost weitergeleitet werden könne. Dies sei ihm telefonisch bestätigt worden. Also habe er den Freistellungsantrag geschrieben und diesen in den Hausbriefkasten der Deutschen Rentenversicherung in U. in der K. unter Zeugen eingeworfen. Danach seien sie Frühstücken gegangen. Die Beklagte stellte daraufhin Nachforschungen im Regionalzentrum U. an. Danach konnte nicht nachvollzogen werden, dass vom Kläger am 14.01.2007 ein Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung eingeworfen wurde. Die Eingangspost werde direkt nach B. weitergeleitet und nicht dokumentiert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung einer nicht nachvollziehbaren Antragstellung zurück.
Am 27.09.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und zur Begründung auf seinen bisherigen Vortrag verwiesen und Zeuginnen benannt. Die beiden Zeuginnen hätten den Kläger am 14.01.2007 zum Briefkasten begleitet und gesehen, wie er den Brief bei der Beklagten eingeworfen habe. Auf dem Weg dorthin habe der Kläger den Zeuginnen erzählt, dass der Brief für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht notwendig sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.01.2012 hat das SG die vom Kläger benannten Zeuginnen, I. J. und K. B. (Ehefrau des Klägers), vernommen. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift des SG verwiesen (Bl. 28 bis 32 der SG-Akte).
Mit Urteil vom 31.01.2012 hat das SG der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide insoweit abgeändert, dass festgestellt wurde, dass Versicherungsfreiheit auch für die Zeiträume vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 und vom 01.06.2008 bis 30.10.2009 vorlag. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es seien sowohl die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 01.12.2006 nach § 6 Abs. la Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) als auch die zeitlichen Vorgaben für die Antragstellung erfüllt. Der Kläger habe in den streitgegenständlichen Zeiträumen unstreitig keine Arbeitnehmer beschäftigt und sei überwiegend für einen Auftraggeber tätig gewesen. Die Befreiung erfolge dann auf Antrag des Versicherten und wirke vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt werde, ansonsten vom Eingang des Antrags an, § 6 Abs. 2, 4 SGB VI. Der Kläger habe seinen Antrag innerhalb der 3-Monats-Frist bei der Beklagten eingereicht. Die Frage des Zugangs eines Antrages richte sich nach § 130 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Zugegangen sei eine Willenserklärung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt sei, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit habe, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehöre auch die von ihm zur Entgegennahme von Erklärungen bereit gehalten Einrichtungen, wie etwa ein Briefkasten. Die Beweislast für den Zugang trage derjenige, der sich auf diesen berufe, vorliegend also der Kläger (unter Verweis auf Palandt Bürgerliches Gesetzbuch, Beckscher Kurzkommentar, 67. Auflage 2008, § 130 Rn. 21). Nach der durchgeführten Beweisaufnahme sei das Gericht der Überzeugung, dass der Befreiungsantrag am 14.01.2007, einem Sonntag, durch Einwurf in den Nachtbriefkasten der Niederlassung der Beklagten in der K. in U., in den Machtbereich der Beklagten gelangt sei, und gemäß den oben genannten Grundsätzen ein Zugang am 15.01.2007 mit erfolgter Leerung des Briefkastens zu unterstellen sei. Die maßgebliche Frist von drei Monaten seit Aufnahme der Selbständigkeit habe der Kläger damit eingehalten. Das Gericht ziehe seine Überzeugung zum Zugang des Briefes aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung und den Aussagen der beiden Zeuginnen I. J. und K.
Hiernach sei davon auszugehen, dass der Kläger die beiden Zeuginnen am Abend des 13.01.2007 in einer Discothek in U. kennengelernt habe und man sich dort bis in die frühen Morgenstunden des 14.01.2007 unterhalten habe. Gegen fünf Uhr morgens habe der Kläger die beiden Zeuginnen in sein Büro in E. eingeladen, nachdem er sich mit der Zeugin J., ebenfalls aus der Versicherungsbranche, bereits zu diesem Thema unterhalten habe und innerhalb der Unterhaltung er auch bereits über seine Absicht gesprochen habe, sich als Neu-Selbständiger von der Rentenversicherungspflicht befreien zu lassen. Im Büro in E. habe der Kläger dann unter Anwesenheit der beiden Zeuginnen den Befreiungsantrag verfasst, weshalb beide Zeuginnen von dessen Inhalt Kenntnis hätten. Die Aussage der Zeugin J., dass der Kläger das Schreiben vorgelesen habe, widerspreche nicht der Aussage der Zeugin B., dass sie selbst einen Blick auf den PC geworfen habe, während der Kläger das Schreiben verfasst habe, da beide Geschehnisse gemeinsam zugetroffen haben könnten. Gemeinsam seien die drei dann zurück nach U. in die K. gefahren, um das Schreiben bei der Beklagten in den Nachtbriefkasten einzuwerfen. Im Anschluss sei beim Kläger gemeinsam gefrühstückt worden.
Das Gericht vermöge bei dieser von Kläger und Zeuginnen in den wesentlichen Punkten übereinstimmend vorgetragenen Geschichte sehr wohl zu erkennen, dass ein derartiger Geschehensablauf nicht alltäglich sei. So erscheine es bei vorläufiger Betrachtung zwar seltsam, dass der Kläger mit zwei neu kennengelernten und damit unbekannten Damen zunächst von U. ins etwa 30 Kilometer entfernte E. fahre, um dann kurze Zeit später wieder mit diesen zurück nach U. zu fahren, um ein Schreiben in den Briefkasten der Beklagten einzuwerfen. Auf der anderen Seite sei die geschilderte Abhandlung derart merkwürdig, dass das Gericht nicht davon ausgehen möge, dass diese erfunden worden sei. Gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Abhandlung derart seltsam gewesen sei, könne das Gericht nachvollziehen, dass sowohl der Kläger als auch die beiden Zeuginnen noch eine recht genaue Erinnerung an diesen Tag hätten, nachdem dieser immerhin bereits mehr als vier Jahre zurückliege. Bei der Zeugin B. handele es sich mittlerweile zwar um die Ehefrau des Klägers, weshalb man den Beweiswert ihrer Aussage anzweifeln könne. Nachdem aber sowohl der Kläger als auch beide Zeuginnen überzeugend und ohne inhaltliche Widersprüche ihre Aussagen unabhängig voneinander getätigt hätten, vermöge das Gericht, selbst bei einer derart merkwürdigen Geschichte nicht davon auszugehen, dass es sich um eine erfundene handeln müsse und eine Gefälligkeitsaussage gemacht worden sei. Maßgebliche Ungereimtheiten in den jeweiligen Aussagen habe es schlicht nicht gegeben. Es sei deshalb tatsächlich davon auszugehen, dass der Kläger den Befreiungsantrag, von dessen Inhalt beide Zeuginnen Kenntnis gehabt hätten, da ihn der Kläger vor ihren Augen verfasst habe, am Morgen des 14.01.2007 in den Nachtbriefkasten der Beklagten in der K. in U. eingeworfen habe. Dass der Brief dann, als er durch den Einwurf in den Machtbereich der Beklagten gelangt sei, untergegangen sei, sei der Beklagten zur Last zu legen. Dem Einwand der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass ein weiterer, vom Kläger behaupteter Brief, den er per Post versandt haben will, auch nicht zugegangen sei, sei dabei keine weitere Relevanz zuzumessen. Hierzu habe der Kläger in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, dass wenn er gegenüber der Beklagten schriftlich angegeben habe, dass er den Brief auch noch per Post versandt habe, er dies auch sicher getan habe. Allerdings habe der Kläger eine tatsächliche eigene Erinnerung, wie an die sonstigen Geschehnisse am 14.01.2007, in der Verhandlung nicht mehr aufbringen können, weshalb das Gericht Zweifel daran habe, ob ein Verschicken per Post noch erfolgt sei. Die Aussagen der Zeuginnen könnten durch diesen Einwand jedenfalls nicht erschüttert werden, da diese lediglich Aussagen zum tatsächlichen Einwurf bei der Beklagten hätten machen können, nicht zu einem Versand per Post. Der Nachweis eines einzigen Zugangs bei der Beklagten sei ausreichend, einen zweiten Zugang habe der Kläger nicht beweisen müssen.
Am 27.02.2012 hat die Beklagte gegen das ihr am 13.02.2012 zugestellte Urteil Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, die Bewertung des Tatsachenvortrags durch das SG sei schon allein deshalb fehlerhaft, weil diese auf einer unzulässigen Schlussfolgerung beruhe. Das SG stelle letztlich den Rechtssatz auf, dass ein Tatsachenvortrag umso glaubhafter sei, je unglaubhafter er sei. Dies widerspreche allgemeinen Denkgesetzen. Weiterhin sei unzutreffend, dass es keine Ungereimtheiten in den Aussagen des Klägers und der Zeuginnen gebe. Vielmehr lägen eine ganze Reihe von Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten vor. Widersprüchlich sei, dass der Kläger habe vortragen lassen, dass er den Zeuginnen auf dem Weg zum Briefkasten über den Inhalt des Schreiben erzählt habe, während die Zeuginnen ausgesagt hätten, vom Inhalt des Briefes in der Agentur des Klägers Kenntnis genommen zu haben. Desweiteren sei es äußerst unwahrscheinlich, dass gleich zwei Schriftstücke des Klägers verschwänden, sowohl der angeblich in den Nachtbriefkasten eingeworfene Brief als auch der mit der Post an die gleiche Adresse versandte Brief. Der Kläger habe im Schreiben vom 27.03.2011 ausdrücklich zwei Zugangswege behauptet. Die den ursprünglichen Vortrag leicht relativierende Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung beim SG, er sei sich nicht mehr sicher, sei als Schutzbehauptung zu werten. Auch der Vortrag des Klägers, er habe sich vor Einwurf des Schreibens telefonisch bei der Beklagten erkundigt, ob er den Brief in U. einwerfen könne, sei nicht glaubhaft. Den Mitarbeitern der Beklagten seien nicht nur die Fristen sondern auch die Formfreiheit des Antrags bekannt. Im Falle eines solchen Anrufs wäre ein entsprechender Telefonvermerk verfasst worden. Ein solcher befinde sich jedoch nicht bei den Akten. Desweiteren erscheine es äußerst seltsam und merkwürdig, dass wichtige geschäftliche Unterlagen mitten in der Nacht im Beisein von mehr oder weniger wildfremden Menschen angefertigt worden sein sollen. Dies auch deshalb, weil davon auszugehen sei, dass bei dem Diskothekenbesuch, bei dem man offenbar nette Menschen kennengelernt habe, Alkohol konsumiert worden sei. Schließlich habe der Kläger entgegen seines Vortrags zeitlich überhaupt nicht unter Druck gestanden. Er habe damals vielmehr noch 1 1/2 Monate für die Fertigung des Antrags Zeit gehabt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 31.01.2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat er vortragen lassen, seine Angaben und die Aussagen der Zeuginnen seien widerspruchsfrei und glaubhaft. Unerheblich sei, ob er das Schreiben zusätzlich per Post versandt habe. Allein der Einwurf in den Briefkasten der Beklagten habe ausgereicht, um die Frist zu wahren. Soweit die Beklagte vortrage, dass eine Telefonnotiz über den Anruf des Klägers nicht vorliege, spiegele dies lediglich die wohl allgemeine Organisationsschwäche der Beklagten wider. Die angeblichen Ungereimtheiten hinsichtlich des Kennenlernens der Zeuginnen und des Klägers lägen tatsächlich nicht vor. In Diskotheken würden auch nichtalkoholische Getränke konsumiert. Die Beklagte verkenne, dass der Kläger mit dem Kfz unterwegs gewesen sei. Außerdem könnten sympathische Menschen auch ohne Alkoholkonsum kennen gelernt werden. Solche Bekanntschaften seien in der Regel auch dauerhafter.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 19.02.2014 den Kläger persönlich angehört und die Zeuginnen I. S. (früher J.) und K. B. vernommen; auf die Niederschrift wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Bescheide der Beklagten vom 12.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 11.08.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeiträume vom 01.12.2006 bis 31.12.2006 und vom 01.06.2008 bis 30.10.2009.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sind die Bestimmungen in § 2 Satz 1 Nr. 9 und § 6 Abs. 1a bzw. § 7 SGB VI.
Nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI (in der Fassung des Haushaltbegleitgesetzes vom 29.06.2006, BGBl. I 1402) sind versicherungspflichtig Personen, die (a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und (b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft. Nach § 6 Abs. 1a SGB VI werden Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, von der Versicherungspflicht befreit (1.) für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI erfüllt, (2.) nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI versicherungspflichtig werden. Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten. Sie wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt (§ 6 Abs. 2 bis 5 SGB VI).
Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI lag in den streitgegenständlichen Zeiträumen vor. Der Kläger war unstreitig selbständig tätig und im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig war. Auch war der Zeitraum von drei Jahren seit erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit noch nicht abgelaufen. Der Senat konnte aber nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger innerhalb der 3-Monatsfrist, die am 02.12.2006 begann und am 01.03.2007 endete, bei der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gestellt hat.
Der Kläger muss sich zunächst entgegen halten lassen, dass keiner seiner beiden Briefe, weder der nach eigenen Angaben am 14.01.2007 in den Briefkasten der K. in U. persönlich eingeworfene noch der an die Beklagte in B. adressierte und später zur Post gegebene bei der Beklagten eingegangen sind. Dass in ein und derselben Verwaltungsangelegenheit beide Schreiben verloren gehen und auch das behauptete vorhergehende Telefonat mit der Beklagten nicht dokumentiert ist, erscheint in der Gesamtbetrachtung äußerst unwahrscheinlich.
Dem Kläger war es nach seinem eigenen Vortrag bewusst, dass es auf die Einhaltung einer Frist ankommt. Dann aber wäre es naheliegend gewesen, den Brief per Einschreiben zu versenden oder sich von der Beklagten den Zugang bestätigen zu lassen. Es ist weiter nicht nachvollziehbar, warum der Kläger sich nicht danach erkundigt hat, ob sein Antrag zugegangen war, nachdem er sich nach seinem eigenen Vortrag unter Zeitdruck fühlte, ihm die Antragstellung nach seinen späteren Angaben sehr wichtig war und er mit dem doppelten Zugangsweg offenbar sicherstellen wollte, dass der Antrag ankommt.
All dies spricht bereits gegen die vom Kläger behauptete rechtzeitige Antragstellung im Januar 2007. Hinzu kommt, dass die vom Kläger und den Zeuginnen vorgetragenen Geschehnisse zu einem Einwurf des Befreiungsantrags am 14.01.2007 bei der Regionalstelle der Beklagten in U. für den Senat nicht nachvollziehbar sind. Der Senat ist davon überzeugt, dass dieser Vortrag konstruiert ist und nicht den wahren Gegebenheiten entspricht.
Es ist schon nicht nachvollziehbar, warum der Kläger früh morgens an einem Sonntag mit zwei soeben erst in einer Disco kennengelernten Frauen in seinem ca. 30 km von U. entfernten Büro ein Antragsschreiben zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erstellt und dann unter Beobachtung der Zeuginnen in U. in den Briefkasten der Beklagten eingeworfen haben soll. Es bestand damals keinerlei Zeitdruck für die Stellung des Antrags. Erst am 01.12.2006 hatte der Kläger seine Tätigkeit als Vermittler von Versicherungen aufgenommen. Am 14.01.2007 war noch nicht einmal die Hälfte der Frist zur Stellung des Befreiungsantrags abgelaufen. Dass auch der Kläger davon ausging, er habe noch Zeit, ergibt sich aus seinem Vortrag, den Brief (auch) per Post versandt zu haben. Bei einem Einwurf am Sonntag, dem 14.01.2007, konnte er nicht mit einem Zugang vor dem 16.01.2007 rechnen. Ihm wäre es danach auch möglich gewesen, das Schreiben innerhalb normaler Arbeitszeiten zu erstellen und noch am Montag, dem 15.01.2007 bei der Beklagten einzuwerfen.
Widersprüchlich ist insoweit, dass einerseits ein Geschehensablauf dargestellt wird, der nur mit dem Zeitdruck des bevorstehenden Fristablaufs einer vermeintlichen Sechs-Wochen-Frist (die jedoch ausgehend vom 02.12.2006 bereits am 11.01.2007 abgelaufen gewesen wäre) verständlich erscheint, andererseits der Kläger sich weder bei seinem Steuerberater noch bei der Beklagten Informationen über die tatsächlich einzuhaltende Frist eingeholt hat.
Aber selbst wenn der Kläger davon ausgegangen sein sollte, der Fristablauf stünde unmittelbar bevor, hätte er jedenfalls noch den gesamten Sonntag Zeit gehabt, den Brief zu verfassen und bei der Beklagten einzuwerfen. Aus welchem Grund er dies nachts unter Beisein fremder Personen erledigen wollte, erschließt sich dem Senat nicht. Weder in seinen ersten Einlassungen im Vorverfahren noch im Rahmen der Befragung durch das SG gab er eine nachvollziehbare Erklärung für sein Vorgehen an. Die Zeugin S. (J.) gab an, sie wollten noch nicht nachhause und in der Disco sei es so zu laut gewesen, um sich weiter gut zu unterhalten. Man sei deshalb in das ca. 30 km entfernte Büro des Klägers gefahren. Dass man sich dort nun weiter gut unterhalten habe, wird nicht vorgetragen. Der Kläger habe vielmehr den Befreiungsantrag erstellt. Danach sei man dann nach U. zurück und habe beim Kläger gefrühstückt. Wenn man sich weiter gut unterhalten wollte, ist nicht erklärlich, warum man nicht direkt zum Kläger nachhause gefahren ist. Die Zeugin B. gab schließlich keine Erklärung dazu ab, warum man in das Büro des Klägers gefahren ist.
Wenn es dem Kläger so wichtig und dringend war, den Antrag zu stellen, ist es zudem nicht nachvollziehbar, warum der Kläger den aus wenigen Zeilen bestehenden Brief nicht vor dem Discobesuch fertig gestellt hatte. Nach seinem eigenen Vortrag hatte er von seinem Steuerberater und Agenturleiter von der Möglichkeit der Befreiung erfahren, nicht von den Zeuginnen.
Der Vortrag, den Antrag in den Briefkasten der Regionaldirektion in U. geworfen zu haben, erscheint zudem nachgeschoben, nachdem der Kläger bei seiner ersten Einlassung lediglich das Versenden "per Post" und Einwerfen "in den Briefkasten" behauptet hatte. Erst nachdem ihn die Beklagte mit Schreiben vom 27.03.2011 darauf hingewiesen hatte, dass der Antrag erst wirksam werde, wenn dieser der Beklagten auch zugegangen sei, gab er am 05.04.2011 telefonisch an, den Befreiungsantrag nicht in einen Postbriefkasten, sondern in einen solchen einer Auskunfts- und Beratungsstelle geworfen zu haben. Im Schreiben vom 18.04.2011 legte der Kläger dann dar, dass er das Schriftstück im Beisein von (noch nicht näher benannten) Zeugen in den Hausbriefkasten der Beklagten in U. geworfen habe. In der mündlichen Verhandlung beim SG war der Kläger sich dann nicht mehr sicher, ob er den Brief auch per Post versandt hatte. Demgegenüber war er sich offenbar sicher, den mit der Post versandten Brief an die Regionaldirektion in U. adressiert zu haben.
Widersprüchlich ist auch der Vortrag, woher die Zeuginnen Kenntnis vom Inhalt des Briefes hatten. Im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigen vom 24.11.2011 wurde ausgeführt, der Kläger habe den Zeuginnen auf dem Weg zum Briefkasten erzählt, dass der Brief für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht notwendig sei. Demgegenüber erklärte die Zeugin J. in der mündlichen Verhandlung beim SG, der Kläger habe ihr und der Zeugin B., den Brief vorgelesen. Die Zeugin B. dagegen sagte aus, sie sei neben dem Kläger am PC gestanden und habe gesehen, was er geschrieben habe.
Die vorbeschriebenen Ungereimtheiten konnten auch durch die Anhörung des Klägers und die Vernehmung der Zeuginnen B. und S. (J.) in der mündlichen Verhandlung des Senats nicht geklärt werden. Vielmehr haben sich weitere Widersprüche ergeben. So konnte der Kläger nicht angeben, ob er von einer 6- oder einer 8-Wochenfrist damals ausgegangen ist. Bezüglich des Computers sprach der Kläger von einem Notebook, die Zeugin B. hingegen von einem Röhrengerät. Auch hinsichtlich der Art und Weise, wo vor dem Briefkasten in der K. geparkt wurde, gingen die Angaben auseinander. Schließlich geht zu Lasten des Klägers, dass die Zeugin S. (J.) sich an gar nichts mehr erinnern konnte, sie den Kläger mit seinen Angaben allein gelassen hat.
Nach Würdigung aller rechtserheblichen Umstände tatsächlicher Art ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Kläger am 14.01.2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht eingeworfen hat. Der Kläger mag einen Brief mit der Post versandt haben; der Zugang eines solchen Schreibens bis zum 01.03.2007 ist indes nicht nachgewiesen. Die Nichterweislichkeit geht zu Lasten des Klägers. Denn nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, der auch im Sozialrecht Anwendung findet, hat nach Ausschöpfung aller Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes derjenige die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (BSG Urt. v. 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R, BSGE 96, 238, 245).
Somit verbleibt es bei der Versicherungspflicht des Klägers in den streitgegenständlichen Zeiträumen. Für diese Zeiträume hat der Kläger die im angefochtenen Bescheid ausgewiesenen Beiträge zu zahlen. Rechenfehler hinsichtlich der Höhe der Beiträge sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht behauptet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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