Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 3177/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3785/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. August 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der Beklagte hatte bei der 1950 geborenen, seit 01.08.2010 berenteten Klägerin unter Zugrundelegung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z.-C., in der als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eine Wirbelsäulenverformung mit einem Einzel-GdB von 20 sowie ein Bluthochdruck und eine Herzklappeninsuffizienz mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 30 bewertet worden waren, mit Bescheid vom 19.11.2007 den GdB mit 30 seit 07.08.2007 festgestellt.
Die Klägerin beantragte am 28.09.2009 unter Vorlage diverser Befundberichte die Neufeststellung des GdB. Der Beklagte holte den Befundbericht der Allgemeinmedizinerin F. vom 10.01.2010 ein. Sie beschrieb unter Vorlage diverser Befundberichte eine Skoliose bei degenerativen Veränderungen, einen Bandscheibenvorfall L5/S1, eine Euthyreose (normale Schilddrüsenfunktion unter Substitution mit Thyronajod), hypertone Belastungsreaktionen, eine mittelgradige Trikuspidalinsuffizienz (Undichtigkeit der Trikuspidalklappe des Herzens), eine Depression, ein Burn-out-Syndrom, Schlafstörungen, eine Karotis-Atheromatose und Sehstörungen. Dr. Sch. berücksichtigte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eine Wirbelsäulenverformung und eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform mit einem Einzel-GdB von 20, einen Bluthochdruck und eine Herzklappeninsuffizienz mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine Depression, eine seelische Störung und psychovegetative Störungen mit einem Einzel-GdB von 20 und bewertete den Gesamt-GdB mit 40. Mit Bescheid vom 01.03.2010 hob der Beklagte den Bescheid vom 19.11.2007 auf und stellte den GdB mit 40 seit 28.09.2009 fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.03.2010 Widerspruch ein. Sie legte das Attest des Augenarztes Dr. K. vom 12.04.2010 (Zustand nach Netzhautforamen links, Gilose links mit Visusminderung links, Myophie, Astigmatismus, Presbyopie, Glaskörperstörung) vor. Dr. G. führte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme aus, die vegetativen Symptome, die Kopfschmerzen sowie die Konzentrationsstörungen seien im Zusammenhang mit der seelischen Störung zu sehen und würden nicht einzeln gewertet. Eine seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Lebens- und Gestaltungsfähigkeit sei nicht erkennbar. Beschrieben seien in erster Linie vegetative Störungen in Form eines Überforderungssyndroms im beruflichen Rahmen. Massive depressive Symptome lägen nicht vor. Der Schwindel sei als Lagerungsschwindel beschrieben worden. Dieser könne durch Übungen gelindert werden. Eine beginnende hypertensive Herzerkrankung rechtfertige keinen höheren Einzel-GdB als 20. Der Bluthochdruck werde nach wie vor nicht medikamentös behandelt. In diesem Einzel-GdB werde die Trikuspidalinsuffizienz berücksichtigt. Die Sehbehinderung bedinge keinen höheren Einzel-GdB als 10. In Bezug auf die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei ein weiterer Befundbericht einzuholen. Sodann holte der Beklagte den Befundbericht des Facharztes für physikalische und rehabilitative Medizin Dr. H. vom 15.06.2010 ein. Dieser beschrieb unter Vorlage des Arztbriefs der Radiologin Dr. G. vom 22.10.2009 ein Wurzelreizsyndrom S1 links bei Bandscheibenvorfall L5/S1 links und degenerativen Veränderungen sowie ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei Thorakolumbalskoliose und degenerativen Veränderungen. Dr. G. berücksichtigte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zusätzlich eine Sehminderung mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB weiterhin mit 40. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er führte zur Begründung aus, der Gesamt-GdB von 40 gebe das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin wieder. Eine weitere Erhöhung des GdB lasse sich nicht begründen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.07.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Das Sozialgericht hat über die Allgemeinmedizinerin F. den Arztbrief des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. H. vom 20.07.2010 (Tubenventilationsstörung beidseits, Septumperforation) beigezogen, den Entlassungsbericht des Dr. H., Reha-Zentrum B. G. vom 03.05.2007 (Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei deutlicher rechtskonvexer Skoliose, Halswirbelsäulen-Syndrom, Hypertonus, psychovegetative Erschöpfung, Hypothyreose, als arbeitsfähig entlassen; vollschichtig leistungsfähig) beigezogen und Dr. H. am 06.11.2010 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat ein Wurzelreizsyndrom S1 links bei Bandscheibenvorfall L5/S1 links und degenerativen Veränderungen beschrieben; eine Änderung im Gesundheitszustand sei nicht eingetreten.
Die Klägerin hat die Arztbriefe des Dr. van E., Leitender Arzt an der M. G. Klinik in B./B., vom 30.11.2010, der Dr. T.-G. vom 04.03.2011 und 17.03.2011 sowie des Dr. H. vom 01.04.2011 vorgelegt. Dr. van E. hat eine ausgeprägte ventrikuläre Extrasystolie, eine gering- bis mittelgradige Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz, Rezidivknoten bei Zustand nach einer Schilddrüsenoperation und einer Euthyerose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein ektatisches NierenB.en sowie eine grenzwertige arterielle Hypertonie angegeben. Dr. T.-G. hat einen alten Morbus Scheuermann der Brustwirbelsäule mit vermehrter Brustwirbelsäulen-Kyphose, Osteochondrosen der mittleren und unteren Brustwirbelsäule und angedeuteter Keilwirbelbildung in Höhe BWK7/8, eine Osteochondrose L5/S1, einen Bandscheibenprolaps L5/S1, eine Protrusion L3/4 und L4/5, L1/2 und L2/3, eine Spondylarthrose, eine Spondylose deformans, eine Osteochondrose BWK12/LWK1, eine Streckhaltung der Halswirbelsäule, einen Bandscheibenprolaps C7/Th1, eine Protrusion C4/5 und C5/6, eine Osteochondrose C7/Th1, Unkovertebralarthrosen und Facettengelenkdegenerationen, eine Chondropathie I bis II, eine Chondropathia patellae II, degenerative Veränderungen im Hinterraum von Innen- und Außenminiskus sowie eine Dehnung des medialen Kollateralbandes beschrieben. Dr. H. hat dargelegt, seit mehreren Monaten bestünden zunehmende Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und des rechten Kniegelenks.
Dr. G. hat in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, der Arztbrief des Dr. H. dokumentiere geringgradige Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule und eine mäßiggradige Entfaltbarkeitsminderung im Bereich der Lendenwirbelsäule, so dass bei derzeitiger Befundlage mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten nicht belegt seien. Der Arztbrief des Dr. H. dokumentiere eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks und eine geringe Ergussbildung, jedoch keine Instabilitätszeichen. Anhaltende ausgeprägte Reizerscheinungen des rechten Kniegelenks seien bei derzeitiger Befundlage nicht belegt. Die in der M. G. Klinik in B./B. festgestellten Herzrhythmusstörungen wirkten sich nicht auf die Belastbarkeit aus.
Sodann hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. B. vom 01.04.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat eine kyphotische Fehlhaltung ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung und ohne Wurzelreizsyndrom und eine Cervicalgie, deutliche degenerative Veränderungen mit Funktionseinschränkung der Brustwirbelsäule und schwergradig degenerative Verschleißerscheinungen mit einer derzeit geringgradigen Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 40, eine geringgradige Verschleißerscheinung beider Kniegelenke mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Fußfehlform ohne klinische Einschränkungen mit einem Einzel-GdB von unter 10 beschrieben und unter Berücksichtigung der weiteren Einzel-GdB Werte auf anderen Fachgebieten den Gesamt-GdB mit 50 für vertretbar erachtet.
Dr. H. hat in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Beurteilung des Dr. B. in Bezug auf das Wirbelsäulenleiden überzeuge nicht. Die Halswirbelsäulenbeweglichkeit habe für die Vor-Rückneigung mit 40/0/40 Grad, Seitneigung mit 35/0/35 Grad und Drehung mit 60/0/70 Grad nur endgradige Bewegungseinschränkungen gezeigt. Die Rumpfbeweglichkeit sei für die Seitneigung mit 35/0/35 Grad und Drehung im Sitzen mit 30/0/30 Grad nicht eingeschränkt gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 12 Zentimeter betragen. Die Entfaltbarkeit der Dornfortsätze sei mit einem Schober-Wert von 10/13 Zentimeter endgradig und mit einem Ott-Wert von 30/31 Zentimeter reduziert gewesen. Somit seien seitens des Rumpfes ebenfalls endgradige funktionelle Auswirkungen festgestellt worden. Eine Bewertung mit einem Einzel-GdB von 40 setze schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Bei der Klägerin seien im Rahmen der Begutachtung aber endgradige funktionelle Auswirkungen im Hals- und Rumpfbereich festgestellt worden, so dass eine höhere GdB-Bewertung als 20 nicht in Frage kommen könne. Bei freier Kniegelenksbeweglichkeit bei Knorpelschaden der Kniescheibenrückfläche und Fußfehlform beidseits seien die diesbezüglichen Beurteilungen des Sachverständigen nicht zu beanstanden. Der Gesamt-GdB betrage weiterhin 40.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.08.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Schlussfolgerung des Sachverständigen Dr. B., für den Wirbelsäulenbefund einen Einzel-GdB von 40 anzunehmen, seien nicht überzeugend. Dies würde schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraussetzen. Dies sei jedoch nach den Befundbeschreibungen des Sachverständigen Dr. B. nicht der Fall. Zusätzlich habe er nicht ausreichend berücksichtigt und geprüft, inwieweit sich die bereits bei Erlass des Bescheides vom 19.11.2007 nachgewiesenen und bewerteten Wirbelsäulenbefunde verschlechtert hätten. Die übrigen Funktionseinschränkungen rechtfertigten keinen Gesamt-GdB von 50. Der Befund auf augenärztlichem Gebiet sei zutreffend mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet. Der auf nervenärztlich-psychiatrischem Gebiet bislang angenommene Befund sei mit einem Einzel-GdB von 20 grenzwertig hoch bewertet. Aktuell finde nach den Angaben der Klägerin seit 31.08.2009 eine nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung nicht statt. Nach den zahlreich beigezogenen Unterlagen, auch der Anamnese im Gutachten von Dr. B., seien jedoch Hinweise dafür nicht ersichtlich, dass bei der Klägerin noch eine stärker behindernde Störung bestehe, für welche ein Einzel-GdB von 30 bis 40 vorgesehen sei. Die zuletzt dokumentierte ausgeprägte ventrikuläre Extrasystolie und gering- bis mittelgradige Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz sei bei grenzwertig arterieller Hypertonie zutreffend mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Die Funktionsminderungen mit einem Einzel-GdB von 30 für die Wirbelsäule, von jeweils 20 für den kardiologischen und nervenärztlichen Befund sowie von jeweils 10 für das Kniegelenk und die Sehminderung rechtfertigten keinen Gesamt-GdB von 50.
Gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts hat die Klägerin am 03.09.2012 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule rechtfertigten einen Einzel-GdB von 40. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. B ... Auch unter Berücksichtigung der Befundberichte der Dr. T.-G. und des Dr. H. sei von einer erheblichen Verschlechterung der Wirbelsäulenerkrankung auszugehen. Aus dem Gutachten des Dr. B. gehe hervor, dass bei ihr in allen drei Abschnitten der Wirbelsäule schwergradige, degenerative Verschleißerscheinungen sowie Wirbelsäulenschädigungen zu verzeichnen seien. Die weiterhin diagnostizierte Erkrankung des Bluthochdrucks mit Organbeteiligung sei zutreffend mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden. Die mit einem psychovegetativem Erschöpfungssyndrom einhergehende Depression bedinge aufgrund ihrer schweren Auswirkungen einen Einzel-GdB von 20. Dieser Wert sei nicht als grenzwertig hoch anzusehen. Sie befinde sich nach einem Klinkaufenthalt seit 2009 durchgehend bei der Allgemeinmedizinerin F. in psychotherapeutischer Behandlung. Weiterhin leide sie morgens nach dem Aufstehen circa zwei bis drei Stunden an starken Kopfschmerzen, einhergehend mit Seh- und Gleichgewichtsstörungen. Dies sei mit einem weiteren Einzel-GdB von 20 anzusetzen. Würde man das Kopfschmerzsyndrom und die Gleichgewichtsstörungen in die Bewertung der seelischen Störungen mit einbeziehen, wäre der Einzel-GdB für die seelische Erkrankung auf mindestens 30 zu erhöhen. Die Sehminderung sei zutreffend mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet worden. Aus alledem ergebe sich ein Gesamt-GdB von mindestens 50. Die Klägerin hat den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. B. vom 22.10.2012 (bekannte, weiter deutlich chronifizierte, partiell somatisierte endo-reaktive Depression mit persönlichkeitsimmanenten Komponenten, chronifizierte sekundäre Angststörung, deutlich eingeschränkte Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. August 2012 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 1. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2010 abzuändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 19. November 2007 weiter abzuändern und den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit 28. September 2009 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Bewertung der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20 sei unter Berücksichtigung der erhobenen Funktionsmessdaten nicht zu beanstanden. Auch hinsichtlich der psychischen Erkrankung ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, die eine Höherbewertung begründen könnten. Stärker behindernde Störungen seien nicht nachgewiesen. Dies gelte auch für das geltend gemachte Kopfschmerzsyndrom. Der Bluthochdruck sei mit einem Einzel-GdB von 20 weiterhin zutreffend bewertet. Die Herzrhythmusstörungen wirkten sich nicht auf die Belastbarkeit aus.
Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten im Rahmen des Erörterungstermins vom 27.02.2013 erörtert. Dabei hat die Klägerin zu ihrem Tagesablauf ausgeführt, nach dem Aufstehen und dem Frühstücken betätige sie sich ab und zu ehrenamtlich, indem sie für die Stadt B.-B. den Schriftverkehr für ältere oder behinderte Menschen erledige. Anschließend gehe sie mit Unterstützung ihres Ehegatten spazieren. Danach werde gegebenenfalls etwas gelesen oder eine Kleinigkeit gegessen. Manchmal gehe sie auch nachmittags mit ihrem Ehegatten hinaus. Zu Hobbys befragt, hat die Klägerin berichtet, sie gehe circa einmal die Woche langsam Joggen und Schwimmen. Auch fotografiere sie gerne. Sie pflege keinen besonderen beziehungsweise großen Freundeskreis. Ihre Hauptbezugsperson sei ihr Ehegatte. Sie fahre durchschnittlich einmal im Jahr mit ihrem Ehegatten in den Urlaub. Sie hat ferner ausgeführt, seit Jahren Psychopharmaka zu sich zu nehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitere Abänderung des Bescheides vom 19.11.2007.
Die Abänderung von Verwaltungsakten wegen einer Gesundheitsverschlechterung richtet sich nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 19.11.2007 zu Grunde gelegen haben, ist eine einen GdB von mehr als 40 bedingende Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin seit dem am 28.09.2009 gestellten Neufeststellungsantrag auch zur Überzeugung des Senats nicht eingetreten.
Die Feststellung des GdB richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist grundsätzlich die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene und seither mehrfach geänderte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich bei der Klägerin kein höherer GdB als 40 seit 28.09.2009 feststellen. Dies hat das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides. Der Senat hält die Ausführungen des Sozialgerichts, dass und warum die Einzel-GdB-Werte von höchstens 30 für den Wirbelsäulenschaden, von 20 auf kardiologisch-internistischem Fachgebiet, von höchstens 20 auf nervenärztlichem Fachgebiet, von 10 für das Kniegelenk sowie von 10 auf augenärztlichem Fachgebiet und damit der Gesamt-GdB von 40 zutreffen, nach nochmaliger Prüfung für richtig.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt bei ihr kein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor. Dies wäre aber nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 Mindestvoraussetzung für einen höheren GdB als 30. Die Klägerin verkennt, dass es für die Beurteilung von Wirbelsäulenschäden nicht auf die in den Arztbriefen von Dr. T.-G. und Dr. H. sowie im Gutachten des Dr. B. gestellten Diagnosen, sondern auf die sich aus den erhobenen Befunden ergebenden Funktionseinschränkungen ankommt. Daher hat Dr. H. zu Recht versorgungsärztlich auf die von Dr. B. in seinem Gutachten erhobenen Bewegungsmaße hingewiesen. Danach hat der Sachverständige die Halswirbelsäulenbeweglichkeit für das Vorneigen/Rückneigen mit 40/0/40 Grad bei einem Normalmaß von 45-70/0/35-45 Grad, das Seitneigen mit 35/0/35 Grad bei einem Normalmaß von 45/0/45 Grad sowie das Drehen mit 60/0/70 Grad bei einem Normalmaß von 60-80/0/60-80 Grad und damit nur endgradige Bewegungseinschränkungen sowie die Brust- und Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit für das Seitneigen mit 35/0/35 Grad bei einem Normalmaß von 30-40/0/30-40 Grad und das Drehen im Sitzen mit 30/0/30 Grad bei einem Normalmaß von 30-40/0/30-40 Grad bei einem Finger-Boden-Abstand von 12 Zentimetern und einem Ott-Wert von 30/31 Zentimetern bei einem Normalmaß von 30/32 Zentimetern sowie einem Schober-Wert von 10/13 Zentimetern bei einem Normalmaß von 10/15 Zentimetern und damit endgradige, allenfalls mittelgradige funktionelle Bewegungseinschränkungen festgestellt. Diese Befundlage rechtfertigt damit keinen Einzel-GdB von mindestens 40 für das Funktionssystem Rumpf.
Es ist auch nicht zutreffend, dass - wie die Klägerin meint - die mit einem psychovegetativen Erschöpfungssyndrom einhergehende, versorgungsärztlich mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete Depression wegen der geklagten mit Seh- und Gleichgewichtsstörungen einhergehenden Kopfschmerzen auf einen Einzel-GdB von 30 für die seelische Erkrankung zu erhöhen sei. Denn eine nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 einen GdB von 30 bis 40 bedingende stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) liegt bei der Klägerin nicht vor. Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine dauerhafte und regelmäßig fachpsychiatrische Behandlung nicht durchführt. Die Angaben der Klägerin, sie befinde sich durchgehend in psychotherapeutischer Behandlung, sind nicht belegt. Nach den aktenkundigen Unterlagen hat sich die Klägerin bei Dr. Dr. B. lediglich am 05.08.2009 und 19.10.2012 vorgestellt und einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterzogen. Die Allgemeinmedizinerin F. hat lediglich angegeben, psychotherapeutische Sitzungen und eine medikamentöse Therapie seien notwendig. Von fachpsychiatrischer Seite durchgehend begleitet wird eine solche Maßnahme aber nach den Aktenunterlagen gerade nicht durchgeführt. Dies steht auch nach Ansicht des Senats einer stärker behindernden seelischen Störung entgegen (ständige Senatsrechtsprechung; vergleiche Urteil des Senats vom 08.08.2013 - L 6 SB 3292/12). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von ihr vorgelegten Arztbrief des Dr. Dr. B ... Danach wirkte zwar die Klägerin deutlich angespannter und deutlich depressiv, herabgestimmt und mit deutlicher Einengung der affektiven Schwingungsfähigkeit und weitgehender Freudlosigkeit. Sich hieraus bedingende stärker behindernde Funktionsstörungen werden hierdurch aber ebensowenig belegt, wie durch den von der Klägerin im Rahmen des Erörterungstermins geschilderten Tagesablauf. Danach betätigt sich die Klägerin nach dem Aufstehen und dem Frühstücken ab und zu ehrenamtlich, indem sie für die Stadt B.-B. den Schriftverkehr für ältere oder behinderte Menschen erledigt. Anschließend geht sie mit Unterstützung ihres Ehegatten spazieren. Danach wird gegebenenfalls etwas gelesen oder eine Kleinigkeit gegessen. Manchmal geht sie auch nachmittags mit ihrem Ehegatten hinaus. Zu Hobbys befragt, hat die Klägerin berichtet, dass sie circa einmal die Woche langsam Joggen und Schwimmen geht und auch gerne fotografiere. Durchschnittlich einmal im Jahr fährt sie mit ihrem Ehegatten in den Urlaub. Aus diesem recht strukturierten Tagesablauf lässt sich nicht auf eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit schließen. Anhaltspunkte dafür, dass die Kopfschmerzsymptomatik über eine Migräne in leichter Verlaufsform, die nach den VG, Teil B, Nr. 2.3 mit einem GdB von 0 bis 10 zu bemessen ist, hinausgeht, bestehen in Ermangelung von dies belegenden ärztlichen Befundberichten, nicht.
Unter Berücksichtigung der Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB höchstens 30 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB höchstens 20 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche, Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Beine, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Augen) beträgt der Gesamt-GdB nicht mehr 40. Dabei war zu berücksichtigen, dass eine Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen vorliegt sowie nach den VG, Teil A, Nr. 3, a, ee leichte, nur einen GdB von 10 bedingende Gesundheitsstörungen von Ausnahmefällen abgesehen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen und es auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der Beklagte hatte bei der 1950 geborenen, seit 01.08.2010 berenteten Klägerin unter Zugrundelegung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z.-C., in der als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und eine Wirbelsäulenverformung mit einem Einzel-GdB von 20 sowie ein Bluthochdruck und eine Herzklappeninsuffizienz mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 30 bewertet worden waren, mit Bescheid vom 19.11.2007 den GdB mit 30 seit 07.08.2007 festgestellt.
Die Klägerin beantragte am 28.09.2009 unter Vorlage diverser Befundberichte die Neufeststellung des GdB. Der Beklagte holte den Befundbericht der Allgemeinmedizinerin F. vom 10.01.2010 ein. Sie beschrieb unter Vorlage diverser Befundberichte eine Skoliose bei degenerativen Veränderungen, einen Bandscheibenvorfall L5/S1, eine Euthyreose (normale Schilddrüsenfunktion unter Substitution mit Thyronajod), hypertone Belastungsreaktionen, eine mittelgradige Trikuspidalinsuffizienz (Undichtigkeit der Trikuspidalklappe des Herzens), eine Depression, ein Burn-out-Syndrom, Schlafstörungen, eine Karotis-Atheromatose und Sehstörungen. Dr. Sch. berücksichtigte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme als Behinderungen eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, eine Wirbelsäulenverformung und eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform mit einem Einzel-GdB von 20, einen Bluthochdruck und eine Herzklappeninsuffizienz mit einem Einzel-GdB von 20 sowie eine Depression, eine seelische Störung und psychovegetative Störungen mit einem Einzel-GdB von 20 und bewertete den Gesamt-GdB mit 40. Mit Bescheid vom 01.03.2010 hob der Beklagte den Bescheid vom 19.11.2007 auf und stellte den GdB mit 40 seit 28.09.2009 fest.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.03.2010 Widerspruch ein. Sie legte das Attest des Augenarztes Dr. K. vom 12.04.2010 (Zustand nach Netzhautforamen links, Gilose links mit Visusminderung links, Myophie, Astigmatismus, Presbyopie, Glaskörperstörung) vor. Dr. G. führte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme aus, die vegetativen Symptome, die Kopfschmerzen sowie die Konzentrationsstörungen seien im Zusammenhang mit der seelischen Störung zu sehen und würden nicht einzeln gewertet. Eine seelische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Lebens- und Gestaltungsfähigkeit sei nicht erkennbar. Beschrieben seien in erster Linie vegetative Störungen in Form eines Überforderungssyndroms im beruflichen Rahmen. Massive depressive Symptome lägen nicht vor. Der Schwindel sei als Lagerungsschwindel beschrieben worden. Dieser könne durch Übungen gelindert werden. Eine beginnende hypertensive Herzerkrankung rechtfertige keinen höheren Einzel-GdB als 20. Der Bluthochdruck werde nach wie vor nicht medikamentös behandelt. In diesem Einzel-GdB werde die Trikuspidalinsuffizienz berücksichtigt. Die Sehbehinderung bedinge keinen höheren Einzel-GdB als 10. In Bezug auf die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei ein weiterer Befundbericht einzuholen. Sodann holte der Beklagte den Befundbericht des Facharztes für physikalische und rehabilitative Medizin Dr. H. vom 15.06.2010 ein. Dieser beschrieb unter Vorlage des Arztbriefs der Radiologin Dr. G. vom 22.10.2009 ein Wurzelreizsyndrom S1 links bei Bandscheibenvorfall L5/S1 links und degenerativen Veränderungen sowie ein rezidivierendes Wirbelsäulensyndrom bei Thorakolumbalskoliose und degenerativen Veränderungen. Dr. G. berücksichtigte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zusätzlich eine Sehminderung mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB weiterhin mit 40. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.07.2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er führte zur Begründung aus, der Gesamt-GdB von 40 gebe das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Änderung des Gesundheitszustandes der Klägerin wieder. Eine weitere Erhöhung des GdB lasse sich nicht begründen.
Hiergegen hat die Klägerin am 29.07.2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Das Sozialgericht hat über die Allgemeinmedizinerin F. den Arztbrief des Hals-Nasen-Ohrenarztes Dr. H. vom 20.07.2010 (Tubenventilationsstörung beidseits, Septumperforation) beigezogen, den Entlassungsbericht des Dr. H., Reha-Zentrum B. G. vom 03.05.2007 (Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei deutlicher rechtskonvexer Skoliose, Halswirbelsäulen-Syndrom, Hypertonus, psychovegetative Erschöpfung, Hypothyreose, als arbeitsfähig entlassen; vollschichtig leistungsfähig) beigezogen und Dr. H. am 06.11.2010 schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat ein Wurzelreizsyndrom S1 links bei Bandscheibenvorfall L5/S1 links und degenerativen Veränderungen beschrieben; eine Änderung im Gesundheitszustand sei nicht eingetreten.
Die Klägerin hat die Arztbriefe des Dr. van E., Leitender Arzt an der M. G. Klinik in B./B., vom 30.11.2010, der Dr. T.-G. vom 04.03.2011 und 17.03.2011 sowie des Dr. H. vom 01.04.2011 vorgelegt. Dr. van E. hat eine ausgeprägte ventrikuläre Extrasystolie, eine gering- bis mittelgradige Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz, Rezidivknoten bei Zustand nach einer Schilddrüsenoperation und einer Euthyerose, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, ein ektatisches NierenB.en sowie eine grenzwertige arterielle Hypertonie angegeben. Dr. T.-G. hat einen alten Morbus Scheuermann der Brustwirbelsäule mit vermehrter Brustwirbelsäulen-Kyphose, Osteochondrosen der mittleren und unteren Brustwirbelsäule und angedeuteter Keilwirbelbildung in Höhe BWK7/8, eine Osteochondrose L5/S1, einen Bandscheibenprolaps L5/S1, eine Protrusion L3/4 und L4/5, L1/2 und L2/3, eine Spondylarthrose, eine Spondylose deformans, eine Osteochondrose BWK12/LWK1, eine Streckhaltung der Halswirbelsäule, einen Bandscheibenprolaps C7/Th1, eine Protrusion C4/5 und C5/6, eine Osteochondrose C7/Th1, Unkovertebralarthrosen und Facettengelenkdegenerationen, eine Chondropathie I bis II, eine Chondropathia patellae II, degenerative Veränderungen im Hinterraum von Innen- und Außenminiskus sowie eine Dehnung des medialen Kollateralbandes beschrieben. Dr. H. hat dargelegt, seit mehreren Monaten bestünden zunehmende Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule und des rechten Kniegelenks.
Dr. G. hat in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, der Arztbrief des Dr. H. dokumentiere geringgradige Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule und eine mäßiggradige Entfaltbarkeitsminderung im Bereich der Lendenwirbelsäule, so dass bei derzeitiger Befundlage mittelgradige funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten nicht belegt seien. Der Arztbrief des Dr. H. dokumentiere eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks und eine geringe Ergussbildung, jedoch keine Instabilitätszeichen. Anhaltende ausgeprägte Reizerscheinungen des rechten Kniegelenks seien bei derzeitiger Befundlage nicht belegt. Die in der M. G. Klinik in B./B. festgestellten Herzrhythmusstörungen wirkten sich nicht auf die Belastbarkeit aus.
Sodann hat das Sozialgericht auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Orthopäden Dr. B. vom 01.04.2012 eingeholt. Der Sachverständige hat eine kyphotische Fehlhaltung ohne wesentliche Funktionsbeeinträchtigung und ohne Wurzelreizsyndrom und eine Cervicalgie, deutliche degenerative Veränderungen mit Funktionseinschränkung der Brustwirbelsäule und schwergradig degenerative Verschleißerscheinungen mit einer derzeit geringgradigen Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 40, eine geringgradige Verschleißerscheinung beider Kniegelenke mit einem Einzel-GdB von 10 sowie eine Fußfehlform ohne klinische Einschränkungen mit einem Einzel-GdB von unter 10 beschrieben und unter Berücksichtigung der weiteren Einzel-GdB Werte auf anderen Fachgebieten den Gesamt-GdB mit 50 für vertretbar erachtet.
Dr. H. hat in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme ausgeführt, die Beurteilung des Dr. B. in Bezug auf das Wirbelsäulenleiden überzeuge nicht. Die Halswirbelsäulenbeweglichkeit habe für die Vor-Rückneigung mit 40/0/40 Grad, Seitneigung mit 35/0/35 Grad und Drehung mit 60/0/70 Grad nur endgradige Bewegungseinschränkungen gezeigt. Die Rumpfbeweglichkeit sei für die Seitneigung mit 35/0/35 Grad und Drehung im Sitzen mit 30/0/30 Grad nicht eingeschränkt gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe 12 Zentimeter betragen. Die Entfaltbarkeit der Dornfortsätze sei mit einem Schober-Wert von 10/13 Zentimeter endgradig und mit einem Ott-Wert von 30/31 Zentimeter reduziert gewesen. Somit seien seitens des Rumpfes ebenfalls endgradige funktionelle Auswirkungen festgestellt worden. Eine Bewertung mit einem Einzel-GdB von 40 setze schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Bei der Klägerin seien im Rahmen der Begutachtung aber endgradige funktionelle Auswirkungen im Hals- und Rumpfbereich festgestellt worden, so dass eine höhere GdB-Bewertung als 20 nicht in Frage kommen könne. Bei freier Kniegelenksbeweglichkeit bei Knorpelschaden der Kniescheibenrückfläche und Fußfehlform beidseits seien die diesbezüglichen Beurteilungen des Sachverständigen nicht zu beanstanden. Der Gesamt-GdB betrage weiterhin 40.
Mit Gerichtsbescheid vom 22.08.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Schlussfolgerung des Sachverständigen Dr. B., für den Wirbelsäulenbefund einen Einzel-GdB von 40 anzunehmen, seien nicht überzeugend. Dies würde schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraussetzen. Dies sei jedoch nach den Befundbeschreibungen des Sachverständigen Dr. B. nicht der Fall. Zusätzlich habe er nicht ausreichend berücksichtigt und geprüft, inwieweit sich die bereits bei Erlass des Bescheides vom 19.11.2007 nachgewiesenen und bewerteten Wirbelsäulenbefunde verschlechtert hätten. Die übrigen Funktionseinschränkungen rechtfertigten keinen Gesamt-GdB von 50. Der Befund auf augenärztlichem Gebiet sei zutreffend mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet. Der auf nervenärztlich-psychiatrischem Gebiet bislang angenommene Befund sei mit einem Einzel-GdB von 20 grenzwertig hoch bewertet. Aktuell finde nach den Angaben der Klägerin seit 31.08.2009 eine nervenärztliche oder psychotherapeutische Behandlung nicht statt. Nach den zahlreich beigezogenen Unterlagen, auch der Anamnese im Gutachten von Dr. B., seien jedoch Hinweise dafür nicht ersichtlich, dass bei der Klägerin noch eine stärker behindernde Störung bestehe, für welche ein Einzel-GdB von 30 bis 40 vorgesehen sei. Die zuletzt dokumentierte ausgeprägte ventrikuläre Extrasystolie und gering- bis mittelgradige Mitral- und Trikuspidalinsuffizienz sei bei grenzwertig arterieller Hypertonie zutreffend mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet. Die Funktionsminderungen mit einem Einzel-GdB von 30 für die Wirbelsäule, von jeweils 20 für den kardiologischen und nervenärztlichen Befund sowie von jeweils 10 für das Kniegelenk und die Sehminderung rechtfertigten keinen Gesamt-GdB von 50.
Gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts hat die Klägerin am 03.09.2012 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule rechtfertigten einen Einzel-GdB von 40. Dies ergebe sich aus dem Gutachten des Dr. B ... Auch unter Berücksichtigung der Befundberichte der Dr. T.-G. und des Dr. H. sei von einer erheblichen Verschlechterung der Wirbelsäulenerkrankung auszugehen. Aus dem Gutachten des Dr. B. gehe hervor, dass bei ihr in allen drei Abschnitten der Wirbelsäule schwergradige, degenerative Verschleißerscheinungen sowie Wirbelsäulenschädigungen zu verzeichnen seien. Die weiterhin diagnostizierte Erkrankung des Bluthochdrucks mit Organbeteiligung sei zutreffend mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet worden. Die mit einem psychovegetativem Erschöpfungssyndrom einhergehende Depression bedinge aufgrund ihrer schweren Auswirkungen einen Einzel-GdB von 20. Dieser Wert sei nicht als grenzwertig hoch anzusehen. Sie befinde sich nach einem Klinkaufenthalt seit 2009 durchgehend bei der Allgemeinmedizinerin F. in psychotherapeutischer Behandlung. Weiterhin leide sie morgens nach dem Aufstehen circa zwei bis drei Stunden an starken Kopfschmerzen, einhergehend mit Seh- und Gleichgewichtsstörungen. Dies sei mit einem weiteren Einzel-GdB von 20 anzusetzen. Würde man das Kopfschmerzsyndrom und die Gleichgewichtsstörungen in die Bewertung der seelischen Störungen mit einbeziehen, wäre der Einzel-GdB für die seelische Erkrankung auf mindestens 30 zu erhöhen. Die Sehminderung sei zutreffend mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet worden. Aus alledem ergebe sich ein Gesamt-GdB von mindestens 50. Die Klägerin hat den Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. B. vom 22.10.2012 (bekannte, weiter deutlich chronifizierte, partiell somatisierte endo-reaktive Depression mit persönlichkeitsimmanenten Komponenten, chronifizierte sekundäre Angststörung, deutlich eingeschränkte Gestaltungs- und Erlebnisfähigkeit) vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. August 2012 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 1. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2010 abzuändern sowie den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 19. November 2007 weiter abzuändern und den Grad der Behinderung mit mindestens 50 seit 28. September 2009 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Bewertung der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20 sei unter Berücksichtigung der erhobenen Funktionsmessdaten nicht zu beanstanden. Auch hinsichtlich der psychischen Erkrankung ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, die eine Höherbewertung begründen könnten. Stärker behindernde Störungen seien nicht nachgewiesen. Dies gelte auch für das geltend gemachte Kopfschmerzsyndrom. Der Bluthochdruck sei mit einem Einzel-GdB von 20 weiterhin zutreffend bewertet. Die Herzrhythmusstörungen wirkten sich nicht auf die Belastbarkeit aus.
Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten im Rahmen des Erörterungstermins vom 27.02.2013 erörtert. Dabei hat die Klägerin zu ihrem Tagesablauf ausgeführt, nach dem Aufstehen und dem Frühstücken betätige sie sich ab und zu ehrenamtlich, indem sie für die Stadt B.-B. den Schriftverkehr für ältere oder behinderte Menschen erledige. Anschließend gehe sie mit Unterstützung ihres Ehegatten spazieren. Danach werde gegebenenfalls etwas gelesen oder eine Kleinigkeit gegessen. Manchmal gehe sie auch nachmittags mit ihrem Ehegatten hinaus. Zu Hobbys befragt, hat die Klägerin berichtet, sie gehe circa einmal die Woche langsam Joggen und Schwimmen. Auch fotografiere sie gerne. Sie pflege keinen besonderen beziehungsweise großen Freundeskreis. Ihre Hauptbezugsperson sei ihr Ehegatte. Sie fahre durchschnittlich einmal im Jahr mit ihrem Ehegatten in den Urlaub. Sie hat ferner ausgeführt, seit Jahren Psychopharmaka zu sich zu nehmen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte, nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte sowie auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitere Abänderung des Bescheides vom 19.11.2007.
Die Abänderung von Verwaltungsakten wegen einer Gesundheitsverschlechterung richtet sich nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X).
In den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 19.11.2007 zu Grunde gelegen haben, ist eine einen GdB von mehr als 40 bedingende Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen der Klägerin seit dem am 28.09.2009 gestellten Neufeststellungsantrag auch zur Überzeugung des Senats nicht eingetreten.
Die Feststellung des GdB richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX).
Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Die Feststellung des GdB ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei ist grundsätzlich die seit 01.01.2009 an die Stelle der bis zum 31.12.2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretene und seither mehrfach geänderte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) anzuwenden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich bei der Klägerin kein höherer GdB als 40 seit 28.09.2009 feststellen. Dies hat das Sozialgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend und umfassend dargestellt. Der Senat schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheides. Der Senat hält die Ausführungen des Sozialgerichts, dass und warum die Einzel-GdB-Werte von höchstens 30 für den Wirbelsäulenschaden, von 20 auf kardiologisch-internistischem Fachgebiet, von höchstens 20 auf nervenärztlichem Fachgebiet, von 10 für das Kniegelenk sowie von 10 auf augenärztlichem Fachgebiet und damit der Gesamt-GdB von 40 zutreffen, nach nochmaliger Prüfung für richtig.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren ist gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Sozialgerichts eine andere Beurteilung nicht gerechtfertigt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt bei ihr kein Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vor. Dies wäre aber nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 Mindestvoraussetzung für einen höheren GdB als 30. Die Klägerin verkennt, dass es für die Beurteilung von Wirbelsäulenschäden nicht auf die in den Arztbriefen von Dr. T.-G. und Dr. H. sowie im Gutachten des Dr. B. gestellten Diagnosen, sondern auf die sich aus den erhobenen Befunden ergebenden Funktionseinschränkungen ankommt. Daher hat Dr. H. zu Recht versorgungsärztlich auf die von Dr. B. in seinem Gutachten erhobenen Bewegungsmaße hingewiesen. Danach hat der Sachverständige die Halswirbelsäulenbeweglichkeit für das Vorneigen/Rückneigen mit 40/0/40 Grad bei einem Normalmaß von 45-70/0/35-45 Grad, das Seitneigen mit 35/0/35 Grad bei einem Normalmaß von 45/0/45 Grad sowie das Drehen mit 60/0/70 Grad bei einem Normalmaß von 60-80/0/60-80 Grad und damit nur endgradige Bewegungseinschränkungen sowie die Brust- und Lendenwirbelsäulenbeweglichkeit für das Seitneigen mit 35/0/35 Grad bei einem Normalmaß von 30-40/0/30-40 Grad und das Drehen im Sitzen mit 30/0/30 Grad bei einem Normalmaß von 30-40/0/30-40 Grad bei einem Finger-Boden-Abstand von 12 Zentimetern und einem Ott-Wert von 30/31 Zentimetern bei einem Normalmaß von 30/32 Zentimetern sowie einem Schober-Wert von 10/13 Zentimetern bei einem Normalmaß von 10/15 Zentimetern und damit endgradige, allenfalls mittelgradige funktionelle Bewegungseinschränkungen festgestellt. Diese Befundlage rechtfertigt damit keinen Einzel-GdB von mindestens 40 für das Funktionssystem Rumpf.
Es ist auch nicht zutreffend, dass - wie die Klägerin meint - die mit einem psychovegetativen Erschöpfungssyndrom einhergehende, versorgungsärztlich mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete Depression wegen der geklagten mit Seh- und Gleichgewichtsstörungen einhergehenden Kopfschmerzen auf einen Einzel-GdB von 30 für die seelische Erkrankung zu erhöhen sei. Denn eine nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 einen GdB von 30 bis 40 bedingende stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (beispielsweise ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) liegt bei der Klägerin nicht vor. Zutreffend hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine dauerhafte und regelmäßig fachpsychiatrische Behandlung nicht durchführt. Die Angaben der Klägerin, sie befinde sich durchgehend in psychotherapeutischer Behandlung, sind nicht belegt. Nach den aktenkundigen Unterlagen hat sich die Klägerin bei Dr. Dr. B. lediglich am 05.08.2009 und 19.10.2012 vorgestellt und einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterzogen. Die Allgemeinmedizinerin F. hat lediglich angegeben, psychotherapeutische Sitzungen und eine medikamentöse Therapie seien notwendig. Von fachpsychiatrischer Seite durchgehend begleitet wird eine solche Maßnahme aber nach den Aktenunterlagen gerade nicht durchgeführt. Dies steht auch nach Ansicht des Senats einer stärker behindernden seelischen Störung entgegen (ständige Senatsrechtsprechung; vergleiche Urteil des Senats vom 08.08.2013 - L 6 SB 3292/12). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von ihr vorgelegten Arztbrief des Dr. Dr. B ... Danach wirkte zwar die Klägerin deutlich angespannter und deutlich depressiv, herabgestimmt und mit deutlicher Einengung der affektiven Schwingungsfähigkeit und weitgehender Freudlosigkeit. Sich hieraus bedingende stärker behindernde Funktionsstörungen werden hierdurch aber ebensowenig belegt, wie durch den von der Klägerin im Rahmen des Erörterungstermins geschilderten Tagesablauf. Danach betätigt sich die Klägerin nach dem Aufstehen und dem Frühstücken ab und zu ehrenamtlich, indem sie für die Stadt B.-B. den Schriftverkehr für ältere oder behinderte Menschen erledigt. Anschließend geht sie mit Unterstützung ihres Ehegatten spazieren. Danach wird gegebenenfalls etwas gelesen oder eine Kleinigkeit gegessen. Manchmal geht sie auch nachmittags mit ihrem Ehegatten hinaus. Zu Hobbys befragt, hat die Klägerin berichtet, dass sie circa einmal die Woche langsam Joggen und Schwimmen geht und auch gerne fotografiere. Durchschnittlich einmal im Jahr fährt sie mit ihrem Ehegatten in den Urlaub. Aus diesem recht strukturierten Tagesablauf lässt sich nicht auf eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit schließen. Anhaltspunkte dafür, dass die Kopfschmerzsymptomatik über eine Migräne in leichter Verlaufsform, die nach den VG, Teil B, Nr. 2.3 mit einem GdB von 0 bis 10 zu bemessen ist, hinausgeht, bestehen in Ermangelung von dies belegenden ärztlichen Befundberichten, nicht.
Unter Berücksichtigung der Einzel-GdB-Werte (Einzel-GdB höchstens 30 für das Funktionssystem Rumpf, Einzel-GdB höchstens 20 für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche, Einzel-GdB 20 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Beine, Einzel-GdB 10 für das Funktionssystem Augen) beträgt der Gesamt-GdB nicht mehr 40. Dabei war zu berücksichtigen, dass eine Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen vorliegt sowie nach den VG, Teil A, Nr. 3, a, ee leichte, nur einen GdB von 10 bedingende Gesundheitsstörungen von Ausnahmefällen abgesehen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen und es auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt ist, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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