Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 226/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Das Recht der anwaltlichen Selbstvertretung schließt bei Selbstvertretung die Anwendung des JVEG nicht aus.
2. Um das Tatbestandsmerkmal des Verdienstausfalls im Sinn des § 22 JVEG bejahen zu können, bedarf es (nur) des Nachweises, dass überhaupt ein solcher Ausfall entstanden ist, nicht aber in welcher Höhe.
3. Um den Entschädigungsanspruch für Verdienstausfall bei einem selbständig Tätigen nicht ins Leere laufen zu lassen, darf das Gericht an die Beweisführung eines selbständig tätigen Antragstellers und seine eigene Überzeugungsbildung keine zu hohen Anforderungen stellen. Es wird regelmäßig ausreichend sein, wenn die gerechtfertigte Vermutung besteht, dass der Selbständige überhaupt einen Verdienst oder Gewinnausfall erlitten hat. Die Anforderungen bei der Überzeugungsbildung und damit an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter dürfen dabei nicht überspannt werden.
4. Bei anwaltlicher Selbstvertretung ist nur dann nicht von einem Verdienstausfall wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin auszugehen, wenn er bereits an diesem Tag einen Vergütungsanspruch für eine erbrachte anwaltliche Tätigkeit erworben hat. Dies ist nur dann der Fall, wenn der der Entschädigung zugrunde liegende Gerichtstermin mit einem Urteil oder Vergleich geendet und sich daraus ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegenseite ergeben hat.
5. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Verdienstausfall entstanden ist, ist die Beurteilung am Tag des Gerichtstermins, der den Entschädigungsanspruch nach dem JVEG zur Folge hat. Spätere Entwicklungen bleiben bei der Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt.
6. Zu entschädigen ist die nach objektiven Maßstäben zu ermittelnde gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise und Wartezeiten, nicht mehr wie früher unter Geltung des ZuSEG die versäumte Arbeitszeit. Die konkret ausgefallene Arbeitszeit ist daher nicht zu ermitteln; eine fiktive Mittagspause kann nicht in Abzug gebracht werden.
2. Um das Tatbestandsmerkmal des Verdienstausfalls im Sinn des § 22 JVEG bejahen zu können, bedarf es (nur) des Nachweises, dass überhaupt ein solcher Ausfall entstanden ist, nicht aber in welcher Höhe.
3. Um den Entschädigungsanspruch für Verdienstausfall bei einem selbständig Tätigen nicht ins Leere laufen zu lassen, darf das Gericht an die Beweisführung eines selbständig tätigen Antragstellers und seine eigene Überzeugungsbildung keine zu hohen Anforderungen stellen. Es wird regelmäßig ausreichend sein, wenn die gerechtfertigte Vermutung besteht, dass der Selbständige überhaupt einen Verdienst oder Gewinnausfall erlitten hat. Die Anforderungen bei der Überzeugungsbildung und damit an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter dürfen dabei nicht überspannt werden.
4. Bei anwaltlicher Selbstvertretung ist nur dann nicht von einem Verdienstausfall wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin auszugehen, wenn er bereits an diesem Tag einen Vergütungsanspruch für eine erbrachte anwaltliche Tätigkeit erworben hat. Dies ist nur dann der Fall, wenn der der Entschädigung zugrunde liegende Gerichtstermin mit einem Urteil oder Vergleich geendet und sich daraus ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegenseite ergeben hat.
5. Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Verdienstausfall entstanden ist, ist die Beurteilung am Tag des Gerichtstermins, der den Entschädigungsanspruch nach dem JVEG zur Folge hat. Spätere Entwicklungen bleiben bei der Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt.
6. Zu entschädigen ist die nach objektiven Maßstäben zu ermittelnde gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise und Wartezeiten, nicht mehr wie früher unter Geltung des ZuSEG die versäumte Arbeitszeit. Die konkret ausgefallene Arbeitszeit ist daher nicht zu ermitteln; eine fiktive Mittagspause kann nicht in Abzug gebracht werden.
Die Entschädigung der Antragstellerin für die Wahrnehmung des Termins vor dem Bayer. Landessozialgericht am 31.05.2011 wird auf 152,- EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG), zu dem ihr persönliches Erscheinen angeordnet worden ist.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) anhängig gewesenen rentenrechtlichen Rechtsstreit der Antragstellerin, die Rechtsanwältin ist und sich in diesem Verfahren selbst vertrat, fand am 31.05.2011 eine mündliche Verhandlung statt; das persönliche Erscheinen der Antragstellerin war angeordnet. Die mündliche Verhandlung dauerte von 14.15 Uhr bis 15.00 Uhr.
Mit Entschädigungsantrag vom 01.06.2011 beantragte die Antragstellerin die Entschädigung für das Erscheinen bei der mündlichen Verhandlung am 31.05.2011. Sie gab an, um 12.30 Uhr von der Arbeitsstelle losgefahren und um 17.00 nach Hause zurückgekommen zu sein. Sie sei mit dem PKW insgesamt 260 km gefahren und habe 2,- EUR Parkgebühr entrichtet. Sie machte bei einer angegebenen regelmäßigen Arbeitszeit von 8.00 bis 17.00 Uhr einen Verdienstausfall für 4,5 Stunden in Höhe von insgesamt 337,50 EUR geltend.
Mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 08.06.2011 wurde die Entschädigung auf 135,- EUR festgesetzt. Dem lagen die Parkgebühren und Fahrtkosten entsprechend der Angaben der Antragstellerin zugrunde. Als Verdienstausfall wurden vier Stunden zu je 17,- EUR (Höchstbetrag) berücksichtigt, wobei für die Zeit von 12.00 bis 13.00 Uhr eine übliche Mittagspause (ohne Verdienstausfall) zugrunde gelegt wurde.
Mit Schreiben vom 14.06.2011 hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass sie mit der Entschädigung nicht einverstanden sei. Es möge zwar sein, dass Mitarbeiter des Gerichts üblicherweise eine Mittagspause von 12.00 bis 13.00 Uhr hätten. Sie habe aber an diesem Tag keine Mittagspause machen können, da sie während dieser Zeit im Auto zum Gericht unterwegs gewesen sei.
Auch die Staatskasse hat mit Schreiben vom 12.09.2011 Antrag auf richterliche Entscheidung gemäß § 4 JVEG gestellt. Die Anwendbarkeit des JVEG sei - so die Staatskasse - fraglich, wenn ein Rechtsanwalt Klage in eigener Sache erhebe und sein persönliches Erscheinen angeordnet werde. Fraglich sei zudem, ob ein Verdienstausfall eintreten könne, wenn später möglicherweise eine Terminsgebühr entstehen sollte.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn die Berechtigte - wie hier mit Schreiben vom 14.06.2011 - oder die Staatskasse - wie hier mit Schreiben vom 12.09.2011 - die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Termins vom 31.05.2011 ist auf 152,- EUR festzusetzen. Dem liegt gegenüber der Festsetzung der Kostenbeamtin eine Abweichung nur insofern zugrunde, als dass ein Abzug für eine Mittagspause nicht erfolgt ist. Den Einwänden der Staatskasse kann der Senat nicht folgen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Rdnr. 4.12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bayer. LSG, Beschluss vom 29.05.2007, Az.: L 14 R 401/98; vgl. auch Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 4.12 - m.w.N).
1. Anwendbarkeit des JEVG
Das JVEG ist auch in den Fällen anwendbar, in denen ein Rechtsanwalt in eigener Sache, also als Beteiligter, in einem sozialgerichtlichen Verfahren auftritt. Vorliegend war das persönliche Erscheinen der Antragstellerin, also in ihrer Eigenschaft als Beteiligte, angeordnet.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich - wie hier - um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG handelt. Eine Differenzierung danach, ob der Beteiligte gleichzeitig auch in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt als sein eigener Bevollmächtigter auftritt, oder "nur" Beteiligter ist, sieht das JVEG nicht vor. Das Recht der anwaltlichen Selbstvertretung schließt bei Selbstvertretung die Anwendung des JVEG nicht aus. Ein Ausschluss der Anwendbarkeit des JVEG in solchen Fällen müsste vom Gesetzgeber geregelt werden, was nicht der Fall ist.
Der festzusetzenden Entschädigung sind daher die Vorschriften des JVEG zugrunde zu legen. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
Der Senat sieht auch keinerlei Anlass, bei der Entschädigung eines Beteiligten, der ein Eigeninteresse am Verfahren hat, andere Maßstäbe anzulegen als beispielsweise bei einem Zeugen, bei dem ein solches Eigeninteresse fehlt (vgl. dazu die ausführlichen Begründungen in den Beschlüssen des Senats vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, und vom 26.11.2013, Az.: L 15 SF 208/13).
2. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz -
2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn dem Antrag liegt eine Heranziehung zu einem Gerichtstermin vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG zugrunde.
3. Entschädigung für Verdienstausfall
Eine Entschädigung für Verdienstaufall hat für fünf Stunden zu je 17,- EUR zu erfolgen, also in Höhe von insgesamt 85,- EUR.
Voraussetzung für die Entschädigung eines Beteiligten für Verdienstaufall gemäß § 22 JVEG ist, dass ein Verdienstaufall entstanden ist. Liegt ein Verdienstausfall vor, ist der Beteiligte gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG, der für alle nach Stunden bemessene Entschädigungstatbestände gilt, für die gesamte Dauer der Heranziehung zu entschädigen, wobei die letzte begonnene Stunde gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG voll gerechnet wird.
Gemäß § 22 Satz 1 JVEG richtet sich die Entschädigung nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst, gegebenenfalls einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge, und beträgt für jede Stunde höchstens 17,- EUR.
3.1. Verdienstausfall
Um das Tatbestandsmerkmal des Verdienstausfalls bejahen zu können, bedarf es (nur) des Nachweises, dass überhaupt ein solcher Ausfall entstanden ist, nicht aber in welcher Höhe. Die Höhe des Verdienstausfalls ist - mit sich aus der Konzeption des Gesetzes ergebenden Einschränkungen - erst bei der Frage der Bemessung der Entschädigung (vgl. unten Ziff. 3.3.) von Bedeutung.
3.1.1. Kein Nachweis des konkret entstandenen Verdienstausfalls nötig, sondern nur dass überhaupt ein Verdienstausfall eingetreten ist
Voraussetzung für eine Entschädigung wegen Verdienstausfall, d.h. wegen Minderung des Berufseinkommens, ist seit jeher - auch schon vor Geltung des JVEG (weitergehende Hinweise vgl. BGH, Beschluss vom 26.01.2012, Az.: VII ZB 60/09) -, dass der Zeuge bzw. Beteiligte überhaupt einen Verdienstausfall erlitten hat.
Bei der Überzeugungsbildung, ob ein Verdienstausfall an sich, d.h. unabhängig von der konkreten Höhe, eingetreten ist, dürfen die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht nur im Sinn der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie (Leitgedanke der Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, und vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B), sondern insbesondere auch um zu vermeiden, dass die gesetzliche Regelung des § 22 JVEG für Selbständige ins Leere läuft, nicht überspannt werden.
3.1.1.1. Konzeption des Gesetzes
Dass es auf die konkrete Höhe des entstandenen Verdienstausfalls in diesem Zusammenhang nicht ankommen kann, ergibt sich zum einen aus der Konzeption des Gesetzes. Das JVEG eröffnet nämlich bezüglich des Verdienstausfalls - wie schon das zuvor gültige Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) - keinen echten Schadensersatz (zum ZuSEG: vgl. Meyer/Höver/Bach, ZuSEG, 22. Aufl. 2002, § 2, Rdnr. 12.1; zum JVEG: vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O, Rdnr. 22.2). Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 22 JVEG, der nicht einen (Schadensersatz-)Anspruch auf Ersatz des entgangenen Verdienstes enthält, sondern lediglich eine "Entschädigung" vorsieht, "wenn ein Verdienstausfall entsteht". Dass kein echter Schadensersatz bezweckt ist, ergibt sich auch aus der Limitierung der Entschädigung auf maximal 17,- EUR pro Stunde. Dieser Betrag orientiert sich am durchschnittlichen Bruttostundenverdienst der Industriearbeiter (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 186 - zu § 22 JVEG). Damit soll nur für die weniger verdienenden Arbeitnehmer aus sozialen Gründen ein voller Ausgleich ermöglicht werden (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., S. 186 - zu § 22 JVEG). Auf eine volle Entschädigung bei Besserverdienenden hat der Gesetzgeber im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens verzichtet. Denn die Teilnahme des Zeugen (und von Dritten) an einem gerichtlich angeordneten Termin ist Teil der Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, § 19 JVEG, Rdnr. 2). Einen vollen Ausgleich erfordert eine derartige staatbürgerliche Ehrenpflicht nicht, vielmehr ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber lediglich eine Entschädigung aus Billigkeitsgründen vorsieht (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.10.1978, Az.: 2 BvL 3/78; Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 7 - m.w.N.). Der Ansicht des Sächsischen LSG im Beschluss vom 15.02.2011, Az.: L 6 SF 47/09 ERI, dass die "Verdienstausfallentschädigung nach dem Modell eines echten Schadensersatzanspruches konstruiert" sei, kann sich der Senat daher nicht anschließen (so auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - OLG -, Beschluss vom 19.11.1990, Az.: 9 W 167/90, das den Verdienstausfall als "lediglich einen billigen Ausgleich für die ... erwachsenen Nachteile" bezeichnet; Hartmann, a.a.O., § 19 JVEG, Rdnr. 2, der die Entschädigung als "angemessene, aber auch nicht übertriebene finanzielle Anerkennung als eine Gegenleistung zur Erfüllung staatsbürgerlichen Pflichten" sieht).
3.1.1.2. Faktische Unmöglichkeit der Nachweiserbringung des konkreten Verdienstaufalls bei Selbständigen
Die Führung des Nachweises des konkreten Verdienstausfalls ist naturgemäß einem abhängig Beschäftigten leicht möglich. Dieser kann beispielsweise mit einer Bescheinigung des Arbeitgebers, dass unbezahlter Urlaub genommen worden ist, und der Benennung seines arbeitsvertraglichen Stundensatzes den konkreten Verdienstausfall unschwer belegen.
Ungleich schwieriger ist die Nachweisführung bei einem selbständig Tätigen. Wenn auch bei dieser Personengruppe vereinzelt gefordert wird, dass der Betrag, "der sich als konkret entgangener Gewinn ergibt" (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 15.02.2011, Az.: L 6 SF 47/09 ERI) nachzuweisen sei - und zwar im Vollbeweis, da das JVEG keine Beweiserleichterung enthält -, hält der Senat diese Forderung für weitgehend unerfüllbar. Dies gilt sowohl für den Fall, dass eine betragsgenaue Bezifferung des Verdienstausfalls verlangt würde (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.3), als auch dafür, dass nachzuweisen wäre, welche konkrete (also unter Benennung des Auftraggebers, Projekts o.Ä.) berufliche Tätigkeit der Zeuge bzw. Beteiligte am zu entschädigenden Termin ausgeübt hätte, wenn er nicht den Termin wahrgenommen hätte. Denn gerade bei Selbständigen, die flexibel Aufträge zu erfüllen haben und nicht eine monatelange Vorausplanung ihrer Arbeitszeit bis ins Detail vornehmen können, dürfte zum Zeitpunkt der gerichtlichen Ladung oft noch nicht feststehen, welche Arbeit an diesem Tag erledigt worden wäre. Würden detaillierte Nachweise für den Verdienstausfall bei Selbständigen verlangt, würde der Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall in den allermeisten Fällen ins Leere laufen. Dies verbietet sich aus verfassungsrechtlichen Erwägungen (Art. 3 und 12 Grundgesetz - GG -).
Daraus, dass für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Verdienstausfalls nur der Nachweis zu führen ist, dass überhaupt ein Verdienstausfall eingetreten ist, nicht aber in welcher Höhe, ergibt sich zwingend auch, dass bei der Frage des Verdienstausfalls ohne Bedeutung sein muss, wie der versäumte Verdienst ohne den Gerichtstermin in exakten, näher eingegrenzten Zeiträumen erzielt worden wäre. Ob in dem durch die gerichtliche Heranziehung beanspruchten Zeitraum Arbeitspausen ohne Verdienst gelegen hätten, ist daher bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals des Verdienstausfalls ohne rechtliche Bedeutung (vgl. auch unten Ziff. 3.2.2.).
3.1.2. Beweisanforderungen an den Nachweis des Verdienstausfalls bei Selbständigen
Das Gericht hat sich im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Überzeugung davon zu bilden, dass der Selbständige durch die gerichtliche Heranziehung einen Verdienstausfall an sich erlitten hat.
Dies bedeutet, dass bei Selbständigen die Erwerbsverhältnisse nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Berechtigten zu beurteilen sind (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Die Einkommensverhältnisse sind dabei grundsätzlich nicht im Einzelnen nachzuprüfen.
Für einen Selbständigen wird nicht selten der Nachweis, dass durch den Gerichtstermin überhaupt ein Verdienstausfall entstanden ist, nur wenig leichter zu führen sein als der Nachweis, in welcher Höhe ein Verdienstausfall entstanden ist (vgl. oben Ziff. 3.1.1.2.). Diese Beweisschwierigkeit kann aber nicht dazu führen, dass der gesetzlich vorgegebene Beweismaßstab (Vollbeweis) nicht mehr zu beachten wäre - eine Änderung ist hier dem Gesetzgeber vorbehalten -, sondern nur dazu, dass im Rahmen der freien Beweiswürdigung sicher gestellt werden muss, dass der gesetzlich vorgesehene Anspruch nicht faktisch bei Selbständigen leer läuft.
Wenn Hartmann (vgl. Ders., a.a.O., § 22 JVEG, Rdnr. 10 - m.w.N.) in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, dass es ausreiche, wenn ein behaupteter Verdienstausfall "wahrscheinlich" sei, oder Meyer/Höver/Bach ausführen, dass es das JVEG nicht vorsehe, "dass der Zeuge ... nachweisen muss, dass ... ein Verdienstausfall eingetreten ist", sind die zitierten Formulierungen aus exakter juristischer Sicht nicht mit den Vorschriften des JVEG und dem dort geltenden Beweismaßstab des Vollbeweises in Einklang zu bringen - auch wenn sie faktisch und umgangssprachlich betrachtet die herrschende Praxis wiedergeben und diese vom Senat im Ergebnis als durchaus sachgerecht angesehen wird. Sofern der Senat sich in seiner Einzelrichterentscheidung vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12, noch auf die o.g. Formulierung von Hartmann gestützt hat, folgt er dem heute jedenfalls nicht mehr.
Die genannte Kommentarliteratur lässt es - zumindest muss darauf aus dem Wortlaut der Kommentierung geschlossen werden - außer Betracht, dass das JVEG selbst derartige Beweiserleichterungen nicht vorsieht und in den Verfahrensordnungen für die zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten Beweisanforderungen aufgestellt sind, die auch im Verfahren nach dem JVEG nicht unbeachtet bleiben können.
Nach den auf die Entschädigung nach dem JVEG zu übertragenden Grundsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren sind die Tatsachen, auf die sich ein Anspruchsteller stützt, grundsätzlich im Vollbeweis nachzuweisen. Vollbeweis bedeutet, dass eine Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs auf ihr Vorliegen stützen möchte. Ob das Gericht die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht, hat es im Rahmen der ihm zustehenden Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG festzustellen. Lediglich dann, wenn eine gesetzliche Regelung ausdrücklich Milderungen der Beweisanforderungen zulässt und es ausreichen lässt, dass eine Tatsache lediglich wahrscheinlich oder sogar nur glaubhaft gemacht im Sinn des § 294 Zivilprozessordnung (ZPO) ist, kann vom Grundsatz abgewichen werden, dass die Tatsache im Vollbeweis nachgewiesen sein muss (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, Az.: B 9 V 23/01 B). Eine derartige Ausnahmeregelung gibt es im JVEG nicht, sodass es beim Beweismaßstab des Vollbeweises verbleibt (vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B).
Aufgrund der Beweisvorgaben muss daher auch ein selbständig tätiger Antragsteller mit für das Gericht an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass ihm ein Verdienstausfall entstanden ist.
Für die Nachweisführung sind alle nur erdenklichen Beweismittel eröffnet.
Zwar gibt es im sozialgerichtlichen Verfahren das förmliche Beweismittel der Parteivernehmung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2007, Az.: B 11a/7a AL 14/07 R - m.w.N.). Grund dafür ist, dass § 118 Abs 1 Satz 1 SGG nicht auf die Bestimmungen der ZPO über den Beweis durch Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) verweist (vgl. BSG, Beschluss vom 24.11.1990, Az.: 1 BA 45/90; Urteil vom 28.11.2007, Az.: B 11a/7a AL 14/07 R). Dies steht einer Verwendung des Sachvortrags des Beteiligten bei der Überzeugungsbildung des Gerichts jedoch nicht entgegen (vgl. BSG, Beschluss vom 15.08.1960, Az.: 4 RJ 291/59). Im Einzelfall kann der Sachvortrag des Beteiligten sogar die alleinige Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.1989, Az.: 2 RU 47/88). Das Gericht hat gemäß § 128 SGG bei seiner Entscheidung im Rahmen des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes die absolute Wahrheit soweit wie möglich zu erforschen und das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen. Das Gericht ist also nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, in einschlägigen Fällen den Sachvortrag der Beteiligten bei der Entscheidungsfindung mitzuverwerten. Dies ist jedenfalls dann angezeigt, wenn der Vortrag des Beteiligten glaubhaft, also wahrheitsgemäß und überzeugend, erscheint, wobei der Begriff der Glaubhaftigkeit im vorgenannten Sinn der Beweiswürdigung nicht zu verwechseln ist mit den in § 294 ZPO beschriebenen Beweisanforderungen (vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B). Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben hat das Gericht die nach Lage der Sache angezeigte Vorsicht bei der Überzeugungsbildung walten zu lassen (vgl. BSG, Beschluss vom 15.08.1960, Az.: 4 RJ 291/59).
Um den gesetzlich verankerten Entschädigungsanspruch nicht ins Leere laufen zu lassen, darf das Gericht an die Beweisführung eines Antragstellers und seine eigene Überzeugungsbildung keine zu hohen Anforderungen stellen. Es wird daher für die Überzeugungsbildung des Gerichts regelmäßig ausreichend sein, wenn es die gerechtfertigte Vermutung hat, dass der Selbständige überhaupt einen Verdienst- oder Gewinnausfall erlitten hat (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O, Rdnr. 22.3 - m.w.N.; Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12; Landgericht - LG - Rostock, Beschluss vom 15.11.2002, Az.: 2 T 23/01; Oberlandesgericht - OLG - Hamm, Beschluss vom 15.12.2005, Az.: 4 Ws 357/05; LG Stendal, Beschluss vom 20.11.2008, Az.: 23 O 515/07). Dies dürfte schon dann der Fall sein, wenn die Angaben des selbständigen Antragstellers plausibel erscheinen. Lediglich dann, wenn die Angaben über die Erwerbstätigkeit und die Höhe des Entgelts zweifelhaft, nicht nachvollziehbar, widersprüchlich oder lebensfremd sind, wird es für das Gericht angezeigt sein, weitere Nachweise vom Antragsteller zu verlangen (vgl. Hartmann, a.a.O., § 22 JVEG, Rdnr. 11). Solche Zweifel sind z.B. dann angebracht, wenn es deutliche Hinweise darauf gibt, dass der Selbständige nur ganz vereinzelt einer beruflichen Tätigkeit nachgeht. In dem vom Senat mit Beschluss vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12, entschiedenen Fall beispielsweise hatte der Antragsteller einen Verdienstausfall von 82,- EUR pro Stunde für eine Tätigkeit als selbständiger Baumeister angegeben, vor dem Gerichtstermin aber um einen Vorschuss für die Fahrtkosten (Fahrtstrecke 315 km) gebeten, da er diese selbst nicht aufbringen könne. Diese beiden Angaben waren schwerlich in Einklang zu bringen
Die Anforderungen bei der Überzeugungsbildung und damit auch an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter dürfen also, auch angesichts des Leitgedankens der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung, der die Rechtsprechung des Kostensenats durchzieht (vgl. oben Ziff. 3.1.1.), nicht überspannt werden.
3.1.3. Beurteilung im hier zu entscheidenden Fall
3.1.3.1. Erwerbsverhältnisse der Antragstellerin
Im vorliegenden Fall ist dem Senat aus diversen Berufungsverfahren der Antragstellerin bekannt, dass diese nicht nur ganz vereinzelt der beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin nachgeht. Von einem Verdienstausfall ist daher ohne Vorlage weiterer Nachweise auszugehen.
3.1.3.2. Kein Verdienst durch Selbstvertretung im vorliegenden Fall
Einem Verdienstausfall im hier zu entscheidenden Fall steht nicht entgegen, dass sich die Antragstellerin im zugrunde liegenden Rentenverfahren selbst anwaltlich vertreten hat. Dies könnte allenfalls dann der Fall sein, wenn die Antragstellerin mit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 31.05.2011 einen Vergütungsanspruch für eine erbrachte anwaltliche Tätigkeit erworben hätte. Denn dann wäre sie ihrer üblichen anwaltlichen Tätigkeit nachgegangen und dafür auch ganz normal, nämlich nicht anders, als wenn sie einen Mandanten vertreten hätte, vergütet worden, was einem Verdienstausfall entgegen stehen würde. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn der Termin der mündlichen Verhandlung mit einem Urteil oder Vergleich geendet und sich daraus ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegenseite ergeben hätte. Ein derartiger Anspruchserwerb am 31.05.2011 ist aber nicht erfolgt.
3.1.3.2.1. Problematik der Selbstvertretung
Grundsätzlich sieht auch der Senat die Problematik, die aus dem Auftreten der Antragstellerin in doppelter Eigenschaft - Beteiligte und anwaltliche Bevollmächtigte - bei einem Gerichtstermin resultieren kann. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist - wie in den meisten Gerichtsverfahrensordnungen - ein Rechtsanwalt, der in eigener Sache zulässigerweise (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.1957, Az.: 8 RV 443/54) tätig wird, kostenrechtlich gemäß § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO i.V.m. § 202 Satz 1 SGG so zu behandeln, wie wenn er von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten würde (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.02.1980, Az.: 2 BvR 752/78).
Der Senat würde dazu tendieren, einen Verdienstausfall im Sinn des § 22 JVEG zu verneinen, wenn die Antragstellerin einen Anspruch für anwaltliches Tätigwerden schon bei diesem Termin erworben hätte - und zwar unabhängig von der konkreten Höhe des Vergütungsanspruchs. Ausgehend von der Überlegung, dass einerseits die Entschädigung für Verdienstausfall nach der gesetzlichen Konzeption keinen Schadensersatzanspruch, sondern nur eine billigen Ausgleich für entstandene Nachteile darstellt (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 19.11.1990, Az.: 9 W 167/90), und dass andererseits die mit dem KostRMoG erfolgte Neukonzeption des Entschädigungs- und Vergütungsrechts von dem elementaren gesetzgeberischen Bedürfnis nach einer Vereinfachung der Rechtsanwendung geprägt war (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., z.B. S. 2, 139, 140, 142, 143, 180), kann sich der im Rahmen des § 22 JVEG festzustellende Verdienstausfall nicht aus einem Vergleich des konkret durch den Termin erzielten Verdienstes mit dem regelmäßigen Bruttoverdienst ergeben. Denn dabei würden sich die gleichen letztlich kaum lösbaren Probleme auftun, die schon bei der Ermittlung des Verdienstausfalls von Selbständigen im Allgemeinen auftreten (vgl. oben Ziff. 3.1.1.2. und 3.1.2.). Zudem müsste auch berücksichtigt werden, dass gerade die anwaltliche selbständige Tätigkeit dadurch geprägt ist, dass sich ertragreichere mit weniger lukrativen Aufträgen abwechseln und sich der Bruttoverdienst erst aus dem Durchschnitt ergibt. Nicht Aufgabe des JVEG kann es sein, nach den Regelungen der Anwaltsvergütung unterdurchschnittlich vergütete Fälle für einen in eigener Sache tätigen Anwalt über das Institut des Verdienstausfalls gemäß § 22 JVEG auf ein besseres Niveau zu heben. Vielmehr würde einem Verdienstausfall entgegen stehen, dass für den maßgeblichen Termin ein Vergütungsanspruch entstanden ist, wie er in vergleichbarer Weise auch bei einer anwaltlichen Fremdvertretung entstanden wäre.
Einen Verdienstausfall allein deshalb zu verneinen, weil sich der selbstvertretende Rechtsanwalt die Beauftragung eines Bevollmächtigten wegen seiner eigenen beruflichen Qualifikation gespart hat und damit letztlich beim Gerichtstermin seine eigene Arbeitskraft gewinnbringend in dem Sinn der Ersparnis von Aufwendungen für eine Fremdvertretung eingesetzt hat, würde zu weit gehen. Eine Stütze für eine derartige Argumentation findet sich im JVEG nicht. Im Übrigen würden durch eine derartige Auslegung die Angehörigen rechtsberatender Berufe gegenüber anderen Selbständigen unvertretbar benachteiligt; dies wäre mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Einklang zu bringen. Zudem kann von einem fiktiven, gegen sich selbst gerichteten Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts auch deshalb nicht ausgegangen werden, da ein Geldfluss in einem derartigen Fall ausgeschlossen ist.
3.1.3.2.2. Maßgeblicher Zeitpunkt
Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Verdienstausfall entstanden ist, ist die Beurteilung am Tag des Gerichtstermins, der den Entschädigungsanspruch des JVEG zur Folge hat. Wie sich aus der Erlöschensregelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG ergibt, entsteht der Entschädigungsanspruch mit dem Ende des gerichtlichen Termins. Die Beurteilung, ob und wenn ja welche Entschädigung zu leisten ist, ist daher nach der Sach- und Rechtslage zu diesem Termin zu beurteilen (vgl. auch § 24 JVEG, der im Rahmen der Übergangsregelung auf den Tag der Heranziehung abstellt).
Am 31.05.2011 hat die Antragstellerin ohne jeden Zweifel keinen Anspruch und Verdienst aus anwaltlicher Tätigkeit erworben bzw. erzielt. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin zu einem späteren Zeitpunkt einen Verdienst aus anwaltlicher Tätigkeit für den 31.05.2011 erzielen könnte, nämlich wenn sie im zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren obsiegen würde und von der Gegenseite eine Kostenerstattung beanspruchen könnte. Dies kann aber für die hier zu treffende Beurteilung, ob die Antragstellerin am 31.05.2011 einen Verdienstausfall erlitten hat, wegen des maßgeblichen Zeitpunkts nicht von Bedeutung sein. Spätere Entwicklungen müssen bei der Festsetzung der Entschädigung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, unabhängig davon, ob sie sich zulasten oder zugunsten (wie dies beispielsweise der Fall wäre, wenn ein Antragsteller, der zunächst bezahlten Urlaub genommen hat, nach der Mitteilung des Gerichts, dass ihm kein Verdienstausfall entschädigt werden könne, seinen Urlaubsantrag nachträglich in unbezahlten Urlaub abändert) des Antragstellers auswirken würden
Der Senat ist sich bewusst, dass der getroffenen Beurteilung das Problem innewohnt, dass möglicherweise ein sich selbst vertretender Anwalt zunächst eine Entschädigung für Verdienstausfall wegen seines Erscheinens bei Gericht als Beteiligter erhält und später zusätzlich eine Vergütung für sein anwaltliches Tätigwerden beim gleichen Termin geltend machen und damit von seinem durch den Doppelcharakter geprägten Auftreten auch doppelt profitieren könnte. Dieses sicherlich nicht erwünschte Ergebnis wird sich aber nicht im Rahmen der originär zu treffenden Festsetzung der Entschädigung nach dem JVEG korrigieren lassen. Ob sich eine Lösung dadurch finden lässt, dass beispielsweise bei der (verwaltungsmäßigen) Festsetzung der Entschädigung ein Widerrufsvorbehalt bezüglich der Entschädigung für Verdienstausfall angefügt wird, braucht in diesem Verfahren nicht entschieden werden.
3.2. Zu entschädigende Zeitdauer
Zu entschädigen sind fünf Stunden.
3.2.1. Vorgaben allgemein
Die Dauer der zu entschädigenden Zeit ergibt sich aus § 19 Abs. 2 JVEG. Danach ist gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" zu berücksichtigen. Eine Sonderregelung zur Ermittlung der zu entschädigenden Zeit bei Verdienstausfall gegenüber der allgemeinen, für alle nach Stunden zu bemessenden Entschädigungstatbeständen geltenden Regelung in § 19 Abs. 2 JVEG, die als lex specialis einer Anwendung des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG entgegen stehen würde, gibt es, insbesondere in § 22 JVEG, nicht.
Die Notwendigkeit der Dauer der Heranziehung ist - wie auch sonst bei der Bemessung der Entschädigung - nach objektiven Kriterien zu ermitteln (vgl. zur Fahrtstrecke: Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12; zu Verpflegungskosten: Beschluss des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 277/10; zur Begleitperson: Beschluss des Senats vom 02.11.2012, Az.: L 15 SF 82/12). Dabei ist auch die im gesamten Kostenrecht geltende Kostenminimierungspflicht zu beachten (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Dies darf aber nicht dazu führen, dass nur die retroperspektiv ermittelte unverzichtbare Abwesenheitszeit entschädigt wird. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob die tatsächlich vorliegende Abwesenheitszeit nicht aus nachvollziehbaren Gründen länger war als die unverzichtbare Zeit. So hat beispielsweise der Beteiligte bei der Anfahrt zum Gericht gewisse Unsicherheitsfaktoren (z.B. Staugefahr) zu berücksichtigen. Ein vernünftig denkender Beteiligter wird zudem ein gewisses Zeitpolster einkalkulieren, sodass er eine rechtzeitige Ankunft, die insbesondere auch im Interesse des ladenden Gerichts liegt, nicht gefährdet. Gegebenenfalls benötigt er vor dem Termin auch noch etwas Zeit, um den Fall mit seinem Bevollmächtigten zu besprechen. Bei entsprechend langer Abwesenheit von zu Hause oder der Arbeitsstelle kann es auch erforderlich sein, dass der Beteiligte eine Pause macht, um sich für die weitere Fahrt zu stärken. Da hier bei Berücksichtigung der in jedem Fall spezifischen Einzelfallumstände zahlreiche Konstellationen denkbar sind, die eine etwas längere Zeit begründen, dürfen im Sinne der Praktikabilität an die Prüfpflicht (vgl. auch oben Ziff. 3.1.1. und 3.1.2.) der Kostenbeamten und Kostenrichter keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Sofern die vom Beteiligten oder Zeugen angegebene Zeit nicht lebensfremd erscheint, wird sie daher regelmäßig der Entschädigung zugrunde zu legen sein.
Die letzte bereits begonnene Stunde wird gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG voll gerechnet.
Begrenzt ist die Dauer gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG auf zehn Stunden je Tag.
3.2.2. Zeit der Heranziehung
Die zu entschädigende Dauer der Heranziehung der Antragstellerin beträgt fünf Stunden.
Die Antragstellerin hat angegeben, um 12.30 Uhr an der Arbeitsstelle weg gefahren und um 17.00 Uhr zu ihrer Wohnung zurückgekommen zu sein. Diese Angabe zur Abwesenheit entspricht im Wesentlichen der objektiv erforderlichen Abwesenheitszeit, wie sie sich aus der Dauer der mündlichen Verhandlung, der Fahrtzeit für Hin- und Rückfahrt, wie sie über im Internet zugängliche Routenplaner zu ermitteln ist, einem gewissen Zeitpolster, um die Einhaltung des Termins bei nicht auszuschließenden Verkehrsbehinderungen nicht zu gefährden, und der Wegezeit vom Parkplatz zum Gericht und zurück ergibt. Diese viereinhalb Stunden sind gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG auf fünf Stunden aufzurunden.
3.2.3. Kein Abzug für eine fiktive Mittagspause
Einen Anlass, von dieser Zeit einen Abzug für eine (fiktive) Mittagspause von einer oder einer halben Stunde vorzunehmen, sieht der Senat nicht.
Im Beschluss vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, hat sich der Senat zur ähnlichen Problematik des Abzugs einer fiktiven Mittagspause bei der Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinn des § 20 JVEG wie folgt geäußert:
"Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 2 JVEG ist der Entschädigung die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" zugrunde zu legen. Dies bedeutet, dass es lediglich auf die Dauer der Abwesenheit ankommt, nicht aber darauf, ob in die Abwesenheitszeit auch übliche Pausenzeiten fallen.
Wenn der Kostensenat des Bayer. Landessozialgerichts (vgl. z.B. Beschluss vom 04.02.2010, Az.: L 15 SF 23/10) in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, dass bei der Entschädigung für Zeitversäumnis die übliche Mittagspause von einer Stunde nicht zu entschädigen sei, kann der Senat diese Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten. Ganz abgesehen davon, dass ein derartiger Abzug keine Stütze im Gesetz findet, sondern sogar im Widerspruch dazu steht, würde sich ein derartiger Zeitabzug auch nicht sachlich rechtfertigen lassen. Ausgehend davon, dass mit der Entschädigung für Zeitversäumnis auch eine Abgeltung für Verlust an Freizeit und des damit verbundenen Erholungswerts erfolgen soll (vgl. z.B. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 20.5; Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 23.04.2008, Az.: 2 Ws 14/08), und auch einem Arbeitslosen oder Rentner eine derartige Entschädigung zusteht (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 20.4; Hartmann, a.a.O., § 20 JVEG, Rdnr. 4), ist nicht erkennbar, warum trotz zeitlicher Inanspruchnahme durch den Gerichtstermin der Antragsteller den Abzug einer fiktiven Mittagspause hinnehmen müsste. Denn wegen des gerichtlichen Termins ist es dem Antragsteller gerade nicht möglich gewesen, eine Mittagspause, wenn er diese möglicherweise sonst macht, zu verbringen. Es kann vernünftigerweise nicht in Abrede gestellt werden, dass das Verbringen der Mittagspause eine sinnvolle Verwendung der Zeit darstellt. Denn die Mittagspause, in der neben der Nahrungsaufnahme auch eine gewisse Entspannung ermöglicht werden soll, stellt - wie sich z.B. aus den gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit ergibt - eine Zeit dar, die im Sinne der Erholung und Erhaltung der (Lebens- und Arbeits-)Kraft des Menschen aufgewendet werden soll. Steht diese Zeit wegen eines Gerichtstermins nicht zur Verfügung, ist sie daher gemäß § 20 JVEG zu entschädigen. Dem steht nicht entgegen, dass der Betroffene möglicherweise nach der Rückkehr zu Hause die versäumte Mittagspause nachholen kann. Denn durch diese, durch den Gerichtstermin bedingte Nachholung verliert der Betroffene nochmals Zeit. Würde also - wie dies die frühere Rechtsprechung gemacht hat - die Dauer der Inanspruchnahme durch den gerichtlichen Termin um eine fiktive Mittagspause gekürzt, würde dem Betroffenen durch den Gerichtstermin eine Stunde genommen, in der er seine Zeit ohne den Gerichtstermin anders sinnvoll hätte verwenden können, ohne dass er dafür entschädigt würde. Dass dies nicht im Sinne der Regelungen des JVEG ist, liegt auf der Hand."
Der Senat kann keinen Gesichtspunkt erkennen, der einer Übertragung der Grundsätze dieser Argumentation auf den Regelungsbereich des Verdienstausfalls zwingend entgegen stehen würde.
Zwar vertreten diverse Gerichte, teilweise noch zum ZuSEG, teilweise schon zum JVEG, die Ansicht, dass bei der Bemessung der zu entschädigenden Zeit eine angemessene Mittagspause in Abzug zu bringen sei (vgl. Kammergericht - KG - Berlin, Beschluss vom 24.03.1982, Az.: 3 Ws 9/83; OLG Hamm, Beschluss vom 27.04.1993, Az.: 3 Ws 328/92; OLG Koblenz, Beschluss vom 21.09.2006, Az.: 1 Ws 553/06 - m.w.N.), und begründen dies für die Entschädigung eines Sachverständigen im Wesentlichen damit, dass die Zeit der Mittagspause nicht für die Heranziehung (oder Erstellung des Gutachtens) erforderlich sei, sondern im Wesentlichen auf verfahrensfremde Gründe zurückzuführen sei. Der Beteiligte sei während einer angemessenen Mittagspause nicht durch die gerichtliche Heranziehung daran gehindert, seiner gewöhnlichen Beschäftigung nachzugehen; Zeitaufwendungen für die Erfüllung allgemein menschlicher Lebensbedürfnisse (z.B. Pausen zur Ernährung) seien gerade nicht durch die Heranziehung veranlasst. Die Rechtsprechung zum ZuSEG ist insofern, ohne dies näher zu hinterfragen, auf das JVEG übertragen worden.
Diese - teilweise noch zur Entschädigung von Sachverständigen nach dem ZuSEG ergangene - Rechtsprechung kann aber nicht auf die Entschädigung von Zeugen oder Beteiligten nach dem JVEG übertragen werden.
Es ist zutreffend, dass nach den Regelungen des ZuSEG bei Sachverständigen nur die "erforderliche" Zeit" (§ 3 Abs. 2 Satz 1 ZuSEG) zu entschädigen war, wobei als erforderlich gemäß § 4 ZuSEG auch die Zeit zu betrachten war, während der der Sachverständige seiner gewöhnlichen Beschäftigung infolge der der Heranziehung nicht nachgehen konnte. Der Begriff der Erforderlichkeit ist auch im JVEG in § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG (für die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern) wieder aufgegriffen worden. Insofern ist keine wesentliche Änderung der Regelungen im ZuSEG einerseits und im JVEG andererseits zu erkennen, soweit Sachverständige betroffen sind.
Auch für die Entschädigung von Zeugen nach dem ZuSEG wurde eine Kausalität zwischen Heranziehung und versäumter Arbeitszeit vorausgesetzt, da von einem Versäumen dann auszugehen war, wenn der Zeuge seiner gewöhnlichen Beschäftigung infolge der der Heranziehung nicht nachgehen konnte (§ 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 ZuSEG). Für die Dauer der üblichen Pausen, insbesondere für die Mittagspause, wurde daher bei der Entschädigung nach dem ZuSEG bei Zeugen keine Entschädigung gewährt (vgl. Meyer/Höver/Bach, ZuSEG, a.a.O., § 2, Rdnr. 12.1, § 4, Rdnr. 7.4; Bleutge, ZSEG1987, § 4, Rdnr. 1). Lediglich der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat in diesem Zusammenhang auf Folgendes hin: Wenn in der älteren Kommentarliteratur zum ZuSEG ausgeführt worden ist, dass bei längeren Gerichtsterminen Mittagspausen "in die Zeitspanne ... eingerechnet und eine Entschädigung für diese Zeit gewährt werden" könne (vgl. Brocke/Reese, Die Entschädigung von Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richtern, 2. Aufl. 1964, Komm. zu § 2 ZuSEG, Ziff. 4, i.V.m. Komm. zu § 2 GER, Ziff. 5, Komm. zu § 4 ZuSEG, Ziff. 3), so ist diese Aussage nicht dahingehend zu verstehen, dass die Zeit einer (üblichen) Mittagspause zu entschädigen war. Vielmehr wurde damit zum Ausdruck gebracht, dass bei der Ermittlung der Abwesenheitsdauer eine vom Betroffenen in dieser Zeit gemachte Pause dann zu berücksichtigten war, wenn es dem Betroffenen nicht zumutbar war, auf eine derartige Pause zu verzichten. Es wurde also die Frage der Notwendigkeit einer Verlängerung der Abwesenheitsdauer durch eine konkret gemachte Pause, nicht aber die der Entschädigung für eine während eines normalen Arbeitstags übliche Pause abgehandelt.
Mit der Einführung des JVEG ist aber für die Entschädigung von Zeugen - anders als bei Sachverständigen und Dolmetschern - eine wesentliche Änderung erfolgt. Anstatt wie früher unter der Geltung des ZuSEG die "versäumte Arbeitszeit" (§ 2 Abs. 2 ZuSEG) zu entschädigen, wird nunmehr nach dem JVEG eine Entschädigung für die "gesamte Dauer der Heranziehung" (§ 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG) gewährt. Damit ist eine entscheidende Änderung erfolgt, da nicht mehr die konkret ausgefallene Arbeitszeit zu ermitteln, sondern die viel leichter festzustellende Zeit der Heranziehung zugrunde zu legen ist (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 15.02.2011, Az.: L 6 SF 47/09 ERI). Auch wenn sich der Gesetzgeber zu der Formulierungsänderung im Rahmen der Gesetzesbegründung zu § 19 JVEG nicht äußert, ist die Änderung doch damit zu erklären, dass wesentliches Ziel der Einführung des JVEG eine Vereinfachung des Kostenrechts und eine Entlastung der Kostenrechtsprechung war (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., z.B. S. 2, 139, 140, 142, 143, 180). Dadurch, dass der Gesetzgeber nunmehr nur auf die Dauer der Heranziehung abstellt, können die in der Vergangenheit durchaus relevanten Probleme im Zusammenhang mit einer Mittagspause (z.B. Dauer, Lage, Anwendbarkeit bei Selbständigen, Nachweisführung) ad acta gelegt werden. Dass der Gesetzgeber eine Änderung der Rechtslage im Vergleich zum ZuSEG nicht beabsichtigt habe, weil er die Formulierungsänderung von "versäumte Arbeitszeit" (§ 2 Abs. 2 ZuSEG) auf "gesamte Dauer der Heranziehung" (§ 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG) bei der zu entschädigenden Zeit nicht begründet habe, schließt der Senat aus. Einerseits eine neue Formulierung einzuführen, die ganz klar auf einen anderen Regelungsgehalt hindeutet, andererseits eine Beibehaltung des alten Regelungscharakters zu bezwecken, würde dem Gesetzgeber ein überaus nachlässiges Verhalten unterstellen, was für den Senat nicht vertretbar ist - zumal sich die Änderung fraglos mit der Intention des Gesetzgebers begründen lässt.
Die Frage, ob üblicherweise eine Mittagspause gemacht wird, stellt sich daher nach heutigem Recht nicht mehr.
Wenn demgegenüber die Kommentarliteratur (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.5; Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 3) die zu entschädigende Zeit mit der "notwendigen Arbeitszeitversäumnis" (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.5) bzw. "derjenigen Arbeitszeit ..., die der Zeuge durch die Ausübung der Zeugenpflicht auf sich nehmen musste" (vgl. Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 3), gleichsetzen, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Die Kommentarliteratur hat offensichtlich die mit der Gesetzesänderung verbundene Änderung des Wortlauts bei der zu entschädigenden Zeit (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZuSEG: "versäumte Arbeitszeit": § 22 JVEG: "Dauer der gesamten Heranziehung") nicht nachvollzogen. Dies ergibt sich auch daraus, dass Hartmann ausführt, dass die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG, mit der die Dauer der Heranziehung als maßgebliches Kriterium festgelegt worden ist, "wörtlich der Regelung für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer in § 8 II 1 Hs 1" und "ebenso wörtlich der Regelung für ehrenamtliche Richter in § 15 II 2 Hs 2" entspreche (vgl. Hartmann, a.a.O, § 19 JVEG, Rdnr. 11). Tatsächlich sind die Regelungen zur Ermittlung der zu vergütenden bzw. zu entschädigenden Zeit der der Einführung des JVEG aber nicht mehr wörtlich identisch; der Wortlaut in der Regelung für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer ist ein anderer als bei den Regelungen für ehrenamtliche Richter und Zeugen. Wenn die Kommentatoren daher von einem Gleichlauten der Regelungen ausgehen, haben sie die erfolgte Änderung völlig übersehen. Es würde gegen den Wortlaut des Gesetzes verstoßen und die Gesetzesentwicklung missachten, die Regelungen des JVEG in § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG trotz abweichenden Wortlauts auf der Grundlage des ZuSEG auszulegen.
Der Senat ist sich bewusst, dass der von ihm vertretenen Auslegung zur Berücksichtigung auch der Zeit einer üblichen/fiktiven Mittagspause bei der Entschädigung entgegen gehalten werden könnte, dass es im Einzelfall zu einer Entschädigung für Verdienstausfall kommen kann, die den tatsächlich entstandenen Verdienstausfall übersteigt. Dies ist immer dann der Fall, wenn der regelmäßige Bruttostundenverdienst nicht über der in § 22 JVEG vorgegebenen Höchstgrenze des Stundensatzes liegt und die Dauer der im Rahmen des § 19 Abs. 2 JVEG berücksichtigungsfähigen (maximal 10 Stunden pro Tag) Heranziehung die versäumte Arbeitszeit übersteigt. Der Senat sieht darin aber keinen Grund, seine Auslegung in Zweifel zu ziehen. Es ist für ihn offenkundig, dass der Gesetzgeber ein derartiges Ergebnis im Sinn der von ihm bezweckten Vereinfachung und Erhöhung der Praktikabilität des Kostenrechts in Kauf genommen hat. Eine Nichtentschädigung der Mittagspause würde einen Rückfall in alte Gesetzeszeiten darstellen und im Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention und dem Wortlaut des Gesetzes stehen. Auch steht das im eher seltenen Einzelfall eintretende Ergebnis, dass der Anspruchsberechtigte durch die Entschädigung auch der Mittagspause nach dem JVEG minimal (maximal 17,- EUR bei einer früher großzügig angenommenen Mittagspause von einer Stunde) besser gestellt ist, als wenn er der Arbeit nachgegangen wäre, nicht in Widerspruch zu elementaren Grundsätzen des Entschädigungsrechts. Denn die Regelungen des JVEG zu einer Entschädigung wegen der durch den gerichtlichen Termin beanspruchten Zeit sind gerade nicht Ausfluss eines Schadensersatzanspruchs, sondern einer billigen Entschädigung für die Ausübung staatsbürgerlicher Pflichten (vgl. oben Ziff. 3.1.1.1.). Dass diese nicht im Einzelfall über dem Verdienstausfall, also dem entstandenen Schaden liegen darf, verbietet der Charakter als Entschädigung, anders als dies bei einem Schadensersatz der Fall wäre, nicht. Auch hat der Gesetzgeber durch die vergleichsweise antragstellerfreundliche Rundungsregelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG, die im Rahmen des 2. KostRMoG nur etwas in ihrer Großzügigkeit beschnitten worden ist, selbst das Einfallstor für eine über dem tatsächlich entstandenen Verdienstausfall liegende Entschädigung für die Fälle geschaffen, nämlich wenn bei einem Bruttostundensatz von nicht mehr als 17,- EUR der Zeuge oder Beteiligte in der letzten nur begonnenen Stunde der Heranziehung bereits wieder einen Verdienst erzielt. Insofern ist es durchaus akzeptabel und nicht im Widerspruch zur gesetzlichen Zielsetzung stehend, wenn weniger verdienende Arbeitnehmer (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., S. 186 - zu § 22 JVEG) im Einzelfall aus der Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Pflicht einen geringfügigen Vorteil ziehen können. Sofern dem Hartmann in einer solchen Konstellation unter Hinweis auf den Beschluss des LG Koblenz vom 24.07.1997, Az.: 2 T 284/97, widerspricht und eine Grenze für die Aufrundung dann zieht, wenn sich der Stundensatz dadurch ummehr als 10% erhöhen würde, und dies mit der Rechtsmissbräuchlichkeit begründet (vgl. Hartmann, a.a.O., § 22 JVEG, Rdnr. 7), kann sich der Senat dem nicht anschließen. Ganz abgesehen davon, dass die von Hartmann angeführte Entscheidung die Vergütung einer Betreuertätigkeit betrifft und damit einen anderen Regelungsbereich des JVEG, findet sich keine gesetzliche Grundlage für eine solche Grenzziehung. Von einem Rechtsmissbrauch kann zudem nicht gesprochen werden, wenn im Raum nicht der Schadensersatz für entgangenen Verdienst, sondern eine Entschädigung für die Ausübung staatsbürgerlicher Pflichten steht.
Wenn Meyer/Höver/Bach bei ihren Ausführungen zur Rundungsregelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG zum Ausdruck bringen, dass die Entschädigung für Verdienstausfall nie höher als der Tagesverdienst sein könne (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.6), mag diese Annahme zwar für die Geltungszeit des ZuSEG richtig gewesen und auf den ersten Blick auch heute noch naheliegend sein. Für den Anwendungsbereich des JVEG ist sie aber nicht mit dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung in Einklang zu bringen. Sie geht fälschlicherweise davon aus, dass die Entschädigung für Verdienstausfall nach dem Modell des Schadensersatzes konstruiert ist, was jedoch nicht zutrifft (vgl. oben Ziff. 3.1.1.1.).
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich eine Herausnahme der Zeit einer üblichen Mittagspause aus der zu entschädigenden Zeit dadurch, dass isoliert für die Zeit der üblichen Mittagspause nicht von einem Verdienstausfall ausgegangen würde, verbietet. Eine solche Vorgehensweise würde bedeuten, dass ein einheitlicher Entschädigungsanspruch aufgesplittet würde in mehrere Entschädigungsansprüche, von denen dann der sich allein auf die Zeit der Mittagspause beziehende Anspruch abgelehnt würde, weil hier unzweifelhaft kein Verdienstausfall entstanden wäre. Für eine derartige Aufsplittung bietet das JVEG aber nicht ansatzweise eine gesetzliche Legitimation. Eine Herstellung der alten Gesetzeslage des ZuSEG entgegen dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG und der gesetzgeberischen Intention beim Erlass des JVEG ist daher auf diesem Weg nicht möglich.
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass ein Abzug für eine fiktive Mittagspause bei der Abwesenheitszeit der Antragstellerin nicht erfolgen darf. Die rechtlich durchaus schwierige Frage, ob auch bei Selbständigen von einer üblichen Mittagspause ausgegangen werden kann, auch wenn sie selbst angeben, keine derartige Pause zu machen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12.12.2011, Az.: 1 Ws 121/10, das diese aus Sicht des Senats nicht entscheidungserhebliche Frage verneint hat) erübrigt sich daher.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass er durchaus ein gewisses Verständnis dafür hat, wenn die von ihm getroffene Auslegung zu der zu entschädigenden Zeitdauer möglicherweise zunächst Gegenrede erzeugen wird. Er ist sich bewusst, dass die früher geltende Rechtslage diese Kritik provoziert. Er könnte es auch in beschränktem Umfang nachvollziehen, wenn die von ihm durchgeführte Auslegung als "Paradigmenwechsel" angesehen und ein Unverständnis erzeugen würde, wenn die seltenen Einzelfälle betrachtet werden, in denen die Entschädigung für Verdienstausfall höher ausfällt als der tatsächlich eingetretene Verdienstausfall. Gleichwohl verbieten es die vom Gesetzgeber im JVEG gewählten Formulierungen und der hinter der Modernisierung des Kostenrechts stehende Gedanke einer Vereinfachung der Rechtsanwendung, diesen Bedenken Rechnung zu tragen. Einer anderen Auslegung als der vom Senat getroffenen sind die Regelungen der §§ 19, 22 JVEG nicht zugänglich. Sollte der Gesetzgeber tatsächlich eine andere Entschädigung, als sie sich aus der Auslegung des Senats ergibt, wollen, wäre es allein Sache des Gesetzgebers, dies durch ein entsprechendes gesetzgeberisches Tätigwerden wieder zu korrigieren. Den Gerichten wäre eine solche Korrektur versagt, da sie sich damit zum Gesetzgeber aufschwingen und gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GG verstoßen würden. Dies steht ihnen nicht zu.
3.3. Höhe der Entschädigung - Stundensatz
Gemäß § 22 JVEG richtet sich die Entschädigung für Verdienstausfall nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst und ist nach Stunden zu berechnen ist. Der Höchstsatz der Entschädigung beträgt 17,- EUR pro Stunde.
Genauso wie das Gericht bei der Feststellung, ob überhaupt ein Verdienstausfall eingetreten ist, die Erwerbsverhältnisse nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Berechtigten zu beurteilen hat und dabei die Einkommensverhältnisse grundsätzlich nicht im Einzelnen nachprüfen muss (vgl. oben Ziff. 3.1.1.), dürfen auch bei der Ermittlung des Stundensatzes eines Selbständigen keine zu hohen Anforderungen aufgestellt werden. Denn die Errechnung des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes eines Selbständigen ist kaum nachvollziehbar möglich und wäre mit einem immensen Aufwand verbunden. Denn auch aus dem Steuerbescheid würden sich aufgrund der zahlreichen steuerrechtlichen Abzugs- und Gestaltungsmöglichkeiten keine ausreichend aussagekräftigen Zahlen ablesen lassen, zumal auch der Umfang der Arbeitszeiten bei Selbständigen höchst unterschiedlich ist. Es wird daher bei Selbständigen regelmäßig darauf hinauslaufen, dass deren Angaben zum Stundenverdienst zugrunde zu legen sind, es sei denn, es gibt Gesichtspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben offensichtlich auf der Hand liegen lassen. Dabei dürfen die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden (vgl. oben Ziff. 3.1.1., 3.1.2. und 3.2.1.)
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist bei der Entschädigung der Antragstellerin für Verdienstausfall von einem Stundesatz von 17,- EUR auszugehen. Der Entschädigung werden die Angaben der Antragstellerin, die dem Senat als Rechtsanwältin aus diversen Verfahren bekannt ist, zugrunde gelegt. Auf die Vorlage entsprechender Nachweise zur weiteren Glaubhaftmachung konnte der Senat - wie im Regelfall (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12) - verzichten, da keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich waren, an der Richtigkeit der Angaben der Antragstellerin zu zweifeln. Dies entspricht auch den Hinweisen von Hartmann (vgl. Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 16), wonach Anwälte grundsätzlich den Höchstsatz (hier: von 17,- EUR pro Stunde) erhalten.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass über den bei der Entschädigung zugrunde zu legenden Stundensatz keine Korrektur des - nach der alten Rechtslage des ZuSEG unbefriedigenden - Ergebnisses erfolgen kann, dass auch für die (übliche) Mittagspause eine Entschädigung für Verdienstausfall zu gewähren ist. Denn nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 22 Satz 1 JVEG orientiert sich der Stundensatz am "regelmäßigen Bruttoverdienst", und nicht an dem durchschnittlichen Stundensatz, wie er am konkreten Tag der gerichtlichen Heranziehung erzielt worden wäre. Es verbietet sich daher, den Stundensatz aus dem konkret am Heranziehungstag entgangenen Verdienst multipliziert mit der Zahl der Zahl der Arbeitsstunden abzüglich der üblichen Pausenzeiten geteilt durch die Zeit der Heranziehung zu ermitteln. Ganz abgesehen davon, dass für eine solche Berechnung das JVEG keine Stütze enthält, würde eine derart komplizierte und auch erhebliche Beweisschwierigkeiten eröffnende Berechnungsweise der Intention des Gesetzgebers beim Erlasse des JVEG, nämlich der Vereinfachung des Kostenrechts und einer Entlastung der Kostenrechtsprechung (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., z.B. S. 2, 139, 140, 142, 143, 180) diametral entgegen stehen.
4. Fahrtkosten
Es ist ein Fahrtkostenersatz in Höhe von 65,- EUR für 260 gefahrene Kilometer und in Höhe von 2,- EUR für Parkgebühren zu erbringen, insgesamt also 67,- EUR.
Der Gesetzgeber hat mit § 5 JVEG dem Zeugen bzw. Beteiligten ein Wahlrecht eröffnet, ob er mit öffentlichen Verkehrsmitteln (§ 5 Abs. 1 JVEG) oder mit dem Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 JVEG) zu gerichtlich festgesetzten Terminen anreist. Der Fahrtkostenersatz folgt der getroffenen Wahl des Beförderungsmittels. Wählt der Beteiligte wie hier die Anreise mit dem Kraftfahrzeug, werden ihm gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG für jeden gefahrenen Kilometer 0,25 EUR ersetzt.
Antragsgemäß werden der Kostenerstattung 260 gefahrene Kilometer zugrunde gelegt. Diese Angabe der Antragstellerin entspricht weitgehend der Entfernung, wie sie der Senat über Routenplaner ermittelt hat, die im Internet zugänglich sind, und gibt damit die objektiv erforderliche Fahrtstrecke wieder.
Bei einer Kilometerpauschale von 0,25 EUR ergibt sich ein Fahrtkostenersatz von 65,- EUR.
Neben dem Ersatz wegen der gefahrenen Kilometern sind gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 JVEG ist auch das von der Antragstellerin gezahlte Parkentgelt in Höhe von 2,- EUR zu erstatten, das die Antragstellerin mit einem Beleg nachgewiesen hat.
Der Antragstellerin ist daher für die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 31.05.2011 eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 152,- EUR zu gewähren.
Der Kostensenat des Bayerischen Landessozialgerichts trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG). Seine in der Vergangenheit (vgl. Beschluss des Senats vom 04.02.2010, Az.: L 15 SF 23/10) praktizierte Rechtsprechung zur Mittagspause bei der Entschädigung für Verdienstausfall erhält er nicht aufrecht.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt eine Entschädigung wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG), zu dem ihr persönliches Erscheinen angeordnet worden ist.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) anhängig gewesenen rentenrechtlichen Rechtsstreit der Antragstellerin, die Rechtsanwältin ist und sich in diesem Verfahren selbst vertrat, fand am 31.05.2011 eine mündliche Verhandlung statt; das persönliche Erscheinen der Antragstellerin war angeordnet. Die mündliche Verhandlung dauerte von 14.15 Uhr bis 15.00 Uhr.
Mit Entschädigungsantrag vom 01.06.2011 beantragte die Antragstellerin die Entschädigung für das Erscheinen bei der mündlichen Verhandlung am 31.05.2011. Sie gab an, um 12.30 Uhr von der Arbeitsstelle losgefahren und um 17.00 nach Hause zurückgekommen zu sein. Sie sei mit dem PKW insgesamt 260 km gefahren und habe 2,- EUR Parkgebühr entrichtet. Sie machte bei einer angegebenen regelmäßigen Arbeitszeit von 8.00 bis 17.00 Uhr einen Verdienstausfall für 4,5 Stunden in Höhe von insgesamt 337,50 EUR geltend.
Mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 08.06.2011 wurde die Entschädigung auf 135,- EUR festgesetzt. Dem lagen die Parkgebühren und Fahrtkosten entsprechend der Angaben der Antragstellerin zugrunde. Als Verdienstausfall wurden vier Stunden zu je 17,- EUR (Höchstbetrag) berücksichtigt, wobei für die Zeit von 12.00 bis 13.00 Uhr eine übliche Mittagspause (ohne Verdienstausfall) zugrunde gelegt wurde.
Mit Schreiben vom 14.06.2011 hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass sie mit der Entschädigung nicht einverstanden sei. Es möge zwar sein, dass Mitarbeiter des Gerichts üblicherweise eine Mittagspause von 12.00 bis 13.00 Uhr hätten. Sie habe aber an diesem Tag keine Mittagspause machen können, da sie während dieser Zeit im Auto zum Gericht unterwegs gewesen sei.
Auch die Staatskasse hat mit Schreiben vom 12.09.2011 Antrag auf richterliche Entscheidung gemäß § 4 JVEG gestellt. Die Anwendbarkeit des JVEG sei - so die Staatskasse - fraglich, wenn ein Rechtsanwalt Klage in eigener Sache erhebe und sein persönliches Erscheinen angeordnet werde. Fraglich sei zudem, ob ein Verdienstausfall eintreten könne, wenn später möglicherweise eine Terminsgebühr entstehen sollte.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn die Berechtigte - wie hier mit Schreiben vom 14.06.2011 - oder die Staatskasse - wie hier mit Schreiben vom 12.09.2011 - die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Termins vom 31.05.2011 ist auf 152,- EUR festzusetzen. Dem liegt gegenüber der Festsetzung der Kostenbeamtin eine Abweichung nur insofern zugrunde, als dass ein Abzug für eine Mittagspause nicht erfolgt ist. Den Einwänden der Staatskasse kann der Senat nicht folgen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Rdnr. 4.12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Kostenfestsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bayer. LSG, Beschluss vom 29.05.2007, Az.: L 14 R 401/98; vgl. auch Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 4.12 - m.w.N).
1. Anwendbarkeit des JEVG
Das JVEG ist auch in den Fällen anwendbar, in denen ein Rechtsanwalt in eigener Sache, also als Beteiligter, in einem sozialgerichtlichen Verfahren auftritt. Vorliegend war das persönliche Erscheinen der Antragstellerin, also in ihrer Eigenschaft als Beteiligte, angeordnet.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich - wie hier - um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG handelt. Eine Differenzierung danach, ob der Beteiligte gleichzeitig auch in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt als sein eigener Bevollmächtigter auftritt, oder "nur" Beteiligter ist, sieht das JVEG nicht vor. Das Recht der anwaltlichen Selbstvertretung schließt bei Selbstvertretung die Anwendung des JVEG nicht aus. Ein Ausschluss der Anwendbarkeit des JVEG in solchen Fällen müsste vom Gesetzgeber geregelt werden, was nicht der Fall ist.
Der festzusetzenden Entschädigung sind daher die Vorschriften des JVEG zugrunde zu legen. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
Der Senat sieht auch keinerlei Anlass, bei der Entschädigung eines Beteiligten, der ein Eigeninteresse am Verfahren hat, andere Maßstäbe anzulegen als beispielsweise bei einem Zeugen, bei dem ein solches Eigeninteresse fehlt (vgl. dazu die ausführlichen Begründungen in den Beschlüssen des Senats vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, und vom 26.11.2013, Az.: L 15 SF 208/13).
2. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz -
2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn dem Antrag liegt eine Heranziehung zu einem Gerichtstermin vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG zugrunde.
3. Entschädigung für Verdienstausfall
Eine Entschädigung für Verdienstaufall hat für fünf Stunden zu je 17,- EUR zu erfolgen, also in Höhe von insgesamt 85,- EUR.
Voraussetzung für die Entschädigung eines Beteiligten für Verdienstaufall gemäß § 22 JVEG ist, dass ein Verdienstaufall entstanden ist. Liegt ein Verdienstausfall vor, ist der Beteiligte gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG, der für alle nach Stunden bemessene Entschädigungstatbestände gilt, für die gesamte Dauer der Heranziehung zu entschädigen, wobei die letzte begonnene Stunde gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG voll gerechnet wird.
Gemäß § 22 Satz 1 JVEG richtet sich die Entschädigung nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst, gegebenenfalls einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge, und beträgt für jede Stunde höchstens 17,- EUR.
3.1. Verdienstausfall
Um das Tatbestandsmerkmal des Verdienstausfalls bejahen zu können, bedarf es (nur) des Nachweises, dass überhaupt ein solcher Ausfall entstanden ist, nicht aber in welcher Höhe. Die Höhe des Verdienstausfalls ist - mit sich aus der Konzeption des Gesetzes ergebenden Einschränkungen - erst bei der Frage der Bemessung der Entschädigung (vgl. unten Ziff. 3.3.) von Bedeutung.
3.1.1. Kein Nachweis des konkret entstandenen Verdienstausfalls nötig, sondern nur dass überhaupt ein Verdienstausfall eingetreten ist
Voraussetzung für eine Entschädigung wegen Verdienstausfall, d.h. wegen Minderung des Berufseinkommens, ist seit jeher - auch schon vor Geltung des JVEG (weitergehende Hinweise vgl. BGH, Beschluss vom 26.01.2012, Az.: VII ZB 60/09) -, dass der Zeuge bzw. Beteiligte überhaupt einen Verdienstausfall erlitten hat.
Bei der Überzeugungsbildung, ob ein Verdienstausfall an sich, d.h. unabhängig von der konkreten Höhe, eingetreten ist, dürfen die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht nur im Sinn der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie (Leitgedanke der Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, und vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B), sondern insbesondere auch um zu vermeiden, dass die gesetzliche Regelung des § 22 JVEG für Selbständige ins Leere läuft, nicht überspannt werden.
3.1.1.1. Konzeption des Gesetzes
Dass es auf die konkrete Höhe des entstandenen Verdienstausfalls in diesem Zusammenhang nicht ankommen kann, ergibt sich zum einen aus der Konzeption des Gesetzes. Das JVEG eröffnet nämlich bezüglich des Verdienstausfalls - wie schon das zuvor gültige Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) - keinen echten Schadensersatz (zum ZuSEG: vgl. Meyer/Höver/Bach, ZuSEG, 22. Aufl. 2002, § 2, Rdnr. 12.1; zum JVEG: vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O, Rdnr. 22.2). Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 22 JVEG, der nicht einen (Schadensersatz-)Anspruch auf Ersatz des entgangenen Verdienstes enthält, sondern lediglich eine "Entschädigung" vorsieht, "wenn ein Verdienstausfall entsteht". Dass kein echter Schadensersatz bezweckt ist, ergibt sich auch aus der Limitierung der Entschädigung auf maximal 17,- EUR pro Stunde. Dieser Betrag orientiert sich am durchschnittlichen Bruttostundenverdienst der Industriearbeiter (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 186 - zu § 22 JVEG). Damit soll nur für die weniger verdienenden Arbeitnehmer aus sozialen Gründen ein voller Ausgleich ermöglicht werden (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., S. 186 - zu § 22 JVEG). Auf eine volle Entschädigung bei Besserverdienenden hat der Gesetzgeber im Rahmen seines gesetzgeberischen Ermessens verzichtet. Denn die Teilnahme des Zeugen (und von Dritten) an einem gerichtlich angeordneten Termin ist Teil der Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, § 19 JVEG, Rdnr. 2). Einen vollen Ausgleich erfordert eine derartige staatbürgerliche Ehrenpflicht nicht, vielmehr ist es nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber lediglich eine Entschädigung aus Billigkeitsgründen vorsieht (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 10.10.1978, Az.: 2 BvL 3/78; Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 7 - m.w.N.). Der Ansicht des Sächsischen LSG im Beschluss vom 15.02.2011, Az.: L 6 SF 47/09 ERI, dass die "Verdienstausfallentschädigung nach dem Modell eines echten Schadensersatzanspruches konstruiert" sei, kann sich der Senat daher nicht anschließen (so auch Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht - OLG -, Beschluss vom 19.11.1990, Az.: 9 W 167/90, das den Verdienstausfall als "lediglich einen billigen Ausgleich für die ... erwachsenen Nachteile" bezeichnet; Hartmann, a.a.O., § 19 JVEG, Rdnr. 2, der die Entschädigung als "angemessene, aber auch nicht übertriebene finanzielle Anerkennung als eine Gegenleistung zur Erfüllung staatsbürgerlichen Pflichten" sieht).
3.1.1.2. Faktische Unmöglichkeit der Nachweiserbringung des konkreten Verdienstaufalls bei Selbständigen
Die Führung des Nachweises des konkreten Verdienstausfalls ist naturgemäß einem abhängig Beschäftigten leicht möglich. Dieser kann beispielsweise mit einer Bescheinigung des Arbeitgebers, dass unbezahlter Urlaub genommen worden ist, und der Benennung seines arbeitsvertraglichen Stundensatzes den konkreten Verdienstausfall unschwer belegen.
Ungleich schwieriger ist die Nachweisführung bei einem selbständig Tätigen. Wenn auch bei dieser Personengruppe vereinzelt gefordert wird, dass der Betrag, "der sich als konkret entgangener Gewinn ergibt" (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 15.02.2011, Az.: L 6 SF 47/09 ERI) nachzuweisen sei - und zwar im Vollbeweis, da das JVEG keine Beweiserleichterung enthält -, hält der Senat diese Forderung für weitgehend unerfüllbar. Dies gilt sowohl für den Fall, dass eine betragsgenaue Bezifferung des Verdienstausfalls verlangt würde (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.3), als auch dafür, dass nachzuweisen wäre, welche konkrete (also unter Benennung des Auftraggebers, Projekts o.Ä.) berufliche Tätigkeit der Zeuge bzw. Beteiligte am zu entschädigenden Termin ausgeübt hätte, wenn er nicht den Termin wahrgenommen hätte. Denn gerade bei Selbständigen, die flexibel Aufträge zu erfüllen haben und nicht eine monatelange Vorausplanung ihrer Arbeitszeit bis ins Detail vornehmen können, dürfte zum Zeitpunkt der gerichtlichen Ladung oft noch nicht feststehen, welche Arbeit an diesem Tag erledigt worden wäre. Würden detaillierte Nachweise für den Verdienstausfall bei Selbständigen verlangt, würde der Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall in den allermeisten Fällen ins Leere laufen. Dies verbietet sich aus verfassungsrechtlichen Erwägungen (Art. 3 und 12 Grundgesetz - GG -).
Daraus, dass für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des Verdienstausfalls nur der Nachweis zu führen ist, dass überhaupt ein Verdienstausfall eingetreten ist, nicht aber in welcher Höhe, ergibt sich zwingend auch, dass bei der Frage des Verdienstausfalls ohne Bedeutung sein muss, wie der versäumte Verdienst ohne den Gerichtstermin in exakten, näher eingegrenzten Zeiträumen erzielt worden wäre. Ob in dem durch die gerichtliche Heranziehung beanspruchten Zeitraum Arbeitspausen ohne Verdienst gelegen hätten, ist daher bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals des Verdienstausfalls ohne rechtliche Bedeutung (vgl. auch unten Ziff. 3.2.2.).
3.1.2. Beweisanforderungen an den Nachweis des Verdienstausfalls bei Selbständigen
Das Gericht hat sich im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Überzeugung davon zu bilden, dass der Selbständige durch die gerichtliche Heranziehung einen Verdienstausfall an sich erlitten hat.
Dies bedeutet, dass bei Selbständigen die Erwerbsverhältnisse nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Berechtigten zu beurteilen sind (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Die Einkommensverhältnisse sind dabei grundsätzlich nicht im Einzelnen nachzuprüfen.
Für einen Selbständigen wird nicht selten der Nachweis, dass durch den Gerichtstermin überhaupt ein Verdienstausfall entstanden ist, nur wenig leichter zu führen sein als der Nachweis, in welcher Höhe ein Verdienstausfall entstanden ist (vgl. oben Ziff. 3.1.1.2.). Diese Beweisschwierigkeit kann aber nicht dazu führen, dass der gesetzlich vorgegebene Beweismaßstab (Vollbeweis) nicht mehr zu beachten wäre - eine Änderung ist hier dem Gesetzgeber vorbehalten -, sondern nur dazu, dass im Rahmen der freien Beweiswürdigung sicher gestellt werden muss, dass der gesetzlich vorgesehene Anspruch nicht faktisch bei Selbständigen leer läuft.
Wenn Hartmann (vgl. Ders., a.a.O., § 22 JVEG, Rdnr. 10 - m.w.N.) in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, dass es ausreiche, wenn ein behaupteter Verdienstausfall "wahrscheinlich" sei, oder Meyer/Höver/Bach ausführen, dass es das JVEG nicht vorsehe, "dass der Zeuge ... nachweisen muss, dass ... ein Verdienstausfall eingetreten ist", sind die zitierten Formulierungen aus exakter juristischer Sicht nicht mit den Vorschriften des JVEG und dem dort geltenden Beweismaßstab des Vollbeweises in Einklang zu bringen - auch wenn sie faktisch und umgangssprachlich betrachtet die herrschende Praxis wiedergeben und diese vom Senat im Ergebnis als durchaus sachgerecht angesehen wird. Sofern der Senat sich in seiner Einzelrichterentscheidung vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12, noch auf die o.g. Formulierung von Hartmann gestützt hat, folgt er dem heute jedenfalls nicht mehr.
Die genannte Kommentarliteratur lässt es - zumindest muss darauf aus dem Wortlaut der Kommentierung geschlossen werden - außer Betracht, dass das JVEG selbst derartige Beweiserleichterungen nicht vorsieht und in den Verfahrensordnungen für die zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten Beweisanforderungen aufgestellt sind, die auch im Verfahren nach dem JVEG nicht unbeachtet bleiben können.
Nach den auf die Entschädigung nach dem JVEG zu übertragenden Grundsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren sind die Tatsachen, auf die sich ein Anspruchsteller stützt, grundsätzlich im Vollbeweis nachzuweisen. Vollbeweis bedeutet, dass eine Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs auf ihr Vorliegen stützen möchte. Ob das Gericht die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht, hat es im Rahmen der ihm zustehenden Freiheit der richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG festzustellen. Lediglich dann, wenn eine gesetzliche Regelung ausdrücklich Milderungen der Beweisanforderungen zulässt und es ausreichen lässt, dass eine Tatsache lediglich wahrscheinlich oder sogar nur glaubhaft gemacht im Sinn des § 294 Zivilprozessordnung (ZPO) ist, kann vom Grundsatz abgewichen werden, dass die Tatsache im Vollbeweis nachgewiesen sein muss (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, Az.: B 9 V 23/01 B). Eine derartige Ausnahmeregelung gibt es im JVEG nicht, sodass es beim Beweismaßstab des Vollbeweises verbleibt (vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B).
Aufgrund der Beweisvorgaben muss daher auch ein selbständig tätiger Antragsteller mit für das Gericht an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass ihm ein Verdienstausfall entstanden ist.
Für die Nachweisführung sind alle nur erdenklichen Beweismittel eröffnet.
Zwar gibt es im sozialgerichtlichen Verfahren das förmliche Beweismittel der Parteivernehmung nicht (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2007, Az.: B 11a/7a AL 14/07 R - m.w.N.). Grund dafür ist, dass § 118 Abs 1 Satz 1 SGG nicht auf die Bestimmungen der ZPO über den Beweis durch Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) verweist (vgl. BSG, Beschluss vom 24.11.1990, Az.: 1 BA 45/90; Urteil vom 28.11.2007, Az.: B 11a/7a AL 14/07 R). Dies steht einer Verwendung des Sachvortrags des Beteiligten bei der Überzeugungsbildung des Gerichts jedoch nicht entgegen (vgl. BSG, Beschluss vom 15.08.1960, Az.: 4 RJ 291/59). Im Einzelfall kann der Sachvortrag des Beteiligten sogar die alleinige Grundlage der gerichtlichen Entscheidung sein (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.1989, Az.: 2 RU 47/88). Das Gericht hat gemäß § 128 SGG bei seiner Entscheidung im Rahmen des geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes die absolute Wahrheit soweit wie möglich zu erforschen und das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen. Das Gericht ist also nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, in einschlägigen Fällen den Sachvortrag der Beteiligten bei der Entscheidungsfindung mitzuverwerten. Dies ist jedenfalls dann angezeigt, wenn der Vortrag des Beteiligten glaubhaft, also wahrheitsgemäß und überzeugend, erscheint, wobei der Begriff der Glaubhaftigkeit im vorgenannten Sinn der Beweiswürdigung nicht zu verwechseln ist mit den in § 294 ZPO beschriebenen Beweisanforderungen (vgl. Beschluss des Senats vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B). Bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben hat das Gericht die nach Lage der Sache angezeigte Vorsicht bei der Überzeugungsbildung walten zu lassen (vgl. BSG, Beschluss vom 15.08.1960, Az.: 4 RJ 291/59).
Um den gesetzlich verankerten Entschädigungsanspruch nicht ins Leere laufen zu lassen, darf das Gericht an die Beweisführung eines Antragstellers und seine eigene Überzeugungsbildung keine zu hohen Anforderungen stellen. Es wird daher für die Überzeugungsbildung des Gerichts regelmäßig ausreichend sein, wenn es die gerechtfertigte Vermutung hat, dass der Selbständige überhaupt einen Verdienst- oder Gewinnausfall erlitten hat (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O, Rdnr. 22.3 - m.w.N.; Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12; Landgericht - LG - Rostock, Beschluss vom 15.11.2002, Az.: 2 T 23/01; Oberlandesgericht - OLG - Hamm, Beschluss vom 15.12.2005, Az.: 4 Ws 357/05; LG Stendal, Beschluss vom 20.11.2008, Az.: 23 O 515/07). Dies dürfte schon dann der Fall sein, wenn die Angaben des selbständigen Antragstellers plausibel erscheinen. Lediglich dann, wenn die Angaben über die Erwerbstätigkeit und die Höhe des Entgelts zweifelhaft, nicht nachvollziehbar, widersprüchlich oder lebensfremd sind, wird es für das Gericht angezeigt sein, weitere Nachweise vom Antragsteller zu verlangen (vgl. Hartmann, a.a.O., § 22 JVEG, Rdnr. 11). Solche Zweifel sind z.B. dann angebracht, wenn es deutliche Hinweise darauf gibt, dass der Selbständige nur ganz vereinzelt einer beruflichen Tätigkeit nachgeht. In dem vom Senat mit Beschluss vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12, entschiedenen Fall beispielsweise hatte der Antragsteller einen Verdienstausfall von 82,- EUR pro Stunde für eine Tätigkeit als selbständiger Baumeister angegeben, vor dem Gerichtstermin aber um einen Vorschuss für die Fahrtkosten (Fahrtstrecke 315 km) gebeten, da er diese selbst nicht aufbringen könne. Diese beiden Angaben waren schwerlich in Einklang zu bringen
Die Anforderungen bei der Überzeugungsbildung und damit auch an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter dürfen also, auch angesichts des Leitgedankens der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie der Kostensachbearbeitung, der die Rechtsprechung des Kostensenats durchzieht (vgl. oben Ziff. 3.1.1.), nicht überspannt werden.
3.1.3. Beurteilung im hier zu entscheidenden Fall
3.1.3.1. Erwerbsverhältnisse der Antragstellerin
Im vorliegenden Fall ist dem Senat aus diversen Berufungsverfahren der Antragstellerin bekannt, dass diese nicht nur ganz vereinzelt der beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin nachgeht. Von einem Verdienstausfall ist daher ohne Vorlage weiterer Nachweise auszugehen.
3.1.3.2. Kein Verdienst durch Selbstvertretung im vorliegenden Fall
Einem Verdienstausfall im hier zu entscheidenden Fall steht nicht entgegen, dass sich die Antragstellerin im zugrunde liegenden Rentenverfahren selbst anwaltlich vertreten hat. Dies könnte allenfalls dann der Fall sein, wenn die Antragstellerin mit der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 31.05.2011 einen Vergütungsanspruch für eine erbrachte anwaltliche Tätigkeit erworben hätte. Denn dann wäre sie ihrer üblichen anwaltlichen Tätigkeit nachgegangen und dafür auch ganz normal, nämlich nicht anders, als wenn sie einen Mandanten vertreten hätte, vergütet worden, was einem Verdienstausfall entgegen stehen würde. Dies wäre aber nur dann der Fall, wenn der Termin der mündlichen Verhandlung mit einem Urteil oder Vergleich geendet und sich daraus ein Kostenerstattungsanspruch gegen die Gegenseite ergeben hätte. Ein derartiger Anspruchserwerb am 31.05.2011 ist aber nicht erfolgt.
3.1.3.2.1. Problematik der Selbstvertretung
Grundsätzlich sieht auch der Senat die Problematik, die aus dem Auftreten der Antragstellerin in doppelter Eigenschaft - Beteiligte und anwaltliche Bevollmächtigte - bei einem Gerichtstermin resultieren kann. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist - wie in den meisten Gerichtsverfahrensordnungen - ein Rechtsanwalt, der in eigener Sache zulässigerweise (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.1957, Az.: 8 RV 443/54) tätig wird, kostenrechtlich gemäß § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO i.V.m. § 202 Satz 1 SGG so zu behandeln, wie wenn er von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt vertreten würde (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26.02.1980, Az.: 2 BvR 752/78).
Der Senat würde dazu tendieren, einen Verdienstausfall im Sinn des § 22 JVEG zu verneinen, wenn die Antragstellerin einen Anspruch für anwaltliches Tätigwerden schon bei diesem Termin erworben hätte - und zwar unabhängig von der konkreten Höhe des Vergütungsanspruchs. Ausgehend von der Überlegung, dass einerseits die Entschädigung für Verdienstausfall nach der gesetzlichen Konzeption keinen Schadensersatzanspruch, sondern nur eine billigen Ausgleich für entstandene Nachteile darstellt (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 19.11.1990, Az.: 9 W 167/90), und dass andererseits die mit dem KostRMoG erfolgte Neukonzeption des Entschädigungs- und Vergütungsrechts von dem elementaren gesetzgeberischen Bedürfnis nach einer Vereinfachung der Rechtsanwendung geprägt war (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., z.B. S. 2, 139, 140, 142, 143, 180), kann sich der im Rahmen des § 22 JVEG festzustellende Verdienstausfall nicht aus einem Vergleich des konkret durch den Termin erzielten Verdienstes mit dem regelmäßigen Bruttoverdienst ergeben. Denn dabei würden sich die gleichen letztlich kaum lösbaren Probleme auftun, die schon bei der Ermittlung des Verdienstausfalls von Selbständigen im Allgemeinen auftreten (vgl. oben Ziff. 3.1.1.2. und 3.1.2.). Zudem müsste auch berücksichtigt werden, dass gerade die anwaltliche selbständige Tätigkeit dadurch geprägt ist, dass sich ertragreichere mit weniger lukrativen Aufträgen abwechseln und sich der Bruttoverdienst erst aus dem Durchschnitt ergibt. Nicht Aufgabe des JVEG kann es sein, nach den Regelungen der Anwaltsvergütung unterdurchschnittlich vergütete Fälle für einen in eigener Sache tätigen Anwalt über das Institut des Verdienstausfalls gemäß § 22 JVEG auf ein besseres Niveau zu heben. Vielmehr würde einem Verdienstausfall entgegen stehen, dass für den maßgeblichen Termin ein Vergütungsanspruch entstanden ist, wie er in vergleichbarer Weise auch bei einer anwaltlichen Fremdvertretung entstanden wäre.
Einen Verdienstausfall allein deshalb zu verneinen, weil sich der selbstvertretende Rechtsanwalt die Beauftragung eines Bevollmächtigten wegen seiner eigenen beruflichen Qualifikation gespart hat und damit letztlich beim Gerichtstermin seine eigene Arbeitskraft gewinnbringend in dem Sinn der Ersparnis von Aufwendungen für eine Fremdvertretung eingesetzt hat, würde zu weit gehen. Eine Stütze für eine derartige Argumentation findet sich im JVEG nicht. Im Übrigen würden durch eine derartige Auslegung die Angehörigen rechtsberatender Berufe gegenüber anderen Selbständigen unvertretbar benachteiligt; dies wäre mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Einklang zu bringen. Zudem kann von einem fiktiven, gegen sich selbst gerichteten Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts auch deshalb nicht ausgegangen werden, da ein Geldfluss in einem derartigen Fall ausgeschlossen ist.
3.1.3.2.2. Maßgeblicher Zeitpunkt
Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Verdienstausfall entstanden ist, ist die Beurteilung am Tag des Gerichtstermins, der den Entschädigungsanspruch des JVEG zur Folge hat. Wie sich aus der Erlöschensregelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG ergibt, entsteht der Entschädigungsanspruch mit dem Ende des gerichtlichen Termins. Die Beurteilung, ob und wenn ja welche Entschädigung zu leisten ist, ist daher nach der Sach- und Rechtslage zu diesem Termin zu beurteilen (vgl. auch § 24 JVEG, der im Rahmen der Übergangsregelung auf den Tag der Heranziehung abstellt).
Am 31.05.2011 hat die Antragstellerin ohne jeden Zweifel keinen Anspruch und Verdienst aus anwaltlicher Tätigkeit erworben bzw. erzielt. Es ist zwar nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin zu einem späteren Zeitpunkt einen Verdienst aus anwaltlicher Tätigkeit für den 31.05.2011 erzielen könnte, nämlich wenn sie im zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren obsiegen würde und von der Gegenseite eine Kostenerstattung beanspruchen könnte. Dies kann aber für die hier zu treffende Beurteilung, ob die Antragstellerin am 31.05.2011 einen Verdienstausfall erlitten hat, wegen des maßgeblichen Zeitpunkts nicht von Bedeutung sein. Spätere Entwicklungen müssen bei der Festsetzung der Entschädigung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, unabhängig davon, ob sie sich zulasten oder zugunsten (wie dies beispielsweise der Fall wäre, wenn ein Antragsteller, der zunächst bezahlten Urlaub genommen hat, nach der Mitteilung des Gerichts, dass ihm kein Verdienstausfall entschädigt werden könne, seinen Urlaubsantrag nachträglich in unbezahlten Urlaub abändert) des Antragstellers auswirken würden
Der Senat ist sich bewusst, dass der getroffenen Beurteilung das Problem innewohnt, dass möglicherweise ein sich selbst vertretender Anwalt zunächst eine Entschädigung für Verdienstausfall wegen seines Erscheinens bei Gericht als Beteiligter erhält und später zusätzlich eine Vergütung für sein anwaltliches Tätigwerden beim gleichen Termin geltend machen und damit von seinem durch den Doppelcharakter geprägten Auftreten auch doppelt profitieren könnte. Dieses sicherlich nicht erwünschte Ergebnis wird sich aber nicht im Rahmen der originär zu treffenden Festsetzung der Entschädigung nach dem JVEG korrigieren lassen. Ob sich eine Lösung dadurch finden lässt, dass beispielsweise bei der (verwaltungsmäßigen) Festsetzung der Entschädigung ein Widerrufsvorbehalt bezüglich der Entschädigung für Verdienstausfall angefügt wird, braucht in diesem Verfahren nicht entschieden werden.
3.2. Zu entschädigende Zeitdauer
Zu entschädigen sind fünf Stunden.
3.2.1. Vorgaben allgemein
Die Dauer der zu entschädigenden Zeit ergibt sich aus § 19 Abs. 2 JVEG. Danach ist gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" zu berücksichtigen. Eine Sonderregelung zur Ermittlung der zu entschädigenden Zeit bei Verdienstausfall gegenüber der allgemeinen, für alle nach Stunden zu bemessenden Entschädigungstatbeständen geltenden Regelung in § 19 Abs. 2 JVEG, die als lex specialis einer Anwendung des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG entgegen stehen würde, gibt es, insbesondere in § 22 JVEG, nicht.
Die Notwendigkeit der Dauer der Heranziehung ist - wie auch sonst bei der Bemessung der Entschädigung - nach objektiven Kriterien zu ermitteln (vgl. zur Fahrtstrecke: Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12; zu Verpflegungskosten: Beschluss des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 277/10; zur Begleitperson: Beschluss des Senats vom 02.11.2012, Az.: L 15 SF 82/12). Dabei ist auch die im gesamten Kostenrecht geltende Kostenminimierungspflicht zu beachten (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12). Dies darf aber nicht dazu führen, dass nur die retroperspektiv ermittelte unverzichtbare Abwesenheitszeit entschädigt wird. Vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob die tatsächlich vorliegende Abwesenheitszeit nicht aus nachvollziehbaren Gründen länger war als die unverzichtbare Zeit. So hat beispielsweise der Beteiligte bei der Anfahrt zum Gericht gewisse Unsicherheitsfaktoren (z.B. Staugefahr) zu berücksichtigen. Ein vernünftig denkender Beteiligter wird zudem ein gewisses Zeitpolster einkalkulieren, sodass er eine rechtzeitige Ankunft, die insbesondere auch im Interesse des ladenden Gerichts liegt, nicht gefährdet. Gegebenenfalls benötigt er vor dem Termin auch noch etwas Zeit, um den Fall mit seinem Bevollmächtigten zu besprechen. Bei entsprechend langer Abwesenheit von zu Hause oder der Arbeitsstelle kann es auch erforderlich sein, dass der Beteiligte eine Pause macht, um sich für die weitere Fahrt zu stärken. Da hier bei Berücksichtigung der in jedem Fall spezifischen Einzelfallumstände zahlreiche Konstellationen denkbar sind, die eine etwas längere Zeit begründen, dürfen im Sinne der Praktikabilität an die Prüfpflicht (vgl. auch oben Ziff. 3.1.1. und 3.1.2.) der Kostenbeamten und Kostenrichter keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Sofern die vom Beteiligten oder Zeugen angegebene Zeit nicht lebensfremd erscheint, wird sie daher regelmäßig der Entschädigung zugrunde zu legen sein.
Die letzte bereits begonnene Stunde wird gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG voll gerechnet.
Begrenzt ist die Dauer gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG auf zehn Stunden je Tag.
3.2.2. Zeit der Heranziehung
Die zu entschädigende Dauer der Heranziehung der Antragstellerin beträgt fünf Stunden.
Die Antragstellerin hat angegeben, um 12.30 Uhr an der Arbeitsstelle weg gefahren und um 17.00 Uhr zu ihrer Wohnung zurückgekommen zu sein. Diese Angabe zur Abwesenheit entspricht im Wesentlichen der objektiv erforderlichen Abwesenheitszeit, wie sie sich aus der Dauer der mündlichen Verhandlung, der Fahrtzeit für Hin- und Rückfahrt, wie sie über im Internet zugängliche Routenplaner zu ermitteln ist, einem gewissen Zeitpolster, um die Einhaltung des Termins bei nicht auszuschließenden Verkehrsbehinderungen nicht zu gefährden, und der Wegezeit vom Parkplatz zum Gericht und zurück ergibt. Diese viereinhalb Stunden sind gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG auf fünf Stunden aufzurunden.
3.2.3. Kein Abzug für eine fiktive Mittagspause
Einen Anlass, von dieser Zeit einen Abzug für eine (fiktive) Mittagspause von einer oder einer halben Stunde vorzunehmen, sieht der Senat nicht.
Im Beschluss vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, hat sich der Senat zur ähnlichen Problematik des Abzugs einer fiktiven Mittagspause bei der Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinn des § 20 JVEG wie folgt geäußert:
"Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 2 JVEG ist der Entschädigung die "gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten" zugrunde zu legen. Dies bedeutet, dass es lediglich auf die Dauer der Abwesenheit ankommt, nicht aber darauf, ob in die Abwesenheitszeit auch übliche Pausenzeiten fallen.
Wenn der Kostensenat des Bayer. Landessozialgerichts (vgl. z.B. Beschluss vom 04.02.2010, Az.: L 15 SF 23/10) in der Vergangenheit davon ausgegangen ist, dass bei der Entschädigung für Zeitversäumnis die übliche Mittagspause von einer Stunde nicht zu entschädigen sei, kann der Senat diese Rechtsprechung nicht aufrecht erhalten. Ganz abgesehen davon, dass ein derartiger Abzug keine Stütze im Gesetz findet, sondern sogar im Widerspruch dazu steht, würde sich ein derartiger Zeitabzug auch nicht sachlich rechtfertigen lassen. Ausgehend davon, dass mit der Entschädigung für Zeitversäumnis auch eine Abgeltung für Verlust an Freizeit und des damit verbundenen Erholungswerts erfolgen soll (vgl. z.B. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 20.5; Oberlandesgericht Frankfurt, Beschluss vom 23.04.2008, Az.: 2 Ws 14/08), und auch einem Arbeitslosen oder Rentner eine derartige Entschädigung zusteht (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 20.4; Hartmann, a.a.O., § 20 JVEG, Rdnr. 4), ist nicht erkennbar, warum trotz zeitlicher Inanspruchnahme durch den Gerichtstermin der Antragsteller den Abzug einer fiktiven Mittagspause hinnehmen müsste. Denn wegen des gerichtlichen Termins ist es dem Antragsteller gerade nicht möglich gewesen, eine Mittagspause, wenn er diese möglicherweise sonst macht, zu verbringen. Es kann vernünftigerweise nicht in Abrede gestellt werden, dass das Verbringen der Mittagspause eine sinnvolle Verwendung der Zeit darstellt. Denn die Mittagspause, in der neben der Nahrungsaufnahme auch eine gewisse Entspannung ermöglicht werden soll, stellt - wie sich z.B. aus den gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit ergibt - eine Zeit dar, die im Sinne der Erholung und Erhaltung der (Lebens- und Arbeits-)Kraft des Menschen aufgewendet werden soll. Steht diese Zeit wegen eines Gerichtstermins nicht zur Verfügung, ist sie daher gemäß § 20 JVEG zu entschädigen. Dem steht nicht entgegen, dass der Betroffene möglicherweise nach der Rückkehr zu Hause die versäumte Mittagspause nachholen kann. Denn durch diese, durch den Gerichtstermin bedingte Nachholung verliert der Betroffene nochmals Zeit. Würde also - wie dies die frühere Rechtsprechung gemacht hat - die Dauer der Inanspruchnahme durch den gerichtlichen Termin um eine fiktive Mittagspause gekürzt, würde dem Betroffenen durch den Gerichtstermin eine Stunde genommen, in der er seine Zeit ohne den Gerichtstermin anders sinnvoll hätte verwenden können, ohne dass er dafür entschädigt würde. Dass dies nicht im Sinne der Regelungen des JVEG ist, liegt auf der Hand."
Der Senat kann keinen Gesichtspunkt erkennen, der einer Übertragung der Grundsätze dieser Argumentation auf den Regelungsbereich des Verdienstausfalls zwingend entgegen stehen würde.
Zwar vertreten diverse Gerichte, teilweise noch zum ZuSEG, teilweise schon zum JVEG, die Ansicht, dass bei der Bemessung der zu entschädigenden Zeit eine angemessene Mittagspause in Abzug zu bringen sei (vgl. Kammergericht - KG - Berlin, Beschluss vom 24.03.1982, Az.: 3 Ws 9/83; OLG Hamm, Beschluss vom 27.04.1993, Az.: 3 Ws 328/92; OLG Koblenz, Beschluss vom 21.09.2006, Az.: 1 Ws 553/06 - m.w.N.), und begründen dies für die Entschädigung eines Sachverständigen im Wesentlichen damit, dass die Zeit der Mittagspause nicht für die Heranziehung (oder Erstellung des Gutachtens) erforderlich sei, sondern im Wesentlichen auf verfahrensfremde Gründe zurückzuführen sei. Der Beteiligte sei während einer angemessenen Mittagspause nicht durch die gerichtliche Heranziehung daran gehindert, seiner gewöhnlichen Beschäftigung nachzugehen; Zeitaufwendungen für die Erfüllung allgemein menschlicher Lebensbedürfnisse (z.B. Pausen zur Ernährung) seien gerade nicht durch die Heranziehung veranlasst. Die Rechtsprechung zum ZuSEG ist insofern, ohne dies näher zu hinterfragen, auf das JVEG übertragen worden.
Diese - teilweise noch zur Entschädigung von Sachverständigen nach dem ZuSEG ergangene - Rechtsprechung kann aber nicht auf die Entschädigung von Zeugen oder Beteiligten nach dem JVEG übertragen werden.
Es ist zutreffend, dass nach den Regelungen des ZuSEG bei Sachverständigen nur die "erforderliche" Zeit" (§ 3 Abs. 2 Satz 1 ZuSEG) zu entschädigen war, wobei als erforderlich gemäß § 4 ZuSEG auch die Zeit zu betrachten war, während der der Sachverständige seiner gewöhnlichen Beschäftigung infolge der der Heranziehung nicht nachgehen konnte. Der Begriff der Erforderlichkeit ist auch im JVEG in § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG (für die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern) wieder aufgegriffen worden. Insofern ist keine wesentliche Änderung der Regelungen im ZuSEG einerseits und im JVEG andererseits zu erkennen, soweit Sachverständige betroffen sind.
Auch für die Entschädigung von Zeugen nach dem ZuSEG wurde eine Kausalität zwischen Heranziehung und versäumter Arbeitszeit vorausgesetzt, da von einem Versäumen dann auszugehen war, wenn der Zeuge seiner gewöhnlichen Beschäftigung infolge der der Heranziehung nicht nachgehen konnte (§ 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 ZuSEG). Für die Dauer der üblichen Pausen, insbesondere für die Mittagspause, wurde daher bei der Entschädigung nach dem ZuSEG bei Zeugen keine Entschädigung gewährt (vgl. Meyer/Höver/Bach, ZuSEG, a.a.O., § 2, Rdnr. 12.1, § 4, Rdnr. 7.4; Bleutge, ZSEG1987, § 4, Rdnr. 1). Lediglich der Vollständigkeit halber und zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat in diesem Zusammenhang auf Folgendes hin: Wenn in der älteren Kommentarliteratur zum ZuSEG ausgeführt worden ist, dass bei längeren Gerichtsterminen Mittagspausen "in die Zeitspanne ... eingerechnet und eine Entschädigung für diese Zeit gewährt werden" könne (vgl. Brocke/Reese, Die Entschädigung von Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richtern, 2. Aufl. 1964, Komm. zu § 2 ZuSEG, Ziff. 4, i.V.m. Komm. zu § 2 GER, Ziff. 5, Komm. zu § 4 ZuSEG, Ziff. 3), so ist diese Aussage nicht dahingehend zu verstehen, dass die Zeit einer (üblichen) Mittagspause zu entschädigen war. Vielmehr wurde damit zum Ausdruck gebracht, dass bei der Ermittlung der Abwesenheitsdauer eine vom Betroffenen in dieser Zeit gemachte Pause dann zu berücksichtigten war, wenn es dem Betroffenen nicht zumutbar war, auf eine derartige Pause zu verzichten. Es wurde also die Frage der Notwendigkeit einer Verlängerung der Abwesenheitsdauer durch eine konkret gemachte Pause, nicht aber die der Entschädigung für eine während eines normalen Arbeitstags übliche Pause abgehandelt.
Mit der Einführung des JVEG ist aber für die Entschädigung von Zeugen - anders als bei Sachverständigen und Dolmetschern - eine wesentliche Änderung erfolgt. Anstatt wie früher unter der Geltung des ZuSEG die "versäumte Arbeitszeit" (§ 2 Abs. 2 ZuSEG) zu entschädigen, wird nunmehr nach dem JVEG eine Entschädigung für die "gesamte Dauer der Heranziehung" (§ 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG) gewährt. Damit ist eine entscheidende Änderung erfolgt, da nicht mehr die konkret ausgefallene Arbeitszeit zu ermitteln, sondern die viel leichter festzustellende Zeit der Heranziehung zugrunde zu legen ist (vgl. Sächsisches LSG, Beschluss vom 15.02.2011, Az.: L 6 SF 47/09 ERI). Auch wenn sich der Gesetzgeber zu der Formulierungsänderung im Rahmen der Gesetzesbegründung zu § 19 JVEG nicht äußert, ist die Änderung doch damit zu erklären, dass wesentliches Ziel der Einführung des JVEG eine Vereinfachung des Kostenrechts und eine Entlastung der Kostenrechtsprechung war (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., z.B. S. 2, 139, 140, 142, 143, 180). Dadurch, dass der Gesetzgeber nunmehr nur auf die Dauer der Heranziehung abstellt, können die in der Vergangenheit durchaus relevanten Probleme im Zusammenhang mit einer Mittagspause (z.B. Dauer, Lage, Anwendbarkeit bei Selbständigen, Nachweisführung) ad acta gelegt werden. Dass der Gesetzgeber eine Änderung der Rechtslage im Vergleich zum ZuSEG nicht beabsichtigt habe, weil er die Formulierungsänderung von "versäumte Arbeitszeit" (§ 2 Abs. 2 ZuSEG) auf "gesamte Dauer der Heranziehung" (§ 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG) bei der zu entschädigenden Zeit nicht begründet habe, schließt der Senat aus. Einerseits eine neue Formulierung einzuführen, die ganz klar auf einen anderen Regelungsgehalt hindeutet, andererseits eine Beibehaltung des alten Regelungscharakters zu bezwecken, würde dem Gesetzgeber ein überaus nachlässiges Verhalten unterstellen, was für den Senat nicht vertretbar ist - zumal sich die Änderung fraglos mit der Intention des Gesetzgebers begründen lässt.
Die Frage, ob üblicherweise eine Mittagspause gemacht wird, stellt sich daher nach heutigem Recht nicht mehr.
Wenn demgegenüber die Kommentarliteratur (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.5; Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 3) die zu entschädigende Zeit mit der "notwendigen Arbeitszeitversäumnis" (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.5) bzw. "derjenigen Arbeitszeit ..., die der Zeuge durch die Ausübung der Zeugenpflicht auf sich nehmen musste" (vgl. Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 3), gleichsetzen, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Die Kommentarliteratur hat offensichtlich die mit der Gesetzesänderung verbundene Änderung des Wortlauts bei der zu entschädigenden Zeit (§ 2 Abs. 2 Satz 1 ZuSEG: "versäumte Arbeitszeit": § 22 JVEG: "Dauer der gesamten Heranziehung") nicht nachvollzogen. Dies ergibt sich auch daraus, dass Hartmann ausführt, dass die Regelung des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG, mit der die Dauer der Heranziehung als maßgebliches Kriterium festgelegt worden ist, "wörtlich der Regelung für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer in § 8 II 1 Hs 1" und "ebenso wörtlich der Regelung für ehrenamtliche Richter in § 15 II 2 Hs 2" entspreche (vgl. Hartmann, a.a.O, § 19 JVEG, Rdnr. 11). Tatsächlich sind die Regelungen zur Ermittlung der zu vergütenden bzw. zu entschädigenden Zeit der der Einführung des JVEG aber nicht mehr wörtlich identisch; der Wortlaut in der Regelung für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer ist ein anderer als bei den Regelungen für ehrenamtliche Richter und Zeugen. Wenn die Kommentatoren daher von einem Gleichlauten der Regelungen ausgehen, haben sie die erfolgte Änderung völlig übersehen. Es würde gegen den Wortlaut des Gesetzes verstoßen und die Gesetzesentwicklung missachten, die Regelungen des JVEG in § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG trotz abweichenden Wortlauts auf der Grundlage des ZuSEG auszulegen.
Der Senat ist sich bewusst, dass der von ihm vertretenen Auslegung zur Berücksichtigung auch der Zeit einer üblichen/fiktiven Mittagspause bei der Entschädigung entgegen gehalten werden könnte, dass es im Einzelfall zu einer Entschädigung für Verdienstausfall kommen kann, die den tatsächlich entstandenen Verdienstausfall übersteigt. Dies ist immer dann der Fall, wenn der regelmäßige Bruttostundenverdienst nicht über der in § 22 JVEG vorgegebenen Höchstgrenze des Stundensatzes liegt und die Dauer der im Rahmen des § 19 Abs. 2 JVEG berücksichtigungsfähigen (maximal 10 Stunden pro Tag) Heranziehung die versäumte Arbeitszeit übersteigt. Der Senat sieht darin aber keinen Grund, seine Auslegung in Zweifel zu ziehen. Es ist für ihn offenkundig, dass der Gesetzgeber ein derartiges Ergebnis im Sinn der von ihm bezweckten Vereinfachung und Erhöhung der Praktikabilität des Kostenrechts in Kauf genommen hat. Eine Nichtentschädigung der Mittagspause würde einen Rückfall in alte Gesetzeszeiten darstellen und im Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention und dem Wortlaut des Gesetzes stehen. Auch steht das im eher seltenen Einzelfall eintretende Ergebnis, dass der Anspruchsberechtigte durch die Entschädigung auch der Mittagspause nach dem JVEG minimal (maximal 17,- EUR bei einer früher großzügig angenommenen Mittagspause von einer Stunde) besser gestellt ist, als wenn er der Arbeit nachgegangen wäre, nicht in Widerspruch zu elementaren Grundsätzen des Entschädigungsrechts. Denn die Regelungen des JVEG zu einer Entschädigung wegen der durch den gerichtlichen Termin beanspruchten Zeit sind gerade nicht Ausfluss eines Schadensersatzanspruchs, sondern einer billigen Entschädigung für die Ausübung staatsbürgerlicher Pflichten (vgl. oben Ziff. 3.1.1.1.). Dass diese nicht im Einzelfall über dem Verdienstausfall, also dem entstandenen Schaden liegen darf, verbietet der Charakter als Entschädigung, anders als dies bei einem Schadensersatz der Fall wäre, nicht. Auch hat der Gesetzgeber durch die vergleichsweise antragstellerfreundliche Rundungsregelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG, die im Rahmen des 2. KostRMoG nur etwas in ihrer Großzügigkeit beschnitten worden ist, selbst das Einfallstor für eine über dem tatsächlich entstandenen Verdienstausfall liegende Entschädigung für die Fälle geschaffen, nämlich wenn bei einem Bruttostundensatz von nicht mehr als 17,- EUR der Zeuge oder Beteiligte in der letzten nur begonnenen Stunde der Heranziehung bereits wieder einen Verdienst erzielt. Insofern ist es durchaus akzeptabel und nicht im Widerspruch zur gesetzlichen Zielsetzung stehend, wenn weniger verdienende Arbeitnehmer (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., S. 186 - zu § 22 JVEG) im Einzelfall aus der Erfüllung ihrer staatsbürgerlichen Pflicht einen geringfügigen Vorteil ziehen können. Sofern dem Hartmann in einer solchen Konstellation unter Hinweis auf den Beschluss des LG Koblenz vom 24.07.1997, Az.: 2 T 284/97, widerspricht und eine Grenze für die Aufrundung dann zieht, wenn sich der Stundensatz dadurch ummehr als 10% erhöhen würde, und dies mit der Rechtsmissbräuchlichkeit begründet (vgl. Hartmann, a.a.O., § 22 JVEG, Rdnr. 7), kann sich der Senat dem nicht anschließen. Ganz abgesehen davon, dass die von Hartmann angeführte Entscheidung die Vergütung einer Betreuertätigkeit betrifft und damit einen anderen Regelungsbereich des JVEG, findet sich keine gesetzliche Grundlage für eine solche Grenzziehung. Von einem Rechtsmissbrauch kann zudem nicht gesprochen werden, wenn im Raum nicht der Schadensersatz für entgangenen Verdienst, sondern eine Entschädigung für die Ausübung staatsbürgerlicher Pflichten steht.
Wenn Meyer/Höver/Bach bei ihren Ausführungen zur Rundungsregelung des § 19 Abs. 2 Satz 2 JVEG zum Ausdruck bringen, dass die Entschädigung für Verdienstausfall nie höher als der Tagesverdienst sein könne (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a.a.O., Rdnr. 22.6), mag diese Annahme zwar für die Geltungszeit des ZuSEG richtig gewesen und auf den ersten Blick auch heute noch naheliegend sein. Für den Anwendungsbereich des JVEG ist sie aber nicht mit dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung in Einklang zu bringen. Sie geht fälschlicherweise davon aus, dass die Entschädigung für Verdienstausfall nach dem Modell des Schadensersatzes konstruiert ist, was jedoch nicht zutrifft (vgl. oben Ziff. 3.1.1.1.).
Lediglich der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich eine Herausnahme der Zeit einer üblichen Mittagspause aus der zu entschädigenden Zeit dadurch, dass isoliert für die Zeit der üblichen Mittagspause nicht von einem Verdienstausfall ausgegangen würde, verbietet. Eine solche Vorgehensweise würde bedeuten, dass ein einheitlicher Entschädigungsanspruch aufgesplittet würde in mehrere Entschädigungsansprüche, von denen dann der sich allein auf die Zeit der Mittagspause beziehende Anspruch abgelehnt würde, weil hier unzweifelhaft kein Verdienstausfall entstanden wäre. Für eine derartige Aufsplittung bietet das JVEG aber nicht ansatzweise eine gesetzliche Legitimation. Eine Herstellung der alten Gesetzeslage des ZuSEG entgegen dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG und der gesetzgeberischen Intention beim Erlass des JVEG ist daher auf diesem Weg nicht möglich.
Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass ein Abzug für eine fiktive Mittagspause bei der Abwesenheitszeit der Antragstellerin nicht erfolgen darf. Die rechtlich durchaus schwierige Frage, ob auch bei Selbständigen von einer üblichen Mittagspause ausgegangen werden kann, auch wenn sie selbst angeben, keine derartige Pause zu machen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 12.12.2011, Az.: 1 Ws 121/10, das diese aus Sicht des Senats nicht entscheidungserhebliche Frage verneint hat) erübrigt sich daher.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass er durchaus ein gewisses Verständnis dafür hat, wenn die von ihm getroffene Auslegung zu der zu entschädigenden Zeitdauer möglicherweise zunächst Gegenrede erzeugen wird. Er ist sich bewusst, dass die früher geltende Rechtslage diese Kritik provoziert. Er könnte es auch in beschränktem Umfang nachvollziehen, wenn die von ihm durchgeführte Auslegung als "Paradigmenwechsel" angesehen und ein Unverständnis erzeugen würde, wenn die seltenen Einzelfälle betrachtet werden, in denen die Entschädigung für Verdienstausfall höher ausfällt als der tatsächlich eingetretene Verdienstausfall. Gleichwohl verbieten es die vom Gesetzgeber im JVEG gewählten Formulierungen und der hinter der Modernisierung des Kostenrechts stehende Gedanke einer Vereinfachung der Rechtsanwendung, diesen Bedenken Rechnung zu tragen. Einer anderen Auslegung als der vom Senat getroffenen sind die Regelungen der §§ 19, 22 JVEG nicht zugänglich. Sollte der Gesetzgeber tatsächlich eine andere Entschädigung, als sie sich aus der Auslegung des Senats ergibt, wollen, wäre es allein Sache des Gesetzgebers, dies durch ein entsprechendes gesetzgeberisches Tätigwerden wieder zu korrigieren. Den Gerichten wäre eine solche Korrektur versagt, da sie sich damit zum Gesetzgeber aufschwingen und gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz des Art. 20 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GG verstoßen würden. Dies steht ihnen nicht zu.
3.3. Höhe der Entschädigung - Stundensatz
Gemäß § 22 JVEG richtet sich die Entschädigung für Verdienstausfall nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst und ist nach Stunden zu berechnen ist. Der Höchstsatz der Entschädigung beträgt 17,- EUR pro Stunde.
Genauso wie das Gericht bei der Feststellung, ob überhaupt ein Verdienstausfall eingetreten ist, die Erwerbsverhältnisse nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Lebensverhältnisse und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Berechtigten zu beurteilen hat und dabei die Einkommensverhältnisse grundsätzlich nicht im Einzelnen nachprüfen muss (vgl. oben Ziff. 3.1.1.), dürfen auch bei der Ermittlung des Stundensatzes eines Selbständigen keine zu hohen Anforderungen aufgestellt werden. Denn die Errechnung des durchschnittlichen Bruttostundenverdienstes eines Selbständigen ist kaum nachvollziehbar möglich und wäre mit einem immensen Aufwand verbunden. Denn auch aus dem Steuerbescheid würden sich aufgrund der zahlreichen steuerrechtlichen Abzugs- und Gestaltungsmöglichkeiten keine ausreichend aussagekräftigen Zahlen ablesen lassen, zumal auch der Umfang der Arbeitszeiten bei Selbständigen höchst unterschiedlich ist. Es wird daher bei Selbständigen regelmäßig darauf hinauslaufen, dass deren Angaben zum Stundenverdienst zugrunde zu legen sind, es sei denn, es gibt Gesichtspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der Angaben offensichtlich auf der Hand liegen lassen. Dabei dürfen die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden (vgl. oben Ziff. 3.1.1., 3.1.2. und 3.2.1.)
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben ist bei der Entschädigung der Antragstellerin für Verdienstausfall von einem Stundesatz von 17,- EUR auszugehen. Der Entschädigung werden die Angaben der Antragstellerin, die dem Senat als Rechtsanwältin aus diversen Verfahren bekannt ist, zugrunde gelegt. Auf die Vorlage entsprechender Nachweise zur weiteren Glaubhaftmachung konnte der Senat - wie im Regelfall (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12) - verzichten, da keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich waren, an der Richtigkeit der Angaben der Antragstellerin zu zweifeln. Dies entspricht auch den Hinweisen von Hartmann (vgl. Hartmann, a.a.O, § 22 JVEG, Rdnr. 16), wonach Anwälte grundsätzlich den Höchstsatz (hier: von 17,- EUR pro Stunde) erhalten.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass über den bei der Entschädigung zugrunde zu legenden Stundensatz keine Korrektur des - nach der alten Rechtslage des ZuSEG unbefriedigenden - Ergebnisses erfolgen kann, dass auch für die (übliche) Mittagspause eine Entschädigung für Verdienstausfall zu gewähren ist. Denn nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 22 Satz 1 JVEG orientiert sich der Stundensatz am "regelmäßigen Bruttoverdienst", und nicht an dem durchschnittlichen Stundensatz, wie er am konkreten Tag der gerichtlichen Heranziehung erzielt worden wäre. Es verbietet sich daher, den Stundensatz aus dem konkret am Heranziehungstag entgangenen Verdienst multipliziert mit der Zahl der Zahl der Arbeitsstunden abzüglich der üblichen Pausenzeiten geteilt durch die Zeit der Heranziehung zu ermitteln. Ganz abgesehen davon, dass für eine solche Berechnung das JVEG keine Stütze enthält, würde eine derart komplizierte und auch erhebliche Beweisschwierigkeiten eröffnende Berechnungsweise der Intention des Gesetzgebers beim Erlasse des JVEG, nämlich der Vereinfachung des Kostenrechts und einer Entlastung der Kostenrechtsprechung (vgl. die Gesetzesbegründung zum KostRMoG, a.a.O., z.B. S. 2, 139, 140, 142, 143, 180) diametral entgegen stehen.
4. Fahrtkosten
Es ist ein Fahrtkostenersatz in Höhe von 65,- EUR für 260 gefahrene Kilometer und in Höhe von 2,- EUR für Parkgebühren zu erbringen, insgesamt also 67,- EUR.
Der Gesetzgeber hat mit § 5 JVEG dem Zeugen bzw. Beteiligten ein Wahlrecht eröffnet, ob er mit öffentlichen Verkehrsmitteln (§ 5 Abs. 1 JVEG) oder mit dem Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 JVEG) zu gerichtlich festgesetzten Terminen anreist. Der Fahrtkostenersatz folgt der getroffenen Wahl des Beförderungsmittels. Wählt der Beteiligte wie hier die Anreise mit dem Kraftfahrzeug, werden ihm gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG für jeden gefahrenen Kilometer 0,25 EUR ersetzt.
Antragsgemäß werden der Kostenerstattung 260 gefahrene Kilometer zugrunde gelegt. Diese Angabe der Antragstellerin entspricht weitgehend der Entfernung, wie sie der Senat über Routenplaner ermittelt hat, die im Internet zugänglich sind, und gibt damit die objektiv erforderliche Fahrtstrecke wieder.
Bei einer Kilometerpauschale von 0,25 EUR ergibt sich ein Fahrtkostenersatz von 65,- EUR.
Neben dem Ersatz wegen der gefahrenen Kilometern sind gemäß § 5 Abs.1 Satz 1 JVEG ist auch das von der Antragstellerin gezahlte Parkentgelt in Höhe von 2,- EUR zu erstatten, das die Antragstellerin mit einem Beleg nachgewiesen hat.
Der Antragstellerin ist daher für die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 31.05.2011 eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 152,- EUR zu gewähren.
Der Kostensenat des Bayerischen Landessozialgerichts trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG). Seine in der Vergangenheit (vgl. Beschluss des Senats vom 04.02.2010, Az.: L 15 SF 23/10) praktizierte Rechtsprechung zur Mittagspause bei der Entschädigung für Verdienstausfall erhält er nicht aufrecht.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
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