L 11 KR 533/14 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 5427/13 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 533/14 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 17.01.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft (§ 172 Abs 1, Abs 3 Nr 1 SGG) und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Vorliegend kommt nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Antragsteller verlangt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Krankengeld (Krg).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich eine wenigstens summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der angestrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl BVerfG 25.07.1996, 1 BvR 638/96, NVwZ 1997, 479; BVerfG 12.05.2005, 1 BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.

Wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Krg verlangt, begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist ihnen allerdings in den Fällen, in denen es um existentiell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung für den Antragsteller geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Sie haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (vgl BVerfG [Kammer], 29.07.2003, 2 BvR 311/03, BVerfGK 1, 292, 296; 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S 1236 f). Ist dem Gericht in einem solchen Fall eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl BVerfG [Kammer], 02.05.2005, aaO, mwN); die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl BVerfG [Kammer], 22.11.2002, aaO, S 1237; 29.11.2007, 1 BvR 2496/07, NZS 2008, 365). Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Krg gehört jedoch nicht zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies folgt schon daraus, dass nicht jeder gesetzlich Krankenversicherte einen solchen Anspruch hat (vgl § 44 Abs 2 SGB V). Geboten und ausreichend ist damit eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage (st Rspr des Senats, vgl Beschlüsse vom 10.02.2014, L 11 KR 122/14 ER-B; 20.02.2012, L 11 KR 289/12 ER-B; 19.08.2010, L 11 KR 3364/10 ER-B, juris; 22.12.2009, L 11 KR 5547/09 ER-B und vom 16.10.2008, L 11 KR 4447/08 ER-B, juris). Krg kann zudem im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes frühestens ab Eingang des Antrags beim SG zugesprochen werden. Eine Verpflichtung zur Bewilligung von Krg im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes für die Zeit davor, scheidet grundsätzlich aus (Beschlüsse des Senats vom 10.02.2014, L 11 KR 122/14 ER-B; 20.02.2012, L 11 KR 289/12; 29.03.2010, L 11 KR 1448/10 ER-B, BeckRS 2010, 68232; weitergehend LSG Berlin-Brandenburg 30.01.2008, L 9 B 600/07 KR ER, BeckRS 2008, 53104: idR keine Dringlichkeit für die Zeit vor der gerichtlichen Entscheidung).

Im vorliegenden Fall fehlt es sowohl an einem Anordnungsgrund als auch an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller hat nach seinen eigenen Angaben im Schreiben vom 24.02.2014 (Bl 23 und 29 der LSG-Akte) seinen Anspruch auf Krg an seinen Arbeitgeber zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung eines von diesem erhaltenen Darlehens abgetreten. Er könnte daher allenfalls Zahlung an seinen Arbeitgeber verlangen, nicht aber an sich selbst. Dabei braucht der Senat im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zu entscheiden, ob die Abtretung wirksam ist, wenn der Antragsteller selbst von einer Wirksamkeit der Abtretung ausgeht. In seinem Schreiben vom 24.02.2014 hat er die Antragsgegnerin auch aufgefordert, das Krg auf ein Konto seines Arbeitgebers zu überweisen. Für eine Zahlung von Krg aus abgetretenem Recht an den Arbeitgeber des Antragstellers fehlt es jedoch an einem Anordnungsgrund.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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